So, mein neustes Kapitel spielt noch nicht in Atlantis. Hat aber wie das Vorherige, großen Einfluss auf das Ende der Geschichte.
Doch keine Sorge, ich hab noch einige Kapitel auf Lager, bevor die Story endet.
An dieser Stelle wünsch ich noch schnell, viel Spaß beim Lesen und würd mich über eure Meinung wieder mal sehr freun.
„Ratsherr Kemal, darf ich stören?“
Der junge Volksdiener Kilov stecke seinen Lockenkopf zur Tür herein.
Kilov hatte den undankbaren Ruf, stets der Überbringer schlechter Nachrichten zu sein.
Die anderen Ratsmitglieder warfen ihn deshalb meist, höflich aber bestimmt wieder aus ihren Gemächern.
Da Kemal den Ratsvorsitz, ihrer vom Volk gewählten Regierung darstellte, war er nun mal für die schlechten Nachrichten die letzte Instanz.
So wank er den jungen Mann, mit einem aufgesetzten Lächeln zu sich.
Kilov schlich wie ein geprügeltes Tier, über die handgefertigten Seidenteppiche, welche in Kemals Quartieren auf den Boden lagen. Prunkvolle Wandteppiche und endlose Portraits der ehemaligen Ratsherren, verliehen dem Raum etwas Erhabenes und Uraltes.
Kemal ruhte zu dieser Tageszeit noch mit der morgendlichen Zeitung beschäftigt, in einem schweren, alten Lehnsessel. Zigarrenrauch zog sich, wie dickflüssige Spinnweben, durch die Luft und ließen Kilov einmal kurz husten.
Unruhig wippte der junge Mann, auf seinen Zehenspitzen.
Da er seinen Bericht, nicht von selbst begann, forderte ihn Kemal nach einer kurzen Musterung dazu auf. „Was hast du zu berichten Kilov?“
Der Angesprochene erschrak förmlich und Kemal musste ungewollt über diese Naivität lachen.
„Besucher vom Planeten Ranagarr sind eingetroffen, um zu Handeln.“
Als Kilov diesem Satz nichts mehr hinzufügte, hob der Ratsherr irritiert die Augenbrauen. Anscheinend war der Lockenkopf Kilov, allein wegen seines schlechten Rufes, ohne Meldung zu erstatten, von den anderen Ratsmitgliedern vertrieben worden, denn sonst würde er mit diesem Anliegen nicht Kemal selbst belästigen. Denn er war nicht für die Handelsgespräche, mit den Vertretern anderer Planeten, verantwortlich.
Nicht das diese Aufgabe von zu geringer Bedeutung wäre, als dass sie das Ratsoberhaupt hätte führen können. Es gab jedoch einen gewählten Volksvertreter, dem die Aufgabe zuteil wurde, Atagra bei diesen Gesprächen zu repräsentieren.
Und diese Gespräche waren für Atagra lebensnotwendig. Denn der Planet war, was die Vegetation betraf, sehr unwirtlich und bot kaum die Grundlagen, für das menschliche Leben.
Jedoch besaß der Planet andere Vorteile.
Die dichte Atmosphäre, mit ihren vielerlei Giften, welche für das wenige grün auf Atagra verantwortlich war, machte seinen Bewohnen das Verstecken im Untergrund leicht.
Auf Dauer würde der menschliche Organismus, ein Leben an der Oberfläche auch nicht verkraften.
Die Wraith waren oft in den Orbit um Atagra eingetreten. Ihre Sensoren schafften es gerade durch die Atmosphäre, aber nicht, bis in den Untergrund und fanden daher nie, auch nur eine Spur von Leben.
So hatten die Atagra es geschafft, sich völlig Autark zu entwickeln und ihre Technologie hätte es mit der, der Wraith durchaus aufnehmen können. Jedoch nicht mit deren Anzahl.
Dennoch war Atagra ein sicherer Ort, um Kinder großzuziehen und in dieser grausamen Galaxie eine art Paradies.
„Warum berichtest du mir diese Neuigkeit? Fures ist doch für die Handelsgespräche verantwortlich.“
Kilov wippte einmal mehr, auf seinen Zehenspitzen. Es schien Kemal, als suche er junge nach den richtigen Worten.
Atagra war stets sehr vorsichtig, was Besucher von anderen Welten betraf. Denn würde einer dieser Handelspartner sie, wenn auch unabsichtlich, an die Wraith verraten, wäre dies das Ende einer weiteren Zivilisation. Daher war die Wahrung dieses Geheimnisses, stets die oberste Priorität, des für den Handel gewählten Volksvertreter. In diesem falle, Fures Interesse.
So fanden die Handelsgespräche seit Generationen auf der Oberfläche, in einem weitläufigen Höhlensystem statt und nie hatte einer der Bauern Zweifel daran gehegt, dass die Atagra nicht mit ihrer ganzen Zivilisation in den Höhlen lebten.
„Die Sache ist die, Rastherr“, begann Kilov schüchtern.
„Einer der Bauern zeigt Symptome, einer starken Verhaltensstörung. Er wurde aggressiv und verletzte unseren Mittelsmann, den Volksvertreter Fures.“
Kemals Stirn legte sich in Falten und er lies zur Gänze, von der Morgenzeitung ab.
„Wie schlimm sind Fures Verletzungen?“
Kilov druckste ein wenig um die Antwort herum.
„Die Ärzte behandeln ihn.“
Der Ratsherr schüttelte irritiert den Kopf.
„Warum um alles in der Welt, stört man mich dann zu so früher Stunde und auch noch mit solch Belanglosigkeiten?
Die Bauern der anderen Welten sind primitive und sie leiden unter den ständigen Angriffen der Wraith. Da ist es verständlich, dass ihr Verhalten gestört ist!
Wenn Fures nicht ernsthaft verletzt und bereits in Behandlung ist, dann ist der Fall für mich erledigt.“
Mit einer unmissverständlichen Handbewegung deutete Kemal, dem Volksdiener zu verschwinden. Dieser Verneigte sich leicht und schlich zum Ausgang.
Doch noch bevor Kilov die Quartiere des Ratsherrn verlassen konnte, stürmte ein Ratsmitglied, ohne anzuklopfen und mit sorgenvollem Gesicht, zur Tür herein.
Kilov, der nicht im Weg sein wollte, schlich schnellstmöglich durch die Tür auf den Gang.
„Ich verbitte mir dieses ungebührende Verhalten!“ donnerte Kemal los.
„Bitte verzeiht, aber diese Angelegenheit duldet keine Sekunde Aufschub.“ Damit rechte ihm der untersetzte, grauhaarige Mann einige Unterlagen.
Kemal nahm, erneut Stirnrunzeln, die ihm gereichten Unterlagen an und überflog den medizinischen Bericht.
Viele schwer verständliche Fachbegriffe reiten sich an 3-D Darstellungen und bunten Kalkulationsschemen.
Fragend blickte Kemal den ihm gegenüberstehenden an.
„Was sagt mir dieser Bericht?“
Die Miene des Angesprochenen blieb steinhart, als er antwortete. „Volksvertreter Fures wurde von einem Gesandten des Planeten Ranagarr, mit einer Art Virus infiziert. Unsere Mediziner untersuchen den Vorfall noch, aber seit dem Ausbruch bei Fures, hat dieser bereits 9 weitere Menschen infiziert. Die Krankheit breitet sich rasendschnell unter dem Krankenhauspersonal aus. Wir haben das besagte Gebäude unter Quarantäne stellen lassen. Leider ist mindestens ein infizierter Arzt, kurz nach dem Ausbruch mit einem Krankenwagen, zu einer Unfallstelle gefahren. Wir verfolgen ihn jedoch bereits.“
Nie hätte Kemal geglaubt, dass etwas so kleines wie ein Virus, sein ganzes Volk in derartige Gefahr bringen könnte.
Die letzte Meldung, welche er erhalten hatte, sprach von 63 bekannt gewordenen Fällen der Infektion. Bisher konnten die Ärzte noch nichts dagegen tun. Die Quarantänemaßnahmen hatten kläglich versagt und die Bevölkerung wurde über alle öffentlichen Medien gebeten, ihre Häuser nicht zu verlassen.
Eine dringende Ratsversammlung war einberufen worden und seit etwa 30 Minuten stritten die 12 hochrangigsten Ratsmitglieder über die weiteren Vorgehensweisen.
„Wir sollten die Garde bewaffnen und Sie an jeder Straßenecke postieren. Mit den Infizierten werden wie fertig!“
„Soll unsere Garde etwa auf Frauen und Kinder schießen? Möglicherweise finden die Ärzte noch eine Lösung!“
„Doch bis diese Lösung gefunden ist, infizieren sich ständig neue Leute, mit dieser Seuche!“
„Ich finde auch, wir sollten mit Gewalt vorgehen, um die noch gesunde Bevölkerung zu beschützen!“
„Die Infizierten stellen nur einen kleinen Teil der Bevölkerung da und wir sollten dafür sorgen, dass es so bleibt!“
„Meine Herren, glauben Sie wirklich, dass das Volk, welches diesen Rat gewählt hat es duldet, wenn man ihre Familienmitglieder auf offener Straße tötet?“
“Ob infiziert oder nicht, der Einsatz der Garde würde auf größten Widerstand in der Bevölkerung stoßen!“
„Die Quarantäne hat bereits versagt, wenn wir die Garde jetzt nicht einsetzten, bleibt niemand zum Demonstrieren übrig!“
„Und wenn die Mediziner doch ein Heilmittel finden? Wie rechtfertigen wir dann das Töten unserer Bürger?“
„Wir hatten zu diesem Zeitpunkt keine andere Wahl, die Menschen werden das verstehen.“
„Sicher? Wenn man ihre Frau erschießt, anstatt abzuwarten, bis es Heilung gibt, würden Sie das verstehen?
„Bitte, bitte, meine werten Herren“, unterbrach Kemal die Meinungsverschiedenheiten.
„Wie erwartet, sind wir nicht einer Meinung.“
Kemal schritt durch den Ratssaal. Der Marmorsaal, mit seiner schweren, dunklen Holzeinrichtung, wirkte heute noch kälter auf ihm, als es sonst der Fall war.
„Ich schlage vor, wir schicken die Garde aus, um alle Nichtinfizierten Personen, an Bord der Hashepsto in Sicherheit zu bringen.“
Ein murmelndes Raunen ging durch den Raum, bis Kemal erneut seine Stimme erhob.
„Die Hashepsto ist der sicherste Ort in ganz Atagra und wir geben den Ärzten somit genügend Zeit, ein Heilmittel für diese Krankheit zu entwickeln.“
„Rasherr Kemal!“ ein Unteroffizier der Garde salutierte vor dem Ratsvorsitz. Kemal nickte ihm zu und erwartete dessen Bericht.
„303 Zivilisten befinden sich an Bord. Unter ihnen auch Wissenschaftler, Techniker und Politiker. Somit sind 130 Personen vermisst, von denen wir, nach den letzten Meldungen, 90 als infiziert bestimmen konnten.“
Kemal nickte und der Offizier verschwand, nach einem erneuten Salut, von der Brücke.
Auf Atagra herrschte strenge Geburtenkontrolle.
Sie konnten ihre unterindische Heimat, nicht nach belieben vergrößern. Die Energie, welche für die momentane Stadtgröße gebraucht wurden, war noch akzeptabel.
Nicht nur, dass ein Weiterwachsen der Stadt Energiemengen verschlungen hätte, die sie nicht im Stande waren, zu decken, nein, es hätte auch das Risiko enorm erhöht, durch die gestiegenen Energieemissionen vom Orbit aus, mit Sensoren erfasst zu werden.
Ein Losverfahren entschied, ob eine Familie Kinder bekommen durfte oder nicht.
Rechnete man die Ärzte und Schwestern noch dazu, welche in Krankenhäuern, verteilt in der Stadt arbeiteten, zählte die Einwohnerzahle nie mehr als 500 Personen.
Mit 130 Opfern konnten sie leben. Viel weniger, als befürchtet, aber doch zu viele, um Kemal eine weitere Amtsperiode zu bescheren.
„Lassen Sie mich durch!“
Kemal konnte auf den Gängen vor der Kommandobrücke, reges Stimmengewirr hören.
Die Garde eskortierte gerade einen ihrer hochrangigsten Ärzte auf die Brücke der Hashepsto.
Kemal hoffte inständig, man möge ihm gute Nachrichten verkünden. Doch der Blick des Arztes, belehrte ihm besseres.
„Rastherr, ich überbringe schlechte Nachrichten“.
Dr. Mulat reichte ein Klemmbrett weiter, auf dem ein mehrseitiger Bericht befestigt war.
Wieder zierten Bunte Diagramme die medizinischen Fachbegriffe.
Kemal hatte sich nie sonderlich, für Medizin interessiert. Ihm hatte man die Feinheiten der Politik, bereits in die Wiege gelegt und er rühmte sich, als stolzer Führer einer ganzen Nation.
Somit gab er Kopfschüttelnd die Unterlagen an Dr. Mulat zurück.
„Medizinen war nie mein Spezialgebiet“, kommentierte er Entschuldigend.
Der Arzt nickte und blätterte auf die letzte Seite des Berichts.
„Sehen Sie“, bat er dem Ratsherrn an.
Dieser studierte die wenigen Sätze, die das Ergebnis, der medizinischen Analyse darstellten.
„Die Vorfahren stehen uns bei!“ flüsterte Kemal entsetzt.
„Gibt es keine Chance, dass Sie sich irren?“ fragte er vorsichtig an.
Dr. Mulat schüttelte traurig seinen Kopf. Ihm schien dies alles noch viel näher zu gehen, als dem Politiker.
Wenn man jetzt Planetar alle Zusammenhänge betrachtet, so stockte auch Kemal das Blut in den Adern.
Vie viele Planeten wohl betroffen waren? Wie viele hunderte oder gar tausende von Menschen waren infiziert?
Eine Katastrophe, die sich über das gesamte All ausweiten könnte!
Und wenn erst einmal kein Menschen mehr übrig waren, würden die Wraith jagt auf die letzte Nichtinfizierten Nahrungsqualle machen. Wie die Hashepsto!
Kemal konnte dies nicht zulassen.
„Steuermann!“ schrie er!
„Berechnen Sie einen Kurs nach Ranagarr!“
Dann wandte er sich an den Befehlshaber der Garde, sowie an Dr. Mulat.
„Bringen Sie umgehend alle Ärzte und Schwestern sicher auf die Hashepsto. Wie werden die Ausbreitung der Seuche über die Planeten dieser Galaxie stoppen und wenn wir dafür jeden Infizierten einzeln töten müssen!“