Sorry, in ein paar Punkten muss ich klar widersprechen.
Erstmal ist die Ukraine ziemlich pleite. Der Sprit, mit dem die paar vorhandenen Panzer fahren, wurde übrigens von einem Oligarchen gesponsored, weil da sonst mit der Armee gar nichts gegangen wäre. Die Einnahmen bezieht das Land vor allem aus der Industrieregion um Donezk. Eben die Region, die so umkämpft ist, und an der Herr Putin wohl Interesse zu haben scheint.
Nach altem Denken aus Zeiten des Kalten Krieges - und viele ranghohe Militärs sind wohl noch aus der Zeit - stimmt das. Allerdings darf man nicht vergessen, dass die NATO auch seit Zerfall der Sowjetunion versucht hat, den Russen die Hand zu reichen. Man hat sich freiwillig verpflichtet, keine Truppen in grenznahe Regionen zu stellen und wollte beim Raketenschild gegen den Nahen Osten auch sehr gerne mit den Russen kooperieren. Aber die wollten ja nicht.
Kann sein. Ob Think-Tanks aber immer recht haben und nicht manchmal nur von Zeitungen beauftragt sind, die gerne eine reißerische Überschrift verkaufen und untermauern wollen, sei mal dahingestellt. Ich bin fern davon, grundsätzlich immer Schuld allein auf einer Seite zu suchen. Gerade deshalb ist mir das so herum auch zu kurz gegriffen.
Was ist teurer: aufwendige Materialforschung im Bereich Nanotechnologie, Entwicklung lasergestützter Raketenabwehr, Roboterbau und nicht zuletzt teure Kriege in Afghanistan und Irak oder der Unterhalt und behutsame Teilmodernisierung eines alten, konventionellen Heeres? Nicht, dass Russland nicht auch kräftig investieren und forschen würde. Aber ich glaube, die Ausrichtung ist anders und daher kostengünstiger.
Die NATO entdeckt aber plötzlich ihren Rückstand was die führen offener Kriege an breiter Front angeht, weil man nicht mehr damit gerechnet hatte, solche Kriege führen zu müssen. Die Umrüstung auf asymmetrische Kriegseinsätze hat halt andere Abwehrfähigkeiten geschwächt.
Genau, dann ist die Westukraine komplett pleite und in Moskau reibt man sich die Hände, dass man die Krim jetzt auf dem Landweg erreichen und auf teuren Brückenbau verzichten kann. Bitte, einer wirklichen Unabhängigkeitsbewegung sollte man nicht um Weg stehen. Aber dann braucht es auch keine russischen Soldaten in der Ostukraine. Ein paar tausend können sich doch nicht verfahren haben.
Weshalb die Chinesen lachender Dritter sind und einen fetten Vertrag unterschrieben haben. Und die können sogar in Dollar und Euro bezahlen, weil die ihre Unmengen an gebunkerten Divisen wieder loswerden wollen.
Noch sind die Umfragewerte gut. Die Sanktionen beiderseits, wie z.B. der Importstopp westlicher Lebensmittel, trifft vor allem die aufstrebende Mittelschicht in Russland, die gutes Geld verdient und es gerne ausgeben möchte. Was meinst du, wie lang da die Gesichter werden, wenn es keine Schokolade aus der Schweiz mehr gibt und das Angebot an hochqualitativer Nahrung wegbricht? Dabei ist es gerade diese Schicht, die Putin gefährlich werden kann. Die reichen Oligarchen hat er entweder unter seine Kontrolle gebracht und vom ihm abhängig gemacht, oder sich ihrer entledigt.
Nö, eigentlich ist nur deren Veto-Recht bei den UN im Weg. Die Amis haben sowieso, wie so oft, den Finger schon am Abzug. Neuerdings die Franzosen auch. Und wenn die Berichte stimmen, dass der BND schon zwischen USA und Assad vermittelt stimmen, dann könnte sich auch an der Front bald was tun. Wie sollten die Russen bitte in Syrien oder Irak helfen? Einmarsch wäre Quatsch und für gezielte Luftschläge mit Präzisionsbomben oder Drohnen fehlt denen Know-How, Material und Gerät.
Behauptet auch keiner. Aber es gilt genauso, dass Russland keinen Krieg gegen die NATO gewinnen kann - trotzdem tritt es momentan als militärischer Aggressor in einem souveränen Staat auf. Würden wir hier nicht von Russland, sondern einem kleineren Land reden, hätten die Amis es längst weggebomt und auf's Völkerrecht verwiesen. Putin spielt einfach ein falsches Spiel, dass auf Aggression und Provokation ausgerichtet ist. Auch er hat seine Grenze und will gar keine totale Eskalation. Allerdings frage ich mich, was er eigentlich genau gewinnen will. Nur (noch) bessere Umfragewerte? Ein bisschen mehr Land mit einem, zugegeben attraktiven, Wirtschaftsraum? Der NATO die Stirn bieten und außenpolitisch wieder eine größere Nummer werden? Einen Grund finden, um demnächst mit Steuergelden ein paar neue Spielzeuge für die Armee anzuschaffen? Was ist so wichtig und erstrebenswert, dass sich der ganze Aufwand lohnt? Oder gehen doch langsam mit ihm die Gäule durch und er hält sich wirklich für den großen Zaren, als den ihn seine Bediensteten anzureden haben?