Titel: Bruder Meredith (1/2)
Serie: SGA
Pairing: John/Rodney
Rating: NC-17
Beta: Besten Dank an Tamara, die mir eine große Hilfe war! Danke!
Wörter: ca. 15 700
Zusammenfassung: Bruder Meredith hat einen schwierigen Patienten, der noch dazu vom Sheriff gesucht wird. Schon bald ist er tiefer in die Auseinandersetzungen verstrickt, als er es je für möglich gehalten hätte. Und das alles nur, weil er John Sheppard helfen wollte.
Anmerkungen: 1. Historisch ist die Geschichte ungefähr so akkurat wie viele Historienfilme. Sprich, wenn es nötig war, habe ich mir künstlerische Freiheiten erlaubt. ; )
2. Falls jemand den Zölibat für eine gute Idee hält, wird sie/er an der Geschichte wahrscheinlich nicht viel Freude haben.
3. Geschrieben für John Chaya's 'Robin Hood'-Challenge.
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England, 1277
„Bruder Meredith!“ Völlig außer Atem stoppte der kleine Mönch neben dem Stehpult seines Klosterbruders. „Ihr müsst sofort mitkommen!“
„Schsch.“ Mit einer wegscheuchenden Handbewegung machte der Angesprochene klar, dass er nicht gestört werden wollte.
Der Mönch, der umständlich seine Kutte wieder gerade zog, die vom Laufen etwas aus der Form geraten war, sagte noch einmal eindringlich: „Es ist dringend!“
Bruder Meredith schaute auf, seufzte und legte die Schreibfeder zur Seite. „Was gibt es denn, das nicht warten kann, bis ich ins Refektorium komme?“ Man konnte sicher sein, ihn dort anzutreffen. Er mochte ja sonst manchmal die Zeit vergessen und das Schlagen der Glocken zum Gebet nicht immer hören, aber er vergaß niemals, sich rechtzeitig zu den Mahlzeiten einzufinden.
Bruder Radek beugte sich verschwörerisch vor, und obwohl niemand sonst in der kleinen Kammer war, in der Bruder Meredith alte Handschriften kopierte, flüsterte er. „Robin Hood ist unten, er ist wieder einmal angeschossen worden.“
„Wie oft habe ich dir schon gesagt, dass er nicht Robin heißt?“
„Aber die Leute nennen ihn so!“
„Die Leute glauben auch, dass zu oft waschen ungesund ist!“ Bruder Meredith schnaubte verächtlich. „Und nur, weil es etliche Balladen von einem wild in der Gegend herumrennenden Geächteten gibt, der vor gut hundert Jahren ebenfalls die Reichen bestohlen und den Armen geholfen hat, heißt das noch lange nicht, dass der …“
„Kommst du jetzt, oder willst du ihn verbluten lassen?“, unterbrach der schmächtige Mönch den Redefluss des anderen.
„Ich komme ja schon“, grummelte Bruder Meredith und suchte aus einem Regal eine kleine Kiste aus, die neben einigen dicken Folianten stand. Er drückte seinem Glaubensbruder noch zwei Fläschchen und ein großes Leinentuch in die Hand, dann eilten sie auch schon durch die hohen, schmucklosen Gänge des Wohntrakts.
Dieser Teil des Klosters spiegelte die gottgefällige Armut wider, die fast allen Orden gemein war. Die Kirche jedoch, in der auch Messen für die Bevölkerung gehalten wurden, war reich ausgeschmückt und bewahrte außerdem den größten Schatz des Klosters auf: Ein Stofffetzen verblichenen, blauen Leinentuchs, das einst der heiligen Muttergottes höchstpersönlich gehört hatte. Es bescherte dem Kloster reichliche Pilgerströme, die Abt Woolseys Kassen erfreulich füllten.
Die beiden Brüder eilten durch den Kreuzgang und achteten darauf, dass niemand sie sah, denn der Mann namens ‚Robin Hood’ war von Sheriff Acastus Kolya für vogelfrei erklärt worden. Jeder, der ihm half, ihm Unterkunft gewährte oder sonst wie beistand, lief Gefahr, sich in den Kerkern des Sheriffs wiederzufinden.
Wenn Bruder Meredith dennoch half, so handelte er nicht nur aus reiner Menschenliebe, die einem Mönch gut angestanden hätte, sondern ihn trieben noch weitere Beweggründe. Erstens half er jedem, der gegen den Sheriff war, auf den er einen wenig christlichen, tiefen Hass verspürte, seit der ihn mit einem Messer so am Arm verletzt hatte, dass er Sorge gehabt hatte, den Arm nie wieder benutzen zu können. Zweitens hatte er Respekt vor der Größe und der Kraft des Gesetzlosen und schon deshalb würde er jedem seiner Ansinnen nachkommen und zum Dritten wurde Ronon Hood, denn so hieß ‚Robin Hood’ wirklich, für gewöhnlich von einem Gefährten namens John Sheppard begleitet.
Und für Sheppard hätte Meredith alles getan, seit der ihm vor drei Jahren mal einen Stapel wundervoller Bücher mitgebracht hatte, die alle auf dem Index der Kirche standen, und deshalb logischerweise nicht zum Bestand der Klosterbibliothek zählten. Obwohl Meredith – der von Neugierde geplagt wurde – argumentiert hatte, man müsste die Schriften der Feinde der Kirche lesen, um sie besser zu verstehen, war Abt Woolsey in diesem Fall anderer Ansicht gewesen.
Bruder Radek hielt die schwere Eichentür auf, die in den Weinkeller führte. Meredith schlüpfte durch und wartete darauf, dass sich seine Augen an das Halbdunkel gewöhnten. Bruder Radek schob sich an ihm vorbei und bedeutete ihm, ihm zu folgen. Hinter ein paar Weinfässern verborgen, hockte Ronon auf dem Fußboden und hielt sich die Schulter. Zwischen seinen Fingern sickerte langsam Blut hindurch, das auch schon seine Kleidung durchtränkt hatte.
„Bruder Meredith“, presste er sich zwischen zusammengebissenen Zähnen ab. „Habt Ihr was zur Blutstillung mitgebracht?“
„Selbstverständlich.“ Er rollte mit den Augen. „Ihr könnt ja keine Besuche machen, bei denen ich Euch nicht verarzten muss.“ Er kniete sich neben Ronon und bedeutete ihm, die Hand von der Wunde zu nehmen. „Wo ist übrigens Sheppard?“
„Seht erst mal zu, dass Ihr die Blutung stoppt“, knurrte ihn Ronon an.
„Ist ihm was passiert?“, fragte er alarmiert.
„Gleich! Eins nach dem anderen.“ Ronons Tonfall war deutlich schärfer geworden, was aber auch daran liegen konnte, dass Meredith soeben den provisorischen Verband von der Wunde entfernte und es wieder stärker zu bluten begann.
Meredith biss deutlich sichtbar die Zähne zusammen, zog die Laterne näher und machte sich an die Arbeit. Er ließ sich von Bruder Radek die Fläschchen anreichen, um die Wunde zu reinigen. Er pulte mit einer Pinzette noch ein paar Holzsplitter des Pfeils, den Ronon schon selbst rausgezogen hatte, heraus. Mit einer krummen Nadel und einer Tiersehne vernähte er zum Schluss die Wunde mit fünf Stichen und strich eine Paste aus Blutweiderich auf.
„Wofür ist das?“, erkundigte sich Ronon.
„Das stillt die Blutung und hilft, dass sich die Wunde nicht entzündet“, erklärte Bruder Meredith, der gerade die Enden des Verbands festzog.
„Werde ich die Schulter wieder ohne Beeinträchtigung benutzen können?“
„Wenn es sich nicht entzündet, ja. Ich habe keine durchtrennten Sehnen gefunden. Ihr habt riesiges Glück gehabt.“
„Hat sich nicht so angefühlt“, grummelte der andere Mann.
Meredith wischte sich die blutigen Hände ab und fragte: „Was ist nun mit Sheppard?“
„Sheppard ist der zweite Grund, warum ich hier bin. In dem Gefecht mit Sheriff Kolya ist er gefangen genommen worden und sitzt jetzt …“
„Ist er verletzt?“, unterbrach Meredith.
„Ja.“ Ronon nickte. „Keine Ahnung wie schwer. Kolya hat ihn wegtragen lassen.“
Meredith bohrte Ronon einen Zeigefinger in die Brust „Wir müssen etwas tun!“
Mit einem leicht genervten Lächeln erklärte Ronon: „Deshalb bin ich hier.“
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Johns Kopf dröhnte. Er versuchte die Augen zu öffnen, aber das gelang ihm nur bei einem, das andere war vollständig zugequollen. Schemenhaft konnte er kahle Wände ausmachen, aber es war zu dunkel, um Einzelheiten zu erkennen. Er lag auf dem Boden und es war verdammt kalt. Er konnte seine Zähne klappern hören. Er war ... er war … oh, verflucht, er war in den Händen von Acastus Kolya!
Schlagartig kam die Erinnerung zurück. Ein Überfall auf einen Goldtransport des Sheriffs. Es war zu einem Scharmützel gekommen. Ronon war angeschossen worden und vom Pferd gestürzt. Verwirrung … und … irgendetwas, ein Stein, ein Knüppel, hatte ihn an der Schläfe getroffen und dann war er erst wieder zu Bewusstsein gekommen, als er an einen Stuhl gefesselt wurde. Kolya hatte versucht, aus ihm herauszubekommen, wo Ronons Hauptquartier war, aber er hatte nichts gesagt. Kein Wort. Das erklärte wohl, warum ihm jetzt alles weh tat und nicht nur seine Schläfe.
Selbst das Atmen schmerzte, und John erinnerte sich an die Boxhiebe, die ihm wohl ein paar Rippen gebrochen hatten. Aber das war zu verkraften. So lange er noch alle Gliedmaßen hatte, Augen, Ohren, Familienjuwelen – ja, dem Herrn sei gedankt – alles schien noch dran zu sein, wie seine kleine Überprüfung bestätigte. Nun, wenn er noch lebte, hieß dass wohl, dass Kolya ihn als Faustpfand einsetzen wollte. Irgendetwas von Ronon erpressen wollte.
Da konnte er nicht einfach tatenlos drauf warten. John versuchte sich an der Wand zum Sitzen hochzuschieben und eine heftige Welle von Übelkeit überrollte ihn. Keine gute Idee. Und erst jetzt stellte John fest, dass er nach Erbrochenem stank, er musste seinen Magen also schon früher entleert haben, gnädigerweise konnte er sich nicht mehr daran erinnern. Und glücklicherweise war er nicht daran erstickt. John presste die unverletzte Gesichtshälfte gegen den kühlen Boden und langsam ebbte die Übelkeit ab.
John hasste es, sich hilflos wie ein neu geschlüpftes Küken zu fühlen. Da zu liegen und der Dinge zu harren, die da kamen, war so gar nicht seine Sache. Er würde sich jetzt noch ein paar Atemzüge ausruhen und dann … da war doch ein Geräusch an der Tür! John spürte, wie sich alles bei ihm verkrampfte, sein Körper sich sprungbereit machte, obwohl er genau wusste, dass er sich kaum bewegen konnte.
„Da isser, wenn’sen wirklich sehn woll’n“, sagte eine männliche Stimme und jemand spuckte auf den Boden. Bestimmt der Wärter.
„Ja, danke.“ Eine weibliche Stimme, sehr kultiviert, antwortete: „Bruder Meredith wird ihn jetzt untersuchen, denn wir wollen ja nicht, dass er uns wegstirbt, bevor der Sheriff hat, was er will.“
Bruder Meredith? Er kannte nur eine Person, die so hieß. Hatten sie wirklich nach dem Mönch geschickt, der als sehr bewandert in den Heilkünsten galt und der ihm auch schon ein paar Mal geholfen hatte? Stand der Gottesmann jetzt in den Diensten des Sheriffs? Und wer war die Frau, die da sprach?
Eine Laterne wurde entzündet und der Wärter verkündete: „Ich warte dann ma’ draußen.“
„Danke sehr“, sagte die Frau.
John spürte eine Hand, die sanft durch seine Haare glitt und Bruder Meredith stellte über seinen Kopf hinweg fest: „Er hat keine weiteren Kopfverletzungen, nur die an der Schläfe.“ Die Hände wanderten behutsam weiter über seinen Körper und tasteten ihn ab.
John drehte ganz langsam ein wenig den Kopf zur Seite, um die Frau anzuschauen.
„Ich bin Elizabeth Weir. Ronon schickt mich. Wir werden Euch jetzt hier herausbringen. Könnt Ihr Euch aufrichten?“
Elizabeth Weir? Ja, Ronon hatte den Namen ein paar Mal erwähnt, John erinnerte sich. Lady Weir war die Frau von Simon Weir, einem Gefolgsmann des Sheriffs. Er wusste gar nicht, dass sie auf ihrer Seite stand.
„Ich kann mich aufrichten“, versicherte er. Denn wenn sie hier waren, um ihn zu retten, dann würde er, verdammt noch mal, sich wenigstens hinsetzen können!
„Nichts gebrochen, aber etliche Abschürfungen, Schnitte, Brandwunden und Blutergüsse, er ist mit Sicherheit gefoltert worden“, verkündete Bruder Meredith.
Das hätte ihm John auch mitteilen können. Gerade als er das laut sagen wollte, ergriff Elizabeth seinen einen Arm, der Mönch fasste ihn unter den anderen Arm und John konnte nur noch mit aller Gewalt dagegen ankämpfen, sich zu übergeben. Aber irgendwie stand er dann einen Augenblick später sogar aufrecht, schwer auf die beiden anderen gestützt. Sein Geist arbeitete langsam wie eine Schnecke und verspätet stellte er fest, dass sie ihm bereits das schmutzige Hemd über den Kopf zogen. Was …? Halb lehnten sie ihn gegen die Wand, halb stand er aus eigener Kraft und sie kleideten ihn in etwas, das wunderbar frisch gewaschen roch und John ließ sie machen.
Erst als sie ihm auch noch ein Oberkleid anzogen, stellte John fest, dass das alles viel zu lang war und bis auf den Boden reichte. „Das ist nicht richtig“, stellte er benommen fest. „Das ist für eine Frau.“
„Genau“, bestätigte Bruder Meredith ungerührt. „Jetzt noch der Surkot“, meinte er, während Elizabeth mithalf, ihm ein weiteres, ärmelloses Gewand überzuziehen. „Und wir sind fertig.“
Sollte das ihr hirnrissiger Plan sein, ihn hier hinaus zu schmuggeln? Als Frau?
Aber … „Wird die Wache nicht …?“, fragte er an Elizabeth gewandt und vergaß, was er fragen wollte, als er feststellte, dass sie nur noch ein langes, weißes Unterkleid trug. John schaute an sich herunter und stellte fest, dass er jetzt ihr blaues Oberkleid mit dem dunkelroten Surkot trug.
Während er noch versuchte zu überlegen, was das bedeutete, setzte sie ihre Haube ab. Ein weißer, mit einem breiten Kinnband versehener Schleier, mit sehr viel Stoff, der … der seine Haare bedecken würde und auch einen Teil seines Gesichts, wenn er es geschickt anstellte.
„Ihr … Oh, ich soll statt Eurer das Gefängnis verlassen?“, fragte er ungläubig. „Das geht doch nicht. Das ist viel zu gefährlich.“
„Das muss klappen“, verkündete der Mönch fest. „Alles hängt davon ab, dass Ihr es auf halbwegs eigenen Beinen bis zum Ausgang schafft. Könnt Ihr das?“
„Ich … Aber wir können doch nicht …“
„Könnt Ihr das?“, wiederholte Meredith unerbittlich.
„Ich werde es versuchen.“
„Mir wird schon nichts passieren.“ Elizabeth bändigte seine Haare mit einem Stoffstreifen, ehe sie ihm die Haube aufsetzte und den Schleier ins Gesicht zog. „Ihr braucht nur nervös schluchzen, wenn Ihr an der Wache vorbei kommt. Bruder Meredith wird für Euch beide sprechen“, trug sie John auf. Sie zeigte auf ihr Kinn, und ehe John ganz wusste, was sie wollte, holte Bruder Meredith aus und schlug so fest zu, dass sie leicht taumelte.
Als nächstes fesselte er ihre Hände mit einem Strick. „Nicht zu fest?“, erkundigte der Mönch sich besorgt.
„Es soll schließlich echt aussehen“, zuckte Elizabeth mit den Schultern.
Er stopfte ihr etwas von dem Leinen als Knebel in den Mund und half ihr, sich auf den Boden zu legen. Dann ergriff er Johns Arm und hakte ihn unter. „Raus hier.“
John wollte protestieren, aber schon beim ersten Schritt fürchtete er, er würde ohnmächtig werden, doch Meredith hatte erstaunlich viel Kraft und hielt ihn aufrecht.
„Bis zum Tor“, flüsterte der Kirchenmann. „Bis zum Tor, dann könnt Ihr meinetwegen umkippen, verstanden?“
„Verstanden.“
John setzte einen Fuß vor den anderen und alles um ihn herum schlingerte. Bruder Merediths Arm war das einzige, das er spüren konnte, sehen konnte, fühlen konnte – alles andere verschwamm in einem Nebel aus Schmerz, Schwärze und unverständlichen Geräuschen, die in seinen Ohren wie Fanfarenstöße dröhnten. Er blieb stehen, wenn der Mönch stehen blieb, er ging weiter, wenn der ihn weiter zog. Er wusste nicht, ob sie voran kamen oder nicht, er konnte nicht denken, nichts sagen, er musste all seine Kräfte einsetzen, um sich nicht einfach in das verlockende, samtweiche Schwarz fallen zu lassen, das immer näher kam, ihn immer mehr einhüllte.
Bis es schlussendlich über ihm zusammenschlug.
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Meredith tupfte Sheppards Stirn ab. Dem Allmächtigen sei Dank, das Fieber war in der Nacht zurückgegangen und wenn Sheppard jetzt aufwachte, würde er hoffentlich wieder bei klarem Verstand sein.
Als hätte der andere Mann seine Überlegungen gespürt, flatterten seine Augenlider, dann öffnete er seine Augen und sagte mit krächzender Stimme: „Ich habe Durst.“
Wie sehr hatte Meredith darauf gewartet, wieder einen verständlichen Satz zu hören und nicht die Schreie und das Stöhnen im Fieberdelirium. „Das ist hervorragend!“ Er grinste über das ganze Gesicht und rieb begeistert seine Hände gegeneinander, ehe er nach einem Becher griff und ihn an Sheppards Lippen setzte.
John trank einige Schlucke, dann sagte er leise: „Danke.“ Seine Augen blickten sich im Zimmer um. Der Boden war mit frischem Stroh bedeckt. Es gab einen Tisch mit Stühlen, eine gemauerte Feuerstelle, auf der etwas kochte, ein paar Regale, eine Truhe und das breite Bett, in dem er lag. Es war sehr einfach, aber sauber und deshalb fragte er: „Sind wir hier im Kloster?“
„Nein.“ Meredith setzte noch einmal den Becher an Johns Lippen, dann antwortete er: „Wir sind hier in einem kleinen Häuschen, das Ronon, dem Grafen von Dex gehört – aber das wisst Ihr ja wahrscheinlich schon.“ Meredith war ziemlich erstaunt gewesen, zu erfahren, dass der verehrte Volksheld und Räuber dem Adel angehörte und laut seiner Frau Amelia noch nicht von seinem letzten Kreuzzug zurück war, während er in Wahrheit dem Sheriff das Leben schwer machte und es für einige Bedürftige erleichterte.
„Das mit dem Grafen – ja. Das mit dem Häuschen – nein.“ John warf ihm einen entschuldigenden Blick zu.
„Das hatte ich mir fast gedacht“, grummelte Meredith ein wenig.
„Wer wohnt hier sonst?“, erkundigte sich John.
„Zwei Brüder, Jonathan und Daniel. Zwei etwas wunderliche Kauze, die sehr zurück gezogen leben und keinen Kontakt mit ihren Nachbarn pflegen – also ideal für uns.“
„Was heißt ideal für uns? Und wo sind die Brüder jetzt?“ John versuchte, sich etwas anders
hinzusetzen.
Als er dabei das Gesicht vor Schmerzen verzog, war Meredith sofort an seiner Seite und half ihm. „Die Brüder sind einer Einladung Lady Amelias gefolgt“, antwortete er, während er das Kissen in Sheppards Rücken neu arrangierte. „Die Lady möchte alles über die Bienenzucht lernen, was es zu lernen gibt und ratet mal, wer sich damit gut auskennt?“
„Äh … wir sind jetzt für die Bienenstöcke der Brüder verantwortlich?“, zog John sofort die richtigen Schlussfolgerungen.
„Leider.“ Meredith seufzte: „Konnten die niemanden finden, der Fische züchtet?“
John lachte und Meredith drohte: „Sobald Ihr wieder laufen könnt, wird das Eure Aufgabe werden.“
„Nein, Ihr sind dann der Fachmann, verehrter Bruder, da will ich Euch dann nicht reinreden.“
„Ich gehe da nicht einmal ansatzweise in die Nähe“, versicherte der Mönch. „Ich reagiere mit Atemnot auf Bienenstiche, ja, einmal wäre ich fast daran gestorben. Die lieben Tierchen werden jetzt mal zwei, drei Wochen ohne Imker auskommen müssen.“
John hustete und ließ sich schwer in die Kissen zurücksinken. „Wie lange sind wir schon hier?“, fragte er, als er wieder Luft bekam.
„Heute ist der vierte Tag.“
„Ich habe also …?“
„Drei Tage im Fieberdelirium gelegen. Ja.“
Und Meredith wollte nicht daran zurückdenken, wie knapp es zwischendurch gewesen war. Wie verzweifelt er gewesen war, als all seine Heilkünste nichts zu bewirken schienen und Sheppard sich vor Schmerzen gewunden hatte und seine Temperatur einfach nicht hatte sinken wollen. Wie er einen Gott, an den er trotz seines Gelübdes nicht wirklich glaubte, angefleht hatte, den anderen Mann nicht sterben zu lassen.
Sheppard war für ihn so viel mehr als nur sein Kontakt zur Außenwelt, wenn er mal wieder etwas haben wollte, was es im Kloster nicht gab. Er war im Laufe der Jahre ein Freund geworden. Er brachte nicht nur die Bücher, er brachte – außer bei botanischen Nachschlagwerken – auch seine Meinung dazu mit und sie konnten stundenlang darüber diskutieren, ob Aristoteles Recht gehabt hatte oder ob Platons Höhlengleichnis so bedeutsam war wie viele Abhandlungen postulierten. Sheppard war die wichtigste Person in Merediths Leben – und dass er so gut aussah, dass er Merediths Gedanken auch beim Einschlafen beherrschte, war für den Mönch kein Problem.
Er hatte den Aufruhr seiner Gefühle wohl deutlicher als gedacht durchscheinen lassen.
Sheppard interpretierte sie falsch und sagte: „Es tut mir leid, dass ich solch eine Bürde war.“ Er drehte sich zur Seite.
Das konnte Meredith so nicht stehen lassen. Er setzte sich auf den Bettrand, legte John eine Hand an die Wange, bis der ihn wieder anschaute und sagte: „Keine Bürde. Ich habe mich nur so machtlos gefühlt. Keine meiner Arzneien schien zu wirken. Wir wissen noch so vieles nicht, was den menschlichen Körper betrifft. Da gibt es noch so viel zu erforschen – und so viel Aberglauben.“
„Wenn sich jemand mit Glauben und Aberglauben auskennt …“, versuchte John zu scherzen.
„Ha, ha, sehr witzig.“ Meredith hielt John noch einmal den Becher mit dem Getränk hin und gähnte.
John ließ sich davon anstecken und gähnte zwei Mal hintereinander, ehe er noch zwei Schlucke nahm.
„Austrinken“, drängte Meredith. John musste so schnell es ging wieder zu Kräften kommen, und trinken stand dabei an oberster Stelle.
Pflichtschuldig leerte John den Becher. „Zufrieden, Bruder?“
„Ja. Und jetzt rutscht ein Stück zur Seite, wir werden uns ausnahmsweise einmal einen kleinen Mittagsschlaf gönnen.“ Meredith hoffte, dass es jetzt, da Sheppard wieder bei klarem Verstand war, ein etwas erholsamerer Schlaf werden würde, als die letzten Tage und Nächte. Dort war er alle halbe Stunde aufgeschreckt, weil sein Patient im Schlaf sprach, oder vor Schmerzen stöhnte, oder das Fieber gesenkt werden musste, oder, oder, oder … Zwei, drei Stunden ungestörter Schlaf am Stück lockten wie das Paradies auf Erden.
Sheppard rutschte mit Merediths Hilfe auf die linke Seite des Betts, die an die Wand anschloss, Meredith legte die Kutte ab und stieg mit seinem fast knielangen Unterhemd bekleidet ins Bett, zog die Decke hoch und fast im selben Moment, als sein Kopf das Kissen berührte, war er auch schon eingeschlafen.
John wurde wach, als es draußen bereits dunkel zu werden begann. Das war dann ja ein sehr langer ‚Mittagsschlaf’ geworden, dachte er grinsend. Neben ihm schnarchte Bruder Meredith immer noch und sabberte ein wenig aufs Kopfkissen. Der gute Bruder schien einiges an Nachholbedarf zu haben. Aber kein Wunder, wenn er drei Tage lang Tag und Nacht für ihn gesorgt hatte.
Mit einem Schlag ging John auf, was das noch hieß: Bruder Meredith wurde jetzt wahrscheinlich auch vom Sheriff gesucht! Denn niemand würde ihnen abnehmen, dass er in seinem Zustand Elizabeth in dem Kerker niedergeschlagen hatte und dann den Mönch gezwungen hatte, ihn zu begleiten. Nein, wahrscheinlich gab es jetzt überall schon Steckbriefe mit dem Konterfei von Bruder Meredith! Aber warum hatte er ihm überhaupt geholfen?
Sicher, es verband sie etwas wie eine lockere Freundschaft, aber nicht mehr. Er brachte dem Mönch dann und wann ein Buch vorbei, der ‚bestellte’ manchmal sogar ganz konkret ein Exemplar, das er gerne hätte, bei ihm, sie plauderten über das Buch, über dies und das und natürlich – nicht zu vergessen – Bruder Meredith behandelte alle seine Blessuren, die er im Kampf gegen den Sheriff davon trug. Warum setzte dieser Mönch jetzt seine ganze Zukunft für ihn aufs Spiel? Hatte Ronon etwas gegen ihn in der Hand und er sich deshalb gezwungen gesehen, mitzugehen? Dann müsste er schnellstens zurückkehren und die Sache aufklären!
Dazu müsste er natürlich rasch gesund werden und das tat er nicht, wenn er nur im Bett rumlag. John versuchte sich aufzusetzen – und stöhnte laut auf.
„Was ist?“ Sofort schlug Meredith die Augen auf und schaute ihn besorgt an.
„Nichts. Ich … ich muss mich erleichtern.“ Das war noch nicht einmal gelogen, wenn er es richtig bedachte.
„Ja. Natürlich.“ Der Mönch gähnte, rieb sich die Augen und rollte sich aus dem Bett. „Groß oder klein?“ fragte er und hielt eine Flasche und eine Bettpfanne in die Höhe.
John spürte, wie ihm die Röte ins Gesicht schoss. Oh, natürlich, Bruder Meredith hatte in den letzten Tagen nicht nur sein Fieber gesenkt, seine Verbände gewechselt und ihm zu trinken gegeben – er war ihm bei allen Verrichtungen behilflich gewesen. Aber, bei allen Heiligen, es war ein großer Unterschied, ob man dazu im Fieberwahn oder bei vollem Bewusstsein war. Obwohl … Bruder Meredith war ein heilkundiger Mann und er hatte sicher schon mehr als einem Patienten beim Wasserlassen geholfen, versuchte er sich gut zuzureden. „Die Flasche“, brachte John also schließlich heraus.
Meredith reichte sie ihm an und tapste dann barfuss zur Tür, öffnete sie, ließ frische Luft rein und verkündete mit einem letzten Gähnen: „Ach, habe ich gut geschlafen.“ Er kratzte sich im Schritt, marschierte zum Tisch, goss ein wenig Wasser in eine Schüssel und wusch sich das Gesicht. Dann fragte er John: „Fertig?“
John konnte sich über soviel Selbstverständlichkeit nur wundern, sagte sich dann aber, dass das vielleicht ein Kloster-Ding war, von dem er keine Ahnung hatte. Er reichte Meredith die Flasche, die der Mönch – immer noch im Hemd – vor der Tür entleeren ging.
Dann endlich zog er seine Kutte wieder über, ging zum Herd und brachte für ihn eine Schüssel mit Brei mit.
„Haferbrei mit Honig“, verkündete er. „Denn wenn die Brüder von etwas genug haben, dann ist es Honig.“ Er schnalzte genießerisch mit der Zunge.
„Danke.“ John probierte vorsichtig und stellte dann begeistert fest: „Das schmeckt hervorragend!“
Meredith holte sich ebenfalls eine Schüssel davon und begann zu löffeln. „Ja, nicht schlecht. Schön süß, so wie ich es mag.“
„Haben die beiden hier noch andere Tiere als Bienen?“, fragte John zwischen zwei Bissen.
„Ja, ein paar Hühner, zwei Schweine und eine Ziege. Und dann haben wir noch die Taube zu versorgen, die Bruder Radek mir mitgegeben hat.“
„Eine Taube? Da ist doch nichts dran, Enten sin…“
„Das ist eine Brieftaube!“, lachte Rodney. „Lass Bruder Radek bloß nicht hören, dass Ihr sie essen wolltet. Damit kann ich eine Nachricht senden, wenn wir Hilfe benötigen oder aus irgendeinem Grunde mit Ronon oder dem Abt in Kontakt treten wollen.“
„Guter Plan!“, lobte John anerkennend. „Was gibt es sonst noch hier im Haus?“
„Einen Gemüse- und Kräutergarten rund ums Haus, in dem ich, jetzt da es Euch besser geht, mal dringend etwas ernten sollte.“
„Klingt, als wären wir gut versorgt, so lange wir hier sind. Wie lange werden wir hier bleiben?“
„Bis Ronon uns abholen kommt. Einer seiner Leute hat uns hergebracht, den Wagen aber wieder mitgenommen, weil es zu auffällig gewesen wäre.“
John fand es sehr beunruhigend, dass er kein Pferd zur Verfügung hatte. Denn wenn die Häscher des Sheriffs plötzlich hier auftauchten … könnte er ihnen auch mit einem Pferd nicht entkommen, da er es nicht einmal bis in den Stall schaffte, gestand er sich niedergeschlagen ein. Zu Kräften zu kommen war wirklich sein vorrangiges Ziel und so aß er langsam die Schüssel leer, obwohl er schon längst satt war. Und wer hätte gedacht, dass essen so anstrengend war? John merkte, wie ihm schon wieder die Augen zufielen und er hatte nichts dagegen, als Meredith sagte: „Ruht Euch noch ein wenig aus, ich gehe noch die Tiere füttern und werfe mal einen Blick in den Gemüsegarten.“
Als er das nächste Mal wach wurde, saß Bruder Meredith am Tisch, las im Schein einer Bienenwachskerze in einem dicken Folianten und war sofort an seiner Seite, als er sich räusperte.
„Ich bin schon wieder eingeschlafen, nicht wahr?“
„Das Beste, das Ihr in Eurem Zustand machen könnt“, versicherte ihm der Mönch.
„Ich dachte immer, das wäre ein Aderlass?“
„Unsinn!“, rief Bruder Meredith aufgebracht und begleitete seine nächsten Worte mit wild rudernden Händen. „Das ist eine absolut falsche Vorstellung! Ich habe die Beobachtung gemacht, dass Leute, die sehr viel Blut durch Aderlässe verlieren, viel schlechter gesunden als solche, denen man diese Tortur erspart. Es ist ein Aberglaube, dass dadurch das kranke Blut ausgespült wird.“
„Aber …“
„Kein ‚aber’. Die alten Lehren mögen etwas anderes sagen, aber ich verlasse mich lieber auf meine Beobachtungen.“ Er verschränkte die Hände vor der Brust und schaute John herausfordernd an.
„Hey! Ich beschwere mich wirklich nicht, wenn ich meinen Lebenssaft behalten darf“, wandte John ein und lächelte ihn entschuldigend an.
„Dann ist ja gut.“ Langsam entspannte sich Bruder Meredith. Er klappte seine Lektüre zu, stand auf und stellte fest: „Ich mache uns etwas zu essen.“
„Klingt gut.“
„Ich habe ein paar Eier gefunden, ich werde uns eine leichte Eierspeise machen.“
Zwanzig Minuten später saßen sie am Tisch, denn John hatte darauf bestanden, dass er das Bett dazu verlassen wollte. Er sah etwas weiß im Gesicht aus, aber aß eisern alles auf, was Meredith ihm vorsetzte.
„Schmeckt gut. Lernt man im Kloster kochen?“ John lehnte sich im Stuhl zurück.
„Ja. Leider darf ich mich nicht nur der Abschrift von alten Handschriften und meinen botanischen und medizinischen Studien widmen. Abt Woolsey ist ein Verfechter der Theorie, dass ein Mönch alles können muss. Darum habe ich zwischendurch auch immer wieder Küchendienst und muss auf dem Feld mithelfen.“ Er zog ein Gesicht.
„Mein Dank geht an den Abt.“ John lächelte, dann wurde er ernst. „Werdet Ihr wieder ins Kloster zurückgehen können, wenn das hier vorüber ist? Oder ist es für das Kloster zu gefährlich?“
„Ich glaube schon, dass ich zurück kann. Lady Weir hatte offiziell beim Abt angefragt, dass ich sie ins Gefängnis begleiten sollte. Wir stehen offiziell zwar beide etwas als Dummköpfe da, denn Ihr seid tatsächlich geschickt genug gewesen, eines meiner Messer zu stehlen und mich damit zu bedrohen. Lady Weir und mir blieb nichts anderes übrig, als uns Euren Wünschen zu …“
„Aber dazu hatte ich doch gar nicht Kraft!“
„Das weiß der Sheriff ja nicht.“ Rodney lächelte voller Genugtuung. „Der wird glauben müssen, was Lady Weir sagt. Wahrscheinlich ist er wütend, dass wir uns so haben überrumpeln lassen – aber was soll er machen?“
John hoffte sehr, dass das so einfach war, wie sie sich das ausgedacht hatten und hoffte, dass es weder für Lady Weir noch Bruder Meredith negative Auswirkungen haben würde. Ein bisschen war er aber beruhigt, dass sie ihn zum ‚Bösen’ gemacht hatten.
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Es war gegen Mittag und die Sonne brannte vom Himmel. Meredith jätete gerade Unkraut und hackte die Reihen zwischen den gepflanzten Karotten auf, als er einen Blick in seinem Nacken spürte. Eine akute Welle von Panik überflutete ihn. Oh nein, oh nein, man hatte sie gefunden und John war in noch überhaupt keiner Verfassung, um sich zu verteidigen! Was sollte er nur tun? Er atmete tief durch, bis er wieder einen klaren Gedanken fassen konnte. Hmm … vielleicht sollte er erst mal schauen, wer ihn beobachtete und wie viele es waren? Langsam, auf das Schlimmste gefasst, drehte er sich um und blinzelte.
Nein, da war kein Zweifel möglich, sein verrückter Patient hatte sich tatsächlich vor die Tür geschleppt, saß jetzt auf einem Stuhl und schaute ihm beim Arbeiten zu. Erleichterung und auch eine kräftige Portion Wut, dass er sich so ohne Grund aufgeregt hatte, überschwemmten ihn.
Zornig und mit mehr Schwung als nötig, rammte er die Hacke in die Erde. So etwas Unvernünftiges! Nun, er würde nicht hingehen, wenn der Herr vom Stuhl fiel, weil er sich übernommen hatte! Wütend riss er einen Löwenzahn aus dem Boden und warf ihn auf den Haufen mit den anderen ausgerupften Pflanzen. ‚Patient’ kam vom Lateinischen ‚Geduld’, und Geduld musste man haben, wenn man wieder gesunden wollte, aber davon schien Sheppard wohl noch nie gehört zu haben. Meredith wischte sich den Schweiß von der Stirn und machte mit seiner Arbeit weiter. Für die meisten ausgerupften Pflanzen hatte er sogar noch Verwendung, Löwenzahn gab einen hervorragenden harntreibenden Tee ab, Brennnesseln mit Wasser angesetzt waren ein guter Dünger. Nur zwischen den Möhren hatten sie nichts zu suchen.
John hatte sich im Laufe des Tages im Bett gelangweilt und da Bruder Meredith auch auf Rufen nicht reagiert hatte, hatte er schließlich entschlossen, vor der Tür nachzuschauen. Das war ein deutlich längeres Unterfangen gewesen, als er so leichtfertig angenommen hatte, aber mit etlichen Pausen war es ihm endlich gelungen, einen Stuhl vor die Tür zu stellen. Er hatte sich in den Schatten gesetzt und dem Mönch beim Arbeiten zugeschaut. Bruder Meredith war gut in Form, wie er nach einer Weile feststellte. Die Kutte hatte er abgelegt und nur mit seinem Hemd bekleidet, das er in der Taille mit einem Gürtel hielt, rückte er dem Unkraut zu Leibe. Breite Schultern, kräftige Arme und Hände, die zupacken konnten, die ihn aber auch unendlich zart versorgt hatten. Er konnte sich an die letzten Tage nicht genau erinnern, aber sie hatten ihn mit einem tiefen Gefühl des Vertrauens zu Bruder Meredith zurückgelassen.
Der Mönch war schon etwas ganz Besonderes. Selten hatte John einen so vielseitig interessierten Mann getroffen, der alles, was man mit ihm teilte, begierig aufsog. Aber nicht nur Merediths Geist war anziehend. Dazu hatte er ein Gesicht, das manchmal arrogant wirkte, dann wieder mit einem schiefen Grinsen einen ganz eigenen Charme hatte. Und die schönsten blauen Augen, die John je bei einem Menschen gesehen hatte. Ein Blau, wie der Himmel im Sommer und … und … John stoppte erschrocken seine Überlegungen. Jetzt schmachtete er tatsächlich schon einen Mann der Kirche an! Es wurde wohl Zeit, dass er seinem Liebesleben mal wieder etwas Beachtung schenkte, wenn er schon unzüchtige Gedanken in Bezug auf seinen Heiler hatte, nur weil der ihn mit sanften Händen berührt hatte. Voller Scham wandte John den Kopf ab und schaute über die sanften, grünen Hügel, die am Horizont in dichte Wälder übergingen.
Eine Stunde später kam Bruder Meredith zum Haus zurück. John schreckte aus dem leichten Halbschlaf, in den er gerutscht war, hoch.
„Bohnen und Rüben“, erklärte Meredith und stellte Sheppard einen Korb auf die Beine. „Wer gesund genug ist, vor der Tür im Schatten zu sitzen, ist wohl auch gesund genug, sich an der Zubereitung des Essens zu beteiligen.“ Er schaute Sheppard so an, als würde er Widerworte erwarten.
Mit einem kleinen spöttischen Lächeln und einem „Aber natürlich“ nahm ihm Sheppard den Wind aus den Segeln.
Als Meredith sah, wie mühsam sich Sheppard zurück ins Haus bewegte, wollte er einen Rückzieher machen, aber John bestand darauf, dass er auch was tun wollte und so schnitt er das Gemüse für die Suppe, die sie dann noch mit Graupen etwas gehaltvoller machten.
Vor dem Abendessen bestand Meredith dann noch darauf, Johns Haare zu waschen und seinen Bart etwas zu stutzen. Erst wollte John ablehnen, weil er keine Umstände machen wollte, aber der Mönch ließ sich nicht umstimmen. Anschließend fühlte sich John gleich viel besser und ‚gesünder’ und so erlaubte er Bruder Meredith, ihm auch mit der restlichen Wäsche seines Körper zu helfen. Er zwang sich dazu, wie eine Litanei zu wiederholen, dass Meredith ein Mann Gottes und ein Heiler war und er sein Patient und dass an den abschließenden sanften, massierenden Bewegungen auf seinem Rücken nichts, aber auch gar nichts Erotisches dran war, selbst wenn gewisse Körperteile da einer anderen Meinung waren.
Glücklicherweise verdeckte das lange, frische Unterhemd etwaige verdächtige Reaktionen und er musste nur noch ein paar Minuten durchstehen, in denen sich Meredith mit dem Rest des warmen Wassers ebenfalls säuberte und John dazu mit dem Anblick seiner appetitlichen Rückseite erfreute – bis John gewaltsam seine Augen woanders hin richtete, denn es war ganz und gar falsch, dass er so empfand.
Der Mönch zog ebenfalls ein frisches Hemd an und John fragte: „Wieso habt Ihr ein so weiches Unterhemd aus feinstem Leinen?“
„Wieso nicht?“
John kratzte sich am Kopf. „Solltet Ihr nicht die härene Kutte tragen, damit Ihr an die Leiden Christi erinnert werdet?“
„Ich habe sehr empfindliche Haut und reagiere auf den kratzigen Stoff mit Quaddeln und Hautrötungen. Da hat auch der Abt eingesehen, dass ich dem Kloster besser dienen kann, wenn ich nicht vom Juckreiz abgelenkt werde.“
Das kam so prompt, dass John klar war, dass Meredith diese Argumente nicht zum ersten Mal anführte. Es sah ganz so aus, als ob dem Abt keine andere Wahl geblieben war, als ihm dieses Privileg zu gewähren.
Nach dem Abendessen wusch Meredith ihre Hemden und die Laken vom Bett durch und hängte alles zum Trocknen vor die Tür. Wenn das Wetter anhielt, könnte er sie morgen Abend trocken hereinholen.
Sie spielten noch ein Würfelspiel, das sie in einem Korb neben dem Herd gefunden hatten. Viele persönliche Sachen hatten die Brüder nicht da gelassen. Ein paar Kleidungsstücke, eine handschriftliche Kopie des ‚Lancelot’ von Chrétien de Troyes und eine lateinische Originalschrift von Plutarch. John fand auch noch ein zerbrochenes Leseglas, aus dessen Vorhandensein Bruder Meredith schloss, dass entweder Jonathan oder Daniel Schwierigkeiten mit den Augen haben musste, denn genauso ein Leseglas besaß auch Bruder Radek.
John las noch ein paar Verse aus dem ‚Lancelot’ vor, dann bliesen sie die Kerze aus und gingen zu Bett.
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Die nächsten beiden Tage verliefen ohne Zwischenfälle, Meredith kümmerte sich um alle Tätigkeiten, die Kraft erforderten; John beschränkte sich auf Handlangerdienste. Viel zu wenig Bewegung für Johns Geschmack, viel zu viel, wenn man Bruder Meredith gefragt hätte.
Und so saß John gerade am Tisch und war dabei Äpfel zu schälen und klein zu schneiden, als er draußen Meredith lautstark sagen hörte: „Ja, wir wohnen jetzt hier.“
Wer immer dort war, musste etwas gefragt haben, denn Bruder Meredith antwortete klar und deutlich: „Bei Lady Amelia Dex. Wir sehen hier nach dem Rechten, bis sie wieder zurück sind.“
Den Frager konnte John nicht verstehen, aber der Mönch stellte mit der Lautstärke seiner Antworten klar, dass er alles mitbekam. „Wir sind Verwandtschaft. Mein Name ist Will und mein … Vetter heißt Hugo.“
John erhob sich vom Stuhl und machte vorsichtig zwei Schritte Richtung Fenster, denn er musste unbedingt sehen, wer da gekommen war. Wenn es die Häscher des Sheriffs waren, konnte Bruder Meredith sie sicher nicht mehr lange hinhalten. In dem Moment fiel Johns Blick auf die Kutte des Mönchs, die der nachlässig über das Bett geworden hatte, bevor er im Gemüsegarten verschwunden war. Verflucht! Das wäre ein zu eindeutiges Indiz!
Ohne Rücksicht auf seine schmerzende Hüfte zu nehmen, humpelte John rasch zum Bett, stolperte in seiner Eile und musste sich mühsam wieder aufrappeln. Mit Mühe schaffte er es bis zum Bett und stopfte die Kutte unter die Decken.
Gerade als er die ersten Schritte Richtung Tür gemacht hatte, hörte er Meredith sagen: „Ich werde sehen, ob wir noch einen Topf Honig haben.“
Eine Frage und Meredith aufgeregtes: „Nein, nein, ich gehe schon, nicht nötig, mich zu begleiten. Uh… wirklich nicht. Ich …“ kam näher.
Johns Herz schlug bis zum Hals, als die Tür geöffnet wurde und erst Meredith, dann noch jemand ins Zimmer trat. John griff mit einer Hand möglichst unbemerkt nach dem Küchenmesser, als er eine vielleicht vierzigjährige Frau erblickte, die einen Korb mit einem Kuchen in der Hand hielt. Als erste Reaktion hätte er gedacht, dass von ihr keine Gefahr ausginge, er traute Sheriff Kolya aber auch zu, ihn genau mit dem Trick reinzulegen, mit dem er aus dem Gefängnis entwichen war.
So beobachtete er voller Anspannung, wie Meredith ein Gefäß mit Honig befüllte und dafür den Kuchen entgegennahm.
„Hugo, weißt du, ob wir noch Eier haben, die wir Edelfried mitgeben können?“
Da John am Vormittag die Eier eingesammelt hatte, meinte er: „Sechs habe ich gefunden. Da können wir gut vier mitgeben. Schau mal, Will, sie sind in der Schüssel dort.“ Mit der Nennung des Namens wollte John dem Mönch bestätigen, dass er den Anfang des Gesprächs mitbekommen hatte.
Als Meredith der Frau die Eier in den Korb legte, machte sie immer noch keinen überraschenden Angriff und langsam begann John, wieder normal zu atmen.
Meredith begleitete sie noch bis zum Gartentor, kam zum Haus zurück und ließ die Tür mit einem Knall ins Schloss fallen. Er trat auf John zu, der schwer am Küchentisch lehnte, das Messer immer noch in der Hand.
„Verdammt, ich habe Blut und Wasser geschwitzt!“, rief Meredith und warf die Arme theatralisch in die Luft. Dann erblickte er das Messer in Johns Hand, seine Augen wurden größer und mit einer Mischung aus absoluter Erleichterung und der ganzen aufgestauten Spannung, die er noch in seinem Körper hatte, lachte er: „Du verrückter Hund, wolltest du mich damit gegen die Kuchen bringende Nachbarin verteidigen?“ Seine größte Sorge war gewesen, dass er sich nicht mehr an alle Details erinnerte, die ihm Ronon bezüglich der Brüder mitgeteilt hatte und nicht irgendwie den größten Unsinn erzählte. John hatte sich natürlich sofort ‚bewaffnet’, was schon Bände sprach, aber wunderbar zu dem Bild passte, das er von John hatte. Er nahm ihm das Messer aus der Hand und ließ seine Hand auf Johns liegen.
„Ich hatte befürchtet, es wäre jemand von Kolyas Leuten, mit dem gleichen Trick, wie wir ihn auch benutzt haben“, stellte John klar.
„Heilige Mutter Gottes, gut, dass ich nicht daran gedacht habe, dann hätte ich gar kein Wort mehr rausgebracht!“ Nicht auszumalen, wenn er tatsächlich einen von Kolyas Leuten direkt zu John geführt hätte! Er lehnte sich schwer gegen John und versuchte nicht zu zittern.
John legte einen Arm um ihn und drückte ihn an sich. So standen sie einen Moment und als Meredith ihm mit einer Hand über die Wange strich und ihn anschließend küsste, schien ihm das eine durchaus angemessene Reaktion – im ersten Moment. Dann fiel ihm ein, dass er gerade einen Mönch küsste und wollte sich losmachen, aber Meredith glitt mit seiner Zunge über seine Lippen und seine warmen, kräftigen Händen lagen in Johns Rücken und gaben ihm Halt.
Das war genau dasselbe beruhigende Gefühl, an das sich sein Körper so gut erinnerte, auch wenn er keine Einzelheiten abrufen konnte. So hatte Meredith ihn gehalten, als er die Stunden in Kolyas Gewalt noch einmal im Fieber durchlebt hatte. John erlaubte sich noch einen Augenblick die Versicherung, dass das hinter ihm lag, dass er tatsächlich noch einmal überlebt hatte, ehe er sich behutsam aus Bruder Meredith’ Armen löste.
Er räusperte sich. „Wollen wir den köstlich duftenden Kuchen versuchen?“
Was wollte John? „Äh … Kuchen?“ Meredith schaute John mit gerunzelten Brauen an. Was war denn das für ein plötzlicher Sinneswandel? Gerade noch war er mit Eifer dabei, denn er hatte den Kuss ja nicht geträumt und nun interessierte ihn nur noch der Kuchen? „Wieso auf einmal…?“
„Wir dürfen das nicht tun! Es ist eine große Sünde und ich sollte dich nicht in Versuchung führen. Das ist … nicht richtig“, brachte John atemlos hervor.
„Was? Bei allen Heiligen, du führst mich doch nicht …“ Verwirrt schaute Meredith ihn an. „Du bist ein Mann der Kirche!“
„Ja und?“
„Das … das ... was ist mit deiner Berufung, deinem Gelübde, das du abgelegt hast?“
„Mönch sein ist für mich ein Beruf wie jeder andere auch.“ Meredith nahm seine Hände von Johns Körper und stellte sich aufrechter hin.
„Nein, das glaube ich nicht.“
„Kannst du aber ruhig.“ Meredith trat zum Fenster und atmete einmal tief aus. „Ich erkläre es dir. Es ist zwar ein ungeschriebenes Gesetz, dass man niemanden nach seiner Zeit vor dem Ordenseintritt befragt, aber du hast ja nicht gefragt, ich erzähle es dir. Mein Vater war ein Gefolgsmann von Simon von Montfort. Als reicher Londoner Kaufmann finanzierte er dessen Bestrebungen ein Parlament einzurichten und zog sogar mit ihm in die Schlacht von Evesham. In jenem August vor zwölf Jahren, änderte sich für mich alles. Denn wie du weißt fiel Monfort in der Schlacht, mein Vater ebenfalls und alle Güter der Aufständischen wurden beschlagnahmt.“
„Aber das Dictum von Kenilworth?“ John setzte sich auf einen der Stühle, denn das lange Stehen strengte ihn an.
„Dieses Gesetz half nur den Leuten, die Landbesitz hatten. Sie konnten sich mit einem großen Betrag ihre Ländereien zurückkaufen. Bei einem Kaufmann war nichts mehr da, was man zurückkaufen konnte. Unsere Familie stand vor dem Ruin. Meine Schwester konnte glücklicherweise heiraten, ich rechne es Miller hoch an, dass er sie auch noch haben wollte, als sie kein Geld mehr hatte. Meine Mutter und ich durften auch dort wohnen, aber nach ein paar Wochen war mir klar, dass das keine Lösung für mich war. Meine Pläne, an der Universität von Bologna zu studieren, waren gescheitert und ein Handwerk zu erlernen erschien mir damals nicht passend, denn ich hatte mir in den Kopf gesetzt, ein Gelehrter zu werden.“
„Wie alt warst du?“
„Vierzehn. Vielleicht hätte ich sonst eine andere Entscheidung getroffen. Jedenfalls beschloss ich ‚Mönch’ zu meinem Beruf zu machen, weil man nur in einem Kloster auch dann lernen kann, wenn, wenn man zu arm ist, an der Universität zu studieren. Verstehst du jetzt, warum es ein Beruf und keine Berufung für mich ist?“ Meredith goss sich einen Becher Wasser ein und nahm einen tiefen Schluck.
„Und ich dachte immer, Mönche wären …“
Der Mönch unterbrach ihn: „Verallgemeinere nicht. Viele sind dort, weil sie meinen, Gott so am besten dienen zu können. Aber viele sind dorthin auch verbannt worden, von Angehörigen, die sie los sein wollten, oder weil die Familie einem Skandal zuvorkommen wollte. Manche sind auch einfach im Kloster weil sie nicht immer Hunger leiden wollten und man muss Abt Woolsey zugestehen, dass wir immer genug zu essen haben. Jeder hat eine andere Geschichte.“
Als Meredith jetzt nachdenklich in die Ferne schaute, war John klar, dass er einige der Geschichten kannte, dass die Mönche untereinander also auch von der Zeit vor dem Kloster gesprochen hatten.
„Was ist mit den mönchischen Regeln?“, fragte John herausfordernd.
„Was soll damit sein? Ich halte mich an sie, so gut es geht und soweit sie mir logisch erscheinen.“
„Ist der Abt damit einverstanden?“
„Wir haben uns arrangiert.“ Meredith machte eine wedelnde Handbewegung.
John hätte zu gerne gewusst, wie dieses Arrangement aussah. Stattdessen stellte er noch eine letzte Frage: „Und der Zölibat, ist das eine der unlogischen Regeln, die du nicht befolgen brauchst?“
„Wie kann denn etwas als unumstößliche Regel gelten, wenn es mehrerer Konzile bedurfte, um es durchzusetzen? Wenn Gott das wirklich gewollt hätte – warum haben die Päpste dann mehr als tausend Jahre gebraucht, um das zu erkennen?“, erkundigte sich Bruder Meredith mit einer spöttisch hochgezogenen Braue.
„Weil sie auch nur Menschen sind?“
„Ganz genau. Und jetzt hören wir besser auf zu argumentieren.“
John schaute unentschlossen, lenkte dann aber ein und meinte: „Du solltest mir dringend mitteilen, was ich über unsere Geschichte wissen muss. Wer wir sind, warum wir hier sind – denn offensichtlich leben die Brüder nicht ganz so von der Welt abgeschieden wie Ronon gedacht hat. Und“, erst in diesem Moment fiel John wieder die Kutte ein, „du solltest unbedingt aufhören, eine Kutte zu tragen, weil man dich dann sofort mit mir in Verbindung bringt.“
Er zeigte mit dem Finger auf das Bett: „Ich musste sie schnell verschwinden lassen. Vielleicht können wir ebenfalls etwas mit deiner Tonsur machen? Dann bist du auch sicher, wenn du mal nicht den großen Hut trägst.“
„Den brauche ich gegen die stechende Sonne.“
„Aber nicht im Haus.“
„Hmm.“
So kam Bruder Meredith am Abend noch zu einem Haarschnitt, bei dem sein Haarkranz so gekürzt würde, dass er nur wenig länger war als die Haare, die in der letzten Woche nachgewachsen waren. Die Kutte versteckte er ganz unten in einer Truhe mit Wäsche und zog stattdessen einen der Überröcke der Brüder über sein Unterhemd. Ihm war der Mönch kaum mehr anzusehen und John hatte noch mehr Schwierigkeiten, in ihm den Gottesmann zu sehen.
Einen Tag später suchte John nach einem besseren Versteck für die Kutte und im Hühnerstall wurde er fündig. Er fand ein loses Brett, zog es ab und hervor kam eine Aussparung in der Wand.
„Meredith!“, brüllte John und tatsächlich kam der Mönch schon kurze Zeit später angerannt.
„Was ist? Was ist passiert? Hast du …?“
„Schau mal, was ich hier gefunden habe.“ John zog zwei weiße Mäntel mit rotem Kreuz auf der Schulter hervor.
„Tempelritter? Die Brüder haben zwei Tempelritter umgebracht, das Geld an sich genommen und die Kleidung hier versteckt?“ Bruder Meredith schauderte bei dem Gedanken, im Haus von Mördern übernachten zu müssen. Womöglich waren die Leichen im Garten vergraben, in dem er jeden Tag arbeitete? Oder …?
John schüttelte den Kopf. „Du hast Ideen! Vielleicht sind die beiden selbst ehemalige Tempelritter? Das würde doch zum Grafen von Dex passen. Er hat sie auf dem letzten Kreuzzug kennengelernt und ihnen – aus irgendeinem Grunde – hier Unterschlupf gewährt.“
„Das würde mir jedenfalls weit besser gefallen als die Mordtheorie“, meinte der Mönch und beförderte noch zwei Helme und ein Siegel, auf dem zwei Reiter auf einem Pferd abgebildet waren und das die charakteristische Inschrift ‚SIGILLUM MILITUM CHRISTI’ – ‚Siegel der Soldaten Christi’ trug, zutage.
„Und dann macht es auch Sinn, dass sie angeblich Lady Amelia etwas über Bienenzucht erklären – wahrscheinlich hat Ronon sie aufgefordert oder gebeten, dieses Haus für uns frei zu machen.“
„Ich hätte nie gedacht, dass ich irgendwann einmal etwas mit dieser geheimnisvollen Organisation zu tun bekäme.“ Meredith schüttelte den Kopf.
„Na ja, so geheimnisvoll sind sie nicht, sie sind nur sehr reich geworden in den letzten Jahren und das fördert natürlich Verschwörungstheorien und führt zu Gerüchten“, erklärte John.
„Wir könnten ziemlichen Unsinn mit diesem Siegel anstellen“, sinnierte Meredith.
„Es war sicher genug verborgen. Ich hätte es nie gefunden, wenn ich nicht nach einem Versteck für deine Kutte gesucht hätte.“
„Nun, man muss immer mit dem Schlimmsten rechnen.“
„Dann legen wir die Kutte jetzt einfach dazu. Wenn die Brüder sie finden, werden sie uns nicht verraten, weil sie wissen, dass auch wir sie verraten könnten.“
„Eine hervorragende Idee, sie könnte fast von mir sein“, stellte Bruder Meredith ernsthaft fest.
John lachte.
TBC ...