Hier in zwei Teilen, mein Beitrag zur Zeit-Challenge von Tamara
Titel: Die Zeit holt jeden ein (1/2)
Autorin: Antares
Fandom: SGA
Pairing: John/Rodney
Rating: 1. Teil: PG // 2. Teil: NC-17
Beta: Besten Dank an meine Betaleserin! Vielen, vielen Dank!
Staffel: 3 – zwischen Rodneys Tao (3x14) und Das Spiel (3x15)
Wörter: ca. 9900
Anmerkung/Warnung: Sex unter Einfluss von stimulierenden Substanzen, D/s Dynamik, Knotting.
Spielt in einem Alpha/Beta/Omega Universum (siehe Erklärung im Spoiler)
Spoiler
-----------------------------------------------------------------
„Psst! Ich höre etwas“, sagte Teyla und hob die Hand.
Rodney verstummte sofort mitten in seiner wortreichen Erklärung, warum der zehnte Doctor besser war als der elfte. Denn von dort, wo Teyla an den Gitterstäben ihrer Gefängniszelle stand, konnte sie den nur spärlich erleuchteten Gang fast bis zum Ende hinunterschauen, und wenn sie etwas hörte, versprach das Abwechslung, die sie sehr gut gebrauchen konnten.
„Ist es denn schon Zeit für unser Essen?“, erkundigte er sich fragend bei seinen Kollegen. Da man ihnen sämtliche Ausrüstungsgegenstände abgenommen hatte, auch ihre Armbanduhren, zuckte John nur fragend mit den Schultern.
Ronon, der offensichtlich eine weitaus feiner eingestellte innere Uhr hatte, entgegnete: „Noch bestimmt zwei Stunden zu früh“, sprang auf und trat neben Teyla ans Gitter.
Jetzt konnte es auch Rodney hören: Schwere Schritte näherten sich, jedoch ohne den charakteristischen metallischen Klang der Kettenhemden ihrer Gefängniswärter, an den sie sich inzwischen gewöhnt hatten. Das hier klang …
„Colonel Sheppard?“ rief jemand aus der Dunkelheit.
Erleichtert schloß Rodney für eine Sekunde die Augen. Major Lorne war hier. Endlich! Sie saßen für seinen Geschmack auch schon viel zu lange auf diesem gottverdammten Außenposten fest, und das nur, weil der Stadtrat, der hier das Sagen hatte, nicht alleine entscheiden wollte, was sie mit den Gefangenen machen sollten, die es tatsächlich gewagt hatten, ein leerstehendes Gebäude zu betreten. Wie hätte den irgendjemand von ihnen annehmen können, dass das ihr höchstes Heiligtum war? Leer, damit sich alle Gottheiten zugleich in ihm heimisch fühlen konnten. Meine Güte, dann hätte man vielleicht mal ein kleines Warnschild draußen ranhängen können, wenn Besuch unerwünscht war.
Das war vor sechs Tagen gewesen. Ehe selbst Teyla noch hatte eine Entschuldigung formulieren können, hatte man sie schon in dieses Verlies geworfen. Man hatte sie ausreichend mit Nahrung versorgt, ohne dass das jetzt ein kulinarischer Hochgenuss gewesen wäre, aber immerhin. Niemand hier wollte wohl riskieren, dass sie bei der abschließenden Urteilsverkündung in schlechter Verfassung waren.
So war das größte Problem die Langeweile gewesen. Jedenfalls für Rodney. Ohne technische Hilfsmittel fühlte er sich nur wie ein halber Mensch. Colonel Superentspannt konnte dagegen den halben Tag auf der Pritsche liegen und mit Ronon ‚Wenn wir hier rauskommen, müssen wir unbedingt …’ spielen. Inzwischen waren sie schon bei den abenteuerlichsten Freizeitbeschäftigungen angekommen. Teyla nutzte die Zeit zum Meditieren oder beteiligte sich an dem Geschichtenerzählen, das sie am zweiten Tag aufgenommen hatten. Rodney war noch nicht wieder an der Reihe gewesen, nachdem er ihnen an ‚seinem’ Abend den Zitronensäure-Zyklus in allen Einzelheiten erklärt hatte.
„Hier sind wir!“, riefen Teyla und Sheppard, der sich inzwischen mit Rodney ebenfalls zum Zellengitter begeben hatte, gleichzeitig.
Lorne, Cadman und zwei weitere Marines, begleitet von vier Repräsentanten der Kettenhemd-Fraktion, die ein paar Schritte hinter ihnen gingen, näherten sich ihrem Gefängnis. Rodney verspannte sich kurz, als er das sah, aber dann wurde deutlich, dass sie in bestem Einvernehmen unterwegs waren. Ihm entrang sich ein unhörbarer erleichterter Seufzer.
Noch während einer der Gefängniswärter die Tür aufschloss, erklärte Major Lorne bereits: „Doktor Weir ist es in langen Verhandlungen gelungen, die Tzuranigi zu überzeugen, dass Sie nichts Übles im Schilde geführt haben, sondern es einfach nur die Dummheit Ihres Expeditionsteams war, die zu diesem bedauerlichen Missverständnis geführt hat. Sie hat versprochen, dass das nicht wieder passieren würde und drei Säcke Korn als symbolische Wiedergutmachung geliefert. Deshalb dürfen wir Sie jetzt mitnehmen.“
Ronon grinste breit, Sheppard ebenso und fügte noch „Cool“ hinzu, Teylas Lippen jedoch verzogen sich zu einem schmalen Strich, auch wenn sie bestätigend den Kopf neigte. Auch Rodney hasste es aus tiefstem Herzen, wenn an seiner Intelligenz gezweifelt wurde, in diesem Moment aber war er vor allem erleichtert, dass jetzt sein warmer Whirlpool, ein kühles Bier und ein Bett, das bequemer war als diese durchgelegenen dünnen Matratzen, in seiner unmittelbaren Reichweite waren.
„Geh’n wir“, meinte er deshalb entschieden, quetschte sich durch die noch nicht ganz geöffnete Tür, und die anderen schlossen sich ihm an.
Zurück auf Atlantis machte Rodney noch einen Abstecher in sein Labor, stauchte noch ein paar seiner Untergebenen zusammen, fand aber nicht wirklich etwas zum Meckern, da Zelenka die Abteilung in seiner Abwesenheit einwandfrei geführt hatte.
---------------------------------------
Am nächsten Morgen fühlte sich Rodney ein wenig fiebrig und hatte sofort Angst, dass er sich bei den Tzuranigi irgendeinen bösartigen Keim eingefangen hatte. Er ließ alles stehen und liegen und machte sich umgehend auf den Weg in die Krankenstation. Doch sein Blutbild kam völlig unauffällig zurück, alle Werte waren normal, und nichts schwamm durch seine Blutbahnen, was dort nicht hingehörte.
Etwas beruhigter machte er sich wieder daran, den Output des kleinen Wasserkraftwerks zu verbessern, das sie am Westpier eingerichtet hatten, um die ZPM zu schonen.
Auch wenn das Gefühl, dass er etwas ausbrütete, nicht ganz weggehen wollte, so war er doch beschäftigt genug, dass er es im Verlauf des Tages immer wieder vergaß. Am Abend kam Sheppard vorbei und fragte ihn, ob sie noch einmal das neue Videospiel, das sie in einem der Räume am Ostpier der Stadt entdeckt hatten, spielen wollten. Und ob Rodney wollte! Es machte riesigen Spaß, Geldar und Hallona, die beiden Völker, die sich den Kontinent teilten, gegeneinander antreten zu lassen, auch wenn er den Eindruck hatte, dass Sheppard zwischendurch schummelte. Gut, auch Rodney hatte ihnen mit einigen Erfindungen geholfen, – aber, hey, das war ja nur, um mit Sheppards Welt gleichziehen zu können. Rodney fühlte sich wieder rundherum wohl. Sah so aus, als wäre die Sache mit dem Virus vorbei.
Erst als Rodney das Gähnen nicht mehr zurückhalten konnte und der Colonel außerdem angedroht hatte, Zitronen nach Geldar zu liefern, beschlossen sie, den Spielstand zu speichern, und sich noch ein paar Stunden Schlaf zu gönnen. Diese Simulation war wirklich ein gnadenloser Zeitfresser!
-------------------------------------------------------------
Es pochte in Rodneys Kopf, als er am nächsten Tag wach wurde. Nein, es hämmerte. Pochen würde bedeuten, dass es nicht so schlimm war. Hämmern erforderte Carsons sofortiges Eingreifen mit irgendwelchen netten Pillen, die es wieder verscheuchten. Rodney hievte seine Füße über die Bettkante und setzte sich stöhnend auf. Da war mit Sicherheit was in dem Essen oder dem Wasser der Tzuranigi gewesen. Der Voodoo-Doktor sollte ruhig einsehen, dass er am Vortag einen Fehler gemacht hatte, als er Rodney für gesund erklärt hatte.
Rodney fummelte sich in seine Kleidung, T-Shirt und Hose mussten reichen, schlüpfte in ein paar Turnschuhe und machte sich auf den Weg zur Krankenstation. Die Bewegung machte es glücklicherweise etwas besser, was erstaunlich war, denn Rodney hatte schon befürchtet, es in seinem angeschlagenen Zustand nicht bis Carson zu schaffen und irgendwo auf dem Weg dahin, in einem selten begangenen Flur, ohnmächtig liegen zu bleiben. Erst unterwegs fiel ihm ein, dass er Carson ja auch zu einem Hausbesuch hätte einbestellen können. Na klasse, jetzt litt sein analytisches Denkvermögen bereits unter diesem schäbigen Alienkeim!
Als er Lieutenant Cadman im Flur erblickte, wartete er darauf, dass ihn sein übliches Unbehagen überfiel, wenn er in ihre Nähe kam. Das ganze ‚Ein-Körper-Zwei-Leute’-Erlebnis, und die Ungewißheit, was sie außer Joggen noch mit seinem Körper angestellt hatte, als er geistig nicht anwesend war, füllten ihn stets auf Neue mit gespannter Abwehrhaltung.
„Einen schönen guten Morgen, Rodney“, flötete sie frisch und mit einem breiten Grinsen. Sie war sich offenbar ihrer Wirkung auf ihn bewusst und schien es zu genießen.
„Morgen“, brummte Rodney. „Schön ist was anderes, bei dem Migräneanfall, den ich habe“, schickte er noch hinterher.
„Oh, Sie sind auf dem Weg in die Krankenstation. Na, dann grüßen Sie Carson von mir und sagen Sie ihm, dass ich heute Abend frei habe.“ Es war nicht zu überhören, dass sie sehr froh darüber war und Pläne mit oder für Carson hatte.
„Na klar, ich bin hier das wandelnde Nachrichtenübermittlungssystem“, schimpfte Rodney, als Cadman ihm einen Klaps auf die Schulter gab und danach mit einem deutlich hörbaren Lachen um die Ecke bog.
Diese Begegnung hatte seine Kopfschmerzen bestimmt verstärkt, dachte Rodney missmutig – als er auch schon feststellte, dass das nicht der Fall war. Die Kopfschmerzen waren sehr erträglich geworden und … oh, nein … er fühlte eine Andeutung von sexueller Erregung! Ein simmerndes, warmes Gefühl in seinem Unterleib, das ihn abrupt stehen bleiben ließ. Verdammt, was war mit seinem Gehirn los? Er mochte Cadman nicht einmal, geschweige denn, dass er Carson in die Quere kommen würde. Was … ?
„Alles in Ordnung, Dr. McKay?“, erkundigte sich eine junge Frau besorgt, die neben ihm stehen geblieben war. Auf dem Flur ging es ja zu wie auf dem Times Square, dachte Rodney und schaute die Sprecherin böse an. Angström, oder so ähnlich, nein, das war der schwedische Physiker, Lindström, genau, Lindström hieß sie und arbeitete in seinem Labor.
„Ja, warum nicht?“, blaffte er sie an, denn die schmerzmildernde Wirkung von seinem kleinen Treffen mit Cadman ließ schon wieder nach.
„Sie sehen ganz blass aus.“ Hilflos wedelte sie mit der Hand. „Soll ich Dr. Beckett rufen?“
„Dahin bin ich unterwegs und ich wäre schon längst da, wenn ich unterwegs nicht immer von lästigen Wegelagerern aufgehalten würde.“ Mit viel Unmut in der Stimme schob sich Rodney an ihr vorbei, ohne sie eines weiteren Blicks zu würdigen.
Er schaffte vielleicht zweihundert Meter, ehe er Colonel Caldwell erblickte, der in seine Richtung unterwegs war. Heute war wirklich sein Glückstag! Vielleicht konnte er ihn ignorieren, wenn er jetzt einfach so tat, als wäre er vollständig in seine Gedanken vertieft? Rodney begann Gleichungen vor sich hin zu murmeln, aber von diesem subtilen Hinweis auf ein Genie bei der Arbeit ließ sich der Colonel nicht abhalten.
„Dr. McKay“, rief er und blieb mitten im Flur stehen, so dass Rodney auch stehen bleiben musste. „Dr. Weir sagte mir, dass Sie, während Sie unter dem Einfluss der antikischen Aufstiegsvorrichtung standen, neue Schilde für die Daedalus entwickelt haben?“
„Ich habe die mathematischen Grundlagen dafür geschaffen, die Schilde zu optimieren“, stellte Rodney klar. „Von einer praktischen Anwendung sind wir noch meilenweit entfernt. Wenngleich ich mit Zelenka bereits über eine mögliche … mögliche Umsetzbarkeit diskutiert habe. Alles noch völlig unge… ungesichert, versteht sich.“ Verdammt, jetzt überrannte ihn schon wieder eine Woge von Begehren. Rodney schnappte tief nach Luft und entließ sie wieder mit einem Stoß.
„Wann, meinen Sie, könnten wir mit ersten Feldversuchen beginnen?“ Caldwell schien sich seiner plötzlichen Atemlosigkeit glücklicherweise nicht bewußt zu sein.
„Fragen Sie Zelenka!“ Rodney machte eine großzügige Handbewegung über seine Schulter hinweg. „Ich muss jetzt dringend, äußerst dringend, zu Doktor Beckett.“ Damit eilte Rodney den Weg zurück, den er gekommen war, nur um nicht näher an Colonel Caldwell herantreten zu müssen.
Das war natürlich überhaupt nicht die Richtung zur Krankenstation und so flüchtete sich Rodney stattdessen wieder in sein Quartier. Er ließ sich auf sein Bett fallen und starrte an die Decke. Das durfte doch nicht wahr sein. Erst Cadman, dann Caldwell – in Rodneys Geist begann sich eine Hypothese zu formen, die er sofort wegzuschieben begann.
Nein, nein, nein. Er wollte nicht, dass sie sich in Realität verwandelte. Aber das stoppte natürlich seine Gedanken nicht und schon hatte er sich eingestanden, dass er auf Cadman und Caldwell wohl reagiert hatte, weil sie beide Alphas waren. Na super, wenn er auf sie reagierte, hieß das im Umkehrschluss wohl, dass er völlig unplanmäßig in seine ‚Zeit’ reinschlitterte.
Wie immer, wenn er den Begriff hörte, konnte er sich eines abschätzigen Schnaubens nicht enthalten. Diesen Zustand der unkontrollierbaren Überversorgung mit Hormonen und Pheromonen euphemistisch ‚Zeit’ zu nennen, war so typisch für ihre Gesellschaft. Sie hatte alles, was mit diesem ursprünglichen, schwer kontrollierbaren, periodisch wiederkehrenden Ausnahmezustand zu tun hatte, weit weg geschoben. Omegas nahmen für gewöhnlich schon vor Eintritt der Pubertät ‚Zeit-Supressoren’, damit sie die Alphas, deren Hormonproduktion davon getriggert wurde, nicht mit in ihre Spirale der Lust reinzogen. Alle paar Jahre wurden die Supressoren dann kontrolliert abgesetzt, wenn der Druck zu groß und zu überwältigend wurde. Der Natur wurde für ein paar Tage freier Lauf gelassen, und danach schluckte man als Omega diese Medikamente wieder.
Es sei denn, man ging eine feste Bindung mit einem Alpha ein, dann konnte man das Ganze natürlich so individuell wie gewünscht regeln. Aber Rodney wollte sich ganz sicher nicht an irgendeinen Alpha binden, der logischerweise viel dümmer sein würde als er. Und dem würde er sich dann sexuell unterordnen müssen, nur weil seine Biologie es so diktierte? Nein, nein, ganz sicher nicht! Es gab auch anderen Lösungen.
Rodney hatte kurz vor der Atlantis-Expedition noch die Hilfe eines bezahlten Alphas in Anspruch genommen – in allen größeren Städten gab es solche Zentren –, damit hatte er sich für die nächsten fünf, sechs Jahre sicher geglaubt. Nach der Zeitspanne hatte er gehofft, wieder wenigstens für kurze Zeit auf die Erde zurückkehren zu können, oder jemand kompatiblen in der Pegasus-Galaxie zu finden.
Und jetzt spürte er die Hitze in seinen Eingeweiden nach nur gut drei Jahren schon wieder brodeln. Das war doch ungerecht! Warum hatte er ausgerechnet das Omega-Gen mitbekommen? Und nicht das nette, praktische ATA-Gen? Nein, für das ATA-Gen hatte er natürlich Carsons Mäuse-Therapie über sich ergehen lassen. Aber das blöde Omega-Gen war ihm frei Haus geliefert wurden. Das war wirklich unfair. Rodney versuchte, die langsam wachsende Panik in Schach zu halten. Niemand hier auf Atlantis wusste, dass er ein Omega war, und das sollte auch so bleiben.
Zwar war offiziell die Diskriminierung von Omegas aufgehoben – sah man mal von den paar Ultra-Konservativen ab, die es in allen Bereichen gab, und die der Ansicht waren, dass ein Omega am besten mit einem halben Dutzend Kinder zu Hause blieb und dem Alpha das Leben angenehm gestaltete. Aber das war die Ausnahme. Heutzutage musste niemand bei Bewerbungen mehr angeben, ob er Alpha, Beta oder Omega war, und niemand hatte das Recht, darüber Auskunft zu verlangen. Aber dennoch dauerte eine subtile Art der Unterdrückung immer noch an. Denn Betas machten gut siebzig Prozent der Bevölkerung aus, also waren sie der Standard. Die restlichen knapp dreißig Prozent teilten sich die Alphas und Omegas zu gleichen Teilen.
Und Alphas hatten es schon immer geschafft, die ‚Zeit’ der Omegas als Ursache zu brandmarken, die armen Alphas reagierten schließlich nur darauf, dass die Omegas ihre Biologie nicht im Griff hatten. Rodney hatte genügend blöde Witze darüber gehört, um das Argument überhaupt nicht mehr lustig zu finden.
Alphas hatten viele leitende Positionen beim Militär, in der Politik und Wirtschaft, da sie oft ein großes Aggressionspotential mitbrachten, das für diese Berufe nicht von Nachteil war. Für einen Omega, der dazu stand, einer zu sein, war es nach wie vor schwierig, in Führungspositionen aufzusteigen. Einfacher war es im Showbusiness, dort gab es viele Omegas, zumal ihnen pauschalisierend eine künstlerische Ader und Einfühlungsvermögen und überhaupt viel mehr Sensitivität als Alphas oder Betas nachgesagt wurde.
Das war der Grund gewesen, warum Rodney das Klavierspiel aufgegeben hatte, obwohl er wirklich gut darin gewesen war und es ihm wirklich Spaß gemacht hatte. Er hatte aber schon früh beschlossen, sich eine solche Persönlichkeit zuzulegen, dass niemand auch nur im Entferntesten daran denken würde, er wäre ein Omega. Er war sich ziemlich sicher, dass er das er auf ganzer Linie erfolgreich gewesen war.
Was könnte er also tun? Er zwang sich, tief durchzuatmen und das Problem wissenschaftlich anzugehen. Als erstes würde er seine Dosis an ‚Zeit’-Supressoren verdoppeln, das sollte ihm etwas Überlegungsspielraum verschaffen. Rodney stürzte ins Badezimmer, würgte eine Tablette hektisch ohne Wasser herunter und schluckte der besseren Wirkung wegen gleich noch eine zweite hinterher. Er schaute in den Spiegel und sah eigentlich wie immer aus. Gut, vielleicht war es noch nicht zu spät, vielleicht könnte er noch alles eindämmen.
Die nächste Frage war also: Wieso jetzt? Warum so früh? Was hatte das ausgelöst? Gut, er hatte die letzten Tage auf Tzuranigi die Medikamente eventuell unregelmäßiger als sonst genommen, weil sie keine Uhren hatten. Aber diese paar Stunden Zeitdiskrepanz konnten nicht so entscheidend sein, zumal Rodney immer mal wieder im Laufe seiner Karriere vor lauter Arbeit seine Medikamente auch über Tage vergessen hatte und nichts war passiert. Es musste also eine andere Erklärung geben.
Mäuse-Gen! Er hatte doch gerade daran gedacht, dass Carson in seiner DNA rumgepfuscht hatte, und dann vor ein, zwei Wochen, die Sache mit der anitikischen Aufstiegsmaschine, auch dort waren seine Gene ‚verbessert’ worden, jedenfalls so, wie die Antiker ‚Verbesserung’ verstanden, wenn man auf dem aufsteigenden Ast war. Wahrscheinlich war seine DNA inzwischen so ein wilder Mischmasch, dass die Zeit-Supressoren nur noch sehr unzuverlässig wirkten. Oh, oh, … das versprach nichts Gutes für die Zukunft. Rodney seufzte tief auf. Selbst wenn er in Zukunft darauf achtete, allen Genmanipulationen zu entgehen – dies war die Pegasus-Galaxie, solche Sachen fanden einen schneller als gedacht.
Rodney verließ das Badezimmer und setzte sich wieder aufs Bett. So befriedigend Ursachenforschung auch sein konnte, für den Moment brachte sie ihm wenig. Was konnte er akut tun? Auf ein verlängertes Wochenende zur Erde zu reisen, konnte er vergessen. Seit vor zwei Monaten der andere Rod aus der anderen Realität bei ihnen gewesen war, war ihr ZPM bei dem Versuch, ihn zurückzuschicken, praktisch vollständig entleert worden. Das war keine Option. Und wie wenig fair war das denn eigentlich, dass Rod aus dem Parallel-Universum ein Alpha war? Was für ein kosmischer Scherz hatte da dem falschen McKay die richtigen Gene mitgegeben?
Rodney rollte sich zur Seite und starrte zum Fenster. So wie er auf dem Bett lag, konnte er nur einen Turm der Stadt und jede Menge unendlich blauen Himmel sehen. Das beruhigte ihn aber auch nicht signifikant. Er tippte mit seinen Fingern auf der Bettdecke herum und sein Fuß wackelte auf und ab. Irgendetwas musste er doch tun können! Er konnte sich nicht hier im Quartier verstecken, dann lief mit Sicherheit innerhalb eines halben Tages die ganze Führungsriege auf, allen voran Carson.
Der Jumper! Er könnte sich irgendeinen wichtigen Auftrag ausdenken, ein Team aus Wissenschaftlern zusammenstellen und sich für eine Woche auf irgendeinen Planeten absetzen, wo es käufliche Liebe gab. Das herauszufinden sollte ja eigentlich nicht schwierig sein, so weit verbreitet, wie das Phänomen war. Ja! Er wollte doch schon lange die Ent…
„Doktor McKay, bitte melden. Bitte dringend in den Kontrollraum kommen!“, rief Chuck in diesem Moment über das Atlantis weite Kommunikationssystem.
„Was gibt’s?“, erkundigte sich Rodney über das Headset.
„Wir haben hier eine seltsame Anzeige, die Sie sich unbedingt anschauen sollten.“
„Ich bin auf dem Weg. McKay, Ende. Genauer ging’s wohl nicht“, grummelte er noch vor sich hin, während das Headset noch an war, ehe er es endlich ausschaltete. Er machte zwei Schritte zur Tür, dann kehrte er um, rannte ins Bad, schluckte noch zwei ‚Zeit’-Tabletten und marschierte anschließend zum nächsten Transporter.
* * *
„Rodney, ich wollte keine genaueren Auskünfte geben, weil ich deine unbeeinflusste Meinung hören wollte“, begrüßte ihn Radek, der vor einem großen Bildschirm saß. Hinter ihm standen Dr. Weir und Colonel Sheppard, die sich leise unterhielten. „Hätte ich mehr gesagt, hättest du auch gleich in dieselbe Richtung gedacht, oder wärst sofort auf Gegenkurs gegangen.“ Radek schob seine Brille nach oben und winkte Rodney an den Computer.
„Wow!“ Rodney sah einen ganzen Schwarm von winzigen Lichtpunkten auf der Anzeige.
„Ja, das haben die Langstreckensensoren vor ein paar Minuten aufgefangen, Dr. Weinberg hat es entdeckt.“ Er nickte der rotblonden Wissenschaftlerin, die neben ihm am Computer saß, zu. „Wir haben den Kurs extrapoliert – und wissen jetzt, dass es auf uns zuhält. Frage ist: Was ist es?“
Rodney tippte schon auf dem Keyboard herum, öffnete neue Fenster, zoomte ran, rief weitere Seiten auf und meinte dann nach ein paar Minuten: „Ich denke, dass es ein riesiger elektromagnetischer Sturm ist, der da auf uns zukommt. Das können keine Schiffe sein. Für Schiffe sind die Strukturen zu unbegrenzt, zu wenig stabil. Das sieht mehr nach Strahlung als nach Materie aus. Also meine Vermutung: ein elektromagnetischer Sturm, der hier auf Atlantis für Tage alles lahmlegen wird.“
Radek nickte und seufzte. „Genau das ist auch unsere Analyse. Es ist gut, dass es keine feindliche Flotte ist, aber das Ausmaß des Sturms macht mir Sorge. Die elektromagnetischen Interferenzen werden unsere Sensoren stören – wir werden für Stunden oder Tage ‚blind’ sein.“
„Das ist die eine Seite.“ Rodney tippte auf der Tastatur herum. „Für uns von Vorteil ist nur, dass auch mögliche Angreifer unter denselben Störungen ihrer Sensoren zu leiden haben. Aber für Atlantis selbst kann es bedeuten, dass in den langgestreckten elektrischen Leitern Ströme von beachtlicher Stärke induziert werden, die zu dauerhaften Schäden führen können. Wir könnten also noch Tage später, wenn die Sensoren ‚eigentlich’ wieder arbeiten sollten, immer noch mit Stromversorgungsproblemen zu kämpfen haben.“
„Von der lokalen Aufheizung und Verformung der oberen Erdatmosphäre durch die Schockwelle ganz zu schweigen“, gab Zelenka noch zu bedenken.
„Mit anderen Worten“, fasste Sheppard zusammen. „Eine Flotte in dieser Größenordnung wäre schlimm, das hier ist aber nur marginal besser und läßt sich darüber hinaus nicht bekämpfen, da es ein Naturereignis ist?“
„Das ist zu stark simplifiziert“, protestierte Rodney sogleich, tippte mit dem Zeigefinger an sein Kinn und fuhr dann fort, „aber im Prinzip läuft es wohl darauf hinaus.“
„Wann wird der Sturm auf Atlantis treffen?“, erkundigte sich Dr. Weir.
„Wenn er die aktuelle Geschwindigkeit beibehält, in etwa vierzehn Stunden“, antworte Dr. Weinberg.
„Aber das Zeitfenster, in dem wir zum Beispiel Außenteams zurückholen oder Jumper starten können, ist natürlich wesentlich kleiner. Ich würde sagen, da bleiben uns – um auf der sicheren Seite zu sein, nur noch drei bis vier Stunden“, warnte Zelenka.
„Danke“, Dr. Weir nickte. „Colonel Sheppard, ich möchte eine Aufstellung über alle Teams, die zur Zeit auf anderen Welten unterwegs sind. Wir werden dann im Einzelfall entscheiden, ob es für sie sicherer ist, den Sturm dort, wo sie sind, auszusitzen, oder ob wir sie zurückbeordern. Ich fände es aber nicht verkehrt – wenn die Welt sicher genug ist – auch ein paar Teams und Jumper außerhalb von Atlantis zu wissen.“
„Geht in Ordnung“, sagte Sheppard und funkte Major Lorne an.
Ja! Da war seine Gelegenheit! Rodney blickte von seinem Keyboard auf und sagte ohne seine prickelnde Ungeduld zu zeigen: „Ich werde mit ein paar Wissenschaftlern zu den Caetoranern fliegen, dort wollten wir uns sowieso deren Schilde anschauen und ihnen bei ein paar technischen Problemen helfen. Die sind sicher froh, uns für ein paar Tage aufzunehmen.“
„Das ist eine sehr gute Idee, Dr. McKay.“ Dr. Weir nickte zustimmend. „Aber Sie werden die Gruppe nicht anführen, denn Sie werden unter allen Umständen hier auf Atlantis gebraucht. Jemand anderes aus Ihrer Abteilung wird diesen Außeneinsatz unternehmen. Ich werde Major Lorne bitten, ein Kontingent Marines zu deren Schutz mitzuschicken.“
„Aber …“ Rodney schob seinen Stuhl nach hinten und stand auf. „Ich …“
„Nein, Rodney“, unterbrach ihn Dr. Weir mit einer Strenge, die keinen Widerspruch dudelte. „Ich erlaube meinem Chefwissenschaftler in dieser Situation nicht, die Stadt zu verlassen. Ausgeschlossen. Wenn alles vorbei ist, können Sie wegen mir gerne auch einen kleinen Abstecher zu den Caetoranern machen, wenn Sie so darauf brennen, aber nicht jetzt.“
Für gewöhnlich machte Rodney ein so kompromissloser Befehl nur noch störrischer und unter normalen Umständen hätte er jetzt angefangen zu debattieren, nun aber musste er zu seinem großen Unbehagen feststellen, dass dieses Alpha-Gehabe von Dr. Weir einen ganz anderen Reiz an seinen Körper sendete. Die ihm jetzt schon bekannte Wärme pulste in seinen Lenden auf. Nicht so stark wie bei Cadman und Caldwell – also schienen die in Massen eingeworfenen ‚Zeit’-Supressoren doch wenigstens etwas zu bewirken – aber genug, um ihn seine Kräfte nicht auf eine aussichtslose Konfrontation verschwenden zu lassen. Stattdessen versuchte er an Eisberge, zugefrorene Seen und Kavanagh zu denken und würgte sich ein missmutiges „Okay“ ab. Soweit zu seinem tollen Plan, Atlantis für ein paar Tage zu verlassen.
„Alles in Ordnung, Rodney?“, erkundigte sich Sheppard und warf ihm einen besorgten Blick zu. Er trat zwei Schritte auf ihn zu, bis er direkt neben ihm stand. Er streckte seine Hand aus.
Scheiße, was roch Sheppard gut! Rodneys gerade wieder eingeschlafene Libido flammte mit voller Wucht auf, brannte sich durch seine Nervenbahnen und ließ es ihm für eine Sekunde schwarz vor Augen werden.
Die erwartete, befürchtete Berührung – Rodney wußte gar nicht, welches Adjektiv das richtige war – kam aber nicht, denn Sheppard ließ die Hand wieder sinken und wandte sich zu Lorne um, der gerade den Kontrollraum betreten hatte.
Rodney vermutete, dass Sheppard noch irgendeine Antwort auf seine bestimmt nur rhetorisch gemeinte Frage erwartete. „Bestens. Warum auch nicht?“, schnappte er. Er machte einen Schritt zur Seite und sagte zu Zelenka, „Radek, lass uns runter gehen und die nicht benötigten Simulationen und Experimente abschalten, damit wir keine Daten verlieren.“ Er machte sich, noch während er sprach, auf den Weg in Richtung Transporter.
Nur weg von Sheppard. Denn Sheppards Nähe war die reinste Katastrophe für seine Biologie. Trotz der Supressoren fühlte er Hitze in seine Wangen steigen, fühlte er sich zu dem anderen Mann unwiderstehlich hingezogen. Wollte in diesem Moment eigentlich nichts lieber, als sich die Kleider vom Leib zu reißen, sich ihm anzubieten, ihn anzuflehen, ihn zu nehmen. Während er fast blind in den Transporter stolperte, sah er sich nackt zu Sheppards Füßen, sah er sich auf dem Bett liegen und auf Sheppard warten. Er wollte gefallen, wollte das tun, was Sheppard sagte. Nein, nein, nein! Das war doch wohl nicht möglich!
So hatte er sich noch nie gefühlt. Niemals. Selbst beim ersten Mal, das für viele Omegas sehr einschneidend und manchmal auch verstörend war, nicht. Rodney hatte natürlich alles, was es über Omega-Physiologie zu lesen gab, vorher gelesen. Wußte – rein theoretisch – also, was ihn erwartete. Er hatte seinem ersten Alpha, den er sich bereits vorher im Internet ausgesucht hatte, vorab einen langen Katalog zukommen lassen, mit Praktiken, die akzeptabel waren. Und so war es seither immer gewesen. Rodney hatte die Begegnungen von Anfang bis Ende kontrolliert. Er war zum Orgasmus gekommen, denn das war dringend nötig, damit die Hitze wieder abflauen konnte, aber selbst da hatte er noch ein Quäntchen Abstand bewahrt. Hatte nie ganz verdrängen können, dass er es nur tat, weil es seine Biologie diktierte.
Als sich die Türen des Transporters schlossen, sackte Rodney erschöpft gegen die Wand. Glücklicherweise war er allein, da Zelenka noch von Dr. Weir aufgehalten worden war. Rodney presste die Fäuste gegen die Augen und atmete tief durch. Ein – aus. Ein – aus. Seine flatternden Nerven wurden langsam etwas ruhiger, er fühlte sich nicht mehr, als würde er jeden Moment ein Aneurysma wegen massiv zu hohem Blutdruck erleiden.
Er versuchte es mit ein wenig Autosuggestion. Er war in Kontrolle. Er war der Chefwissenschaftler. Er hatte unendlich viel zu tun. Er würde funktionieren, wie er immer funktioniert hatte. Hundertprozentig. Okay, vielleicht nur achtzigprozentig, aber verglichen mit anderen Leuten entsprach das locker hundert Prozent.
Diese wahnsinnige Reaktion auf Sheppard musste damit zusammenhängen, dass Sheppard das ATA-Gen hatte. Das verstärkte bestimmt das Signal noch. Außerdem war Sheppard sein Freund, er verbrachte viel Zeit mit ihm, er vertraute ihm, sie waren wohl … wie auch immer … auf einer Wellenlänge – das musste der Grund für diese fast albern überzogene Reaktion sein.
Genau. Denn wenn das nicht der Fall war, dann bliebe nur noch so ein schmalziger Kitsch wie in den Harlequin Romanzen übrig, wo dummdusselige Omegas reihenweise in durch Hitze induzierte, begeisterte Ohnmachten fielen, wenn ihr Herz den richtigen Alpha gefunden hatte. Das war natürlich Quatsch. So etwas gab es im wirklichen Leben nicht. In der Realität waren Vertrauen und Liebe und Sex drei ganz verschiedene Dinge, die man ganz säuberlich auseinander halten konnte. Das eine hatte nicht zwangsläufig mit dem anderen zu tun. Und außerdem eigneten sich weder Sheppard noch er für diese Art von Schnulze. Dazu hatten sie viel zu verantwortungsvolle Positionen und viel zu wenig Freizeit.
Er musste also nur versuchen, Sheppard die nächsten Tage aus dem Weg zu gehen, bis er wieder ganz er selbst war … und die Sache wäre gegessen. Wahrscheinlich liefe es doch auf Sex mit Caldwell oder Cadman hinaus, die einzigen Personen, außer Sheppard, von denen er mit Sicherheit wusste, dass sie Alphas waren. Er konnte ja schlecht durch die Gänge laufen, und sehen, auf wen sein Körper sonst noch reagierte, um seine Auswahl zu erweitern. Also die spöttische Lieutenant oder der meist muffelköpfige Colonel? Rodney konnte sich gar nicht entscheiden, welche Aussicht er erschreckender und demütigender fand.
Inzwischen war er am Labor angekommen, verließ den Transporter und schleppte sich mit wenig Energie, aber viel Entschlossenheit zum ersten Computer. Er hatte wichtige Arbeiten zu erledigen. Alles andere musste warten. Seine Entscheidung würde er dann treffen, wenn er gar keinen anderen Ausweg mehr sähe. Es war so beschissen, ein Omega zu sein.
TBC ...