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Thema: [HP] Epilog

  1. #1
    Senior Airman Avatar von Mix
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    Standard [HP] Epilog

    Titel: Epilog
    Autor: Mix
    Fandom: Harry Potter
    Genre: Verschieden
    Rating/Warnings: Ab 12
    Staffel/Spoiler: Harry Potter Band 1-7
    Anmerkung des Autors: Nachdem ich den Epilog des siebten Bandes immer noch nicht mag, hab ich mich nochmal an einer Alternative versucht. Ich hab schon einmal solch einen Epilog geschrieben (auch hier im Forum zu finden), aber der war eher ein Gedankenspiel denn ernsthafte Alternative. Diesmal habe ich versucht, einen würdigen Abschluss für die Harry Potter Reihe zu finden. Zur Erklärung: Der Epilog wird in sieben Kapitel unterteilt sein, jedes aus der Sicht eines anderen Charakters, der mir wichtig erscheint. Dabei geht es nicht strikt chronologisch vor, sondern es wird quer durch die Zeit gesprungen. Da können schonmal mehrere Jahre zwischen zwei Kapiteln liegen, nur um danach wieder in der Zeit zurückzugehen.
    Kurzinhalt: Ein alternativer Epilog, der sich darauf konzentriert, sich von den Charakteren zu verabschieden, und versucht, die HP Reihe würdevoll zu beenden.



    Ron

    Ron schlug die Augen auf und starrte an die Decke. Es war dunkel. Durch das fahle Mondlicht, das sich seinen Weg durch die Fenstergardinen bahnte, konnte er noch schemenhaft den Kronleuchter erkennen. Vor seinem geistigen Auge jedoch sah er etwas anderes, ein verworrenes Bild, das er nicht genau zu beschreiben vermochte, wie eine blasse Erinnerung aus ferner Vergangenheit. Er konnte mit diesem Bild nichts anfangen, war ratlos darüber, woher es kam. Er wusste nur, was er bei seinem Anblick fühlte: Schmerz, so allumfassend, dass er fürchtete, seine Seele würde zerreißen. Er blinzelte einige Male, in der Hoffnung, er könne das Bild dadurch abschütteln, doch es gelang nicht. Stattdessen erreichte er das Gegenteil.

    Die Konturen wurden schärfer, die Dunkelheit, die ihn umgab, entwickelte sich zu einer schaurigen Leinwand, auf der sich Schreckliches ereignete. Da war ein Lächeln, ein letztes, ein ewiges. Ron kannte dieses Lächeln. Er war damit aufgewachsen, hatte es, während er zu Hause gewesen war, jeden Tag gesehen, in doppelter Ausführung. Das letzte Mal, dass es ihm begegnet war, war nun jedoch schon zwei Wochen her. Und das war das Schmerzhafte; er sah etwas, das nicht mehr existierte.

    Freds letztes Lächeln mochte für die Ewigkeit festgehalten worden sein, doch es war nur ein schwacher Nachhall dessen, was Rons Bruder zu solch einem besonderen Menschen gemacht hatte. Und George war seither nicht mehr er selbst, sein Lächeln verschwunden, getilgt aus der Welt wie eine überflüssige Variable.

    Nun, da Ron das Bild endlich erkannt hatte, da er begriffen hatte, dass ihm sein Verstand im Schlaf dieses Bild vorgehalten hatte wie einen Spiegel, der nur Emotionen reflektierte, merkte er, wie seine Augen feucht wurden. Es war das erste Mal, dass er einen derartigen Traum gehabt hatte. Das Einzige, was ihn daran wunderte, war, dass es nicht schon früher passiert war.

    Voldemort war vernichtet, aber das machte die Welt noch nicht zu einem märchenhaften Ort, an dem jegliche Sorgen hinfortgeweht und vom Himmel entgegen genommen wurden. Die letzten drei Jahre waren entbehrlich für jeden Zauberer gewesen, und auch für einige Muggel. Dass ihrer aller Nemesis nun besiegt war, bedeutete noch lange nicht, dass sämtliche Schäden, ob physicher oder psychischer Natur, repariert waren.

    Der junge Weasley wischte sich die Augen trocken und unternahm erneut einen Versuch, das Bild zu verdrängen. Doch es war hartnäckig, wehrte sich dagegen, einfach weggeschoben und ersetzt zu werden. In einem stummen Schrei nach Hilfe neigte Ron seinen Kopf zur Seite. Und tatsächlich wurde er dadurch fündig. Denn er lag nicht alleine in seinem Bett im Fuchsbau. Hermine war bei ihm. Sie schlief, doch allein der Anblick ihres schönen Gesichts reichte schon aus, um seinen Schmerz ein wenig zu lindern.

    Halb wünschte er sich, dass sie aufwachte, damit er ihr erzählen konnte, was ihn plagte. Sie würde ihm zuhören, sie würde ihn verstehen, sie würde ihm helfen. Doch auf der anderen Seite war er froh, dass sie endlich einmal schlief, und er war weit entfernt davon, sie aufzuwecken. Die letzten zwei Wochen waren auch für sie nicht einfach gewesen.

    Zwar hatten sie endlich einander gefunden, doch hatten sie beide so sehr mit den Nachwirkungen des Siegs über Voldemort zu kämpfen, dass ihre Beziehung nicht so glücklich war, wie Ron es sich immer vorgestellt hatte. Gleichzeitig war es die größte und wirkungsvollste Quelle des Trostes, auf die er zu jener Zeit zugreifen konnte. Niemand spendete ihm so viel Wärme und Zuneigung wie es Hermine tat, und er bemühte sich nach Kräften, diesen Gefallen zu erwidern. Er wollte die junge Zauberin nie wieder an seiner Seite missen.

    Manchmal kam ihm ihre gegenseitige Bindung aneinander vor wie ein Traum, aus dem er jeden Moment erwachen könne. Er fürchtete dann, er würde sich in diesem verdammten Zelt wiederfinden, auf der Suche nach Gegenständen, von denen keiner genau wusste, wo sie versteckt waren, gefangen in einer Mission, die aussichtslos erschien, und Hermine nur eine Freundin, die beseelt war von dem Wunsch, einem Freund zu helfen, Rons Zuneigung nicht erwiderte.

    Auch jetzt, wo er in ihr Antlitz blickte und ihr beim gleichmäßigen Atmen zuhörte, kam ihm der Gedanke, dass dies unmöglich real sein könne. Nach all den Strapazen, die er durchgemacht hatte, bei all dem Leid, durch das sich viele noch immer kämpfen mussten, er selbst eingeschlossen, wie konnte er da gleichzeitig solches Glück erfahren?

    Aber dann erinnerte er sich daran, dass er gerade erst aus einem Traum erwacht war. Das Bild drang wieder in seinen Geist und er seufzte. Nein, er würde jetzt keinen Schlaf mehr finden, und er war sich auch gar nicht sicher, ob er das wollte. Also stand er auf und ließ Hermine für eine Weile allein.

    Er trat vor die Tür und ging über die Treppe nach unten. Zielstrebig führten ihn seine Beine in die Küche, wo er ein Glas Milch trinken wollte. Als er dort angekommen war und mit einem Schnipsen den Kronleuchter entfacht hatte, huschten seine Augen über die Uhr an der Wand. Zuvor hatte er gar nicht daran gedacht, die Uhrzeit zu prüfen, nun musste er feststellen, dass es viertel vor vier am Morgen war. Schon bald würde es hell werden.

    Wenige Augenblicke später hatte er sich etwas Milch in ein Glas gegossen, und nun saß er mit seinem Getränk am Küchentisch. Er genehmigte sich einen Schluck, seufzte und trank noch einmal. Das Lächeln suchte ihn noch immer heim. In der Hoffnung, etwas Ablenkung zu finden, griff er sich die oberste Zeitung eines ganzen Stapels, der auf einem der Küchenstühle lag. Was er nun in der Hand hielt, war eine Ausgabe des Tagespropheten. Sie war datiert auf den Vortag, den sechzehnten Mai.

    Auch zwei Wochen nach der Niederlage des Dunklen Lords beherrschte dieses Thema noch immer die Nachrichten. Täglich wurde über neue Verurteilungen von Todessern berichtet. So auch in dieser Ausgabe. In der linken unteren Ecke der Frontseite hieß es:

    Lucius Malfoy zu lebenslanger Haft verurteilt

    Ron überflog den Artikel. Darin wurde erklärt, dass Mr. Malfoy für die Unterstützung des Schwarzen Lords, mehrfache Beihilfe zum Mord, sowie das Einsetzen der Unverzeihlichen Flüche in zahlreichen Fällen für schuldig befunden worden war. Noch am selben Tag war er nach Askaban transportiert worden.

    Ron nahm diese Nachricht mit gemischten Gefühlen auf. Gewiss, er hatte stets eine intensive Abneigung gegen die Malfoys verspürt, aber er hatte sie auch am Tag des Triumphs gesehen. Wie sie zusammen in der Großen Halle von Hogwarts gesessen hatten, hatte auf Ron einen versöhnlichen Eindruck gemacht. Anscheinend waren ihnen am Ende andere Dinge wichtiger gewesen als Voldemort im Kampf beizustehen. Und dennoch, an den Vorwürfen gegen Lucius gab es nichts zu rütteln. Beihilfe zum Mord, das Einsetzen der Unverzeihlichen Flüche, all das ging einher mit der Mitgliedschaft bei den Todessern, und diese Taten gerieten nicht einfach ungeschehen, indem man sich am Ende mehr um seinen Sohn sorgte als um den Dunklen Lord.

    Ron wusste, dass auch Draco sich mit juristischen Angelegenheiten rumplagen musste. Darüber hatte der Tagesprophet bislang nicht berichtet, aber sein Vater hatte ihm davon erzählt. Der junge Malfoy sah sich jedoch nicht solch schwerwiegenden Vorwürfen ausgesetzt wie Lucius. Und natürlich gab es noch den ein oder anderen, der sich für ihn einsetzte...

    Ron ließ seine Augen weiter über die Titelseite schweifen. Dort wurde auch ein Interview mit Harry Potter, „dem Jungen, der lebt“, auf den Seiten vier und fünf angepriesen. Die Lippen des Rotschopfs kräuselten sich zu einem verhaltenen Grinsen. Interviews mit Harry hatte es in den vergangenen zwei Wochen viele gegeben. Sein bester Freund hatte ihm anvertraut, dass ihm diese Interviews zuwider waren. Aber er gab sie trotzdem, da er das Gefühl hatte, dass die Menschen eine Erklärung für die Ereignisse brauchten, und wer hätte den Sieg über Voldemort besser erklären können als dessen Bezwinger persönlich?

    Alles in allem stand wieder einmal vor allem Harry im Fokus der Medien. Seine Mitstreiter waren - wenn überhaupt - nur ein Randthema. Lediglich den während der Schlacht von Hogwarts Gefallenen war etwas mehr Aufmerksamkeit geschenkt worden.

    Es hatte Zeiten gegeben, da wäre Ron über diese Art der Berichterstattung sauer gewesen, da wäre er eifersüchtig geworden, weil nicht auch er im Rampenlicht stand. Heute hatte er dafür nur ein müdes Lächeln übrig. Er war sich sicher, dass sich kein einziger der Teilnehmer der Schlacht von Hogwarts Voldemort widersetzt hatte, um anschließend von der Öffentlichkeit als Held gefeiert zu werden. Es war um so viel mehr gegangen, so viel mehr hatte auf dem Spiel gestanden als ein Interview mit dem Tagespropheten. Sie alle hatten für eine Zukunft ohne Unterdrückung gekämpft, und sie alle hatten Opfer gebracht. Wer konnte diese einfache Wahrheit im Angesicht solch schmerzlicher Verluste, wie so viele von ihnen sie hatten erleiden müssen, leugnen? Ron interessierte sich nicht länger für Ruhm und Ehre. Er wusste, was er geleistet hatte, und er war sich auch über seine Beweggründe im Klaren.

    „Hätte nicht gedacht, dass ich mich um diese Zeit mit jemandem um die Milch streiten muss“, sprach plötzlich jemand.

    Ron sah auf und erkannte George, der im Türrahmen stand. Nach dieser Bemerkung war ihm nach lächeln zumute, doch sein Bruder zeigte keine Regung. „Wir müssen uns nicht darum streiten“, entgegnete er. „Hier, ich geb dir sogar ein Glas.“ Rasch stand er auf, ging zum Schrank, holte ein Glas heraus und stellte es anschließend auf den Tisch, direkt neben die Milchflasche, die er dort gelassen hatte. „Eingießen kannst du dir selbst, oder?“

    George trat in die Küche und setzte sich auf einen Platz gegenüber seines Bruders. Nachdem er sich eingeschüttet hatte, schwiegen sie sich für eine Weile an, die Stille einzig immer wieder unterbrochen vom Geräusch der Gläser, die zurück auf den Tisch gestellt wurden, nachdem aus ihnen getrunken worden war. Schließlich fragte der Ältere der beiden: „Wieso kannst du nicht schlafen?“

    „Oh, ich hatte da so einen Traum“, antwortete Ron betont unbeschwert, „hat mich nicht so recht losgelassen. Da dachte ich, ein Glas Milch könnte vielleicht helfen.“

    George sah auf sein eigenes Glas hinab und nickte langsam. Ron hatte nicht den Eindruck, dass es ihm in jenem Moment eine große Hilfe war. „Ich träume auch“, sagte George leise, „Es ist immer der gleiche Traum, und es spielt keine Rolle ob ich schlafe oder nicht. Denn auch wenn ich wach bin, suchen mich die Bilder heim. Kein Getränk dieser Welt kann daran etwas ändern.“

    Ron sah in das Gesicht seines Bruders, das von purer Verletzlichkeit zeugte, von Trauer, von Verzweiflung, von Schmerz. „Wovon träumst du?“, wollte er wissen.

    Da sah George auf, doch nicht zu Ron, sondern aus dem Fenster, als hoffe er, dass ihn von dort eine Erleuchtung oder gar Erlösung ereilen würde. „Fred ist da. Er steht einfach da, und ich bin bei ihm. Ich sage ihm, dass ich ihn liebe, und er lächelt. Ich will ihn umarmen, aber er blockt ab. Er sagt, ich könne ihn nicht umarmen, weil er gar nicht wirklich da sei. Ich fange an zu weinen, und er sieht mir traurig zu. Dann wache ich auf.“ Er atmete tief durch. „Egal, was ich tue, ich kann diese Bilder nicht verdrängen, kann sie nicht vergessen. Sie sind immer bei mir und erinnern mich an... an meinen Verlust.“

    „Es ist unser aller Verlust“, erwiderte Ron und konnte dabei nicht vermeiden, dass der Hauch eines Vorwurfs in seiner Stimme mitschwang.

    George entging dies nicht. „Tut mir Leid“, sagte er rasch, „es ist nur...“ Er seufzte. „Er war mein Zwillingsbruder, mein Partner, mein bester Freund. Wir haben alles zusammen gemacht. Und jetzt bin ich allein. Es ist, als hätte ich... als hätte ich einen Teil von mir selbst verloren.“

    Rons Augen huschten über jene Stelle, an der sich einst Georges zweites Ohr befunden hatte, doch er verkniff sich einen Kommentar. Stattdessen sagte er: „Du bist nicht allein. Wir vermissen ihn alle. Mum, Dad, Ginny, Bill, Charlie, Percy, ... ich. Auch Hermine und Harry, und alle, die irgendwann auf irgendeine Art und Weise von Fred berührt worden sind. Wir trauern alle um ihn, und wir teilen deinen Schmerz.“

    „Ich weiß“, sagte George leise und sah Ron nun erstmals direkt in die Augen, „ich weiß... Es tut mir Leid“, wiederholte er.

    „Muss es nicht“, entgegnete Ron sofort. „Du-weißt-schon-wer ist besiegt, aber das bedeutet nicht, dass sich sämtliche Probleme einfach in Luft auflösen. Es ist eine schwierige Zeit, nicht nur für unsere Familie. Aber ich bin sicher, dass wir die Sache durchstehen können.“ Er dachte wieder an seinen Traum, an dieses Lächeln, das er so sehr vermisste, und der Schmerz in ihm schwoll erneut an. Doch er wollte sich davon nicht unterdrücken lassen, wollte seine Existenz nicht von etwas so Verstörendem definieren lassen. Und er wollte nicht zulassen, dass seine Liebsten die Sache anders handhabten. Also entschied er sich, seinem Traum eine neue Deutung zu verleihen. Nicht die Vergangenheit, nicht etwas Erloschenes wollte er dort gesehen haben, sondern die Zukunft, etwas Verheißungsvolles.

    Er schenkte seinem Bruder einen warmen Blick. „Glaub mir, George“, versprach er, „du wirst wieder lächeln.“
    Geändert von Mix (25.01.2014 um 11:56 Uhr)
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    Neville

    Es war ein einsamer Gang, und ein schwerer. Neville kannte diesen Flur im zweiten Stock des St. Mungo Hospitals inzwischen gut, denn er war ihn in den vergangenen Monaten ständig rauf und runter gelaufen. Aber niemals war es ihm so schwer gefallen wie heute, obwohl ihm schon klar gewesen war, worauf all dies hinauslaufen würde, als er das erste Mal seinen Fuß hineingesetzt hatte.

    Im Vorbeigehen schweiften seine Augen über die Portraits der verstorbenen Heiler an den Wänden. Selbst wenn sie noch leben würden, könnten sie ihm jetzt nicht mehr helfen. Es gab Probleme auf dieser Welt, die nicht einmal mit Magie gelöst werden konnten. Sein Verlust stand unmittelbar bevor.

    Er erreichte die Tür, die er nicht öffnen wollte, durch die er jedoch gehen musste, wenn er sich nicht für den Rest seines Lebens verachten wollte. Er giff nach der Klinke, drückte sie aber nicht hinunter, sondern verharrte an Ort und Stelle, still und scheinbar unbeweglich, während es in seinem Gehirn raste. Er wusste, dies war das letzte Mal, dass er in den Raum hinter der Tür treten würde. Angst breitete sich in seinem Körper aus, doch auch Sehnsucht nach Erlösung. Ihm war klar, dass er sie heute erlangen würde, aber der Preis war hoch.

    Noch immer hatte er keine Fortschritte beim Durchqueren der Tür gemacht, als er plötzlich Schritte hörte. Ohne die Klinke loszulassen, neigte er seinen Kopf nach rechts, in die entsprechende Richtung, und sah, dass eine junge Heilerin in der Tracht des St.Mungo den Flur entlang kam. Ihre Haare waren blond und vor der Brust trug sie ein antik wirkendes Buch. Als sie näher kam, schenkte sie Neville im Vorbeigehen ein freundliches Lächeln. Der Zauberer erwiderte es, doch nur zaghaft, denn seine Gedanken hatten Schwierigkeiten, sich von der unmittelbaren Zukunft loszureißen und sich der Heilerin hinzugeben. Als sie an ihm vorüber war, wollte er seine Augen wieder auf die Tür richten, doch auf dem Weg dorthin blieben sie an dem Portrait eines Heilers hängen, das rechts neben der Tür hing. Der Heiler selbst war gerade nicht anwesend, doch unter dem Portrait war ein Schild angebracht, auf dem zu lesen war:

    Leoben Conoy

    1811-1922

    „Damit Kinder ihr volles Potential abrufen können, müssen ihre Eltern sterben.“

    Neville nahm die Worte zur Kenntnis, sah zur Klinke, die er immer noch fest umschlossen hielt, und drückte sie endlich hinunter. Die Tür schwang nach innen auf und gab ein spärlich eingerichtetes Krankenzimmer preis. Der Zauberer trat über die Schwelle, seine Augen stets auf das einzige Bett gerichtet, das in der hinteren, rechten Ecke des Zimmers stand, direkt neben dem Fenster. Nur um die Tür hinter sich zu schließen, drehte er sich noch einmal um, dann galt seine ganze Aufmerksamkeit dem, was ihn erwarten würde.

    „Ich dachte schon, du kommst nicht mehr“, sagte die Person, die in dem Bett lag. Der Hauch eines Vorwurfs schwang in ihrer Stimme mit.

    Neville machte es nichts aus. Er wusste, dass sie nicht anders konnte. Anstatt sofort zu antworten, griff er sich einen der Stühle an der linken Wand und stellte ihn neben das Bett. Erst als er sich hingesetzt hatte, sprach er: „Ich lass dich nicht allein, Großmutter.“

    Sie gluckste verhalten. „Dessen bin ich mir sicher...“ Plötzlich wandelte sich ihr Glucksen zu einem qualvollen Husten, doch es verebbte rasch.

    Neville beobachtete es mit skeptischer Miene. „Brauchst du Wasser?“, fragte er, doch seine Großmutter verneinte.

    „Es geht schon. Du kannst mir glauben, mein Junge, es wird kein Hustenanfall sein, der mich aus dieser Welt pustet.“ Sie machte eine Pause und schmunzelte. „Also, wie war dein Tag?“

    „Wirklich?“, sagte der Zauberer. „Darüber willst du sprechen? Erst kann ich dir nicht schnell genug hier sein und dann möchtest du wissen, wie mein Tag war?“

    „Worüber sollen wir sonst reden?“, fragte Augusta. „Die Sonne ist heute Morgen aufgegangen und heute Abend wird sie wieder untergehen. Es ist ein Tag wie jeder andere.“

    „Nicht für mich“, erwiderte Neville, „und ich glaube auch nicht für dich.“ Ihm war klar, dass der heutige Tag seine Prüfung war, und nicht die seiner Großmutter. Er war derjenige, der loslassen musste, derjenige, der dieses Krankenzimmer wieder verlassen würde. Sie hingegen hatte, nach ihren eigenen Worten, akzeptiert, was kommen würde.

    Augusta zuckte sachte mit ihren schwachen Schultern. „Wir beide hätten schon vor Jahren sterben können, das weißt du. Anstatt darüber zu verzweifeln, dass unsere gemeinsame Zeit nun ihr Ende findet, sollten wir uns glücklich schätzen, dass wir zu jenen gehören, die den Krieg gegen Du-weißt-schon-wen überlebt haben, dass wir damals zehn zusätzliche Jahre gewonnen haben. Nicht jeder hatte dieses Glück. Also“, wiederholte sie, „wie war dein Tag?“

    Neville war klar, dass sie Recht hatte, doch es fiel ihm nicht leicht, diese einfache Wahrheit zu akzeptieren. Vielleicht war er mit seinen gerade einmal achtundzwanzig Jahren zu jung dafür. Er seufzte und antwortete schließlich auf die Frage: „Bis jetzt kann ich mich nicht beklagen. Ich hatte ein leckeres Frühstück und ein leckeres Mittagessen. Heute Morgen habe ich noch zwei Klassen unterrichtet. Ein Schüler hatte ein kleines Malheur mit Bubotubler-Eiter und musste in den Krankenflügel, aber ansonsten waren es zwei gelungene Stunden.“ Er wusste, durch den betont beiläufigen Ton, den er in seiner Erzählung angeschlagen hatte, musste er provokant klingen, doch ihm war einfach nicht danach, über seinen Tag zu reden.

    Seiner Großmutter schien dies nicht entgangen zu sein, denn sie schmunzelte. „Schon gut, schon gut. Worüber möchtest du sprechen?“

    Von dieser Frage überrumpelt, blieb er still, denn er hatte keine Antwort. „Ich weiß es nicht“, sagte er schließlich und musste nun ebenfalls lächeln. „Ich weiß es wirklich nicht.“

    „Sieht so aus, als hätten wir beide dieses Treffen gut durchdacht“, erwiderte Augusta sarkastisch. Sie schloss für einen Moment die Augen und seufzte. Als sie sie wieder öffnete, sagte sie: „Deine Eltern waren schon hier. Ihre Heilerin hat sie zu mir gebracht.“

    „Hatten sie etwas interessantes zu erzählen?“, fragte Neville zaghaft. Ihm war bewusst, dass seine Eltern nicht einmal entfernt begriffen hatten, dass Augustas Ende bevor stand. Er selbst hatte von kleinauf damit kämpfen müssen, dass sie ihn nicht erkannten, doch auch seine Großmutter hatte unter ihrem fortwährenden, geistesumnachteten Zustand leiden müssen. Selbst am Tag ihres Todes hatte ihr Sohn sie, seine eigene Mutter, nicht erkannt.

    „Oh, es waren ein paar atemberaubende Geschichten dabei, wie du dir vorstellen kannst“, antwortete seine Großmutter. „Etwas über einen grauen Regenvorhang, der sich in silbernes Glas verwandelt und zurückgezogen wird, über weiße Strände, die sich dahinter offenbaren, und ein fernes, grünes Land unter einer rasch aufgehenden Sonne. Tatsächlich war es eine ihrer besseren Geschichten.“

    „Ja“, sagte Neville, während er unweigerlich lächeln musste, „das klingt wie etwas, das ihnen gefallen würde.“

    „Da fällt mir ein“, sagte Augusta unvermittelt, „deine Mutter hat mich gebeten, dir das hier zu geben.“ Sie griff zu ihrem Nachttisch und umschloss etwas mit ihrer Hand.

    Als Neville das Geschenk entgegennahm, erkannte er, dass es sich um ein leeres Einwickelpapier eines Bonbons handelte. „Ich dachte, du magst es nicht, wenn sie mir diese Dinger gibt. Du sagst mir jedes Mal, ich solle sie wegwerfen.“

    „Ich halte nach wie vor nicht viel davon“, erwiderte seine Großmutter, „aber an meinem letzten Tag auf Erden wollte ich deiner Mutter einen Gefallen nicht abschlagen.“

    Neville ließ das Papier in seine Tasche gleiten. Die Geschenke seiner Mutter hatten seit jeher einen besonderen Platz in seinem Herzen eingenommen, trotz aller Missbilligung seiner Großmutter. „Danke“, sagte er schließlich.

    Augusta schien noch etwas sagen zu wollen, doch sie hatte offenbar Probleme, die richtigen Worte zu finden. Es dauerte eine Weile bis sie schließlich sprach: „Du weißt, dass ich niemand bin, der so schnell die Hoffnung aufgibt, aber wir beide haben schon vor langer Zeit begriffen, dass deine Eltern nie wieder sie selbst sein werden. Kein Zauberspruch dieser Welt kann daran etwas ändern.“

    Neville entgegnete daraufhin schlicht: „Ich weiß.“

    „Ich weiß, dass du es weißt“, begehrte seine Großmutter auf, „aber hast du es auch akzeptiert? Der Zustand deiner Eltern plagt dich, und das ist verständlich. Aber wenn du es nicht schaffst, die Situation zu akzeptieren, wirst du niemals glücklich werden. Du musst lernen loszulassen. Das habe ich dir schon oft gesagt, aber ich bin mir nicht sicher, ob du in dieser Angelegenheit bis zum heutigen Tage irgendwelche Fortschritte gemacht hast. Sag mir, Neville, bist du glücklich?“

    Auf diese Frage war der junge Zauberer nicht vorbereitet. Er begann zu stottern: „Ich... ich... denke schon.“

    Augusta seufzte. „Du klingst jämmerlich“, sagte sie streng, „wie ein kleiner Junge, der lügt, wenn er gefragt wird, ob er auch gut für die bevorstehende Prüfung gelernt hat. Das ist nicht gut genug. Aber ich habe noch Hoffnung für dich. Wenn ich erst einmal gegangen bin, vielleicht kannst du dann glücklich werden...“

    „Sag so etwas nicht“, erwiderte Neville entsetzt. „Weshalb sollte mein Glück mit deinem Ableben zusammenhängen?“

    Damit Kinder ihr volles Potential abrufen können, müssen ihre Eltern sterben“, sagte seine Großmutter.

    Einen Moment schaute Neville verwirrt drein, aber dann erinnerte er sich. „Das Portrait vor der Tür?“

    „Ja“, bestätigte Augusta. „Leoben Conoy vertritt ein paar äußerst interessante Theorien. Ab und zu habe ich mit ihm gesprochen, wenn ich das Zimmer verlassen habe.“ Sie hielt inne, scheinbar um über ihre nächsten Worte nachzudenken, dann fuhr sie fort: „Ich mag deine Großmutter sein, aber du warst für mich immer wie ein Sohn, und ich hoffe, ich konnte dir so etwas wie eine Mutter sein. Wenn ich gehe, bist du frei.“

    „Wovon redest du?“, fragte Neville irritiert, weil er ihr nicht folgen konnte.

    „Du wirst loslassen müssen, Neville“, erklärte seine Großmutter. „Du wirst akzeptieren müssen, dass ich nicht mehr bin. Etwas anderes bleibt dir nicht übrig. Wenn dir das gelungen ist, dann kannst du vielleicht auch endlich den Zustand deiner Eltern akzeptieren. Ich glaube, das ist die Chance, die Leoben Conoy erkannt hat. Indem wir lernen, unsere Eltern gehen zu lassen, begreifen wir, dass uns danach nichts mehr zurückhält, dass wir all die Zweifel, die wir schon so lange mit uns herumtragen, ablegen und zu unserem eigenen Meister werden können. Auch dir wird es so ergehen.“

    Der junge Zauberer schüttelte den Kopf. „Das klingt verwirrend.“

    „Streng deinen Kopf an, Neville“, entgegnete seine Großmutter, „dann ist es ganz einfach.“ Sie sah ihn streng an. „Die Hauptsache ist, dass du glücklich bist. Vergiss das nicht. Wenn du das geschafft hast, kannst du dir sicher sein, dass du mich stolz gemacht hast, wie schon vor so vielen Jahren, als du Du-weißt-schon-wem die Stirn geboten hast. Hast du das verstanden?“

    Zunächst war sich Neville nicht sicher, was er darauf antworten sollte. Schon lange hatte er sich über diese Dinge, von denen sie gerade sprachen, keine Gedanken mehr gemacht. Er war zufrieden mit seinem Leben als Lehrer in Hogwarts, aber war er auch glücklich? Es stimmte, dass ihn der Zustand seiner Eltern plagte, ihn nachts beizeiten gar quälte. Stets hatte er wider aller Vernunft auf ein Wunder gehofft, gar davon geträumt, dass er selbst dieses Wunder auf irgendeine Art und Weise herbeiführen könnte. Er hatte niemals wirklich Ruhe in dieser Angelegenheit gefunden. Und nun musste er auch noch mit ansehen, wie seine Großmutter starb. Spätestens seitdem er davon erfahren hatte, war er weit entfernt davon, glücklich zu sein. Aber vielleicht war es auch eine Chance? Konnte seine Großmutter Recht haben? Es war seine Prüfung, erinnerte er sich wieder. Er war derjenige, der das Krankenzimmer wieder verlassen musste. Schließlich antwortete er: „Ja.“

    Augusta nickte erleichtert. „Gut. Sehr gut... Dann lass uns jetzt noch einmal gemeinsam in Erinnerungen schwelgen.“ Entspannt schloss sie ihre Augen. „Sei so gut, mein Junge, und erzähl mir nochmal davon, wie du der Schlange den Kopf abgeschlagen hast...“
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    Ginny

    Verträumt starrte Ginny aus dem Fenster ihres ehemaligen Zimmers hinab in den Garten, in dem zahlreiche Menschen umherwuselten und verzweifelt versuchten, die Vorbereitungen für den nächsten Tag abzuschließen. Den größten Teil der Wiese nahm ein palastartiges, weißes Zelt ein, das im Moment den Eindruck erweckte, als wäre es ein Bahnhof. Immer wieder traten Menschen ein, während andere hinausgingen. Gewiss, nicht nur der Garten selbst musste hergerichtet werden, sondern auch das Innere des Zeltes.

    Noch immer konnte sie kaum glauben, dass der Tag, dem sie nun schon so lange entgegen fieberte, endlich unmittelbar bevor stand. Eine Nacht noch musste sie hinter sich bringen, dann würde sie heiraten; jenen Mann, in den sie sich schon als Zehnjährige verliebt hatte, als er selbst nicht mehr als ein Junge gewesen war, der noch ganz am Anfang seiner Reise stand. Führte sie sich ihre gemeinsame Geschichte vor Augen, so musste sie oftmals schmunzeln. Auszüge daraus hätten auch aus einem schlechten Liebesroman stammen können, fand sie, doch wie sie sich immer wieder in Erinnerung rief: Das Herz will, was es will.

    Ihre Aufmerksamkeit richtete sich wieder auf den Garten. Gerade noch konnte sie sehen, wie Bill und Charlie mithilfe ihrer Zauberstäbe einige kleine, runde Tische ins Zelt bugsierten, bevor sie allesamt darin verschwunden waren. Für Ginnys Hochzeit waren all ihre Brüder im Fuchsbau untergekommen - alle bis auf einen. Der Gedanke, dass Fred am potenziell glücklichsten Tag ihres Lebens nicht dabei sein konnte, versetzte ihr einen Stich. Der Tod ihres Bruders lag nun einige Jahre zurück, und Ginny hatte dieses Unglück inzwischen verarbeitet. Ihre gesamte Familie hatte damit zurechtkommen müssen, und vor allem Ron hatte großen Einsatz dabei gezeigt, dieses Trauma zu überwinden und auch anderen dabei zu helfen. Dennoch, dass einer ihrer Brüder fehlte, schmerzte sie.

    Plötzlich klopfte es an der Tür. Ginny drehte sich herum und sagte: „Herein!“

    Die Tür öffnete sich, und vorsichtig trat ihr Vater ins Zimmer, offenbar unsicher, ob er seine Tochter störte oder nicht. Rasch schenkte diese ihm ein einladendes Lächeln, woraufhin Arthur erleichtert die Tür hinter sich schloss.

    „Wie geht es dir, Liebes?“, fragte er schließlich.

    „Gut“, antwortete Ginny schlicht, schob aber dann den Gedanken an ihren verstorbenen Bruder beiseite und fügte schmunzelnd hinzu: „Ausgesprochen gut.“

    „Das will ich hoffen“, erwiderte ihr Vater in gespielt strengem Tonfall. „Wenn nicht in diesen Tagen, wann dann?“ Jetzt lächelte er wieder unsicher, und langsamen Schrittes ging er zum Bett seiner Tochter hinüber und setzte sich darauf.

    Ginny beobachtete ihn mit neugierigen Augen. Offenbar wollte er irgendetwas Bestimmtes von ihr, aber noch ließ er sich nichts entlocken.

    „Bist du aufgeregt?“, wollte Arthur nun wissen.

    „Ein wenig, ja“, gab die junge Weasley zu, „aber ich glaube, das ist normal.“

    „Davon kannst du ausgehen“, erwiderte ihr Vater mit einem Grinsen. „Als deine Mutter und ich damals heiraten wollten, waren all meine anderen Probleme plötzlich wie weggeblasen. Du-weißt-schon-wer hat gemordet, entführt und gefoltert, aber ich konnte an nichts anderes mehr denken als die Hochzeit.“

    Ginny schmunzelte und hob fragend eine Augenbraue. „Deine Hochzeit mit Mum war ein Problem für dich?“

    Schuldbewusst windete sich Arthur um eine Antwort. Offensichtlich war ihm gerade erst klar geworden, was er gesagt hatte. „Nun..., kein richtiges Problem, versteht sich, du weißt schon... du weißt schon, was ich meine...“

    „Ja, Dad, ich weiß, was du meinst“, entgegnete Ginny immer noch grinsend. „Was ich nicht weiß, ist, wieso du hier bist. Gibt es etwas Bestimmtes, worüber du mit mir sprechen möchtest?“

    „Nicht unbedingt...“, antwortete ihr Vater ausweichend, „obwohl, doch, irgendwie schon...“ Er räusperte sich. „Es ist jetzt schon eine Weile her, dass du dich verlobt hast, aber irgendwie haben wir nie die Zeit gefunden, uns darüber zu unterhalten.“

    Ginny erwiderte nichts, sondern ließ sich auf ihren alten Schreibtischstuhl sinken. Ihr war bewusst, dass ihr Vater Recht hatte. Seit sie und Harry sich das Ja-Wort gegeben hatten, war sie stets so beschäftigt gewesen, dass es nie zu einem klärenden Gespräch zwischen ihr und ihren Eltern gekommen war, obwohl sie sich sehr danach sehnte.

    „Noch ist es früh am Morgen“, fuhr Arthur fort, „und du hast ein wenig Ruhe, bevor du nach unten gehst und bei den Vorbereitungen hilfst. Da dachte ich, wir könnten das endlich nachholen.“ Er lächelte verunsichert. „Obwohl es am Ende natürlich gar nicht so viel zu sagen gibt...“

    Jetzt runzelte die junge Zauberin die Stirn. „Gibt es nicht?“

    „Nun, du weißt, dass mir solche Gespräche nicht unbedingt liegen“, erwiderte ihr Vater. „Um ehrlich zu sein, ich wünschte, deine Mutter wäre hier, aber sie ist schon damit beschäftigt, all unsere freiwilligen Helfer herumzukommandieren, also hat sie mich geschickt.“ Er lächelte entschuldigend. „Deshalb versuche ich, es kurz zu machen. Die Sache erscheint mir ohnehin simpel genug, als dass...“ Er hielt inne, seufzte, und lächelte erneut, ein Zeichen seiner Unsicherheit. Als er seine Stimme wieder erhob, war sie jedoch ganz fest, als gäbe es keine leichtere Übung für ihn als die folgenden Worte zu sprechen: „Du sollst wissen, dass deine Mutter und ich unheimlich stolz auf dich sind, und dass wir uns nicht mehr für dich freuen könnten. Und wir wissen natürlich, dass du schon lange nicht mehr unser kleines Mädchen bist, schon lange nicht mehr unseren Schutz benötigst. Aber ganz egal, was noch passiert, was die Zukunft für dich bereithält, du kannst immer zu uns kommen, zu jeder Zeit. Wir werden immer für dich da sein, denn wir sind deine Eltern, und du bist unsere Tochter. Daran wird sich nie etwas ändern.“

    Ginny erwiderte sein Lächeln erleichtert. „Danke, Dad.“ Mit weitaus weniger Anlaufschwierigkeiten als ihr Vater fügte sie hinzu: „Ihr bedeutet mir viel, du und Mum. Und natürlich auch meine Brüder. Ich bin euch wirklich dankbar, dass ihr immer für mich da wart, mich immer beschützt habt. Das hat mir nicht immer geschmeckt, aber rückblickend... weiß ich es zu schätzen. Ich verstehe jetzt, weshalb ihr es getan habt.“

    Nun musste ihr Vater glucksen, seine Lippen ein verhaltenes Schmunzeln. „Du verstehst es, tatsächlich? Ehrlich gesagt, das bezweifle ich. Vielleicht kannst du es auf irgendeiner Ebene ansatzweise nachvollziehen, ja, aber vollständig begreifen wirst du es erst, wenn du selbst Kinder hast. Glaub mir, für eine Mutter und einen Vater gibt es nichts Wichtigeres als ihre Kinder zu beschützen, und nichts Schwierigeres als einzusehen, dass ihre Kinder diesen Schutz nicht mehr benötigen.“ Sein Lächeln verschwand, die Stimme wurde ernster. „Aber selbst wenn sie den Schutz der Eltern irgendwann nicht mehr brauchen, Mutter und Vater werden niemals damit aufhören. Glaubst du, es hätte einen Unterschied gemacht, ob du bei der Schlacht von Hogwarts zehn Jahre älter gewesen wärest? Natürlich, wir hätten nicht mit dir darüber gestritten, ob du mitkämpfen darfst oder nicht, aber Bellatrix Lestrange hätte exakt das gleiche Schicksal ereilt. Deine Mutter hätte dich in jenem Moment niemals alleine gelassen, sie hätte niemals zugelassen, dass Bellatrix dich verletzt. Eltern können sehr, sehr... zornig werden, wenn jemand ihre Kinder bedroht, völlig unabhängig davon wie alt sie sind.“ Nun hellte sich seine Miene wieder auf. „Ich freue mich schon auf den Tag, an dem du zu mir kommst, und ich dir sagen werde: ‚Ich hab’s dir ja gesagt.‘ Dann werden wir uns umarmen und gemeinsam darüber lachen.“

    Ginny schenkte ihrem Vater einen warmen Blick, den dieser erwiderte. Dann sagte sie: „Du hattest Recht. Es reichen tatsächlich schon einige wenige Worte.“

    „Hab ich ja gesagt“, erwiderte Arthur lächelnd und erhob sich. „Kommst du mit nach unten?“

    „Ja, es wird Zeit, dass ich mit anpacke.“ Auch Ginny stand nun auf. „Ich kann meine Gäste schließlich nicht die ganze Arbeit für mich machen lassen.“

    Ihr Vater ging voraus, öffnete die Zimmertür und trat über die Schwelle. Ginny folgte ihm, bevor sie aber die Tür hinter sich zuzog, wandte sie sich noch einmal um und ließ ihren Blick durch den Raum schweifen. Hier hatte sie sich stets geborgen gefühlt, und sie wusste nun, dass sie jederzeit zurückkehren konnte. In gewisser Weise war dieses Zimmer ein Sinnbild für die Liebe, die sie durch ihre Eltern erfahren hatte und noch immer erfuhr. Bei all dem, was sich in den letzten Jahren verändert hatte, und noch verändern würde, war dies ein tröstender Gedanke. Mit einem verhaltenen Schmunzeln schloss sie die Tür.
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  7. #4
    Spooky :) Avatar von Saffier
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    Hi
    Bisher gefällt mir dein alternatives Ende für Harry Potter wirklich sehr gut. Im Buch war im Epilog direkt Friede-Freude-Eierkuchen, spielte schließlich auch viele Jahre nach dem Ende der Schlacht.
    Aber gerade in dem ersten Kapitel von deiner Version sieht man, dass es seine Zeit dauert, bis alles verarbeitet werden kann und es gerade die ersten Wochen danach schwierig war, mit allem Abzuschließen. Währenddessen zeigen die anderen beiden Kapitel sehr schön, dass das Leben letztendlich doch weiter geht, die Gedanken aber immer wieder zu dem Ereignis zurückkehren.
    Ich bin gespannt, was du ansonsten noch geplant hast und werde versuchen dran zu bleiben

  8. Danke sagten:

    Mix

  9. #5
    Senior Airman Avatar von Mix
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    @Saffier: Danke für deinen Kommentar. Was du beschreibst, war so in etwa mein Anliegen. Auch wenn das Leben nach dem Sieg über Voldemort natürlich weitergeht, vielleicht sogar besser wird, ist die Welt noch kein perfekter Ort. Probleme wird es immer geben. Freut mich, dass dir die Geschichte soweit gefällt. Ich hoffe, das neue Kapitel wird dir ebenso zusagen. Viel Spaß!



    Draco

    Mit verschränkten Armen starrte Draco auf den Grabstein. Er war sich nicht sicher, was er empfinden sollte. Trauer? Wut? Erleichterung? Tatsächlich fühlte er gar nichts, als seine Augen über den Namen schweiften, der in das weiße Gestein graviert war.

    Lucius Malfoy

    Es war ein schönes Grab, reichlich mit Blumen verziert, und es erstrahlte im Glanz der Sonne. Dracos Mutter hatte es herrichten lassen; nur das Beste für ihren getreuen Ehemann.

    Der junge Zauberer hob seinen Blick und sah sich um. Viele Bäume standen hier, zahlreiche Pflanzen wuchsen aus dem Boden und zierten die Umgebung, fast als wäre dies ein Ort inmitten der Natur. Doch der Schein war trügerisch. Jegliche Schönheit war einzig dem Tod gewidmet, das Grab von Dracos Vater nur eines von vielen.

    Seine Augen sanken wieder herab. Nun betrachteten sie die frisch umgegrabene Erde, unter der sich der Sarg mitsamt Leichnam befand. Und noch immer wusste der Zauberer nicht, was er denken sollte.

    „Ich freue mich, dass du gekommen bist“, sprach plötzlich eine Stimme hinter ihm.

    Kurz darauf spürte er die Berührung einer Hand auf seiner Schulter. Entspannt schloss er seine Augen und atmete tief durch, hatte er sich doch so sehr nach diesem Kontakt gesehnt. Aber als er die Augenlider wieder aufschlug, griff er nach der Hand und schob sie grob beiseite. Schließlich drehte er sich um, und mit größtmöglicher Distanz in seiner Stimme grüßte er die Person, die ihm nun gegenüberstand: „Hallo, Mutter.“

    Sie lächelte ihn traurig an. „Es ist schön, dich zu sehen, obwohl ich gehofft hatte, dass du früher hier wärest. Du hast die Worte des Priesters verpasst.“

    „Mich interessiert nicht, was der Priester zu sagen hatte“, erwiderte Draco kühl. „Es ist unmöglich, dass seine Worte Vater im richtigen Licht haben dastehen lassen.“

    Er schaute sich seine Mutter genauer an. In den letzten sechs Jahren war sie merklich gealtert, so sehr sogar, dachte der Zauberer, dass es auch zwanzig Jahre hätten sein können. Ihr Gesicht war faltig und die einst so blonden und kraftvollen Haare waren ergraut. Das Leben ohne ihren Mann und ihren Sohn schien ihr nicht gut zu tun. Draco schmerzte dieser Anblick, aber er konnte jetzt nicht nachgeben.

    „Es waren Worte des Trostes“, sagte Narcissa, „Worte, die ein Bild gezeichnet haben, das deines Vaters würdig war und an das ich mich noch lange erinnern werde.“

    Draco schnaufte belustigt. „Du meinst Lügen. Kein Priester hätte den Mut gehabt, in einer Grabesrede die Wahrheit über ihn zu sprechen, speziell dann nicht, wenn die trauernde Witwe dabei ist. Aber ich... ich kenne die Wahrheit.“

    „Welche Wahrheit?“, wollte seine Mutter wissen.

    Es kostete Draco Überwindung, das auszusprechen, was er dachte, doch er zwang sich dazu: „Dass er verdient hat, was er bekommen hat. Der Tod steht ihm besser als das Leben.“

    Narcissas Miene war wie versteinert. Ihre Augen wirkten leer, und in jenem Augenblick schien es, als wäre sie um zehn weitere Jahre gealtert. Als sie sprach, zitterte ihre Stimme: „Rede nicht so über deinen Vater. Er hat immer nur das Beste für dich gewollt.“

    „Er hat versucht, mich zu einem Mörder zu machen“, entgegnete der Zauberer. „Fast wäre es ihm gelungen.“

    „Es ging niemals darum, dich zu einem Mörder zu machen“, sagte seine Mutter, „sondern darum, dich auf eine bessere Welt vorzubereiten, auf eine Welt, in der du Großes hättest vollbringen können.“

    Unweigerlich musste Draco ein schiefes Grinsen aufsetzen. Nur zu gut wusste er, was seine Mutter damit meinte. „Siehst du, das ist der Grund, weshalb ich gegangen bin, weshalb ich mich von euch losgesagt habe. Lieber habe ich tatenlos dabei zugesehen, wie mein eigener Vater nach Askaban gebracht wurde als noch einmal in Kontakt mit euch zu treten, als noch einmal mit dieser Welt in Berührung zu kommen, in der ihr beide gelebt habt. Und dafür solltest du dankbar sein. Hätte ich ausgesagt, wärst auch du in Askaban gelandet. Wir beide wissen, dass du es verdient gehabt hättest.“

    Noch immer war Narcissas Blick starr, und die Worte verließen ihren Mund nur langsam. „Vielleicht hast du Recht. Aber müsstest dann nicht auch du deine Zeit in diesem Gefängnis verbringen, anstatt am Grabe deines Vaters zu stehen und schlecht über ihn zu reden?“

    „Ich weiß, dass ich nicht unschuldig bin“, erwiderte Draco. „Wegen mir sind einige Menschen verletzt worden. Ich habe versucht, Dumbledore umzubringen. Aber der Mann, den ich meine gesamte Schulzeit über verachtet habe, hat mich am Ende eine wichtige Lektion gelehrt. Es ist nicht einfach, einen Menschen vorsätzlich zu töten, jedenfalls dann, wenn man innerlich noch nicht vollkommen verdorben ist. Es hat eine Weile gedauert, bis ich es realisiert habe, aber seither habe ich mich verändert. Deswegen sitze ich nicht in Askaban.“

    „Du sitzt nicht in Askaban, weil du einen noblen Fürsprecher hattest“, entgegnete seine Mutter. „Wenn er das gleiche für deinen Vater getan hätte...“

    „Vater hatte seine Hilfe nicht verdient.“ Draco schüttelte den Kopf, sein Grinsen war längst verschwunden. „Es bringt nichts, dass wir darüber reden. Ich sagte bereits, dass ich mich verändert habe, im Gegensatz zu euch. Ich lebe nicht mehr in dieser Welt, die aufgeteilt ist zwischen Reinblütern und Schlammblütern. Der einzige Grund, aus dem ich hier bin, ist, dass ich mich selbst davon überzeugen wollte, dass er wirklich tot ist. Ich wollte sein Grab mit eigenen Augen sehen.“

    „Ich glaube dir nicht“, erwiderte Narcissa bedächtig. „Ich kenne dich besser als irgendjemand sonst. Du kannst dich deinen Ursprüngen nicht entziehen. Du weißt, wo du her kommst, und dein Herz sehnt sich danach. Du vermisst deinen Vater, so wie du auch mich vermisst.“

    Draco versuchte, sich vor diesen Worten abzuschirmen, aber das war gar nicht so einfach. Es dauerte eine Weile bis er sprach: „Selbst wenn es so wäre... es spielt keine Rolle. Mit eurer Welt will ich nichts mehr zu tun haben, ich will nichts... Großes darin vollbringen. Ich will nur mein Leben leben, friedlich und ohne Hass.“

    Seine Mutter nickte flüchtig und starrte ihn mit ausdruckslosen Augen an. Dann drehte sie sich um und ging davon. Nach wenigen Schritten jedoch hielt sie inne und wandte sich noch einmal an ihren Sohn: „Auch ohne Hass auf deinen Vater und mich?“ Mit einem Wehen ihres Umhangs war sie verschwunden.

    Draco schloss die Augen und atmete tief durch. Natürlich hatte er geahnt, dass es zu dieser Konfrontation kommen würde, obwohl er die Beerdigungszeremonie bewusst versäumt hatte. Aber das machte die Sache jetzt nicht einfacher. Er sehnte sich nach seiner Mutter, und gleichzeitig wusste er, dass sein Wille eisern bleiben musste, wenn er vermeiden wollte, wieder in diesen Strudel aus Hass und Vorurteilen hinabgesogen zu werden.

    Plötzlich hörte er ein Geräusch, das er gut kannte. Es war jenes Geräusch, das ertönte, wenn jemand apparierte. Er öffnete die Augen wieder und sah sich einer Person gegenüber, mit der er nicht gerechnet hatte.

    „Malfoy“, grüßte die Person und nickte ihm zu.

    „Potter...“, sagte Draco, sein Gesicht zu einer skeptischen Miene verzogen.

    „Ich habe gedacht, ich komme am besten etwas später, um niemanden mit meiner Anwesenheit zu stören“, sagte Harry, „aber ich hätte wohl noch etwas länger warten sollen.“

    „Was willst du hier?“, verlangte Draco zu wissen. Er war nicht erpicht darauf, ein weiteres Gespräch zu führen. Der Wortwechsel mit seiner Mutter genügte ihm vorerst.

    „Ich habe eine Weile mit mir gerungen, ob ich herkommen soll oder nicht“, antwortete Potter, „aber ich denke, ich möchte meinen Respekt erweisen.“ Wie um seine eigenen Worte zu unterstreichen, trat er an das Grab, zog eine einzelne rote Tulpe hervor und legte sie zu den anderen bereits zahlreich vorhandenen Blumen. Dann verharrte er einen Moment andächtig und schwieg, während Draco ihn misstrauisch beobachtete. Schließlich wandte er sich wieder dem ehemaligen Slytherin zu und sagte: „Außerdem, wenn wir uns schon einmal hier begegnen, möchte ich dich um Vergebung bitten. Für mein Versagen.“

    Draco stand nicht der Sinn nach Rätseln, also fragte er: „Wovon sprichst du?“

    „Ich spreche von der Gruppe, die in Askaban eingedrungen ist und deinen Vater ermordet hat. Diese Leute haben sich geschworen, Rache an all jenen zu üben, die damals Voldemort unterstützt haben.“ Potter hielt inne und sah sein Gegenüber eindringlich an. „Als Auror wäre es meine Pflicht gewesen, sie von ihren Greueltaten abzuhalten, aber ich habe versagt. Schon wieder. Es tut mir Leid, Draco.“

    Der ehemalige Slytherin seufzte und unterbrach den Blickkontakt. Eine Entschuldigung von Harry Potter bedeutete ihm nicht viel, vor allem nicht in dieser Angelegenheit. Er wusste alles, was es zu wissen gab, über diese Gruppe. Seit etwa einem Jahr trieb sie nun schon ihr Unwesen, und in ihren Reihen befanden sich offenbar einige mächtige Zauberer, denn nur so war zu erklären, dass sie sich bislang der geballten Macht der Aurorenabteilung des Ministeriums entziehen konnte. Draco war bewusst, dass auch er eines Tages zum Ziel für diese Menschen werden könnte, doch das beunruhigte ihn nicht sonderlich. Er hatte andere Sorgen.

    „Und die Sache mit dem Respekt?“, fragte er nun, anstatt auf Harrys Worte einzugehen.

    Der Auror runzelte verwirrt die Stirn. „Ich dachte, das wäre eindeutig.“

    „Ist es nicht“, erwiderte Draco kalt, der seinem Gegenüber nun wieder in die Augen sah. „Mein Vater hat aktiv dabei geholfen, dich und Freunde von dir zu töten und zu verletzen, und bis zum Moment seines Todes war er nicht bereit, seine zerstörerische Ideologie aufzugeben. Wieso solltest du solch einem Menschen deinen Respekt erweisen?“

    Potter schmunzelte kaum merklich. „Ah“, sagte er, „das ist es, worüber ich mir vorher so viele Gedanken gemacht habe. Warum einem Menschen wie Lucius Malfoy Respekt erweisen...“ Er vergrub seine Hände in den Hosentaschen und warf einen kurzen Blick gen Himmel, als habe er die Antwort auf diese Frage selbst noch nicht gefunden, als hoffe er, sie würde ihn nun von dort oben ereilen. Als er sprach, wirkte seine Stimme jedoch nicht zögerlich, sondern fest, als habe er nur darauf gewartet, sich erklären zu können. „Ich habe deinen Vater nie gemocht, Malfoy. Ich habe ihn sogar verachtet, für genau das, was du eben angesprochen hast. Aber ich glaube, er hatte auch seine guten Seiten.“

    Diese Worte machten Draco tatsächlich neugierig, doch das wollte er sich nicht anmerken lassen. Also schwieg er, gespannt darauf, dass sein Gegenüber fortfahren würde.

    „Ich habe euch gesehen, weißt du...“, sagte Harry nun, „an dem Tag, an dem Voldemort sich selbst geschlagen hat. Dich, deine Mutter und deinen Vater. Ihr habt friedlich gewirkt, einfach froh darüber, dass ihr einigermaßen heile aus dieser Sache rausgekommen wart, froh darüber, dass ihr immer noch einander hattet. Dein Vater hat schreckliche Dinge getan, das stimmt, aber ich glaube, du warst ihm wichtiger als der Dunkle Lord oder irgendeine verkorkste Ideologie, die er sein Eigen nannte. Die bedingungslose Liebe für seinen Sohn ist doch etwas, das Respekt verdient, findest du nicht?“

    Unweigerlich musste Draco belustigt schnaufen. „Dumbledore ist jetzt seit etwas mehr als sieben Jahren tot“, sagte er, „aber es ist immer noch offensichtlich, dass du zu viel Zeit mit ihm verbracht hast. Glaubst immer an das Gute im Menschen, nicht wahr, Potter?“

    Der Auror, gleichgültig ob dieses Kommentars, zuckte mit den Schultern. „Ich denke, es ist eine wünschenswerte Eigenschaft.“ Er warf einen Blick auf seine Uhr, dann fügte er hinzu: „Nun denn, Malfoy, ich habe getan, weswegen ich gekommen bin. Ich schätze, es war anmaßend von mir, zu erwarten, dass du mir tatsächlich vergeben könntest. Leb wohl!“

    Potter machte sich bereit zum Disapparieren, doch Draco war noch nicht fertig mit ihm. „Harry“, sagte er und hielt ihn damit zurück. Seine nächsten Worte fielen ihm nicht leicht, doch sie waren ihm ein Bedürfnis. „Ich danke dir für alles, was du für mich getan hast. In der Schlacht von Hogwarts hast du mir das Leben gerettet, und wenn du dich danach nicht für mich vor dem Zaubereiministerium eingesetzt hättest, säße ich jetzt im Gefängnis. Und du brauchst mich auch nicht um Vergebung zu bitten, denn du hast nichts falsch gemacht.“ Nun war er es, der seinem Gegenüber eindringlich in die Augen sah. „Aber ganz egal, wie sehr du mir auch geholfen hast, wir werden in diesem Leben keine Freunde mehr. Dafür ist zu viel passiert.“

    „Wie ich schon sagte, Draco“, erwiderte Potter und schmunzelte abermals, „ich habe getan, weshalb ich gekommen bin. Dein Freund zu werden, gehört nicht dazu. Danke!“ Zum Abschied nickte er noch einmal, und dann war er verschwunden.

    Der ehemalige Slytherin blieb allein zurück. Erneut sah er sich diese natürlich wirkende Umgebung an, die so lebendig schien. Bis auf das Zwitschern einiger Vögel war alles still, und Draco ließ sich noch einmal alles durch den Kopf gehen, was er in der letzten halben Stunde gehört hatte. Sein Blick schweifte wieder zu dem weißen Grabstein. Was sollte er fühlen? Er seufzte und schloss die Augen. Dann sank er vor dem Grab seines Vaters auf die Knie und begann zu weinen.
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    Hermine

    Vier Tage waren seit Voldemorts Sturz vergangen, vier Tage, in denen sie vor allem damit beschäftigt gewesen war, sich selbst Mut zu machen. Denn was sie nun vorhatte, kostete sie mehr Überwindung als alles zuvor, mehr sogar als ihre Freunde auf einer gefährlichen Reise durchs Land mit ungewissem Ausgang zu begleiten...

    Sie stand direkt vor einem etwa hüfthohen Gartentor, das die Pforte zu einem kleinen Grundstück bildete. Von dort schlängelte sich ein schmaler Pfad aus Pflastersteinen durch einen hübschen Garten, bis er schließlich an der Tür eines weißen, einladend wirkenden Hauses endete. Der Weg war gesäumt von mehreren Bäumen, deren farbenprächtiges Laub bereits zum größten Teil zu Boden gefallen war, und etwas abseits, am Rande des Grundstücks, konnte die junge Zauberin einen kleinen Teich ausmachen.

    Sie hatte die Arme fest um ihren Körper geschlungen, denn ihr war kalt, und ihre Augen waren unbehaglich auf das Haus gerichtet. So einladend es auch wirkte, sie fühlte sich in jenem Moment nicht willkommen, und seit sie hier im südlichen Australien angekommen war und dieses Gartentor erreicht hatte, hatte sie noch keinen weiteren Schritt gewagt. Vielleicht waren vier Tage doch nicht genug gewesen...

    Natürlich hatte ihr Ron angeboten, sie zu begleiten, aber sie hatte abgelehnt. Sie hatte das Gefühl, dass dies eine Aufgabe war, die sie allein bewältigen musste. Immerhin war sie es ganz allein gewesen, die vor fast einem Jahr eigenmächtig die Entscheidung getroffen hatte, die Gedächtnisse ihrer Eltern zu verändern und sie damit auf einen Pfad zu schicken, der möglichst weit entfernt von ihrem eigenen verlief.

    Hermine wusste ganz genau, weshalb sie dies getan hatte, weshalb sie ihren Eltern die Erinnerung an ihre einzige Tochter genommen hatte, doch seither war kaum ein Tag vergangen, an dem sie diese Entscheidung nicht hinterfragt hatte. Durch ihren kleinen Zauber hatte sie ihren Eltern alles entwendet, was ihnen wichtig gewesen war. Wer war sie, dass sie es sich erlauben konnte, Gott zu spielen und die Leben zweier Menschen so grundlegend zu verändern?

    Es war dieser Gedanke, der ihr Furcht einflößte und der sie zögern ließ. Sie war hier, um ihren Eltern alles zurückzugeben, aber wie würden diese reagieren, wenn sie erst begriffen hatten, was ihnen zugestoßen war? Was würden sie sagen, wenn ihnen offenbar wurde, dass die letzten zehn Monate eine Lüge gewesen waren?

    Inzwischen kam es ihr vor, als stünde sie bereits seit einer Stunde vor diesem Gartentor, und noch immer hatte sie sich nicht bewegt, die Augen stets auf das Haus gerichtet, als würde es mit seinen spiegelnden Fenstern und seiner verschlossenen Tür eine merkwürdige Faszination auf sie ausüben.

    Vier Tage mussten ausreichen, sagte sie sich schließlich. Endlich wanderte ihre Hand zur Klinke des Gartentors, und unmittelbar darauf schwang es mit einem leisen Knarren auf. Der Weg war frei.

    Langsamen Schrittes ging sie den Pfad entlang, umgeben von gefallenem Laub und kahlen Bäumen, die Tür des Hauses stets im Blick. Sie hatte sich genau überlegt, wie sie die Sache angehen sollte. Keine Höflichkeit wollte sie ihren Eltern gewähren, keine Zeit, sich mit der Anwesenheit der Zauberin auseinanderzusetzen...

    Sie erreichte die Haustür, und ihre Augen schweiften über die Hausnummer sieben, welche das Gebäude zierte, und schließlich über den Namen, der über der Klingel in schwungvollen Lettern prangte.

    Wilkins

    Monica und Wendell..., Namen, die Hermine sich ausgedacht hatte, damit die Todesser sie nicht so einfach würden verfolgen können. Ihr war unbehaglich zumute. Ganz deutlich spürte sie die Angst, die nun ihren Höhepunkt zu erreichen schien und die die vergangenen Tage zu einem unbedeutenden Vorgeplänkel degradierte. Aber sie hatte ihren Entschluss gefasst, sie musste tun, weshalb sie gekommen war. Sie zückte ihren Zauberstab, richtete ihn auf die Tür und wisperte: „Alohomora.“ Mit einem leisen Klick sprang die Tür aus dem Schloss, und Hermine drückte sie offen. Dadurch offenbarte sich vor ihr ein schmaler und karg beleuchteter Flur. Auf halber Strecke befand sich auf der linken Seite eine Treppe, die ins obere Stockwerk führte, doch dort wollte die Zauberin nicht hin. Sie hörte Geräusche, die unzweifelhaft aus einem Fernseher im Erdgeschoss kommen mussten. Nachdem sie über die Schwelle getreten war und so leise wie möglich die Tür hinter sich geschlossen hatte, folgte sie diesen Geräuschen, lautlos wie ein Schatten.

    Bald schon erreichte sie auf der rechten Seite einen türlosen Durchgang, und aus dem Raum dahinter drangen nun deutlich die Laute des Fernsehers, eines Nachrichtensprechers, der gerade berichtete: „Die Spannungen zwischen Eritreas und Äthiopien über den gemeinsamen Grenzverlauf spitzen sich weiter zu. Ein Eskalieren der Situation kann nicht mehr ausgeschlossen werden...

    Sie hielt inne, verbarg sich noch hinter der Wand vor den Augen ihrer Eltern, die noch nicht bemerkt zu haben schienen, dass sie einen Eindringling in ihrem Haus hatten. Wie vor einem Sprung in unergründliche Tiefen, schloss sie die Augen und holte tief Luft. Ihr Puls aber raste unentwegt weiter, und sie hatte das Gefühl, ihr Herz könne jeden Moment aus ihrer Brust springen. Die Zeit war gekommen...

    Mit gezücktem Zauberstab ging sie um die Ecke und betrat den Raum mit dem Fernseher. Es war ein hübsch eingerichtetes Wohnzimmer mit zwei großen Fenstern, die für reichlich Licht sorgten, mehreren Pflanzen, einem Regal, das mit Büchern gefüllt war, dem Fernseher, in dem der Nachrichtensprecher noch immer damit beschäftigt war, zu erklären, was genau sich im Moment zwischen Eritreas und Äthiopien abspielte, einem Sessel und einer Couch, auf der es sich Monica und Wendell gemütlich gemacht hatten. Als sie den Eindringling endlich bemerkt hatten, sprangen sie jedoch beide erschrocken auf, die Augen abwechselnd auf Hermine und ihren Zauberstab gerichtet, vielleicht weil sie glaubten, dass sie ausgeraubt wurden und im ersten Moment dachten, die Zauberin halte eine Pistole in ihrer Hand.

    Hermine ihrerseits hob in einer beschwichtigenden Geste auch noch ihre Linke. „Es ist gut“, sagte sie rasch, „ich will euch nichts tun.“

    Nachdem ihre Eltern endlich begriffen zu haben schienen, dass ihr Gegenüber sie nicht mit einer Pistole bedrohte, sondern mit einem Stück Holz, wirkten sie etwas entspannter. Während sich seine Frau ängstlich an seinen Arm klammerte, fragte Mr. Wilkins mit argwöhnischer Miene: „Wer sind Sie? Wie sind Sie hier rein gekommen?“

    Hermine antwortete nicht. Stattdessen drang erneut die Stimme des Nachrichtensprechers an ihrer aller Ohren: „Ein Vertreter der äthiopischen Regierung sagte heute Morgen...

    Die Zauberin richtete ihren Stab auf den Fernseher, und nach einer raschen Bewegung schaltete sich das Gerät ab. Für das, was sie vorhatte, zog sie es vor, störende Nebengeräusche zu eliminieren.

    „Was zum...“, entfuhr es Mr. Wilkins. Er und seine Frau sahen ungläubig zum nun verstummten und nichtszeigenden Fernseher, und dann wieder zu Hermine. „Waren Sie...? Haben Sie das...?“

    „Ja“, antwortete die Zauberin und zielte mit ihrem Zauberstab wieder auf ihre Eltern. Abermals holte sie tief Luft. Dann fügte sie hinzu: „Es wird alles wieder gut.“

    Während Mr. und Mrs. Wilkins sie auf eine Weise anstarrten, die suggerierte, dass sie ihren eigenen Verstand in Frage stellten, führte Hermine eine neuerliche Bewegung mit dem Zauberstab aus, diesmal jedoch komplexer und zeitaufwändiger. Dann war es, als rausche eine unsichtbare und kaum wahrnehmbare Kraft durch das Wohnzimmer.

    In jenem Moment, da sie das Ehepaar erreichte, schien sich Mrs. Grangers Griff um den Arm ihres Mannes zu lockern, und für einen Augenblick verklärten sich die Augen der beiden Eheleute. Dann aber festigte sich ihr Blick und fokussierte sich auf die Zauberin, die sie mit furchtsamem Gesichtsausdruck beobachtete.

    „Hermine...?“, hauchte Mrs. Granger, als könne sie noch nicht ganz glauben, was sie sah. Ganz langsam ließ sie ihren Mann los, machte einen Schritt auf Hermine zu und streckte ihr ihren Arm entgegen, als wolle sie nun unbedingt ertasten, was ihre Augen längst erkannt hatten.

    Die Zauberin ging darauf ein, ließ ihren Zauberstab sinken und nahm die dargebotene Hand mit ihrer Linken in Empfang. Bei der Berührung schloss sie sehnsüchtig die Augen, öffnete sie aber sogleich wieder, denn sie wollte das Gesicht ihrer Mutter sehen. Da merkte sie, wie ihre Augen feucht wurden, und kurz darauf liefen ihr langersehnte Tränen die Wangen hinunter. Ihrer Mutter erging es ebenso, und schon zogen sie sich gegenseitig in eine innige Umarmung.

    „Mum...“, seufzte Hermine erleichtert und gleichermaßen überwältigt.

    Ihre Mutter schluchzte, brachte es aber offenbar nicht fertig, auch nur ein weiteres Wort zu sprechen. So lange hielten die beiden Frauen ihre Umarmung aufrecht, dass es Hermine vorkam wie eine Ewigkeit, aber als sie sich schießlich voneinander lösten, dachte sie, dass der Moment viel zu kurz gewesen war.

    Nun suchte sie den Kontakt zu ihrem Vater. Während sie ihre Mutter umarmt hatte, hatte sie ihn aus den Augen verloren, jetzt musste sie feststellen, dass er sich auf die Couch hatte fallen lassen und dort mit ausdruckslosen Augen ins Leere starrte. „Dad...?“, sagte die Zauberin verunsichert, nachdem sie sich die Tränen aus dem Gesicht gewischt hatte.

    Nur langsam wandte Mr. Granger seinen Kopf seiner Tochter zu. Dabei gelang es ihm nicht, die Ausdruckslosigkeit von seinem Antlitz zu verbannen, und er wirkte, als habe er große Schwierigkeiten, zu begreifen, was gerade vor sich ging. Dennoch bot er schließlich Hermine die Hand dar.

    Die Zauberin nahm sie erleichtert in die Ihre und schloss abermals die Augen, weil sie die Berührung so genoss. Diesmal jedoch wurde sie abrupt aus ihrem Traum gerissen, denn Mr. Granger beendete die versöhnliche Geste schon nach wenigen Sekunden, und als sie ihre Augenlider öffnete, sagte ihr Vater schwach: „Wieso hast du es getan, Hermine?“

    Ihre Eingeweide verkrampften sich. War dies die Reaktion, vor der sie sich gefürchtet hatte? Vorsichtig erwiderte sie: „Weißt du das denn nicht?“

    „Ich glaube, es zu wissen...“, sagte Mr. Granger mit hohler Stimme. „Aber verstehen tue ich es nicht... Wieso hast du uns die Erinnerung an dich genommen, Hermine? Wieso hast du dir und uns das angetan?“

    „Schatz...“, sagte Mrs. Granger beschwichtigend an ihren Mann gerichtet, aber dieser wollte sich scheinbar nicht beschwichtigen lassen.

    „Ich möchte es verstehen...“, begehrte Mr. Granger auf. „Ich möchte begreifen, weshalb uns unsere Tochter das genommen hat, was uns am wichtigsten war... unseren größten Schatz...“

    Hermine sah in das Gesicht ihres Vaters, das anklagend zurück starrte. Aber noch etwas anderes erkannte sie dort: die ehrliche Verständnislosigkeit eines Mannes, dem die Kontrolle über sein eigenes Leben entrissen worden war, und eines Vaters, der einst dazu gezwungen worden war, seine Tochter zu vergessen. Nachdem sie tief Luft geholt hatte, erklärte sie: „Ich habe es getan, um euch zu beschützen... und mich und meine Freunde. Ich musste euch so weit wie möglich fortbringen, oder die Todesser hätten euch gefunden und gefoltert.“

    „Und das ging nur, indem du unsere Gedächtnisse verändert hast?“ Als ringe er um seinen Verstand, fuhr ihr Vater mit den Händen durch sein Gesicht. „Wieso, Hermine?“

    Während die Zauberin nach Worten rang, setzte sich Mrs. Granger zu ihrem Mann auf die Couch und ergriff seine Hand. Sie sagte jedoch nichts, sah stattdessen auffordernd zu ihrer Tochter, als sei auch sie erpicht auf Antworten.

    Hermine, vor zwei Minuten noch überglücklich über die Umarmung mit ihrer Mutter, hatte plötzlich das Gefühl, als wäre der Boden unter ihren Füßen weggerissen worden. Ihr Herz raste wie im freien Fall, und in ihr keimte das dringliche Bedürfnis, sich einfach umzudrehen und davon zu rennen. Aber sie wusste, wenn sie dies täte, wäre alles verloren. Also blieb sie und versuchte, sich zu erklären. „Ich dachte, es würde die Chancen für die Todesser minimieren, euch zu finden. Und ich dachte, falls sie euch doch finden sollten, hätten sie es schwerer, Informationen aus euch herauszupressen. Ich dachte...“, und nun musste sie schlucken, „... es wäre das Beste für uns alle.“

    „Das Beste...“, wiederholte Mr. Granger leise, die Stirn auf seinen rechten Arm gestützt. Mrs. Granger hatte den Blick von ihrer Tochter abgewandt und sah nun betreten auf ihre Knie. „Was hat sich geändert? Wieso ist es jetzt nicht mehr das Beste?“

    Nach kurzem Zögern antwortete Hermine: „Die Gefahr ist vorbei. Voldemort ist tot. Harry hat ihn besiegt. Ihr könnt nach Hause kommen...“

    Nun war es ihre Mutter, die sprach: „Nach Hause..., ich bin mir gar nicht sicher, was das ist.“ Sie sah wieder auf von ihren Knien und suchte den Blickkontakt mit ihrer Tochter. „Ich erinnere mich an zwei Leben. Eines war in England... mit dir, das andere war hier, ohne dich. Und obwohl ich jetzt weiß, dass unser Leben in Australien nur eine Lüge war, obwohl ich weiß, dass diese Lüge noch nicht einmal ein Jahr alt geworden ist, kommt es mir vor wie eine Ewigkeit. Denn ich erinnere mich an meine falschen Erinnerungen. Ich erinnere mich an meinen Wunsch, nach Australien zu ziehen, und ich erinnere mich daran, wie es war, ein Leben ohne Tochter zu führen. Was also ist unser zu Hause? Wie können wir das zweifelsfrei beantworten?“

    „Was... was willst du damit sagen?“ Der freie Fall, in dem sich Hermines Herz befand, wurde schneller und schneller. Ihre Augen huschten hin und her zwischen Mutter und Vater, der noch immer seinen Kopf stützte und von Minute zu Minute mehr den Eindruck eines alten, gebrochenen Mannes erweckte. Als keiner von beiden antwortete, sagte die Zauberin mit zerbrechlicher Stimme: „Ihr kommt nicht mit?“

    Die Eheleute tauschten einen Blick miteinander, und schließlich war es wieder Mrs. Granger, die antwortete: „Wir lieben dich, Hermine, und wir sind unglaublich froh, dich wieder zu sehen und dich als unsere Tochter wahrzunehmen. Aber wir brauchen Zeit.“

    Hermine wich einen Schritt zurück.

    „Wir müssen diese Sache erst verarbeiten“, fuhr ihre Mutter fort. „Wir müssen uns erst darüber klar werden,...“

    „... welches Leben ihr führen wollt?“, beendete die Zauberin den Satz. Neuerliche Tränen bildeten sich in ihren Augen, nicht aus Wiedersehensfreude diesmal, sondern weil sie das Gefühl hatte, ihr Herz würde zerbersten. „Ihr wisst nicht, ob ihr mich noch haben wollt...?“

    „Nein!“, sprach plötzlich Mr. Granger mit fester Stimme, den Kopf nun nicht mehr abgestützt, den Körper aufrecht. „Wir wissen genau, welches Leben wir führen wollen. Deine Mutter hat gesagt, dass wir dich lieben, und daran wird sich auch nie etwas ändern. Wie könnten wir unsere Leben jemals ohne dich verbringen und dabei glücklich sein?“ Für einen Moment hielt er inne, und erstmals bildete sich ein verhaltenes Schmunzeln auf seinen Lippen. „Doch nur durch Magie, nicht wahr?“ Plötzlich wirkte er deutlich frischer, nicht mehr wie ein alter Mann, der feststellt, dass er sein ganzes Leben verschlafen hatte. „Du musst uns einfach Zeit geben, Hermine. Du musst uns die Möglichkeit geben, uns damit auseinanderzusetzen, was passiert ist.“

    Hermine verharrte still. Ihr Herz war gerettet, aber nicht ohne Schmerz. In einer entfernten Ecke ihres Geistes hatte sie wider aller Vernunft gehofft, ihre Eltern würden sie zurück nach England begleiten, glücklich darüber, wieder mit ihrer Tochter vereint zu sein. Nun hatte die Realität die Zauberin eingeholt. Die Befürchtung, ihre Eltern könnten die Offenbarung, die sie für sie bereithielt, nicht gut aufnehmen, hatte sich bestätigt. Aber es gab noch Hoffnung...

    Mrs. Granger streckte beide Hände zu ihrer Tochter aus, und diese nahm sie zögernd entgegen. Nachdem sie beide für einen Moment in dieser Haltung verharrt hatten, sagte die Mutter: „Geh jetzt, Liebes. Lass uns eine Weile allein, und dann werden wir uns schon bald bei dir melden. Wir versprechen es.“

    Die Zauberin drückte die Hände ihrer Mutter und ließ sie dann los. „Also gut“, sagte sie und seufzte, „also gut...“ Sie sah noch einmal in die Augen ihrer Eltern. „Ihr sollt wissen, dass nicht alles eine Lüge war. Ich habe eure Erinnerungen manipuliert, weil ich euch beschützen wollte, ... weil ihr mir wichtig seid. Das war keine Lüge. Trotzdem tut es mir Leid. Bitte denkt nicht schlecht von mir...“

    Dann drehte sie sich um und ging von dannen, zum Durchgang, der in den Flur führte, um danach das Haus zu verlassen, jenes Haus in Australien, das nun wie ein Symbol war für das, was sie ihren Eltern angetan hatte. Kurz bevor sie den Flur erreicht hatte, wurde sie jedoch zurückgehalten.

    „Hermine...“, sagte ihr Vater, und sie wandte sich noch einmal um. Er war aufgestanden. „Erinnerst du dich an unsere gemeinsame Zeit im Forest of Dean?“

    Die Zauberin nickte flüchtig.

    Ein kaum merkliches Lächeln huschte über Mr. Grangers Gesicht. „Wir auch...“
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  13. #7
    Denkende Leseratte mit Kampfkatze Avatar von Tamara
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    Standard

    Deine Idee, das Leben der Charaktere, die Dir wichtig waren/sind, noch einmal zu beleuchten und weiter zu verfolgen, gefällt mir außerordentlich gut.

    Durch den Epilog im Buch wollte sich uch die Autorin - auf ihre Weise - von ihren Personen verabschieden, aber Dein Herangehen gefällt mir da besser und geht viel stärker auf die einzelnen Figuren ein.

    Es ist Dir in meinen Augen auch gut gelungen, die Charaktere und ihre Gedanken, Zweifel und Hoffnungen gut und ohne Bruch weiterzuspinnen.
    Es zeigt in meinen Augen deutlich, dass das Leben auch außerhalb der Zauberei weitergegangen ist, Ron, Hermine und Harry sind erwachsen geworden, aber mit dem Tod von Voldemort ist nicht einfach so alles wieder in Ordnung. Es ist für alle nicht einfach, wieder in ein "normales" Leben zurückzukehren, wie auch immer man normal definieren möchte.

    Ich bin gespannt, wer die letzten beiden Charaktere sind, von denen Du Dich verabschieden möchtest. Einer wird sicherlich Harry sein, aber der andere? Ich bin gespannt .

    Herzlichen Dank für diese etwas anderen Sichtweisen auf das weitere Leben der Charaktere, ich habe sie sehr gerne gelesen und freue mich nun auf die nächsten beiden.
    Nicht, was die Dinge objektiv und wirklich sind, sondern was sie für uns,
    in unserer Auffassung, sind, macht uns glücklich oder unglücklich.
    (Arthur Schopenhauer)

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    Mix

  15. #8
    Senior Airman Avatar von Mix
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    @Tamara: Leicht verspätet möchte ich dir noch meinen Dank für dein Feedback ausdrücken. Es freut mich, dass dir mein Epilog bis hierhin gefallen hat. In der Tat wird einer der beiden verbleibenden Charaktere Harry sein, alles andere wäre Humbug. Wer der andere ist, kannst du heute herausfinden, so du denn nach dieser merhmonatigen Pause nochmal hier reinschaust

    Dir und allen anderen wünsche ich viel Spaß beim Lesen!



    Hagrid

    Schweren Schrittes bahnte sich der Wildhüter von Hogwarts einen Weg durch das Dickicht des Verlorenen Waldes, die Armbrust geschultert, die delphingroßen Stiefel schmutzig vom aufgeweichten Boden. Es regnete, und das schon den ganzen Tag. Aber es machte Hagrid nichts aus. Fast sein gesamtes Leben war er es gewohnt, bei Wind und Wetter durch die freie Natur zu streifen. Gerade befand er sich auf dem Rückweg von seinem täglichen Rundgang durch den Wald, und das Blätterdach wurde allmählich lichter, was bedeutete, dass der Regen umso heftiger auf ihn niederprasselte.

    Immer wieder huschten Hagrids Augen voraus, immer wieder lugten sie hinter Bäume, und ab und zu drehte er sich gar um, um einen Blick auf das zu erhaschen, was hinter ihm vor sich ging. Er tat dies nicht etwa, weil er eine Bedrohung fürchtete. In dieser Region des Waldes, so nah beim Schloss, gab es keine Kreaturen, die eine Gefahr für ihn darstellten. Er tat dies, weil sich sein Unterbewusstsein selbst nach so langer Zeit noch immer nicht daran gewöhnt hatte, dass Fang gestorben war. Etwas mehr als ein Jahr war es nun her, dass der Saurüde eines Nachts in hohem Alter eingeschlafen und danach nicht mehr aufgewacht war. Hagrid, der Fang stets mit in den Wald genommen hatte, hatte lange Zeit mit diesem Verlust zu kämpfen gehabt, und selbst jetzt noch schien ihm sein Unterbewusstsein mitzuteilen, dass der Saurüde jeden Moment hinter der nächsten Büsche hervorspringen und freudig bellen würde. Der Wildhüter wusste, dass dies nicht geschehen würde, und dennoch konnte er nicht aufhören, sich nach seinem verstorbenen Gefährten umzusehen.

    Auch Hagrid wurde älter. Jeden Tag spürte er, wie seine Gelenke etwas mehr unter der Last, die sie zu tragen hatten, ächzten, jeden Tag fiel ihm sein Gang durch den Wald ein klein bisschen schwerer. Aber noch hatte er Zeit. Er hatte sich geschworen, jedes einzelne Potter-Kind selbst in Pflege Magischer Geschöpfe zu unterrichten, und bis es so weit war, würde es noch dauern. Nicht einmal der Älteste von ihnen war eingeschult.

    Dennoch, die Zeit verging rasch. Das wurde ihm erneut bewusst, als er zwischen den Bäumen hervortrat und das Schlossgelände erreichte. Nur ein kurzes Stück zu seiner Linken befand sich seine Hütte, und an die Tür gelehnt stand ein kleiner Junge, der offenbar darum bemüht war, sich so schmal wie möglich zu machen, vermutlich in der Hoffnung, dem Regen dadurch zu entgehen. Es funktionierte nicht.

    Mit großen Schritten lief Hagrid zu ihm und rief: „Herrje, Ted, ist es schon so spät?“

    Bibbernd trat der Junge zur Seite, damit der Wildhüter die Tür öffnen konnte. „Ich glaube, Teezeit ist bald vorbei...“, sagte er.

    „Geh schnell rein“, wies Hagrid ihn an und ließ dem Jungen den Vortritt. Anschließend trat er selbst über die Schwelle. „Was für ein Sauwetter...“ Sein Blick fiel auf den Kamin, welcher leer war, und dann auf Ted, dessen Haare und Kleider vollkommen durchnässt waren, und der den Fußboden volltropfte. „Sei so gut, Junge, und wirf ein bisschen Holz in den Kamin. Ich kümmere mich sofort um das Feuer, damit uns warm wird.“

    Während Ted der Aufforderung nachkam, sah der Wildhüter zu seinem rosa Regenschirm, der an der Wand hing. Natürlich durfte er nach wie vor nicht zaubern, aber das Feuer von Hand zu entzünden dauerte ihm zu lange. Also griff er nach seinem wohlgehüteten Geheimnis, und als der Junge genügend Holz im Kamin gestapelt hatte, wies er ihn an, zur Seite zu treten. Mit seinem Schirm deutete er auf die Feuerstelle und unmittelbar darauf entzündeten sich Flammen, die knisternd vom trockenen Holz zehrten. „Das sollte genügen...“, sagte Hagrid und warf einen vorsichtigen Blick zu Ted. „Wär dir dankbar, wenn du davon im Schloss nichts erzählen würdest...“

    „Würde mir nicht im Traum einfallen“, entgegnete der Junge beiläufig, zog einen Stuhl heran und setzte sich ans wärmende Feuer.

    „Ich setz uns Tee auf“, sagte Hagrid. Während er werkelte, sah er immer wieder flüchtig zu seinem Gast. Dieses Treffen weckte Erinnerungen in ihm. Es war jetzt achtzehn Jahre her, dass er einen Erstklässler namens Harry Potter in seiner Hütte willkommen geheißen und ihm Tee gekocht hatte. Jene Begegnung hatte unter den Vorzeichen einer kommenden Katastrophe gestanden, so musste er rückblickend zugeben. Etwas Vergleichbares war nicht erneut zu erwarten, und das war durchaus befreiend, fand er.

    „Wie geht’s deinem Patenonkel?“, fragte er, als er dem Jungen schließlich eine Tasse Tee überreichte.

    „Gut, denke ich“, antwortete Ted, der das wärmende Getränk dankbar entgegennahm. „Er ist im Moment schwer damit beschäftigt, die letzten Reste dieser komischen Rachetruppe einzufangen.“

    „Ja, das hab ich gehört. Gut, dass diese Sache bald zu Ende ist.“ Hagrid schüttete sich nun selbst etwas Tee in eine Tasse und nahm einen genüsslichen Schluck. „Und wie geht’s dir?“, wollte er nun wissen. „Hast du dich schon eingelebt im Schloss?“

    „Ein bisschen, ja“, antwortete Ted, nachdem etwas Tee getrunken hatte. „Es ist alles noch ziemlich ungewohnt. Aber der Unterricht ist ziemlich interessant. Meistens jedenfalls.“

    „Darauf wette ich“, sagte der Wildhüter schmunzelnd. „Warte nur bis du ins dritte Schuljahr kommst, dann kannst du Pflege magischer Geschöpfe belegen. Da kannst du noch einiges lernen!“ Der Junge lächelte auf eine Weise, die nicht ganz einfach zu deuten war, aber Hagrid nahm an, es war ein Zeichen der Vorfreude. „Und sonst?“, fragte er weiter. „Hast du schon ein paar Freunde gefunden?“

    „Mehr oder weniger“, sagte Ted, der seinen Blick nun auf das Feuer richtete. „Ich verstehe mich ganz gut mit einem Jungen aus Slytherin, aber einigen Leuten in Gryffindor gefällt das nicht. Sie machen sich oft über mich lustig und versuchen mich dazu zu bringen, den Kontakt zu dem Jungen aufzugeben.“

    Hagrid konnte nicht behaupten, dass ihm diese Information gefiel, aber was sollte er tun? Kinder konnten grausam sein, daran war nichts zu ändern. „Diese Leute haben einfach noch nicht verstanden, worum es in Hogwarts geht“, sagte er schließlich. „Ich bin sicher, das wird sich legen.“

    Ted zuckte mit den Schultern. „Interessiert mich sowieso nicht. Ich entscheide alleine, wen ich zu meinen Freunden zähle.“

    Ein wohlerzogener Junge, dachte Hagrid. „Ganz wie die Eltern“, sagte er und gluckste, „ganz wie die Eltern... Ich glaube, sie wären stolz auf dich.“

    Ted antwortete nicht, aber ein kaum wahrnehmbares Lächeln zierte seine Lippen. „Was ist mit dir?“, fragte er plötzlich. „Waren deine Eltern stolz auf dich?“

    Die Frage überraschte den Wildhüter. Seiner Erfahrung nach sprachen Elfjährige nicht besonders gerne über solche Sachen, aber er hatte nichts dagegen. „Mein Vater war stolz auf mich, ja“, antwortete er. „Er ist früh gestorben, aber er hat noch mitgekriegt, wie ich in Hogwarts aufgenommen wurde. Da war er glücklich...“

    „Und deine Mutter?“

    Hagrid nahm einen weiteren Schluck aus seiner Tasse, bevor er sprach: „Sie war nicht stolz auf mich. Hat mich und meinen Dad verlassen, als ich drei war. Ich war ihr wohl zu klein...“

    Der Junge sah Hagrid in die Augen, und wieder überraschte er ihn: „Ich finde, du bist genau richtig. Ich meine, du bist der Wildhüter von Hogwarts!“

    „Nun, ja...“, sagte Hagrid, „ja, ich schätze, das bin ich.“ Er konnte nicht anders als lächeln. Er war sehr angetan von der offenen Art des Erstklässlers.

    „Du kümmerst dich um die Ländereien“, fuhr Ted unbekümmert fort, „und um die Lebewesen darin. Du stellst sicher, dass es ihnen gut geht, du beschützst sie. Kein Wunder, dass Dumbledore dich ausgewählt hatte, um Harry aus dem Haus seiner Eltern zu holen.“

    Hagrid brauchte einen Moment bis er begriffen hatte, wovon der Junge sprach. Dass er den einjährigen Harry Potter gerettet hatte, war inzwischen so lange her, dass ihm die Erinnerung daran eher wie ein ferner Traum vorkam. Umso mehr wunderte er sich, dass Ted ihn darauf ansprach. „Wie kommst du denn darauf?“, fragte er.

    Der Junge zuckte mit den Schultern. „Harry hat mir davon erzählt, und ich fand, es war eine gute Geschichte. Ich finde, sie passt zu dir.“

    Aus Verlegenheit grummelte Hagrid etwas in seinen Bart, das er selbst nicht ganz verstand. Er räusperte sich, und weil ihm nichts Besseres einfiel, fragte er: „Wieso hat er dir denn davon erzählt? Das ist doch schon lange her und kaum der Rede wert...“

    Ted machte eine gleichgültige Miene, als wäre es ganz normal, solch alte Erzählungen auszugraben. „Er hat immer gesagt, dass er dir sein Leben anvertrauen würde. Irgendwann wollte ich wissen warum.“

    „Und da hat er dir diese Geschichte erzählt, an die er sich selbst gar nicht erinnern kann, was?“ Hagrid gluckste, fühlte aber, wie sich gleichzeitig ein warmes Gefühl in ihm ausbreitete.

    „Ich glaube, es sollte nur ein Beispiel sein“, sagte Ted. „Und gerade musste ich daran denken. Passte irgendwie.“ Er wandte seinen Kopf zur Seite. „Ist das Fang?“

    Hagrid folgte dem Blick und antwortete: „Ja, das ist Fang.“ Ein Bild vom Saurüden hing dort an der Wand. Der Hund auf dem Foto lag gerade gemütlich auf dem Boden und döste. „Schade, dass du ihn nicht mehr kennen gelernt hast. Er war ein lieber Hund und ein treuer Freund. Ich vermisse ihn.“

    Ted stellte seine Tasse auf den Tisch hinter sich und stand auf. Dann ging er näher an das Foto heran, um es genauer in Augenschein zu nehmen. Schließlich sagte er: „Alles endet irgendwann einmal, nicht wahr? Ein Hundeleben, ein Menschenleben... Alles, was wir tun können, ist die Zeit zu nutzen, die uns gegeben wurde, oder? Und sie gemeinsam mit unseren Freunden zu teilen. Einige von ihnen gehen früher, andere später. Aber am Ende sind wir alle wieder vereint, nicht wahr?“

    „Du scheinst dir ja deine Gedanken gemacht zu haben“, erwiderte Hagrid. Er war beeindruckt von der Weisheit des Elfjährigen. „Haben sie dich im Schloss dazu angeregt?“

    „Nein.“

    Mit einem Lächeln richtete Hagrid seinen Blick wieder auf das Bild des Saurüden und verschleierte sich. Wie hatte er zuvor festgestellt? Die Zeit verging rasch. Aber wie Ted gesagt hatte, kam es darauf an, diese auch zu nutzen. In dieser Hinsicht konnte er sich keinen Vorwurf machen. Er war zwar aus der Schule geworfen worden, doch dank Dumbledore war dies nicht das Ende gewesen. Er hatte sich um die Ländereien Hogwarts‘ und dessen Bewohner gekümmert, und tat es noch immer. Er hatte an der Seite seiner Freunde gekämpft, sogar das eine oder andere Leben gerettet. Er hatte gefeiert und getrauert, und eines Tages würde man um ihn trauern und ohne ihn feiern, so wie es nun mal der Lauf der Dinge war. Aber eines war gewiss, dachte er, während sich sein Blick von Fang löste und er beobachtete, wie sich Ted wieder auf seinen Stuhl ans Feuer setzte und zu seiner Tasse griff, er, Hagrid, war der Wildhüter von Hogwarts.
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  17. #9
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    So, hier kommt das letzte Kapitel. Dank an alle, die hier reingeschaut haben!

    Der Junge, der lebt

    Harry öffnete die Augen und war hellwach. Er rührte sich nicht. Auf dem Rücken liegend, erspähte er über sich schemenhaft den Baldachin seines Himmelbettes. Er blinzelte. Sein Gehirn kam ihm leer vor, und nur langsam füllte es sich wieder mit den Bildern des Erlebten.

    Er drehte seinen Kopf zur Seite. Auf einem Nachttisch stand ein Wecker, welcher anzeigte, dass es kurz vor vier war. Aufgrund der Dunkelheit ging Harry davon aus, dass es kurz vor vier am Morgen war. Damit hatte er etwas mehr als fünfzehn Stunden geschlafen, ein Umstand, der ihn nicht verblüffte, obwohl er niemals zuvor so lange im Bett gelegen hatte, und annahm, dass es auch nie wieder vorkommen würde. Immerhin hatte er zwei Nächte am Stück durchgemacht. In der ersten hatte er mit seinen Freunden einen spektakulären Einbruch in Gringotts durchgeführt, in der zweiten hatte er gegen Voldemort und seine Streitkräfte gekämpft.

    Er sah wieder hinauf zum Baldachin. Nicht nur hatte er gegen Voldemort und dessen Streitkräfte gekämpft, machte er sich klar, er hatte gewonnen. Der Dunkle Lord war am Ende seiner eigenen Arroganz zum Opfer gefallen. Er hatte verloren, weil er nicht in der Lage gewesen war, zu verstehen, eben so, wie Dumblerdore es gesagt hatte.

    Und nun, fragte Harry sich, was geschah als Nächstes? Er wusste nur, er wollte nicht hier liegen bleiben. Also richtete er sich auf und setzte sich an die Bettkante. Da fiel ihm erstmals bewusst auf, dass er allein war, keines der anderen Himmelbetten war belegt. Er wusste nicht, wo und wie seine vier männlichen Mitstreiter aus sechs Jahren Hogwarts die Nacht verbrachten, und es kümmerte ihn auch nicht. In diesem Moment war er froh, keine Gesellschaft zu haben. Denn nun, da sein Gehirn sich allmählich wieder mit Erinnerungen gefüllt hatte, schwirrte ihm der Kopf, und er begriff mehr denn je, weshalb Dumbledore ein Denkarium für hilfreich gehalten hatte. Da wollte er nicht noch unnötige Gespräche führen, die ihn nur noch mehr verwirrten.

    Wieder drängte sich der eine Gedanke in den Vordergrund seines Bewusstseins. Er hatte gewonnen. Unzweifelhaft war dies die Realität, nicht wahr? Er hatte einen Zweikampf für sich entschieden, der vor fast siebzehn Jahren begonnen hatte, in jener Nacht, da Voldemort in das Haus seiner Eltern eingedrungen und den Todesfluch gegen ihn gerichtet hatte. Seither war so viel passiert, dass Harry Schwierigkeiten hatte, die Ereignisse einzuordnen. Seine früheste Erinnerung, die verbunden war mit dem Konflikt um den Dunklen Lord und seine Todesser, war die des riesenhaften Hagrid wie er die Tür einer heruntergekommenen Hütte aus den Angeln schlug und ihn anschließend in die Welt der Zauberei einführte. Rückblickend war dies der glücklichste Tag in Harrys Leben gewesen, denn er hatte gelernt, dass er ein Zauberer war, dass er ein neues Leben beginnen konnte, fernab von den Dursleys. Aber er hatte auch den wahren Grund für den Tod seiner Eltern erfahren. Hagrid hatte ihm Voldemorts Geschichte erzählt, doch damals hatte sich Harry damit nicht genauer befassen können, zu aufregend war sein neues Dasein als Zauberer. Ohnehin hätte er nicht voraussehen können, wie die Geschichte eines Tages enden würde.

    Er seufzte und sah an sich hinunter. In der Dunkelheit konnte er nicht viel erkennen, doch ihm war klar, dass er nichts anhatte außer seiner Unterwäsche. Schwach erinnerte er sich, wie er vollkommen entkräftet und müde den Schlafsaal erreicht hatte und es ihm noch gerade gelungen war, sich seiner Kleider zu entledigen, bevor er auf sein Bett fiel und sofort vom Schlaf in Empfang genommen wurde. Er wusste allerdings nicht mehr, wo er seine Anziehsachen hingeworfen hatte und konnte sie nun im Dunkel nicht ausmachen. Er rümpfte die Nase. Sein Bedürfnis, sie überzustreifen, war nicht besonders groß. Sie mussten nach getrocknetem Schweiß stinken, waren außerdem vermutlich blutverschmiert und dazu noch zerrissen. Dennoch, in Unterwäsche – die ebenfalls verschwitzt war – schickte es sich nicht an, durch das Schloss zu marschieren. Denn er hatte entschieden, dass er frische Luft benötigte. Er wollte nach draußen.

    Also griff er nach seinem Zauberstab, den er neben den Wecker auf dem Nachttisch gelegt hatte, und deutete mit ihm auf ein paar Kerzen auf der Fensterbank, die sich sofort entzündeten. Im Schein der kleinen Flammen fand er seine Kleider schnell. Er hatte sie unachtsam zu Boden geworfen und machte sich nun daran, sie aufzuheben. Gerade als er sich nach seiner Hose bückte, fiel sein Blick auf eine Unregelmäßigkeit am Ende seines Bettes. Zunächst dachte er, es wäre ein weiteres seiner Kleidungsstücke, das sich dorthin verirrt hatte, doch als er genauer hinsah, stellte er fest, dass es mehr war als das. Es waren Anziehsachen, aber saubere. Eine Schuluniform. Jemand musste sie für ihn dorthin gelegt haben, während er geschlafen hatte. Wer immer dafür verantwortlich war, Harry war ihm von Herzen dankbar. Rasch schlüpfte er in die ausgelegten Kleider und fühlte sich dabei an alte Zeiten erinnert. Immerhin war es fast ein Jahr her, dass er zuletzt eine Schuluniform angezogen hatte.

    Das erste Mal, dass er eine Schuluniform anprobiert hatte, war natürlich bei Madame Malkins in der Winkelgasse gewesen. Hagrid hatte ihn dorthin geführt und allein hineingeschickt. Dort hatte er zum ersten Mal Draco getroffen, noch bevor er Ron und Hermine kennen gelernt hatte. Damals war der junge Malfoy nett zu ihm gewesen, aber im Hogwarts-Express hatte er schließlich sein wahres Gesicht gezeigt. Natürlich musste sich erst noch herausstellen, ob es tatsächlich sein wahres Gesicht war, dachte Harry, oder nur eine Maske, die seine Eltern versucht hatten, ihm aufzusetzen. Vielleicht konnte er sich davon noch befreien.

    Nun vollständig bekleidet, richtete Harry seinen Zauberstab abermals auf die Kerzen und löschte ihre Flammen. Anschließend ging er über die Wendeltreppe hinunter in den Gryffindor-Gemeinschaftsraum. Auch hier war niemand zugegen außer ihm. Ihm kam der Verdacht, dass er womöglich der einzige Mensch in ganz Hogwarts war, der seiner Müdigkeit nachgegeben hatte und schlafen gegangen war. Der Gemeinschaftsraum erweckte nicht den Eindruck, als wären schon viele Leute hier her gekommen, geschweige denn Hauselfen. Das Feuer war erloschen, und hier und da lagen Stühle umgekippt auf dem Boden, vermutlich ein Überbleibsel aus der Nacht zuvor, als die Schüler aus ihren Schlafsäälen in die Große Halle gerufen worden waren.

    So viele Stunden hatte Harry hier in der Vergangenheit verbracht, hatte Hausaufgaben erledigt, mit seinen Freunden gelacht, Quidditchsiege gefeiert. Nun war dies alles vorbei, zumindest vorerst. Er hatte nicht einmal angefangen, sich Gedanken darüber zu machen, ob er sein letztes Jahr in Hogwarts nachholen wollte. Dazu war noch Zeit.

    Für einen Moment schloss er die Augen, denn erneut flackerte in seinem Geiste die Erinnerung hoch, das Bild von Voldemort, wie sein Grinsen erstarrte, wie seine roten Augen erloschen. Rasch versuchte er, das Bild abzuschütteln, denn es bereitete ihm keine Freude. Zwar hielt es seinen Sieg fest, doch so viel Schmerz war damit verbunden, so viele Opfer hatten dafür erbracht werden müssen, dass er es sich am liebsten nie wieder ansehen würde. Dumbledore hatte ihn den „wahren Gebieter des Todes“ genannt, weil er in der Lage gewesen war, seinen eigenen Tod zu akzeptieren, ihn anzunehmen und willkommen zu heißen, um andere zu retten. Aber der Gedanke an all Jene, die ihr Leben im Kampf gelassen hatten, versetzte ihm einen tiefen Stich, und er hatte größere Schwierigkeiten, ihren Tod zu akzeptieren als seinen eigenen.

    Da war Fred, der mit einem Lächeln gestorben war, welches ihm nun im Tode blieb; Remus und Tonks, die sich in die Schlacht gestürzt hatten, damit ihr Sohn in Frieden aufwachsen konnte, jener Sohn, für den Harry nun Verantwortung übernehmen musste; Colin Creevey, der gekämpft hatte, obwohl es ihm und allen seines Alters durch McGonagall verboten worden war. Colin hatte „den Jungen, der lebt“ schon bei ihrer ersten Begegnung wie einen Helden verehrt, aber Harry glaubte nicht, dass Colin deswegen an der Schlacht teilgenommen hatte. Aus Heldenverehrung hätte niemand bei solch einem tödlichen Unterfangen mitgemacht. Vielmehr musste Colin so sehr von seinen eigenen Werten überzeugt gewesen sein, dass er sie nicht kampflos aufgeben wollte. Und davon ließ er sich auch durch eine Altersregelung nicht abbringen.

    Und dann war da noch Snape; Severus Snape, der Harrys Mutter geliebt hatte, Severus Snape, der sich ins Herz des Bösen begeben und sich größter Gefahr ausgesetzt hatte, um den Sieg über Voldemort zu ermöglichen, Severus Snape, einstiger Hausleiter von Slytherin, der ihm Godric Gryffindors Schwert gegeben hatte, Severus Snape, Zaubertränkelehrer, den er während seiner gesamten Schulzeit verabscheut hatte. Und diese Abscheu hatte stets auf Gegenseitigkeit beruht. Snapes Abneigung war von ganzem Herzen gekommen, denn Harry trug zu viel von seinem Vater in sich. Nur die grünen Augen hatte er von seiner Mutter, und diese mussten für den Zaubertränkelehrer eine immerwährende Erinnerung an das gewesen sein, was er wegen seiner eigenen Handlungen verloren hatte. Nun da Harry Snape verstand, nahm er es ihm nicht mehr übel. Tatsächlich kam er nicht umhin, festzustellen, dass der Zaubertränkelehrer einer der mutigsten Menschen gewesen war, die er je getroffen hatte. Er würde ihn in guter Erinnerung behalten, auch wenn er sich sicher war, dass Snape niemals wert darauf gelegt hatte.

    Harrys Gedanken wanderten weiter. Schon vor der Schlacht von Hogwarts hatte es so viele Opfer gegeben. Dobby, Mad-Eye, Sirius und Dumbledore waren bei dem Versuch gestorben, ihn zu beschützen, und dafür war er ihnen unendlich dankbar. Auch Hedwig hatte ihr Leben gelassen, die Schneeeule, die Hagrid ihm zu seinem elften Geburtstag geschenkt hatte, seine treue Gefährtin, die stets seine Verbindung zur Zaubererwelt gewesen war, wenn er wieder einen Sommer bei den Dursleys verbringen musste. Er vermisste sie wie alle anderen.

    Je länger er über die Verluste nachdachte, desto unwirklicher kam ihm die Situation vor. Sollte er denn wirklich nie wieder ein Wort mit Remus oder Tonks wechseln? Nie wieder über einen Witz von Fred lachen? Mit einem Finger fuhr er sich über die Narbe an seiner Stirn. War wirklich alles vorüber, alles endgültig, oder war dies nur ein Traum? Er spürte das dringende Bedürfnis, sich zu vergewissern.

    Raschen Schrittes ging er zum Portrait der Fetten Dame, schob es beiseite und begab sich durch die Öffnung auf den Korridor vor dem Gemeinschaftsraum. Die Fette Dame war nicht mehr zugegen, vermutlich feierte sie in einem anderen Teil des Schlosses mit weiteren Portraitgestalten. Harry machte sich auf den langen Weg hinunter ins Erdgeschoss. In einer Kammer nahe der Großen Halle lag der Körper Voldemorts aufgebahrt. Dort wollte er hin.

    Während er an den zahlreichen Portraits entlang ging, Abkürzungen nahm und Trickstufen übersprang, schweiften seine Gedanken abermals ab. Wenn er einmal von der vorangegangenen Nacht absah, war dies das erste Mal, dass er zu so später Stunde durch das Schloss streifte, ohne Angst davor zu haben, von einem Lehrer oder Argus Filch oder Mrs. Norris erwischt zu werden. Aber so riskant es auch stets gewesen war, Nachts das sichere Bett zu verlassen und durch die Gänge zu schleichen, Hogwarts war von Beginn an Harrys erstes richtige zu Hause gewesen. Hier hatte er Freunde gefunden und sich sicher gefühlt, hatte große Erfolge gefeiert und bittere Niederlagen erlitten. Hier hatte er immer er selbst sein können, ohne dafür gerichtet zu werden. In einem gewissen Sinne war es daher nur treffend, dass das finale Duell zwischen ihm und Voldemort in diesen Hallen stattgefunden hatte, hier, wo er am stärksten war.

    Natürlich war Hogwarts nicht wirklich das erste richtige Zuhause für ihn gewesen, nur das erste, an das er sich erinnern konnte. Immerhin hatte er ein Jahr lang bei seinen Eltern gelebt, und er ging davon aus, dass es eine Zeit des Glücks gewesen war. Dann aber war er zu den Dursleys gekommen, und dort hatte er kein Glück empfunden. All die Jahre, die er bei ihnen verbracht hatte, hatte er stets wider aller Vernunft gehofft, jemand würde kommen und ihn fortbringen. In Gestalt von Hagrid war dieser Wunsch schließlich in Erfüllung gegangen. Mit dem Wissen, das Harry inzwischen hatte, war es ihm jedoch unmöglich, die Dursleys zu hassen. Sie hatten ihn aufgenommen und gerettet, als er am verwundbarsten war. Tante Petunia und Onkel Vernon hatten den Zauber, der ihn vor Voldemort beschützt hatte, aufrecht erhalten, und dafür musste er ihnen dankbar sein. Und dann war da natürlich noch Dudley, der Harry jahrelang gequält hatte. Zuletzt hatte der beleibte Sohn von Vernon und Petunia Zeichen eines erfreulichen Sinneswandels gezeigt. Vielleicht gab es noch eine Chance, dass er und Harry sich auf einen Friedensprozess einigten.

    Er erreichte die Marmortreppe, die hinab in die Eingangshalle führte. Aufgeräumt hatte hier noch niemand, aber das galt auch für alle anderen Teile des Schlosses, durch die Harry auf seinem Weg hierher gekommen war. Noch immer fehlten Bruchstücke der Treppe, lag Geröll auf den teils blutverschmierten Stufen. Es wirkte, als hätte Hogwarts selbst geblutet und als wären die Wunden noch nicht verschlossen. Er ging die Treppe hinab und horchte dabei nach Lauten, die davon zeugten, dass noch Menschen in der Großen Halle feierten, aber er hörte nichts.

    Schließlich stand er vor der Tür, hinter der sich Voldemorts toter Körper befand, und streckte seine Hand aus, um nach der Klinke zu greifen, doch er zögerte. Was machte er hier eigentlich? Das Erlöschen der roten Augen, die erstarrte Miene des Dunklen Lords, das war kein Traum gewesen. Harry hatte gesehen, welches Schicksal Voldemort im Tod erwarten würde, hatte sogar Mitleid gehabt, aber Dumbledore hatte versichert, dass es keine Hilfe gab. Wozu also der Blick hinter diese Tür? Weshalb zweifelte er an dem, was gewiss war?

    „Ausgeschlafen?“, sprach plötzlich eine Stimme hinter ihm.

    Erschrocken wirbelte Harry herum, und für einen Augenblick kam er sich vor wie ein Schüler, der von einem Lehrer bei etwas Unerlaubtem erwischt worden war. Aber dann erinnerte er sich wieder daran, dass dies in dieser Nacht unmöglich war. Und vor ihm stand kein Lehrer, sondern Luna.

    „Tut mir Leid“, sagte diese rasch, weil sie offenbar bemerkt hatte, dass sie Harry erschrocken hatte, „vielleicht hätte ich mich früher bemerkbar machen sollen.“

    „Vielleicht...“, stimmte Harry zu, als er sich beruhigt hatte.

    „Was machst du hier?“, wollte Luna wissen.

    „Weiß ich nicht genau“, antwortete der Zauberer. „Eigentlich wollte ich mir Voldemorts Körper ansehen, aber jetzt...“ Er biss sich auf die Lippe. Er hatte nicht geplant, mit jemandem über sein Vorhaben zu sprechen, aber aus irgendeinem Grund löste der Anblick von Luna seine Zunge. „Ich habe an all die Menschen gedacht, die im Kampf gestorben sind, an all die Opfer, die gebracht wurden. Ich weiß nicht, wie ich damit umgehen soll. Und ich dachte, ein Blick auf den Urheber all dessen würde mir helfen, die Situation zu akzeptieren. Aber jetzt bin ich mir nicht mehr so sicher, dass ich das wirkich brauche...“

    Lunas Lippen zierte ein kaum merkliches Lächeln. „Ich glaube, es gibt schönere Anblicke als den Dunklen Lord“, sagte sie. „Zum Beispiel den Großen See bei Mondschein.“

    Harry folgte ihrem Fingerzeig mit den Augen und nahm erstmals bewusst wahr, dass das Eingangstor offen stand. Von dort musste Luna gekommen sein. „Wo sind all die anderen?“, wollte er wissen. „Es kommt mir vor, als wären wir die einzigen Menschen weit und breit.“

    „Oh, wir sind nicht allein“, antwortete die Zauberin. „Die meisten sind inzwischen wieder zu Hause, aber einige übernachten in der Großen Halle. Andere haben sich entlegenere Schlafplätze gesucht, glaube ich. Die Feier hat lange gedauert.“

    „Davon gehe ich aus“, sagte Harry mit einem Schmunzeln. „Was hast du jetzt vor?“

    „Schlafen“, erklärte Luna, und ihr Lächeln wurde breiter. „Ein paar Stunden, mehr nicht. Dann werde ich zu meinem Vater gehen.“

    „Hört sich gut an“, sagte Harry, der leider keine positiven Erinnerungen mit Lunas Vater verband. Aber wie so viele Untaten, die in den vergangenen Jahren begangen worden waren, gingen auch die des Xenophilius Lovegood am Ende auf Voldemort zurück.

    „Gute Nacht, Harry“, sagte Luna und ging an ihm vorbei.

    Er beobachtete sie noch dabei, wie sie die arg in Mitleidenschaft gezogene Marmortreppe hinaufstieg. Dann war sie in den Tiefen des Schlosses verschwunden. Er richtete seinen Blick wieder auf die Tür, durch die er zuvor noch treten wollte, und dann auf das offen stehende Eingangstor. Vermutlich hatte Luna Recht, wenn sie behauptete, dass der Anblick des Mondlichts schöner war als der eines machthungrigen Tyrannen, tot oder lebendig.

    Er trat nach draußen, und seine Augen fingen ein wundervolles Schauspiel ein. Wie blaues Feuer tanzte das Mondlicht auf dem Wasser des Sees und schien mit ihm zu verschmelzen. Es war eine klare und warme Nacht. Nicht mehr lange allerdings, dann würde die Sonne die ersten Boten ihrer Ankunft schicken und dem prächtigen Treiben auf dem Wasser ein Ende bereiten.

    Hier gefiel es Harry besser als in seinem Schlafsaal oder vor der Tür zu Voldemorts Körper. Hier hatte er das Gefühl, dass sein Geist endlich zur Ruhe kam. Er musste nicht erst die Leiche seines Widersachers sehen, um zu akzeptieren, was nicht zu ändern war. Was geschehen war, war geschehen. Er würde die Verluste betrauern, und zu gegebener Zeit würde sich vielleicht ein Glücksgefühl darüber einstellen, dass ein lange währender Konflikt endlich beendet war. Noch aber war ihm all dies zu nah. Er benötigte mehr Distanz zu den Ereignissen.

    Plötzlich hörte er hinter sich Schritte, woraufhin er einen Blick über seine Schulter warf. Ron und Hermine näherten sich ihm und stellten sich je zu seiner Rechten und zu seiner Linken auf. Harry verzichtete darauf, zu fragen, wo sie herkamen.

    „Alle okay bei dir?“, erkundigte sich Ron.

    Harry nickte.

    „Siehst gut aus“, sagte der Rotschopf mit Blick auf die Schuluniform, die Harry trug. „Neville hat sie für dich rausgelegt. Mir hat er auch eine gegeben.“

    Erst jetzt fiel Harry auf, dass auch Ron und Hermine je in eine Schuluniform gekleidet waren. Natürlich waren die Anziehsachen seiner Freunde ebenso stark zugerichtet wie seine eigenen. Er wandte sich an Hermine: „Und du?“

    „Parvati“, sagte Hermine nur.

    „Komisches Gefühl, oder?“, sagte Ron. „Zu wissen, dass es zu Ende ist, ein für allemal?“

    „Allerdings“, stimmte Harry zu und richtete seine Augen wieder auf den erleuchteten See. Den Anblick der bläulichen Flammen fand er inspirierend.

    „Was, glaubt ihr, kommt als Nächstes?“, fragte Hermine, die dem Blick ihres Freundes gefolgt war und hinunter zum Wasser sah.

    Ron zuckte mit den Schultern, aber Harry antwortete: „Das Leben, schätze ich. Mit allem, was dazu gehört.“ Pläne drängten sich in den Vordergrund seines Bewusstseins, als hätten sie schon immer irgendwo in seinem Kopf geschlummert. Diese Pläne involvierten Ginny und die beiden Menschen, die gerade neben ihm standen, aber auch viele andere. Voldemort war die Vergangenheit. Die Zukunft, der größte Teil seines Lebens, lag vor ihm ...
    Meine Stargate Fan Fiction:


    °

    To be or not to be, that is a serious question.

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