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Thema: [SGA] Im Bann der Schattenwelt [NC-17]

  1. #1
    Mama, im Dienste Ihrer Majestäten Avatar von Nyada
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    Standard [SGA] Im Bann der Schattenwelt [NC-17]

    A/N: Ich oute mich jetzt offiziell als Lena Meyer-Landrut-Fan, denn die Idee zu dieser FF kam mir tatsächlich, als ich Lenas Video zu Taken by a stranger gesehen habe. Es war ein wahrer Gedankenblitz und ich musste ihn einfach niederschreiben...
    ... und hoffe euch damit nun "beglücken" zu können, um es mal mit Johns Sheppards Worten aus "Submersion" zu sagen.

    Viel Spaß beim Lesen und ich würde mich über euer Feedback sehr freuen.
    LG, eure Moni

    Im Bann der Schattenwelt


    Titel: Im Bann der Schattenwelt
    Autor: Nyada
    Serie: Stargate Atlantis
    Genre: Mystery, Angst, Drama, UST, Friendship
    Rating: PG-13/NC-17 (unter den Spoilern; ich werde am Anfang des jeweiligen Kapitels noch einmal darauf hinweisen)
    Staffel/Spoiler: SGA Staffel 5; ein paar Wochen nach der Episode „Prodigal“
    Charaktere/Pairings: SGA-Charaktere Season 5
    Inhalt: "Es gibt Türen, die nie geöffnet werden sollten. Es gibt Räume, die niemals betreten werden sollten. Und es gibt die menschliche Neugier, die uns dazu verleitet, genau das Gegenteil davon zu tun, was richtig ist. Türen werden geöffnet, verbotene Räume werden betreten. Nichts ahnend tappen wir in die Dunkelheit hinein, sehen uns mit unseren Träumen und geheimsten Begierden konfrontiert... und stehen auf einmal einem Feind gegenüber, von dem wir nicht erwartet hatten, dass er das eines Tages sein würde."

    Anmerkung: Allein Lena Meyer-Landrut ist daran Schuld, dass es diese FF gibt. Wenn sie euch also nicht gefällt, beschwert euch nicht bei mir.
    Disclaimer: Stargate Atlantis“ und die darin vorkommenden Charaktere gehören (leider) nicht mir, sondern den zuständigen Produktionsfirmen. Diese FF wurde aus Spaß geschrieben und ist auch nicht für andere Zwecke zu verwenden.

    Prolog
    oOo Nachts in Atlantis


    In the dark of the night I was tossing and turning,
    and the nightmare I had was as bad as can be.
    It scared me out of my wits!
    A corpse falling to bits!
    Then I opened my eyes and the nightmare was me
    Anastasia - In The Dark Of The Night


    Die Sonne war fast untergegangen und vom Horizont her kroch die Dunkelheit über den Ozean. In weiter Ferne konnte man die wilden Formen des Festlandes erkennen, doch schon bald würde sich die Nacht finster über sie legen. Noch war dort der Küstenstreifen als ein feiner, heller Strich zu erkennen, aber es würde nicht mehr lange dauern, und man könnte das Festland in der Dunkelheit der Nacht nur noch vermuten.

    Mit der Nacht begannen die angenehmsten Stunden, denn mit der Dunkelheit kam auch die Kälte. Die Wolkendecke würde aufreißen und die Luft kühl und klar sein. Die Nächte waren mitunter die angenehmsten Stunden des Tages, denn im Moment hielt es niemand mehr in den stickigen und überhitzten Quartieren. Tagsüber brannte die Sonne vom lantianischen Himmel und knallte auf Atlantis hinab, heizte die Stadt immer weiter und weiter auf. In den verglasten Flächen der Stadt und auf den metallüberzogenen Balkonen war es kaum zum aushalten, weshalb diese Orte tagsüber generell gemieden wurden und demnach so verlassen waren wie eine alte Stadt im Wilden Westen. Hatte sich doch irgendjemand dorthin verirrt, so beeilte er sich, aus der Sonne herauszukommen.

    Es war Sommer. Das Wort ‚Sommer’ hatte für viele hier auf Lantia eine neue Bedeutung gewonnen; die Sommer waren heiß und trocken, begannen meist schon sehr früh und endeten spät. Der erste Sommer in der Pegasusgalaxie war für sie alle schlimm gewesen, doch sie hatten sich daran gewöhnt. Der zweite Sommer war erträglicher gewesen. Genauso der dritte und der vierte. Aber dieser Sommer…
    Dieses Jahr schien es ganz besonders schlimm zu sein. Die Temperaturen stiegen tagsüber ins Unermessliche; sogar die Thermometer verweigerten ihren Dienst und die hochkomplizierte Technik spielte verrückt. Ganz Atlantis wurde von Tag zu Tag träger und man bewegte sich so wenig wie möglich. Die Gänge der Stadt waren leer gefegt. Jeder vermied unnütze Bewegungen. Ja, sogar die Gatereisen waren eingeschränkt worden, da die Teams sich wegen der Hitze nicht aufraffen konnten.

    Die ganze Stadt litt unter der Hitze; die Wissenschaftler schmolzen in ihren Laboren dahin und die Krankenstation wurde von allen generell gemieden. Im Kontrollraum hatten die Techniker gestern erst einen zweiten Ventilator aufgestellt, da das lantianische Belüftungssystem sehr zum Leidwesen aller den Dienst quittiert hatte. Es war schon merkwürdig, diese ganze Sache mit der Hitze, und sie alle hofften, dass es bald vorbei sein würde…
    …denn im Moment trauten sich die meisten Expeditionsmitglieder nur während der kühleren Abendstunden aus ihren Quartieren. Gegen Abend füllten sich die Gänge der Stadt und man eilte in die Mensa, um sich mit Nahrung und Wasser zu versorgen; ja, vor der Essensausgabe bildeten sich regelrecht Warteschlangen. Marines aus den heißesten Regionen Texas’ irrten mit roten Gesichtern durch die Korridore. Wissenschaftler aus Indien und anderen warmen Ländern kamen aus ihren dunklen Ecken gekrochen und sammelten sich ihre Vorräte zusammen.
    Dieses Phänomen dauerte nicht einmal zwei Stunden; gegen neun strömten die Massen aus ihren Quartieren und um elf, spätestens um halb zwölf, waren alle wieder verschwunden. Die Korridore waren wieder leer und die Stille der Nacht legte sich über Atlantis, wie eine schwere Decke.

    Und in dieser Stille bewegte sich Teyla Emmagan langsam durch die vereinsamten Gänge, mit ihrem neun Monate alten Sohn auf dem Arm, in stiller Hoffnung, dass der kleine Kerl sich nun bald beruhigen und einschlafen würde und sie die letzten Stunden der Nacht noch genießen konnte.
    Zärtlich hielt Teyla ihren Sohn in ihren Armen; Torrens Körper schmiegte sich an ihre Brust. Der Kleine atmete ruhig und sah seine Mutter mit seinen müden braunen Augen an.

    Obwohl erschöpft, musste die Athosianerin unwillkürlich schmunzeln und sah ihr Kind verliebt an. Wie sehr sich doch alles durch Torren geändert hatte. Das Leben war so viel schöner geworden. Dabei hatte Teyla nie ernsthaft darüber nachgedacht, dass Kinder einmal zu ihrer Zukunft gehören würden. Vor ein paar Jahren noch hätte sie sich nicht vorstellen können ein Kind in diese gefährliche und grausame Welt zu setzen; die Wraith hatten die Galaxis beherrscht und man hatte in ständiger Angst gelebt. Wachte man morgens auf, so fragte man sich, ob man am Abend wohl noch am Leben sein würde. Furcht und Panik hatten das Leben vieler Athosianer geprägt und man hatte sich in ihrem Volk ernsthaft um die Zukunft gesorgt. Man hatte Angst gehabt. Für Teyla war es damals selbstverständlich gewesen, dass es Irrsinn war, ein Kind in die Welt zu setzen. Zu gefährlich, zu brutal, zu grausam, zu…real.

    Nicht so heute. Es hatte sich alles verändert. Nein, die Wraith waren noch nicht besiegt. Es gab noch Tausende von ihnen in der Galaxie und sie überfielen noch immer Welten und töteten deren Bewohner, doch zum ersten Mal seit Hunderttausend Jahren- seit dem Ende der Antikerära- gab es wieder eine Chance auf ein friedlicheres Leben- ohne die Wraith. Im Laufe der Jahre hatten sie immense Erfolge gegen die Wraith einfahren können und Teyla war sich sicher, dass es irgendwann so weit sein würde, dass die Menschen der Pegasusgalaxie aufjubeln würden. Ein Aufatmen würde durch die Galaxie gehen, wenn der Kampf gegen die blutrünstigen Wraith endlich ein Ende haben würde. Bis dahin würden noch einige Jahre, wenn nicht sogar Jahrzehnte, vergehen, aber es gab eine reelle Chance. Die Bewohner der Pegasusgalaxie standen dem übermächtigen Feind nicht allein gegenüber. Sie waren nicht allein!

    Versonnen blickte Teyla auf ihren kleinen Sohn hinab; ja, er hatte eine Chance auf ein besseres Leben. Ein Leben ohne die Wraith. Sie stellte sich vor, wie er eines Tages seinen Enkelkindern von dem Sieg über die Wraith erzählen würde; er selbst würde sich vielleicht nicht mehr daran erinnern können, aber die Legenden über diejenigen, die die Wraith in die Knie zwangen und sie besiegten, würden für immerdar sein. Niemals würde man vergessen, wie sich die Völker der Pegasusgalaxie und die Bewohner der Milchstraße zusammenschlossen, um gegen einen Feind zu kämpfen… und zu siegen.
    Es war freilich noch ein weiter und steiniger Weg, der vor ihnen lag, aber sie waren bereit alles zu tun, was nötig war. Und dieses Mal waren sie nicht allein. Sie hatten viele Verbündete dazugewonnen, die nun gemeinsam mit ihnen gegen die Wraith kämpften. Sie waren nicht allein.

    Ein Kind in die Welt zu setzen vermochte mehr als nur den bloßen Wunsch nach einer Familie. Man musste für dieses kleine Wesen sorgen, es lieben, es beschützen. Der größte Wunsch aller Eltern war, dass die eigenen Kinder behütet aufwuchsen und es später einmal besser als sie hatten. Zum ersten Mal seit Jahren glaubte Teyla nun, das Richtige getan zu haben; sie und Kanaan hatten Torren das Leben geschenkt und er würde es bestimmt besser als sie haben- da war sie sich sicher.

    In ihren Gedanken versunken, bemerkte Teyla nicht, wie weit sie inzwischen gegangen war. Ihre müden Füße hatten sie weit getragen- ein wahres Wunder, wenn sie bedachte, dass ein paar schlaflose Nächte hinter ihr lagen. Zwar passierte es in letzter Zeit immer häufiger, dass Torren sich an geregelte Schlafzeiten hielt, doch diese Nächte waren bedauerlicherweise sehr selten. Torren war ein munteres Kind- kein Schreikind, aber munter. Mit seinen neun Monaten schlief er sehr viel und gut. Und wenn er wach war, dann wollte er alles entdecken und kennenlernen, genau wie sein Vater. Er war ein offenes Kind und Teyla war froh, dass man sich hier in Atlantis so gut um ihren Sohn kümmerte.

    Die Athosianerin beschloss noch einen kleinen Abstecher in die Mensa zu machen und sich mit Wasser zu versorgen, ehe sie in ihr Quartier zurückkehrte… doch in ihren Gedanken versunken, hatte sie nicht wirklich darauf geachtet wohin sie gelaufen war. Sie blieb stehen und sah sich um. Vor ihr lag ein langer, leerer und ziemlich dunkler Gang. Die Lichter waren gedimmt und nur ein schwacher Lichtschein fiel auf sie hinab. Sie mochte zwar in den letzten neun Monaten durch ganz Atlantis gelaufen sein, um Torren zu beruhigen, aber an diesen Gang, geschweige denn diesen Sektor der Stadt, konnte sie sich nicht erinnern. Hier war es dunkel, ungemütlich und die Luft war ungewöhnlich nass und feucht, fast so als befände sie sich nahe beim Wasser.
    Dieser Sektor muss noch bis vor Kurzem unter Wasser gestanden haben, überlegte sie und erinnerte sich daran, wie Rodney und Dr. Zelenka vor ein paar Wochen mit Mr. Woolsey über ihr Vorhaben, aus weiteren Sektoren das Wasser abzupumpen, gesprochen hatten. Wahrscheinlich war dies einer dieser Sektoren.

    Teyla folgte dem Gang noch ein paar Meter, dann jedoch endete er in einer Sackgasse und sie sah sich gezwungen umzudrehen und zurückzulaufen. Torren schlief tief und fest und wenn sie Glück hatte, tat er das auch noch, bis sie in ihr Quartier zurückgekehrt war. Wenn er einmal schlief, dann schlief er, aber wehe, wenn jemand es wagte ihn aufzuwecken. Sie konnte nur hoffen, nicht Ronon zu begegnen; der Sateder hatte eine Gabe, wenn es darum ging, Torren innerhalb kürzester Zeit so aufzupuschen, dass er den Rest der Nacht nicht schlief.

    Sie befand sich schon auf dem Rückweg, als sie plötzlich ein Geräusch hörte, das sich anhörte, als ob jemand in ihre Richtung gelaufen kam. Es waren dumpfe, schnelle Schritte, die den Laufschritt kennzeichneten und Teyla musste sich noch nicht einmal umdrehen, um zu wissen wer da um diese Uhrzeit und in diesem verlassenen Sektor der Stadt lief. Es gab nur einen, der sich trotz der hohen Temperaturen außer ihrerselbst sportlich betätigte.
    Die Schritte wurden lauter und lauter und vermischten sich schließlich mit schnellem Atmen und im nächsten Augenblick bog ein ziemlich verschwitzter John Sheppard um die Ecke, stieß um ein Haar mit ihr und Torren zusammen.
    „Hey…oops!“, rief er aus und machte einen Ausfallschritt zur Seite, um ihr auszuweichen, hob die Hände in die Höhe. „Teyla, was…“ Sein Blick fiel auf den schlafenden Torren und er senkte augenblicklich seine Stimme. „O das tut mir leid. Ich wusste nicht, dass Sie…“
    „Ich hatte auch nicht erwartet Sie hier zu treffen, John“, fiel sie ihm lächelnd ins Wort. „Scheinbar hatten wir dieselbe Idee.“
    „Jaja, sieht ganz so aus.“ Ein Lächeln stahl sich über das vom Laufen gerötete Gesicht des Soldaten. Er hob die Hand und fuhr sich durch die klammen, dunklen Haare am Hinterkopf. „Ich wollte vor dem Schlafengehen nur noch ein bisschen Laufen. Den Kopf frei kriegen. Sie wissen schon.“
    Teyla lächelte milde. „In so einer verlassenen Gegend der Stadt?“, fragte sie.
    „Im Moment ist es wohl egal, wo ich laufe“, meinte John, „aber ich wollte nur den neuen Sektor ein bisschen auskundschaften, bevor sich die Wissenschaftler auf ihn stürzen und man hier keinen Fuß mehr vor den anderen setzen kann.“
    „Dann ist das also wirklich der Sektor, von dem Rodney und Dr. Zelenka gesprochen haben? Ich wunderte mich nämlich schon, dass ich mich gar nicht erinnern kann schon einmal hier gewesen zu sein.“
    John’s Blick wurde weicher. „Man kommt rum, nicht wahr?“, fragte er, den Blick auf den schlafenden Torren gerichtet.
    Die Athosianerin seufzte. „Ich bin in den letzten Monaten durch ganz Atlantis gelaufen, kenne jeden frei zugänglichen Winkel der Stadt und sämtliche Wege, die um die Stadt herum führen- also, ja, ich bin herumgekommen und Torren scheint es gefallen durch die Gegend getragen zu werden.“
    „Wenn Sie irgendwann einmal Hilfe brauchen, Teyla, dann wissen Sie wo Sie mich finden“, sagte John.
    „Das ist sehr nett von Ihnen, aber ich glaube, dass ich das schon schaffen werde“, erwiderte Teyla ihm.
    Der Soldat stemmte die Hände in die Hüften und blickte sie ernst an. „Ich mein ja nur, dass ich den kleinen Kerl ruhig mal für ein paar Stunden nehmen kann, falls Sie ein bisschen Mommy-Zeit haben wollen.“
    „Mommy-Zeit?“, wiederholte Teyla schmunzelnd.
    „Sie wissen schon; ein paar Stunden ganz allein sein, es sich gut gehen lassen und Sachen machen, die Frauen halt so gerne machen.“ John machte unwirsche Handbewegungen, gab dann aber jegliche Erklärversuche auf. „Ich kann mir vorstellen, dass es nicht leicht ist, jetzt da Kanaan nicht hier ist. Wie lange bleibt er gleich nochmal auf M3H6671?“
    „Ich habe vor ein paar Tagen mit ihm gesprochen und er meinte, dass die Bewohner im Moment einige Probleme mit der Einfuhr der Ernte haben und dass er seinem Freund Karim versprochen hat, noch so lange zu bleiben bis sie alles untergebracht haben“, antwortete Teyla. „Er wusste selber nicht, wann er wieder zurückkehren wird.“
    John nickte verständig. „Mein Angebot steht, Teyla. Falls Sie das Gefühl haben, ein bisschen Zeit für sich zu brauchen…“ Er breitete die Arme aus. „Ich bin da und bereit für den Babysitter-Einsatz.“
    „Und ich werde sicher irgendwann auf dieses Angebot zurückkommen.“ Teyla verlagerte das Gewicht ihres schlafenden Sohnes auf ihren linken Arm, sodass sein kleiner Kopf in ihrer Armmulde lag und seine kurzen Beinchen über ihren rechten Arm hinweg baumelten; sie konnte nicht glauben, was für Fortschritte er in seiner Entwicklung gemacht hatte. Für sie war er immer noch das kleine, süße Baby, das gestern erst das Licht der Welt erblickt hatte und das sie stolz in den Armen gehalten hatte. Und nun musste sie schon gewisse Dinge in ihrem Quartier vor ihm und seinen Kinderhänden in Sicherheit bringen. Es ging alles so wahnsinnig schnell!

    John’s Räuspern riss sie aus ihrer stillen Betrachtung und sie richtete ihre Konzentration wieder auf ihren dunkelhaarigen Gesprächspartner. „Nun, ich werde dann mal wieder gehen“, meinte er und klang dabei leicht verlegen. „Ich sollte ausgeschlafen sein, wenn ich morgen die Wissenschaftler daran hindern soll, sich hier unten gegenseitig die Köpfe einzuschlagen. Und Sie sollten sich jetzt auch besser hinlegen.“
    Teyla seufzte leise. „Hhm, ja, das wäre toll. Ist nur zu hoffen, dass Torren da mitspielt.“ Sie sah wieder auf ihren Sohn hinab, der seelenruhig schlief und sich an sie kuschelte. Vielleicht hatte sie ja dieses Mal Glück und er würde tatsächlich wieder einmal bis zum Morgen durchschlafen. Allein der Gedanke an mehr als vier Stunden Schlaf war wundervoll.
    „Na dann, wünsche ich Ihnen eine hoffentlich lange und erholsame Nacht.“ John zwinkerte ihr mit dem rechten Auge kurz zu. „Schlafen Sie gut, Teyla.“
    „Ich wünsche Ihnen auch eine angenehme Nacht, John“, entgegnete die Athosianerin und verabschiedete sich von ihm, indem sie ihren Kopf leicht neigte. John erwiderte diese freundschaftliche Geste, drehte sich um und joggte dann locker von dannen. Sie sah ihm nach, bis er um die Ecke bog und verschwand.

    Noch ein paar Minuten lang blieb Teyla in dem Gang stehen und musterte den ihr unbekannten Bereich. Morgen schon würde man hier wie John gesagt hatte ‚keinen Fuß mehr vor den anderen setzen können’; das Wissenschaftsteam um Rodney McKay und Dr. Radek Zelenka würde morgen diesen neuen Sektor genaustens unter die Lupe nehmen und wenn sie richtig verstanden hatte, hatte Col. Sheppard das Vergnügen sie dabei zu beaufsichtigen. Verwunderlich, dass er diese Aufgabe nicht an Major Lorne abgeschlagen hatte.
    Teyla schmunzelte und beschloss den Rat ihres Teamleaders zu befolgen und endlich schlafen zu gehen. Heute war ein langer Tag gewesen- für sie und auch für ihren Sohn. In ein paar Stunden würde der Wecker klingeln und es würde ein neuer Tag beginnen. Ein neuer Tag mit neuen Herausforderungen bestand ihr bevor. Was er ihr und den anderen der Expedition wohl bringen würde?

    TBC

    Und, wie hat's euch gefallen? Nun ja, ich gebe zu, der Prolog war noch etwas ruhig, aber ich verspreche euch, dass es NICHT so bleiben wird. Also, über Feedback würde ich mich echt freuen.
    Geändert von Nyada (07.08.2011 um 09:05 Uhr)

  2. Danke sagten:


  3. #2
    Mama, im Dienste Ihrer Majestäten Avatar von Nyada
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    Standard Die Kuh auf dem Mond

    A/N: Nun ja, ich gebe es ja zu, dass erste Kapitel war nicht gerade der Brüller, aber ich gelobe Besserung. Hier ist also das neue Kapitel und über etwas Feedback würde ich mich echt tierisch freuen. Und, was den Titel angeht: Ihr werdet recht schnell bemerken, um wen es geht.


    Kapitel 1
    oOo Die Kuh auf dem Mond oOo


    Turning the lights out,
    Burnin' the candles
    And the mirrors gon' fog tonight!
    Turning the lights out,
    Tighten the handcuffs
    And the mirrors gon' fog tonight!
    Natalia Kills - Mirrors

    Lt. Col. John Sheppard gähnte und zog seinen Kaugummi in seinem Mund mit der Zunge in die Länge, klebte ihn sich hinter die Frontzähne, dann in den Gaumen, dann an die Wangeninnenseite, dann unter die Zunge und auf die Zunge…
    Diese Prozedur zog sich- ähnlich wie das Kaugummi in seinem Mund- in die Länge und fand erst damit ein Ende, dass er die klebrige Masse zwischen die Zähne nahm, Luft hineinpresste und die daraus entstehende Kaugummiblase laut knallen ließ, so laut, dass einige Wissenschaftler zusammenzuckten und Rodney McKay sich zu ihm umwandte und ihn böse anfunkelte. John zuckte nur unschuldig mit den Schultern und ließ den Kaugummi unauffällig wieder in seinem Mund verschwinden. Gott, war ihm langweilig!

    Sicherheit gelernt: Langeweile gab es bei Wissenschaftlern nicht! Nie und nimmer! Noch nicht einmal in ihren Träumen! Wissenschaftler mussten wahrlich interessante Träume haben und schon so manches Mal hatte sich John gefragt, ob die hiesigen Wissenschaftler irgendwann einmal nicht von lantianischen Laboren, Zahlenkombinationen und Periodensystemen träumten, sondern auch mal von…schwedischen Bademodenmodels an einem karibischen zum Beispiel. Nur eine wirre Idee von ihm, nicht, dass er selbst solche Träume hatte.
    Nein, bei ihm waren es immer brasilianische Bademodenmodels mit langen, braunen Beinen, strammen Hintern, wohlgeformten Hüften und perfekten…

    Konzentration, Sheppard, rief John sich selbst zu Raison und schüttelte einmal kurz mit dem Kopf, um das Bild von der knapp bekleideten Gisele Bündchen wieder aus dem Kopf zu bekommen. Das letzte, was er jetzt noch gebrauchen konnte, war, dass er sich in aller Öffentlichkeit zum Affen machte. Deswegen straffte er die Schultern und richtete seine komplette Aufmerksamkeit (so gut es eben ging) wieder auf die Wissenschaftler…
    … und prompt fiel ihm auf, wie gut erzogen sie doch waren; einträchtig marschierten sie vor ihm her, wie eine Schulklasse auf einem Tagesausflug ins Naturkundemuseum. Fehlte nur noch, dass sie in Zweierreihen liefen und sich dabei an den Händen hielten. John musste bei dem Gedanken schmunzeln und sein Blick wanderte über die Köpfe der Wissenschaftler hinweg und fiel unwillkürlich auf die am Kopf der Gruppe gehenden Doktoren McKay und Zelenka. Noch liefen sie alle beide und das war für den Moment ein gutes Zeichen und bedeutete, dass die beiden chronischen Streithähne sich zumindest bis jetzt noch nicht an den Kragen gegangen waren. Auch wenn John zugeben musste, dass es ein ungewohntes und ein sogar bisschen unheimliches Bild war, die beiden so friedlich nebeneinander herlaufen zu sehen.
    Irgendetwas war im Busch, da war der Soldat sich sicher. Noch mochten sie sich benehmen wie die Engel, doch das kannte er nur zu gut. Kaum dass man den neuen Sektor betreten hatte, würden die Ellenbogen ausgefahren werden und aus den eben noch so friedlichen Wissenschaftlern würden kleine, nach Informationen lechzende Monster werden. 'Unheimlich' war das richtige Wort, um das bevorstehende Schauspiel zu beschreiben.

    Er trottete hinter einer kleinen Gruppe von Wissenschaftlern hinterher; auch wenn es die Bezeichnung ‚klein’ nicht wirklich traf, immerhin bestand das Team aus fünfzehn Personen. Fünfzehn Personen, die allesamt um einiges schlauer waren als seine Wenigkeit und seine Langeweile einfach nicht verstehen konnten und vielleicht auch nicht verstehen wollten. In den nunmehr fast sechs Jahren hatte John eins mit Der zu erkundende Sektor lag zwei Ebenen unter dem Kontrollraum im Mittelpunkt der Stadt und hatte bis vor ein paar Tagen noch vollständig unter Wasser gestanden. John rümpfte die Nase; der Geruch nach Meer und Algen, die über der Wasseroberfläche langsam zu faulen begannen, wurde intensiver je näher sie ihrem Ziel kamen. An den Wänden links und rechts von ihm konnte man dunkle Verfärbungen erkennen, die vom Meerwasser herrührten- kein Wunder, hatte dieser Sektor doch mehr als zehntausend Jahre unter Wasser gelegen. Wahrscheinlich waren sie die ersten menschlichen Lebewesen, die diesen Sektor nach den Antikern zum ersten Mal wieder betraten. Es war ein großartiger Gedanke, selbst für John. Sie schritten buchstäblich auf den Pfaden der Antiker, traten sozusagen in ihre Fußstapfen!

    Vor ihm brach in diesem Augenblick ein aufgeregtes Stimmengewirr los, was John sagte, dass sie dem Ziel wohl schon sehr nahe sein mussten. Rodney und Zelenka hatten das Tempo angezogen und die anderen dreizehn folgten rasch, waren nun nicht mehr so entspannt und John glaubte, dass Blitzen in ihren wahnsinnigen Wissenschaftleraugen zu sehen. Es ging los!

    Es war schon eine verwunderliche Sache und John fragte sich jedes Mal, ob er dieses Phänomen je verstehen würde. Noch nie hatte er Rodney McKay so in Eile gesehen, wie in diesem Moment, da sie den unerkundeten Sektor mit all den unerforschten Laboren betraten. Rodney war noch nie besonders sportlich, doch so wie er Zelenka und Dr. Kusanagi beiseite drängelte und sich an Dr. Solis vorbei schob- olympiareif!
    John folgte dem Pulk von Wissenschaftlern kopfschüttelnd und auf einmal schien ihm klar, warum Ronon es abgelehnt hatte, ihn zu begleiten. Der Sateder war nicht wirklich begeistert gewesen und hatte ihm nur ein Vergessen Sie’s, Sheppard geantwortet. Und so etwas nannte sich Freund! Ein bisschen moralische und vor allem seelische Unterstützung hatte sich John schob gewünscht. Vor allem jetzt, wo die Hetzjagd der Wissenschaftler ausgebrochen war und sie sich mit ausgefahrenen Krallen auf den Sektor stürzten. Oh, ja, Ronons Waffe wäre jetzt goldwert!

    John schritt missmutig voran. Seine P90 hing locker an dem Riemen, der an seiner kugelsicheren Weste befestigt war, und baumelte vor sich hin. Er hoffte sie nicht benutzen zu müssen, rechnete auch kaum damit, dass hier unten ein Seemonster auf sie wartete oder ein Wraith, der einfach nur verdammt lange die Luft anhalten konnte. John war sich sicher, dass von hier keine Gefahren ausgingen und dass er seine Waffe höchstens dazu brauchen würde, die aufeinander losgehenden Wissenschaftler auseinander zu treiben. Jaja, seine Waffe war im wahrsten Sinne des Wortes ein Autoritätssymbol und er liebte es einfach wie die Wissenschaftler zusammenzuckten, wenn er nur die Hand an sie legte.
    Wie gesagt, er ging nicht davon aus, dass er die Waffe brauchen würde, aber Vorschrift war nun mal Vorschrift und da ließ Mr. Woolsey nicht mit sich reden. Und außerdem hatte John gelernt, dass es immer schlau war, eine Waffe bei sich zu tragen.

    Das Wissenschaftsteam hatte inzwischen direkt auf eine der geschlossenen Türen zugehalten und als John zu der Menschenansammlung aufstieß, war Rodney bereits damit beschäftigt, die Tür zu öffnen und sich und seinen Kollegen Zugang zu verschaffen.
    Rodney musste John’s Blick und seine hochgezogene Augenbraue wohl bemerkt haben, denn er drehte sich plötzlich zu ihm um und meinte ihm eifrig versichern zu müssen: „ Bevor Sie unnütz Sauerstoff vergeuden- ja, ich bin mir sicher, dass ich das richtige tue und ja, das ist ein Kinderspiel.“
    Charmant, dachte John nur, verbiss sich aber jeden weiteren Kommentar, indem er die Lippen schmal aufeinander presste und dem Kanadier mit einer wedelnden Handbewegung signalisierte, er sollte weitermachen.
    Brummelnd machte sich Rodney wieder an seine Arbeit und John wunderte sich, was für eine Laus seinem Freund dieses Mal wieder über die Leber gelaufen war. Er tippte einfach mal auf Jennifer; die letzten Wochen hatte er mit dieser Vermutung meistens richtig gelegen. Seit sie und Rodney ein Paar waren (was ihn anfangs total geschockt hatte; McKay und eine Frau?) hatte der Kanadier sich verändert; in ihrer Gegenwart war er die Güte in Person, aber war sie erst einmal weg, war Rodney unausstehlicher als je zuvor. Aufgestaute schlechte Laune, hatte Ronon gemutmaßt… und seitdem war die Beziehung der beiden ständiges Gesprächsthema am Frühstückstisch- natürlich nur, wenn die beiden nicht dabei waren. Selbstverständlich.

    Ehe John sich noch weiter in seine Gedanken vertiefen konnte, spürte er, wie ihn etwas erfasste und mitzerrte. Die Tür war offen, genauso wie die Münder der Wissenschaftler, die mit erstaunten ‚Ahs!’ und ‚Ohs!’ in das dunkle Labor hineinströmten, ganz egal, ob da drinnen ein Ungeheuer auf sie wartete oder nicht.
    John kniff ärgerlich die Lippen zusammen. Sollten sie doch alle ins Verderben rennen. So würde es später wenigstens keine Zeugen geben, die behaupten könnten, er hätte sich nicht an die Richtlinien gehalten und sei nicht als Erstes mit (wohlgemerkt!) gezogener Waffe in den Raum getreten, um potenzielle Gefahren zu erkennen und mögliche Gegner gegebenenfalls auszuschalten.

    Es handelte sich tatsächlich um eine Art Labor- das stellte John fest, als die Lichter über ihren Köpfen und an den Wänden angingen und den Raum hell erleuchteten. Sich weniger interessiert umsehend, fiel John sehr schnell auf, dass sich dieses Labor nicht sonderlich von den anderen unterschied, zumindest vom rein Optischen her. Es war ein normales lantianisches Labor, das Erzückensrufe bei den Wissenschaftlern hervorrief und ein breites Lächeln auf Rodney McKays sonst so griesgrämiges Gesicht zauberte.
    John verdrehte leicht die Augen und seufzte geräuschlos, als der Kanadier plötzlich neben ihm auftauchte und ihn breit angrinste. „ Toll, nicht wahr?“, strahlte Rodney.
    „ Umwerfend, echt grandios“, gab John zurück und fragte sich, warum er die ganze Sache nicht einfach Major Lorne überlassen hatte.
    „ Sie könnten ruhig mal etwas mehr Interesse an den Tag legen“, meinte Radek Zelenka, der ebenso plötzlich an ihn herangetreten war, ihn maßregeln zu müssen. Auch er grinste breit, von einem Ohr bis zum anderen. „ Hierbei könnte es sich schließlich um eine wichtige Entdeckung handeln.“
    „ So wie ich das sehe, ist das auch nur ein normales Labor, eines von vielen, die wir in den letzten Jahren entdeckt und die sich teils als nicht mehr nutzbar herausgestellt haben“, sagte John und kräuselte die Nase, als ihm ein aufdringlicher Geruch nach faulenden Algen in die Nase stieg. „ Und hier stinkt’s.“
    „ Das ist der Geruch der Wissenschaft, Sheppard“, triezte Rodney ihn. „ Sie sollten sich daran gewöhnen, denn so wie es aussieht werden wir hier unten sehr viel Zeit verbringen.“ Er zog das ‚sehr’ dermaßen in die Länge, dass John ganz schlecht wurde.
    „ Für mich riecht das hier eher nach verfaultem Sushi und einer Aufgabe für Major Lorne“, entgegnete John sarkastisch und beschloss, dass das das letzte Mal gewesen war, dass man ihn hier unten gesehen hatte. Er würde Evan Lorne das Kommando über den Wissenschaftstrupp geben und außerdem- wann hatte er eigentlich zuletzt einen freien Tag gehabt?

    McKay und Zelenka zogen leise miteinander tuschelnd wieder ab und wenn John ehrlich sein sollte, dann war er darüber auch ganz froh. Er ließ seinen Blick einmal durch den Raum schweifen, um sich zu vergewissern, dass sich die versammelten Herrschaften nicht genau in diesem Augenblick an die Kehlen gingen, doch sehr zu seiner Überraschung war es ruhig und es sah nicht danach aus, als müsste er einen Streit schlichten.
    Zufrieden seufzend zog sich John in eine Ecke zurück, setzte sich auf einen Wandvorsprung, von dem aus er einen guten Blick über das Getümmel hatte. Er lehnte sich zurück, verschränkte die Arme über seiner P90 und begann wieder auf seinem Kaugummi herumzukauen. Es gab sicher bessere Beschäftigungsmöglichkeiten, aber ihm fielen im Moment keine ein. Zu versuchen sich unters Wissenschaftlervolk zu mischen hatte er schon vor Jahren aufgegeben; als Soldat hatte man auf solchen Einsätzen still in der Ecke zu sitzen, anderenfalls wurde man angeglotzt wie eine Kuh auf dem Mond.


    Es dauerte nicht lange und John’s kleine Pause war beendet. Die penetranten und erhobenen Stimmen der Doktoren Zelenka und Kavanagh schrillten quer durch den Raum und die beiden Streithähne standen sich mit hochroten Köpfen gegenüber, zwischen ihnen eine Art Antikerkonsole, die anscheinend beide für sich in Anspruch nehmen wollten.
    „ Ich sage es Ihnen gern noch einmal“, fauchte Peter Kavanagh und baute sich vor dem viel kleineren Radek Zelenka auf. „ Ich habe diese Konsole zuerst entdeckt und deshalb werde ich auch zuerst die Tests durchführen.“
    „Wir sind ein Team“, brach es aus dem wütenden Tschechen heraus. „Das bedeutet, dass man zusammen arbeitet. Und falls Sie sich nicht daran erinnern, weil Ihre geistige Auffassungsgabe so begrenzt ist, will ich Ihnen gerne auf die Sprünge helfen, mein Lieber. Ich bin hier der leitende Wissenschaftler und…“
    „Um eins mal klarzustellen“, mischte sich nun auch Rodney in das langsam eskalierende Streitgespräch seiner Kollegen ein, „der Chefwissenschaftler bin immer noch ich. Und falls jemand das Anrecht auf die Konsole hat, dann bin das ja wohl ich.“
    „Ach, ich bitte Sie“, schnarrte Kavanagh. „Halten Sie sich einfach da raus!“
    „Wie bitte, ich soll mich da raus halten?“ Rodney McKays Kampfgeist war geweckt und seine Ehre verletzt. Er stapfte auf Kavanagh zu, baute sich bedrohlich vor ihm auf und stemmte aufgebracht die Hände in die Hüften. „Wie reden Sie eigentlich mit mir? Erinnern Sie sich etwa nicht daran, wer Ihnen schon mehrmals den Hintern gerettet hat und wer Ihr Vorgesetzter ist?“
    „Soweit ich weiß, ist mein direkter Vorgesetzter Dr. Zelenka“, erwiderte Kavanagh keck; seine Mundwinkel zuckten herausfordernd.
    „Ach, jetzt auf einmal“, merkte Zelenka an, erntete dafür einen bösen Blick von Kavanagh wie auch von Rodney.
    John seufzte und beschloss, dass es an der Zeit war dazwischen zu gehen, bevor die drei noch aufeinander losgingen. Und außerdem konnte er das schrille Geschnatter der drei nicht länger ertragen. Er erhob sich von seinem Sitz und kniff die Augen zusammen. „ Genug jetzt!“ Abrupt wurde es still; Kavanagh, Zelenka und Rodney verstummten und drehten sich zu ihm um, sahen ihn auf sich zukommen, die Hände dabei beschwichtigend in die Höhe haltend. „ Können Sie mir nicht einmal den Gefallen tun und arbeiten ohne sich in die Wolle zu kriegen?“, fragte John die drei. „ Nur einmal? Ist das so schwer?“
    Es herrschte einen Moment lang eisernes Schweigen, doch dann meinte Kavanagh: „ Also an mir liegt’s nicht.“
    Rodney schnappte empört nach Luft. „ Och, als ob man Ihnen das glauben könnte.“
    „ Rodney“, warnte John, „bleiben Sie freundlich.“ An die beiden anderen gewandt sagte er: „ Hören Sie zu, ich will, dass Sie sich darüber einig werden wer an die Konsole darf. Machen Sie das unter sich aus und halten Sie mich daraus. Mir ist es egal wer an die Konsole darf. Hauptsache Sie hören auf hier so rumzubrüllen. Wenn nicht, dann sehe ich mich leider gezwungen dazwischen zu gehen, und das wollen Sie doch nicht, oder?“
    Allgemeines Kopfschütteln war die Antwort.
    „ Gut“, fuhr John in einer etwas ruhigeren Tonlage fort. „ Sehr schön, und jetzt weitermachen. Ich werde mich inzwischen mal ein bisschen weiter umsehen und während ich weg bin, will ich, dass Sie sich benehmen, ist das klar?“
    „ Hey, warum sehen Sie mich dabei so an?“, rief Rodney aus, als er den Blick des Soldaten auf sich ruhen sah.
    John zuckte mit den Schultern. „ Ich weiß nicht, aber irgendwie scheinen Sie mir ein Talent dafür zu haben, die Leute gegeneinander aufzubringen“, sinnierte er. „ Also…“ Er sah jeden der drei der Reihe nach ein paar Sekunden lang an. „ Immer schön artig bleiben, Jungs.”

    ooOOoo

    Dieser Sektor war eindeutig von jemanden geplant und errichtet worden, der keine Ahnung hatte, wie verwirrend das alles hier auf die Nachwelt sein würde. John blieb an einer der vielen Abzweigungen stehen und sah sich um. Die Antiker mussten damals einen sehr guten Orientierungssinn gehabt haben, denn selbst er als ausgebildeter Soldat hatte arge Schwierigkeiten sich hier zurecht zu finden. Es war nicht so, dass er sich verirrt hatte- nein, er hörte die Stimmen der Wissenschaftler noch immer, zwar in weiter Ferne, aber er hörte sie immerhin noch. Vielmehr verwirrte ihn die ganze Anlage hier etwas; die Gänge, durch die er gegangen war, sahen alle gleich aus. Jeder Quadratzentimeter dieses Sektors glich dem anderen und die teils nur schwach beleuchteten Gänge waren richtig unheimlich. Die feucht-glitschige Atmosphäre änderte daran auch nichts, ebenso wenig die an den Wänden klebenden Überreste außerirdischer Unterwasserpflanzen.

    John rümpfte die Nase, als er mit seiner Waffe jenen diesen grünen Pflanzenvorhang beiseite schob und ihm dabei irgendetwas undefinierbares Grünes, Stinkiges auf die rechte Schulter tropfte. Toll, dachte er, wirklich toll. Mit spitzen Fingern packte er das glitschige Etwas und schnippte es weg, watete dann tapfer weiter durch das teils knöcheltiefe Wasser. Hatte Rodney nicht gesagt, dass der Sektor komplett leer gepumpt war? Seine nassen Socken sagten da aber etwas anderes; in seinen Stiefeln schwappte es fühlbar und die kalte Nässe kroch an seinen Beinen hoch. Das Wasser war furchtbar kalt und das obwohl draußen, außerhalb der schützenden Wände von Atlantis, subtropische Temperaturen herrschten.
    John’s Knie begannen zu zittern und gegeneinander zu schlagen und er dachte schon ernsthaft darüber nach umzukehren, als plötzlich diese Tür vor ihm auftauchte.

    Es war keine besondere Tür. Sie sah aus wie jede andere Tür in der Stadt und wirkte so unscheinbar, doch trotzdem blieb John stehen. Auf einmal bemerkte er, dass dieser Gang sich von den anderen, durch die er geirrt war, unterschied; der Unterschied war… die Tür. Der Gang endete nicht wie alle anderen in einer Abzweigung sondern mit einer Tür, einer geschlossenen Tür.
    John richtete die Lampe in die Richtung der Tür und leuchtete diese ab; nei näherem Hinsehen stachen einem die unzähligen lantianischen Symbole und Schriftzeichen ins Auge, die sie und den Rahmen rundherum zierten, und John ärgerte, dass er damals nicht das Angebot Elizabeths angenommen hatte, ihm einen Crashkurs in Sachen Antikersprache zu geben. Viele der Zeichen kamen ihm zwar bekannt vor- er hatte sie schon oft gesehen-, doch er wusste mit ihnen und geschweige denn ihrer Bedeutung nichts anzufangen.
    Entschlossen bahnte er sich seinen Weg durch das knöcheltiefe Wasser, bis er schließlich vor der Tür stand, und blickte an ihr hinauf. Was sich wohl dahinter verbarg? Diese Frage schoss ihm durch den Kopf und sein Blick fiel auf das Steuermodul zu seiner Rechten. John bezweifelte, dass er einfach so in den Raum hinein kommen würde, schließlich hatte der Sektor mehrere tausend Jahre unter Wasser gestanden. Er wusste nicht, was passieren würde, wenn er an dem Steuermodul herumhantieren würde, zumal man solche Fummeleien generell immer Rodney überließ. Aber irgendetwas an dieser Tür reizte ihn.
    Sein Herz schlug schneller und er fühlte sich plötzlich wie ein kleiner, aufgeregter Junge am Weihnachtstag, der durchs Schlüsselloch spähte, um schon mal einen kurzen Blick auf die Geschenke werfen zu können. Nur dass es hier weder ein Schlüsselloch gab und dass diese Zeiten bei ihm über dreißig Jahre zurück lagen.
    John runzelte die Stirn und stützte die Arme auf den Griff seiner P90 ab. Er stülpte die Unterlippe vor und dachte nach. Was hatte Rodney noch mal gesagt, wie man Türen öffnete? Er hatte zugegeben nie so genau zugehört, wenn der Kanadier sich darüber ausgelassen hatte, wie man die Türen öffnete; er hatte immer nur gelangweilt daneben gestanden und darauf gewartet, dass das Geplapper seines Freundes ein Ende fand und das geschah meistens damit, dass sich die Tür öffnete. Doch wie Rodney das immer anstellte war John ein Rätsel.
    Du solltest echt mehr aufpassen, Mann, sagte John zu sich selbst und streckte zögerlich eine Hand nach dem Steuermodul aus. Okay, zuerst musste er die Verkleidung abnehmen- daran erinnerte er sich noch. Aber brauchte man nicht einen PC oder eine andere Energiequelle, um Zugriff auf das System zu bekommen? Immerhin schaffte es Rodney auch dadurch, dass er einfach die Kristalle austauschte. Aber ob die nach all diesen Jahrhunderten noch intakt waren?

    Vorsichtig und mit gespreizten Fingern entfernte John die Verkleidung des Steuermoduls. Die dahinter zum Vorschein kommenden Steuerkristalle sahen zwar etwas trüb, aber intakt aus. Die Konstellation, die es benötigte, damit sich die Tür öffnete, glaubte der Soldat noch so ungefähr im Kopf zu haben, weshalb er auch nicht zögerte und die Kristalle herauszog und umsteckte.
    Einen Moment lang tat sich nichts und John befürchtete schon, etwas falsch gemacht zu haben, doch dann öffnete sich die Tür tatsächlich mit einem leisen Zischen.

    Ein ungewohnt kalter Wind wehte ihm entgegen, fast so als hätte man die Tür zu einem Kühlraum geöffnet. Die trockene Kälte brannte in den Augen und John kniff eben diese zusammen, blinzelte in die Dunkelheit hinein, konnte aber trotzdem nichts weiter erkennen. Der Wind pfiff ihm um die Ohren; irgendwo musste eine undichte Stelle sein, durch die Luft von außen eindrang. Vielleicht war das auch der Grund warum das Wasser hier höher zu stehen schien als in den anderen Bereichen des Sektors.
    Bedacht setzte John einen Fuß über die Schwelle und leuchtete in die Dunkelheit hinein…
    … was im Nachhinein betrachtet gar nicht notwendig gewesen wäre; auch wenn dieser Sektor unter dem eiskalten Meerwasser gelegen hatte- das System reagierte sofort auf sein ATA-Gen. Lichter sprangen an, über seinem Kopf und zu seinen Füßen. Ein tiefes Surren verkündete, dass der Raum langsam aus seinem Dornröschenschlaf erwachte.

    „ Heiliger Strohsack“, rutschte es aus John heraus, als ihm das Ausmaß dieses… Raumes bewusst wurde. Er ließ den Blick geradeaus schweifen, doch er fand kein Ende. Vor ihm lag ein langer, nicht besonders breiter Gang, der irgendwo im Nirgendwo zu enden schien. Gesäumt war er von… John’s Augenbrauen hoben sich. Spiegeln?
    Der Gang war tatsächlich von Spiegeln gesäumt; rechts und links bildeten sie die Wände des Raumes, reichten von der Decke bis zum Boden. John fühlte sich an das Spiegelkabinett erinnert, dass er damals mit seinem Vater besucht hatte, als der Jahrmarkt in der Stadt campiert hatte. Langsam trat er vor… und erstarrte im selben Augenblick.

    Er kniff die Augen zusammen, doch da war nichts. Er starrte angestrengt in den Spiegel, doch da war nichts. Er erwartete sich selbst- sein Spiegelbild- zu sehen, doch nein, nur die gegenüberliegende Seite des Raumes spiegelte sich.
    John drehte sich um, doch auch auf der anderen Seite war nichts im Spiegel zu erkennen; es war fast so, als existierte er nicht, als war er nicht… da. Der Soldat aktivierte sein Headset. „ McKay, können Sie mich hören?“
    „Ja, ich höre Sie klar und deutlich, Colonel“, schnauzte es am anderen Ende; Rodneys Laune schien im Keller zu sein. „Was gibt’s?“
    „Nun ja…“ John suchte ein letztes Mal verzweifelt nach seinem Spiegelbild- vergebens. „ Es könnte sein, dass ich hier was gefunden habe.“

    TBC

  4. #3
    Fürstin der Finsternis Avatar von Liljana
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    Uiui - eine neue spannende klassische SGA-Geschichte.

    Noch kurz zum ersten Kapitel - die Gedanken, die Teyla da durch den Kopf gehen, hat mit Sicherheit jede Mutter - okay, außer das mit den Wraith. Die gibt es bei uns ja zum Glück nicht.

    Dabei hatte Teyla nie ernsthaft darüber nachgedacht, dass Kinder einmal zu ihrer Zukunft gehören würden. Vor ein paar Jahren noch hätte sie sich nicht vorstellen können ein Kind in diese gefährliche und grausame Welt zu setzen; die Wraith hatten die Galaxis beherrscht und man hatte in ständiger Angst gelebt.
    Diese Teyla hast du besonders gut "eingefangen". Das passt genau zu ihr - und jetzt kann sie sich die Zukunft gar nicht mehr anders vorstellen. (So geht es mir auch tagtäglich )

    Sie erforschen also neue Bereiche von Atlantis. Da gibt es ja unendlich viel zu entdecken und wer weiß, was da noch auf sie lauert.

    Nun aber zum nächsten Kapitel:

    Nein, bei ihm waren es immer brasilianische Bademodenmodels mit langen, braunen Beinen, strammen Hintern, wohlgeformten Hüften und perfekten…
    Brasilianische Bademodenmodels Das hätte ich dem guten Colonel gar nicht zugetraut. Ich dachte immer, er steht mehr auf langhaarige Außerirdische oder in Leder gekleidete sexy Reisende. So kann man sich also täuschen

    Zelenka, Rodney und Kavanaugh - eine fast schon tödliche Kombination. ^^

    John spielt also wieder einmal mit "Knöpfen" und findet einen Spiegelraum. Tztztzt - wenn das mal gut geht.

    Noch eine kurze Frage: Wie lang ist denn diese FF? Ich hab mit dem Hinterherkommen von neuen Kapiteln und FFs so langsam Probleme.

  5. Danke sagten:


  6. #4
    Mama, im Dienste Ihrer Majestäten Avatar von Nyada
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    Standard Antworten!!!! (Leider noch zu wenig, also... Feedback, Leute!!!)

    @ Liljana:

    Zitat Zitat von Liljana Beitrag anzeigen
    Brasilianische Bademodenmodels Das hätte ich dem guten Colonel gar nicht zugetraut. Ich dachte immer, er steht mehr auf langhaarige Außerirdische oder in Leder gekleidete sexy Reisende. So kann man sich also täuschen
    Mann bleibt Mann, sprich: Sheppard bleibt Sheppard. Und wie wir alle wissen, scheint unser werter Colonel nicht allzu wählerisch zu sein, was seine Begleitung angeht. Ob blond, ob braun- egal. Wie nannte ihn meine Freundin noch gleich? Ein wahrer Playboy!
    Und nun seien wir doch mal ehrlich: Welcher Mann träumt denn nicht von brasilanischen Bikinimodels? Nun ja, ich bin keiner, aber bei unserem Johnnyboy kann ich mir das durchaus vorstellen, wenn du verstehst, was ich meine.

    Zitat Zitat von Liljana Beitrag anzeigen
    Zelenka, Rodney und Kavanaugh - eine fast schon tödliche Kombination. ^^
    Fast!? Bist du dir sicher?

    Zitat Zitat von Liljana Beitrag anzeigen
    John spielt also wieder einmal mit "Knöpfen" und findet einen Spiegelraum. Tztztzt - wenn das mal gut geht.

    Noch eine kurze Frage: Wie lang ist denn diese FF? Ich hab mit dem Hinterherkommen von neuen Kapiteln und FFs so langsam Probleme.
    Ja, Knöpfe scheinen eine magische Anziehungskraft auf John zu haben. Ist nichts Ungewöhnliches, tja, und deshalb muss er IMMER derjenige sein, der Schuld am ganzen Schlamassel ist. Und dieses Mal ist es wirklich ein Schlamassel!

    Ich bin noch am Schreiben. Eigentlich sollte die FF schon längst fertig sein, aber wie das bei mir so ist, kam mir die Idee für Corpus Delicti und eine durchgebrannte Festplatte dazwischen. Letzteres bedeutet im Klartext, dass die nächsten drei (schon fertigen) Kapitel es leider nicht "überlebt" haben. Ein Kapitel konnte ich allerdings retten und ich werde es demnächst posten.
    Danach wird erstmal (leider) eine Pause entstehen, weil ich gerade an zwei Fanfictions gleichzeitig schreibe. Ja, ich weiß, keine gute Idee, aber ich versuchs trotzdem.
    Wie viele Kapitel die FF genau haben wird, habe ich noch nicht entschieden. Du kannst dir also Zeit lassen.

    LG, deine Moni

  7. #5
    Mama, im Dienste Ihrer Majestäten Avatar von Nyada
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    Standard Kapitel 2: Spieglein, Spieglein

    A/N: Vor zwei Wochen, als mich mein Freund mit zwei Flugtickets überraschte, fand ich die Idee, ein paar Tage in London zu verbringen echt super. Nun bin ich seit gestern (Gott sei Dank!) wieder zuhause und bin zu dem Schluss gekommen, dass ein Strauß roter Rosen zum Jahrestag absolut ausreichend ist. Wie ihr sicher aus den Nachrichten erfahren habt, ist in England gerade der Teufel los... und Leute, das stimmt! Ich will hier jetzt keinen Vortrag halten oder mich ausheulen, aber ich habe beschlossen, in nächster Zeit nicht mehr nach England/London zu fliegen, denn während meines Aufenthalts habe ich die Wut und Frustration der Londoner am eigenen Leib erfahren dürfen. Kein Vergnügen, sag' ich euch!

    Nun ja, ih wechsele jetzt mal das Thema. Von wütenden Engländern zum neuen Kapitel, das ich heute für euch habe. Ich hoffe es gefällt euch und wünsche euch viel, viel Spaß beim Lesen. Über euer Feedback würde ich mich natürlich freuen.
    LG, eure Moni

    Kapitel 2
    oOo Spieglein, Spieglein oOo


    Dark, dark floods rising
    Dark, darkness rising
    Come, come your darkness
    Rain down your darkness
    No matter how your demons, they rise to drive me out
    No matter, no matter, no matter how your demons
    Try to drive me out, I will not disappear
    Look at us and have no fear
    Look at me...
    I'll be here.
    The Matches – Darkness Rising


    „Teyla, warten Sie!“ Die Athosianerin hob den Kopf und wandte ihn im Gehen in die Richtung, aus der die vertraute Stimme sie gerufen hatte. Ronon Dex, der hünenhafte Krieger vom Planeten Sateda, bahnte sich seinen Weg durch eine Gruppe Techniker, die mitten im Gang abrupt stehen geblieben waren und eifrig miteinander zu diskutieren angefangen hatten, und kam mit großen Schritten auf sie zu marschiert. Teyla empfing ihren Freund mit einem Lächeln.

    „Wo wollen Sie hin?“, fragte Ronon und schloss mit zwei großen Schritten zu ihr auf, trabte locker neben ihr her.
    „Ich wollte gerade nach Col. Sheppard und Dr. McKay sehen“, antwortete Teyla. „John schien heute Morgen beim Frühstück nicht gerade begeistert darüber zu sein, dass er das Team begleiten muss, und wenn Sie mich fragen, dann hat sich auch Rodneys Begeisterung in Grenzen gehalten. Haben Sie nicht Lust mich zu begleiten?“
    Ronon reckte die Hand in die Höhe und rieb sich verlegen nach einer Ausrede suchend den Nacken, meinte dann zögernd: „Ach, wissen Sie, Teyla, eigentlich…“
    „…eigentlich wollten Sie ja noch mit den neuen Marines trainieren?“, beendete die Athosianerin seinen Satz, hob skeptisch ihre rechte Augenbraue, konnte sich ein Schmunzeln aber nicht verkneifen, als Ronon nickte. „Es wundert mich, dass John auf eine solch banale Ausrede reingefallen ist.“
    „Das war keine Ausrede“, beteuerte Ronon augenblicklich. „Ich habe heute Morgen wirklich mit den Marines trainiert!“

    Teyla blieb vor dem Transporter stehen und fuhr mit der rechten Hand über das Wandpanel. Zischend glitten die beiden Türhälften auseinander und die beiden Freunde betraten den Transporter. Die Türen schlossen sich, öffneten sich wenige Sekunden später wieder und die Athosianerin und der Sateder fanden sich binnen weniger Augenblicke dank der Antikertransporttechnologie am anderen Ende der Stadt wieder.
    „Und wie lange haben Sie trainiert?“, hakte Teyla nach und richtete ihren Blick ernst auf Ronon. Dieser bannte ihren Blick kurz, wich dann aber aus und gab sich seufzend geschlagen.
    „Eine halbe Stunde“, antwortete er kleinlaut, fügte aber mit erhobenen Zeigefinger hinzu: „Aber es war wirklich sehr anstrengend.“
    „Für Sie oder für die Marines?“ Als er ihr keine Antwort gab, lachte Teyla und riet ihm: „ Lassen Sie das bloß nicht den Colonel wissen; er wird Ihnen den Kopf abreißen.“
    Nun lachte auch Ronon. „ Das soll er erst mal versuchen“, grinste er.

    Nach zwei weiteren Transporten waren die beiden Freunde endlich auf der Ebene angelangt, auf der das Wissenschaftsteam um Dr. McKay und Dr. Zelenka die nach dem Abpumpen des Meerwassers freigelegten Labore erforschen sollte. Ronon und Teyla liefen schweigend nebeneinander her, sahen sich um. Es gab nicht viel Neues zu sehen; die Gänge glichen denen der übrigen Stadt und nur die vom Meerwasser dunkel verfärbten Wände verrieten, dass das Wasser hier noch bis vor Kurzem bis unter die hohe Decke gestanden hatte. Teils hatte sich das Wasser noch in kleinen Pfützen gesammelt und ab und zu tropfte es von der Decke und den Wänden. Der modrige Geruch von verfaulenden Wasserpflanzen lag in der Luft.

    „Warum haben Sie Sheppard eigentlich nicht begleitet?“, wollte Ronon plötzlich wissen, als sie um eine Ecke bogen und einen weiteren Gang vor sich fanden. „Ich habe heute Dr. Sullivan getroffen und sie meinte, dass Sie das heutige Training verschoben haben.“
    „Es…“ Die Athosianerin zögerte kurz. „Es hat sich niemand anderes gefunden, der auf Torren hätte aufpassen können. Dr. Blake hat sich einen Virus eingefangen und konnte deshalb nicht auf ihn aufpassen, weshalb ich das Treffen mit Dr. Sullivan leider verschieben musste.“
    Ronon hörte ihr zu, nickte ab und zu verständig, fragte dann jedoch: „Ist alles in Ordnung mit Ihnen?“
    „Was sollte denn nicht mit mir in Ordnung sein?“, fragte Teyla leise zurück und bemühte sich um ein Lächeln.
    „Es ist nur, dass Sie in letzter Zeit etwas angespannt wirken“, erwiderte Ronon.
    „Angespannt?“, wiederholte sie. „Was meinen Sie damit?“
    Der Sateder zuckte mit den Achseln. „Hören Sie“, meinte er ruhig, „ich weiß, dass Sie es im Moment nicht leicht haben. Ich kann mir vorstellen, dass es schwer für Sie ist, jetzt, da Kanaan für ein paar Wochen weg ist. Es ist das erste Mal seit Torrens Geburt, nicht wahr?“
    „Ja“, sagte Teyla, „aber wenn Sie damit andeuten wollen, dass ich es nicht schaffe, dann möchte ich Sie daran erinnern, dass ich mit Torren die ersten beiden Monate allein war.“
    „Das ist nicht dasselbe.“
    Teyla seufzte, schloss kurz die Augen, besann sich. „Was wollen Sie mir damit sagen, Ronon?“, fragte sie ihn.
    „Nun ja…“ Ihr Teammitglied stockte kurz. „Ich mache mir nur Sorgen. Um Sie und um Torren.“
    „Sie machen sich Sorgen?“ Teyla konnte nicht anders- sie lächelte. Es war selten, dass sich Ronon Dex Sorgen um etwas oder jemanden machte.
    Er nickte. „Wissen Sie…“ Wieder zögerte er kurz, senkte dann aber die Stimme und meinte fast schon flüsternd: „Ich weiß es.“

    Teylas Lächeln gefror und sie musste sich stark zusammennehmen, um nicht allzu ertappt auf ihren Freund zu wirken. Als ihr ihre Gesichtszüge immer mehr entgleisten, zwang sie sich zu einem nervösen Lächeln. „Ich verstehe nicht, was Sie meinen.“ Nun war sie es, die Ronons Blick auswich; sie senkte den Kopf und ging weiter.
    „Sie müssen sich keine Vorwürfe machen.“ Ronon kam hinter ihr her gelaufen, holte sie schon nach wenigen Sekunden ein. „Es ist nicht Ihre Schuld.“
    „Wie gesagt…“ Teyla holte tief Luft. „Ich weiß nicht, wovon Sie reden, Ronon.“
    „Davon, dass dieser Trip von Kanaan nach M3H6671 nicht das ist, wofür es hier alle halten“, brachte es der Sateder auf den Punkt.
    Teyla blieb stehen und drehte sich abrupt zu ihrem Begleiter um. Eine Mischung aus Wut und Furcht spiegelte sich in ihrer Mimik wieder und sie sah ihn mit weiten Augen an. „W…woher…“, war alles, was sie rausbrachte.
    „Er hat’s mir gesagt“, antwortete Ronon.
    „Er hat es Ihnen gesagt?“, hakte Teyla nach und merkte, wie das Band um ihre Kehle immer fester zugeschnürt wurde.
    „Nicht direkt“, revidierte sich Ronon. „Kanaan meinte vor ein paar Wochen zu mir, dass er sich in Atlantis nicht wohl fühlt und dass er das Gefühl hat, nicht richtig dazu zu gehören. Er hatte Angst, dass Sie ihn möglicherweise vergessen. Als er dann vorletzte Woche nach M3H6671 aufgebrochen ist, konnte ich mir es schon denken.“

    Teyla bedeckte ihre Augen mit ihrer Hand und seufzte. „Oh, nein“, murmelte sie, schüttelte mit dem Kopf. Der Kloß in ihrem Hals wanderte höher und brach als leises, verklemmtes Schluchzen über ihre Lippen. Im nächsten Moment spürte sie Ronons Hand auf ihrer Schulter.
    „Sie sollten das nicht für sich behalten“, riet er ihr. „Es wird mit der Zeit nur schwerer, nicht leichter. Es gibt ein paar Leute, die sich wirklich Sorgen um Sie machen. Wenigstens dem Team sollten Sie Bescheid geben. McKay wird überrascht sein, aber nichts weiter sagen, aber Sheppard…“
    „W…was ist mit John?“ Teyla traute sich kaum zu fragen.
    „Er war gestern Abend bei mir und wollte wissen, was mit Ihnen los ist“, antwortete Ronon. „Der Mann ist nicht dumm, Teyla. Er macht sich genauso große Sorgen um Sie wie ich. Als Ihr Freund lege ich es Ihnen ans Herz, es ihm zu sagen. Er ist immerhin Ihr Teamleader…“
    „…und wird mich deswegen wieder aus dem Team ausschließen“, unterbrach Teyla ihn. „ Ich bitte Sie, Ronon, Sie kennen John genauso gut wie ich. Was denken Sie, wird er tun, wenn er davon erfährt?“
    „Wenn Sie es ihm nicht aus freien Stücken erzählen und er es aus irgendeinem dummen Zufall erfährt, kann ich mir gut vorstellen, dass er so reagiert, wie Sie es gesagt haben. Aber vergessen Sie nicht, dass er nicht nur Ihr Teamleader ist sondern auch Ihr Freund. Er kennt Sie viel länger als ich und wenn ich Sie wäre, dann würde ich zu ihm gehen und es ihm sagen.“
    „Ich soll also einen meiner besten Freunde mit meinen Problemen belasten, obwohl er selbst im Moment genug mit sich selbst und seinen Pflichten zu tun hat? Das soll ich Ihrer Meinung nach tun? Wirklich?“ Teyla schüttelte mit dem Kopf. „Das kann ich unmöglich tun, Ronon, und ich werde es auch nicht tun. Mir geht’s gut und ich komme mit allem gut klar. Ich brauche niemanden, der mich bemuttert. Ich werde das schon allein hinkriegen. Und außerdem ist es nicht so, wie Sie’s es da behaupten.“

    Die Athosianerin straffte die Schultern und schickte sich an weiterzugehen. Ronon, seinerseits, seufzte nur tief, packte plötzlich nach ihrem Arm und drehte sie zu sich um. „Sie müssen hier niemanden etwas beweisen, Teyla“, sagte er leise.
    Seine Freundin starrte einen Augenblick lang auf seine Hand, mit der er ihren Oberarm umklammert hielt, und sah ihm dann ins Gesicht. „Das habe ich auch nicht vor. Ich weiß, dass ich niemanden etwas beweisen muss und es wird dazu auch nie kommen. Wirklich, Ronon, ich komme klar. Mir geht es gut und ich habe mich mit Kanaan’s Entscheidung abgefunden.“
    „Wird er Atlantis verlassen?“, fragte Ronon und lockerte seinen Griff so weit, dass sie ihm ihren Arm entziehen konnte, was sie auch sofort tat. Teyla trat einen Schritt von ihm weg, fast so als wollte sie einen Sicherheitsabstand wahren.
    „Wir sind zu der Übereinkunft gekommen, dass wir etwas Zeit für uns und Abstand voneinander brauchen“, antwortete sie. „Er wird die nächsten Wochen auf M3H6671 verbringen. Was danach kommt, wissen wir noch nicht. Es schwebt ihm im Sinn wieder nach Neu Athos zurückzukehren.“
    Ronon nickte. „Und was wird aus Torren?“, hakte er weiter nach und setzte sich wieder in Bewegung, lief neben seiner athosianischen Freundin her.
    „Kanaan wird auch weiterhin seine Pflichten als Torrens Vater erfüllen“, meinte diese. „Wir beide sind uns darüber im Klaren, dass es von nun an schwerer werden wird, aber wir wollen für Torren eine Familie sein.“

    Just in dem Moment, als sie um eine weitere Ecke bogen, drangen die aufgeregten Stimmen der Wissenschaftsteams an ihre Ohren. Es war nicht mehr weit. Kurz bevor sie zu den anderen stießen, hielt Ronon Teyla noch einmal an und sprach mit leiser Stimme zu ihr: „Sie wissen, dass Sie immer zu mir oder zu den anderen kommen können. Falls Sie… naja, reden wollen oder so. Oder Hilfe brauchen.“
    Teyla neigte ihren Kopf zu einem leichten Nicken. „Es rührt mich, dass Sie sich so um mich sorgen, aber ich komme schon klar.“ Sich räuspernd meinte sie weiter: „Wir sollten jetzt mal nach den anderen sehen. Es beunruhigt mich irgendwie, Rodney nicht zu hören.“ Sie ging weiter und Ronon folgte ihr grinsend.

    Erschrocken zuckten die beiden zusammen, als der Schrei ertönte, dem Tumult folgte und John Sheppards klare, sehr bestimmte Stimme, die befahl, aus dem Weg zu treten. Teyla und Ronon sahen einander an, ehe sie losliefen.

    ooOOoo

    Erleuchtet und von einem Dutzend Wand-, Decken- und Bodenleuchten bestrahlt, wirkte der lange, schmale Gang nicht mehr ganz so unheimlich wie auf den ersten Blick. Er schien jetzt sogar etwas breiter und geräumiger zu sein, als John ihn zuerst eingeschätzt hatte. Und im Gegensatz zu seiner ursprünglichen Annahme, der Gang wäre endlos, endete das Ganze nach rund zwanzig, dreißig Metern in einem kleinen, runden, kammerähnlichen Raum, in dem sich momentan die meisten Wissenschaftler aufhielten und an den Konsolen arbeiteten- oder es zumindest versuchten.

    So wie auch der ganze Rest des Sektors schienen die zehntausend, sehr feuchten Jahre nicht spurlos an den lantianischen Gerätschaften vorbeigegangen zu sein. Sämtliche Reanimationsmaßnahmen der Wissenschaftler blieben erfolglos… und auch Rodneys eisenharte Faust, die auf eines der Steuerpulte niedersauste, zeigte nicht die vom Kanadier erhoffte Wirkung.

    „Verfluchtes Ding“, schimpfte der Wissenschaftler mit hochrotem Kopf und sichtlich auf Krawall gebürstet. Aus seiner Kehle drang ein Laut, den man als wütendes Schnauben oder als panisches Luftholen interpretieren konnte, und er ballte seine Hand wieder zu einer Faust. „Ich werde dich…"
    Nichts werden Sie, Rodney“, ließ John warnend erklingen, als er die Kammer betrat, die einmal als Kontrollzentrum gedient haben musste. „Nehmen Sie die Hand runter, sonst verletzen Sie sich noch.“
    „Dieses verdammte Ding…“ Wenn auch widerwillig ließ Rodney seine Faust sinken und schnappte nach seinem Tablettlaptop.
    „Ich nehme an, Sie können mir nicht sagen, wie’s vorangeht?“, traute sich John zu fragen und trat an das podiumartige Steuerpult heran.
    „Sie wollen wissen, wie es vorangeht?“, echote der Wissenschaftler und tippte sich mit dem Zeigefinger an die Lippen. „Hhm, soll ich damit anfangen, dass sämtliche Systeme in diesem Raum in die Tonne zu hauen sind oder damit, dass das hier alles überflüssig ist, was sich eigentlich aus meinem ersten Vorschlag erschließt? Ach, und erwähnte ich, dass ich wegen Ihnen, Colonel Ich-geh-mal-eben-spazieren-und-entdecke-einen-langweiligen-Raum, eine Erkältung der fiesen Sorte bekommen werde? Meine Socken… pitschnass!“
    „Sagen Sie bloß, Sie haben heute ausnahmsweise mal nicht an Ihre Gummistiefel gedacht“, triezte John seinen Freund, der gerade von der kleinen Empore herabstieg und ihn dabei böse anfunkelte.
    „Jetzt werden Sie mal nicht komisch, Mr. Indiana Jones“, zischte Rodney. „Wegen Ihnen musste ich durch hüfttiefes Wasser waten und beim lieben Gott, ich will nicht wissen, was unterhalb meiner Gürtellinie alles herumgeschwommen ist.“
    John verzog das Gesicht. „Da sind wir schon zu zweit.“

    Rodneys aufgesetztes Lachen, welches er dem Soldaten zuwarf, verschwand genauso schnell aus seinem Gesicht wie es aufgetaucht war. „Jaja, machen Sie sich ruhig lustig über mich, über denjenigen, der sich stundenlang die Finger blutig arbeitet, ohne dafür gelobt zu werden und ohne jeglichen Erfolg zu haben.“
    John verdrehte die Augen, kehrte aber schnell wieder zum Ernst zurück. „Ich nehme an, dass Sie mir damit sagen wollen, dass Sie nichts gefunden haben?“, fragte er ruhig.
    „Ich würde, falls es nicht so wäre, wie Sie sagten, wohl kaum hier stehen und mich mit Ihnen unterhalten, oder?“ Eine leicht aggressive Note lag in der Stimme des Kanadiers, und er schüttelte mit dem Kopf. „Ich habe es bereits Woolsey gesagt: Nein, ich habe weder etwas gefunden, noch ist es mir oder einem der anderen gelungen die Systeme wieder in Gang zu kriegen. Um es für Sie verständlich auszudrücken, Colonel: Dieser Raum ist absolut tot.“
    „Das erklärt aber kaum, warum diese Spiegel keine Spiegelbilder produzieren“, konterte John gelassen. „Und kommen Sie mir jetzt nicht damit, dass das damit nichts zu tun hat. Sie können mir nicht weismachen wollen, dass dieser Raum damals für die Antiker nur so etwas wie eine Abstellkammer gewesen ist.“
    „Im Moment sieht es aber gewaltig danach aus“, gab Rodney ihm zu verstehen. „Glauben Sie mir, wir sind hier jetzt seit fast anderthalb Stunden zugange und bis jetzt hat sich noch nichts getan… außer, dass Dr. Solis einen Stromschlag bekommen hat, weil sie die Stromkreise überlastet hat. Wozu auch immer dieser Raum gut gewesen ist- jetzt funktioniert es nicht mehr.“

    Rodney trat wieder auf das Podium und legte seine Hände auf das Steuerpult, woraufhin dieses für wenige Augenblicke aufleuchtete, dann aber mit einem surrenden Ton wieder herunterfuhr. „Sehen Sie? Nichts. Rein gar nichts.“ Demonstrativ tippte Rodney auf den Steuerkristallen herum, ohne eine Reaktion zu erhalten.
    „Kann es möglicherweise daran liegen, dass dieser Bereich so lange Zeit unter Wasser gelegen hat?“, fragte John.
    „Es liegt nicht nur möglicherweise daran…“ Radek Zelenka, der in der Nähe an einem Wandsteuermodul gearbeitet hatte, gesellte sich zu dem Team, „…es liegt hundertprozentig daran, aber ein gewisser Herr in diesem Raum will das ja nicht wahrhaben.“
    Zwei Augenpaare- das des Colonels und des tschechischen Wissenschaftlers- blickten zu Rodney hinauf.
    „Hey“, schnappte dieser, „ich habe nicht gesagt, dass nicht die Möglichkeit besteht. Ich habe nur auf die Tatsache hingewiesen, dass wir noch nie Probleme mit Konsolen hatten, die ein paar Jahre unter Wasser gelegen haben.“
    „Wir sprechen hier immerhin von zehntausend Jahren, Rodney“, erinnerte Radek ihn. „Es kann durchaus möglich sein, dass die Gerätschaften im Laufe der Jahre Schäden genommen haben.“
    John runzelte die Stirn. „Das heißt, dass, was auch immer diese Anlage einmal war, sie nicht funktioniert?“
    Der tschechische Wissenschaftler zuckte mit den Schultern. „Es besteht die Möglichkeit, dass das System sehr starke und gravierende Schäden mit sich gezogen hat, aber es kann auch sein, dass es nur ein bisschen… Zeit benötigt, um wieder in Gang zu kommen.“ Radek rückte seine runde Nickelbrille zurecht. „Also, wenn Sie meine Meinung zu der Sache hören wollen, Colonel, dann bin ich mir zu achtundneunzig Prozent sicher, dass das System noch vollkommen intakt ist und nur ein bisschen Zeit braucht, um… warmzulaufen.“
    „Radek, ich bitte Sie…“ Rodney machte eine abfällige Handbewegung. „Sie haben doch selbst gesagt, dass das System völlig hinüber ist.“
    „Das war bevor es mir gelang Zugriff auf die Wandsteuerkonsole zu bekommen“, verteidigte sich der Tscheche. „Wenn Sie mir zugehört hätten und nicht allzu sehr damit beschäftigt gewesen wären, die Konsole zu zerstören, dann hätten Sie das gewusst.“
    „Ich habe Besseres zu tun, als mir jede x-beliebige Theorie anzuhören“, feuerte der Kanadier zurück.

    „Okay, Schluss jetzt! Halten Sie die Klappe! Alle beide!“, fuhr John die beiden an und stellte sich mit erhobenen Händen zwischen die Streithähne. „Es bringt uns gar nichts, wenn Sie sich jetzt an die Gurgel gehen, also lassen Sie das gefälligst, verstanden?“ Er wartete, bis die beiden Wissenschaftler reumütig nickten, ehe er fortfuhr. „Gut. Ob das System nun läuft oder nicht, lässt sich sicher irgendwie klären, also wäre ich Ihnen beiden sehr verbunden, wenn Sie jetzt weiterarbeiten würden ohne sich oder andere dabei zu verletzen.“
    „Ja, aber…“, wollte Rodney protestieren, doch John brachte ihn mit einer schnellen Handbewegung gleich wieder zum Schweigen.
    „Nichts ‚aber’, Rodney. Ich weiß, dass das hier nicht das ist, was Sie sich vorgestellt haben, und dass wir unten sicher auch keine weltbewegenden Erfindungen der Antiker finden werden, aber ich will, dass Sie wenigstens so tun, als würde es Sie interessieren, und dass Sie versuchen, dieses Ding- wozu auch immer es einmal gedacht war- zum Laufen zu kriegen.“

    Rodney kräuselte eingeschnappt die Lippen, machte sich dann aber mit einem leise gemurmelten ‚Kein Grund gleich so ruppig zu werden’ zurück an die Arbeit, und auch Radek Zelenka wandte sich wieder der offenen Wandkonsole zu und nahm die Arbeit an den freiliegenden Kontrollkristallen wieder auf.
    „Geht doch“, brummte John zufrieden, drehte sich um, um wieder seinen Posten zu beziehen, von wo aus er alles gut beobachten konnte. Die Blicke zweier Wissenschaftler lagen auf ihm. „Was ist? Noch nie einen aufgebrachten Mann gesehen?“, zischte er die beiden an, die sich daraufhin schnell wegwandten und so taten, als überprüften sie Werte auf den Bildschirmen ihrer Tablettlaptops.

    Kopfschüttelnd durchquerte John schnellen Schrittes den Gang, lehnte sich in die offene Tür und richtete den Blick auf die Schar Wissenschaftler, die sich in dem engen, spiegelgesäumten Raum tummelten und sich gegenseitig auf die Füße traten. Er fragte sich ernsthaft, wie er das bis jetzt ausgehalten hatte, ohne sich selbst oder jemand anderes zu verletzen. So langsam glaubte er zu wissen, warum es nicht zu den Lieblingsaufgaben der Marines gehörte ‚Babysitter’ für die Wissenschaftler zu spielen… und warum Major Lorne heute Morgen auf einmal ‚so viel Wichtiges’ zu tun gehabt hatte.
    John zog scharf die Luft ein und fischte einen Powerriegel aus seiner Westentasche. Er hatte seit einer gefühlten Ewigkeit nichts Festes mehr zwischen seinen Beißern gehabt und wenn jetzt irgendjemand wagte, ihn während seiner mehr als verdienten Pause zu stören, konnte er nicht garantieren, dass dieser jemand glimpflich davonkam.

    Der schrille Schrei ertönte genau in dem Moment, als er die Plastikverpackung halb abgezogen hatte und der Powerriegel schon zur Hälfte in seinem Mund steckte. Lauter Tumult brach aus und die Wissenschaftler ließen von ihren Instrumenten ab und fanden sich zu einer großen Menschentraube zusammen, die sich um eine am Boden kauernde Gestalt sammelte.
    Konnte man denn hier noch nicht einmal in Ruhe etwas essen, ohne dass die Schlausten der Schlausten etwas anstellten? Seufzend packte John den Powerriegel wieder ein, richtete sich auf und trat in Autoritätshaltung an die Gruppe heran. Sich einen Weg durch diese Dichte zu bahnen, erwies sich schwerer als angenommen.
    „Treten Sie aus dem Weg, bitte!“, befahl John, ohne wirklich Anklang zu finden. Ein kleiner rundlicher Wissenschaftler aus Deutschland drängelte sich vor ihn und trat ihm auf die Füße, als er versuchte über die Schultern seiner Kollegen hinweg etwas zu sehen.

    Mit allergrößter Mühe schaffte es John sich durch die Menge zu quetschen und in das Innere des Kerns vorzustoßen. Eine der spanischen Wissenschaftlerin, Dr. Carla Solis, kauerte auf dem Boden und starrte mit weiten Augen auf die ihr gegenüberliegende Spiegelwand, wisperte ununterbrochen und mit weinerlicher Stimme: „Dios mío, quédate a mi lado.”
    „Was ist passiert?“, wollte John von der zierlichen Spanierin wissen, doch die beachtete ihn nicht einmal.
    „Vielleicht hat sie einen Stromschlag bekommen“, mutmaßte Rodney, der sich in diesem Moment zusammen mit Radek Zelenka zu ihnen stieß. Mit verachtender Stimme fügte er hinzu: „Wäre ja heute nicht das erste Mal.“
    „Sie sind ein richtiger Griesgram, wissen Sie das eigentlich?“ Dr. Juliet Mayfair, eine große, schlanke Brünette, kniete neben Dr. Solis und legte beruhigend einen Arm um sie. „Die arme Frau hat einen Schock, sehen Sie das denn nicht, Sie Genie?“
    John ging nun ebenfalls neben der Wissenschaftlerin auf die Knie. „Dr. Solis?“ Keine Reaktion. „Carla, können Sie mich hören?“
    „Dios mío, quédate a mi lado”, murmelte sie leise vor sich hin. Ihr Atmen war immer noch beschleunigt, als sie ihre tiefbraunen Augen von dem Spiegel löste und den Soldaten ansah. „Da…“ Sie deutete mit zitterndem Finger auf den Spiegel. „Da… war etwas.“ Die Blicke aller Anwesenden richteten sich auf den Wandspiegel.
    „Was war da?“, hakte John nach. „Was haben Sie gesehen?“
    „I…ich weiß es nicht genau“, antwortete Dr. Solis stotternd. „E…es sah aus wie ein… Schatten. Erst war da nichts, dann war der Schatten auf einmal da. E…es war… furchterregend. Eine furchtbare Fratze, die mich direkt angesehen hat. Espíritu”, flüsterte sie. „Wie ein… Geist. Plötzlich war es da, dann war es wieder weg. Ich hatte Angst. So etwas habe ich noch nie gesehen.“

    Es wurde ruhig, sodass jeder mitbekam, dass jemand in den Raum gestürzt kam. Als John aufblickte, sah er, wie sich Ronon und Teyla durch die Masse drängten.
    „Was ist passiert? Wir haben einen Schrei gehört“, sagte Ronon und Teyla kniete besorgt neben Dr. Solis nieder, die noch immer am ganzen Leib zitterte und ihren Blick wieder auf den Spiegel gerichtet hatte.
    „Wir sollten sie auf die Krankenstation bringen“, meinte Dr. Mayfair. „Sie scheint einen gewaltigen Schock erlitten zu haben.“
    „Ja, gut.“ John richtete sich auf, wandte sich an Teyla. „Können Sie Dr. Mayfair und Dr. Solis begleiten?“
    Die Athosianerin nickte. „Selbstverständlich, Colonel.“ Vorsichtig schlang sie ihre Arme um Dr. Solis’ Taille und half der Physikerin aufzustehen. „Kommen Sie, Carla, Dr. Mayfair bringen Sie hier weg. Sie müssen nicht länger hierbleiben.“

    John wartete, bis die drei Frauen den Raum verlassen hatten, ehe er sich wieder den anderen, noch ziemlich ungläubig dreinblickenden Wissenschaftlern zuwandte. „Was stehen Sie hier so rum? Ich will wissen, was Dr. Solis gesehen hat! Na los, an die Arbeit!“
    Die Gruppe stob auseinander und die restlichen Wissenschaftler machten sich zurück an ihre Arbeit; nur Rodney blieb zurück.
    „Haben Sie mich nicht verstanden?“, sprach John ihn an.
    „Doch, doch, es ist nur…“ Rodney sah sich um und meinte dann kleinlaut: „Ich wüsste vielleicht, woran es gelegen hat.“
    John kniff die Lippen aufeinander. „Was habe ich Ihnen gesagt? Sie sollten vorsichtig sein“, schimpfte er leise. „Wir sind hier, um zu erforschen und zu erkunden, und nicht um Leute zu Tode zu erschrecken! Was haben Sie gemacht?“
    „Kein Grund gleich so laut zu werden“, war das Erste, was Rodney rausbrachte. Er verschränkte die Arme vor der Brust. „Um eins mal klarzustellen: Ich habe überhaupt nichts gemacht. Wenn schon, dann war das unser tschechischer Wandkonsolenpfutzi dahinten.“
    „Der Wandkonsolenpfutzi kann Sie hören, McKay“, rief Zelenka über seine Schulter und warf seinem Kollegen einen bitterbösen Blick zu. „Und auch wenn Sie es mir anhängen wollen: Ich wars nicht.“
    „Wovon reden Sie beide eigentlich?“, mischte sich Ronon in das Gespräch ein.
    „Zur Hölle, Rodney, drücken Sie sich gefälligst deutlich aus“, befahl John streng. „Was meinen Sie mit ‚ Ich weiß, woran es gelegen hat’? Spucken Sie’s schon aus oder muss ich Ihnen die Antwort aus der Nase ziehen?“
    „Nun ja…“
    „Rodney!“ John’s Tonlage hob sich und seine Augenbrauen näherten sich gefährlich seinem Haaransatz.
    „Also, ein paar Sekunden bevor das mit Dr. Solis passiert ist“, begann der Kanadier, „hat es eine Spannungsspitze gegeben, und nein, ich war es nicht und ich weiß auch nicht, warum der Energiewert so plötzlich angestiegen ist.“
    „Von was für einer Sorte Energieanstieg reden wir hier?“, wollte John wissen.
    „Von einer ziemlich hohen“, antwortete Rodney. „Ich meine, verdammt hoch. So richtig hoch. Verstehen Sie? Nein?“ Er seufzte und fuhr leiser fort: „Es war ungefähr die gleiche Menge Energie, die bei einer Explosion einer Bombe freigesetzt wird.“
    „Bombe?“, kam es gleichzeitig aus John’s und Ronons Mund.
    „Atombombe, um genau zu sein“, verbesserte Rodney die beiden. „Ich sagte ja, dass es ziemlich viel Energie war.“
    John lachte auf. „Ziemlich viel Energie, hhm?“ Er packte den Wissenschaftler am Kragen und zog ihn zu sich. „Herrgott, Rodney, finden Sie gefälligst raus, was das war. Ich habe keine Lust auf eine Wiederholung oder dass uns die Stadt um die Ohren fliegt.“
    „Jaja, ist ja schon gut.“ Rodney hob beschwichtigend die Hände und schlenderte zurück zum Steuerpult. „Kein Grund…“
    „Arbeiten Sie!“, fiel John ihm zischend ins Wort.

    Stöhnend drehte sich der Soldat zu seinem Teammitglied um; Ronon hatte die Arme vor dem Brustkorb verschränkt und sah sich ernst um. „Mir gefällt’s hier nicht“, brummte er. „Irgendetwas stimmt hier ganz und gar nicht.“
    John hob träge die Brauen. „Ach, nein, sagen Sie mir, wie kommen Sie bloß darauf?“ Er lächelte sarkastisch, rieb sich mit den Händen übers Gesicht. „Wissen Sie, was mein Vater immer zu mir gesagt hat? Ein Tag, der scheiße beginnt, kann nur scheiße enden. Heute ist ein verdammter Scheißtag, Kumpel. Darauf können Sie einen lassen.“ Sich wieder in dem Spiegelraum umsehend, ergänzte er mürrisch: „Oh, ja, ich sag’s Ihnen, irgendwas kommt noch. Da bin ich mir sicher.“

    TBC

  8. #6
    zigtausend Jahre alt ... ;-) Avatar von John's Chaya
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    Ich habe jetzt alle Kapitel auf einmal gelesen und muss sagen, sehr spannend.
    Oh man, das ist ja mal wieder typisch Rodney, der hat aber auch ein Ego....
    Huh.... diese Spiegel sind doch echt unheimlich, bin doch mal sehr gespannt was dahinter steckt.
    Oh Gott, die Kraft einer Atombombe....
    So, das habe ich jetzt davon, bin mal wieder so was von neugierig wie es weitergeht!!!

    Ich bin zu alt, um nur zu spielen, zu jung, um ohne Wunsch zu sein.

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