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Thema: [FF-Challenge] - Avarra

  1. #1
    Alpha Avatar von Avarra
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    Standard [FF-Challenge] - Avarra

    Titel: Time to Dance
    Autor: Avarra
    Altersbeschränkung: ab 12
    Zeitliche Einordnung: irgendwann während der 3. Staffel
    Spoiler: SGA Staffeln 1-3
    Kategorie: Crossover SGA/Jane Austens "Stolz und Vorurteil"
    Warnungen/Pairings: keine
    Klappentext: Antwort auf die Challenge von Aisling: „Schreibt ein Crossover“. Vorgabe war, dass die Geschichte hauptsächlich in dem „Fremd-Universum“ spielen sollte.
    Disclaimer: Die Figuren und das Universum von „Stargate“ gehören MGM, respektive den © und ™ Inhabern und bleiben deren geistiges Eigentum. Alles, was aus dieser Welt nicht bekannt ist, ist meinem Geist entsprungen. Die Figuren und fiktiven Orte aus „Stolz und Vorurteil“ gehören dem Nachlass von Jane Austen.
    [(c) des nicht zu MGM oder dem Nachlass Jane Austens gehörenden Materials liegt bei mir, jede Verbreitung im Ganzen oder in Auszügen in sämtlichen Medien darf nur mit meiner schriftlichen Genehmigung erfolgen.]
    Kommentare: sind erwünscht und gerne gesehen





    Spoiler 
    Time to Dance


    Herbstliche Stürme ließen das Meer um die kleine Insel tosen und Brandungswellen gegen die Steilküste donnern. So weit das Auge reichte, sah man Gischtkronen auf der aufgewühlten See, aber sehr weit reichte der Blick sowieso nicht, denn die Luft war erfüllt von der Feuchtigkeit des Meeres und der tobende Wind ließ die Augen fast sofort tränen.

    Sie waren auf M3X-447, einem beinahe unbewohnten Planeten, der nur deshalb für Atlantis interessant war, weil in seinen Küstengebieten Pflanzen wuchsen, die hervorragende medizinische Eigenschaften hatten. Insbesondere Krankheiten, die es nur in der Pegasus-Galaxie gab und für die die Menschen der Erde keine Heilmittel kannten, ließen sich mit Arzneien aus diesen Pflanzen kurieren.
    Aus diesem Grund wurden Sheppard, McKay, Ronon und Teyla bei dieser Mission auch von Lilian Bonham, einer Biologen, die sich auf Arzneipflanzen spezialisiert hatte, begleitet. Sie war eine kleine Frau, ein wenig rundlich und eher still. Genau genommen sagte sie kaum jemals etwas und wenn, dann war ihre Stimme leise und ihre Worte waren wohl gewählt.
    Teyla hatte anfangs geglaubt, sie sei besonders schüchtern und sich auf dem Flug und während der ersten Stunde ihres Aufenthalts besonders um sie gekümmert. Lilian hatte diese Aufmerksamkeit dankbar zur Kenntnis genommen und sich, soweit es ihre Natur zuließ, angeregt mit Teyla unterhalten, während sie nach den Pflanzen Ausschau hielt, nach denen sie suchten.
    Dann jedoch bezog sich der bis dahin strahlend blaue Himmel und es begann zu regnen. Dem Regen folgte Wind, mehr Wind und dann der nun tosende Sturm.
    Den Jumper hatten sie etwas abseits stehen gelassen, weil eine der Pflanzen, die sie am dringendsten brauchten nur an einem schroffen Berghang in der Mitte der Insel wuchs. Sie kletterten den Berghang hinauf und während sie nach der Pflanze suchten, schlug das Wetter so drastisch um.
    Inzwischen zuckten Blitze über den Himmel und das Tosen des Sturmes mischte sich mit dem grollenden Donner und dem Getöse der Brandung. Es dauerte nur Minuten, dann waren sie bis auf die Knochen nass und völlig zerzaust.
    „Wir müssen uns irgendwie vor dem Sturm schützen“, brüllte John gegen den Lärm der Elemente an. Er stemmte sich vorn über gebeugt gegen den Wind.
    „Da drüben“, rief Ronon und zeigte auf die Felswand, wo sich eine winzige, hölzerne Hütte schief gegen die Wand drückte. Sie war kaum zu erkennen, durch den Regen, den der Sturm durch die Luft wirbelte. Ein Blitz zuckte am Himmel, erleuchtete die Szenerie und tatsächlich, das kleine Gebäude schien stabil genug zu sein, um ihnen Schutz zu gewähren.
    Sie stemmten sich gegen den Sturm und bewegten sich darauf zu, wobei Teyla den Ärmel von Bonhams Jacke gepackt hielt und die verängstigte Botanikerin hinter sich her zog.
    Sie erreichten die Hütte mühsam und aus der Nähe konnten sie sehen, dass es mehr eine Art geschlossener Unterstand war und wohl gerade ausreichte, um fünf Leuten Schutz vor dem Wetter zu gewähren. John streckte die Hand aus, packte den Türgriff und zog daran und in dem Moment, als sie durch die Tür stolperten erhellte eine Kaskade von Blitzen den Himmel über ihnen und für den Bruchteil eines Augenblicks erkannte John, dass die Blitze genau die Hütte trafen.
    Dann war es vorbei und sie hatten die Tür passiert.
    Kaum waren sie hindurch getreten, erwartete sie ein wirklicher Schock, gegen den das Unwetter nur eine unbedeutende Belästigung zu sein schien. Sie sahen keineswegs das Innere einer kleinen, dunklen Hütte, sondern waren in warmen Sonnenschein hinaus getreten.
    Hinaus, nicht hinein.
    Verblüfft sah Sheppard sich um, nur um hinter sich weder die Hütte, noch den Felshang zu entdecken, sondern eine Scheune, deren Tür langsam hinter ihnen zu schwang.
    Mit der gleichen Verblüffung stellte er fest, dass er und ebenso die anderen nicht mehr durchnässt und windzerzaust waren, sondern absolut trockene Kleidung trugen. Ihre vertraute Kleidung, nur nicht mehr klatschnass, wie noch vor einigen Sekunden.
    Die anderen folgten seinem Blick zurück und auf ihren Gesichtern zeigte sich die gleiche Verblüffung, die er selber fühlte.
    Einzig Lilian sah sich die Umgebung, insbesondere die Pflanzen, genauer an. Als sie nach Luft schnappte und leise murmelte: „Das ist unmöglich …“, wandten sich die anderen ihr zu.
    „Was ist unmöglich?“, forderte McKay in einem ziemlich genervten Tonfall zu wissen. Jenem Tonfall, den Sheppard nur zu gut kannte und der anzeigte, dass McKay zutiefst verunsichert war. Eine Tatsache, die auch ihn nicht unberührt ließ, denn wenn McKay verunsichert war, dann waren die Dinge nicht in Ordnung, um es einmal milde auszudrücken.
    McKay warf Lilian seinen patentierten Hilfswissenschaftler-Eindampfungs-Blick zu und wiederholte: „Was ist unmöglich?“ Ihm ging diese Mission vom ersten Moment an auf die Nerven. Erst sollten sie Pflanzen sammeln, die zwar wichtig waren, aber keineswegs so wichtig, wie seine Arbeit im Labor. Dann überraschte sie das Unwetter, das ihn bis auf die Knochen durchnässte und ihm wahrscheinlich eine Lungenentzündung oder Schlimmeres bescheren würde. Und nun dies hier, das ihn, auch wenn er es niemals öffentlich zugeben würde, zutiefst verunsicherte. Da kamen ihm die kryptischen Bemerkungen einer absolut unbedeutenden Botanikerin gerade Recht, um seine aufgestaute Frustration an ihr abzulassen.
    Lilian, die McKays Art, seine Unsicherheit zu kaschieren, nicht so gut kannte, wie die anderen, zuckte zusammen. Dann fing sie sich und zeigte auf einen blühenden Rosenbusch.
    „Das ist, wenn mich nicht alles täuscht, eine alte Rose, die es seit über hundert Jahren nicht mehr gibt.“
    Alle starrten sie ungläubig an und sie errötete unter der Aufmerksamkeit.
    „Und wie ist eine solche Rose, die es angeblich nicht mehr gibt, in die Pegasus-Galaxie gekommen?“, blaffte McKay.
    Sheppard hob die Hand, um eine Eskalation zu verhindern, als Lilian mit zornig geröteten Wangen den Mund zu einer Erwiderung öffnete.
    Er ging auf das Scheunentor zu, durch das sie gekommen waren. Vorsichtig schob er die in das riesige Tor eingelassene Tür auf und blickte hindurch. Da war weder die Hütte, noch der Planet, von dem sie gekommen waren, sondern seinem Blick bot sich ein Stall dar. In den Boxen rechts und links des Mittelganges konnte er Tiere hören, die unruhig mit den Hufen scharrten und leise schnaubten. Am Ende des Mittelganges sah er zwei Kutschen stehen. Alles sah gut gepflegt und häufig benutzt aus.
    Wieder spiegelte sich sein eigenes Erstaunen in den Gesichtern seiner Begleiter. Sie wandten sich vom Stall ab und sahen sich wieder die Umgebung an. In diesem Moment bog eine Frau um die Ecke. Sie hielt inne, als sie die Fremden bemerkte und starrte sie erschrocken an.
    Ihr Haar war unter einer altmodischen Haube verborgen und sie trug ein bodenlanges, helles Kleid, dessen Taillenbund weit hochgezogen war.
    Nach einigen Momenten gegenseitigen Anstarrens, rührte sie sich und blickte sich wie hilfesuchend um. Als sie niemanden entdeckte, der sie unterstützen konnte, trat sie mutig ein paar Schritte auf die Fremden zu.
    „Darf ich mich Ihnen vorstellen? Charlotte Lucas.“ Sie knickste mit leicht gesenktem Kopf.
    Lilian klappte der Mund auf, dann fasste sie sich schnell und schob sich vor die anderen. Sie erwiderte den Knicks und sagte: „Es ist mir eine Freude, Ihre Bekanntschaft zu machen, Miss Lucas. Ich bin Lilian Bonham und meine Begleiter sind Colonel Sheppard, Dr. McKay, Miss Emmagan und Mr. Dex.“ Sie deutete bei jedem Namen auf die jeweilige Person.
    Die anderen standen wie angewurzelt da, einzig Teyla versuchte ebenfalls einen Knicks, der aber ziemlich unbeholfen aussah.
    „Nun, Willkommen in Meryton“, sagte Miss Lucas und sah sie an, als erwarte sie irgendetwas von ihnen.
    John überlegte kurz, ihr die Hand zur Begrüßung hinzustrecken, unterließ es dann jedoch und beschloss abzuwarten. Bonham schien zumindest eine Ahnung zu haben, was hier vor sich ging und solange keine direkte Gefahr für sein Team drohte, war er gewillt, erst einmal zu beobachten, was sich entwickelte.
    „Aber darf ich fragen, was Sie auf den Grund von Lucas Lodge verschlagen hat?“, fuhr die junge Frau fort.
    Lilian, die fieberhaft überlegt hatte, wie man das hier erklären konnte, lächelte sie offen an und begann zu improvisieren.
    „Wir kommen aus … den Kolonien. Aus Übersee.“
    Miss Lucas sah sie interessiert an und ihr Blick streifte über die Kleidung, die sie trugen. Man konnte ihre Frage deutlich in ihrem Gesicht ablesen, doch anstatt zu fragen, wartete sie weiterhin auf eine Erklärung ihrer Anwesenheit an genau diesem Ort.
    „Wir … wir haben uns verlaufen“, fuhr Lilian fort. Langsam wurde sie sicherer und fabrizierte eine halbwegs glaubhafte Geschichte.
    „Ich bin in England aufgewachsen, doch meine Eltern gingen mit mir in die Kolonien. Mein Vater war Geistlicher und fand dort seine neue Berufung und so zogen wir mit ihm nach Übersee. Nun aber wollte ich meinen Freunden meine alte Heimat zeigen. Wir sind nach einer langen Schiffsreise in Portsmouth angekommen und planten, eine Rundreise zu machen. Aber unsere Kutsche ist irgendwo hier in der Nähe verunfallt und wir haben uns auf den Weg gemacht, um Hilfe zu suchen.“
    Miss Lucas sah sie erschrocken an. „Oh, wie schrecklich. Das muss furchtbar für Sie gewesen sein. Natürlich finden Sie hier Hilfe! Was ist mit Ihrem Kutscher und ihrem Gepäck? Wir können sofort einige Dienstboten ausschicken.“
    Lilian schluckte. „Die Kutsche … ja, die Kutsche. Sie ist in einen Abgrund gestürzt, gerade nachdem wir alle hinaus geklettert sind. Es war schrecklich.“ Sie gab einen kleinen, schluchzenden Laut von sich und Sheppard warf ihr einen interessiert-amüsierten Blick zu. Dann fasste er sich wieder und versuchte, angemessen schockiert auszusehen.
    Lilian tat so, als müsse sie sich erst einmal wieder fassen und fuhr dann fort: „Wir sind ziemlich weit gelaufen, bevor wir Sie gefunden haben, Miss Lucas.“
    „Oh! Sie müssen schrecklich erschöpft sein“, sagte die Angesprochene an Lilian und Teyla gewandt. „Bitte folgen Sie mir ins Haus, damit ich Sie meinem Vater vorstellen und Sie sich erfrischen und ausruhen können. Ich bin sicher, wir finden auch Ersatz für Ihr Gepäck, damit sie diese …“, ihr Blick schweifte noch einmal über ihre Kleidung, „… Reisekleidung ablegen können.“
    Sie drehte sich auf dem Absatz um und ging voran auf das Haus zu, das zu sehen war, sobald man den riesigen Stall umrundet hatte. Sheppard wechselte einen kurzen Blick mit seinem Team und machte dann ein Zeichen, der jungen Frau zu folgen.
    „Was geht hier vor?“, zischte er Lilian zu, als sie sich in Bewegung gesetzt hatten.
    Diese sah ihn geistesabwesend an. „Charlotte Lucas, Meryton … das ist Wahnsinn“, murmelte sie. Dann fing sie sich wieder ein wenig und versuchte Sheppards Frage zu beantworten. „Wenn ich nicht völlig daneben liege, sind wir in ‚Stolz und Vorurteil’, dem Roman von Jane Austen, gelandet“, brachte sie flüsternd hervor. „Aber geben Sie mir noch etwas Zeit, bitte. Ich bin sicher, ich finde das noch genauer raus.“
    John runzelte die Stirn, er kannte den Roman vage. Er hatte ihn in der Highschool im Unterricht lesen müssen und hatte ihn nicht gemocht. Es lag nicht an dem Roman, der ironische Ton Austens hatte ihm sogar ein wenig gefallen, sondern eher daran, dass seine damalige Freundin und ihre Freundinnen ganze Nachmittage damit zugebracht hatten, über Mr. Darcy zu schwärmen. Und hier waren sie nun gelandet? Verdammt, wie war das möglich?

    Über seinen Gedanken hatten sie das Haus erreicht und Miss Lucas bat sie, einen Moment im Salon zu warten, bis sie alles vorbereitet hatte.
    Sobald sie alleine waren, erzählte Lilian den anderen von ihrem Verdacht. Sie erklärte Ronon und Teyla, dass es sich um einen berühmten Roman der Erde handelte, der im England des ausgehenden 18. Jahrhunderts spielte.
    John sah McKay fragend an. „Wie sind wir hierher gekommen?“
    McKay zuckte mit den Schultern. „Ich habe keine Ahnung“, schnappte er.
    „Rodney. Bitte. Keine Ahnung? Irgendeine Idee vielleicht?“
    „Vielleicht war in der Hütte irgendein Antiker-Gerät. Vielleicht hat der Blitzschlag es aktiviert oder überladen und es hat einen Riss im Raum-Zeit-Kontinuum geöffnet, durch den wir geraten sind. Was weiß ich?“ Seine Frustration entlud sich in seinem Tonfall. Rodney McKay konnte es ganz und gar nicht leiden, wenn er ein Phänomen nicht erklären konnte und es auch noch so gravierende Folgen für ihn hatte.
    „Das erklärt nicht, wie wir in einem Roman landen konnten“, insistierte Sheppard.
    „Ich weiß es nicht, verdammt“, fauchte McKay.
    „Und wie kommen wir wieder zurück?“, fragte Teyla leise.
    McKay warf ihr seinen patentierten Jungwissenschaftler-Eindampfungsblick zu, den er sonst nur für unfähige Mitarbeiter reserviert hatte.
    „Wenn ich nicht einmal weiß, wie wir hergekommen sind, wie soll ich dann wissen, wie wir wieder weg kommen. Ich bin zwar genial, aber kein Zauberer.“
    Sie wurden unterbrochen, denn nun betrat ein Mann den Raum, gefolgt von Miss Lucas. Er war klein, rundlich und strahlte eine Aura von Freundlichkeit und Jovialität aus. Sie wurden einander von Miss Lucas vorgestellt und so erfuhren sie, dass es sich bei dem Mann und ihre Vater, Sir William Lucas, handelte. Er hörte sich ihre Geschichte, die von Lilian, nachdem sie jetzt etwas Zeit zum Nachdenken gehabt hatte, angemessen ausgeschmückt wurde, interessiert an.
    Dann musterte er sie der Reihe nach mit neugierigem, aber durchaus freundlichem Blick.
    „Miss Emmagan“, wandte sich Sir William charmant an sie, „Sie haben einen interessanten Namen. Gestatten Sie mir die Frage, ist er französisch?“
    „Athosianisch“, erwiderte sie automatisch, um dann erschrocken zu verstummen.
    Sir William strahlte sie an. „Und dieses … Athosien … das liegt auch in den überseeischen Kolonien?“
    Sie nickte stumm und Sir William schien zufrieden zu sein. „Reizend, überaus reizend“, rief er aus und klatschte in die Hände. „Selbstverständlich erhalten Sie bei uns jede erdenkliche Hilfe.“ Er strahlte Lilian an. „Wir müssen unseren Freunden aus den Kolonien doch zeigen, wie wundervoll es im guten, alten England ist, nicht wahr? Sie sind natürlich unsere Gäste, bis Ihre Angelegenheiten geregelt sind. Es ist wundervoll, Hausgäste zu haben.“ Wieder klatschte er in die Hände. „Ich werde gleich meiner Frau die guten Nachrichten überbringen und die Dienstboten anweisen, Ihnen Gästezimmer vorzubereiten.“
    „Ich habe Misses Adams bereits informiert, Vater“, warf Charlotte ein. „Sie bereitet den Gästeflügel vor.“
    „Wunderbar!“ Er wandte sich an das Team. „Ist es nicht absolut wunderbar, eine so aufmerksame Tochter zu haben?“
    Sie nickten höflich, ein wenig überrollt vom Überschwang Sir Williams.
    „Nun, dann bleibt uns noch etwas Zeit zum Plaudern“, fuhr der Hausherr unbeirrt fort.
    „Miss Bonham, Sie sagten, sie stammen aus England? Aus welcher Gegend, wenn ich so vermessen sein darf, zu fragen.“
    Lilian schluckte. Über dieses Detail hatte sie sich bisher keine Gedanken gemacht. „Aus … Kent“, brachte sie hervor. Himmel, ihre Geschichte hatte mehr Löcher, als ein Nudelsieb und sie musste sich schnellstens passende Details ausdenken, wenn sie hier nicht als Betrüger und Hochstapler enttarnt werden wollten.
    Und schon bahnte sich die nächste Katastrophe an, als Sir William weiter sprach.
    „Dann wird es Sie freuen, zu hören, dass wir Besuch aus Kent in der Nachbarschaft haben. Mister Collins, ein Cousin der Bennets, logiert derzeit in Longbourne, dem Anwesen der Familie Bennet. Ich bin sicher, Sie werden jede Menge Gesprächsstoff haben. Ihr werter Herr Vater ist doch auch ein Geistlicher, wenn ich das richtig verstanden habe?“
    Lilian spürte, dass sie zu schwitzen begann. Verdammt, verdammt, verdammt, wie hatte sie nur in diese Falle tappen können, sie wusste doch, dass Kent in dem Roman eine nicht unbedeutende Rolle spielte. Wie hatte sie nur so dumm sein können, ausgerechnet Kent als Herkunftsgegend zu nennen?
    Dankenswerterweise blieb ihr eine Antwort erspart, da sich die Tür öffnete und eine Frau mittleren Alters in der Tür stehen blieb. Sie knickste und sagte: „Der Gästeflügel ist bereit, Sir.“
    „Vielen Dank, Misses Adams“, sagte Sir William und strahlte. „Führen Sie bitte unsere Gäste in ihre Zimmer und sagen Sie Lady Lucas, dass ich sie sprechen möchte.“
    Mrs Adams knickste wieder. „Sehr wohl, Sir.“
    Sie wandte sich an die Atlanter und sagte mit einem Lächeln: „Wenn Sie mir bitte folgen wollen.“
    Sie wurden in einen Seitenflügel des Hauses geführt, der offensichtlich für Gäste vorgesehen war. Jeder bekam ein eigenes Zimmer und sie hatten noch einen Salon zu ihrer gemeinsamen Verfügung. In ihren Zimmern war Kleidung bereit gelegt worden und auf Lilians Rat hin kleideten sie sich um, auch wenn es besonders den Männern suspekt erschien.
    Als sie halbwegs passabel angezogen waren, Teyla und Lilian hatten sich mit den Kleidern gegenseitig geholfen, trafen sie sich in ihrem Salon.
    „Also, irgendwelche Ideen, was wir hier tun und wie wir hier wieder wegkommen?“, brachte Sheppard die Sache sofort auf den Punkt.
    „Ich weiß zwar immer noch nicht, was uns hierher gebracht hat“, nahm McKay den Faden auf, „aber ich denke inzwischen, dass der Ort nicht zufällig gewählt ist. Irgendetwas ist hier, das das Antikergerät veranlasst hat, und genau hierher zu bringen.“ Er runzelte die Stirn. „Falls da ein Antikergerät war in der Hütte, was ich aber stark annehme, denn ohne die angenommene Intervention eines Antikergerätes wären wir in echten Schwierigkeiten. Und damit meine ich echte Schwierigkeiten.“ Er fuchtelte unheilschwanger mit den Händen.
    „Schwieriger, als die Schwierigkeit, aus unbekannten Gründen in der fiktiven Welt eines Romans von der Erde gelandet zu sein, ohne zu wissen, warum oder wie man hergekommen ist?“, fragte Teyla und hob eine Augenbraue.
    „Viel schwieriger“, nickte McKay. „Es würde bedeuten, dass es ein zufälliges Ereignis ohne Ursache ist, das nicht reversibel und nicht reproduzierbar ist.“
    „Nicht …“, Sheppards Stimme klang erschrocken. „Gehen wir von einem Antikergerät aus“, sagte er dann entschlossen. „Also gibt es hier irgendwo ein Gegenstück?“
    „Im Stall“, brummte Ronon. „Immerhin sind wir da aufgetaucht.“
    „Oh, seit wann ist Mr. Ich-schieße-erst-und-frage-dann unser Experte für Raum-Zeit-Dimensions-Phänomene?“, ätzte McKay und Sheppard konnte die Beunruhigung erahnen, die hinter dieser vordergründigen Emotion hervorschimmerte. McKay redete entweder wie ein Wasserfall, oder er war sarkastisch, wenn er beunruhigt war und eine Situation weder einschätzen konnte, noch unter Kontrolle hatte. Im Moment tat er beides und das beunruhigte wiederum Sheppard mehr, als er sich eingestehen wollte.
    Sie berieten sich eine Weile und kamen schließlich zu dem Schluss, dass McKays Theorie, sowohl in der Hütte, als auch im Stall von Lucas Lodge ein Gerät der Antiker sein müsse, die in irgendeiner Verbindung standen und durch den Blitzschlag aktiviert worden waren.
    „Unsere beste Chance ist also, dieses Gerät zu finden und zu sehen, ob wir es von hier aus aktivieren können, um unseren Rücktransport zu initialisieren“, fasste McKay zusammen. „Ich habe zwar keine Ausrüstung hier und mein Handscanner funktioniert aus unerfindlichen Gründen nicht, aber vielleicht lässt es sich ja durch das Gen aktivieren.“
    Sheppard nickte
    „Und bis dahin sollten wir uns als gute Gäste zeigen, damit wir unauffällig hier bleiben können“, ergänzte Teyla. „Es wäre fatal, wenn wir die Gegend verlassen müssten und nur heimlich zurückkehren könnten, um das Gerät zu suchen. Können Sie uns dabei vielleicht helfen, Lilian?“
    Lilian nickte und begann, die Gruppe über die wesentlichen Verhaltensweisen und Umgangsformen der Zeit und des sozialen Standes aufzuklären. Verbeugungen bei den Herren, Knickse bei den Damen zur Begrüßung und zur Verabschiedung. Keinerlei körperliche Berührungen, wie ein Händedruck oder eine Umarmung. Unter keinen Umständen. Höflichkeit in jeder Situation, ohne jede Ausnahme. Sie warf McKay einen warnenden Blick zu.
    „Was?!?“, schnappte er.
    Sheppard schmunzelte, während Teyla Ronon einen ebensolchen Blick zuwarf, wie Lilian ihn für McKay verwendet hatte.
    Lilian lachte leise, dann erklärte sie noch einige Dinge, die zu dem gesellschaftlichen Umfeld gehörten, in das sie geschliddert waren, bis Mrs Adams erschien, um sie zum Dinner abzuholen.
    Sie lernten dort Lady Lucas, die jüngere Tochter Maria und die Söhne der Familie kennen. Die Unterhaltung bei Tisch war entspannt, was auf die grenzenlos freundliche und umgängliche Art Sir Williams zurückzuführen war, die auf seine ganze Familie abgefärbt hatte.
    Nach dem Dinner verabschiedeten sie sich rasch in ihren Gästeflügel, die Strapazen der unglücklichen Reise vorschiebend, um möglichen Fallen in der Konversation zu entgehen, bevor sie sich noch detaillierter abgesprochen hatten.

    Der nächste Tag war vollständig ereignislos, bis auf einen Besuch der zweitältesten Bennet-Tochter, deren Anwesenheit Lilian in helle Aufregung versetzte. Elisabeth, so erklärte sie ihren Kameraden, war die Heldin des Romans und eine beeindruckende junge Frau. Eine der schillerndsten Frauengestalten der Literatur dieser Zeit, schwärmte Lilian, nachdem die zugegebenermaßen charmante und intelligente junge Frau wieder nach Hause gegangen war.
    Sie nutzten die freie Zeit, den Stall zu untersuchen, indem sie einen Spaziergang vortäuschten, doch so sehr sie sich auch bemühten, es war keine Spur eines antikischen Gerätes zu finden.
    „Was tun wir also?“, fragte Teyla, deren Augen mittlerweile Besorgnis ausdrückten.
    „Unsere beste Chance ist immer noch, hier in der Nähe zu bleiben und auf Anomalien zu achten“, sagte McKay. „Es muss einen Grund geben, warum wir ausgerechnet an diesem Ort gelandet sind und sollte ein weiteres Ereignis stattfinden, so ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass es genau hier stattfindet.“
    Als sie zum Haus zurückkehrten, waren sie sich einig, dass es eine merkwürdige Zeit war, in der sie gelandet waren. Alles war so steif, voller geregelter Formalitäten und es war grauenhaft langweilig. Es gab nichts zu tun, man verbrachte seine Tage damit, die Zeit zu vertrödeln und darauf zu warten, dass etwas passierte, über das man sich unterhalten konnte. Wenigstens kam ihnen das so vor, denn sie waren es gewohnt immer etwas zu tun zu haben, immer in Bewegung zu sein. Das Leben hier war geruhsam, zu geruhsam, es floss träge dahin und machte die Atlanter schrecklich kribbelig.

    Am Abend, nach dem Dinner, lauschten sie alle dem Klavierspiel, mit dem Maria Lucas die Familie und die Gäste unterhielt.
    „Morgen Abend findet auf Netherfield Park ein großer Ball statt“, erzählte Miss Lucas mit leuchtenden Augen. „Mein Vater hat eine Nachricht zu Mr. Bingley geschickt, dass wir noch unerwartete Hausgäste mitbringen.“
    „Der Ball in Netherfield Park“, murmelte Lilian mit einem verträumten Gesichtsausdruck.
    Charlotte hob die Augenbrauen. „Sie kennen Netherfield Park?“
    „Nur vom Hören.“
    „In den Kolonien?“, hakte Miss Lucas mit hochgezogenen Augenbrauen nach.
    John sprang in die Bresche. „Was für einen wunderschönen Garten Sie hier haben, Miss Lucas“, sagte er mit einem Blick aus dem Fenster.
    Sie warf Lilian noch einen irritierten Blick zu, dann erhob sie sich und trat neben John. „Ja, nicht wahr? Ich kümmere mich selber um die Rosen.“
    Sie sah John mit einem langen Blick an, den Rodney mit einem Stirnrunzeln zur Kenntnis nahm.
    Ronon, der die ganze Zeit über geschwiegen hatte, sagte plötzlich laut: „Ich werden nicht tanzen. Ich werde nicht zu diesem Ball gehen.“ Er verschränkte die Arme vor der Brust und starrte so grimmig zu Sheppard, wie nur er es konnte.
    Charlotte sah ihn milde schockiert an, fasste sich dann wieder und nachdem sie sein, führ ihre Maßstäbe trotz der angepassten Kleidung, wildes Aussehen gemustert hatte, nickte sie lächelnd.
    „Wie Sie wünschen, Mr Dex. Ich befürchte tatsächlich, dass unsere Gesellschaft etwas zu … gesetzt ist, für jemanden, wie Sie.“
    Dann wanderte ihr Blick über die anderen und gerade, als McKay sich der Absage des Satedaners anschließen wollte, sagte sie höflich, aber bestimmt: „Aber Sie werden uns doch die Ehre geben, nicht wahr? Es würde sehr lebhafte Gerüchte geben, hätten wir Hausgäste und brächten sie nicht zu dem gesellschaftlichen Ereignis der Saison mit.“
    Sie sah die restlichen vier Atlanter an, dann erkannte sie das Zögern in Sheppards und McKays Augen und fügte mit einem Lächeln hinzu: „Ich bestehe darauf.“
    McKay, der trotz ihrer Worte protestieren wollte, wurde von Lilian unterbrochen.
    „Selbstverständlich, Miss Lucas. Wir freuen uns schon sehr darauf.“
    McKay schnappte nach Luft, setzte dann aber eine finstere Miene auf und schwieg. Jeder, der ihn kannte, konnte das Grollen in seinen Gesichtsausdruck lesen.
    Auf einen Wink ihrer Muter hin, erhob sich Charlotte und entschuldigte sich für einen Moment. Kaum waren sie unter sich, zischte McKay an Lilian gewandt: „Wie konnten Sie nur? Ich werde auf keinen Fall zu einem Ball gehen. Das ist doch lächerlich!“
    Lilian schluckte. „Es ist so, man widerspricht in dieser Zeit und in dieser gesellschaftlichen Schicht niemals einer Dame. Besonders nicht, wenn sie auf etwas besteht. Es ist eine Floskel, die keine weitere Diskussion zulässt. Es sei denn, man möchte als unerträglich unhöflich gelten und riskieren, aus der Gesellschaft ausgeschlossen zu werden. Vergessen Sie nicht, der Umgang der Menschen hier ist von vielen Regeln und Konventionen bestimmt. Und da Sie selber gesagt haben, dass unsere beste Chance, nach Hause zu kommen, ist, hier in der Umgebung der Stallungen von Lucas Lodge zu bleiben, sollten wir gute Miene zum bösen Spiel machen.“
    McKay sah sie noch immer wütend an, nickte dann aber mit zusammengepressten Lippen.
    „Außerdem will ich mir den Ball in Netherfield Park um keinen Preis der Welt entgehen lassen“, fügte sie mit einem süffisanten Lächeln hinzu, was Teyla dazu veranlasste, leise zu lachen und sowohl Sheppard, als auch McKay das Gefühl gab, in eine ausgeklügelte Falle getappt zu sein.


    Der nächste Tag kam schneller, als ihnen lieb war und das Haus war erfüllt von den Vorbereitungen für das abendliche Ereignis. Marias aufgeregtes Plappern schallte durch alle Korridore, als sie davon erzählte, dass die Offiziere des Milizregiments ebenfalls eingeladen worden waren und dass sie gedächte, jeden einzelnen Tanz zu tanzen.
    Diener halfen Sheppard und McKay, passende Abendkleidung auszuwählen, während Teyla und Lilian von Zofen mit Abendkleidern versorgt und dem Anlass angemessen aufwändig frisiert wurden.
    Nachdem sie endlich mit zwei Kutschen in Netherfield Park angekommen waren, sahen sie, was für eine riesige Veranstaltung der Ball war. Und trotz ihrer Vorbehalte, waren die beiden Männer beeindruckt von der lebendigen Atmosphäre und dem leichtlebigen Prunk.
    Teyla sah sich interessiert um, all das nährte ihren Wissensdurst, die Kultur und Lebensweise fremder Völker zu verstehen. Und auch, wenn ihr die Menschen von der Erde schon lange nicht mehr fremd erschienen, so waren viele ihrer kulturellen Eigenheiten ihr doch immer noch unverständlich.
    Lilians Wangen glühten und ihre Augen leuchteten, als sie sich suchend umschaute.
    Teyla berührte leicht ihren Unterarm. „Suchen Sie jemanden, Lilian?“
    „Mr Darcy muss hier irgendwo sein. Oh Gott, ich werde in Ohnmacht fallen, wenn ich ihn sehe. Ob ich mit ihm tanzen werde?“
    Teyla schmunzelte. „Wahrscheinlich nicht, wenn Sie bewusstlos sind.“
    Lilian starrte sie mit offenem Mund an, dann lachte sie leise. „Wissen Sie, Teyla, ich liebe diese Geschichte, seit ich zwölf Jahre alt bin. Immer, wenn das Leben hässlich oder gemein wurde, habe ich mich hierher geflüchtet. Ich habe das Buch bestimmt hundert Mal gelesen. Es ist nicht so, dass ich in Mr Darcy verliebt bin, oder so was, dafür bin ich zu sehr Realistin. Ich liebe einfach diese Zeit. Die Kleidung, die Höflichkeit, die Art zu leben, zu sprechen, miteinander umzugehen. Und natürlich die Liebesgeschichte von Darcy und Elisabeth. Es ist so wunderschön, zu sehen, wie sich alle entwickelt, wie Lizzie langsam erkennt, wer Darcy wirklich ist und wie sie trotz aller Widrigkeiten zueinander finden.“ Sie strahlte so sehr, dass Teyla, die zwar nicht verstand, worum es genau ging, sie lächelnd in eine leichte Umarmung schloss. „Dann genießen Sie es aus vollem Herzen, Lilian. Nichts und Niemand soll Ihnen den Abend verderben.“

    Sie wurden den Gastgebern vorgestellt. Mr Bingley war die Zuvorkommendheit in Person, begeistert darüber, dass Sir William seine Hausgäste mitgebracht hatte. Seine Schwestern, Miss Bingley und Mrs Hurt waren höflich, aber reserviert und machten keinen Hehl daraus, dass die ganze Gesellschaft weit unter ihrer Würde und ihrem sonstigen Umgang war. Besonders Teyla musterten sie abschätzig und ihre Begrüßungsfloskeln waren zuckersüß mit einem so ätzenden Unterton, dass Teyla sich ihre Bantos herbeiwünschte, um diesen beiden unmöglichen Frauen eine Lektion zu erteilen.
    Später mischten sie sich unter die Leute und wurden von Sir William unermüdlich einer schier endlosen Kette von Fremden vorgestellt. So begeistert Lilian davon war, all die ihr vertrauten Personen wirklich kennen zu lernen, so gelangweilt ließen die Anderen es über sich ergehen.
    McKays Laune hob sich sichtlich, als er die Tische sah, die sich unter exquisiten Speisen bogen, während Sheppard sich darauf zu konzentrieren versuchte, den Offizieren aus dem Weg zu gehen, um unangenehme Fragen über sein Regiment in den Kolonien zu entgehen und warum er nicht in Uniform erschienen war, wie es sich für Offiziere schickte. Allerdings stellte sich das als ziemlich problemlos heraus, da er von der ersten Minute an von jungen Damen umgeben war, die ihn ganz ungeniert anhimmelten und kaum von seiner Seite weichen wollten. Er hatte keine Probleme mit der Umgebung hier umzugehen, schließlich kannte er höflich-unverbindliche Konversation zur Genüge von den Partys in seinem Elternhaus. Und so verhasst es ihm immer gewesen war, hier half ihm dieses anerzogene Können.
    Wieder lotste Sir William sie zu einer Gruppe von Leuten. Er stellte sie als Mr und Mrs Bennet und ihre Töchter Jane, Elisabeth, Mary, Catherine und Lydia vor.
    Elisabeth kannten sie ja schon und Mrs Bennet nutzte sofort die Gelegenheit, die Neuankömmlinge zu umgarnen und ihre Töchter ins rechte Licht zu rücken.
    „Und sind Sie verheiratet, Colonel Sheppard? Oder Sie, Dr. McKay?“, wollte Mrs Bennet wissen.
    Beide sahen sie verblüfft an und schüttelten dann die Köpfe.
    „Wie reizend“, flötete Mrs Bennet und winkte ihren jüngeren Töchtern zu. „Dann werden Sie sicherlich mit meinen Töchtern tanzen wollen. Es sind ganz reizende Mädchen. Gut erzogen und wunderbar talentiert.“ Sie strahlte John und Rodney an.
    „Es ist eine allgemein anerkannte Wahrheit, dass ein Junggeselle im Besitz eines schönen Vermögens nichts dringender braucht als eine Frau“, murmelte Lilian und musste leise kichern.

    Dann schließlich kam der Moment, auf den Lilian gewartet hatte. Sir William stellte sie Mr Fitzwilliam Darcy von Pemberley vor.
    Sie spürte, wie ihre Knie weich wurden, als sie knickste, aber Darcy verbeugte sich mit so unbewegter Miene, dass sie sich schnell wieder erholte. Es war völlig offensichtlich, dass er keinerlei Interesse an ihrer Bekanntschaft hatte und nur aus vorgeschriebener Höflichkeit mit ihnen abgab.
    „Und was machen Sie beruflich, Mr. Darcy?“, versuchte Rodney Smalltalk zu betreiben, als ihm das konsequente Schweigen ihres Gegenübers unangenehm wurde.
    Darcy sah ihn mit einem derartigen Ausdruck von Abscheu in den Augen an als hätte Rodney ihn nach einer exotischen, übel riechenden Krankheit gefragt. Ohne den Blick von Rodney zu wenden verbeugte sich Darcy, sagte knapp: „Ich hoffe, Sie genießen Ihren Aufenthalt“, und wandte sich von ihnen ab, um sich zu Bingley zu gesellen.
    „Meine Güte, wer glaubt dieser Kerl, wer er ist“, fauchte Rodney.
    „Sie haben ihn zutiefst beleidigt, McKay“, sagte Lilian. „Zu dieser Zeit gilt es für einen Gentleman als unschicklich, einer Profession nachzugehen. Man ist einfach da und achtet darauf, dass das auch jeder mitbekommt.“
    In diesem Moment hörten sie, wie Charles Bingley sagte: „Um Himmels Willen, Darcy. Sie kommen aus den Kolonien, hab’ ein wenig Nachsicht mit ihnen.“
    „Dann sollen sie in ihre Heimat zurückgehen Ich bin in keiner Stimmung, Nachsicht mit unzivilisierten Emporkömmlingen ohne Herkunft oder familiäre Verbindungen zu haben.“
    „Ich bin sicher, wenn sie eine Weile hier sind, werden sie sehr angenehme Nachbarn werden.“
    „Selbst wenn sie ein ganzes Jahrhundert hier wären, würde mich das nicht bewegen können, sie auch nur als gleichgestellt mit meinen Pferden zu betrachten.“
    „Darcy …“
    „Geh tanzen, Charles. Genieße den Ball und versuche nicht, mich von Vorzügen zu überzeugen, die nur durch deinen unbedingten Willen, jeden Menschen zu mögen, erkennbar sind. Du verschwendest deine Zeit mit mir.“
    Rodney schnaubte verächtlich. „Arroganter Mistkerl.“
    John lachte leise. „Wenn wir länger bleiben, könntest du in ihm deinen Meister finden.“
    Lilian wirkte niedergeschlagen. „Er ist wirklich unausstehlich“, beklagte sie sich bei Teyla, die sich langsam daran gewöhnte, als Frau von Lilian offensichtlich als die einzig angemessene Gesprächspartnerin für das Thema „Stolz und Vorurteil“ oder „Mr. Darcy“ angesehen zu werden. Dabei schien es keinerlei Rolle zu spielen, dass sie weder den Roman, noch die Figuren kannte. Teyla hatte dieses Verhalten Lilians für sich unter der Rubrik „Frauenthemen bei Frauen von der Erde“ abgelegt und fügte sich lächelnd in ihre neue Rolle.
    „Man kann überhaupt nicht erkennen, was für ein wunderbarer Mann sich unter der ekelhaften Schale verbirgt“, fuhr Lilian mit ihrer Klage fort. „Und er sieht nicht einmal aus, wie Colin Firth. Gut, Colin Firth sieht auch nicht aus, wie Colin Firth in der Rolle, aber der hier …“
    Rodney starrte sie entgeistert an. „Wunderbarer Mann? Dieser Kerl ist der arroganteste, unhöflichste, missmutigste, abscheulichste Bastard, der mir je begegnet ist.“
    „Das sagt Lizzie anfangs auch, natürlich ohne den Bastard, und am Ende heiratet sie ihn.“
    Rodney verdrehte die Augen. „Frauen …“

    Sie beobachteten das Treiben, plauderten mit einigen Leuten, vermieden es, zu tanzen, mit dem Hinweis auf ihre Heimat, wo, wie sie dreist behaupteten, die hier üblichen Tänze nicht bekannt waren und verlebten einen insgesamt interessanten Abend.
    Lilian beobachtete begeistert, wie Mr Bingley Jane Bennet umschwärmte, wie Mr Collins versuchte, Elisabeth Bennet nicht von der Seite zu weichen und wie diese schließlich mit Mr Darcy tanzte. Sie war so rundum glücklich, darüber, hier all das, was sie in dem Roman so liebte, wirklich zu erleben, dass sie fast platzte und ihre einzige Sorge war es, Mr Collins aus dem Weg zu gehen und nicht in ein Gespräch über ihren erfundenen Vater und dessen Pfarrei in Kent verwickelt zu werden.


    Am übernächsten Tag kam Charlotte Lucas in den Salon, wo das Team zusammen saß und wie immer überlegte, welche Optionen sie für ihre Rückkehr hatten, um ihnen Neuigkeiten zu berichten.
    „Stellen Sie sich vor, Mr. Collins hat Lizzie einen Antrag gemacht und sie hat ihn abgelehnt. Und nun bleibt er ein paar Tage bei uns, bis sich die Dinge bei den Bennets wieder beruhigt haben.“
    Lilian nickte und Teyla lächelte vage.
    Als Charlotte den Raum verließ, um mit ihrer Mutter zu besprechen, wie der nun noch um einen Gast erweiterte Lunch organisiert werden sollte, sagte Lilian zu Teyla: „Sie wird ihn heiraten.“
    „Wer?“
    „Charlotte. Mr. Collins.“
    Teyla sah sie ungläubig an. „Warum sollte sie diesen dummen und albernen Mann heiraten wollen?“
    „Sie hat nicht wirklich eine Wahl, Teyla. Sie ist siebenundzwanzig und noch unverheiratet. Sie hat kein Vermögen und ihr droht das Schicksal, für den Rest ihres Lebens auf das Wohlwollen und die finanzielle Unterstützung ihrer Verwandten angewiesen zu sein.“
    „Warum kann sie nicht selber für ihren Lebensunterhalt sorgen?“
    „Frauen tun das nicht in dieser Zeit. Es ist ihnen nicht erlaubt, eine Arbeit zu haben und selber Geld zu verdienen. Allenfalls als Gouvernanten für die Kinder anderer Leute. Oder natürlich als Dienstmädchen oder Köchin, aber das können nur die Frauen aus der Unterschicht. Die Damen des Landadels können sich nur um die Erziehung der Kinder des Adels kümmern, aber diese Stellen sind rar und man muss dafür auch eine entsprechende Bildung haben. Und die hat Charlotte nicht.“
    Teyla schüttelte den Kopf. „Ich dachte schon, die Langeweile im Leben als Frau in dieser Zeit wäre das Schlimmste, aber diese dummen Regeln übertreffen sie noch bei Weitem.“
    Lilian seufzte.
    „Verdammt“, sagte sie plötzlich und Sheppard sah, dass sie blass geworden war.
    „Was?“, fragte er alarmiert.
    „Collins. Wenn er hier im Haus zu Gast ist, werde ich nicht vermeiden können, mit ihm zu reden. Die einzige Chance ist, ihn immer abzulenken, wenn er über meinen Vater reden will. Wir müssen das Gespräch immer auf seine Gönnerin Lady Catherine de Bourgh und ihr Anwesen Rosings Park bringen, dann redet er wie ein Wasserfall darüber und vergisst alles Andere.“
    Sie lachten über die Vorstellung des albernen Mannes, der ihnen schon auf dem Ball als Belustigung gedient hatte.

    Zur Lunchzeit versammelten sich die Familie Lucas und ihre Gäste im Speisezimmer. Mr Collins wurde den Atlantern vorgestellt und berichtete sofort weitschweifig von seinen Lebensumständen, seiner außerordentlichen Segnung durch seine adelige Gönnerin und seine vielfältigen – von Lady Catherine mit wohlwollenden Augen betrachteten – Aktivitäten in seiner Gemeinde.
    Lilian war erleichtert, so, wie Collins plapperte, bestand kaum die Gefahr, dass sie zu Wort kommen würde, um in eine peinliche Situation über ihre erfundene Familiengeschichte zu geraten.
    Sheppard merkte deutlich, dass McKays kaum vorhandene Geduld arg strapaziert wurde. Offenbar sackte Rodneys Toleranzschwelle gegenüber dem aufgeblasenen und ignoranten Mann mit jedem Satz, den dieser sagte, dramatisch ab. In einer kleinen Geste legte John seinem Freund eine Hand auf den Unterarm. Rodney warf ihm einen Seitenblick zu und auf Johns fast unmerkliches Kopfschütteln hin vertiefte er sich wieder in seine Mahlzeit. John konnte ein kleines Lächeln nicht unterdrücken. Es gab kaum eine bessere Methode, Rodney zum Schweigen zu verdammen, als ihm einen vollen Teller mit köstlichem Braten vor die Nase zu setzen.
    Kurz bevor das Dessert serviert wurde, wandte sich Mr Collins dann doch noch an Lilian und fragte sie nach ihrer Kindheit in Kent. Lilian errötete, senkte dann den Blick und sagte leise: „Es war wunderschön, aber leider war mein Vater niemals mit einer so wunderbaren Gönnerin gesegnet, wie Sie, Mr Collins“, was Collins veranlasste, sofort wieder in eine enthusiastische Lobeshymne über Lady Catherine de Bourgh und ihre Residenz Rosings Park auszubrechen.
    Während des Desserts herrschte zunächst Schweigen und Mr Collins musterte die Atlanter kritisch. Gerade als Lady Lucas dazu anhob, eine leichte Plauderei über den Ball zu beginnen, deutete Mr Collins mit seinem Löffel auf Ronon und sagte: „Ich respektiere natürlich die Großmütigkeit unserer Gastgeber, finde es aber dennoch befremdlich, dass dieser … Mensch mit uns an einem Tisch isst.“
    Sheppard schnappte nach Luft und wollte etwas erwidern, aber Collins fuhr schon fort.
    „Überdies denke ich“, sagte er in salbungsvollem Ton, „dass Lady Catherine de Bourgh eine derartige Vermischung der Stände nicht gutheißen würde.“ Sein selbstgefälliger Gesichtsausdruck machte klar, dass dieses Urteil Lady Catherines die Situation eindeutig klärte und jede abweichende Meinung im Keim ersticken würde. Er wandte sich an Sir William, der ihn mit einem erschrockenen und indignierten Blick ansah.
    „Sicher wäre es besser, wenn er sich beim Gesinde aufhalten würde. Lady Catherine legt den allergrößten Wert auf die Einhaltung der Standesunterschiede und sagte erst neulich zu mir ‚Mr Collins’, sagte sie, ‚Mr Collins, es ist von eminenter Wichtigkeit, dass jeder weiß, wo sein Platz ist.’ Und ich kann ihr nur aus tiefstem Herzen zustimmen.
    Zudem muss ich sagen, dass ich, als Geistlicher, es nicht tolerieren kann, wenn dieser … dieser … Wilde mit rechtschaffenen Christenmenschen an einem Tisch sitzt.“
    Entsetztes Schweigen folgte seinen Worten, dann erhob sich Ronon wortlos und verpasste Collins einen Kinnhaken, der diesen vom Stuhl fegte und zu Boden warf.
    Sheppard konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen, während Rodneys Löffel voller Pudding mitten in der Luft zwischen Teller und Mund erstarrte und er mit vollem Mund nuschelte: „Volltreffer!“
    Entsetzt schlug Lilian ihre Hände vor das Gesicht und die gesamte Familie Lucas war vor Schreck völlig erstarrt. Ronon setzte sich wieder, nahm seinen Löffel auf und aß mit unbewegter Miene weiter.
    Langsam rappelte sich Mr Collins vom Boden hoch und versuchte, einen letzten Rest von Würde zu bewahren, als er sich die Kleider glatt strich. „Ich bin in meinem ganzen Leben noch nie … noch nie so …“ Er brach ab und stolzierte aus dem Raum. An der Tür drehte er sich noch einmal um und sah Sir William an. „Es ist wohl besser, wenn ich sofort abreise. Das hier ist … mir fehlen wirklich die Worte. Ich möchte mir nicht ausmalen, was Lady Catherine über dieses Haus sagen wird, denn natürlich werde ich ihr die ganze Angelegenheit in schonungsloser Offenheit darlegen.“ Mit diesen Worten ließ er die Tür geräuschvoll hinter sich zufallen.
    Nach einigen Sekunden erhob sich zuerst Charlotte, dann ihre gesamte Familie und folgte ihm.

    „Ohgottogottogott“, jammerte Lilian verzweifelt. „Jetzt kann Charlotte ihn nicht mehr heiraten.“
    „Sie sollte froh darüber sein“, warf Teyla ein, die ebenso wenig, wie die anderen verstand, warum Lilian darum so einen Aufstand machte.
    „Sie verstehen das nicht“, jammerte Lilian. „Charlotte heiratet Mr. Collins und zieht mit ihm in sein Haus nach Kent. Dieses liegt an der Grenze zu Rosings Park, der Residenz von Lady Catherine de Bourgh, die wiederum die Tante von Mr. Darcy ist. Charlotte bittet Lizzie, sie für einige Wochen zu besuchen und bei diesem Besuch trifft sie Darcy wieder, der ihr den ersten Heiratsantrag macht.“ Lilian sprudelte die Ereignisse nur so heraus.
    „Den ersten Heiratsantrag?“, fragte Rodney mit gerunzelter Stirn. „Wieso den Ersten? Machen die Leute hier mehrere Anträge?“ Er konnte sich nicht vorstellen, einmal abgelehnt zu werden und sich dann noch so weit zu erniedrigen, ein weiteres Mal zu fragen. Und bei einem arroganten Mistkerl, wie Darcy konnte er sich das erst Recht nicht vorstellen.
    „Sie lehnt ihn ab, zu der Zeit kennt sie seinen wahren Charakter noch nicht. Später, als sie herausgefunden hat, was für ein verantwortungsvoller, gütiger, großzügiger, wunderbarer Mann er ist, nimmt sie seinen zweiten Antrag an.“ Lilians Augen funkelten und ihr Blick wurde leicht umflort. Dann plötzlich schien sie sich zu erinnern, was passiert war und sie rief verzweifelt: „Aber das kann jetzt alles nicht mehr stattfinden!“
    „Es ist nur ein Roman“, knurrte Ronon, der den ganzen Aufstand nicht verstand.
    Sie drehte sich zu ihm um und schrie: „Nur ein Roman? Es ist eine der größten Liebesgeschichten, die je geschrieben wurden, die die Herzen von Millionen Menschen über zwei Jahrhunderte berührt hat und Sie haben das alles ruiniert!“
    Schluchzend rannte sie aus dem Raum.
    Teyla, John, Rodney und Ronon sahen ihr irritiert nach und betretenes Schweigen machte sich breit.
    „Das ist völlig idiotisch“, schnappte McKay. „Eine kolossale Zeitverschwendung!“
    „Wir sollten wirklich sehen, dass wir hier wegkommen. Das nimmt langsam bizarre Formen an“, sagte Teyla und die drei Männer nickten zustimmend.

    Am späten Nachmittag kam Charlotte zu Atlantern in den Salon. Sie wirkte blass und mitgenommen, die Ereignisse hatten ihr offensichtlich sehr zugesetzt. Ein wenig betreten setzte sie sich zu ihnen, „Mr Collins wird noch ein paar Tage in Longbourne verbringen, bevor er zurück nach Kent reist. Er hat allerdings angekündigt, mich besuchen zu wollen, da er eine Vorliebe für meine Gesellschaft zu entwickeln scheint und ich habe ihm zugestimmt. Vielleicht wäre es daher gut, wenn Sie Begegnungen vermeiden könnten, sowie er hier her kommt.“
    Sie seufzte. „Es fällt mir schwer, das zu sagen, aber vielleicht wäre es unter den gegebenen Umständen besser, wenn sie Ihre Reise baldmöglichst fortsetzen könnten.“
    Als sie den Raum wieder verlassen hatte, brummte John: „Ein Rauswurf. Ein höflicher Rauswurf, aber ein Rauswurf.“
    „Und was nun?“, fragte Teyla.
    „Er kommt Charlotte besuchen“, murmelte Rose mit leicht umflortem Blick. „Und er entwickelt eine Vorliebe für ihre Gesellschaft. Vielleicht wird ja doch noch alles gut für Darcy und Elisabeth. Wenn sie nur …“
    „Es ist mir völlig egal, was mit diesem Widerling Darcy und weiß Gott wem wird“, platzte Rodney dazwischen. „Wenn wir hier weg müssen, sind wir in echten Schwierigkeiten. Aber das hat Mr Testosteron ja nicht bedacht, als er meinte, seine Männlichkeit beweisen zu müssen.“ Er schoss einen wütenden Blick auf Ronon ab, den dieser nur mit einem Brummen quittierte.
    „Ich habe jedenfalls keinerlei Lust, in diesem blödsinnigen Roman, oder Zeitlinie, oder Paralleluniversum, oder was auch immer, stecken zu bleiben“, fuhr Rodney fort und redete sich in Rage, wobei er mit den Armen fuchtelte und wütend von einem zum Anderen sah.
    „Ich werde dieses verdammte Antiker-Gerät finden, koste es, was es wolle!“
    Aufgebracht stapfte er aus dem Raum.

    Schon der nächste Tag brachte einen Besuch von Mr Collins und die Atlanter verabschiedeten sich für einen ausgedehnten Spaziergang, was Sir William und Lady Lucas mit offensichtlicher Erleichterung zur Kenntnis nahmen.
    Das Wetter war schön und lud dazu ein, die Gegend um Lucas Lodge herum zu erkunden. Zwar waren sie sich einig, dass sie am Ende ihres Ausflugs noch einmal den Stall untersuchen wollten – so sinnlos das auch mittlerweile erschien, sie waren einfach nicht willens, aufzugeben – doch zunächst wollten sie unauffällig erscheinen und marschierten Richtung Meryton.

    Die Zeit verging wie im Fluge und als sie sich auf den Rückweg machten, zogen dunkle Wolken auf. Noch während sie auf das Haus zugingen, begannen schwere Regentropfen auf sie herunter zu fallen und sie liefen das letzte Stück. Umsichtig, um ihren Gastgebern Ärgernisse zu ersparen, betraten sie das Haus durch einen der Dienstboteneingänge und schlichen sich unauffällig in den Gästeflügel.
    Als sie in ihrem Salon angekommen waren, hatte das Wetter bereits apokalyptische Züge angenommen. Schwarze Wolken ließen die Welt draußen in düsterem Zwielicht erscheinen und aufkommender Wind peitschte die Zweige der Bäume hin und her. Grollender Donner kündigte ein schweres Gewitter an und als die ersten Blitze über den Himmel zuckten, sprang John plötzlich auf.
    „Wir müssen hinaus!“, rief er. „Das ist genau das Wetter, das uns hergebracht hat.“
    Rodney sah ihn einen Moment entgeistert an, dann hellte sich sein Gesicht auf. „Blitzschlag!“
    Er hastete in Richtung Tür, die anderen vor sich her scheuchend. „Natürlich! Wenn wir eine Chance haben wollen, dass das Antiker-Gerät aktiviert wird, dann nur während eines Blitzes.“
    Sie fragten nicht lange nach, sondern folgten John und Rodney, die, alle Vorsicht außer Acht lassend, die Haupttreppe hinunter stürmten, die Halle durchquerten und zur Tür liefen.
    Glücklicherweise schien das Wetter die Familie Lucas und Mr Collins an ein wärmendes Feuer getrieben zu haben, denn sie begegneten keiner Seele.
    An der Tür blieb Lilian kurz stehen und sah zu den Türen, die von der Halle abgingen. „Sollten wir uns vielleicht verabschieden?“
    John packte sie am Ärmel. „Keine Zeit. Und überhaupt … wie sollten wir erklären, dass wir unbedingt jetzt, in diesem Wetter weiterreisen wollen?“
    „Sie werden uns sowieso für ziemlich verrückt halten und unsere plötzliche Abreise ohne Abschied auf unsere schlechten Manieren und merkwürdige Verhaltensweisen schieben. Und insgeheim werden sie froh sein, dass wir ohne weitere Komplikationen aus ihrem Leben verschwunden sind“, sagte Teyla leise und legte Lilian den Arm um die Schulter. „Kommen Sie, Lilian. Wir haben genug durcheinander gebracht, es wird Zeit, dass wir die Menschen hier wieder ihrem gewohnten Leben überlassen.“
    Lilian nickte und schluckte die Tränen herunter, die in ihren Augen aufzusteigen begannen. „Ich wollte nur noch so gerne …“ Sie brach ab, dann straffte sie sich. „Sie haben Recht. Wir sollten verschwinden.“
    Gemeinsam verließen sie das Haus und wurden fast von der Treppe fortgeweht. Tapfer stemmten sie sich gegen die eisigen Böen, die ihnen den Regen ins die Gesichter schleuderten. Mühsam kämpften sie sich zu den Stallungen, wo John sich umsah.
    „Wenn wir nur wüssten, wo genau das Antiker-Gerät ist“, brüllte er gegen den tosenden Sturm an.
    „Die Tür!“, rief Rodney plötzlich und zeigte auf die Tür des Stalls, durch die sie diese Welt betreten hatten. „Wir suchen die ganze Zeit ein Gerät, aber was, wenn es die Tür ist. Genauso, wie in der Hütte. Die Tür ist das Portal und wenn der Blitz nahe genug einschlägt …“
    Einen Moment starrten sie ihn, dann liefen sie, wie einem unhörbarem Befehl folgend, auf die Stalltür zu.
    Die Blitze zuckten über den Himmel, zeichneten surreale Muster an den Himmel und tauchten die Welt in erschreckende Schattierungen aus Licht und Dunkel. John und Rodney beobachteten sie genau, John die Hand auf den Griff der Tür gelegt, Rodney mit vor Anstrengung in Falten gelegter Stirn.
    „JETZT!“, rief Rodney plötzlich und ohne den Hauch eines Zögerns riss John die Tür auf. Nichts als tiefe Dunkelheit war hinter der Tür zu sehen, aber als ob sie wüssten, dass sie nur diese eine Chance hatten, liefen sie an John vorbei durch die Tür. Als Letzter überschritt er selber die Türschwelle und trat hinaus in Sturm, Regen, Blitz und Donner. Nur dass sie diesmal die kleine Hütte hinter sich sahen, in der sie vor einer gefühlten Woche Schutz vor dem Unwetter hatten suchen wollen.
    Einen Moment zögerten sie, dann fielen sie sich vor Freude und Erleichterung in die Arme, bevor sie sich an den mühsamen Abstieg zum Jumper machten.


    Als sie durch das Gate nach Atlantis zurückkamen, erwartete Dr. Weir sie bereits im Torraum.
    „Was ist passiert? Sie waren nur eine halbe Stunde weg.“
    Sie musterte die Gruppe stirnrunzelnd und fragte dann: „Was ist mit ihren Kleidern passiert? Und wo sind die Pflanzen, die sie suchen wollten?“
    Nachdem sie erzählten, wo und wann sie gelandet waren riss Elisabeth die Augen auf.
    „Oh! Und haben Sie Mr Darcy getroffen?“ Ihre Augen bekamen einen verträumten Ausdruck.
    „Allerdings“, sagte John und alle fünf brachen in Gelächter aus.


    Ende
    Man erreicht viel mehr mit einem freundlichen Wort und etwas Gewalt, als nur mit einem freundlichen Wort.
    (Marcus Cole, B5)
    ~~~***~~~

    Your pierce my soul. I'm half agony, half hope.
    (Frederick Wentworth)
    ~~~***~~~

    Bekennende McShepperin

  2. #2
    Second Lieutenant Avatar von Aker
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    Standard

    Ah, schön dass du sie hier auch noch einmal postest, da gibt's da FB nochmal an passender Stelle :

    Okay, das Buch kenne ich auch nicht, aber dafür gibt es ja Lilian . Das ist ja wirklich eine völlig andere Welt, in die sie da geraten. Steif und förmlich ist gar kein Ausdruck. Wahrscheinlich können sie vom Glück reden, bei einem so netten Gastgeber gelandet zu sein. V.a. wenn man sich die Kommentare einiger anderer - inklusive des verehrten Darcy - ansieht. Kein Wunder, dass Ronon - "Mr. Testosteron" - da irgendwann ausrastet. Oh, ich konnte das ja so nachfühlen .
    Die Biologin fand ich interessant. Einerseits ist sie die, die alle vor Peinlichkeiten bewahrt und ihnen ein paar Tage auf dem Grundstück organisiert, andererseits treibt sie sie mit ihrer Begeisterung für den Roman aber in den Wahnsinn. Das war schon amüsant . Vor allem die Schwärmerei für Darcy. Den arroganten Schnösel. Kann man sich gar nicht vorstellen, dass der auch anders sein kann. Aber kein Wunder, dass die Männer nicht so auf das Buch stehen, wenn das die allgemeine Reaktion der weiblichen Leserschaft auf ihn ist (siehe Elizabeth ).
    Für mich als Nicht-Kenner gab es denn da aber auch ein paar Längen, weil dieses ff davon lebt, dass man die Figuren wiedererkennt und sieht, wie sie sich in der Interaktion mit einer unbekannten Situation, sprich den Atlantern, verhalten. Dennoch war die Atmosphäre und das Jahrhundert gut beschrieben. Ich hatte keine Probleme, mir das alles bildlich vorzustellen.
    Dazu zählt auch die eindrucksvolle Beschreibung des Planeten am Anfang... da wo alle noch glauben, es wird eine ganz gewöhnliche Mission .
    Die Verknüpfung der beiden Welten war auch außergewöhnlich. Mal wieder die Antiker (die haben aber auch mit allem möglichen rumgespielt ), aber das wie, das fand ich überraschend. V.a. da sie die Gegenstation zuerst nicht finden konnten. Was mich ja jetzt noch brennend interessieren würde ist, warum es diese Verbindung gibt und wie es dazu kommt, dass diese andere Welt so genau dem Roman entspricht. War Jane Austen dann eine Antikerin? Oder irgendwie mal dort (es könnte ja noch mehr Tore, getarnt als harmlose Türen geben ). So viele Fragen, die sie wohl nie beantworten werden können... so schnell werden die dem Schuppen nicht mehr zu nahe kommen .
    Auf jeden Fall war das eine sehr schöne Geschichte (nur "Time to Dance" war es dann ja doch nicht: die haben sich doch alle gedrückt ).

  3. #3
    Ägypten-Fan Avatar von Valdan
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    Hallo Avarra,

    man habe ich geschluckt, als ich gelesen habe, dass du ein Crossover von SGA und "Stolz und Vorurteil" schreibst. Ich habe eine ganze Zeit gerätselt, wie du die beiden Geschichten verbinden willst.

    Und der Einstieg kam ja mit Pauken und Trompeten. Die Beschreibung des Sturms hat regelrecht frösteln lassen. Und im Gegensatz dazu kam dann das sonnendurchflutete England von Jane Austen.

    Die ganze Atmosphäre war wunderbar eingefangen, und die Vorstellung der Atlanter in der Kleidung des Regency hat mich das eine oder andere Mal ziemlich schmunzeln lassen. Und das Ronon irgendwann zuviel kriegt, war einfach fällig. Er hat glaube ich genau das getan, was sich so mancher Leser bei der Lektüre der Geschichte heimlich gewünscht hat.

    Muss ich noch etwas zu deinem Stil sagen? Ich finde deine Art zu schreiben immer wieder toll. Du schaffst es damit den Leser sehr schnell in die Geschichte hinein zu ziehen, und dort festzuhalten, bis dann leider irgendwann das Ende der Geschichte kommt, und man sich nur noch auf die nächste freuen kann!

    Und das Ende fand ich diesmal süß:
    „Oh! Und haben Sie Mr Darcy getroffen?“ Ihre Augen bekamen einen verträumten Ausdruck.
    „Allerdings“, sagte John und alle fünf brachen in Gelächter aus.
    LG Val
    "Der Mensch fürchtet die Zeit, doch die Zeit fürchtet die Pyramiden."
    arabisches Sprichwort

    ***


  4. #4
    Zitronenfalter Avatar von Sinaida
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    Ich habe deine Geschichte wirklich sehr genossen, obwohl ich "Stolz und Vorurteil" nicht kenne. Ich kann mir vorstellen, dass die Geschichte noch mehr Spaß gemacht hätte, wenn mir Jane Austens Charaktere ebenfalls bekannt gewesen wären, aber auch so ist es eine wirklich gelungene Story.

    Mit Lilian - die ja ein echtes Mr.Darcy-Fangirl ist *gg* - hast du dem Team und dem Leser eine kompetente Führerin durch diese ungewöhnliche Zeit - und Realitätsreise mitgegeben. Ein sehr geschickter Schachzug, weil du auf diese Weise nötige Erklärungen so verpacken konntest, dass sie für den Leser nicht langweilig sind.

    Die Beschreibung der Umgebung zu Beginn und dann der Kontrast zwischen rauer Natur mit Unwetter und strahlendem Sonnenschein und ländlicher Idylle hat mir ausnehmend gut gefallen. Wie überhaupt der ganze Stil, in dem du diese Geschichte verfasst hast. Egal ob Landschaftsbeschreibung oder Dialoge - die des Teams oder die ihrer "Gastgeber" - alles klingt natürlich und treffend und so, dass man sich mittendrin fühlt in der Story.

    Die Interaktionen des Teams sind dir auch sehr gut gelungen, ebenso wie du die vier dargestellt hast. Dein Ronon ist - wie auch in der Serie - kein großer Redner, aber auch kein Dummkopf und dein Rodney ist scharfzüngig und sarkastisch, aber nicht absichtlich boshaft oder beleidigend. Gefällt mir.
    Dass gerade Teyla Verständnis für Lilian und ihre Schwärmerei hat, passt auch sehr gut. Und dass es John von allen am leichtesten fällt, sich anzupassen, kann ich auch absolut sehen.

    Ein ungewöhnliches und sicher nicht einfaches, aber sehr gelungenes Crossover.

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