Der langsame Niedergang von Britney Spears begann als spontane One-Woman-Reality-Show, die wegen des großen Erfolges nie abgesetzt wurde. Die letzten Höhepunkte: als sie mit ihrem Kind auf dem Schoß ohne Gurt durch Los Angeles fuhr; als sie sich den Kopf rasieren ließ; schließlich ihr bizarres Herumgestakse bei den MTV Video Music Awards. Zu ihrem Song "Gimme More" bewegte sie sich, als höre sie ihn zum ersten Mal. Wer ihre Eskapaden in der Klatschpresse verfolgte, konnte noch voraussetzen, sie sei zumindest Komplizin beim zynischen Zurschaustellen ihrer Selbstzerstörung.
Erst seit ihr Ex-Mann Kevin Federline ihr im Oktober das Sorgerecht für die beiden Kinder entziehen ließ und seit ihr am 4. Januar außerdem verboten wurde, ihre Kinder zu besuchen, hat sich der Ton gewandelt. Die kalkulierte Fütterung der Pressemaschine mit Nicht-Nachrichten, das Mittel, auf das auch andere setzen, die berühmt nur fürs Berühmtsein sind, ist einer nicht mehr kontrollierten öffentlichen Passion gewichen, die in der Popgeschichte ihresgleichen sucht. Wie ein waidwundes Tier mit rasendem Puls und flackerndem Blick wird Spears von den Paparazzi gehetzt - und ist doch süchtig auf dieses Gejagtwerden, offenbar die letzte Quelle von Befriedigung, die dem zerfledderten ehemaligen Teen-Idol noch bleibt.
Der öffentliche Diskurs kennt indes keine Pietät. Nach ihrem angeblichen Selbstmordversuch vom 30. Januar sind die letzten Hemmungen verschwunden. Die Agentur Associated Press gab zu, bereits den Nachruf von Spears vorzubereiten. Seitdem ist aus der Geschichte vom öffentlichen Niedergang des Stars eine Geschichte von seinem langsamen, öffentlichen Sterben geworden. Das Schockierende ist, dass diese Tatsache keine Konsequenzen hat für die Praktiken der Paparazzi oder die Erzählformen der Klatschpresse. Auch der Tod ist nur eine Coverstory. Oder, wie es ein vor Spears’ Haus wartender französischer Fotograf formulierte, der fürchtete, die Batterie seiner Kamera werde vor Britney ihren Geist aufgeben: "Wenn die Ambulanz mit dem Body Bag rauskommt - das will man nicht verpassen."
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