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Thema: [SGA] Rückkehr nach Athos Creek (AU) [NC-17]

  1. #21
    Die nach den Sternen greift Avatar von Ailya
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    Juhu, es geht weiter! *freu* Ich war schon ganz ungeduldig.

    Das neue Kapitel war wie immer klasse, aber irgendwie scheint mir die Situation jetzt noch verzwickter als vorher zu sein. John und Teyla sind beide aber ja auch so was von stur! Ich glaube zwar immer noch an ein Happy End für die beiden, aber ich sehe es gerade in weite, weite Ferne rücken. Die beiden kommen einfach nicht auf einen gemeinsamen Nenner. *seufz*

    Ich finde aber, sie sollten sich zusammenreißen, zumindest ihrem Sohn zuliebe. Ich denke, dass Torren sich freuen wird, John endlich kennenzulernen, und dass Teylas Bedenken völlig unbegründet sein werden. Hoffentlich dauert es nicht mehr allzu lange, bis Vater und Sohn sich sehen dürfen.

    Klar ist weiterhin, dass John noch immer viel für Teyla empfindet... und wenn ich das kleine Lächeln am Ende richtig gedeutet habe, ist auch Teyla nicht ganz frei von Gefühlen für ihn. Ich hoffe, dass die beiden bald merken, wie viel sie einander bedeuten.

    Die Flashbacks haben mir auch gut gefallen und ganz besonders die Freundschaft von Teyla und Vala. Schön dass Teyla jemanden hatte, der ihr beigestanden hat. Es war bestimmt nicht leicht für sie.

    „Willkommen auf der Welt, mein Engel“, säuselte sie, woraufhin die empörten Schreie des Babys leiser wurden und es seinen Kopf in die Richtung drehte, aus der ihre Stimme kam. Langsam öffnete ihr Sohn seine Augen, die noch dunkel waren, aber später einmal- und da war Teyla sich sicher- dieselbe Farbe wie die Augen seines Vaters haben würden. Traurig streichelte sie über das dunkle, flaumige Haar des Babys.

    „Ich wünschte, er wäre hier“, flüsterte sie, mehr zu sich selbst, aber Vala, die noch immer hinter ihr saß und sie stützte, hatte sie trotzdem gehört.

    „Wo auch immer er ist, er wird an Dich denken“, sagte sie zuversichtlich und küsste Teyla auf den Haaransatz. „Er wäre bestimmt unendlich stolz auf euch zwei.“
    Ich glaube auch, dass John stolz gewesen wäre. Die ganze Szene war schön und traurig zugleich und toll beschrieben. Ich habe richtig mit Teyla mitgelitten. *seufz*

    Irgendwie bin ich ja froh, dass dieses Kapitel keinen offensichtlichen Cliffhanger hatte, aber ich bin trotzdem gespannt, wie es weitergeht. So wie ich dich kenne, hast du bestimmt noch einiges für John und Teyla in petto.

    Vielen Dank fürs Lesen lassen
    Deine Ally

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  3. #22
    Chief Master Sergeant Avatar von Jolinar
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    Ailya hat das geschrieben, was mir beim Lesen auch durch den Kopf gegangen ist.

    Anstatt dass die beiden sich mal hinsetzen und jeder seine Geschichte und Beweggründe erzählt, wird abgeblockt und die ganzen Mißverständnisse bleiben in der Luft hängen.

    Wobei sich John ja nicht nur mit Teyla auseinander setzten muß, er hat ja noch seinen Bruder und die Tusse an der Backe, die sicherlich auch eine Erklärung haben wollen (je nachdem, wie die Geschichte weitergeht ).

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  5. #23
    Major Avatar von claudi70
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    Wieder ein tolles Kapitel ein schönes Ostergeschenk.

    Warum müssen Teyla und John so stur sein? Können die zwei kein vernünftiges Gespräch führen? Wenn sie sich doch nur die Zeit nehmen würden einander zu zu hören, es könnten sicher viele Ungereimtheiten aufgelöst werden, aber nein...Teyla schickt John weg...

    Wenigstens darf John seinen Sohn Kennenlernen darauf freue ich mich auch schon. Bin gespannt, wie Torren reagieren wird und wer weis, vielleicht kommt es dann ja doch noch zu einem klärendem Gespräch zwischen Teyla und John, ich gebe die Hoffnung noch nicht auf.

    Ich freue mich auf das nächste Kapitel :9

    Lg claudi

  6. Danke sagten:


  7. #24
    Mama, im Dienste Ihrer Majestäten Avatar von Nyada
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    Hallo, ihr Lieben,

    vielen, vielen lieben Dank noch einmal für eure Kommentare zu dem neuen Kapitel von "Rückkehr nach Athos Creek". Leider wird es vorerst auch das letzte Kapitel sein.

    Aufgrund einer familiären Angelegenheit wird es mir bis auf Weiteres nicht möglich sein, diese Geschichte (und natürlich auch meine anderen WiP-Arbeiten) fortsetzen. Es tut mir wirklich in der Seele weh, euch, meine lieben Leser, jetzt so in der Luft hängen zu lassen, aber es geht leider nicht anders.

    Wie lange diese Schreibpause andauern wird, kann ich euch leider auch nicht genau sagen- im besten Fall nur ein paar Wochen, im schlechtesten Fall einige Monate.

    Ich werde weiterhin online sein, wenn es die Zeit zulässt, aber nicht mehr so aktiv sein wie im Moment.

    Ich habe eine befreundete Autorin kontaktiert, die mit mir vor einen paar Jahren einen Literaturkurs besucht hat und ebenfalls ein großer Stargate Atlantis-Fan ist, und es könnte sein, dass sie irgendwann meine Ideen zu einem neue Kapitel zusammenfasst- aber sicher ist das leider auch nicht.

    Ich hoffe, ihr habt Verständnis für meine Situation, und ich würde mich freuen, nach meiner Schreibpause diese Geschichte mit euch zusammen zu Ende zu bringen.

    Ganz liebe und ganz viele Grüße,
    eure Moni

  8. #25
    zigtausend Jahre alt ... ;-) Avatar von John's Chaya
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    Ich hoffe, deine familiäre Angelegenheit wendet sich ganz schnell zum Guten! *dich lieb drück*
    Natürlich habe ich Verständnis für deine Situation. Das RL geht immer vor.

    Nun zu deinem vorerst letzten Kapitel:

    Ich freue mich, dass Teyla zugegeben hat, dass John der Vater ist und ihm auch erlaubt hat, Torren John zu treffen. Obwohl das 'John', hat sie ihm ja noch verschwiegen. Er wird sich bestimmt sehr darüber freuen.
    Auch wenn Teyla sich noch ordentlich sträubt, sie sollte ihm verzeihen. Aber John konnte ja nichts dafür, er wusste ja nicht, dass Teyla ein Kind von ihm bekam. Aber natürlich hätte er sich trotzdem mal zwischendurch melden können.
    Sie werden bestimmt bald eine glückliche Familie werden und Torren wird bestimmt noch Geschwister bekommen.


    Dankeschön für dieses schöne Kapitel.

    Ich bin zu alt, um nur zu spielen, zu jung, um ohne Wunsch zu sein.

  9. Danke sagten:


  10. #26
    Chief Master Sergeant Avatar von Jolinar
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    Ich schließe mich John's Chaya an und hoffe, dass bei dir bald alles wieder gut ist. Vielen Dank, daß du uns Bescheid sagst, aber mache dir um uns keine Sorgen. Wir werden geduldig warten und auf eine Fortsetzung in der Zukunft hoffen.
    Das Privatleben geht aber immer vor!

  11. Danke sagten:


  12. #27
    Mama, im Dienste Ihrer Majestäten Avatar von Nyada
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    Standard Kapitel Fünf

    A/N: Ich habe am Wochenende etwas Zeit gefunden, um mich an den PC zu setzen und an dieser Geschichte weiterzuarbeiten. Ja, man kann durchaus von zwei sehr produktiven Tagen sprechen, und ich hoffe, dass euch das Ergebnis meiner Arbeit gefällt.

    Ich wünsche euch ganz viel Spaß beim Lesen und freue mich zu hören, wie euch das neue Kapitel gefallen hat.

    Liebe Grüße
    eure Moni


    ---------



    Kapitel Fünf




    Zu behaupten, dass sein Bruder aufgebracht war, als John am späten Nachmittag nach Pegasus‘ Hill zurückkehrte, wäre eine Untertreibung gewesen; nein, David schäumte vor Wut und sprang wie von der Tarantel gestochen aus seinem Sessel, als John die Bibliothek betrat.

    „Wo zum Teufel bist Du gewesen?“, fuhr er ihn erzürnt an und vergaß im Eifer des Gefechts seine guten Manieren und die beiden Frauen, die ihm Gesellschaft leisteten. Mrs. O’Neill legte ihr Buch beiseite und faltete die Hände im Schoß, während Mara sich, als sie John erblickte, erleichtert an die Brust fasste.

    „Du liebe Güte, John!“, rief sie aus und erhob sich. „Da bist Du ja!“ Schnellen Schrittes eilte sie zu ihm, ihr schönes, junges Gesicht vor Sorge um ihn schrecklich verzerrt. „Wo hast Du denn nur gesteckt?“, verlangte sie zu wissen. „Ich habe mir große Sorgen um Dich gemacht, als David mir sagte, dass Du verschwunden seist“, erklärte sie aufgebracht, strich über seinen Arm und fasste ihn sanft an der Schulter.

    John rang sich ein halbherziges Lächeln für sie ab und tätschelte ihren Handrücken.

    „Es ist alles in Ordnung, meine Liebe“, erwiderte er. „Es bestand zu keiner Zeit Anlass zur Sorge. Es hat sich nur herausgestellt, dass ich noch etwas Wichtiges in der Stadt zu erledigen hatte.“

    Mara runzelte die Stirn, schien seine Version der Geschichte jedoch nicht in Frage zu stellen. Nicht zum ersten Mal dankte John Gott im Stillen für die doch offensichtliche Naivität seiner jungen Begleitung. Freundlich lächelnd wandte er sich an die Gattin ihres Gastgebers.

    „Mrs. O’Neill, würde es Ihnen wohl etwas ausmachen, meinen Bruder und mich kurz allein zu lassen?“

    Sein Gegenüber nickte und erhob sich.

    „Wie Sie wünschen, Mr. Sheppard“, entgegnete sie höflich. „Meine verehrte Miss Glendenning, ich wäre zutiefst erfreut, wenn Sie mir im Teesalon Gesellschaft leisten würden“, meinte sie an Mara gewandt, woraufhin diese die Lippen aufeinanderpresste.

    „Gewiss doch“, sagte sie schließlich und schickte sich zum Gehen an, auch wenn sie nach außen hin keinen Hehl daraus machte, dass sie viel lieber geblieben wäre.

    „Die Damen…“ John deutete den beiden Frauen gegenüber eine leichte Verbeugung an und wartete ab, bis sie das Zimmer verlassen hatten. Erst, als sich die Tür hinter ihnen schloss, atmete er tief durch, ehe er ohne weitere Umschweife zu dem kleinen Barwagen hinüber ging, auf dem Gläser und mehrere Flaschen standen. Er schenkte sich ein Glas von Jack O’Neills gutem schottischem Whiskey ein, ging zum Fenster, zog den Vorhang zurück und tat, als würde er hinausschauen.
    Mit zitternder Hand führte er das Glas an seine Lippen und trank einen Schluck. Der Alkohol brannte ihm in der Kehle, tat aber gut, weshalb er einen weiteren Schluck nahm. Er behielt die Flüssigkeit einen Augenblick lang auf der Zunge, schob sie in seiner trockenen Flüssigkeit von rechts nach links. Dann erst schluckte er, und eine wohltuende Wärme breitete sich in seinem Innersten aus. Für gewöhnlich pflegte er seine Probleme nicht mit dem Genuss von Alkohol zu lösen, aber im Augenblick hatte er das Gefühl, etwas Starkes zu brauchen, um nicht völlig den Verstand zu verlieren. Es fiel ihm schwer, sich vor seinem Bruder zusammenzureißen. Die Gedanken überschlugen sich in seinem Kopf, und er verspürte das dringende Verlangen, seinen ganzen Frust einfach laut in die Welt hinauszuschreien. Eben dies nicht zu tun, kostete ihn seine ganze Kraft und er fühlte sich erschöpft und ausgebrannt, war müde und abgespannt. Sein Kopf schmerzte fürchterlich, als hämmerte jemand von innen gegen seine Schädeldecke, und es fiel ihm schwer, auch nur einen klaren Gedanken zu fassen.

    Seufzend leerte er den Kristallschwenker und schloss die Augen. Für einen Moment herrschte geradezu himmlische Stille, dann, jedoch, setzte sich David in Bewegung. John hörte die schweren Schritte seines Bruders hinter sich. Als er sich zweifelsfrei sicher war, dass sie auf ihn zukamen, holte er tief Luft, klammerte sich an das Glas in seiner Hand und wappnete sich für das Donnerwetter, welches nun jeden Augenblick über ihn hereinbrechen würde. Seine Schultern spannten sich an, als er spürte, wie David sich zu ihm stellte, und in Gedanken begann er die Sekunden herunterzuzählen, bis es aus ihm herausbrechen würde.

    Doch David verharrte in Schweigen. Nur ein schweres Seufzen entkam seinen Lippen. Verwundert öffnete John seine Augen einen Spalt weit und schielte zu seinem Bruder hinüber.

    „Ich hoffe, Dir ist bewusst, in was für eine Bredouille Du mich gebracht hast“, sagte David und verschränkte die Arme vor der Brust. „Mich einfach so mit Mr. O’Neill allein zu lassen…“ Er brach den Satz ab und stieß ein abfälliges Schnauben aus. „Du hast mich enttäuscht, John. Ich hatte etwas mehr Anstand von Dir erwartet.“

    John schwieg, denn er wusste, dass jedes weitere Wort eines zu viel gewesen wäre. Dessen ungeachtet hatte sein Bruder Recht. Sein Verhalten war nicht angebracht gewesen.

    „Was hast Du Dir nur dabei gedacht?“, verlangte David zu wissen, und aus seiner ernsten Stimme klang eine tiefe Enttäuschung, die John einen Stich ins Herz versetzte. Er seufzte innerlich auf und verkrampfte seine Hand fester um das Glas. Nur zu gern hätte er seinem Bruder die ganze Wahrheit gesagt, aber das vermochte er jetzt noch nicht zu tun, denn schließlich musste er sich erst einmal selbst über einiges im Klaren werden. Erst wenn dies geschehen war, würde er sich überlegen können, was er David und irgendwann auch seinen Eltern sagen würde. Es schien unumgänglich, dass sie Wahrheit erfuhren; er würde ihnen nicht ewig verheimlichen können, was damals passiert war, doch noch war die Zeit der großen Offenbarung nicht gekommen. Im Moment gab es Wichtigeres für ihn zu tun, und seine oberste Priorität galt von nun an Teyla und seinem Sohn.

    Auf einmal musste John unwillkürlich lächeln, und sein Herz flatterte aufgeregt in seiner Brust. Sein Sohn. Er hatte tatsächlich einen Sohn und das obwohl er sich nie hatte vorstellen können, Vater zu sein. Er wusste nicht im Geringsten, was es bedeutete, Vater zu sein, denn sein eigener war nicht gerade ein Musterbeispiel gewesen. Aus Angst, so zu werden wie sein Vater, hatte er sich gegen eine eigene Familie entschieden, weshalb es für ihn ein ziemlicher Schock war, zu erfahren, dass er, ohne es zu wissen, Vater eines inzwischen fast siebenjährigen Sohnes war.
    Nicht ein einziges Mal war es ihm in den Sinn gekommen, dass die Nacht, die er mit Teyla verbracht hatte, Folgen nach sich gezogen hatte. Er konnte sich nur ausmalen, wie es Teyla in der Zeit danach ergangen war. Es war also kein Wunder, dass sie ihn hasste. Er hatte sie allein gelassen.
    Johns Herz wurde schwer, als er an all das dachte, was ihm im Laufe der Jahre entgangen war. Er hatte nicht nur die Geburt seines ersten Kindes versäumt, er hatte auch nicht miterlebt, wie der Kleine aufwuchs, wie er sein erstes Wort sprach und seine ersten wackeligen Schritte unternahm. Er hatte all die wichtigen Meilensteine im Leben seines Sohnes verpasst und er hatte- und das war das Verwerflichste an der ganzen Geschichte- Teyla allein mit der Verantwortung gelassen, für den Jungen zu sorgen.
    Er hatte sich immer davor gefürchtet, eines Tages ein genauso schlechter Vater wie sein eigener zu werden, und eben diese Befürchtung war nun eingetroffen.

    Nicht zum ersten Mal, seit er die Taverne verlassen hatte, verspürte John den Drang, sich selbst zu ohrfeigen, und bedauerte, dass er sein Glas so zügig geleert hatte. Sehnsüchtig schielte er zum Barwagen hinüber und leckte sich über seine trockenen Lippen, als sein Bruder plötzlich laut aufseufzte und langsam den Kopf zu schütteln begann.

    „Was soll ich nur mit Dir machen, John?“, murmelte er und sah ihn an. Davids Stimme holte John zurück aus seiner Versunkenheit, und ihre Blicke trafen sich. Die sturmgrauen Augen seines Bruders strahlten Unverständnis aus, und er presste die Lippen fest aufeinander. „Irgendwie glaube ich, dass Du das alles hier nicht wirklich ernst nimmst.“

    „Ich nehme diesen Vertrag ernst, Dave“, erwiderte John, woraufhin Davids dunkle Augenbrauen sich zu einer deutlichen Irritiertheit aufbogen.

    „Tatsächlich?“, echote er. „Den Eindruck habe ich nämlich nicht.“

    John kniff die Lippen aufeinander, um nicht etwas zu sagen, was er später bereuen wurde, doch leider schien sein Bruder sein Schweigen als Bestätigung aufzufassen und gab infolgedessen einen abfälligen Laut von sich.

    „Vater vertraut Dir“, sagte er und warf John einen eindringlichen Blick von der Seite aus zu.

    „Ich weiß“, entgegnete John. „Ich werde ihn nicht enttäuschen; ich werde diesen Vertrag unter Dach und Fach bringen.“

    Sein Gegenüber zog die Augenbrauen zusammen und runzelte die Stirn. Dann seufzte er tief und ausgiebig, drehte sich um, ging zu dem kleinen Sekretär, der in einer Ecke ringsumgeben von Efeuranken stand, und nahm eine ledereingebundene Mappe aus einem Schubfach.

    „Ich habe mich während Deiner Abwesenheit etwas in die Geschäftsbücher eingelesen“, erklärte er, kam zurück und reichte John die Mappe. „Meiner Meinung nach handelt es sich hierbei um ein totgeborenes Kind, John“, tat er seine Bedenken kund. „Selbst wenn es O’Neill gelingt, mit unseren Einlagen die Produktion in den stillgelegten Minen wieder aufzunehmen, würde es Jahre, wenn nicht sogar Jahrzehnte dauern, bis es sich für uns rentiert.“

    John schluckte den Kloß in seinem Hals hinunter und blätterte in den Unterlagen. Sein Bruder hatte Recht; es sah nicht gut aus. Zwar wies O’Neills Bergbauunternehmen im Vergleich zu den letzten Jahren wieder deutlich mehr Einnahmen als Ausgaben auf, aber eine Wiederinbetriebnahme der geschlossenen Minen würde Kosten verursachen, die das Unternehmen trotz der Einlagen von außerhalb nur sehr schwer aufbringen konnte. Ja, John musste eingestehen, dass es in der Tat ein hochriskantes Unterfangen für alle Beteiligten war, aber es schien nicht ganz unmöglich zu sein. Trotz der mittelprächtigen Zahlen sah er immer noch den Hauch einer Chance, dem Unternehmen zu dem Glanz vergangener Tage zurückzuhelfen.

    „Ich werde es trotzdem versuchen“, verkündete er daher. „Es ist noch nicht alles verloren. Wenn wir die Einlagen um eintausend Dollar erhöhen, könnte es funktionieren.“

    „Und woher willst Du diese besagten eintausend Dollar nehmen, wenn ich fragen darf?“, erkundigte sich David. „Vater dürfte nicht gerade begeistert sein, wenn er davon erfährt.“

    „Aus diesem Grund werde ich auch das restliche Geld in das Unternehmen einfließen lassen“, entgegnete John, woraufhin sein Sohn ihn überrascht ansah.

    „Du bist doch von Sinnen“, rief er aus und schüttelte den Kopf. „John, das ist viel zu riskant“, warnte er. „Niemand kann sagen, ob Du dieses Geld je wieder sehen wirst!“

    John nickte. „Dessen bin ich mir bewusst, Dave. Ich werde es trotzdem tun.“

    David schüttelte weiter den Kopf.

    „Manchmal verstehe ich Dich wirklich nicht“, meinte er, hob dann aber beschwichtigend die Hände. „Aber fein, bitte. Tu, was Du für richtig hältst. Du bist erwachsen und es ist Dein Geld. Ich werde Dir nicht die Geschäfte vermiesen. Aber behaupte hinterher bloß nicht, ich hätte Dich nicht gewarnt.“

    „Keine Sorge, die Genugtuung, mich als dümmlich und leichtgläubig vor Vater bloßzustellen, werde ich Dir nicht verschaffen“, versicherte John ihm, schlug die Mappe zu und reichte sie ihm zurück.

    „Und Du bist Dir sicher?“, hakte David der Vorsicht halber noch einmal nach. „Eintausend Dollar sind eine Menge Geld. Du solltest Dir wirklich sicher sein.“

    „Das bin ich“, bestätigte John mit einem Nicken.

    „Wie Du meinst…“ David seufzte und wandte sich zum Gehen um, hielt dann aber inne und drehte sich noch einmal zu ihm um. „Weißt Du“, meinte er und runzelte nachdenklich die Stirn, „es gibt da nur eine Sache, die ich nicht verstehe.“

    „Und diese eine Sache wäre?“, fragte John.

    Warum Du das alles tust“, antwortete sein Bruder und sah ihn fragend an. „Warum, Bergbau? Warum ausgerechnet dieses Unternehmen, diese Stadt? Von hunderten Unternehmen hast Du Dir ausgerechnet dieses ausgesucht, und mich interessiert, warum Du das getan hast.“

    John zuckte mit den Achseln.

    „Warum hätte ich ein anderes auswählen sollen?“, holte er zur Gegenfrage aus, doch sein Bruder blieb hart.

    „Beantworte meine Frage, John“, verlangte er auf dieselbe unnachgiebige Art und Weise, wie sie auch ihr Vater während Verhandlungen an den Tag zu legen pflegte. Sein Blick brannte sich in seinen, und plötzlich glaubte John die Erkenntnis in Davids Augen aufflammen zu sehen. „Warum sind wir wirklich hier, John?“, drängte er weiter und kam einen Schritt auf ihn zu. „Was erhoffst Du Dir wirklich von diesem Auftrag?“

    Johns linkes Augenlid zuckte kurz, und er spürte die Schweißperlen auf seiner Stirn, obwohl es in der Bibliothek angenehm kühl war. Er öffnete den Mund, schloss ihn aber sogleich wieder, als es an der Tür klopfte. Nur einen Augenblick später betrat Mr. Teal’c den Raum und verkündete, dass Mr. und Mrs. O’Neill sich freuen würden, ihre Gäste zum Tee auf der Sonnenterrasse des Hauses begrüßen zu dürfen.

    John atmete erleichtert aus.

    „Vielen Dank, Mr. Teal’c“, sagte er und nutzte die Gelegenheit, um etwas Abstand zwischen sich und seinen Bruder zu bringen, indem er ein, zwei Schritte auf den Hausbutler der O’Neills zuging. „Bitte richten Sie den Herrschaften aus, dass wir ihrer Einladung gerne nachkommen werden“, bat er freundlich.

    „Sehr wohl, Mr. Sheppard“, entgegnete Mr. Teal’c, deutete ein respektvolles Kopfnicken in Davids Richtung an und verschwand so lautlos und schnell, wie er erschienen war.

    Auf dem Weg zur Tür stellte John sein leeres Glas auf dem Barwagen ab und zog sein Jackett zurecht, bis alles wieder an Ort und Stelle saß.

    „Du schuldest mir noch eine Antwort, John“, hörte er David vom Fenster her rufen.

    Er blieb stehen, die Hand am Türknauf.

    „Ich schulde Dir rein gar nichts, Dave“, erwiderte er nach kurzem Zögern und verließ, ohne sich ein weiteres Mal umzusehen, die Bibliothek.



    ooOOoo



    Die Teegesellschaft mit den O’Neills erwies sich weniger eintönig und anstrengend als John es im Vorhinein befürchtet hatte. Er war beileibe kein Freund solcher Veranstaltungen, er verabscheute Tee und von dem klebrig-süßen Gebäck wurde ihm in der Regel entsetzlich übel, aber heute war alles anders. Es war ein klarer, sonniger Samstagnachmittag und sie hatten es sich auf der Sonnenterrasse des Anwesens gemütlich gemacht, die ihrem Namen wirklich alle Ehre machte.

    John neigte den Kopf ein Stück nach rechts, um aus dem Schatten des Sonnenschirms herauszukommen, unter dem er und Mara Platz gefunden hatten. Anders als die junge Frau zu seiner Linken, die alles tat, um ihre empfindliche, blasse Haut vor den Sonnenstrahlen zu schützen, genoss er die Wärme auf seinem Gesicht in allen Zügen.

    Auf der gegenüberliegenden Seite des Tisches, an dem sie saßen, unterhielten sich Jack O’Neill und David angeregt über die Entwicklung der Wirtschaft im Land, während Mrs. O’Neill Mara über den Tisch hinweg über das aktuelle Stadtgeschehen in Kenntnis setzte. John war froh darüber, dass trotz seines ungebührlichen Verhaltens eine solch gelöste Atmosphäre vorherrschte. O’Neill hatte ihm sein unentschuldigtes Verschwinden nachgesehen. Während eines unbeobachteten Moments hatte er ihm sogar einen mitfühlenden Blick zugeworfen, und von dieser Sekunde an war John klar gewesen, dass ihr Gastgeber ganz genau wusste, wer er war und in welcher Verbindung er zu Teyla Emmagan und ihrem Sohn stand.

    Er versuchte den Gedanken zu verdrängen, dass O’Neill den Jungen vermutlich besser kannte als er selbst, aber es fiel ihm schwer. Sehr schwer. Er konnte, seit er Athos Creek verlassen hatte, an nichts anderes mehr denken und es war ihm unmöglich, sich zu konzentrieren. Je mehr er versuchte, nicht daran zu denken, desto mehr tat er es. Er war froh, dass Teyla einem Treffen zugestimmt hatte, und konnte es kaum erwarten, den Jungen endlich zu sehen und kennenzulernen. Seine anfängliche Nervosität verwandelte sich allmählich in Ungeduld, und er fragte sich, wann er wohl die Gelegenheit bekommen würde, Teyla und seinen Sohn wiederzusehen.

    Er erhielt die Antwort auf diese Frage schneller, als er erwartet hatte, nämlich als Mrs. O’Neill Mara einlud, sie am morgigen Sonntag zur Predigt von Reverend Maybourne nach Athos Creek zu begleiten. John war noch nie ein frommer Kirchgänger gewesen, aber er erkannte die Chance, auf die er gewartet hatte, weshalb er vorschlug, ebenfalls in die Stadt zu fahren. Maras blaue Augen begannen zu leuchten, und sie verfiel in eine hektische Geschäftigkeit.

    „Du liebe Zeit, ich glaube, ich habe für diesen Anlass nichts passendes eingepackt“, rief sie aus.

    „Nun machen Sie sich da mal keine Sorgen, verehrte Miss Glendenning“, versuchte Mrs. O’Neill sie zu beruhigen. „Ich bin mir sicher, dass wir etwas Passendes zum Anziehen für Sie finden werden. Am besten, wir schauen gleich nach.“

    Mara warf John einen fragenden Blick zu. „Ist es in Ordnung für Dich, wenn ich Mrs. O’Neill begleite?“

    John nickte.

    „Geh ruhig“, meinte er und tätschelte ihren Handrücken, bevor er ihn an seine Lippen führte und küsste. Mara lächelte, beugte sich vor und presste einen Kuss auf seine Wange. Auf der gegenüberliegenden Seite des Tisches verbarg David ein Schmunzeln hinter vorgehaltener Hand und tat, als würde er sich am Kinn kratzen, während Jack O’Neill die Szene stirnrunzelnd beobachtete.

    „Nun“, meinte er, als die Frauen kurz darauf außer Hörweite waren, und richtete seine dunklen Augen auf John. „Ich hoffe, Sie erlauben mir die indiskrete Frage, John, aber ich glaube, es kam noch nicht zur Sprache; wann genau gedenken Sie und Miss Glendenning den Bund der Ehe einzugehen?“

    Die Frage kam so unvermittelt, dass John sich an seinem Tee verschluckte und heftig zu husten begann.

    „Wie… wie war das bitte?“, wiederholte er krächzend und schüttelte den Kopf, einerseits um wieder einen klaren Gedanken fassen zu können, andererseits aber auch, um die eben gestellte Frage zu verneinen. „Oh nein, wir sind nicht… Wir werden nicht…Miss Glendenning und ich sind nur gute Bekannte.“

    O’Neill hob die Augenbrauen.

    „Ach, Sie sind nicht…“

    „Miss Glendenning begleitet uns auf Wunsch ihrer Eltern auf dieser Reise“, stellte John richtig. „Unsere Familien sind schon seit geraumer Zeit eng miteinander befreundet.“

    „Also sind Sie beide nicht miteinander verlobt?“, fasste O’Neill zusammen. Wieder verneinte John, woraufhin ihr Gastgeber ihn verwundert ansah. „Entschuldigen Sie, ich dachte nur…“ Er räusperte sich, als er sich seiner Fehleinschätzung bewusst wurde. „Sie zwei wirken nur sehr vertraut, da dachte ich…“

    „Miss Glendenning und ich sind keinesfalls verlobt“, betonte John noch einmal und fügte hinzu, „und wir werden es auch nie sein. Sie ist eine reizende junge Dame mit einer… erfrischenden Persönlichkeit, aber sie verfügt nicht über die Fähigkeiten, die ich bei einer Frau suche.“

    „Und was wären das für Fähigkeiten?“, bohrte O’Neill weiter, und allmählich kam John der Verdacht, dass man ihn aus der Reserve locken wollte. Vielleicht hatte er sich doch in Jack O’Neill getäuscht. Sein Gegenüber musterte ihn aufmerksam, doch John war nicht bereit, sich die Blöße zu geben, und starrte eisern zurück. O’Neills Frage hing immer noch unbeantwortet in der Luft, und die plötzliche Stille schien ewig zu dauern. Als ihm klar wurde, dass er von John keine Antwort zu erwarten hatte, zeigte sich der geisterhafte Anflug eines Lächelns auf Jack O’Neills Gesicht.

    „Nun denn, wie dem auch sei“, sagte er und lehnte sich in seinem Stuhl zurück, „alles was ich damit sagen wollte, ist, dass Sie zwei ein wirklich ein hübsches Paar abgeben. Sie sollten an dem Mädchen festhalten, bevor sie Ihnen wegläuft…“

    John kniff verärgert die Lippen zusammen, sagte aber nichts. Er verstand nicht, was O’Neill beabsichtigte, und war sich nicht sicher, ob er ihm trauen konnte. Aber eines wusste er jetzt; er musste von nun an vorsichtiger sein. Nicht nur seines Bruders wegen, der ihn seit Beginn des Gespräches und auch in diesem Augenblick äußerst aufmerksam beobachtete. Er war sechseinhalb Jahre fort gewesen und musste erst noch herausfinden, wer ihm nach all dieser Zeit noch wohlgesonnen war und wer nicht.

    John entschied, dass der morgige Tag die perfekte Gelegenheit sein würde, um genau dies zu tun. Er würde Mara und Mrs. O’Neill nach Athos Creek begleiten und den Gottesdienst von Reverend Maybourne besuchen, dem bekanntlich die ganze Stadt beiwohnte. Seine bloße Anwesenheit würde fürs Erste genügen, um sich wieder ins Gespräch zu bringen, und der Rest würde sich von ganz allein ergeben; in einer Kleinstadt wie Athos Creek war das nur eine Frage der Zeit.

    Mit dieser Erkenntnis drängte sich allerdings ein weiterer fataler Gedanke in den Vordergrund, der John, je mehr er darüber nachdachte, sehr beunruhigte. Was, wenn er durch sein Auftauchen Teyla zum Stadtgespräch machen würde? Ihr heutiges Aufeinandertreffen hatte ihm wieder einmal deutlich vor Augen geführt, wie viel sie ihm immer noch bedeutete, und er wollte nicht, dass sie seinetwegen in Schwierigkeiten geriet. Oder dass- schlimmstenfalls- sein Sohn seinetwegen ins Licht der Öffentlichkeit gerückt wurde. Er steckte in einer Zwickmühle, denn einerseits wollte er seine Familie- dieses Wort gefiel ihm irgendwie… seine Familie- schützen, auf der anderen Seite aber sah er sich dazu gezwungen, herauszufinden, wem er trauen konnte und wem nicht.

    Nach einem kurzen, aber intensiven gedanklichen Abwägen beschloss John, das Ganze erst einmal auf sich zukommen zu lassen, um dann das Beste aus der Situation zu machen. Er würde schon einen Weg finden, alles miteinander zu vereinen. Dennoch- je mehr er an den morgigen Tag dachte, desto aufgeregter wurde er. Sein Herz pochte wie wild bei dem Gedanken daran, dass so vieles auf dem Spiel stand. Trotzdem versuchte er sich nicht aus der Ruhe bringen zu lassen, was ihm zuerst schwer fiel, aber schließlich, mit etwas Anstrengung, doch gelang.

    Am Ende des Tages, als er abends erschöpft und todmüde in sein Bett fiel, war er allen Bedenken zum Trotz voll freudiger Erwartung und das, obwohl er nicht wusste, was ihn am kommenden Tag in der Stadt erwartete. Aber allein die Voraussicht, Teyla wiederzusehen und endlich seinen Sohn kennenzulernen, erfüllte ihn mit Vorfreude und ließ ihn in einen tiefen, erholsamen Schlaf fallen, aus dem er erst erwachte, als der Hahn bei Sonnenaufgang krähte.


    ooOOoo


    „Aber warum müssen wir denn ausgerechnet heute in die Kirche gehen?“, jaulte Torren und trat ungeduldig von einem Fuß auf den anderen.

    „Halt still“, befahl Teyla ihrem Sohn und schlug ihm auf die Finger, als er erneut versuchte, sich das Hemd wieder aus der Hose zu ziehen. „Torren John Emmagan, wenn Du jetzt nicht sofort still hältst, setzt es etwas! Hast Du das verstanden?“

    Torren seufzte theatralisch und rollte mit den Augen, was ihm jedoch nur einen weiteren Klaps auf den Hinterkopf bescherte.

    „Benimm Dich gefälligst“, warnte Teyla ihn und ignorierte sein Schmollen. Ein Blick auf die Uhr bestätigte ihr, dass sie wieder einmal zu spät dran waren, und wenn sie jetzt auf Machtspielchen mit ihrem Sohn einließ, würden sie ganz gewiss zu nicht pünktlich zum Gottesdienst von Reverend Maybourne kommen. Zum Glück machte ihr Sohn es ihr von nun an leichter und stand still, während sie an seiner frisch gewaschenen und gebügelten Sonntagskleidung herumzupfte. Nur, als sie mit den Fingern durch sein dichtes Haar kämmte, verzog er kurz das Gesicht und gab missbilligende Laute von sich. Wirklich etwas ausrichten konnte sie allerdings nicht; ungestüm standen die dunklen Strähnen von seinem Kopf ab oder fielen ihm in die Stirn. Teyla seufzte resigniert. Der Junge hatte wirklich seines Vaters Haare…

    „Na gut“, sagte sie und erhob sich. Es hatte keinen Zweck etwas ändern zu wollen, das sich nicht ändern ließ. „Hol jetzt bitte Deine Bibel und dann nichts wie los.“

    Torren nickte und tat, wie ihm geheißen, flitzte die Treppe hinauf ins Obergeschoss des Hauses, um seine Bibel zu holen. Währenddessen überprüfte Teyla noch einmal, ob alle Fenster und Türen geschlossen waren, begutachtete sich im Spiegel und fixierte eine Haarsträhne, die sich gelöst hatte, mit einer weiteren Haarnadel. Als sie Torren die Treppe wieder hinunterkommen hörte, schlüpfte sie in ihren Umhang.

    „Hab‘ sie gefunden“, rief Torren. Lächelnd wandte Teyla sich zu ihm um, nur um im nächsten Augenblick frustriert aufzustöhnen und die Hände über dem Kopf zusammenzuschlagen.

    „Torren!“, schimpfte sie, als sie sah, dass er es wieder geschafft hatte, sein Hemd aus der Hose zu ziehen. Es blieb ihr jedoch keine Zeit mehr, dies in Ordnung zu bringen, also scheuchte sie ihn in Richtung Tür. „Los jetzt, Beeilung! Ich möchte nicht, dass Reverend Maybourne unseretwegen wieder seine Predigt unterbrechen muss“, mahnte sie und manövrierte ihren Sohn durch die Tür.

    Meinetwegen müssen wir heute nicht in die Kirche gehen“, ließ Torren verlauten, als sie auf die Straße hinaustraten, doch Teyla schüttelte den Kopf.

    „Komm jetzt“, sagte sie und nahm ihn bei der Hand, „wir müssen uns beeilen.“

    So schnell Torrens kurze Beine ihn trugen, eilten sie die menschenleere Straße entlang. Die Kirche von Reverend Harry Maybourne befand sich am anderen Ende der Stadt und ihre Reihen waren bestimmt bereits gut gefüllt. Das Läuten der Kirchenglocken war in der ganzen Umgebung zu hören und ein sicheres Anzeichen dafür, dass der Gottesdienst sehr bald beginnen würde.

    Sie hatten bereits die halbe Strecke zurückgelegt, als Teyla merkte, wie ihr Sohn langsamer wurde.

    „Torren, wir haben keine Zeit zu trödeln. Bitte komm jetzt“, drängte sie ihn, doch statt schneller zu laufen, verlangsamte er sein Tempo weiter, bis sie ihn mehr hinter sich her zog, als dass er selber ging. Er sträubte sich, und schließlich blieb Teyla frustriert stehen und sah ihn an. „Fein, was ist?“

    „Ich möchte heute nicht in die Kirche gehen“, antwortete Torren.

    Teyla seufzte.

    „Sarah-Grace wird auch da sein“, rief sie ihm in Erinnerung, in der Hoffnung, ihn so umstimmen zu können. Für gewöhnlich funktionierte die Tochter von Rodney und Jennifer McKay hervorragend als Druckmittel gegen ihren Sohn, aber heute schien Torren nicht einmal die Voraussicht, seine beste Freundin zu sehen, umzustimmen. Er wirkte ungewohnt ernst und konzentriert, runzelte die Stirn und zog die Augenbrauen zusammen. Besorgt ging Teyla vor ihm in die Knie, damit sie auf gleicher Augenhöhe waren.

    „Was ist los, mein Schatz?“, fragte sie und fuhr mit dem Daumen sachte über seine Wange. Torren zögerte, ehe er mit der Sprache herausrückte und sagte, was ihn bedrückte.

    „Wird Mr. Sheppard heute auch in der Kirche sein, Mama?“

    Teyla erstarrte, und ihr Herz setzte einen Schlag aus.

    „Mr. Sheppard?“, wiederholte sie und war überrascht, wie heiser ihre Stimme auf einmal klang.

    Torren nickte.

    „Wird er heute auch in der Kirche sein?“, fragte er.

    „Das… das weiß ich nicht“, erwiderte sie und richtete sich auf. „Komm, wir müssen uns jetzt wirklich beeilen“, sagte sie und nahm ihn wieder bei der Hand, doch bereits nach wenigen Schritten, vernahm sie seine Stimme erneut.

    „Ich habe gehört, wie Du und Mr. Sheppard euch unterhalten habt.“

    Teyla blieb stehen und schloss die Augen. Sie holte tief Luft und kämpfte die Tränen zurück, kniete sich dann vor ihren Sohn und hielt seine kleinen Hände in ihren.

    „Gut“, sagte sie und befahl ihm mit ruhiger Stimme, sie anzusehen. „Torren, es ist ganz wichtig, dass Du jetzt ehrlich zu mir bist. Hast Du das verstanden?“ Der Junge nickte. Teyla seufzte. „In Ordnung… Was genau hast Du gehört?“

    Torren zierte sich einen Moment lang und stellte, statt ihre Frage zu beantworten, eine Gegenfrage.

    „Papa ist gar nicht tot, oder?“ Die Art und Weise, wie er sie dabei ansah, raubte Teyla den Atem. Dies war der Moment, vor dem sie sich seit Jahren fürchtete. Ihr wurde bewusst, dass sie ihren Sohn nicht länger anlügen konnte. Er hatte das Gespräch zwischen ihr und John mitverfolgt und war nun zurecht verwirrt und wollte Antworten. Ein tiefes Seufzen entrang sich ihrer Kehle, und sie suchte nach den richtigen Worten. Dass es so schwer werden würde, hatte sie nicht erwartet.

    „Nein“, entgegnete sie schließlich. „Nein, er ist nicht tot.“

    „Du hast mich angelogen“, sagte Torren leise, und beim Anblick seiner traurigen Augen zerbarst Teylas Herz in tausend kleine Stücke. Ein Schluchzen unterdrückend, zog sie ihn in ihre Arme und küsste seine Stirn.

    „Es tut mir leid“, flüsterte sie. „Es tut mir so unendlich-“

    „Du hast mich angelogen!“, schrie Torren plötzlich, schlug mit seiner Faust gegen ihre Brust, entriss sich der mütterlichen Umarmung und begann zu laufen.

    „Torren!“, rief Teyla, rappelte sich auf und lief ihrem flüchtenden Sohn nach. „Torren, bitte warte!“ Sie raffte ihre Röcke, um schneller laufen zu können, doch sie schaffte es nicht, ihn einzuholen. „Torren!“, versuchte sie es ein allerletztes Mal und schrie verzweifelt seinen Namen, ohne Erfolg. Flink wie ein junges Wiesel bog Torren um eine Häuserecke und verschwand in der nächsten Gasse. Als Teyla diese wenige Augenblicke später völlig außer Atem erreichte, war von ihrem Sohn keine Spur mehr zu sehen. Panisch suchte sie jeden Winkel der Gasse ab, bevor sie auf die Straße zurücklief und seinen Namen rief.

    Torren! To-Ah!“ Sie schrie auf, als sie aus heiterem Himmel eine große Hand von hinten an der Schulter packte, und wirbelte mit den Armen um sich schlagend herum.

    „Ganz ruhig“, rief John und legte seine Hände auf ihre Schultern. „Ganz ruhig, ich bin es. Teyla, ich bin es.“

    Erschrocken starrte Teyla ihn an, schnappte nach Luft und krallte ihre Finger in den Stoff seines Mantels. Sie wusste nicht, woher er so plötzlich gekommen war, aber sie war froh, dass er da war.

    „Er ist weg“, japste sie. „Er ist weg. Torren… Er… er ist weggelaufen.“

    Johns Augen weiteten sich. „Was?! Warum?“

    Teyla schüttelte kurz den Kopf und bemühte sich, wieder einen klaren Gedanken zu fassen. Es nützte niemanden etwas, wenn sie jetzt in Panik geriet, sagte sie sich und atmete tief durch.

    „Er hat uns gestern belauscht“, berichtete sie John. „Er weiß, dass Du…dass Du… Ich… ich-“ Sie geriet erneut ins Stottern und zwang sich, erneut tief Luft zu holen. „Ich habe ihn angelogen, John, und jetzt ist er fort. Er ist weggelaufen und ich weiß nicht, wohin. Er ist weg, John!“

    „Ganz ruhig“, wiederholte John und strich mit den Händen über ihre Arme. „Er kann noch nicht weit gekommen sein. Wir werden ihn schon finden. Komm“, sagte er mit sanfter Stimme, „zeig‘ mir, wo er langgelaufen ist.“

    Teyla nickte und seufzte, als John einen Arm um ihre Schulter legte, doch anstatt seiner Berührung wie die letzten Male zu entfliehen, klammerte sie sich an ihn und ließ zu, dass seine starken Arme sie hielten und stützten.


    Fortsetzung folgt…
    Geändert von Nyada (06.06.2016 um 08:50 Uhr)


  13. #28
    Chief Master Sergeant Avatar von Jolinar
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    Es geht weiter !

    John hat Gewissensbisse, sein Bruder ist verwirrt und Mr. O'Neill weiß mehr als er zugibt. Oh ja, John sitzt etwas in der Klemme.

    Ich frage mich, ob Mara die Beziehung zu John genauso sieht wie er... ich fürchte nicht. Sie würde ihn sicher früher als später heiraten wollen.

    Torren ist - zu Recht - sauer, dass seine Mutter ihn belogen hat. Er ist zwar erst 6, doch sicherlich hat Teyla ihm beigebracht, dass Lügen nicht gut ist. Und nun hat sie den Salat.
    Aber der Retter kam aus dem Nichts und wird's schon richten Und während ihrer gemeinsamen Suche nach Torren könnten sie endlich reinen Tisch machen. Könnten.... aber auch hier fürchte ich, dass die Gelegenheit nicht genutzt wird und sich die Aussprache noch weiter nach hinten verschiebt.

    Und wie wird Torren reagieren, wenn sein Vater dann vor ihm steht?

    Bittebittebitte schreib bald weiter

  14. Danke sagten:


  15. #29
    Die nach den Sternen greift Avatar von Ailya
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    Ich kann mich Jolinar nur anschließen. Es geht weiter!*freu*

    Und dann auch gleich so dramatisch, du meine Güte.

    Ich habe das Gefühl, dass es allmählich eng wird für John. Sein Bruder misstraut ihm und O'Neill macht geheimnisvolle Anspielungen. Es scheint nur noch eine Frage der Zeit zu sein, bis die ganze Wahrheit ans Licht kommt, und ich glaube nicht, dass Dave begeistert sein wird, wenn er erfährt, dass John eine Familie hat.

    Vor allem Mara dürfte es schwer treffen, zu erfahren, dass John einen Sohn und sozusagen auch eine "Frau" hat. Sie scheint ihn doch wirklich sehr zu mögen und würde ihn sicher liebend gern heiraten- auch wenn er das anders sieht.

    Ich finde es gut, dass John die Gewissensbisse plagen. Wäre er früher zurückgekommen, wäre das ganze Schlamassel nicht so groß geworden. Ich bin ja auch noch sehr gespannt, wie du die Michael-Teyla-Geschichte weiterführen wirst. Deine Anspielungen in den letzten Kapitel haben schon meine Neugier geweckt...

    Torren tut mir echt leid. Da bekommt er immer gesagt, dass man nicht lügen darf, und dann erfährt er auch eine solche Weise, dass sein Vater doch nicht tot ist. Das ist ziemlich viel für ein Kind, kein Wunder, dass er weggelaufen ist.

    Ich hoffe, John und Teyla finden ihren Sohn und sprechen sich endlich aus. Sie alle verdienen ein glückliches Ende, und ich bin gespannt, wie John und Torren miteinander klarkommen. Schließlich sehen sie sich (hoffentlich) bald zum allerersten Mal. *freu*

    Wieder kann ich nur wiederholen, was Jolinar in ihrem Post auch schon gesagt hat: Bitte schreib ganz schnell weiter!

    LG Ally

  16. Danke sagten:


  17. #30
    Mama, im Dienste Ihrer Majestäten Avatar von Nyada
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    Standard Kapitel Sechs

    A/N: Da ich in nächster Zeit voraussichtlich wenig Zeit zum schreiben haben werde, gibt es ausnahmsweise heute schon die Fortsetzung der Geschichte. Ich habe zwar versucht, das Kapitel nicht mit einem Cliffhanger enden zu lassen, aber... naja, lest selbst.

    Ich hoffe, euch gefällt es trotzdem, und wünsche euch ganz viel Spaß beim Lesen.

    Liebe Grüße,
    eure Moni


    -------------



    Kapitel Sechs



    Es wurde Abend, und noch immer fehlte jede Spur von Torren. Johns anfängliche Zuversicht war inzwischen gedämpft und aus seinem Unbehagen war Sorge geworden. Unter einem Vorwand war es ihm gelungen, Mara und Mrs. O’Neill nach Pegasus‘ Hill zurückzuschicken; er selbst war in der Stadt geblieben, um sich an der Suche nach seinem verschwundenen Sohn zu beteiligen. Unter den wachsamen Augen des alarmierten Sheriffs hatten sie jeden Winkel und jede Gasse in Athos Creek nach dem Jungen abgesucht, jedes Haus, einschließlich der Taverne, in die sie jetzt nach über drei Stunden vergeblicher Suche zurückgekehrt waren, um sich zu beraten.

    John lauschte der Unterhaltung nur mit halbem Ohr und saß etwas abseits der Gruppe, die sich um einen großen Tisch im Schankraum versammelt hatte, und das weitere Vorgehen besprach. Mit tauben Fingern klammerte er sich an das Glas Whiskey in seiner Hand, starrte zum Fenster hinaus und beobachtete, wie die Sonne allmählich um den Daedalus Mountain wanderte.

    Wo steckst Du nur, Junge, dachte er besorgt und nippte an seinem Glas. Athos Creek war nur eine Kleinstadt, aber die vielen ineinander verzweigten Straßen und Gassen boten genügend Versteckmöglichkeiten für einen kleinen sechsjährigen Jungen. Aber was, wenn sich Torren gar nicht mehr in der Stadt befand? Was, wenn er die Stadt verlassen hatte und hinaus in die Wildnis oder, noch schlimmer, in die dichten Wälder gelaufen war, die selbst für erfahrene Jäger eine Herausforderung darstellten? John wusste um die vielen Gefahren, die jenseits der Stadtgrenze auf ein umherirrendes, verstörtes Kind lauerten, und er wagte es sich kaum auszumalen, was Torren alles zustoßen könnte. Die Vorstellung allein schnürte ihm die Kehle zu und wenn er bereits vor Angst am ganzen Körper zitterte und Blut und Wasser schwitzte, um wie vieles schlimmer musste es dann erst Teyla ergehen?

    Auf Doktor Becketts Drängen hin hatte man sie auf ihr Zimmer gebracht, wo sie sich nun unter Jennifer McKays wachsamem Blick von den Strapazen der letzten Stunden zu erholen versuchte. Wie gern wäre John jetzt bei ihr gewesen, aber er war sich nicht sicher, ob das zu dieser Zeit eine gute Idee war. Auch wenn die anderen ihm, von ein paar neugierigen Seitenblicken abgesehen, keine Beachtung schenkten, spürte er deutlich, dass seine Anwesenheit großes Unbehagen auslöste. Er war sich sicher, dass die meisten von Teylas Freunden ihm nicht wohlgesonnen waren, und insbesondere Vala Mal Doran und Jennifer McKay ließen ihn spüren, dass sie seine Anwesenheit zwar duldeten, aber keineswegs begrüßten- ein Umstand, der ihn frustrierte und nach wie vor beschäftigte, den er aber wohl oder übel akzeptieren musste.

    In seine Gedanken versunken, bemerkte John nicht, wie hinter ihm eine Tür geöffnet wurde. Erst als die Stimmen der um den Tisch versammelten Helfer verstummten und sie ihre Blicke in dieselbe Richtung wandten, drehte er sich um und sah, wie Jennifer McKay den Raum betrat. Ihr Gesicht wirkte ernst und als er sich erhob und auf sie zukam, blieb sie abrupt stehen und sah ihn finster an.

    „Wie geht es ihr?“, fragte er daher vorsichtig, aber mit der gehörigen Portion Sorge in seiner Stimme.

    „Sie ist sehr erschöpft“, erklärte sie ihm, und ihre Miene zeigte flüchtig Widerwillen.

    „Ich sollte nach ihr sehen“, verkündete Vala Mal Doran und stand auf, doch sowohl John als auch ihr Ehemann Daniel, der John noch am sympathischsten von allen war, bedeuteten ihr, sich wieder hinzusetzen.

    Ich werde nach ihr sehen“, sagte John, woraufhin Vala wie erwartet aufbegehrte und den Kopf schüttelte.

    „Aber…“

    „Vala, nicht.“ Daniel hielt sie zurück, was ihm zwar einen bösen Blick einbrachte, doch offensichtlich wusste er mit seiner temperamentvollen Gattin umzugehen, denn schon im nächsten Augenblick saß Vala wieder ruhig neben ihm und sagte kein Wort mehr, was sie jedoch nicht daran hinderte, John weiterhin vernichtende Blicke zu zuwerfen.

    Seufzend wandte er sich wieder an Jennifer McKay. „Kann ich zu ihr?“

    Sein blondes Gegenüber musterte ihn abschätzend. Ähnlich wie Vala schien sie nicht begeistert von der Vorstellung zu sein, begann aber schließlich zu nicken und machte den Weg frei.

    „Versuchen Sie, sie nicht aufzuregen“, bat sie. „Ich habe ihr ein leichtes Schlafmittel gegeben. Die Sache nimmt sie sehr mit. Sie ist in großer Sorge um Torren.“

    John nickte und lächelte dankbar.

    „Ich werde das berücksichtigen“, versprach er, verließ, Valas finsteren Blick im Nacken spürend, den Schankraum und stieg die Treppenstufen hinauf.

    Teylas Schlafzimmer befand sich am Ende eines kurzen Flurs im Obergeschoss. An der Schwelle ihrer Tür angekommen, verharrte John einen Augenblick nachdenklich und lauschte. Nichts zu hören. Er klopfte leise, erhielt aber keine Antwort. Langsam drückte er die Türklinke herunter, öffnete die Tür einen Spalt weit und spähte ins Zimmer.
    Der Raum war geräumiger, als er ihn sich vorgestellt hatte, und mit Bett, Schreibtisch, einigen Wandborden und einem Kleiderschrank übersichtlich möbliert. Auf dem Boden vor dem Bett lag ein buntgemusterter Teppich, und auf der Fensterbank zu seiner Linken stand eine Petroleumlampe mit rußgeschwärztem Glas. Ihr Licht verbreitete einen gelblichen Schein, und als John sich weiter in das Zimmer hineinwagte, entdeckte er Teyla auf dem Bett liegen. Auf den ersten Blick schien es so, als würde sie schlafen, doch als er an das Bett herantrat, sah er, dass ihre Augen weit aufgerissen waren. Ihr hübsches Gesicht wirkte merkwürdig fahl, und ihre bebenden Lippen waren blass. Sie zitterte.

    „He“, flüsterte John und ging an der Bettkante in die Knie, sodass ihre Gesichter auf gleicher Höhe ruhten. „Ich bin es“, sagte er und strich ihr beruhigend übers Haar. „Wie fühlst Du Dich?“ Er wusste, dass das eine dumme Frage war, aber er fühlte sich dazu verpflichtet, sie ihr zu stellen.

    Teyla seufzte schläfrig, schloss für einen kurzen Moment die Augen, öffnete sie aber gleich darauf wieder und sah ihn leicht benommen an.

    „Ich bin müde.“ Ihre Stimme war nur noch ein leises, schwer zu verstehendes Murmeln, was, so vermutete John, an dem Beruhigungsmittel lag, welches Jennifer ihr verabreicht hatten. Ihre Lider flatterten, als bereite es ihr Mühe, wach zu bleiben.

    „Du solltest versuchen, etwas zu schlafen“, meinte John, doch Teyla schüttelte den Kopf.

    „Ich kann nicht“, erwiderte sie, und plötzlich erfüllte ein herzzerreißendes, unterdrücktes Schluchzen den Raum. „Torren…“ Ein Schaudern überkam sie, und John glaubte Tränen in ihren Augen zu sehen.

    „Oh, he. Nicht doch“, sagte er, erhob sich und kletterte, ohne darüber nachzudenken, was er tat, auf das Bett. „Nicht weinen. Bitte, nicht weinen.“ Seine Worte bewirkten jedoch das genaue Gegenteil, also nahm er sie in die Arme und wiegte sie wie ein kleines Kind hin und her. „Ssch, es wird alles gut. Wir werden ihn finden“, versprach er Teyla und bewegte seine Hand in langsamen streichenden Bewegungen über ihren Rücken. Nach und nach erstarb ihr Schluchzen, und John konnte spüren, wie sie sich entspannte. Erschöpft sank sie in seine Arme, lehnte sich an ihn, und er hielt sie leicht an seine Brust gedrückt. Für eine sehr lange Zeit rührte sich keiner von ihnen, und schließlich merkte John, wie Teyla ihren Arm um seine Hüfte legte und sich noch enger an ihn schmiegte. Ihr Kopf ruhte auf seiner Brust und ihr Atem ging ruhig und gleichmäßig, und als er auf sie herabschaute, sah er, dass ihre Augen geschlossen waren. Ein Stein fiel ihm vom Herzen. Sanft streichelte er ihre Schulter, stützte sein Kinn auf ihrem Kopf ab, atmete tief durch und schloss ebenfalls kurz die Augen.

    „Es tut mir so leid, John“, vernahm er nach einer Weile plötzlich Teylas leise Stimme.

    „Es ist nicht Deine Schuld“, erwiderte er, ohne die Augen zu öffnen, und vergrub seine Nase in ihrem Haar, sodass er spürte, wie Teyla den Kopf schüttelte.

    „Ich hätte ihm die Wahrheit sagen müssen. Ich hätte ihm nicht verschweigen dürfen, wer Du bist“, flüsterte sie schuldbewusst und kuschelte sich wie selbstverständlich an ihn. „Das war ein Fehler.“

    John seufzte.

    „Warum hast Du es dann überhaupt getan?“, sprach er schließlich vorsichtig die Frage aus, die er sich schon die ganze Zeit stellte. Zu seiner Überraschung antwortete Teyla sofort.

    „Ich glaube, ich hätte Angst davor, wie er reagiert, wenn ich ihm die Wahrheit sage.“

    „Du wolltest ihn beschützen.“

    Teyla nickte. „Ja, das wollte ich.“ Sie legte eine bedeutungsschwangere Pause ein und holte tief Luft. „Er ist mein Ein und Alles, John. Ich liebe ihn so sehr. Er ist alles, was mir geblieben ist. Er ist meine Familie. Es ist meine Aufgabe, ihn zu beschützen, und jetzt-“ Sie schluckte und blinzelte die Tränen aus ihren Augen-„habe ich genau das Gegenteil erreicht.“

    „Ach, Teyla…“ John seufzte und zog sie an sich. Sie so im Arm zu halten, fühlte sich… gut an, und für einen Moment vergaß er alles um sich herum, streichelte ihren Arm und schmiegte seine Wange an ihren Kopf.

    „Wir werden ihn finden“, versicherte er ihr und hielt ihre Hand an seiner Brust fest. Teyla schwieg eine Weile und verharrte so regungslos in seinen Armen, dass John glaubte, sie sei wieder eingeschlafen.

    „Er sieht aus wie Du“, hörte er sie plötzlich sagen und sah sie an.

    „Wirklich?“

    Teyla nickte und setzte sich auf.

    „Er hat Deine Augen, deine Nase, deinen Mund…“, beschrieb sie ihm das Aussehen ihres Sohnes und berührte sein Kinn mit den Fingern. „Und deine Haare“, ergänzte sie schmunzelnd und fuhr mit der Hand durch sein dunkles Haar.

    John lachte leise.

    „Ein ziemlich gut aussehender kleiner Kerl also“, grinste er.

    „Kann man so sagen“, erwiderte Teyla und senkte ebenfalls lächelnd kurz den Blick. Als sie wieder aufschaute, bemerkte John ein Funkeln in ihren Augen, und als sich ihre Blicke erneut trafen, spürte er plötzlich die erdrückende Last der komplexen Emotionen, die zwischen ihnen standen. Sein Blick wanderte von ihren Augen zu ihrem Mund und blieb an ihren Lippen hängen, als würde etwas Unwiederbringliches von ihnen ausgehen. Er erinnerte sich noch gut daran, wie wundervoll es gewesen war, diese Lippen zu küssen, und ehe er sich versah reifte in ihm der Wunsch heran, es noch einmal zu tun.

    Teyla runzelte die fragend die Stirn, als er sich ein Stück nach vorne beugte, wich aber nicht zurück. Stattdessen schloss sie die Augen und lehnte ihre Stirn gegen seine. John seufzte, schmiegte seine Wange an die ihre und küsste zuerst nur ihren Mundwinkel. Teyla erstarrte, setzte sich aber immer noch nicht zur Wehr, weshalb er allen Mut zusammen nahm und sich etwas weiter vorwagte und ihre Lippen ganz sanft, fast schon ehrfürchtig mit seinem Mund streifte.

    Der Kuss dauerte nicht länger als ein oder zwei Herzschläge, dann gab er sie wieder frei und räusperte sich verlegen.

    „Entschuldige. Das…das hätte nicht passieren dürfen.“

    Teyla öffnete langsam die Augen und sah ihn an. Dann seufzte sie, schüttelte den Kopf und legte eine Hand an seine Wange.

    „Ist schon gut“, sagte sie und lächelte schüchtern. „Das war… interessant.“

    „Ja… ja das war es wirklich.“

    Johns Mundwinkel zuckten ein winziges Stück nach oben und er ließ seinen Blick über ihr Gesicht wandern, bevor er seinen Mund erneut auf ihre Lippen senkte. Auch dieses Mal küsste er sie nur sanft und nahm den Druck heraus, ließ sich aber mehr Zeit und fuhr mit den Händen in ihr Haar. Sekunde um Sekunde verging und schließlich lösten sie sich voneinander, um Luft zu holen.

    „Nun“, meinte John und lächelte an ihren Lippen, „ich wünschte, ich könnte das als einen Fortschritt sehen, aber-“

    Dieses Mal war Teyla es, die ihm das Wort mit einem Kuss abschnitt. Ihre Lippen fühlten sich warm und weich an, und ihr Kuss war zuerst ähnlich sanft und zurückhaltend wie die vorherigen zwei. Überrascht öffnete John den Mund, als er ihre Zungenspitze zwischen seine Lippen fahren spürte, zögerte einen Augenblick lang und erwiderte den Kuss dann mit derselben Leidenschaft, hielt ihren Kopf behutsam in seinen Händen, vergrub die Finger in ihrem Haar und küsste sie, als hinge sein Überleben davon ab.
    Sie zu küssen, fühlte sich genauso großartig an, wie er es in Erinnerung gehabt hatte. John schloss die Augen und wünschte sich, dass dieser Moment nie endete, doch leider fand der Kuss ein jähes und abruptes Ende, als plötzlich die Schlafzimmertür aufgerissen wurde und Vala mit wehendem Haar hereinstürmte. Erschrocken ließen Teyla und er sofort voneinander ab.

    „Teyla, sie haben…“ Vala verstummte, und ihr Blick huschte verwirrt zwischen ihrer Freundin und John hin und her, die sichtlich außer Atem voreinander auf Teylas Bett hockten, und als sie begriff, in was sie hineingeraten war, weiteten sich ihre Augen und sie starrte Teyla entgeistert an. „Oh…“

    „Vala…“ Sichtlich peinlich berührt rappelte Teyla sich hoch, strich sich übers Haar und suchte verzweifelt nach den richtigen Worten. „Es… es ist nicht das, wonach es aussieht.“

    Vala nickte, doch ihre Augen verrieten etwas ganz anderes. „Liebes, ich weiß genau, wonach es aussieht“, meinte sie und bedachte John mit einem vernichtenden Blick, ehe sie sich wieder Teyla zuwandte. „Sie haben Torren gefunden.“

    „Was?“, rief John und schwang die Beine über die Bettkante. „Wann? Wo?“

    „Oh Gott sei Dank“, schluchzte Teyla, rannte aus dem Zimmer, den Flur entlang und die Treppe hinunter und ließ Vala und ihn allein zurück. Als Vala seine Absicht, Teyla zu folgen, erkannte, stellte sie sich ihm in den Weg und durchbohrte ihn mit einem mordlustigen Blick.

    „Ich hoffe Ihnen ist bewusst, dass ich und die anderen Ihnen das Leben zur Hölle machen werden, wenn Sie ihr wehtun“, meinte sie und verschränkte die Arme vor der Brust.

    John schüttelte den Kopf. „Es war nie meine Absicht, Teyla wehzu-“

    „Ach, ersparen Sie mir die falschen Unschuldbeteuerungen.“ Der Hohn in Valas Stimme war vernichtend, und sie kam langsam und bedrohlich auf ihn zu. „Sie haben ja keine Ahnung, was Teyla damals alles durchmachen musste! Sie ist ein grundguter Mensch und sie ist fast daran zu Grunde gegangen, von den Leuten geächtet und als Hure beschimpft zu werden.“

    John schluckte. „Miss Mal Doran… Ich…“

    „Seien Sie still“, zischte Vala und schnitt ihm mit einer forschen Handbewegung das Wort ab. Sie stand jetzt unmittelbar vor ihm und obwohl sie mindestens zwei Köpfe kleiner als er war, wirkte ihre Körperhaltung einschüchternd auf John. „Ein Mann wie Sie verdient keine Frau wie Teyla, und wenn ich ehrlich sein soll, weiß ich nicht, was sie damals an Ihnen gefunden hat.“ Sie schnaubte, musterte ihn ein letztes Mal verachtend von der Sohle bis zum Scheitel, stieß eine Verwünschung aus und spie ihm vor die Füße. Dann machte sie kehrt und marschierte erhobenen Hauptes zur Tür hinaus.

    Erschrocken und angewidert zugleich wich John einen Schritt zurück und sah Vala mit zusammengezogenen Augenbrauen nach. Nur wenige Augenblicke später hörte er erneut Schritte und befürchtete schon, dass Vala zurückkehrte, doch als er sah, wie Teyla das Zimmer betrat, entspannte sich seine Miene etwas.

    „Geht es Torren gut?“, fragte er und eilte zu ihr. Sie war ohne den Jungen zurückgekehrt, wirkte aber gelöst und lächelte sogar.

    „Es geht ihm gut“, beruhigte Teyla ihn und trat einen Schritt zur Seite, um den Weg für Jack O’Neill freizugeben, der das schlafende Kind auf dem Arm trug. „Legen Sie ihn bitte auf das Bett, Jack“, wies sie ihn leise an, und O’Neill tat, wie ihm geheißen, und trug den Jungen zum Bett. Unfähig, sich zu rühren, beobachtete John wie er Torren auf das Bett legte und ihn liebevoll zudeckte.

    „Er hat sich in der Kutsche versteckt, die Miss Glendenning und meine Frau nach Pegasus‘ Hill zurückgebracht hat. Einer meiner Stallburschen hat ihn aufgegriffen“, berichtete er und meinte an John gewandt: „Er war auf der Suche nach Ihnen.“

    Jetzt war John klar, dass O’Neill Bescheid wusste. Er hatte es die ganze Zeit über geahnt, jetzt hatte er die Bestätigung. Jack O’Neill wusste, dass Torren sein Sohn war.

    „Vielen Dank, dass Sie ihn hergebracht haben“, sagte er heiser, doch sein Gegenüber winkte ab.

    „Keine Ursache“, erwiderte er und ging zur Tür. „Der Junge ist hier besser aufgehoben als bei uns“, meinte er und warf John einen vielsagenden Blick zu.

    „Vielen Dank, Jack“, sagte nun auch Teyla und umarmte ihn zum Abschied kurz, aber herzlich. Dann ging sie zu ihrem Sohn und setzte sich auf die Bettkante.

    „Lassen Sie mich Ihnen noch einen gute Rat zum Abschied geben“, meinte O’Neill beim Rausgehen leise zu John und tippte ihm mit dem Zeigefinger an die Brust. Der sonst so lockere Tonfall des Unternehmers hatte einen ernsten Klang angenommen. „Verschieben Sie Ihre Rückkehr lieber auf morgen. Das gibt den Wogen Zeit, sich zu glätten.“ Er ging nicht näher ins Detail, aber John wusste, was seine wohlgemeinte Warnung zu bedeuten hatte.

    „Ich habe verstanden“, erwiderte er daher und zollte O’Neill ein dankbares Nicken.

    „Gehen Sie zu Ihrer Familie, mein Junge“, sagte Jack. „Genießen Sie diese Zeit.“ Mit diesen Worten verließ er das Zimmer, und John schloss die Tür hinter ihm.

    „John?“, hörte er Teyla leise vom Bett aus rufen, drehte sich um und sah, wie sie ihre Hand nach ihm ausstreckte. „Ich glaube, hier möchte Dich jemand kennenlernen.“

    Als wäre das sein Stichwort gewesen, rappelte Torren sich auf und starrte John mit großen, weit aufgerissenen Augen an. John schluckte, näherte sich langsam dem Bett und setzte sich zu Teyla und seinem Sohn. Sofort ergriff sie seine Hand und drückte sie aufmunternd.

    „Torren…“, sagte sie, sah erst ihn und dann den Jungen an. „Torren, das ist Dein-“

    „Ich weiß, wer er ist“, fiel ihr Sohn ihr ins Wort und zog die Stirn kraus. Er wirkte erstaunlich reif für sein Alter und musterte John mit verschlossener Miene. Er war ein unglaublich hübsches Kind und Teyla hatte nicht untertrieben, was sein Aussehen anging. Es ließ sich nicht leugnen, dass der Junge sein Sohn war, die Ähnlichkeit war verblüffend.
    Fasziniert ließ John den Blick über Torrens Gesicht wandern, das unverkennbar seine Züge trug, und es war ihm, als schaue er in einen Spiegel. Dieselben Augen, dieselbe Nase, derselbe Mund; selbst in der Mimik ähnelte der Junge ihm, wie John erstaunt feststellte, als Torren den rechten Mundwinkel ein Stück nach oben zog und ihn schief angrinste.

    „Hallo“, begrüßte er ihn dann jedoch überraschend schüchtern und nestelte verlegen an der Bettdecke.

    „Hallo, Torren“, erwiderte John mit sanfter Stimme, streckte die Hand aus und fuhr lächelnd durch das widerspenstige, dunkle Haar seines Sohnes, das sich zwischen seinen Fingern sofort wieder aufrichtete. „Es freut mich, Dich endlich kennenzulernen.“

    Fortsetzung folgt…


  18. #31
    Die nach den Sternen greift Avatar von Ailya
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    Wie schön, dass es so schnell weitergeht.

    Wie es scheint, nähern John und Teyla sich endlich wieder an. Drei Küsse- wow, damit hätte ich nicht gerechnet! Trotzdem befürchte ich, dass einer der beiden schon sehr bald bereuen wird, was zwischen ihnen passiert ist und dann geht das Herumgedruckse wieder von vorne los. Die beiden sollten sich wirklich einmal hinsetzen und reden. Ich denke, dass dadurch viel erreicht werden kann.

    Dass Torren sich in die Kutsche geschmuggelt hat, verwundert mich kein bisschen. Er scheint es wirklich darauf angelegt zu haben, seinen Vater kennenzulernen, und ist dabei- so entnehme ich es zumindest dem Text- Mara oder noch schlimmer Dave in die Arme gelaufen. Und wenn die Ähnlichkeit wirklich nicht zu leugnen ist, befürchte ich, dass John ziemlichen Ärger am Hals haben dürfte. Sein Bruder scheint ja bereits zu ahnen, dass etwas nicht stimmt, und wenn er jetzt auch noch von Teyla und Torren erfährt... Also ich möchte bei aller Liebe nicht in Johns Haut stecken! *kopfschüttel*

    Ich hoffe nur, dass sich alles zum Guten wendet, dass Dave und Mara John in Ruhe lassen, dass er und Teyla wieder zueinander finden- denn sie gehören nunmal zusammen- und glücklich miteinander werden und dass Torren noch viele, viele Geschwister zum Spielen und Liebhaben bekommt.

    Vielen Dank fürs Lesen lassen. Ich freue mich schon auf die Fortsetzung und bin gespannt, wie John und Torren miteinander auskommen werden. Also, schreib schnell weiter!

    LG, deine Ally

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  20. #32
    Chief Master Sergeant Avatar von Jolinar
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    Die Sorge um Torren hat die beiden zwar endlich zum Reden gebracht, aber so endgültig hört sich das alles noch nicht an. Zumal sich John die Worte (Drohung!) von Vala zu Herzen nehmen sollte. Mit Vala ist nicht zu scherzen, da kann Daniel sie auch bestimmt nicht mehr zurückhalten

    Der Anfang mit seinem Sohn ist gemacht... jedenfalls die erste Begrüßung. Jetzt müssen sich die beiden beschnuppern und miteinander klarkommen.
    Ich würde mich nicht wundern, wenn sich Torren wegen der Beziehung seiner Eltern auch noch zu Wort melden würde (am besten in der Gegenwart von Dave und Mara ). Vorausgesetzt, er akzeptiert seinen Vater.

    Freue mich auf die Fortsetzung...

  21. Danke sagten:


  22. #33
    zigtausend Jahre alt ... ;-) Avatar von John's Chaya
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    Der Junge hatte wirklich seines Vaters Haare…
    Oh wie süß!

    „Er ist weg. Torren… Er… er ist weggelaufen.“
    Kein Wunder, der arme kleine Kerl versteht die Welt nicht mehr.

    Teyla nickte und seufzte, als John einen Arm um ihre Schulter legte, doch anstatt seiner Berührung wie die letzten Male zu entfliehen, klammerte sie sich an ihn und ließ zu, dass seine starken Arme sie hielten und stützten.
    Es ist so schön, wenn man von starken Armen gehalten wird, vor allem wenn es John seine sind.
    Er steht ihr zur Seite, so sollte es ja auch sein.

    „Es tut mir so leid, John“, vernahm er nach einer Weile plötzlich Teylas leise Stimme.
    „Ich hätte ihm die Wahrheit sagen müssen. Ich hätte ihm nicht verschweigen dürfen, wer Du bist“, flüsterte sie schuldbewusst und kuschelte sich wie selbstverständlich an ihn. „Das war ein Fehler.“
    Ja, sie hätte Torren, aber auch John die Wahrheit sagen müssen. Blöd nur, dass sie seinen Namen nicht kannte.

    „Er sieht aus wie Du“, hörte er sie plötzlich sagen und sah sie an.
    „Ein ziemlich gut aussehender kleiner Kerl also“, grinste er.
    Da hat John ja gut vorgesorgt, dass auch in Zukunft die Frauen reihenweise ins Schwärmen geraten.
    Wie süß, ein großer u. ein kleiner Sheppard. Denn ich nehme doch mal an, dass bald alle diesen Namen tragen werden, wenn du Dramaqueen es nicht verhinderst.

    „Er war auf der Suche nach Ihnen.“
    Jetzt war John klar, dass O’Neill Bescheid wusste.
    Es ist ja auch zu offentlich sichtlich, da Torren eine kleinere Version von John ist.

    „Hallo, Torren“, erwiderte John mit sanfter Stimme, streckte die Hand aus und fuhr lächelnd durch das widerspenstige, dunkle Haar seines Sohnes, das sich zwischen seinen Fingern sofort wieder aufrichtete. „Es freut mich, Dich endlich kennenzulernen.“
    Ich habe gerade Kopfkino, was für eine schöne Szene. *seufz*

    Dankeschön für diese zwei wunderschönen Kapitel! Wehe, du schmeißt der Familienzusammenführung Stöcke zwischen die Beine.
    Freue mich darauf, wie es weitergeht.

    Ich bin zu alt, um nur zu spielen, zu jung, um ohne Wunsch zu sein.

  23. Danke sagten:


  24. #34
    Mama, im Dienste Ihrer Majestäten Avatar von Nyada
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    Standard Kapitel Sieben

    A/N: Pünktlich zum Wochenendausklang habe ich heute ein neues Kapitel für euch. Ich hoffe, dass es euch gefällt, und freue mich auf eure Meinung.

    Viel Spaß beim Lesen!

    Liebe Grüße
    eure Moni


    -------------



    Kapitel Sieben






    „Torren, beeil Dich, sonst kommst Du zu spät zur Schule“, hörte John Teyla in den Flur hineinrufen, und fast im selben Moment ertönte die Antwort des Jungen aus dem Obergeschoss.

    „Ich komme gleich.“

    Teyla seufzte, und John versteckte sein Grinsen, so gut es ging, hinter seiner Tasse, als er genüsslich einen großen Schluck Kaffee nahm, doch Teyla bemerkte das verräterische Zucken seiner Mundwinkel und warf ihm einen grimmigen Blick zu.

    „Ich finde das überhaupt nicht komisch, John“, erklärte sie streng. „Ein solches Verhalten ist nicht akzeptabel.“

    „Entschuldige bitte“, erwiderte John schuldbewusst, konnte sich ein Schmunzeln aber dennoch nicht verkneifen. Teyla verdrehte die Augen, schüttelte den Kopf und hätte vermutlich etwas gesagt, wenn nicht in diesem Augenblick die Tür zum Schankraum aufgegangen und Torren hereinspaziert wäre.

    „Du liebe Zeit“, stieß Teyla verzweifelt aus, als sie ihren Sohn erblickte, erhob sich und eilte zu ihm. Kopfschüttelnd betrachtete sie den Jungen von Kopf und Fuß. Die dunklen Haare standen ihm am Hinterkopf zu Berge, das Hemd hing ihm aus der Hose und er war barfuß. „Komm her“, befahl sie ihm streng und zog ihn zu sich. „Wie siehst Du nur wieder aus?“; schimpfte sie mit ihm und starrte dann auf seine nackten Füße. „Und wo, um Himmels Willen, sind Deine Schuhe?“

    Torren wackelte mit den Zehen.

    „Ich habe sie ausgezogen, bevor ich in die Kutsche von Mrs. O’Neill kletterte. Ich wollte nicht, dass sie dreckig werden.“

    „Und wo sind die Schuhe jetzt?“, fragte Teyla und sah ihn streng an.

    Ihr Sohn ließ zerknirscht den Kopf hängen und friemelte am Saum seines Hemds herum.

    „Das weiß ich nicht“, nuschelte er. „Ich glaube, ich habe sie verloren.“

    Teyla seufzte tief, sagte aber nichts und steckte sie ihm das Hemd ordentlich in die Hose. Ahnend, dass seine Mutter aufgebracht war, ließ Torren die Prozedur stillschweigend über sich ergehen; nur als sie seinen Kopf an ihre Brust zog, sträubte er sich und versuchte sich aus ihrem Griff zu befreien.

    „Igitt… Mama“, jaulte er und zappelte, als Teyla seine Haarwirbel mit Spucke zu glätten versuchte.

    „Halt jetzt still“, zischte sie und kämmte mit den Fingern durch Torrens widerspenstige Haare, die wie immer wild in alle Richtungen abstanden.

    Mama…“

    Neugierig und belustigt zugleich verfolgte John das Geplänkel zwischen den beiden, bis es Torren gelang, sich loszureißen.

    „Los, geh jetzt Deine anderen Schuhe holen“, wies Teyla ihn an und rief, als der Junge schon beinahe wieder zur Tür hinaus war: „Und vergiss Deine Schulsachen nicht!“ Torren murmelte ein paar unverständliche Worte als Erwiderung und verließ den Raum.

    Seufzend kehrte Teyla auf ihren Platz zurück.

    „Alles in Ordnung?“, fragte John besorgt, als sie sich zu ihm an den Tisch setzte. Sie sah immer noch mitgenommen aus und wirkte erschöpft. Müde nickte sie, doch die dunklen Schatten, die unter ihren Augen hingen, straften sie Lügen. Beunruhigt ließ er seinen Blick über sie gleiten und bemerkte erst jetzt, bei genauerem Hinsehen, wie blass sie war. Ihr Anblick versetzte ihn in Sorge und er begann sich zu fragen, warum ihm nicht schon viel früher aufgefallen war, wie schlecht sie aussah. Lag es an ihm? Belastete sie seine Gegenwart so sehr? Oder war es etwas anderes?
    John wagte es kaum, nach dem wahren Grund zu fragen, in der Angst, dass sie ihn wieder aus dem Haus jagen würde. Die Stimmung zwischen ihnen war an diesem Morgen wieder deutlich angespannter und er hatte das Gefühl, sich für das, was gestern Abend vorgefallen war, entschuldigen zu müssen. Er hatte nicht geplant, sie zu küssen, und es war auch nicht seine Absicht gewesen, sie dadurch in eine unangenehme Situation zu bringen. Es war einfach so geschehen und er konnte sich im Nachhinein auch nicht erklären, warum oder wie es dazu gekommen war. Er fühlte sich schuldig, aber zugleich auch verwirrt. Sie hatte den Kuss zugelassen und schließlich sogar erwidert und das obwohl sie ihm noch vor ein paar Tagen im übertragenen Sinn die Pest an den Hals gewünscht hatte. Hatte sich daran jetzt, da er von Torren wusste, etwas geändert?

    Nachdenklich musterte er sie. Sie hielt die Hände im Schoß, die Finger fest ineinander verschränkt, und schaute aus dem Fenster auf die staubige Straße hinaus.

    „Teyla“, sprach er sie an, doch erst als er ein zweites Mal leise ihren Namen rief, reagierte sie, holte tief Luft und sah ihn an.

    „Ja?“

    „Teyla“, begann er und legte die Hände vor sich auf den Tisch, „ich werde das Gefühl nicht los, dass ich mich bei Dir entschuldigen sollte.“

    „Wofür?“, fragte sie, und John sah, wie einer ihrer Mundwinkel nervös zuckte.

    „Für gestern Abend“, antwortete er. „Es sind… Dinge geschehen, die besser nicht hätten geschehen dürfen, und ich möchte, dass Du weißt, dass es mir leid tut. Es war ganz gewiss nicht meine Absicht, dass so etwas passiert.“

    „Soweit ich mich erinnere, ging die Initiative von uns beiden aus“, rief Teyla ihm in den Sinn, „und in diesem Fall sollte ich mich auch bei Dir entschuldigen.“

    John schüttelte den Kopf.

    „Nein, Teyla, Dich trifft keine Schuld. Ich hätte nicht-“

    „Schon gut, John“, fiel sie ihm ins Wort, zog ihre Hand unter dem Tisch hervor und legte sie auf seine. „Du brauchst Dich nicht zu rechtfertigen“, sagte sie. „Wir waren beide gestern etwas durcheinander. Wir haben uns geküsst und mehr nicht.“

    „Das heißt, Du bist mir nicht böse?“, schlussfolgerte John.

    Teyla verneinte.

    „Ich bin Dir nicht böse“, sagte sie, „aber bitte, lass uns nicht mehr darüber sprechen. Es ist besser so, glaube mir.“

    John nickte, und die Erleichterung in seiner Stimme war mit Händen zu greifen. „In Ordnung.“

    „Danke“, flüsterte Teyla und schenkte ihm ein scheues, zurückhaltendes Lächeln. Ihre Blicke trafen sich sekundenlang, bis das Geräusch von Schritten Teylas Blick zur Tür lenkte.

    „Ich habe leider nur diese Schuhe gefunden“, verkündete Torren, als er den Raum betrat, und blickte auf seine Füße hinab, die in einem Paar alter brauner Lederstiefel mit abgelaufener Sohle steckten. Stirnrunzelnd begutachtete John das Schuhwerk seines Sohnes und schüttelte den Kopf.

    „Gibt es in Athos Creek einen Schuhmacher?“, wandte er sich fragend an Teyla.

    „Nein, nicht mehr. Mr. Rush musste sein Geschäft vor ein paar Monaten aufgeben“, antwortete sie. „Aber Mr. Zelenka verkauft hin und wieder welche in seinem Laden.“

    John nickte. „Gut. Dann werden wir, sobald ich wieder in der Stadt bin, ein ordentliches Paar Schuhe für den Jungen kaufen.“

    „Er besitzt bereits ein ordentliches Paar Schuhe“, erwiderte Teyla pikiert.

    „Du meinst diese da?“, fragte John und deutete mit dem Finger auf Torrens zerschrammte und an der Sohle bereits eingerissene Stiefel. „Oder sprichst Du von denen, die er verloren hat?“ Er wusste, dass Teyla niemals auf sein Angebot, dem Jungen ein neues paar Schuhe zu kaufen, eingehen würde, aber dass sein Sohn weiter in diesen kaputten Stiefeln herumlief und sich schlimmstenfalls eine Erkältung holte, erschien John inakzeptabel.

    „Wir werden ihm ein neues Paar Schuhe kaufen“, wiederholte er daher entschieden, mit Nachdruck in seiner Stimme. „Schon morgen.“

    „Bleibst Du etwa nicht hier?“, meldete sich da auf einmal Torren zu Wort und sah ihn mit großen, verunsicherten Augen an.

    „Nein, mein Junge“, antwortete John, „ich muss zurück nach Pegasus‘ Hill.“ Torrens Unterlippe begann zu zittern, seine Schultern sackten nach unten, und er ließ enttäuscht den Kopf hängen.

    „Oh.“

    „Aber ich komme wieder“, versprach John, erhob sich, ging zu seinem Sohn hinüber und kniete vor ihm nieder, sodass sie auf Augenhöhe waren. „Es gibt ein paar Dinge, die ich erledigen muss, aber wenn ich damit fertig bin, verspreche ich Dir, dass ich wiederkomme.“

    Torren hob den Kopf zaghaft wieder etwas an. „Wirklich? Du versprichst es?“

    John nickte und fasste ihn bei den Schultern.

    „Ich verspreche es“, sagte er und schielte kurz zu Teyla hinauf. „Aber wir müssen auch Deine Mutter fragen, ob sie damit einverstanden ist.“

    Der Blick des Jungen huschte zu seiner Mutter.

    „Darf er wiederkommen, Mama?“, fragte er. „Bitte, darf er wiederkommen?“

    Teyla seufzte lang anhaltend, schloss die Augen und nickte.

    „Natürlich darf er wiederkommen“, antwortete sie, woraufhin Torren ein freudiges Glucksen von sich gab und seinem Vater überschwänglich um den Hals fiel. Überrascht legte John ebenfalls seine Arme um den Jungen und ließ sich von ihm umarmen. Vom allerersten Augenblick an war klar gewesen, dass Torren begeistert von ihm war und ihn akzeptierte, und sie hatten gestern Abend lange miteinander geredet, aber eine derart stürmische Aktion hatte John zu diesem Zeitpunkt nicht erwartet und es war ihm, zugegeben, in Teylas Gegenwart noch etwas unangenehm.

    „In Ordnung“, sagte er daher und löste sich von seinem Sohn, strich ihm übers Haar und erhob sich. „Deine Mutter hat Recht; Du solltest Dich jetzt besser beeilen, sonst kommst Du wirklich noch zu spät zur Schule.“

    „Kannst Du mich nicht heute zur Schule bringen?“, bettelte Torren.

    „Ich denke nicht, dass das eine gute Idee ist“, erwiderte John und schüttelte den Kopf. „Zumindest jetzt noch nicht“, vertröstete er ihn.

    Torren zog einen Flunsch, denn die Antwort schien ihm ganz und gar nicht zu gefallen.

    „Aber warum denn nicht?“, wollte er wissen und setzte einen traurigen Blick auf. „Grace wird auch von ihrem Pa zur Schule gebracht.“

    John seufzte und ging wieder in die Knie.

    „Torren“, begann er und erklärte mit sanfter, aber sehr bestimmter Stimme, „bitte versteh‘ mich nicht falsch. Ich freue mich wirklich sehr, dass ich Dich endlich kennenlernen durfte, und ich würde liebend gern so viel Zeit wie nur irgendwie möglich mit Dir verbringen, aber es gibt da noch ein paar wichtige Dinge, die ich unbedingt vorher klären muss. Verstehst Du das?“

    Torren schob schmollend die Unterlippe vor und nickte, also fuhr John fort.

    „Einige Leute würden es bestimmt falsch verstehen, wenn man uns jetzt zusammen sieht-“

    „Aber warum?“, fiel sein Sohn ihm ins Wort. „Ich verstehe das nicht. Du bist doch mein Pa!“

    John rieb sich seufzend den Nacken.

    „Das ist eine lange, lange Geschichte, Torren“, antwortete er und blickte zu Teyla auf, die der Unterhaltung lauschte. „Die Leute mögen mich nicht, weil ich Dich und Deine Mutter damals allein gelassen habe, und es würde ganz bestimmt Gerede geben. Und das möchte ich nicht. Ihr seid meine Familie“, sagte er, nahm Torren bei der Hand und griff auch nach der von Teyla, „und ich möchte nicht, dass man schlecht über meine Familie redet.“
    Während sein Sohn das Gesagte noch zu verarbeiten versuchte, spürte John, wie Teyla ihre Hand in seine schob. Lächelnd verwob er seine Finger mit ihren, drückte ihre Hand und strich mit dem Daumen sanft über ihr Handgelenk, fühlte ihren Puls, der sich ein klein wenig beschleunigte, als er die zarte Haut berührte.

    „Ich habe verstanden“, erklärte Torren schließlich.

    „Das ist gut. Ich bin sehr stolz auf Dich, mein Junge“, sagte John, ließ Torrens als auch Teylas Hand los und richtete sich auf. „Ich verspreche Dir, dass ich Dich eines Tages zur Schule bringen werde“, meinte er zu Torren, als Teyla und er den Jungen zur Tür begleiteten.

    „Ganz bestimmt?“, hakte sein Sohn nach, blieb in der offenen Haustür stehen und blickte mit funkelnden Augen zu ihm auf.

    „Ganz bestimmt“, bestätigte John, wuschelte ihm liebevoll durchs Haar und trat einen Schritt zur Seite, damit Teyla sich von ihrem Sohn verabschieden konnte.

    „Viel Spaß heute in der Schule“, sagte sie, ging in die Knie und verstaute ein sorgfältig in Papier eingeschlagenes Stück Brot in seiner Schultasche. Dann küsste sie ihn auf die Stirn. „Wir sehen uns nachher. Ich hab‘ Dich lieb bis zum Mond und wieder zurück, mein Schatz.“

    „Und ich Dich doppelt so viel“, griente Torren, verabschiedete sich mit einem Winken und rannte über die Straße, wo bereits eine Gruppe Kinder auf ihn wartete.

    „Wer ist die Kleine?“, fragte John, als er sah, wie sein Sohn zielgerichtet auf ein etwa gleichaltriges Mädchen mit blonden Engelslocken und wachen blauen Augen zusteuerte.

    „Das ist Sarah-Grace McKay“, erklärte Teyla ihm mit einem seligen Lächeln auf den Lippen. „Sie ist die Tochter von Jennifer McKay und ihrem Mann Rodney und nur ein paar Monate älter als Torren.“

    John schmunzelte und beobachtete mit stolz geschwellter Brust, wie sein Sohn das Mädchen in dem roten Kleid zum Lachen brachte. „Er scheint sie zu mögen.“

    „Erwähne das bloß nicht Rodney gegenüber“, warnte Teyla und drehte sich um, um ins Haus zurückzugehen. „Sarah-Grace ist sein Ein und Alles und er wacht mit Argusaugen über sie.“

    „Verständlich“, meinte John und sah ein letztes Mal zu den Kindern hinüber, ehe er Teyla ins Haus folgte. „Sie ist ein hübsches kleines Ding. Der Junge hat Geschmack.“

    Teyla verdrehte die Augen und schüttelte leicht den Kopf, sagte aber nichts.

    „Und Du willst wirklich jetzt schon nach Pegasus‘ Hill zurückkehren?“, fragte sie schließlich, als sie sich unschlüssig im Schankraum gegenüberstanden. „Bist Du sicher, dass das eine gute Idee ist?“

    „Ich befürchte, mir bleibt keine andere Wahl“, antwortete John und seufzte tief. „Entweder ich stelle mich meinem Bruder freiwillig oder er wird sich anderenfalls aufmachen, um sich selbst ein Bild zu machen.“

    „Aber wäre das nicht besser?“, gab Teyla zu Bedenken. „Wenn er es selbst sieht, anstatt es nur von Dir erklärt zu bekommen?“

    John schüttelte den Kopf und setzte sich, begleitet von einem weiteren schweren Seufzer, an einen der leeren Tische.

    „Du kennst ihn nicht“, sagte er und bedeutete ihr, ebenfalls Platz zu nehmen. „Mr. O’Neill tat gut daran, mir zu empfehlen, nicht mit ihm nach Pegasus‘ Hill zurückzugehen. Mein Bruder ist ein tüchtiger Geschäftsmann, aber er neigt, wie unser Vater, zum Jähzorn. Er ist bestimmt außer sich, weil ich ihm die Wahrheit verschwiegen habe.“

    „Das heißt“, meinte Teyla und ließ sich auf den Stuhl ihm gegenüber sinken, „dass Du ihm und Deiner Familie nichts von Deiner Zeit hier erzählt hast.“ Es war keine Frage, es war eine einfache Feststellung, und John seufzte zum dritten Mal innerhalb kürzester Zeit.

    „Nein, ich habe ihnen nicht von meiner Zeit hier berichtet“, gestand er ihr, und Teyla runzelte die Stirn.

    „Sie wissen also nichts von… uns?“, fragte sie leise. Wieder schüttelte John den Kopf und schloss schuldbewusst und voller Bedauern für einen Moment die Augen.

    „Sie hätten es nicht verstanden“, beteuerte er, „und außerdem haben sie nie danach gefragt.“

    „Was wäre, wenn ich Dich danach fragen würde?“, erkundigte Teyla sich auf einmal, neigte den Kopf zur Seite und sah ihn an. „Würdest Du es mir erzählen?“

    John zuckte mit den Achseln.

    „Das kommt darauf an“, meinte er. „Es ist keine besonders spannende Geschichte.“

    „Ich würde sie trotzdem gerne hören“, erwiderte Teyla und griff plötzlich unvermittelt über den Tisch hinweg nach seiner Hand. „Ich habe mich immer gefragt, wie es Dir damals, nach Deinem Weggang, ergangen ist.“

    John runzelte die Stirn und musterte sein Gegenüber abwägend. „Willst Du das wirklich, Teyla?“

    Sie nickte. „Es zu wissen, würde mir wenigstens etwas von meinem Seelenfrieden zurückgeben.“

    „Nun gut-“ John setzte sich etwas aufrechter hin und holte tief Luft. Er war sich nicht sicher, ob es Teyla wirklich interessierte, aber allein schon die Bereitschaft, ihm Gehör zu schenken, war ihm eine Wohltat, die er nicht missen wollte.

    „Wie gesagt, es ist keine spannende Geschichte“, begann er zu erzählen und lehnte sich mit den Unterarmen auf den Tisch. „Ich war in Richtung Osten gereist und rund einen Monat unterwegs, als ich in eine größere Stadt namens Sateda City kam. Dort habe ich eine Weile auf der Farm eines gewissen Mr. Dex als Zureiter und Stallbursche gearbeitet“, erinnerte er sich. „Es war keine gute bezahlte Arbeit, aber der Lohn reichte für das Nötigste, und Mr. Dex gewährte mir ein Dach über dem Kopf und Verpflegung. Ich blieb für rund drei Monate bei ihm.
    Eines Tages kam ein hochrangiger Politiker von der Ostküste in die Stadt und sprach mich während einer Bürgerveranstaltung im Rathaus an. Ich erinnere mich nicht mehr an seinen Namen, aber sehr wohl daran, wie aufgeregt er war. Er erzählte mir Dinge, Dinge, die nur jemand wissen konnte, der mich wirklich kannte. Ich wurde neugierig und wollte mehr wissen, also nahm ich seine Einladung an, ihn zwei Tage später nach Boston zu begleiten.“

    „Boston“, wiederholte Teyla, die ihm bis jetzt aufmerksam zugehört hatte. „Du stammst also ursprünglich aus Boston?“

    John nickte und setzte fort. „Kurz nach meiner Rückkehr erzählte mir mein Bruder, dass ich im Auftrag unseres Vaters auf dem Weg zu einer großen Industriemesse in Cheyenne gewesen war. Wie bekannt ist, bin ich dort allerdings nie angekommen, weswegen meine Familie mich nach einem Monat als vermisst meldete.“

    „Du bist tatsächlich in der Nähe der Straße gefunden worden, die nach Cheyenne führt“, erinnerte Teyla sich. „Jeder ging damals davon aus, dass Du von Wegelagerern überfallen und zum Sterben zurückgelassen worden bist.“

    „Das kann sein, aber ich weiß bis heute nicht, was damals wirklich geschah“, erklärte John und kratzte sich nachdenklich am Hinterkopf, bevor er seine Geschichte fortsetzte. „Zwei, drei Wochen nach meiner Rückkehr nach Boston begann ich mich langsam an alles zu erinnern. An meinen Namen und auch an meine Familie und mein altes Leben.“

    Teyla lächelte. „Es war sicher schön für Dich, Deine Familie und Freunde wiederzusehen.“

    „Ja, das war es, aber…“, John hielt inne und suchte nach den richtigen Worten.

    „Aber es war nicht dasselbe“, sagte Teyla plötzlich. John sah sie an und nickte langsam.

    „Hätte ich damals geahnt, dass Du…“ Er brach erneut mitten im Satz ab und schüttelte seufzend den Kopf. „Hätte ich gewusst, wie sehr Du mich brauchst, wäre ich nie gegangen. Ich wäre geblieben, bei Dir und dem Kind. Ich wäre Torren ein guter Vater gewesen.“

    „Ich weiß, John.“ Teylas Stimme war nur noch ein Flüstern, und Tränen standen in ihren Augen. „Ich weiß.“

    „Ich war so dumm…“, sagte er, doch Teyla schüttelte den Kopf und fiel ihm ins Wort.

    „Nein, John, das stimmt nicht! Hör auf so etwas zu sagen.“

    „Ich hätte viel eher zurückkommen müssen. Ich hätte Dich nicht mit der ganzen Verantwortung alleinlassen dürfen.“

    Teyla seufzte. „Du wusstest es doch nicht.“

    „Ich hätte es wissen müssen“, erwiderte John. „Ich hätte mich vergewissern müssen, dass es Dir gut geht, aber… aber ich habe mich zu sehr geschämt. Und ich hatte… Angst. Ich hatte Angst davor, dass Du mich hasst.“

    Nachdem er den Satz ausgesprochen hatte, wurde es still. Teyla blinzelte und starrte auf ihre Hände, die ineinander verkrampft vor ihr auf dem Tisch lagen.

    „Weißt Du“, sagte sie schließlich, holte tief Luft und sah ihn wieder an, „ich habe Jahre damit zugebracht, mir einzureden, dass ich Dich hasse. Vermutlich ist das auch der Grund dafür, dass ich Torren nie von Dir erzählt habe. Ich wollte Dich hassen, John, aber… aber ich konnte es nicht. Ich habe mir eingeredet, es zu können, aber in Wirklichkeit habe ich Dich nie gehasst.“

    Ihre Worte versetzten John in offensichtliches Staunen. All die Jahre hatte er geglaubt, dass sie ihn hasste, dabei tat sie es nicht. „Teyla…“

    „Es tut mir leid, was ich zu Dir gesagt habe“, fuhr sie fort und verzog das Gesicht zu einer Grimasse aus Scham und Abbitte. „Ich habe das nicht so gemeint. Es war der Schock, der da aus mir gesprochen hat. Ich hatte mich bereits damit abgefunden, Dich nie wiederzusehen, und als Du dann plötzlich vor mir standest…“ Sie holte zittrig Luft und vermied es, ihm direkt in die Augen zu sehen, als sie leise flüsterte: „Auch ich hatte Angst.“

    Behutsam legte John seine Hand auf ihre und schenkte ihr, als sie aufblickte und ihn ansah, ein aufmunterndes Lächeln.

    „Vielleicht sollten wir aufhören, über die Vergangenheit zu sprechen, und uns auf das konzentrieren, was vor uns liegt“, schlug er vor, woraufhin Teyla erleichtert ausatmete.

    „Das ist eine gute Idee“, sagte sie.

    John nickte und verspürte ein angenehmes Gefühl von Zufriedenheit in sich aufsteigen und das, obwohl er wusste, dass das letzte Wort in dieser Sache noch nicht gesprochen war; nicht einmal die Voraussicht auf die unvermeidbare Konfrontation mit seinem Bruder konnte dieses Gefühl dämpfen. Er schenkte Teyla ein weiteres Lächeln und als sie es erwiderte, blitzte es zum ersten Mal so fröhlich und munter in ihren braunen Augen, wie er es von ihr gewöhnt war.

    „Ich sollte jetzt besser gehen“, sagte er und es tat ihm fast Leid, sie allein zu lassen, aber er musste zurück nach Pegasus‘ Hill und mit seinem Bruder reden.

    Teyla nickte, und sie erhoben sich und gingen gemeinsam zur Tür.

    „Wann wirst Du wiederkommen?“, fragte sie, als sie auf die Veranda hinaustraten und unter dem Vordach des Hauses stehenblieben.
    ¬
    „Sobald ich mit meinem Bruder gesprochen habe“, erwiderte John, seufzte und senkte betrübt den Kopf. „Ich wünschte nur, er hätte auf anderem Wege davon erfahren.“

    „Er wird Dich verstehen, wenn Du ihm alles erklärst“, versicherte Teyla ihm, und plötzlich spürte er ihre weichen Hände auf seinem Gesicht. Sie hob seinen Kopf an, damit er ihr in die Augen sah, und fuhr sanft mit den Fingern über seine Wangen. Im selben Moment trafen sich ihre Blicke, und ohne groß darüber nachzudenken, was er tat, schlang John die Arme um ihre Taille und zog sie zu sich heran. Teylas Mund verzog sich zu einem Lächeln, und ihre Hand glitt seinen Hals hinunter, legte sich auf seine Brust, auf sein Herz. John stockte kurz der Atem, dann nahm er ihre Hand von seiner Brust und hielt das zarte Gelenk sanft umklammert.

    „Ich sollte jetzt wirklich gehen“, wiederholte er, und Teyla nickte.

    „Ja, das solltest Du“, flüsterte sie, stellte sich auf die Zehenspitzen, um seine Wange zu küssen, überlegte es sich aber im letzten Moment anders, drehte den Kopf und presste ihre Lippen sachte auf seinen Mund. Verzaubert von der Leichtigkeit der Berührung schloss John die Augen, doch so schnell wie es zu diesem Kuss gekommen war, so schnell war er auch wieder vorbei. Gefühlt war es nur der Hauch einer Sekunde gewesen, und als John die Augen wieder öffnete, war Teyla bereits einen Schritt zurückgetreten und hatte eine Hand auf die Türklinke gelegt.

    „Auf Wiedersehen, John“, sagte sie leise, bedachte ihn mit einem Lächeln und öffnete die Tür.

    „Auf Wiedersehen“, erwiderte er und sah zu, wie sie lächelnd im Haus verschwand. Eine Weile starrte er auf die geschlossene Tür, dann stahl sich ein Grinsen auf seine kribbelnden Lippen.

    Fortsetzung folgt…
    Geändert von Nyada (06.06.2016 um 08:51 Uhr)


  25. #35
    Chief Master Sergeant Avatar von Jolinar
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    Endlich ist sie da, die langersehnte Aussprache zwischen John und Teyla. Und sie scheinen sich einig zu sein.

    Eine weitere liegt noch vor John, und zwar mit seinem Bruder (vielleicht auch mit Mara?). Diese wird bestimmt nicht so harmonisch ablaufen. Da wird es Schwierigkeiten geben.

    Freue mich, wie immer, auf die Fortsetzung.

  26. Danke sagten:


  27. #36
    Major Avatar von claudi70
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    Hallo Moni, ich melde mich auch mal wieder zu Worte
    Ich bin ja so froh, dass John jetzt endlich seinen Sohn kennen lernen durfte und das Torren ihn, wie es aussieht auch sehr mag.

    [QUOTE„Du meinst diese da?“, fragte John und deutete mit dem Finger auf Torrens zerschrammte und an der Sohle bereits eingerissene Stiefel. „Oder sprichst Du von denen, die er verloren hat?“ ][/QUOTE] Ach wie süß, er schlüpft schnell in die Vaterrolle. Gefällt mir sehr gut und passt zu John.

    „Bleibst Du etwa nicht hier?“, meldete sich da auf einmal Torren zu Wort und sah ihn mit großen, verunsicherten Augen an.

    „Nein, mein Junge“, antwortete John, „ich muss zurück nach Pegasus‘ Hill.“ Torrens Unterlippe begann zu zittern, seine Schultern sackten nach unten, und er ließ enttäuscht den Kopf hängen.

    „Oh.“
    armer kleiner Fratz, gerade erst hat er seinen Dad kennengelernt und schon muss dieser wieder weg.

    „Würdest Du es mir erzählen?“

    John zuckte mit den Achseln.

    „Das kommt darauf an“, meinte er. „Es ist keine besonders spannende Geschichte.“

    „Ich würde sie trotzdem gerne hören“, erwiderte Teyla und griff plötzlich unvermittelt über den Tisch hinweg nach seiner Hand. „Ich habe mich immer gefragt, wie es Dir damals, nach Deinem Weggang, ergangen ist.“
    und nun kommt endlich das klärende Gespräch und was noch schöner ist, dass sie sich nicht streiten :pro und es sehr friedlich abläuft.

    „Ja, das solltest Du“, flüsterte sie, stellte sich auf die Zehenspitzen, um seine Wange zu küssen, überlegte es sich aber im letzten Moment anders, drehte den Kopf und presste ihre Lippen sachte auf seinen Mund.


    Tolles Kapitel und ich freue mich natürlich auf die Fortsetzung.
    GlG Claudi

  28. Danke sagten:


  29. #37
    zigtausend Jahre alt ... ;-) Avatar von John's Chaya
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    Ach *seufz*, endlich haben sie sich ausgesprochen und sind auf einem guten Weg wieder zusammen zu kommen.
    Torren ist sooo... süß, wie er John umarmt hat und wie er auf ihn reagiert, einfach toll.
    John wird sein Versprechen Torren gegenüber nie brechen, er wird ihn irgendwann zur Schule bringen.
    Süß, wie Torrens Haare abstehen, wie bei John. Aber Teyla, nee, ihhh... bäh... doch nicht mit Spucke glätten.

    Im selben Moment trafen sich ihre Blicke, und ohne groß darüber nachzudenken, was er tat, schlang John die Arme um ihre Taille und zog sie zu sich heran.
    Wurde aber auch Zeit. Ich hoffe nur, dass Dave John keine Knüppel zwischen die Beine schmeißt. Aber ich habe da so eine Ahnung, dass du Dramaqueen schon dafür sorgen wirst.
    Dankeschön für dieses schöne Kapitel, bin schon ganz neugierig wie es weitergeht.

    Ich bin zu alt, um nur zu spielen, zu jung, um ohne Wunsch zu sein.

  30. Danke sagten:


  31. #38
    Die nach den Sternen greift Avatar von Ailya
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    Das war wieder ein sehr schönes Kapitel, aber, oh man, ich rieche Ärger kommen. Dave wird ganz und gar nicht begeistert sein, nein, nein, ganz und gar nicht. Ich hoffe, dass John ihm ordentlich Paroli bieten wird und dass dann alle glücklich werden...

    Aber jetzt erst einmal zu deinem aktuellen Kapitel.

    Überrascht legte John ebenfalls seine Arme um den Jungen und ließ sich von ihm umarmen. Vom allerersten Augenblick an war klar gewesen, dass Torren begeistert von ihm war und ihn akzeptierte, und sie hatten gestern Abend lange miteinander geredet, aber eine derart stürmische Aktion hatte John zu diesem Zeitpunkt nicht erwartet und es war ihm, zugegeben, in Teylas Gegenwart noch etwas unangenehm.
    Ich freue mich, dass Torren John als seinen Vater akzeptiert, aber ich verstehe auch John, dass er erst einmal etwas vorsichtig ist, schließlich haben sie beiden sich zum ersten Mal seit sechs Jahren gesehen. Ich glaube aber, dass er sich schnell an die Vaterrolle gewöhnen wird. Ein bisschen ist er ja sogar schon in sie hineingeschlüpft.

    John nickte. „Gut. Dann werden wir, sobald ich wieder in der Stadt bin, ein ordentliches Paar Schuhe für den Jungen kaufen.“
    *seufz* Ach, wie süß...

    „Willst Du das wirklich, Teyla?“

    Sie nickte. „Es zu wissen, würde mir wenigstens etwas von meinem Seelenfrieden zurückgeben.“
    ENDLICH gab es die Aussprache zwischen den beiden. Ich bin so froh! Jetzt kann es eigentlich nur noch bergauf gehen. Ich hoffe ja immer noch, dass die beiden- eventuell mit Torrens Hilfe- wieder zusammenkommen und endlich eine glückliche Familie werden. Nachdem ich die letzten Absätze dieses Kapitels gelesen habe, bin ich mir sogar sicher, dass es ein Happy End geben wird.

    „Ja, das solltest Du“, flüsterte sie, stellte sich auf die Zehenspitzen, um seine Wange zu küssen, überlegte es sich aber im letzten Moment anders, drehte den Kopf und presste ihre Lippen sachte auf seinen Mund. Verzaubert von der Leichtigkeit der Berührung schloss John die Augen
    Die beiden kommen sowas von zusammen! Wehe wenn nicht!

    Wie gesagt, das war ein schönes Kapitel und ich bin schon sehr gespannt auf die Fortsetzung und das Gespräch zwischen John und Dave.

    Vielen Dank fürs Lesen lassen und liebe Grüße
    deine Ally

  32. Danke sagten:


  33. #39
    Mama, im Dienste Ihrer Majestäten Avatar von Nyada
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    Standard Kapitel Acht

    A/N: Pünktlich zum Sonntag gibt es heute wieder ein neues Kapitel für euch. Ich hoffe, es gefällt euch, und wünsche euch ganz viel Spaß beim Lesen und danach beim Kommentieren.

    Liebe Grüße
    eure Moni



    -------------



    Kapitel Acht



    Eine Stunde später stand John vor der Zimmertür seines Bruders und betastete nervös den Kragen seines Hemdes, welcher ihm plötzlich viel zu eng erschien. Obwohl er wusste, dass David- der stets penibel auf sein Äußeres achtete- nichts mehr auf der Welt verabscheute, als ein unsauber geknöpftes Hemd, lockerte John den Kragen, öffnete die obersten beiden Knöpfe und verbarg das daraufhin hervorblitzende Stück Haut geschickt unter dem breiten Seidenkrawattentuch, welches er um den Hals gebunden trug.

    Jetzt oder nie, sagte er dann zu sich, streckte die Hand aus und klopfte an Davids Tür.

    „Herein“, ertönte die Stimme seines Bruders wenige Augenblicke später, und John holte tief Luft, öffnete die Tür und betrat das Zimmer.

    Das Erste, was ihm auffiel, war die Unordnung, die untypisch für seinen strukturliebenden Bruder war. Dann bemerkte er bei genauerem Hinsehen die beiden Koffer, die gepackt vor dem Bett standen. Ein dritten lag mit geöffnetem Deckel auf dem Bett, und David beugte sich über das Gepäckstück und verstaute einen Stapel Hemden darin.

    „Was tust Du denn da?“, fragte John, obgleich er natürlich sah, was sein Bruder gerade tat.

    „Das siehst Du doch“, antwortete David, ohne ihn anzusehen. „Ich packe.“

    John runzelte die Stirn. „Du reist ab?!“

    „Ja, ich reise ab“, bestätigte David, schloss den Koffer, hob ihn vom Bett und stellte ihn zu den anderen beiden. „Es ist schon alles geklärt“, sagte er und wuchtete den nächsten Koffer auf das Bett. „Schon morgen früh wird man Mara und mich nach Abydos City bringen, von wo aus wir den ersten Zug in Richtung Ostküste nehmen werden.“

    „Mara begleitet Dich?“, echote John und zog überrascht die Augenbrauen in die Höhe. Sein Bruder hielt inne, drehte sich um und sah ihm zum ersten Mal, seit er das Zimmer betreten hatte, in die Augen.

    „Wieso, wäre es Dir lieber, wenn ich sie hierließe?“, fragte er, und seine Stimme triefte derart vor Hohn und Spott, dass John zusammenzuckte. David beobachtete seine Reaktion mit offensichtlicher Genugtuung. „Korrigiere mich bitte, wenn ich mich irre“, sprach er dann und durchbohrte John mit seinem Blick, „aber es erschien mir in letzter Zeit nicht so, als ob Dir viel an ihrer Gegenwart liegt.“

    John kniff die Lippen aufeinander und schüttelte den Kopf. „Dave, Du verstehst das nicht…“

    „Oh nein, John, ich verstehe das sogar sehr gut“, fiel David ihm ins Wort und kam langsam, um das Bett herum, auf ihn zu. Er redete mit ruhiger und klarer Stimme, während in seinen Augen die zurückgehaltenen Emotionen brodelten.

    „Weißt Du“, er blieb stehen und verschränkte die Hände im Rücken, „ich hatte von Anfang an Bedenken, was diese Reise anging, und wie ich jetzt bedauerlicherweise feststellen muss, waren sie berechtigt.“

    John schluckte und straffte die Schultern, denn er kannte diesen Blick, den sein Bruder ihm zuwarf, seit langem und wusste, dass er zumeist nichts Gutes zu bedeuten hatte.

    „Was wirst Du jetzt tun?“

    David stieß hörbar die Luft aus, fast so als würde er lachen, drehte sich um und marschierte zu seinem Bett zurück.

    „Was erwartest Du denn, dass ich tun soll?“, fragte er kopfschüttelnd. „Dass ich so tue, als wäre nie etwas geschehen? Dass ich unseren Vater und unsere Mutter belüge, so wie Du es all die Jahre getan hast?“

    „Ich habe niemanden belogen, Dave“, stellte John klar.

    „Ach nein?“, entfuhr es David aufgebracht. „Und das soll ich Dir glauben? Nach allem, was ich gestern in Erfahrung bringen musste?“

    John schüttelte den Kopf.

    „Ich erwarte nicht, dass Du mir glaubst“, erwiderte er ruhig. „Ich erwarte lediglich von Dir, dass Du mich anhörst und mich es Dir erklären lässt.“

    Sein Gegenüber schnaubte verächtlich, ging zum Fenster und schaute hinaus, und eine lange Zeit war kein Wort von ihm zu vernehmen. Er war wütend, doch da war noch etwas anderes, das John nicht zu deuten vermochte. Er konnte den inneren Konflikt seines Bruders förmlich spüren und sah, wie David seine Körperhaltung in dem Versuch, sich zu beherrschen, immer mehr verkrampfte.

    „Wusstest Du von dem Jungen?“, fragte er schließlich, so leise, dass John es beinahe nicht gehört hätte. „Ist er der Grund, warum wir hier sind?“

    John schüttelte erneut den Kopf.

    „Nein“, sagte er, „er ist nicht der Grund. Bis vor zwei Tagen wusste ich nicht einmal, dass es ihn gibt. Ich habe die Stadt damals verlassen, ohne zu wissen, dass seine Mutter schwanger ist.“

    David seufzte, drehte sich um und sah ihn mit fest aufeinandergepressten Lippen an.

    „Es fällt mir schwer, das zu glauben“, gestand er, und John nickte.

    „Ich weiß, aber wie gesagt, ich erwarte nicht von Dir, dass Du mir glaubst.“

    „All die Jahre, John…“ David seufzte erneut und schüttelte den Kopf, als hoffte er dadurch alles besser zu begreifen. „Du hast uns die ganzen Jahre etwas vorenthalten. Du hast uns angelogen.“

    „Nein, Dave, ich habe euch nicht angelogen“, erwiderte John. „Ich habe euch nur nichts davon erzählt, weil ihr mich nie danach gefragt habt.“

    Sein Bruder schüttelte noch immer den Kopf, als er nach einer Weile zu ihm meinte: „Es liegt nicht bei mir, ein Urteil über Dich zu fällen, aber John, Du kannst davon ausgehen, dass ich nach meiner Rückkehr nach Boston Mutter und Vater in Kenntnis über diese Sache setzen werde. Sie haben ein Recht darauf, es zu erfahren.“

    „Wenn Du gestattest, würde ich es Ihnen gern persönlich sagen“, bat John.

    „Gedenkst Du denn, uns morgen zu begleiten?“, erkundigte sich David.

    John seufzte. Er hatte sich dieselbe Frage gestellt und war nach reichlicher Überlegung zu dem Schluss gekommen, dass es in Anbetracht der Tatsachen nur eine richtige Antwort gab.

    „Nein.“ Er holte tief Luft und schüttelte den Kopf. „Nein, ich werde euch morgen nicht begleiten. Ich kann hier jetzt nicht weg, Dave. Ich… Wir brauchen mehr Zeit“, verbesserte er sich und achtete dabei bewusst auf seine Wortwahl.

    David zog seine Augenbrauen zusammen und sah ihn einige Augenblicke lang ernst an, dann nickte er.

    „Es ist Deine Entscheidung“, meinte er, sprach aber schon im nächsten Moment eine wohlgemeinte Warnung aus. „Vater wird nicht begeistert sein, wenn er davon erfährt. Stelle Dich auf Konsequenzen ein.“

    John nickte. „Das werde ich. Danke, Dave.“

    „Danke nicht mir“, erwiderte sein Bruder klanglos. „Mein Vertrauen hast Du verloren, John, und ich weiß nicht, ob Du es je zurückerlangen wirst.“

    Seine Worte versetzen Johns Herzen einen Stich. „Dave…“

    „Ich denke, es ist besser, wenn Du jetzt gehst“, unterbrach David ihn und deutete auf die Tür. „Ich habe Dir nichts mehr zu sagen.“

    „Aber ich habe Dir etwas zu sagen“, verkündete John und trat vor ihn. Sein Bruder mochte ihm vielleicht nicht verzeihen, aber wenn es schon das letzte Mal war, dass sie miteinander sprachen, wollte er, dass das Gespräch David wenigstens nachhaltig in Erinnerung blieb. Und so erhob er das Wort erst wieder, als er sicher war, dass David ihm zuhörte.

    „Ja, Du hast Recht, ich habe euch Dinge vorenthalten, die meine Vergangenheit betreffen, aber ich möchte klarstellen, dass ich weder Dich, noch Vater oder Mutter je angelogen habe. Hast Du das verstanden?“

    Nach kurzem Zögern nickte sein Bruder. „Sprich weiter.“

    „Mir ist egal, was Du unseren Eltern sagst, und mir ist auch egal, was sie danach von mir denken mögen.“ David zog die Augenbrauen in die Höhe, aber dessen ungeachtet fuhr John fort und blickte seinem Bruder eindringlich in die Augen. „Ich bitte Dich nur um eines; halte Teyla und den Jungen aus der ganzen Sache heraus. Sie trifft keine Schuld, und ich möchte nicht, dass Du schlecht über sie sprichst.“

    „Und was soll ich unseren Eltern sagen, wenn sie mich nach ihnen fragen?“, wollte David wissen.

    „Sage ihnen, dass ich ihnen zu gegebener Zeit alles erklären werde“, antwortete John, drehte sich um und ging zur Tür. Auf halber Strecke hörte er plötzlich David seinen Namen rufen.

    „John, warte.“

    John blieb stehen, wandte sich um und sah seinen Bruder fragend an.
    „Ich weiß, dass Dir der Sinn jetzt gerade nach etwas anderem steht“, meinte David, „aber Du solltest nach Mara sehen. Sie wirkte gestern sehr… durcheinander.“

    „Dave…“ John seufzte.

    „Tu es nicht mir zuliebe, tu es ihr zuliebe“, legte David ihm ans Herz. „Ich weiß, Du liebst sie nicht, aber ich denke, wir beide wissen, wie viel du ihr bedeutest. Lass das arme Mädchen nicht in dem Glauben, dass es Dich gar nicht interessiert, wie sie sich fühlt. Geh zu ihr und sprich mit ihr.“

    Auch wenn ihm der Gedanke nicht gefiel, so wusste John doch, dass sein Bruder Recht hatte. Er musste mit Mara sprechen. Sie war ein hübsches Mädchen, aber es war so, wie David gesagt hatte; er liebte sie einfach nicht. Er hatte sie noch nie geliebt und mehr als eine Art unterhaltsamen Zeitvertreib angesehen. Dabei hatte er sich jedoch nie zu etwas Unschicklichem hinreißen lassen, wofür er jetzt, im Nachhinein, durchaus dankbar war.

    Trotzdem graute es ihm, Mara unter die Augen zu treten und ihre Hoffnungen und Wünsche endgültig zu zerstören, aber es blieb ihm wohl keine andere Wahl. Und so machte er sich, nachdem er sich von seinem Bruder verabschiedet hatte, zerknirscht auf den Weg, um sie zu suchen…



    ooOOoo



    Es verging eine weitere volle Stunde, bis er Mara endlich fand. Nachdem er fast jeden Raum auf dem Anwesen der O’Neills einschließlich des Gartens, des Innenhofs und der Ställe vergebens nach der jungen Frau abgesucht hatte, entschied er, eine Pause einzulegen und sich auf sein Zimmer zurückzuziehen, um die wenigen Habseligkeiten, die er auf die Reise mitgenommen hatte, zusammenzupacken.

    Als er das Zimmer betrat, erschrak er zuerst, als er eine Gestalt auf der Fensterbank sitzen sah, dann erkannte er jedoch, dass es Mara war, die auf die Wiesen und Felder hinausblickte. Als er die Tür schloss, horchte sie auf und drehte sich halb zu ihm um.

    „John?“ Ihre Stimme war kaum mehr als ein ersticktes Flüstern, und John hörte, dass sie geweint hatte.

    „Ich bin es“, rief er leise und blieb unschlüssig in der Mitte des Raumes stehen. „Ich habe Dich gesucht.“

    „Ich war hier“, erwiderte Mara, erhob sich und starrte ihn an. „Ich war die ganze Zeit hier, John. Ich habe auf Dich gewartet.“

    John schluckte und ging langsam auf sie zu. Erst als er näher kam, sah er, wie müde und blass sie wirkte. Ihre Augen waren gerötet und geschwollen vom Weinen, ihr schöner Mund zeichnete eine ernste, fast gerade Linie und ihr langes blondes Haar war halb zusammengebunden, halb zerzaust, Strähnen hatten sich aus dem Haarband gelöst und fielen ihr auf die fleckigen Wangen. Eine Welle des Mitleids und des Bedauerns erfasste John bei ihrem Anblick und er nahm sie bei den Händen.

    „Mara, ich…“ Er schüttelte den Kopf und suchte nach den richtigen Worten. „Mara… es tut mir leid.“

    Die junge Frau seufzte schwer, setzte sich in Bewegung und ließ sich, begleitet von einem weiteren Seufzen, auf die Kante des Bettes nieder.

    „Liebst Du sie?“, fragte sie so unvermittelt, dass John im ersten Augenblick zu überrascht war, um etwas zu erwidern.

    „Wie… wie war das bitte?“

    „Ich möchte wissen, ob Du diese Frau, diese Wirtin, liebst“, wiederholte Mara ihre Frage und verzog verachtend das Gesicht.

    John zögerte, dann schüttelte er den Kopf, was ein vorübergehendes Funkeln in Maras blauen Augen wachrief.

    „Mara, das ist nicht so einfach“, erklärte er ihr ruhig, und sofort erstarb das Leuchten in ihren Augen und sie blinzelte enttäuscht.

    „Nun“, sagte sie leise und wischte sich die Tränen aus den Augen, „das beantwortet meine Frage.“ Mit zittrigen Beinen erhob sie sich und ging zur Tür.

    „Jetzt warte doch einen Moment“, rief John, packte sie beim Ellenbogen und zog sie mühelos herum. „Mara, Du musst das verstehen…“

    „Das tue ich aber nicht!“, schluchzte sie plötzlich und begann erneut hemmungslos zu weinen. Ihr Körper bebte, ihre Worte wurden durch laute Schluchzer und Wimmern unterbrochen, die Tränen rannen ungehindert über ihr Gesicht und tropften von dort aus auf ihren seidenen Morgenrock. Einige ihrer Tränen fielen auf Johns Hand, und da er sich nicht anders zu helfen wusste, nahm er sie in den Arm, drückte sie leicht an sich und strich ihr mit langsamen Bewegungen über den Rücken, bis sie sich beruhigte. Erst als sie aufhörte zu weinen, ließ er von ihr ab, hielt sie eine Armlänge von sich entfernt und sah sie an.

    „Mara, Du musst mir glauben, ich wollte nie, dass Du es auf diese Weise erfährst“, beteuerte er und strich ihr eine blonde Haarsträhne aus dem Gesicht. Als die widerspenstige Locke zurücksprang, strich er sie Mara sanft hinters Ohr.

    „Dann war all das, was Du zu mir gesagt hast, gelogen?“, schniefte sie, packte sein Handgelenk und hielt seine Hand an ihrer Wange fest. „John, Du weißt, wie ich für Dich empfinde…“

    John seufzte und nickte.

    „Ja, das weiß ich“, erwiderte er und bedachte Mara mit einem traurigen Lächeln. „Aber ich empfinde nicht so für Dich- das habe ich noch nie getan.“

    Sein Gegenüber sog scharf den Atem ein und zuckte zusammen, als hätte er sie geschlagen.

    „Nein“, flüsterte sie und schüttelte den Kopf, „nein, das glaube ich Dir nicht.“

    „Mara, bitte…“

    Nein“, schrie sie plötzlich, riss sich abrupt von ihm los und begann mit kleinen energischen Schritten im Zimmer auf und ab zu marschieren. Dabei schüttelte sie weiter heftig den Kopf, wollte es nicht wahrhaben.

    Erschöpft sank John auf die Kante seines Bettes, schloss die Augen und rieb sich die Nasenwurzel, lauschte ihren Schritten und dem Geräusch ihres raschelnden Morgenrocks. Plötzlich verstummte das Geräusch, und John öffnete die Augen und sah zu Mara hinüber. Sie war stehengeblieben, mitten im Raum, mit dem Rücken zu ihm, sodass er nicht sehen konnte, was sich in ihrem Gesicht abspielte. Er hörte nur ihr schweres, angestrengtes Atmen. Dann drehte sie sich um und kehrte zu ihm zurück.

    „Mara…“

    Seufzend sank die junge Frau vor ihm auf die Knie, schlang die Arme um seine Beine und legte ihren Kopf auf seine Knie.

    „Mara, bitte… tu das nicht“, sagte John, nahm ihren Kopf sanft in seine Hände und hob ihn an, bis sie ihn ansah. Ihre Lippen bebten, und ihre großen, wunderschönen Augen flimmerten von aufsteigenden Tränen, die sie zurückzuhalten versuchte.

    „Das zwischen uns kann nicht funktionieren“, erklärte er ihr ruhig, woraufhin sich ein Schatten auf Maras hübsches Gesicht legte. Ihre Augen blitzten und nahmen einen Ausdruck an, den John nicht zu deuten vermochte. Ihn nicht aus den Augen lassend, richtete sie sich auf, und als Johns Blick ihr neugierig folgte, verzogen sich ihre Lippen zu einem Lächeln und sie begann, die Knöpfe ihres Morgenrocks zu öffnen.

    „Mara, was soll das… Was machst Du denn da?“, fragte John verwirrt. Sein Gegenüber grinste keck und schob die beiden Stoffhälften ihres Morgenrocks auseinander. John schluckte, als der dünne Stoff von ihren Schultern rutschte. Sie fing ihn in ihren Armbeugen auf. Grundgütiger, dachte er, als er sah, dass sie darunter vollkommen nackt war. Nur schwer gelang es ihm, den Blick abzuwenden von ihren kleinen, aber wohlgeformten Brüsten, ihrem flachen Bauch, ihrer schmalen Taille und dem goldenen Dreieck zwischen ihren alabasterfarbenen Schenkeln. Sein Herz hämmerte in seiner Brust und er schluckte, als Mara vor ihn trat, einen Finger unter sein Kinn legte und es sanft nach oben drückte.

    „Bist Du Dir sicher, dass das mit uns nicht funktioniert?“, säuselte sie, und ehe John sich versah, spürte er ihre Lippen auf seinen. Zu überrascht, um etwas dagegen zu unternehmen, ließ John es geschehen, ließ sich von ihr küssen. Mara seufzte triumphierend und vertiefte den Kuss, strich über seinen Hals und über seine Schultern. Erst als sie sich rittlings auf seinen Schoß setzte, gelang es John sich aus dem Trancezustand zu befreien.

    Nein“, keuchte er und erhob sich so ruckartig, dass sie von seinem Schoß hinunterfiel und unsanft mit dem Hintern auf dem Teppichboden landete. Entsetzt wich John zurück und starrte verständnislos auf sie hinab. „Was zur Hölle ist in Dich gefahren?!“, schimpfte er und schüttelte den Kopf. „Was sollte das?“

    Das Gesicht zu einer schmerzverzerrten Grimasse verzogen, rappelte Mara sich auf, rieb sich den Rücken und gab einen überraschten Laut von sich, als John ihr denn Bettüberwurf in die Hände drückte.

    „Bedeck Dich gefälligst“, zischte er, wandte sich ab und fuhr sich aufgebracht mit beiden Händen durch die Haare. Als er einen kurzen Blick über die Schulter riskierte, hatte Mara sich den Überwurf über die Schultern gelegt und schaute schuldbewusst zu Boden.

    „E-es tut mir leid“, stammelte sie kleinlaut und schlang die Arme um ihren Leib. „Ich dachte, dass-“

    „Es ist mir egal, was Du dachtest“, herrschte John sie wütend an. „Ich kann nicht glauben, dass Du das getan hast!“

    Mara schluchzte.

    „Es tut mir leid, John. Ich… ich wollte doch nur…“ Sie begann zu weinen, ehe sie den Satz beenden konnte, schluchzte herzergreifend und verbarg ihr Gesicht in ihren Händen. „Es tut mir leid, John… Es tut mir so leid…“

    John schnaubte und schüttelte den Kopf.

    „Leb wohl, Mara“, sagte er ohne die Spur eines Gefühls in der Stimme, machte auf dem Absatz kehrt, und marschierte zur Tür.

    „John, bitte warte… John“, rief Mara ihm flehend hinterher, doch er ignorierte ihr verzweifeltes Rufen und verließ, ohne sich noch einmal umzudrehen, den Raum und knallte die Tür so heftig hinter sich zu, dass es durch das ganze Haus hallte.



    ooOOoo



    Noch am Abend desselben Tages kehrte John nach Athos Creek zurück. Die Sonne war bereits untergegangen, als er an die Tür der Taverne klopfte, die um diese Zeit bereits geschlossen war. Es vergingen einige Augenblicke, bis die Tür geöffnet wurde.

    „John!?“, rief Teyla sichtlich überrascht aus, und fast im selben Moment ertönte hinter ihr, aus dem Inneren des Hauses, ein lauter, freudiger Aufschrei.

    „Papa!“ So schnell ihn seine kurzen Beine trugen, rannte Torren auf seinen Vater zu. Lächelnd ging John in die Knie und breitete die Arme aus, fing darin seinen Sohn auf und drückte ihn fest an seine Brust. Sie waren nur ein paar Stunden getrennt gewesen, und trotzdem hatte John den Jungen entsetzlich vermisst. Torrens fröhliches Kichern erwärmte sein Herz, und als er seine dünnen Arme um seinen Hals schlang, vergrub John die Nase in Torrens weichem Haar, schloss seine Augen und atmete den unverwechselbaren Duft seines kleinen Sohnes ein. Als er hörte, wie Teyla an ihn herantrat, öffnete er die Augen wieder und erhob sich mit Torren auf dem Arm.

    „Besteht die Möglichkeit, hier bis auf Weiteres ein Zimmer zu bekommen?“, fragte er, woraufhin sich ein zartes Lächeln auf Teylas Lippen legte.

    „Ich denke, dass sich da etwas einrichten lassen wird“, antwortete sie mit sanfter Stimme. Erleichtert ergriff John ihre Hand, drückte sie kurz, hob sie dann an seine Lippen und küsste ihre Fingerknöchel. Teyla errötete, Torren kicherte.

    John lächelte.

    Fortsetzung folgt…
    Geändert von Nyada (05.06.2016 um 11:47 Uhr)


  34. #40
    Chief Master Sergeant Avatar von Jolinar
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    Die Aussprache mit Dave verlief ja einigermaßen glimpflich. Und ich denke, daß sich Dave an Johns Bitte hält und den Eltern nur das Nötigste erzählen wird. Papa wird bestimmt toben und mit Enterbung drohen. Doch wie ich John einschätze, wird ihn das weniger tangieren (erst, wenn er erfährt, in welchen finanziellen Schwierigkeiten Teyla steckt).

    Bei Mara bin ich mir nicht so sicher. Ihre Verzweiflungstat läßt darauf schließen, daß sie sich bei Mama und Papa Sheppard ausheulen und alles mögliche erzählen wird.

    Wird Papa Sheppard persönlich nach Athos Creek kommen, um Sohnemann den Kopf zu waschen?

    Torren freut sich jedenfalls, daß John Wort gehalten und zurückgekommen ist...

  35. Danke sagten:


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