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Thema: [ST XII] Wenn der schlafende Tiger erwacht ... (Star Trek: Into Darkness Prequel)

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  1. #1
    Major General Avatar von Kris
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    Standard [ST XII] Wenn der schlafende Tiger erwacht ... (Star Trek: Into Darkness Prequel)

    Titel: Wenn der schlafende Tiger erwacht ...
    Autor: Kris
    Fandom: Star Trek: Into Darkness
    Genre: Drama, Charakterstudie, Prequel, Abenteuer
    Charakter(e)/Pairing(s): Admiral Alexander Marcus, John Harrison, und diverse Figuren der alten Realität, z. B. Marla McGivers
    Rating/Warnings: PG-13
    Staffel/Spoiler: Film #12, sowie Andeutungen aus der klassischen Serie und Film #2

    Disclaimer:Star Trek gehört natürlich den Rechteinhabern, mir nix. Die Geschichte wurde aus Spaß geschrieben.

    Kurzinhalt: Sein Schiff wird im All treibend gefunden und er allein wieder zum Leben erweckt. Unter dem Tarnnamen John Harrison versucht Khan Noonien Singh seine Gefährten aus alter Zeit zu retten und muss sich doch auf ein gefährliches Spiel mit Admiral Marcus einlassen. Dabei trifft er auch auf die junge Historikerin Marla McGivers...

    Anmerkung des Autors: Mich juckte es einfach in den Fingern, mir selbst ein paar Fragen zu unseren neuen Bösewicht zu beantworten und dabei auch mit altbekannten Inhalten und Figuren zu spielen. Die Natur der Sache bedingt es allerdings, dass die eigentlichen Helden nur Erwähnung finden, aber bis auf Ausnahmen nicht auftauchen können. Dennoch viel Spaß bei Lesen!





    Prolog
    Der Weg ins Ungewisse


    ++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++
    Ein kleines Raumschiff, jenseits der Umlaufbahn des Mars
    Unbekannte Zeit
    ++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++

    Im Raum war es fast so still wie in einer Gruft. Die einzigen Geräusche verursachte ein Mann, der sich geschmeidig wie eine Katze zwischen den röhrenförmigen Gebilden und ihren Halterungen bewegte, immer wieder stehen blieb und die Zahlen betrachtete, die sich auf einem kleinen Anzeigenfeld abzeichnete. Gelegentlich berührten seine Finger das an der Vorrichtung befindliche Display, um etwas neu zu justieren.

    Bei seiner Arbeit wirkte er entspannt und gelassen, so als wisse er genau, was er tue. Nur gelegentlich zuckte eine Augenbraue oder bewegte sich der schmale Mund, als denke er über etwas nach.

    Er sah allerdings keine Veranlassung, jetzt und hier mit sich selber zu reden. Das war reine Verschwendung von Atemluft, nötig vielleicht für einen normalen Menschen, nicht aber für ihn. Und bald würde auch er selbst keinen Gedanken mehr an sinnlose Unterhaltungen vergeuden.

    Als auch die letzte Kapsel und ihr kostbarer Inhalt überprüft waren, verließ der Mann den Raum und begab sich in einen schmalen kleinen Raum voller Instrumente – das Cockpit des kleinen Raumschiffs.

    Die Kontrollen und Geräte waren darauf ausgerichtet, notfalls auch von einem Mann allein gesteuert werden zu können. Mehr als zwei oder drei Personen hätten ohnehin nicht in die vollgestopfte Kammer gepasst.

    Noch einmal ließ er sich im Pilotensitz nieder, der nicht der Bequemlichkeit seines Benutzers diente, sondern optimalen Zugriff auf die Schalttafeln gewährte. Mit einem Blick erfasste er die Anzeigen.

    Hier war ebenfalls alles so, wie es sein sollte. So lehnte er sich zurück und starrte durch die kleinen Sichtluken hinaus in die nur von Sternen beleuchtete Dunkelheit des Alls, ließ noch einmal die Ereignisse Revue passieren, die ihn an diesen Ort gebracht hatten.



    „Projekt Genesis ist von Erfolg gekrönt. Sehen sie sich den Jungen an. Er ist erst drei Jahre alt, besitzt aber bereits jetzt den Intellekt eines Hochschulabsolventen. Die Stimulierung im Mutterleib hat Bereiche seines Gehirns aktiviert, die bei Normalsterblichen für ihr ganzes Leben brachliegen“, erklärte ein kahlköpfiger Mann mit Brille seinen uniformierten Begleitern und deutete auf das Kind, das mit angespannten Gesichtszügen eine Tafel beschrieb und dabei eine komplizierte mathematische Gleichung löste, als sei sie eine einfache Übung.
    Obwohl der Junge so tat als merke er nichts, war er sich der Anwesenden voll bewusst und spitzte die Ohren, um mitzubekommen, was sie über ihn sagten. „Wir haben die Gene von zwei Wissenschaftlern aus dem westlichen Ausland verwendet, um diese Talente in ihm zu wecken, und wie sie sehen, das war ein voller Erfolg.“
    Für einen Moment herrschte Schweigen.
    „Aber das ist noch nicht alles, meine Herren. In Phase zwei werden wir die körperliche Entwicklung des Jungen beschleunigen. Durch die genetischen Manipulationen ist die Zelldegeneration zwar bereits verlangsamt, aber das reicht noch nicht aus, so dass wir bei den nächsten Untersuchungen einen Schritt weitergehen werden, indem wir...“


    „Ihr seid geschaffen worden, um eurem Vaterland zu dienen wie jeder gute Soldat. Ihr seid angewiesen gehorsam Befehle auszuführen - Nichts anderes wird von euch erwartet! Habt ihr verstanden? . Ihr wisst, was euch blüht, wenn ihr das nicht tut“
    Die Stimme des Ausbilders hallte in den Ohren des zwölfjährigen Jungen wider und prägte sich tief ein, denn der Schock saß noch zu tief. Erst gestern hatten sie der Hinrichtung eines nur wenig älteren Kameraden beiwohnen müssen, der sich gegen diese klaren und einfachen, aber bedingungslosen Regeln gestellt hatte.
    Sein Gesicht blieb ruhig und ausdruckslos, doch in seinem Inneren tobte ein Vulkan an Hass und unbändiger Wut, Verzweiflung über seine Hilflosigkeit. Doch sein Verstand mahnte ihn zur Ruhe, wie immer, seit er sich bewusst war, was die Normalsterblichen in seiner Art sahen. Künstlich geschaffene Monster... nur zu einem Ziel geschaffen – lebende Waffen zu sein, die in vorderster Front kämpften.
    Sie wurden zum absoluten Gehorsam gedrillt, um ihr ganzes Leben zu dienen, obwohl sie die meisten Menschen körperlich und geistig weit überlegen waren.
    Nein – er war nicht bereit dazu, gehen und von seinen Gefühlen leiten lassen, wie sein Kamerad, der erst vor einigen Stunden sein Leben qualvoll ausgehaucht hatte. Diesen Triumph würde er den Normalen nicht gönnen.
    Statt dessen würde er warten und lernen, studieren und dann handeln, wenn es an der richtigen Zeit war. Eines wusste er inzwischen – Die Masse zu besiegen gelang nicht mit brutaler Gewalt alleine – es bedurfte auch List, Verstand... und Überzeugungskraft, um das Verhältnis von Meister zu Sklave umzukehren.


    „Sie behaupten, wir seien zum Dienen erschaffen worden, zum Wohle der Menschheit. Ich aber sage euch: Wir sind dazu geboren, die Herren dieser Welt zu werden, um sie zu vereinen und damit zu neuer Größe zu führen! Wir haben das Wissen und die Fähigkeiten, die menschliche Rasse mächtig zu machen. So wie sie uns ausschalten wollten, werden wir die Schwachen unter ihnen ausmerzen.“
    Stolz blickte er über die Menge, die sich auf dem Feld versammelt hatte – Männer und Frauen, die so waren wie er... erschaffen in den Laboren skrupelloser Wissenschaftler, herangezogen zu menschlichen Waffen, die den Kampf gegen andere Nationen übernehmen sollten.
    Aber eines hatten die Normalsterblichen dabei nicht bedacht, keine perfekte Waffe, die einen Verstand besaß würde sich lange gängeln lassen... und ja, die ersten Generäle und Wissenschaftler hatten bereits den Preis dafür bezahlt.
    Ein zufriedenes Lächeln zeigte sich in seinen Mundwinkeln, als er an die gut organisierten Aufstände in den abgeschieden liegenden Kasernen und Gulags – wie sein schlimmster Peiniger sein Leben zwischen seinen Händen ausgehaucht hatte, als er ihm selbst den Schädel eingedrückt hatte.
    Nun, nach einem guten halben Jahr, beherrschten sie unter seiner Führung bereits ein Viertel der Erde – Länder in Vorder- und Mittelasien, deren Bewohner nur zu gerne die Macht des Stärkeren anerkannten, weil sie nichts anderes gewohnt waren...
    Dann wurde er schlagartig wieder ernst. Es war nicht an der Zeit, sich dem Erfolg hinzugeben und unachtsam zu werden. Denn er machte sich keine Illusionen darüber, dass es mit dem Rest der Welt nicht ganz so einfach laufen würde, denn erst vor einer Stunde hatten ihn beunruhigende Nachrichten erreicht.



    Der Mann schloss die Augen, zwang sich dazu, tief und ruhig zu atmen, um die aufkeimende Wut wieder dorthin zurückzudrängen, wo sie eigentlich hingehörte – in die Tiefen seines Geistes, als Initialzündung, um seine übermenschlichen Kräfte zu entfalten. Nur im Kampf durfte er seinen Instinkten folgen, nicht aber jetzt.

    Schlussendlich war es die reine Übermacht der Normalsterblichen gewesen, die sie zu Fall gebracht hatten. Gegen Millionen kamen auch ein paar hundert genetisch aufgewertete Männer und Frauen nicht lange an.

    Nun waren nur noch eine Handvoll von ihnen am Leben. Und diese vierundachtzig inklusive ihm selbst befanden sich jetzt an Bord dieses Schiffes, dem Ergebnis des Notfallplans, den er immer in der Hinterhand gehabt hatte. Vielleicht fanden sie zwischen den Sternen eine andere Welt, die sie sich untertan machen konnten und ihr Schicksal selbst bestimmen konnten...

    Er holte tief Luft und schaltete in einem Anflug von Sentimentalität die Kameras am Heck an. Doch lägst war der blaue Planet nicht mehr zu erkennen. Die Erde war nun nicht mehr als ein etwas heller leuchtender Stern – von der Umlaufbahn des Mars aus gesehen. In ein paar weiteren Tagen würden sie den Asteroidengürtel passieren.

    Aber dann würde auch er sein Leben bereits dem Schicksal überlassen haben. Denn eine letzte kryogenische Kapsel wartete auch auf ihn. Die Reise in eine ungewisse Zukunft würde Jahrzehnte, wenn nicht Jahrhunderte dauern, und das würde auch er, ein genetisch veränderter Supermensch nicht überleben können. Schließlich war auch er nicht unsterblich.

    Eine kurze Meditation half ihm dabei, wieder Ruhe in sich zu finden und den letzten Schritt zu tun, der noch nötig war. Auch im Cockpit war alles schnell ein letztes Mal überprüft. Nun gab es nur noch eines zu erledigen.

    - tbc -
    Geändert von Kris (06.06.2013 um 09:58 Uhr)
    Kolya, der Trust und ein irrer Serienkiller in:Im Grau der Schatten, Double Trouble & In den Händen des Schicksals. Ungekannte Abenteuerer von John Sheppard & Co in "Stargate Atlantis - Die verborgenen Szenen": Aufbruch in eine neue Welt und Das erste Jahr und Die Specials.

    John Sheppards Schicksal im Vegasverse :"Solitary Man" no more

    *Neu:* Kapitel 22 seit Okt 2016: Wenn der schlafende Tiger erwacht (Star Trek Into Darkness Prequel)
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  2. Danke sagten:


  3. #2
    Chief Master Sergeant Avatar von Jolinar
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    Du hast mich wieder am Haken. Bin jetzt neugierig auf deine Interpretation bzw. wie du die dir die gestellten Fragen selbst beantwortest.

  4. #3
    Major General Avatar von Kris
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    Zitat Zitat von Jolinar Beitrag anzeigen
    Du hast mich wieder am Haken. Bin jetzt neugierig auf deine Interpretation bzw. wie du die dir die gestellten Fragen selbst beantwortest.
    Danke für dein Interesse und deinen lieben Kommentar!

    Immerhin ist die Geschichte in der Rohfassung schon fertig, auch wenn ich gemerkt habe, das ich zum Ende hin noch sehr viel ausbauen werden muss - aber es macht auch einen Heidenspaß.

    Mir war die Idee beim zweiten Schauen des Films gekommen - erst nur mit einer Szene, die überhaupt nichts mit der Vorgeschichte zu tun hatte, dann fügte sich eines ins andere und ich kam auf die Idee, mit der Vorgeschichte anzufangen und mich mit dem Jahr zu beschäftigen - zu überlegen, wie Marcus ihn dazu gekriegt hat.

    Ich bin auch gespannt, wie sich das entwickeln wird - auf jeden Fall gefällt mir der erste Schlagabtausch zwischen Marcus und "Harrison" schon selbst sehr gut. Morgen poste ich dann Teil 2, damit du nette Lektüre zum WE hast!
    Geändert von Kris (23.05.2013 um 08:57 Uhr)
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  5. #4
    Major General Avatar von Kris
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    Kapitel 1
    Fenster zur Vergangenheit



    ++++++++++++++++++++++++++++++++++++++
    Hauptquartier der Sternenflotte, San Francisco
    Knapp 300 Jahre später
    ++++++++++++++++++++++++++++++++++++++

    Admiral Alexander Marcus lächelte sein Gegenüber freundlich an und lehnte sich ein Stück in seinem Sessel zurück, aber er blieb skeptisch. Mit einem Auge behielt er den Bildschirm im Blick, seine Aufmerksamkeit war aber ganz auf die junge rothaarige Frau vor ihm gerichtet, um sie genau zu studieren.

    „Miss McGivers, ich habe mir nur auf Bitten meiner Tochter Carol ihre Diplomarbeit angesehen, aber ich verstehe nicht, inwieweit Sie das für den Dienst auf einem Raumschiff der Sternenflotte qualifizieren sollte“, sagte er dann. „Könnten Sie mir die Begründung dafür liefern, warum ich Sie bei der Sternenflottenakademie empfehlen soll?“

    „Nun Sir“, die junge Frau holte tief Luft und strich mit einer nervösen Geste ihr lockiges Haar zurück. Es war ein weiteres Zeichen für die eigenwillige Persönlichkeit, die hinter dem hübschen Gesicht steckte. Anders als Carol hatte sie nicht zielstrebig an ihrer Ausbildung gearbeitet, sondern sich auch den angenehmen Vergnügungen des Lebens hingegeben, was nicht gerade von der Leistungsfähigkeit und der Einsatzbereitschaft zeugte, die für Sternenflottenpersonal angemessen war.
    „Die Vergangenheit kann uns vieles lehren, und sie ermöglicht und auch Vergleiche zu anderen Zivilisationen und Kulturen zu führen. Außerdem könnte es auch sein, dass wir Relikte aus unserer eigenen Vergangenheit dort draußen wiederfinden. Schließlich blickt die Menschheit auf gut dreihundert Jahre Raumfahrtgeschichte...“

    Damit konnte sie ihn nicht ködern – solche Worte hörte er fast jeden Tag von Politikern und Diplomaten, die etwas von ihm wollten. Nein, da musste sie schon mehr Überzeugungsarbeit leisten...
    „Gerade die Zeit zwischen Ende des zwanzigsten und der Mitte des einundzwanzigsten Jahrhunderts im Dunkel der Vergangenheit liegt, könnte es wichtig werden, die Augen offen zu halten. Wir wissen doch...

    Ein Signal erklang.

    Marla McGivers verstummte irritiert, während der Admiral auf seinen Bildschirm blickte und die Nachricht bemerkte, die dort erschienen war. Ein Ruf mit Priorität 2, nicht absolut dringend, aber auch nicht lange aufschiebbar..

    Er blickte die junge Frau an und überlegte. Machte es Sinn, sie weiter anzuhören? Eigentlich nicht? Eigentlich benötigte die Sternenflotte im Moment keinen weiteren Historiker. Also war das die beste Gelegenheit, um sie fortzuschicken, und so eine weitere Freundin seiner Tochter loszuwerden, die nur durch diese Beziehung hoffte, einen Platz auf einem der Schiffe der Flotte zu ergattern, egal ob sie dazu befähigt war oder nicht.

    „Entschuldigen Sie, Miss, McGivers, dass ich Sie schon jetzt und hier unterbreche, aber ich erhalte gerade eine dringende Nachricht“, erklärte er höflich, um sein Benehmen zu entschuldigen. „Ich werde über ihre Bewerbung nachdenken und mich wieder bei Ihnen melden.“

    „Ja, Sir! Ich werde gespannt auf ihre Antwort warten. Vielen Dank, dass Sie mir ein paar Minuten ihrer Zeit gewährt haben!“ So ganz konnte Marla McGivers ihre Enttäuschung nicht verbergen, sie spiegelte sich in ihren Augen und in der Mundpartie wieder. Bei der Verabschiedung merkte der Admiral durchaus, wie wenig begeistert sie darüber war, dass er sie so schnell abwimmelte.

    Als sie den Raum verlassen hatte, seufzte Marcus und schüttelte den Kopf, war noch einmal einen Blick auf die Arbeit, die sie mit ihrer Bewerbung eingereicht hatte.

    Nun, die junge Dame mochte gut recherchiert und gearbeitet haben, aber qualifizierte sie das schon für den Dienst in der Sternenflotte? Zumal sie, wenn er sich ihr psychologisches Profil genauer betrachtete, nicht nur einen Hang zu einer lässigen Lebensführung hatte, sondern auch zur Bewunderung von Machtmenschen hatte und so leicht deren Charme verfallen könnte.

    Das war keine Eigenschaft, die einen zukünftigen Sternenflottenoffizier auszeichnen sollte, selbst wenn er nicht zum Führungsstab gehörte. Er oder sie hatte rational zu denken und nicht schwärmerisch aus dem Bauch heraus zu entscheiden., sonst konnten daraus Situationen erwachsen, die für eine ganze Crew fatal enden konnten.

    Ein weiterer Signalton erinnerte ihn an die immer noch wartende Nachricht. So kehrte er an seinen Platz zurück und tippte auf den Bildschirm. Nun, es gab wichtigeres zu tun, als sich mit den Freundinnen seiner Tochter zu beschäftigen.

    Auf dem Bildschirm erschien das Gesicht von Captain Terrell von der „U.S.S. Reliant“, einem der Raumschiffe, dass er an den Rand des bekannten Raums geschickt hatte, um dort einige Sonnensysteme zu erforschen am Rand der neutralen Zone zum klingonischen Reich zu erkunden..

    Seit der Zerstörung des Planeten Vulkan durch den Romulaner Nero und den Angriff auf die Erde, forcierten er und einige andere Admiräle die Erkundung der Grenzgebiete – denn diese Vorfälle hatten gezeigt, wie verwundbar und wenig sicher die Förderation und die Erde eigentlich waren – So war es Zeit die Pufferzone zwischen sich und den beiden anderen Machtblöcken in unmittelbarer Umgebung zu erweitern.

    „Ja, Captain? Was gibt es neues zu berichten?“ Admiral Marcus lehnte sich erwartungsvoll zurück. Er wusste, dass Terrell sich nur dann meldete, weil er etwas von Bedeutung gefunden hatte und nicht wegen jeder Kleinigkeit.

    „Sir, wie Sie wissen, bewegen wir uns am Rande des Mutara-Nebels entlang. Im Ceti-Alpha-System haben wir einen Planeten der Klasse M entdeckt. Es gibt dort keine nennenswert intelligenten Lebensformen, was die fünfte Welt ideal für eine Besiedlung machen würde.“ Er hielt kurz inne. „Aber das ist nicht das einzige, was wir dort gefunden haben. Beim Durchfliegen des Systems entdeckten unsere Sensoren ein Schiff mit unbekannter Kennung.“

    Marcus zog eine Augenbraue hoch. „Und weiter?“

    „Wir orteten zunächst keine Lebenszeichen. Das Schiff reagierte auch nicht auf unsere Funksignale. Aus diesem Grund ließ ich, nachdem wir es noch einmal gescannt haben, ein Außenteam hinüber beamen ...“
    Neben dem Kopf des Captains erschienen langsam wechselnde Bilder, die ein von langer Reise und Meteoriteneinschlägen gezeichnetes Schiff – vielleicht so groß wie ein Frachtshuttle der Klasse C- zeigte.

    „Das Schiff war nicht so verlassen, wie wir zunächst vermutet hatte. Neben dem Antrieb und dem Cockpit gab es nur einen anderen Raum in diesem Schiff. Und dieser war wohl eigens für seinen Zweck ausgebaut worden. Wir fanden in ihm vierundachtzig kryogenische Kapseln.
    Dreiundsiebzig davon sind noch aktiv, ihre Insassen am Leben, Elf erlitten Fehlfunktionen. Allerdings fehlen Aufzeichnungen über den Kurs des Schiffes, seine Erbauer, und auch ein Logbuch ist nicht vorhanden. Dennoch ist das Schiff unübersehbar irdischer Bauart.“

    Admiral Marcus stieß zischend die Luft aus, die irgendwann angehalten hatte, weil er gerade ein Deja-Vu erlebt. Immer wieder war sein Blick beim Bericht des Captains von dessen Gesicht auf die Datei mit der Abhandlung von Marla McGivers gefallen, die er noch nicht geschlossen hatte.

    „Trug das Schiff wenigstens einen noch erkennbaren Namen?“, fragte er, seine Erregung nur mühsam verbergend.

    „Ja Sir, schwer zu erkennen, aber dennoch lesbar. Wir entzifferten die Aufschrift, „Botany Bay“. Allerdings gibt es in den historischen Datenbanken, auf die wir Zugriff haben kein Raumschiff mit diesem Namen, so dass wir annehmen, dass es in den dunklen Zeiten vor Mitte des 21. Jahrhunderts gestartet ist.“

    „Das klingt wirklich interessant“, erwiderte Marcus. Sein Nacken kribbelte und begann sich stärker zu verspannen.

    „Aus diesem Grund habe ich Sie auch umgehend nach Abschluss der ersten Untersuchungen kontaktiert. Haben Sie weitergehende Befehle an mich?“, fragte Terrell sah den Admiral aufmerksam an. „Sollen wir das Schiff und seine Besatzung weiterhin seinem Schicksal überlassen? Oder die kryogenen Kapseln an Bord nehmen. Eventuell ist es auch möglich, das ganze Schiff an die „Reliant“ anzudocken oder in den Shuttlehangar zu bringen, wenn wir ein wenig Platz schaffen..“

    „Warten Sie noch“, antwortete Alexander Marcus ruhig. „Nehmen sie das Schiff in Schlepptau und überwachen Sie es weiterhin, aber unternehmen sie jetzt erst einmal nichts. Ich melde mich in spätestens einer Stunde wieder bei ihnen.“

    Er unterbrach die Verbindung noch ehe der Captain ihm antworten konnte und verkleinerte das Nachrichtenfenster, holte sich dann den Bericht wieder in den Vordergrund um ihn noch einmal zu überfliegen.

    „Zu den schillerndsten Persönlichkeiten dieser Zeit gehört wohl Khan Noonien Singh, dem es zum Höhepunkt seiner Macht gelang, ein Viertel der Erde zu beherrschen. Wie kein anderer seiner, künstlich in Laboren herangezüchteten und zum perfekten Soldaten gedrillten, Art war er vollkommen, sowohl im Geist, wie auch im Körper.
    Hochintelligent und skrupellos wie seine Erschaffer, charismatisch und manipulativ gelang es ihm eine ganze Weile die Weltöffentlichkeit zu narren und sich als Retter einer von Kriegen und Aufständen gebeutelten Region aufzuspielen...“


    Marcus übersprang die weiteren Aufzeichnungen über die Herrschaft dieses Tyrannen und kam schließlich zu den letzten Zeilen.

    „... schließlich, in ihre letzte Zuflucht zurückgedrängt, blieben Khan und den Übermenschen, die an seiner Seite kämpften nur noch zwei Möglichkeiten – im Kampf unterzugehen oder zu fliehen.
    Es heißt, während sich fünfzig Kämpfer opferten gelang etwa sieben oder acht Dutzend genetisch veränderter Männer und Frauen die Flucht zu den Sternen. Leider gibt es keine verifizierbaren Aufzeichnungen darüber, nur vage Aussagen einiger Zeugen.
    Bei Khans Arche handelte es sich um ein Monate zuvor bei einem Handstreich erbeutete letzte Raumschiff der Europäischen Union., die „Botany Bay“, benannt nach der berühmt-berüchtigten britischen Strafkolonie in Australien.“


    Der Admiral lehnte sich wieder zurück und rieb sich die Stirn.

    Captain Terrell hatte da etwas gefunden, das man entweder seinem Schicksal überließ oder besser noch mit Photonentorpedos in seine Einzelteile zerlegte, ehe die Insassen erwachen konnten.

    Er holte tief Luft. Andererseits...

    ... war genau das die Antwort auf seine Gebete. Seit Monaten hoffte er mehr endlich auf neue Impulse, um seine Ideen und Pläne für den Schutz der Förderation zu verwirklichen. Bei den anderen Führungsoffizieren, traf er auf taube Ohren, wenn es darum ging, die Sternenflotte zu militarisieren, um äußeren und inneren Feinden mehr als die paar Phaserbänke und Photonentorpedos entgegen zu setzen, die den Schiffen der Flotte vertraglich als Bewaffnung erlaubt war.

    Zwar ließ er durchaus neue Waffen in seinen Geheimlaboren entwickeln, aber mit den Ergebnissen war er bisher nicht zufrieden. Denn die wirklich brillanten Wissenschaftler widmeten sich viel lieber friedlichen Forschungsaufgaben zum Wohle der Menschheit, um ihre humanistische Einstellung zu pflegen, als an Dingen zum Schutz der Erde und anderer Planeten zu arbeiten, die durchaus auch Unschuldigen den Tod bringen konnten.

    Sektion 31 krankte immer noch an einem Mangel an Personal, das mehr als das Mindestmaß an Wissen hatte und über herausragende Fähigkeiten verfügte, an effizienten Mitarbeitern, die auch schon einmal Skrupel und Moral über Bord warfen.

    Khan Noonien Singh war genau die Person, die all die gesuchten Qualitäten besaß, und die vielen Offizieren der Sternenflotte und vor allem dem wissenschaftlichen Personal abhanden gekommen waren.
    Aber wie alle Augments, alle künstlicher verbesserten Menschen aus dieser Epoche der Menschheitsgeschichte, war er ein gefährlicher Mann voller Arroganz, der sein Maß nicht kannte, wenn es um die Erhaltung von Leben ging – und der über kurz oder lang die Zügel an sich reißen würde, wenn man ihn nur einmal aus den Augen ließ.

    Daher barg es mehr als nur ein Risiko Khan Noonien Singh wiederzuerwecken. Es sei denn, Marcus fand die Achillesferse dieses Übermenschen, um ihn seinem Willen zu unterwerfen und so lange zu kontrollieren, bis er seinen Zweck erfüllt hatte...

    Der Admiral lächelte. Es schien, als habe Marla McGivers doch Glück eine Empfehlung zu bekommen, wenn auch anders, als sie vielleicht erwartete. Ihre Aufzeichnungen über die dunkle Zeit der Eugenischen Kriege hatten mit einem Male an Bedeutung gewonnen.

    Denn genau jetzt brauchte er das Wissen und die Begeisterung dieser jungen Frau, um den Plan umzusetzen, der sich langsam aber sicher in seinem Kopf ausformte. Also würde er zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen – ihr eine Chance zu geben, sich besser zu qualifizieren und auf der anderen Seite durch sie och mehr Informationen über den Mann zu erhalten, der nun im Mittelpunkt seines Interesses stand.

    - tbc -
    Kolya, der Trust und ein irrer Serienkiller in:Im Grau der Schatten, Double Trouble & In den Händen des Schicksals. Ungekannte Abenteuerer von John Sheppard & Co in "Stargate Atlantis - Die verborgenen Szenen": Aufbruch in eine neue Welt und Das erste Jahr und Die Specials.

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  6. Danke sagten:


  7. #5
    Chief Master Sergeant Avatar von Jolinar
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    Deja vu... Marla betritt die Bühne, und rein zufällig genau zu dem Zeitpunkt, an dem das Objekt ihrer Dissertation aufgefunden wird.
    Admiral Marcus weiß, wie gefährlich Khan werden kann und riskiert es trotzdem... die Macher der "Übermenschen" haben es nur versäumt, die sogenannten Robotergesetze in ihre Erschaffung einzubauen. Seit Frankenstein weiß doch jeder, daß sich eine künstlich erschaffene Kreatur irgendwann immer gegen ihren Macher wendet (so oder ähnlich war das doch?)

  8. #6
    Major General Avatar von Kris
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    Vielen Dank für deinen lieben Kommentar, Jolinar, über den ich mich wieder unheimlich gefreut habe, und einen Gruß an die noch dazu gekommenen Danke-Drücker des ersten Post, sowie meine stillen Mitleser

    Deja vu... Marla betritt die Bühne, und rein zufällig genau zu dem Zeitpunkt, an dem das Objekt ihrer Dissertation aufgefunden wird.
    Yep - ein kleiner Kunstgriff. Aber es erschien mir richtig, sie so einzuführen und nicht noch später.

    Admiral Marcus weiß, wie gefährlich Khan werden kann und riskiert es trotzdem... die Macher der "Übermenschen" haben es nur versäumt, die sogenannten Robotergesetze in ihre Erschaffung einzubauen. Seit Frankenstein weiß doch jeder, daß sich eine künstlich erschaffene Kreatur irgendwann immer gegen ihren Macher wendet (so oder ähnlich war das doch?)
    Yep, es ist da wie bei Frankenstein und seiner Kreatur.

    Nur ist die Frage, ob sich der menschliche Geist, soll er Höchstleistungen erbringen, wirklich so kontrolliert werden kann, ob die Failsafe-Codes sich dann nicht einfach verändern, je mehr die geistige Kapazität des Übermenschen wächst. Zumal die "menschliche" Komponente - Emotionen und Instinkte bleiben und bis heute unberechenbar sind.

    Das alte Dilemma, das beim Stand der Gentechnik heute mit Sicherheit aktueller ist denn je. Es macht aber Spaß, sich mit diesen Dingen zu beschäftigen

    Ich muss mal sehen, wann ich den nächsten Teil poste, es wird aber in den nächsten zwei Tagen sein.
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  9. #7
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    Hier nun wie versprochen das nächste Kapitel.
    Viel Spaß beim Lesen!




    Kapitel 2
    Ein Raubtier schläft niemals wirklich tief...



    ++++++++++++++++++++++++++++++++++++++
    Ein kleines billiges Appartement in San Francisco
    Am nächsten Morgen
    ++++++++++++++++++++++++++++++++++++++

    „Mmmhh ... mh ... mmmmhhh!“ Unwillig streckte Marla McGivers die Hand aus, um den Wecker zum Schweigen zu bringen, doch das schrille Sirren endete nicht. „Nein! Aus! Schluss!“

    Verzweifelt zog sie das Kissen über den Kopf, aber der Anrufer blieb hartnäckig und legte nicht auf. So riskierte sie schließlich einen Blick auf den Störenfried auf dem Bord neben sich und griff danach. Mit zusammengekniffenen Augen las sie, was auf dem Display stand und setzte sich plötzlich abrupt auf. „Admiral Marcus’ Büro? Oh, Sch…“

    Die Müdigkeit und vor allem der Kater waren auf einmal wie weggewischt.

    Hastig fuhr sie sich durch die Haare und stopfte die Decke unter die Achseln, damit sie halbwegs angezogen wirkte. Dann setzte sie ihr erwartungsvollstes Lächeln auf und nahm en Anruf an. „Ja, hier Marla McGivers!“

    Die streng wirkende Frau, die sie schon gestern im Vorraum des Admirals gesehen hatte, sah ihr entgegen, zeigte mit keiner Wimper, was sie über den Zustand ihres Gegenübers dachte. „Miss McGyvers. Der Admiral hat mich angewiesen, Ihnen mitzuteilen, dass er über ihre Bewerbung noch einmal nachgedacht hat.”

    „Oh ja, wirklich? Das ist wunderbar!“ Marla strahlte.

    Die Ernüchterung folgte jedoch auf dem Fuß, als die Frau weitersprach: „Allerdings sind im Moment keine weiteren Planstellen für Historiker an der Akademie oder im Dienst in der Flotte vorgesehen. Admiral Marcus bietet ihnen aber die Gelegenheit, sich einen Platz zu verdienen.“

    Marla rieb sich die Stirn. Ein stechender Kopfschmerz setzte ein. Sie hätte gestern vielleicht nicht zuviel von dem saurianischen Brandy trinken sollen. Oder hatte ihr das romulanische Ale den Rest gegeben?

    „Und als was?“

    „Er ist interessiert daran, dass sie ihre Diplomarbeit über die eugenischen Kriege weiter ausarbeiten, speziell die Vorgänge in der asiatischen Region. Dafür ermöglicht er ihnen den Zugriff auf die alten Commonwealth-Archive, die in der British Library lagern.“

    Marla durchlief es heiß und kalt. Sie hatte während ihrer Studienzeit mehrere Anträge gestellt, sich diese genauer ansehen zu dürfen, aber jeder davon war abgeschmettert worden, da die Aufzeichnungen noch nur im Original vorlagen und nicht in die Datenbanken eingespeist worden waren. Daher konnte sie diese Aussage kaum glauben. „Wirklich?“
    Nun kribbelte ihr Körper vor Aufregung. Das war eine Chance, die sie sich nicht entgehen lassen sollte, zumal sie so, vielleicht endlich an ihrer Doktorarbeit weiter kommen konnte, wenn das mit der Sternenflotte nicht klappte. „Wenn das so ist, dann gerne!“

    „Ich werde das als Zustimmung. Melden sie sich, um 16.00 bei der ihnen gleich übermittelten Adresse in London. Dann erfahren sie alles weitere!“ Ehe Marla noch etwas sagen konnte, schaltete die Adjutantin des Admirals wieder ab.

    Die junge rothaarige Frau starrte auf den Display, auf dem nun auch wieder die Uhr zu sehen war, stellte sie kurz auf die Zeitzone von London ein und schluckte.

    12:49. Sie hatte kaum mehr als drei Stunden Zeit, um sich frisch zu machen, das Bohren in ihrem Kopf los zu werden und dort zu erscheinen.

    Dann seufzte sie schwer und schob die Beine unter der Decke hervor. Es half ja alles nichts, wenn sie diese Chance nicht auch noch vertun wollte wie so viele andere zuvor in ihrem Leben.

    Ihre Existenz konnte nicht nur aus Feiern bestehen oder der Bewunderung junger heldenhafter Captains wie James T. Kirk, der erst gestern der langweiligen Party neuen Schwung gebracht hatte, bestehen.

    Schließlich war sie eine moderne junge Frau, die auf eigenen Beinen stehen wollte, dass hatte sie – schon recht angeheitert – erst gestern wieder einmal lauthals betont, und damit den schüchternen jungen Sternenflottenoffizier eingeschüchtert, der um ihre Aufmerksamkeit gebuhlt hatte.

    Die alten Archive boten ihr die Möglich tiefer als je zuvor in die Zeit einzutauchen, die sie schon ein paar Jahre faszinierte und damit einem Mann näher zu kommen, über den sie, nein auch die Welt, eigentlich immer noch viel zu wenig wusste. Es gab ja nicht einmal mehr scharfe Bilder von ihm, nur verschwommene Aufnahmen aus weiter Entfernung..



    ++++++++++++++++++++++++++++++++++++++
    In einem Geheimlabor auf der Erde unter London
    Eine Woche später
    ++++++++++++++++++++++++++++++++++++++


    „Diese Methode des kryogenen Schlafs ist mit vielen Schwächen belastet, die unsere irdischen Wissenschaftler erst einige Jahre nach der Konstruktion dieser Kapseln ausmerzen konnten, auch wenn ich erstaunt über die Modifikationen bin, die ich an den Systemen hier gefunden habe“, sagte der leitende Mediziner nachdenklich und fügte leise hinzu. „Es scheint mir fast, als habe jemand den Entwicklungen vorausgegriffen.“

    Admiral Marcus nickte. „Das klingt interessant“, murmelte er wie beiläufig, während ein dünnes Lächeln um seine Lippen spielte.

    Er wusste inzwischen durch einen weiteren Bericht von Marla McGyvers, die den Köder mit der Anstellung geschluckt hatte, dass vermutlich genau diese Modifikationen die allgemeinen Verbesserungen erst möglich gemacht hatten. Baupläne und ein Prototyp, gefunden in Khans Noonien Singhs letzter Festung, waren die Grundlagen für die weiteren Entwicklungen gewesen.

    Die kryogene Kapsel über die sich sich unterhielten wurde gerade von medizinischen Assistenten in den Raum geschoben und angeschlossen. Anzeigen erschienen auf der Glasscheibe, der die beiden Zimmer voneinander trennte.

    „Sehen sie sich das an“, sagte der leitende medizinische Offizier mit hochgezogenen Augenbrauen und deutete auf die Darstellung. „Normalerweise wären geistige und körperliche Schäden nach einer so langen Zeit in Kryostase nicht auszuschließen. Aber diese Lebenszeichen sind so stark, als hätte sich der Mann dort erst gestern in die Kammer begeben. Die Gehirnaktivitäten sind ungewöhnlich hoch für jemanden, der seit Jahrzehnten, vielleicht Jahrhunderten im Tiefschlaf liegen sollte.“
    Er verstummte und legte den Kopf schief. Im Raum wurde unterdessen die Kapsel geöffnet, der obere Teil entfernt. „Nun beginnt der Auftauprozess. Aber das ist unmöglich... entschuldigen Sie mich bitte.“

    Admiral Marcus nickte und ließ den Mann durch. Auch wenn er nicht verstand, was den leitenden Arzt ebenfalls in die Kammer trieb, so wusste er doch, dass er später die Antwort für sein Verhalten erfahren würde.

    Während er zusah, wie die Assistenten ihrem Chef Platz machten, damit die Röhre geöffnet, und der Deckel entfernt werden konnte, schweiften seine Gedanken ab. Terrell hatte die „Botany Bay“ auf seine Anweisung hin an Bord genommen und zu einem Stützpunkt in der Nähe des Asteroidengürtels im Sonnensystem gebracht.
    Bei der Ankunft der „Reliant“ auf der Erde hatte Marcus persönlich den Captain und seine Crew zum Stillschweigen verpflichtete und von einer klassifizierten Mission gesprochen, die nicht an die Öffentlichkeit dringen durfte. Glücklicherweise war die Besatzung des Forschungsraumschiffes klein genug, um alle im Auge zu behalten und sie die Konsequenzen spüren zu lassen, wenn sie doch redeten und auf eigene Faust recherchierten.
    Einige Spezialisten der Sektion 31 hatten die Aufzeichnungen aus dem Logbuch des Captains und seinen Bericht an die Leitung der Sternenflotte so weit modifiziert, dass der Fund nur eine Fußnote ohne Bedeutung bleiben würde.

    Die Führung der Sternenflotte, sollte so wenig wie möglich über diesen Vorfall erfahren, denn sie mussten nicht wissen, was er vorhatte.

    Das Schiff aus der Vergangenheit war nur kurze Zeit später in einer geheimen Werft in der Nähe des Jupiter, wo es genauer untersucht werden sollte. Bei der Auswahl des Wiedererweckungskandidaten war Alexander Marcus von einer einfachen logischen Folgerung ausgegangen:. Wie jeder gute Anführer hatte Khan Noonien Singh erst den Schlaf der anderen überwacht und sich als letzter in die für ihn vorgesehene kryogene Kapsel begeben.
    Daher war die Anweisung des Admirals sehr einfach gewesen und genau die zuletzt aktivierte Röhre aus dem Laderaum entfernt und in einem unauffälligen Frachtshuttle auf die Erde gebracht worden.

    Die Arbeiten schritten indessen zügig weiter fort, als ob der Auftauprozess schneller vonstatten ging als üblich. Die Mediziner verdeckten ihm die Sicht, aber ein Bildschirm zeigte ihm die Szene aus mehreren Blickwinkeln von oben..

    Roboterarme hievten den reglosen Körper vorsichtig auf eine Untersuchungsliege. Die Assistenten entfernten vorsichtig die Kleidung, bevor ein Scanner von der Decke herunterfuhr und den nun nackten Leib mit einem immer feiner werdenden Netzwerk aus Lichtfäden bedeckte, um mehr über seinen körperlichen Zustand herauszufinden.

    Admiral Marcus schaltete auf eine Kamera um, die Gesicht und Brustbereich des im Tiefschlaf liegenden Mannes zeigten und zog eine Augenbraue hoch. Irgendwie deckten sich die Beschreibungen von Khan Noonien Singhs körperlicher Präsenz nicht wirklich mit seinem wahren Aussehen.

    Glaubte man den Schilderungen der menschlichen Zeitgenossen, die eine Begegnung mit ihm überlebt hatten, so hätte dort eigentlich ein breitschultriger Supermann mit ausgeprägten Muskeln, kantigem Schädel, langen Haaren und brutal wirkenden Gesichtszügen liegen sollen.
    Auch die wenigen verschwommenen oder verblassten Aufnahmen aus dieser Zeit zeigten ihn immer nur in martialischer Kampfkleidung und Körperrüstung, so dass sich daraus bisher nicht auf seinen eigentlichen Körperbau schließen ließ und die Mutmaßungen wilde Kapriolen geschlagen hatten.

    So ruhte nun ein Mann auf der Liege, der ihn mehr an einen Langstreckenläufer erinnerte als einen bulligen Nahkämpfer oder Krieger. Er war zwar recht hochgewachsen aber eher schmalschultrig gebaut. Das Gesicht wirkte schmal und scharf geschnitten zugleich, hohe Wangenknochen zeugten von Adel und die Stirn von Intelligenz.
    Gleichzeitig wirkte er unscheinbar genug, um in der Masse nicht aufzufallen – wenn er es wollte. Seine ethnische Herkunft war nicht zu bestimmen, auch wenn er dem Namen nach aus Nordindien stammen mochte, so wirkte er doch eher wie ein Europäer.
    Er studierte die entspannten Züge des Schlafenden weiter und runzelte die Stirn. Trotz aller markanten Eigenschaften hatte Khan etwas an sich, was ihn überraschend unauffällig wirken ließ. Genau diese – vermutlich geplante - Durchschnittlichkeit machte den Mann so gefährlich.

    Diese Stärke hatte Khan Noonien Singh bereits in der Vergangenheit genutzt. Denn nicht wenige von seinen Gegnern hatten ihn unterschätzt und noch viel öfter übersehen, wenn er alleine oder mit einem kleinen Stoßtrupp hinter ihre Linien vorgestoßen war. Aufgefallen war er erst immer dann, wenn er wesentlich effektiver und skrupelloser zugeschlagen hatte als normale menschliche Agenten fremder Mächte.

    Die Mediziner im Raum überwachten den Auftauprozess, deuteten immer wieder auf die Anzeigen, die außergewöhnlich stabil blieben. Immer wieder fielen aufgeregte, erstaunte Bemerkungen. Er konnte allerdings nur Satzfetzen verstehen: Stimmte etwas nicht mit den Vitalwerten? Brachte sie das durcheinander? Ging ihnen die Regeneration der Zellen vielleicht zu schnell?

    Der Admiral lächelte dünn. Natürlich wussten sie nicht, wenn sie vor sich hatten und Marcus gedachte auch nicht, es ihnen zu sagen.

    Allein der Chefarzt hatte die Information erhalten, dass es sich um einen Mann aus der Vergangenheit handelte, ein Augment, an dem man verbotene genetische Aufwertungen vorgenommen hatte.
    Diese Tatsache würden die medizinischen Untersuchungen ohnehin verraten und konnte nicht verborgen werden. Doch auch er wusste nicht, wenn er wirklich vor sich hatte, kannte nur die schnell aus dem Boden gestampfte Identität, die Marcus ihm vorgelegt hatte: John Harrison.

    Khan – sollte er wirklich wieder zu sich kommen und im dann noch Vollbesitz seiner geistigen Kräfte sein - würde ihm ebenfalls dafür dankbar sein müssen, auch wenn er inzwischen nur mehr eine Fußnote der Geschichte war, weil man in den Lehrplänen der Schulen und Akademien die dunklen Zeiten der Erde im 20. und 21. Jahrhundert gerne verdrängte und sich nicht mehr daran erinnern wollte...
    Im Zusammenspiel mit den anderen Völkern der Galaxis kehrte auch die Menschheit lieber ihre guten Seiten heraus und nicht die Abgründe, die sich in Form von Diktatur und Tyrannei auftun konnten, wenn das Raubtier in ihnen entfesselt wurde.

    Aber es gab – wie die Arbeit von Marla McGivers bewiesen hatte, immer wieder neugierige Studenten, ob nun Zivilisten oder Ensigns, die ihre Nase in die staubigen Archive steckten und alten Namen ihre unheilvolle Bedeutung zurück gaben.

    Dann wurde er plötzlich aus seinen Gedanken gerissen. Ein schriller Alarmton, drang schmerzhaft in seine Ohren.

    Gleich mehrere Anzeigen schlugen Alarm, als die Vitaldaten des Bewusstlosen mit einem Mal sprunghaft in die Höhe schossen, nachdem sie zuvor nur sehr langsam angestiegen waren. Der reglose Körper verkrampfte sich, bäumte sich auf und zuckte unkontrolliert, als Nerven und Muskelbahnen von Impulsen aus dem Gehirn überflutet wurden.

    Zwar konnte der Admiral durch die Scheiben nichts mehr sehen, da die Mediziner sich wie eine Wand um den Liegenden schlossen und alles taten, um die Krämpfe zu lindern, aber auf dem Bildschirm war einen Moment zu sehen, wie sich die Augen öffneten und – erst ziellos, dann immer klarer – die Umgebung wahrnahmen. Obwohl selbst noch schwach und relativ unbeweglich, versuchte er die Arme zu heben und zwei Männer am Kragen zu packen.

    Erst als das hastig in seine Halsvenen injizierte Sedativum Wirkung zeigte, sank er wieder in Bewusstlosigkeit zurück und blieb still liegen, die Assistenten und der Chefarzt starrten den Bewusstlosen schockiert an.

    Auch Alexander Marcus war in diesem Augenblick unwillkürlich einen Schritt zurückgetreten. Der Blick des Erwachenden hatte ihn bis ins Mark erschüttert, und ließ erste Zweifel an seiner Entscheidung aufkommen. Frankensteins Monster war ein Heiliger gegen diesen Mann, der nur Augenblicke nach dem Erwachen gleich instinktiv mit einem Angriff reagiert hatte.

    Raubtiere handelten so, wenn die Jäger sie in die Enge gedrängt hatten – rasend, kampfbereit und entschlossen, alles zu tun, um zu entkommen. Es war zwar nicht klar, wie viel Khan eigentlich von seiner Umgebung mitbekommen hatte, aber die Tatsache, dass er gehandelt hatte, sagte schon sehr viel aus.

    Der Admiral spürte, wie sein Herzschlag sich nur langsam beruhigte. Das mulmige Gefühl in seinem Bauch blieb jedoch bestehen. War er im Begriff, einen schlafenden Tiger zu wecken, der nur darauf lauern würde, seine Beute in einem günstigen Moment zu schlagen?


    - tbc -
    Kolya, der Trust und ein irrer Serienkiller in:Im Grau der Schatten, Double Trouble & In den Händen des Schicksals. Ungekannte Abenteuerer von John Sheppard & Co in "Stargate Atlantis - Die verborgenen Szenen": Aufbruch in eine neue Welt und Das erste Jahr und Die Specials.

    John Sheppards Schicksal im Vegasverse :"Solitary Man" no more

    *Neu:* Kapitel 22 seit Okt 2016: Wenn der schlafende Tiger erwacht (Star Trek Into Darkness Prequel)
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  10. Danke sagten:


  11. #8
    Chief Master Sergeant Avatar von Jolinar
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    Glaubte man den Schilderungen der menschlichen Zeitgenossen, die eine Begegnung mit ihm überlebt hatten, so hätte dort eigentlich ein breitschultriger Supermann mit ausgeprägten Muskeln, kantigem Schädel, langen Haaren und brutal wirkenden Gesichtszügen liegen sollen.
    Die Beschreibung kommt mir sehr bekannt vor

    Das mulmige Gefühl in seinem Bauch blieb jedoch bestehen. War er im Begriff, einen schlafenden Tiger zu wecken, der nur darauf lauern würde, seine Beute in einem günstigen Moment zu schlagen?
    Er hätte auf sein Gefühl hören sollen... aber das wird er bald selber nur zu genau erfahren.

    So, ich bin gespannt, wie der Admiral "John Harrison" dazu bringt, das zu tun, was er tun soll.

  12. Danke sagten:


  13. #9
    Major General Avatar von Kris
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    Vielen Dank für deinen Kommentar Jolinar und ich habe mich auch über die Danke gefreut, Jolinar und Maverick!

    Was die Beschreibung von Khan angeht, so dachte ich mir, ich mische alt und neu munter durcheinander, immerhin hat dieses "andere" Aussehen ja auch eine Schutzfunktion und ist mit entsprechend martialischer Kleidung (Körperpanzerung) durchaus gut machbar. Und irgendwo sollte ja auch noch Ricardo Montalban durchschimmern, auch wenn der gar nicht so bullig aussah als junger Khan. Die beiden haben mehr gemeinsam als man denkt. (Sprich ich habe vor ein paar Tagen noch mal "Space Seed/Der schlafende Tiger" angeschaut).

    Na ja, die beiden schenken sich übrigens nicht. Marcus wird Khan aber auch noch gehörig zusetzen, da sei dir mal sicher. Der kann und wird auch gehörig fies sein, das kann ich dir versprechen.

    Das nächste Kapitel gibt es dann morgen im Laufe des Tages, denke ich.
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  14. #10
    Major General Avatar von Kris
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    So, dann will ich euch nicht länger warten lassen und den Vormittag versüßen. Nun also das nächste Kapitel, in dem zwar nicht so viel, aber doch eine ganze Menge passiert, was richtungsweisend sein könnte.



    Kapitel 3
    Erwachen an einem fremden Ort




    +++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++
    Überwachungsraum, Geheimlabor der Sektion 31, London
    Am nächsten Tag
    +++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++

    Eine Hand legte sich schwer auf seine Schulter. Für einen winzigen Moment reagierte Khan instinktiv abwehrend, doch dann brachte er seine Muskeln unter Kontrolle, kannte er die Geste doch nur zu gut. Sie stammte von dem einzigen normalen Menschen, den der Fünfzehnjährige respektierte, seinem Sensei.

    „So soll es sein. Denn in hundert Schlachten hundert Siege zu erringen ist nicht der Inbegriff des Könnens. Der Inbegriff des Könnens ist, den Feind ohne Gefecht zu unterwerfen“, zitierte der alte Mann voller Stolz. „Du hast in der Tat die Lehren Sun Tzus verinnerlicht und heute bewiesen, dass du sie verstehst. Das wird dich eines nicht all zu fernen Tages zu einem Meister der Kriegskunst machen.“

    Khan lächelte nicht, sondern nickte nur ergeben, wie es einem Schüler zustand. Stolz fühlte er nicht, denn sein Handeln war nur eine Kombination aus Beobachtung, logischen Schlussfolgerungen und blitzartigen Vorstößen gewesen.

    Die Schwächen seines Gegners zu erkennen, das fiel ihm schon jetzt leicht, nur manchmal erreichte er seine Grenzen, was Stärke, Ausdauer und wissen betraf. Aber das würde sich auch bald ändern. Dazu gehörte nur ein wenig Ehrgeiz, Fleiß und vor allem Geduld.
    Genauso wie das Gespür das Richtige zum passenden Zeitpunkt zu tun, auch wenn die Lage aussichtslos schien...



    Tatsächlich gehörte es zu seinen ausgeprägtesten Fähigkeiten, sich schnell der Situation anpassen und neue Wege einschlagen können. Khan Noonien Singh hatte sich niemals auf bereits errungenen Erfolgen ausgeruht wie andere, sondern diese immer nur als eine Stufe auf dem Weg zum Gipfel angesehen.

    Genau das half seinem Geist jetzt die Eindrücke zu verdauen, die er während seines kurzfristigen Erwachens wahrgenommen hatte. Er verfluchte seine Impulsivität und gleichzeitige Schwäche, die ihn relativ wehrlos gemacht und wieder zurück in bleierne Dunkelheit geworfen hatte.

    Ein Teil seines Verstandes wehrte sich noch immer gegen das Sedativum, das in seinen Blutbahnen kursierte. Ein Winkel seines Geistes analysierte derweil die Situation, um beim nächsten Erwachen bereit zu sein.

    Ein Labor, Technik, die vertraut wirkte, es aber dennoch nicht war, weil fortschrittlicher konzipiert. Dann eine Gruppe von humanoiden Gestalten, die sich um seinen Körper kümmerten. Unter ihnen nicht nur Menschen, dessen war er sich sicher, auch wenn er nicht sagen konnte, warum dem so war.

    Das warf zudem die Frage auf, wo er sich aufhielt: War er zurück auf der Erde? Oder auf einem anderen Planeten auf dem es mittlerweile auch Bewohner des Planeten Erde gab? Und vor allem beschäftigte ihn eines: Wie viel Zeit war vergangen, seit er die anderen und sich selbst in den Tiefschlaf versetzt hatte?

    Doch noch blieb ihm nichts anderes übrig, als zu warten und Geduld zu haben, denn noch war er ein Gefangener seines Körpers, abgeschnitten von seinen Sinnen. Er vermochte weder zu tasten, schmecken, sehen oder hören.

    Nein, das stimmte nicht ganz.

    Erste Wahrnehmungen drangen sein Bewusstsein. Die Wand, die das Sedativum zwischen der physischen Wirklichkeit und seinem Geist errichtet hatte, begann aufzuweichen, so als ob es langsam seine Kraft verlieren würde.

    Etwas Weiches schloss sich um Hand und Fußgelenke. Das Rauschen des Blutes in seinen Ohren wich langsam einem Pochen, dem regelmäßigen energetische Pulsieren einer Maschine in seiner unmittelbaren Nähe. Leises Klicken und Rattern, wenn sich die Mechanik in ihr bewegte und etwas ein- oder ausfuhr, drehte und bewegte.

    Dann Stimmen, deren Klang er wahrnahm, die Bedeutung ihrer Worte aber noch nicht verstand. Diese verschwanden jedoch genau so schnell wie sie gekommen waren.

    Als nächstes berührte ein feiner Luftstrom sein Gesicht. Er war angenehm warm. Die Gerüche, die er mit sich trug waren zunächst nicht zu deuten, wenn man einmal von einem Duftstoff absah, der den frischen Wind über einer Sommerwiese simulieren sollte.

    Und schließlich erreichte warmes, wenn auch gedämpftes Licht seinen letzten noch nicht wiedererwachten Sinn. Khan öffnete langsam seine Augen. Über sich sah er, wenn sie nicht gerade von den ausfahrbaren Teilen einer Maschine überdeckt wurden, eine weiße Zimmerdecke.

    Er brauchte nicht lange zu rätseln an was für einen Ort er sich befand.

    Schließlich hatte er gerade in seiner Kindheit und Jugend viele Tage in einem Zimmer wie diesem und noch schlimmeren Laboren verbracht - mit kalten unpersönlichen Fliesen gekachelt, die man leicht abwaschen konnte und Gerätschaften vollgestopft, die einen Menschen bis ins kleinste zerlegten.
    Es mochte Unterschiede geben – aber ob die Wände nun von Keramik, Metall und Emaille bedeckt waren oder aus absorbierendem Kunststoff bestanden, war unwichtig.

    Es zählte nur der Zweck, und der war eindeutig.

    Eine leichte Bewegung des Kopfes nach rechts und links bestätigte seine Annahme, genau so wie die Tatsache, dass er sich kaum bewegen konnte, weil man ihn an die Liege gefesselt hatte. Bänder um Hand und Fußgelenke, Hüfte und Brust verdammten ihn zur Reglosigkeit. Ihre Umklammerung war nicht unangenehm aber fest genug, um auch ihm widerstehen zu können... vielleicht...

    Für einen Moment erwog Khan, gegen sie anzukämpfen, dann aber entspannte er sich wieder. Noch war die Benommenheit und Schwäche seines Körpers zu stark, um die Bemühungen mit Erfolg zu krönen.
    Zudem wollte er erst einmal Informationen sammeln ohne von sich selbst zuviel preiszugeben. Sie würden durch ihre Untersuchungen ohnehin schon genug über seine Physiognomie herausgefunden haben, um zu wissen, dass sein Körperbau dem eines normalen Menschen überlegen war. Also musste er ihnen nicht auch noch offen zeigen, zu was er auch in diesem geschwächten Zustand fähig war.

    Also holte er tief Luft und versenkte sich ganz in entspannende Atemübungen, die seinen Geist klärten und vom Schlaf fernhielten. Letzteres hatte er lang genug getan.



    +++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++
    Appartement von Admiral Marcus, San Francisco
    Weit nach Mitternacht
    +++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++

    „Ja, verdammt?“, knurrte Admiral Marcus unwirsch in den Kommunikator. Erst danach rieb er sich den Schlaf aus den Augen. „Was ist?“, fügte er dann ebenso verärgert hinzu. „Wer sind sie überhaupt?“

    „Doktor Averell, Sir, der diensthabende Arzt im Nachtdienst der Station in London. Entschuldigen Sie die späte Störung, aber ich habe die Anweisung erhalten, Sie umgehend zu informieren, wenn Patient Harrison zu sich gekommen ist.“

    Nach diesen Worten war die Müdigkeit wie weggewischt. Adrenalin schoss in die Blutbahnen des älteren Mannes und ließ sein Herz schneller schlagen. „Wie ist sein Zustand?“

    „Klar und bei vollem Bewusstsein, Sir. Er hat sich von der Auftauprozedur unglaublich schnell erholt, so dass wir das künstliche Koma vor drei Stunden aufheben konnten. Normalerweise wäre nicht mit einem Erwachen vor Morgengrauen zu rechnen gewesen, aber dieser Mann bricht alle Rekorde. Au-“

    „Ihr Chef hat angedeutet, dass so etwas passieren könnte. Nun, er hat wohl recht gehabt“, unterbrach Marcus den Arzt mit einer abschätzigen Bemerkung und sah seinem Gegenüber scharf in die Augen, ehe er weitersprach: „Dennoch danke ich für Ihre Information. Ich werde so schnell wie möglich zu ihnen nach London kommen. Rechnen sie in gut drei Stunden mit mir. So lange halten Sie sich weiter die bereits vorliegenden Anweisungen. Vermeiden Sie zudem unnötigen Kontakt mit Harrison und vor allem sprechen sie nicht mit dem Mann, bis ich ihnen die Erlaubnis gebe.“

    „Gut, Sir, ich erwarte Sie“, entgegnete der Mann mit einem Stirnrunzeln, hinterfragte die Befehle aber nicht.

    Alexander Marcus legte den Kommunikator beiseite und stand auf, schlüpfte in die Kombination, die er zuletzt getragen hatte und entschied sich dann für eine Jacke ohne Rangabzeichen.

    Dabei dachte er immer wieder an die bevorstehende Begegnung. Er konnte nicht leugnen, dass er gespannt war.

    Sein Blick fiel auf das Datenpad mit allen Informationen über Khan Noonien Singh, auch dennen, die Marla McGivers in den letzten Tagen in London zusammengetragen hatte. Dabei hatte es sich nicht wirklich angenehme Bettlektüre gehandelt, drehte sich doch alles um Krieg und Gewalt, Blut und Tod.

    Dieser Bastard hatte wirklich alle Register gezogen und dabei keine Skrupel gezeigt, den Aufstand gut organisiert. Die Augments, die sich ihm angeschlossen hatten, hatten zuerst Massaker in den abgeschiedenen Stützpunkten angerichtet, in denen sie herangezüchtet worden waren und festgehalten wurden, wenn sie nicht gerade Aufträge für ihre Erschaffer zu erfüllen hatten.
    Danach waren sie wie ein Heuschreckenschwarm über Mittelasien hergefallen und hatten in wenigen Monaten Reiche geschaffen, das die bisherigen Weltmächte und ihre Bündnisse oder Feindschaften bis ins Mark erschüttert hatte.

    Und wieder hielt allen voran Khan die Regierungen der Erde in Schach– skrupellos, effektiv und ohne Rücksicht auf Verluste hatte er sich ein Imperium aufgebaut, immer wieder aggressive Vorstöße gewagt. Seine terroristischen Akte wie in New York und Moskau hatten nur dazu gedient, um seine Gegner in Atem zu halten und Zweifel zwischen den Alliierten zu sähen, Schachzüge, die eine ganze Weile aufgegangen waren.

    Zudem hatte er, anders als viele seiner Art, darauf gesetzt, einfache Menschen mit reiner Überzeugungskraft auf seine Seite zu bringen und ihnen das Gefühl zu geben, er würde für Stabilität, Wohlstand und Frieden sorgen, wenn sie seinen Regeln folgten.
    Trotz aller Arroganz gegenüber den Normalsterblichen, hatte er genug Anhänger unter diesen gewonnen, um seine Diktatur zu stabilisieren – eine Tatsache, die letztendlich dafür gesorgt hatte, dass seine Tyrannei als letzte gefallen war, und das auch nur, weil die anderen Weltmächte mit schierer Übermacht in das Land eingedrungen. Und selbst in dieser letzten Schlacht der eugenischen Kriege war er seinen Feinden immer noch einen Schritt voraus gewesen, denn in die Hände bekommen hatten sie ihn damals nicht.

    Alexander Marcus holte tief Luft, denn er spürte, wie seine Anspannung wuchs. Die erweiterten Aufzeichnungen der jungen Historikern dienten als gute Vorbereitung für das kommende Gespräch mit diesem Mann, der einmal die Weltmächte so sehr beschäftigt hatte, dass die Verantwortlichen einstimmig beschlossen hatten, ihn lieber sofort liquidieren zu lassen als in einem Schauprozess aburteilen zu wollen. Es war also ein Spiel mit dem Feuer, auf dass er sich einließ.

    Aber... Er ließ die Luft zischend aus seinen Lungen entweichen und nickte, als wolle er sich selbst bestätigen. Das würde diesmal nicht passieren.

    Der letzte Bericht aus London hatte ihm einen entscheidenden Hinweis gegeben, wie er Khan Noonien Singh unter Kontrolle bekommen und halten konnte. Diese Trumpfkarte würde er beizeiten auszuspielen wissen.

    Der Admiral nahm das Datenpad an sich. Der Flug nach London würde zwar nicht allzu lange dauern, aber genug Zeit geben, sich gerade diese Informationen noch einmal genauer anzusehen und seine Strategie festzulegen.

    - tbc -




    *** Augment =: Als Augments (to augment englisch für „erweitern“) wird eine Gruppe genetisch verbesserter Menschen bezeichnet, die im 20. Jahrhundert durch Genexperimente künstlich verbessert worden sind. Umgangssprachlich nennt man sie auch Übermensch. (Quelle: Memory Alpha Wiki (deutsch))
    Geändert von Kris (04.06.2013 um 08:58 Uhr)
    Kolya, der Trust und ein irrer Serienkiller in:Im Grau der Schatten, Double Trouble & In den Händen des Schicksals. Ungekannte Abenteuerer von John Sheppard & Co in "Stargate Atlantis - Die verborgenen Szenen": Aufbruch in eine neue Welt und Das erste Jahr und Die Specials.

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  15. Danke sagten:


  16. #11
    Chief Master Sergeant Avatar von Jolinar
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    Zitat Zitat von Kris
    Der letzte Bericht aus London hatte ihm einen entscheidenden Hinweis gegeben, wie er Khan Noonien Singh unter Kontrolle bekommen und halten konnte. Diese Trumpfkarte würde er beizeiten auszuspielen wissen.

    Der Admiral nahm das Datenpad an sich. Der Flug nach London würde zwar nicht allzu lange dauern, aber genug Zeit geben, sich gerade diese Informationen noch einmal genauer anzusehen und seine Strategie festzulegen.
    Jaja, das haben auch die Schöpfer von Khan geglaubt, daß sie ihn unter Kontrolle hatten. Warum glaubt der Admiral, daß seine Trumphkarte ihn vor Kontrollverlust schützt?
    Man könnte sagen, auch er umgibt sich mit einem Hauch von Arroganz

  17. #12
    Maverick™
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    Mich erinnert das ein wenig an die Voyager-Folge "Dragon's Teeth". Man denkt man sei stets in der Übermacht, weiß eigentlich genau wen man vor sich hat, und unterschätzt es trotzdem Katastrophal. Aber diese Eigenschaft zieht sich durch die Menschheit über mehrere Jahrhunderte hinweg bereits.

  18. #13
    Major General Avatar von Kris
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    Vielen Dank für eure lieben Kommentare und die Danke! Ich freue mich, dass ihr beiden die Geschichte gespannt weiter verfolgt und auch euren Spaß daran habt. Ich hoffe, das geht auch euch stillen Mitlesern so!

    @ Jolinar: Sagen wir so, die Trumpfkarte, die Marcus ausspielen wird, ist Khans Schwäche, aber auch er hat seine Schwächen. Beide sind ja Menschen, auch wenn der eine genetisch verbessert wurde. Die Arroganz von Marcus sieht man ja auch im Film oft genug, als er seine Maske hat fallen lassen. Aber du wirst sehen, wie das noch weiter gehen wird.

    @ Maverick™: Ja, das ist es wohl - Menschen unterschätzen gerne ihre Gegner, vor allem wenn diese erst mal klein beigeben. Ich hoffe, ich bringe das auch in den kommenden Kapiteln gut rüber.

    Das nächste Kapitel werde ich gleich im Anschluss posten, weil ich selbst gespannt bin, wie ihr darauf reagieren werdet. Es ist derzeit mein Lieblingskapitel, weil ich ziemlichen Spaß beim Schreiben an dem ersten Schlagabtausch zwischen Khan und Marcus habe und auch eine ganze Weile an den Dialogen feilte.





    Kapitel 4
    Der Beginn eines dunklen Spiels



    +++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++
    Überwachungslabor, Geheimlabor der Sektion 31, London
    Drei Stunden später
    +++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++


    Es bedurfte nicht der Intelligenz eines Übermenschen, um zu erkennen, dass man in dieser Einrichtung offensichtlich ahnte, wer oder was er war. So zurückhaltend und vorsichtig wie man sich ihm gegenüber verhielt, war nicht zu übersehen, dass die Menschen ihn bewusst im Unklaren halten wollten.

    Jedenfalls antwortete weder jemand auf seine Fragen, wo er war, und welche Zeit man schrieb, noch reagierten die Personen, die ihn betreuten auf Bitten, die über einen Schluck Wasser oder Ähnlichem hinaus ging. Und selbst dieser wurde ihm nicht von einem lebenden Wesen gereicht, sondern einer Maschine.

    Hatten sie so viel Angst vor ihm? Oder waren sie hier von Natur aus misstrauisch und blieben einfach erst einmal vorsichtig? Nun – er würde es sicher bald heraus finden.

    Immerhin hatte man ihm inzwischen die Fesseln um Hüfte und Oberkörper gelöst. Die Metallbänder hatten sich ausgehakt und zusammengeklappt waren automatisch in die Liege unter ihm zurückgefahren, als man das obere Teil des Bettes ein Stück angehoben hatte, damit sein Kopf höher lag.

    Die Bewegungsfreiheit von Armen und Beinen war dadurch zwar erweitert worden, aber für ihn immer noch nicht befriedigend. Zudem passten sich die Schellen um seine Handgelenke jeder Bewegung an, reagierten auf die Muskeln und verhinderten so, dass er die Fesseln einfach sprengen konnte.

    Gefangen in einer Stellung zwischen Liegen und Sitzen betrachtete er immer wieder sein Gefängnis und studierte jedes Detail.

    Der Raum war fensterlos, die Tür verschmolz mit der Wand, wenn sie nicht gerade geöffnet war. Es gab keine direkten Lichtquellen, wohl aber verrieten ihm feinste Geräusche, dass sich alles hinter den Wand- und Deckenplatten befinden mussten, inklusive Beobachtungskameras und Mikrophone – wie auch immer diese heute aussehen mochten.

    Die Maschinen selbst waren Teil der Liege und dienten offensichtlich medizinischen Zwecken. Man überwachte seine physischen Funktionen, vermutlich auch seine Gehirnaktivität. Jegliche Beschriftung fehlte, die Monitore waren von ihm abgewandt, so dass er sich schon wer weiß wie hätte verrenken müssen, um überhaupt einen Blick auf die Bildschirme zu erhaschen.

    Also mahnte er sich zur Geduld und atmete ruhig weiter, um die Anspannung zu mindern. Er war nicht dazu bereit, sich auch nur eine Blöße zu geben, nur um Informationen zu bekommen, die ihm später sowieso zufallen würden.

    All diese Vorsichtsmaßnahmen und die Körpersprache der Personen, die nach ihm gesehen hatten, verrieten ihm schon genug. Mittlerweile war er sich ziemlich sicher, dass er sich in der Hand von Menschen befand – Normalsterblichen, verbesserte er sich. Vielleicht hatten sie ihn sogar zurück auf der Erde gebracht. Aber das konnte er nicht Bestimmtheit sagen, fehlten ihm doch die entsprechenden Vergleichswerte. Er konnte nur vermuten, wo er war und wie viel Zeit vergangen war – vermutlich weit mehr als einhundert Jahre, vielleicht sogar an die zweihundert.

    Ein mittlerweile vertrautes Zischen erklang und brachte ihn dazu, unwillkürlich den Kopf zu drehen. Die Tür öffnete sich und gab den Blick auf eine Person frei. Diesmal trat jedoch keiner der ihm schon bekannten Weißkittel ein, sondern ein älterer Mann.
    Seine Kleidung in Weiß und Grau war militärisch schlicht gehalten. Bis auf ein Symbol auf seiner Jacke gab es keine weiteren Zeichen, die auf Rang, Herkunft oder Nation hindeuteten. Aber die Haltung strahlte selbstsichere Autorität aus. Nein, dies war kein einfacher Beamter oder Mediziner, sondern ein Mann von hohem militärischen Rang.

    Ihre Blicke trafen aufeinander, ehe überhaupt die ersten Worte fielen.

    Wille maß sich mit Wille, keiner war bereit, dem anderen zu weichen. Sie sondierten einander, überprüften ihre Entschlossenheit und Kraft, dem anderen zu trotzen und nicht nachzugeben.

    Ja, der Mann war stark, sehr stark. Aber es handelte sich auch bei ihm nur um einen ganz normalen Menschen, stellte Khan fest, als er seinen Blick verstärkte und das Raubtier in sich entfesselte.
    Für einen Moment flackerten die Augen des Älteren erst unsicher, dann wütend aber er hatte sich gut in der Gewalt, überspielte er diesen Augenblick doch schnell ohne weiterhin etwas zu sagen oder seine restliche Körperhaltung zu verändern.

    Khans Augenbraue zuckte nach oben.

    ‚Glaube ja nicht, dass du mich damit lange beeindrucken kannst. Ich weiß genau, wer du bist’, schien sein Gegenüber damit sagen zu wollen. Jetzt entspannte sich der Unbekannte sogar und ließ ein feines Lächeln um seine Lippen spielen.

    Khan erwiderte diese Geste und machte seinerseits keinen Hehl daraus, wessen er sich sicher war: Hier stand der Mann, der alle Fäden in den Händen hielt – oder zumindest glaubte, das zu tun. Aus diesem Grund wartete er einfach ab und überließ seinem Gegenüber den Eröffnungszug.

    „Guten Tag Mister Harrison. John Harrison, nicht wahr? Wie ich sehe, haben Sie sich gut von Ihrem langen Schlaf erholt“, sagte der Unbekannte nach weiteren Sekunden des Schweigens ruhig und schien es sichtlich zu genießen, dass er den Augment damit für einen Moment irritieren konnte. „Ich bin hier, um über Ihr Schicksal zu entscheiden. Deshalb möchte ich einen persönlichen Eindruck von ihnen gewinnen.“

    „Nun wenn dem so ist, mit wem habe ich dann eigentlich die Ehre?“, erwiderte Khan, ohne mit der Wimper zu zucken. „Ich würde es bedauern, weiterhin unwissend zu bleiben, auch was Zeit und Ort meines Aufenthalts betrifft.“
    Wenn der andere spielen wollte, dann konnte er das ebenfalls. Er verfolgte aufmerksam die Bewegungen des älteren Mannes, um aus ihnen zu lesen und dessen nächsten Zug vorauszuahnen. Aber auch dieser schien genau zu wissen, auf welche Weise er pokern musste.

    Der Unbekannte spielte jetzt scheinbar nervös mit einem Gegenstand in seiner Jackentasche, aber er war alles andere als das, wie der Tonfall seiner Stimme verriet.. „Ich bin Admiral Marcus von der Sternenflotte, Leiter der Sektion 31. Was den Rest betrifft: Sie befinden sich auf der Erde und wir schreiben das Jahr 2258.“
    Während er sprach, enthüllte er, abseits der Blickwinkel der Kameras und damit offensichtlich nur ihm, um was es sich für ein Gerät handelte. Als nächstes drückte er einen Knopf. Ein kleines Licht begann in dem ringförmigen Artefakt zu blinken, das letzte was Khan sah, bevor es wieder in der Jackentasche verschwand.

    Offensichtlich war dieser Admiral von etwas, was ihm nicht viel sagte ein Mann, der nichts von langen Wortgefechten hielt, sondern lieber gleich zur Sache kam. Eine Qualität, die er an seinen Gegnern immer geschätzt hatte – boten sie doch eine interessante Herausforderung – von Krieger zu Krieger.

    „Nun, ich denke, jetzt können wir ungestört miteinander sprechen und Klartext miteinander reden. Wir sind beide keine Diplomaten, keine Männer der Worte, sondern der Taten, nicht wahr - Mister Khan Noonien Singh?“, erklärte der Admiral mit einem undurchschaubaren Lächeln.

    Khan neigte zur Bestätigung leicht den Kopf. Ja, da hatte sich jemand gründlich vorbereitet. Eine verbale Antwort ersparte er sich. Wozu? Sie war unnötig.

    Marcus musterte den Liegenden genau, ehe er weiter sprach. „Die „U.S.S. Reliant“ entdeckte Ihr Schiff vor gut einer Woche. Sie trieb führungslos im All, wenn auch immerhin in der Nähe eines besiedelbaren Sonnensystems. Ich ließ die „Botany Bay“ nach der ersten Untersuchung bergen und zurück zur Erde bringen.“
    Er hielt inne.
    „Allerdings habe ich nur Sie aufwecken lassen, Mr. Singh. Sie verstehen sicherlich den Grund dafür. Ihresgleichen und nicht zuletzt Sie haben zu Ihrer Zeit eine Menge Staub aufgewirbelt und ein Trümmerfeld auf einem Drittel der Erde hinterlassen. Ich denke, eine Wiederholung dieser traurigen Geschichte ist nicht nötig“, erklärte er nüchtern.

    „Dann befinde ich mich also wieder auf dem Planeten, den ich eigentlich weit hinter mir lassen wollte – zum Wohl aller!“

    Khan verbarg sich hinter einer ausdruckslosen Miene, aber er wusste, was das bedeutete, konnte sich eins und eins zusammenrechnen. In seinem Inneren tobte derweil ein Sturm widersprüchlicher Gefühle. Emotionen, denen auch er sich nicht entziehen konnte: Sorge um seine Gefährten, deren Aufenthaltsort er nicht kannte, Wut über die Situation, in die er geraten war und auf den Mann, der gerade einen Trumpf gegen ihn ausspielte, gepaart mit einem Zustand der Hilflosigkeit, der ihn rasend machte.

    Dieser Mann hatte sein Schiff, seine Crew in der Hand und ließ von Anfang an keinen Zweifel daran, dass er genau diese Tatsache als Druckmittel gegen ihn verwenden würde. Die kalten Augen des Älteren verrieten deutlich, wie sehr er es genoss, diese Karten mit dem Wissen auszuspielen, dass seinem Gegner gar nichts anderes blieb, als ihm zu folgen...

    „Darf ich erfahren, was dann mit meinen Leuten geschehen ist und weiter geschehen wird?“, fragte Khan tonlos und mit eiserner Selbstbeherrschung.

    „Natürlich“, erklärte der Admiral mit einem hintergründigen Blick, als könne er hinter die Fassade sehen und wüsste, genau, was gerade in seinem Gegenüber ablief. „Ich bin schließlich kein Unmensch.“
    Das letzte Wort ließ er sich genüsslich auf der Zunge zergehen, ehe er langsam und deutlich weitersprach: „Von Ihrer Besatzung leben noch zweiundsiebzig Personen. Bei der Bergung der „Botany Bay“ stellte sich leider heraus, dass elf Kryoröhren irgendwann auf der langen Reise ausgefallen und ihre Bewohner verstorben waren. Die genauen Gründe dafür untersuchen wir noch. Die funktionstüchtigen Kapseln befinden sich nun im Gewahrsam der Sektion 31. Es geht Ihren Kameraden also den Umständen entsprechend gut... Im Moment jedenfalls.“

    Jetzt war es ausgesprochen.. Der Admiral hatte damit einen Zug gemacht, der jegliches Ausweichen unmöglich zu machen schien.

    Khan Noonien Singh zwang sich mit übermenschlicher dazu, weiterhin keine Regung zu zeigen, so schwer es ihm auch fiel, die Kontrolle über seine Gefühle zu bewahren.. Das Raubtier in ihm begehrte auf, wollte Blut sehen, wollte über den anderen herfallen und ihm seinen Hass ins Gesicht brüllen und seiner Wut freien Lauf lassen.

    Aber genau das tat er jetzt nicht, kamen doch alte, bittere Erinnerungen an eine ähnliche Situation in ihm hoch. Damals hatte er im entscheidenden Zug gepatzt und eine seiner wenigen Schwächen offenbart – jetzt würde er sich nicht mehr in ein aussichtsloses Schachmatt manövrieren lassen.

    Niemals wieder! Das hatte er sich damals geschworen, das schwor er sich jetzt erneut.

    Die kochende Wut in seinem Inneren schwächte sich ab, verwandelte sich in eiskalten Zorn, den er in seinem Herzen bewahren und zur richtigen Zeit ausbrechen lassen würde. So lange musste er die Demütigung schlucken, von einem schwachen „Normalsterblichen“ überlistet worden zu sein. Aber das würde er diesem Admiral eines Tages heimzahlen.

    So entschied er sich für eine direkte, nüchterne Antwort. „Was kann ich also tun, um das Wohlergehen meiner Crew zu gewährleisten?“

    „Ich sehe, wir verstehen uns. Sie werden ihrem Ruf gerecht, ein kühler Taktiker zu sein und genau zu wissen, wann Sie passen müssen. Die Aussagen über ihre Intelligenz und Anpassungsfähigkeit in schwierigen Situationen sind tatsächlich nicht übertrieben“, bemerkte der Admiral anerkennend. Ein böses Lächeln umspielte seine Lippen. „Aber dennoch sind auch Sie kein perfekter Mensch, wie ich weiß. Immerhin ist die Leidenschaft, Ihresgleichen beschützen zu wollen schon einmal zu Ihrem Verhängnis. Ich denke Sie erinnern sich noch gut an das, was den Sturz eines Diktators einleitete, der bereits ein Viertel der Erde sein eigen nannte?“

    Khan schloss für einen Moment die Augen öffnete sie aber gleich wieder. Den Anfang vom Ende seiner Herrschaft würde er niemals vergessen. Trotzdem war er nicht bereit, diesem Normalsterblichen gegenüber zu zeigen, dass dieser gerade in einer immer noch schwärenden Wunde bohrte.

    Dann holte er tief Luft und entgegnete gelassen: „Und wenn dem so wäre? Glauben Sie wirklich, ich begehe den Fehler noch einmal?“

    „Ich bin mir sicher, dass Sie das tun würden, denn Sie sollten wissen, dass es meinen Leuten ein Leichtes ist, dafür zu sorgen, die Lebenserhaltungssysteme der kryogenen Kapseln nach und nach ausfallen zu lassen.“, erklärte der ältere Mann mit kalter Berechnung.
    „Denken Sie daran, es sind gut dreihundert Jahre vergangen, und die gehen auch an ihrem Schiff und seinem Inhalt nicht spurlos vorüber, wie sich schon gezeigt hat. Sie wissen doch, so alte Systeme sind überaus anfällig, und gerade heute nur noch wenigen Technikern vertraut. Fehler passieren da leicht..“
    Doch das war noch nicht alles, was er ihm zu sagen hatte.
    “Irgendwann wären Sie alleine, wenn sie nicht mitspielen, Mr. Singh. Der Letzte ihrer – wie heißt es in den alten Aufzeichnungen so poetisch? - erhabenen Art. Das Blut der Männer und Frauen, die sich Ihnen vor so langer Zeit bedingungslos anvertraut haben, würde für den Rest Ihres Lebens an ihren Händen kleben. Würden Sie mit diesem Wissen weiterexistieren wollen?“ Genüsslich fügte er hinzu: „Ich würde es Ihnen jedenfalls nicht einfach machen, sich dieser seelischen Qual schnell und schmerzlos zu entziehen oder gar Rache nehmen zu wollen.“

    Für einen Moment war es so still im Raum, das man eine Stecknadel hätte fallen hören können.

    „Deshalb glaube ich, dass Sie mein Angebot annehmen werden. Das ist die einzige Möglichkeit, die Ihnen bleibt. Die einzige Chance, Ihre Gefährten eines Tages unter besseren Umständen wiederzusehen.“

    Khan presste die Lippen aufeinander und kämpfte mit einer weiteren Welle aus Wut und Hass, mit dem animalischen Teil seiner Selbst, der gegen diese Herausforderung aufbegehrte und nur noch Blut und Schmerz in den Zügen seines Gegenüber sehen, die Knochen des Anderen unter seinen Händen bersten spüren wollte.

    Er ballte die Hände zu Fäusten. Wenn doch nur...

    Einige Herzschläge später hatte er sich wieder unter Kontrolle und beugte sich seinem Schicksal, das er hier und jetzt nicht ändern konnte. „Also gut – dann frage ich noch einmal: Was erwarten Sie von mir als Gegenleistung für das Leben meiner Crew?“, stieß er knurrend hervor.

    Eine kalte Ruhe erfasste ihn nun, als seine Instinkte, die Wut umkehrten und erneut dorthin verbannten, wo sie nützlicher waren. Er klammerte sich an die Gewissheit, dass er diesen Mann eines Tages die Schmach büßen lassen würde, die er ihm jetzt gerade zufügte hatte.

    Der Admiral sah ihn mit unergründlichem Blick an. „Ich brauche Ihren Intellekt, Ihr Wissen und Ihre Vielseitigkeit, Mister Singh. Nicht zu vergessen Ihre Brutalität und ihren Kampfesgeist!
    Denn auch wenn wir Menschen mittlerweile das All erobert und Freundschaft mit vielen Rassen geschlossen haben, so lauern dort draußen doch Gefahren, die wir nicht einschätzen können. Und es gibt Völker in unserer Nähe, die zwar das All erobert haben, aber sich ansonsten nicht besonders weiterentwickelten.
    Mit ihnen werden wir wohl niemals in friedlicher Koexistenz leben. Gerade deshalb ist es mehr als notwendig, der Barbarei aus diesen Teilen des Weltalls etwas entgegen zu setzen, um unsere hochstehende Zivilisation zu schützen. Doch das hat natürlich auch seinen Preis Leider verstehen das nur wenige. Sie, Mr. Singh tun es, das weiß ich!“
    Khan bemerkte die leidenschaftliche Wut in der Stimme seines Gegenübers. „Die Schwäche nur an das Gute in den Wesen zu glauben, denen wir begegnen, die daraus resultierende Blauäugigkeit viele Angehöriger der Sternenflotte, alle mit offenen Armen zu empfangen, hat schon einen Planeten seine Existenz gekostet. Erst vor ein paar Monaten war die Erde einem Angriff ausgesetzt, den sie fast nicht überlebt hätte, nur weil wir unseren Gegner unterschätzt haben.“

    Er hielt inne und hob seine Faust und verlieh damit den nun folgenden Worten Nachdruck: „Das darf nicht noch einmal geschehen.. Ich werde das nicht zulassen.“
    Im nächsten Moment trat er einen Schritt näher und beugte sich ein Stück zu Khan hinunter. „Deshalb brauche ich Sie.“ Seine Stimme klang fast beschwörend: Wer könnte mich besser dabei unterstützen als ein Mann, der für den Krieg geschaffen wurde. Der schon einmal bewiesen hat, wie gut er überleben und mit welchen Mitteln er kämpfen kann.“

    Die beiden starrten sich an. In einem waren sie nun quitt. Auch der Admiral hatte nun seine Schwäche offenbart, die seiner noch nicht einmal so unähnlich war.

    „Daher also die Verschleierung meines wahren Namens? Nur, weil Sie ihre Feinde und vielleicht auch Freunde nicht auf ihren neuen Schachzug aufmerksam machen wollen?“ fragte Khan lauernd, signalisierte dem Admiral aber auch, wie gut er verstanden hatte. „Weil Sie das hinter dem Rücken aller anderen Verantwortlichen durchziehen, weil man es Ihnen sonst nich erlauben würde?“

    Marcus zuckte zusammen, schüttelte dann aber den Kopf und straffte wieder seinen Rücken. „Ich muss Sie leider enttäuschen, Mister Khan, denn so berühmt und berüchtigt oder gar gefürchtet sind sie schon lange nicht mehr. Durch die wenigen Geschichtsaufzeichnungen, die die dunklen Zeiten nach den Eugenischen Kriegen überstanden haben, wie wir Ihre Epoche heute nennen, ist Ihr damaliger Ruhm verblasst.
    Sie sind nur eine Fußnote der Geschichte – einer der unzähligen kleinen Tyrannen, die unsere unrühmliche Vergangenheit vor zwei- bis dreihundert Jahren geprägt haben und irgendwann von der Landkarte gefegt wurden“, entgegnete der Admiral – wieder mit herablassendem Ton in der Stimme, um von seiner vorherigen Entgleisung abzulenken.
    „Aber ich muss gestehen, es gibt durchaus noch den ein oder anderen, dem der Name Khan Noonien Singh bekannt vorkommt und ihn oder sie auf dumme Gedanken bringen könnte, einmal genauer nachschlagen zu wollen. John Harrison dagegen ist ein unbeschriebenes Blatt, eine Existenz, mit der auch Sie selbst den Ballast Ihrer eigenen Vergangenheit abschütteln können, wenn sie wollen.“

    „Also gut.“ Khan zog eine Augenbraue hoch. „Ich werde Sie, mit meinem Wissen und meinen Fähigkeiten unterstützen, wenn Sie mir im Gegenzug dafür garantieren, dass meine Besatzung am Leben bleibt und wie ich aufgeweckt wird“, gab er dem Admiral endlich die Bestätigung, die dieser die ganze Zeit hören wollte.

    „Alles zu seiner Zeit, Mister Khan. Ich freue mich, dass wir unsere Angelegenheit so problemlos klären konnten“, der Ältere lächelte. „Ich versichere Ihnen, dass wir uns gut um die kryogenen Kapseln kümmern werden und Ihren Gefährten kein Leid geschieht, so lange Sie sich an die Regeln unserer Vereinbarung halten, die wir noch im Detail aushandeln werden.“
    Er neigte den Kopf und schaltete das Gerät in seiner Jackentasche aus.
    „Das ist meine Seite des Deals, Mister Harrison. Verstehen Sie jedoch, dass ich ihnen jetzt nicht die Hand geben kann, um den Handel auf althergebrachte Art und Weise zu beschließen.“

    „Natürlich verstehe ich das“, konterte Khan katzenfreundlich. „Das ist vielleicht auch besser so, denn ich befürchte, dass ich Ihnen dabei versehentlich die Handknochen gebrochen hätte, weil ich meine Kraft noch nicht ganz so kontrollieren kann, wie ich möchte. Das liegt wohl an den Nachwirkungen der Kryostase.“

    Es stellte ihn zufrieden, dass der Admiral zusammenzuckte und einen weiteren Schritt zurückwich. Seinen tief im Inneren vergrabenen Zorn besänftigte diese kleine Genugtuung allerdings nicht.

    - tbc-
    Kolya, der Trust und ein irrer Serienkiller in:Im Grau der Schatten, Double Trouble & In den Händen des Schicksals. Ungekannte Abenteuerer von John Sheppard & Co in "Stargate Atlantis - Die verborgenen Szenen": Aufbruch in eine neue Welt und Das erste Jahr und Die Specials.

    John Sheppards Schicksal im Vegasverse :"Solitary Man" no more

    *Neu:* Kapitel 22 seit Okt 2016: Wenn der schlafende Tiger erwacht (Star Trek Into Darkness Prequel)
    * NEU* Doktor Who: Die Saat des Zorns * Der Schatten des Doktors * Drabbles

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  20. #14
    Chief Master Sergeant Avatar von Jolinar
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    Ja, das war ein netter Schlagabtausch zwischen den beiden. Und wenn Khan nicht gefesselt gewesen wäre, hätte er sich bestimmt, trotz aller Kraftanstrengungen, irgendwann auf den Admiral gestürzt... so blieb ihm nur übrig, seine Wut in ihm zu verbergen und einzuschließen, bis er ihr freien Lauf lassen kann.

    Der Admiral denkt, er hat Khan in seiner Hand. Das gibt für ihn ein böses Erwachen.

  21. #15
    Major General Avatar von Kris
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    Zitat Zitat von Jolinar Beitrag anzeigen
    Ja, das war ein netter Schlagabtausch zwischen den beiden. Und wenn Khan nicht gefesselt gewesen wäre, hätte er sich bestimmt, trotz aller Kraftanstrengungen, irgendwann auf den Admiral gestürzt... so blieb ihm nur übrig, seine Wut in ihm zu verbergen und einzuschließen, bis er ihr freien Lauf lassen kann.

    Der Admiral denkt, er hat Khan in seiner Hand. Das gibt für ihn ein böses Erwachen.
    Erst einmal wieder vielen Dank für das "Danke" und deinen Kommentar. Mit dem Schlagabtausch wollte ich zeigen, warum Khan so lange gehorcht und so viel Wut auf den Admiral ansammelt, daher zeigt auch Marcus ein sehr kaltes Gesicht und eine gewisse Grausamkeit. Die Prämisse ist klar ... "pariere oder aber die anderen zahlen den Preis" und Khan versteht das sehr gut.

    Dennoch macht sich der Admiral erst einmal keine Illusionen über Khan, wie du noch merken wird, denn in der Hinsicht ist er nicht dumm. Aber das wirst du auch mit der Zeit lesen können.

    Ich poste das nächste Kapitel vermutlich bis zum Wochenende, so dass du dich da (und natürlich auch alle anderen Mitleser) auf die Fortsetzung freuen könnt.
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  23. #16
    Major General Avatar von Kris
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    So, hier schon früher als geplant das nächste Kapitel.
    Viel Spaß beim Lesen Jolinar - und natürlich auch ein Gruß an alle stillen Mitleser!






    Kapitel 5
    Erste Schritte in einer neuen Zeit



    +++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++
    Stützpunkt der Sektion 31, London
    Zwei Wochen später
    +++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++


    Die Welt in der er sich bewegen durfte, vergrößerte sich nur langsam. Ein Teil von Khan Noonien Singh genoss dennoch die Wachsamkeit und Vorsicht, die ihn der Admiral und seine Mitarbeiter entgegen brachten. Es bewies die trotz des Schau gestellten Selbstbewusstseins die immer noch vorhandene Angst der Normalsterblichen vor dem Übermenschen, und das gab ihm wenigstens einen Hauch von Befriedigung.

    Die restlichen Fesseln waren schon nach dem Besuch des Admirals gefallen, kurz darauf hatte er das Labor gegen einen kleinen Raum mit Hygienezelle eintauschen können, der allerdings auch noch im gleichen Stockwerk und Komplex wie das Zimmer lag, in dem er aufgewacht war.

    Abgesehen von gelegentlichen medizinischen Checks, Untersuchungen seiner Physiognomie und seines Blutes, ließ man ihn jedoch von nun an weitestgehend in Ruhe. Den Aussagen der Mediziner nach, kümmerten sie sich um sein Wohlergehen und wollten ihm wieder auf die Beine helfen, ihren Blicken nach zu urteilen, faszinierte er sie wie ein fremdes Wesen, schienen sie doch noch nie zuvor mit einem genetisch aufgewerteten Menschen zu tun gehabt zu haben.

    Khan machte sich keine Illusionen darüber, dass auch dieser Raum rund um die Uhr überwacht wurde, Kameras in den Wänden seine Aktivitäten aufzeichneten und andere Sensoren seine Vitaldaten, um herauszufinden, wie gut und schnell sich sein Metabolismus regenerierte.

    Natürlich registrierten sie seine Übungen, um die Muskeln erneut zu kräftigen, seine Lesegeschwindigkeit am Terminal und seine Gehirnaktivitäten beim Erfassen der Texte. Aber das kümmerte ihn weniger, war er es doch gewohnt, zum Versuchskaninchen degradiert zu werden und hatte Übung genug, um ihnen zu verschleiern, dass er noch zu wesentlich mehr fähig war.

    Khan übte sich in den kommenden Tagen in stoischer Geduld. Er meditierte oft und lange, um innerlich zur Ruhe zu kommen, denn die Drohungen des Admirals machten ihn immer noch wütend. Gleichzeitig schaffte er es dadurch die vielen neuen Informationen zu verarbeiten, die durch seine Lektüre auf ihn einstürzten.

    Dazu kamen Übungen, um seinen Körper zu stählen und die Muskeln daran zu erinnern, zu was sie bald wieder fähig sein sollten. Er mochte den Menschen zwar von vorneherein überlegen sein – aber genau wie sie trainieren um seinen Körper im bestmöglichen Zustand zu halten. Und die lange Zeit in Kryostase hatte durchaus ihre Spuren hinterlassen.

    Durch ein Terminal in seinem Raum konnte er sich Informationen über die historischen, gesellschaftlichen und technischen Entwicklungen der letzten dreihundert Jahre verschaffen – wenn auch mit dem unbestimmten Gefühl, dass dieses Wissen deutlich gefiltert war, um sein Bild von der Gegenwart unvollständig und einseitig zu lassen.
    So wurden etwa über die beiden Epochen, die man heute offensichtlich die „eugenischen Kriege“ und „dunklen Zeite“ kaum Worte verloren, mehr historische Aufzeichnungen gab es erst wieder, als überraschend Kontakt mit einer außerirdischen Rasse hergestellt wurde, den Vulkaniern.

    Am Anfang hätte Khan gerne erfahren, welches Bild man von ihm in der Gegenwart hatte, aber er nahm die Zensur erst einmal hin, als er sie erkannte. Mit der Zeit würde er sich das noch fehlende Wissen verschaffen, wenn sich die Gelegenheit ergab und notwendig wurde. So lange konnte er warten.

    Jetzt musste er erst einmal dafür sorgen, dass er nicht länger wie ein Gefangener gehalten und überwacht wurde. Denn noch war es ihm nicht möglich, diesen Komplex zu verlassen. Dafür sorgten Sicherheitssysteme mit Individualscans, die Türen versperrten und Alarm schlugen, aber auch lebendige Wachleute, die ihn höflich aber bestimmt zurück in seinen Flur verwiesen, wenn er einen Vorstoß in andere Bereiche dieses Stützpunkts wagte.

    Die wenigen Menschen mit denen er zu tun hatte, waren offensichtlich angewiesen worden auch weiterhin, nur das Notwendigste mit ihm zu sprechen und keinen engeren Kontakt mit ihm zu schließen, obwohl er ihnen freundlich begegnete und mit keiner Faser verriet, was er wirklich über sie dachte. Aber auch das amüsierte ihn eher, als dass es ihn ärgerte, bewies es doch ebenfalls, dass der Admiral ihn fürchtete ...

    Aus all diesen Gründen übte er sich in Geduld und sagte die Wissensfetzen, die man ihm präsentierte, wie ein Schwamm das Wasser auf, wagte Rückschlüsse zu ziehen, wenn eine Information unvollständig oder schwammig war, und versuchte die Zusammenhänge zwischen Sachverhalten zu begreifen, und seine Schlüsse daraus zu ziehen.

    Heute waren die Menschen also Teil einer Förderation, interagierten friedlich mit anderen raumfahrenden Völkern, tauschten Wissen und Technologie aus, zum Wohle aller Beteiligten und nicht zur Bereicherung einiger weniger. Man nahm auf die Schwachen Rücksicht und kümmerte sich um sie.
    Die Errungenschaften dieser neuen Zivilisation, die sich auf Frieden und Gemeinschaftsgeist gründete, wurden in höchsten Tönen gepriesen, viele Stimmen behaupteten sogar, dass die Normalsterblichen die Barbarei vergangener Jahrtausende hinter sich gelassen hatten.

    Welch arrogante Fehleinschätzung! Das würde niemals geschehen. Auch zu seiner Seit hatte es Friedensapostel und „Heilige“ gegeben, die nach hohen moralischen Standards gelebt hatten. Aber auch sie hatten – wenn man sie nur lange genug triezte, ihr wahres Gesicht gezeigt.
    Khan glaubte nicht, dass sich in zweihundertfünfzig Jahren so viel verändert haben konnte, er bezweifelte, dass die Menschheit damit hätte überleben und so eine Vorrangstellung in der Förderation hätte erreichen können.
    Nein, unter der dünnen Schicht von Friedlichkeit, Offenheit und Güte, mit der die Menschen heute hausieren gingen, schlummerte tief in ihnen doch immer noch das Raubtier, das nur darauf lauerte, auszubrechen und instinktiv zu handeln.

    Immer wieder fand er kleinere und größere Beispiele die das Bild von einer weiseren und gereifteren Menschheit zerstörten.. Erst vor ein paar Monaten hatten diese verpönten Eigenschaften die Erde vor dem Untergang gerettet, weil ein junger Captain namens Kirk mit seiner Crew erst gehandelt und nicht lange mit dem Feind verhandelt hatte
    Bei den Zusammenstößen mit anderen Rassen, war es ebenfalls zu kämpferischen Auseinandersetzungen gekommen, bei der sich die Raumschiffsbesatzungen nichts geschenkt hatten. Und das nur, weil man aggressiv in bisher unbekannte Systeme vorgestoßen war.

    Nicht zuletzt war Admiral Marcus selbst ein gutes Beispiel für den Typ Mensch, der für die Allgemeinheit als ausgestorben gelten sollte. Ehrgeiz und Neugier wurden in Maßen und unter moralischen Gesichtspunkten akzeptiert, nicht aber rücksichtsloser Überlebenswille und aggressives Machtstreben, ohne dass viele Männer und Frauen gar nicht erst in solche verantwortungsvollen Posten hätten vorstoßen können.

    Augments wie Khan, die den Normalsterblichen genau diese Eigenschaften vor Augen führten, wurden hingegen damals wie gefürchtet und verdammt. Genetische Manipulationen bei Ungeborenen und Kindern kamen zwar vor, um körperliche Behinderungen und die Auswirkung von Erbkrankheiten zu verhindern oder deren Auswirkungen zu minimieren. Sie waren aber strengstens verboten, wenn es um die Erweiterung geistiger und körperlicher Fähigkeiten ging. Die Strafen dafür waren beachtlich.

    Dabei gab es ein Volk in der Galaxis, dass Khan und seinesgleichen ähnlicher war als alle dachten, wenn er den Informationen trauen konnte, die er über sie erhalten hatte...

    Seit er die ersten Andeutungen über die Vulkanier gelesen hatte und je mehr er über sie erfuhr, desto öfter entdeckte er Parallelen zwischen sich und der Spezies, die gerade eben erst ihren Planeten verloren hatten, angefangen mit der den Menschen überlegenen Körperkraft, bis hin zur Nutzung von Teilen des Gehirns, die bei anderen Rassen – auch den Menschen - immer noch brach lagen.
    Ihr Streben nach Perfektion und Gleichklang in Körper, Seele und Geist amüsierte ihn zwar zuerst, sprach ihn jedoch nach und nach immer mehr an. Die Philosophie Vulkans war es wert, sich näher mit ihr zu beschäftigen.

    Aber eines wurde aus ihren Lehren ersichtlich: Auch wenn die Vulkanier gelernt zu haben schienen, das Raubtier in sich durch strenge Rituale und der Konzentration auf den Intellekt zu meistern, auslöschen hatten sie es auch nicht können. Das verriet ihm unter anderem der ausgefeilte, effektive Kampfstil, der auch mehr auf Instinkt als Logik beruhte.
    Vielleicht vertraten die Vulkanier gerade deshalb eine so entschiedene Friedenspolitik – gerade weil sie dem wilden Teil ihrer Seele keine Nahrung geben wollten. Es würde interessant werden, genau diesen Aspekt aus einem von ihnen heraus zu kitzeln, sollte er jemals einem Vertreter dieser Rasse über den Weg laufen.

    Aber der Admiral sorgte nicht nur dafür, dass Khan das Nötigste über die neue Welt und ihre Ordnung erfuhr, um sich besser in ihr zurecht zu finden, sondern auch, dass er seine Wissenslücken in Bezug auf den technologischen Fortschritt ausglich, um für Marcus zu arbeiten und damit seinen Teil ihrer „Vereinbarung“ zu erfüllen.

    Zuerst waren es nur wenige technische Manuals, die ihm die modernen Grundlagen zum Transportwesen, Medizin, Wissensvermittlung und so fort vermittelten, seit gestern beschäftigte er sich mit den physikalischen Möglichkeiten, die den überlichtschnellen Flug möglich machten, stellte fest, dass einige Theorien seiner Epoche lange überholt waren, während andere, die früher nur als Spinnereien abgehobener Geister bezeichnet wurden, sich bestätigt hatten.

    Khan fiel es leicht, die Zusammenhänge zu verstehen und Informationslücken durch eigene Logik zu schließen und die richtigen Rückschlüsse zu ziehen. Inzwischen hätte er sicherlich so manch ein Gerät in seinem Raum mit dem richtigen Werkzeug auseinandernehmen und wieder zusammensetzen können.

    Aber er verzichtete darauf, es überhaupt erst zu versuchen. In den Datenpaketen, die jeden Morgen in sein Terminal überspielt wurden, waren auch immer wieder ganz bestimmte Aufnahmen eingestreut. Sie tauchten oft unvermittelt auf und sollten ihn wohl daran, wer die Spielregeln in ihrer Zusammenarbeit bestimmte...

    Auch heute erwartete er nichts weiter als diese Mischung, doch diesmal war alles anders. Statt des üblichen Menüs öffnete sich zunächst eine audiovisuelle Nachricht. Das Gesicht des Mannes, auf den sich all sein Zorn konzentrierte erschien auf dem Bildschirm.

    „Guten Tag, Mister Harrison. Ich hoffe, Sie haben sich gut erholt und fiebern nur darauf, endlich Ihre neuen Aufgaben zu übernehmen“, sagte der ältere Mann mit einem falschen Lächeln. „Ich beglückwünsche Sie zur Aufnahme in der Sternenflotte. Ihr Rang als Commander unter meinem direkten Kommando wird hiermit bestätigt. Weiteres erfahren Sie in einigen Stunden, wenn ich selbst mit Ihnen sprechen werde.“

    Wenn es sich nicht um eine Aufzeichnung gehandelt hätte, hätte Khan dem Admiral die entsprechende Antwort gegeben. So aber hörte er sich stoisch die weiteren Ausführungen an und tippte dann auf den Bildschirm, um sich die Schaltpläne und Simulationen genauer anzusehen, die ihn heute beschäftigen sollten. Aber innerlich fühlte er auch Erleichterung, denn das würde vermutlich auch bedeuten, dass man ihm mehr Freiheiten zugestand.

    Endlich trug sein Wohlverhalten in den letzten zwei Wochen Früchte, tat sich etwas, was ihn aus diesem Raum heraus bringen würde, damit er endlich mehr von der Erde des 23. Jahrhunderts sehen und auch wieder seine eigenen Fäden spinnen konnte.



    +++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++
    Hauptquartier der Sternenflotte, Admiral Marcus Büro
    Eine Stunde früher
    +++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++

    Admiral Marcus beendete die Aufnahme und stützte die Arme auf den Tisch. Es bedurfte nur noch einiger letzter Bestätigungen, dann war das, was er gerade entschieden hatte rechtskräftig und Khan Noonien Singh ein freier Mann mit einer neuen Identität, die nur einer genaueren Untersuchung nicht standhalten würde.

    Seine Stirn legte sich in Falten, als er das Für und Wider dieser Entscheidung abwog. Sie bog große Gefahr in sich, ein unkalkulierbares Risiko... aber er würde auch davon profitieren, dessen war er sich inzwischen sicher.

    Der Übermensch lernte ausgesprochen schnell, seine Lesegeschwindigkeit und Auffassungsgabe hatte die Mediziner in London mehrfach erstaunt und zu wilden Spekulationen verleitet. Vor allem Doctor Townhill, der das ganze Projekt persönlich betreute, verstand erst jetzt, zu was ein Augment in der Lage sein konnte.

    Auch Khans körperliche Werte steigerten sich von Tag zu Tag. Bald würde er wieder im Vollbesitz seiner physischen und psychischen Kräfte sein – und dann war es auch an der Zeit, dass er sein Wissen und seine Fertigkeiten zum Nutzen der Sternenflotte einsetzte.

    Es war daher zwingend notwendig, den Augment zu beschäftigen, damit er nicht auf dumme Gedanken kam und Möglichkeiten bekam, seine eigenen Pläne zu schmieden.

    So streckte er die Hand aus und tippte den Code ein, der alles in die Wege leiten würde, beobachtete, wie die Fenster vom Bildschirm verschwanden und einem neuen Platz machten, einer Nachricht, auf die er ebenfalls nur gewartet hatte.

    Der Krisenstab der Sternenflotte würde sich in zwei Stunden im Daystrom-Institut versammeln, um die neusten Entwicklungen am Rand der neutralen Zone zu besprechen und Gegenmaßnahmen zu ergreifen. Er überflog noch einmal die Berichte, die er der Versammlung vorlegen würde und markierte einige Stellen deutlich, damit sie auch ja bei der Präsentation hervorgehoben wurden.

    Während sich die Romulaner immer noch verdächtig ruhig verhielten, ließen die Klingonen wieder einmal ihre Muskeln spielen. Sie hatten die „U.S:S. Constellation“ in der Nähe des Calipher Systems beschossen und zu entern versucht.

    Er kniff grimmig die Augen zusammen. Der Vorfall machte deutlich, dass langsam mehr unternommen werden musste, als nur eine weitere Protestnote nach Qo’nos zu schicken, denn ein Krieg mit dieser aggressiven Spezies würde unausweichlich sein.

    Schiff und Besatzung waren dem Angriff nur durch das rasche Eingreifen und die Unterstützung der „U.S.S. Enterprise“ der vollständigen Vernichtung entkommen. Kirk hatte seine eigentlich vorrangigere Mission, die Untersuchung eines Doppelsternsystems abgebrochen, um dem anderen Schiff beizustehen und die Klingonen mit seinem zum Leichtsinn neigenden Mut zum Teufel zu jagen, auch wenn er damit sein eigenes Schiff in Gefahr gebracht hatte.

    Er entspannte sich etwas.

    Christopher Pikes Protegé James Tiberius Kirk war zwar noch ein ungeschliffener Diamant, der dazu neigte, seine Crew und das Schiff unnötig in Gefahr zu bringen, weil er zu impulsiv und unüberlegt handelte, aber letztendlich brachte er die Tatkraft und den Mut mit, der vielen anderen Kommandanten mittlerweile fehlte.

    Die Sternenflotte brauchte Männer wie diesen jungen Captain, um sich gegenüber ihren Feinden nicht ganz der Lächerlichkeit preiszugeben ... und natürlich auch die Entwicklungen, die er, Marcus, im Geheimen in die Wege leitete. Wann würden die anderen endlich einmal lernen, dass es manchmal nicht mehr ausreichte, nur mit dem Säbel zu rasseln, sondern ihn auch zu zücken?

    Dann holte er tief Luft. Vielleicht war es ganz gut, sich vor der Sitzung noch mit jemand anderem darüber zu unterhalten. Nachdem seine Tochter Carol ihr gemeinsames Mittagessen abgesagt hatte, war er frei. Kurzentschlossen stellte er deshalb eine Verbindung zu dem Mann her, den er selbst einmal in die Sternenflotte gebracht hatte. „Hallo Christopher...“

    - tbc -
    Geändert von Kris (14.06.2013 um 15:39 Uhr)
    Kolya, der Trust und ein irrer Serienkiller in:Im Grau der Schatten, Double Trouble & In den Händen des Schicksals. Ungekannte Abenteuerer von John Sheppard & Co in "Stargate Atlantis - Die verborgenen Szenen": Aufbruch in eine neue Welt und Das erste Jahr und Die Specials.

    John Sheppards Schicksal im Vegasverse :"Solitary Man" no more

    *Neu:* Kapitel 22 seit Okt 2016: Wenn der schlafende Tiger erwacht (Star Trek Into Darkness Prequel)
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  25. #17
    Chief Master Sergeant Avatar von Jolinar
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    Zitat Zitat von Kris Beitrag anzeigen
    So, hier schon früher als geplant das nächste Kapitel.
    Viel Spaß beim Lesen Jolinar - und natürlich auch ein Gruß an alle stillen Mitleser!
    Jetzt fühle ich mich, als ob du das nur für mich schreibst

    Khan spielt also das Lämmchen... und der Admiral ist vorsichtig. Aber beide wissen, daß diese "Partnerschaft" wohl nicht lange so friedlich bleiben wird. Der eine lernt, um die neue Welt zu verstehen und der andere hat Angst, daß er die Kontrolle verliert. Nun ja, das große BUMM ist ja noch weit entfernt, aber es wird kommen.

    Es ist immer wieder toll zu lesen, wie du dich in die Protagonisten hinein versetzen kannst.

  26. #18
    Major General Avatar von Kris
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    Zitat Zitat von Jolinar Beitrag anzeigen
    Jetzt fühle ich mich, als ob du das nur für mich schreibst

    Khan spielt also das Lämmchen... und der Admiral ist vorsichtig. Aber beide wissen, daß diese "Partnerschaft" wohl nicht lange so friedlich bleiben wird. Der eine lernt, um die neue Welt zu verstehen und der andere hat Angst, daß er die Kontrolle verliert. Nun ja, das große BUMM ist ja noch weit entfernt, aber es wird kommen.

    Es ist immer wieder toll zu lesen, wie du dich in die Protagonisten hinein versetzen kannst.
    Na ja, manchmal habe ich auch das Gefühl hier für dich und noch ein oder zwei andere zu schreiben, denn abgesehen von Mav, der ja auch schon mal was geschrieben hat und regelmäßig "Danke" drückt (so wie auch diesmal, daher ein "Danke" zurück!), oder Lee, der am Anfang reingelesen hat, gibt es hier wohl eher nur stille Genießer oder nicht angemeldete Gäste, denen ich nur allgemein und proforma danken kann. Es besteht ja durchaus Interesse, das sehe ich an den Viewzahlen, die auch munter klettern und das tröstet mich.

    Ja, die "Partnerschaft" zwischen Marcus und Khan wird so bleiben, du hast das schon richtig charakterisiert. Aber es soll auch für Khan einen gewissen Lernprozess bedeuten. Immerhin ist auch er trotz aller genetischer Verbesserungen ein Mensch mit Gefühlen, auch wenn das im Film kaum zu sehen ist.
    Bei Marcus will ich auch zeigen, dass er sich ganz schön in seine Aufgabe verbeisst und dadurch selbst Grenzen übertritt, sich selbst verändert ohne es zu merken - mal sehen, wie mir das gelingt.

    Ich mache mir auf jeden Fall eine Menge Gedanken über die Figuren, mir ist es wichtig, ihr Handeln glaubwürdig zu untermauern.

    Und sonst: Ich denke der nächste Teil kommt dan morgen, spätestens übermorgen!
    Geändert von Kris (22.06.2013 um 09:38 Uhr)
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  27. #19
    Major General Avatar von Kris
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    Und hier ist nun das nächste Kapitel!
    Wie immer: Viel Spaß beim Lesen!




    Kapitel 6
    Der neue Commander



    +++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++
    Geheimer Stützpunkt der Sektion 31 in London
    Gut ein Monat später in einem Techniklabor
    +++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++

    „Du siehst nicht besonders glücklich aus, Jacob.“ Geraldine Hopkins blickte zu ihrem Kollegen, der ein wenig niedergeschlagen aus dem Büro am anderen Ende des Raumes gekommen war. „Hat dir unser neuer Chef wieder zugesetzt?“

    „Ja ...“, meinte dieser erst leise, dann legte er das Datentablett, das er in der Hand gehalten hatte, unsanft auf dem Tisch ab und schnaubte. „Es ist frustrierend. Da reiße ich mir die ganze letzte Woche den Arsch auf und verbessere den Entwurf ... und er geht hin, lässt sich von mir alles haarklein erklären und stellt dann nur trocken fest: ‚Stetson, sie denken viel zu kompliziert – es geht auch viel einfacher! Bei einer Vernichtungswaffe kommt es nicht darauf an, ob sie eventuell Unschuldige verschonen könnte – wenn man sie einsetzt, dann um möglichst effektiv zu zerstören und vernichten. Im Krieg fragt keiner nach Menschlichkeit und Moral.’
    Er ließ sich auf seinen Platz sinken und schüttelte den Kopf. „Verdammt noch mal – so sehr ich das verabscheue - als wir das ganze genauer angesehen habe, musste ich ihm tatsächlich recht geben!“

    „Und das ärgert dich? Damit hättest du rechnen müssen. Er spricht das aus, was andere gerne unter den Tisch kehren.“ Geraldine schob eine Haarsträhne aus dem Gesicht. „Wir erschaffen nun einmal in erster Linie Waffen und Verteidigungssysteme, auch wenn es uns innerlich widerstrebt. Und unser neuer Chef ist, was das betrifft ziemlich offen und konsequent.. Wer will es ihm verdenken, nach dem, was er durchgemacht hat?“

    Beide sahen sich schweigend an und dann wie auf Kommando zur geschlossenen Tür, hinter die sich ihr Vorgesetzter zurückgezogen hatte, um seinen eigenen Projekten nachzugehen – woraus diese auch immer bestanden.

    Commander John Harrison war für sie beide – wie auch dem Rest der Abteilung - immer noch ein Rätsel. Vor drei Wochen erst war er von Admiral Marcus auf diesen Posten abberufen worden. Sie hatten nur erfahren, dass man ihn nach einer langen Rekonvaleszenzzeit erst jetzt wieder für diensttauglich erklärt hatte, wenn auch nicht mehr für den Dienst auf einem Schiff der Flotte.

    „Immerhin hat er, so weit wir wissen, als einer von wenigen die Schlacht oder sollte ich besser sagen – das Gemetzel - um Vulkan überlebt. Er soll auf der „U.S:S: Farragut“ gedient haben“, stellte die dunkelhaarige Technikerin fest. „Aber daran kann er sich wohl nicht mehr erinnern, genauso wie an viele andere Dinge. Das habe ich schon festgestellt, als ich mal unverfänglich nachfragte. Ich habe manchmal auch das Gefühl, dass er fachlich ebenfalls noch nicht ganz auf der Höhe ist, sonst würde er sich von uns nicht alles so genau erklären lassen.“

    „Kann gut sein.“ Jacob Stetson nickte. „Das sind jedenfalls die Informationen, die wir über ihn erhalten haben und sie erklären eine ganze Menge von seinem Verhalten. Ich möchte nicht wissen, was für Traumata er noch mit sich herumschleppt. Auch mir kommt es manchmal so vor, als habe er noch mehr verloren als einen Teil seines Gedächtnisses – und dann wieder nicht. Hast du ihn schon mal in der Trainingshalle gesehen?“

    „Nein, du weißt, ich entspanne mich bei schöngeistigen Dingen wie Gymnastik und Tanz, und nicht bei harten ‚männlichen’ Sportarten, in denen es nur um Prügeln und Wettstreit geht. Warum? Was ist da so anders an ihm? Dreht er gerne mal durch?“

    „Nein, eher im Gegenteil. Er bleibt kalt und ruhig wie ein Fisch. Und scheint mir körperlich unglaublich fit zu sein. Er hat noch nie eine sportliche Herausforderung verloren, wenn wir ihn einmal dazu bekommen haben bei einem kleinen Wettkampf mitzumachen– was ich schon ziemlich unnormal finde. Aber sich dann nicht mal darüber zu freuen, sondern den Sieg nur mit einem Schulterzucken zu quittieren, na ich weiß nicht...
    Dann hat er eine Nahkampftechnik drauf, die selbst den harten Jungs vom Sicherheitsteam die Sprache verschlägt. Man traut ihm nämlich irgendwie gar nicht zu, dass er so eine Kraft in den Muskeln und Knochen hat. Letztens hat er Peter Rubik durch die Gegend geschubst und der war mindestens doppelt so breit und einen Kopf größer als er“, erklärte der Ingenieur leise. „Ich habe jedenfalls immer das Gefühl eine Raubkatze auf dem Sprung zu sehen, wenn er sich durch die Halle bewegt.“

    „Nun, das klingt alles interessant und ich finde es gar nicht so unheimlich oder beängstigend, sondern eher anziehend – vermutlich weil ich eine Frau bin – und gefährliche Männer zu schätzen weiß“, schmunzelte die Technikerin. „Stattdessen bedauere viel mehr, dass er sich so von uns abkapselt und nur in die Arbeit zu vergraben scheint. Hat es in der ganzen Zeit schon mal jemals einer geschafft, ihn nach Feierabend zu einem Treffen in eine Bar oder anderen Freizeitaktivitäten einzuladen?“

    „Nein, so weit ich weiß nicht ... aber vielleicht ist es auch einfach noch zu früh dazu. Geben wir unserem Chef einfach noch ein bisschen Zeit, vielleicht klappt es ja in ein paar Wochen“, erwiderte der Ingenieur. Dann blickte er auf das Datenpad. „Aber jetzt sollte ich zusehen, dass ich das überarbeite. Er will die Ergebnisse morgen haben.“

    „Dann mal los ... ich habe nachher noch eine Besprechung mit Commander Harrison – mal sehen, was er mir dann zu sagen hat...“ Geraldine Hopkins seufzte. „Irgendwie komme ich mir trotz seiner Freundlichkeit doch immer ein wenig klein – fast wie ein Kind - vor, wenn ich vor ihm stehe. Obwohl er selbst eigentlich die ganze Zeit sitzt“, sinnierte sie und sprach das aus, was auch den anderen Mitarbeiterin ihrer Abteilung an ihren neuen Vorgesetzten besonders unheimlich war.

    Trotzdem konnten sie ihm nicht absprechen, dass er sie zu führen wusste. In der kurzen Zeit hatte er es immerhin geschafft, schon einige bürokratische Hürden und umständliche Wege abzuschaffen, was Genehmigungen oder Materialanforderungen betraf und ihnen so die Arbeit ungemein erleichterte. Und auch in Zeiten größter Hektik oder bei Störungen blieb er ungewöhnlich ruhig, als könne er alles überschauen.

    Und doch blieb in seiner Nähe immer das Gefühl, auf der Hut sein müssen. Die unerklärbare Furcht, dass unter der ruhigen Fassade ein Vulkan brodelte, der jederzeit explodieren konnte.



    +++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++
    In den Archiven der British Library, London
    Einige Tage später
    +++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++

    Marla McGivers schnaubte und setzte den Karton unsanfter auf dem Tisch ab, als sie eigentlich gewollt hatte und stützte die Hände gegen die Platte. „Also gut, Karton, dann lass mal sehen, was du für Geheimnisse aus den dunklen Zeiten in dir hast!“

    Sie nahm den Deckel ab, und seufzte, als sie neben ein paar Akten aus Papier, Plastik und Pappe jede Menge optische Medien entdeckte und ließ sich dann frustriert auf den Stuhl sinken.

    Jetzt würde sie den stocksteif britischen und dazu noch griesgrämigen Archivleiter wieder nach dem Abspielgerät dafür fragen müssen – und das war jedes Mal mit halbstündigen Belehrungen und mindestens drei Unterschriften auf verschiedenen Formularen verbunden.

    Denn es gab nur noch wenige funktionierende Player, die natürlich mit äußerster Sorgfalt behandelt werden mussten. Zudem war man hier offensichtlich der Ansicht, dass ein moderner Nachbau oder Hybridgerät den alten Medien nicht gerecht werden würde oder ihnen schaden könnte. Hier bestätigte sich das Vorurteil wirklich, die Briten seien auch heute noch immer sehr traditionsbewusst.

    Dieser Umstand war nur einer von vielen, der sie regelmäßig frustrierte. So wie sie sich zuerst darüber gefreut hatte, dass sie endlich die Genehmigung bekommen hatte, in den alten Archiven des Commonwealth zu stöbern, und festzustellen, wie ergiebig die waren, so sehr hatte machte sich in ihr inzwischen das Gefühl breit, einfach nur an diesen Ort abgeschoben worden zu sein.

    Offiziell hieß es zwar, dass jemand Interesse an ihrer Diplomarbeit gefunden habe und nun tiefergehende Informationen zu den Eugenischen Kriegen und vor allem der Gruppe der Übermenschen um Khan Noonien Singh wünschte, aber so richtig wollte und konnte sie daran nicht glauben, weil sie keine Reaktion auf die Berichte erhielt und eigentlich noch immer nicht wusste, bei wem die eigentlich landeten.
    Nun, sollte in wissenschaftlichen Zeitschriften oder auf den entsprechenden Plattformen jemals ein Essay mit ihren Erkenntnissen aber einem anderen Namen erscheinen, dann wusste sie Bescheid, wie sehr sie betrogen worden war...

    Es kam ihr so vor, dass die Sternenflottenakademie und der Dienst auf einem Raumschiff weiter entfernt lag, als je zuvor und sie längst in der Karriere weit abgeschlagen war, ganz anders als die Freundinnen wie Carol Marcus oder Christine Chapel, die es teilweise durch ihre Leistungen, nicht zuletzt aber auch besonderen Beziehungen schon längst geschafft hatten, die Erde weit hinter sich zu lassen.

    Aber Historiker wurden nun einmal nachrangig behandelt, wenn es um die Erforschung des Weltalls ging, weil die Verantwortlichen offensichtlich der Ansicht waren, dass ihr Fachwissen da draußen im All nicht gebraucht wurde, weil die Geschichte der Erde dort keine Spuren hinterlassen hatte.

    Doch konnten sie sich da so sicher sein? Was, wenn eines Tages die Vergangenheit die Gegenwart überschatten würde?

    Ach, es war müßig, sich darüber Gedanken zu machen und flammende Verteidigungsreden zu formulieren. Vermutlich würde sie noch einige Jahre länger in staubigen Archiven verbringen müssen, oder gar den Rest ihres Lebens....

    Ach, es war alles so verdammt ungerecht!

    Sie hatte leider nicht die Beziehungen von Carol und anderen, deren Verwandte bereits für die Sternenflotte arbeiteten, nicht die glanzvollen Noten, die sie zu einem Überflieger machten, der einfach nicht übersehen werden konnte. Aus eher einfachen Verhältnissen stammend, hatte sie sich alles hart erarbeiten müssen und davon war ihr nichts wirklich zugeflogen.

    Von wegen - gleiche Rechte, gleiche Chancen für alle!

    Sie brauchte sich doch nur hier umzusehen. Selbst London hatte seine dunklen und schmutzigen Ecken, seine Gauner und zwielichtigen Gestalten oder diejenigen, die ohne eigenes Verschulden aus dem sozialen System gefallen waren und nicht zuletzt die, die den Normen der Gesellschaft aus Trotz entsagt hatten.

    Manchmal fühlte sie sich dort auf ihren Streifzügen durch das London abseits der gut besuchten Bereiche mit den Sehenswürdigkeiten und in den heruntergekommenen Vierteln am Rande des Zentrums sogar wohler als in den offiziellen Bars und Vergnügungszentren der Stadt – konnte sie dort doch einfach einmal ihre Sorgen und Probleme vergessen, ohne immer ständig den Erfolg anderer vor Augen haben zu müssen.

    Sie warf die Akte etwas ungestümer als sie wollte auf den Tisch und erschrak heftig, als sich der brüchige Verschluss durch den Ruck öffnete, die Pappdeckel aufklappte und sich der Inhalt auf dem Tisch verteilte. Ein paar der kostbaren Blätter verschwanden sogar über die Kante und segelten außerhalb ihres Sichtfeldes zu Boden.

    „Oh, nein! Verdammt noch mal!“, fluchte Marla, als sie den Schrecken verdaut hatte und sprang schnell auf. Sie sammelte die Blätter so vorsichtig sie konnte wieder ein. Die weißen Handschuhe, die sie zum Schutz für das alte Papier trug, verfärbten sich durch Staub und Schmutzablagerung an einigen Stellen dunkel.

    Dann hielt sie plötzlich inne. Eines der Blätter erwies sich als einfacher Umschlag, dessen Kleberänder durch den heftigen Ruck nachgegeben hatte. So waren drei Fotos herausgerutscht und mit der Bildseite nach oben zu liegen gekommen.

    Marla schnappte nach Luft.

    Die Schwarz-Weiß-Aufnahmen waren nach all der Zeit immer noch intensiv und glasklar. Als sie diese aufhob, verstand sie auch warum – jemand hatte sie laminiert und dafür gutes Plastik verwendet. Die handtellergroßen Bilder waren vorne mit Aufnahmedatum und – ort beschriftet, doch hinten hatte auch noch jemand auf dem Plastik handschriftliche Notizen hinterlassen, die zwar verblasst aber noch immer lesbar waren, wenn man sich die Zeit nahm, genauer hinzusehen.

    Ihre Augen weiteten sich, als sie das ganze genauer in Augenschein nahm. Der Umschlag gab preis, dass die Aufnahmen von einer Spionagedrohne stammten, die heimlich Aufnahmen von einer Festung bei Kandahar gemacht hatte, bevor sie offensichtlich entdeckt und abgeschossen worden war. Doch die Zeit schien noch ausgereicht haben, diese Bilder an die Schaltzentrale in Indien zu senden.

    Die Bilder selbst zeigten nach den handschriftlichen Angaben „Khan Noonien Singh und seine engsten Vertrauten“. Sie drehte das Foto um, auf dem „Singh (unbestätigt)“ stand und stieß die Luft zischend aus. Denn das wäre wirklich eine Sensation, waren bisher doch nur Aufnahmen des Diktators und Übermenschen vorhanden gewesen, die ihn bis zur Unkenntlichkeit vermummt oder aber aus weiter Ferne gezeigt hatten. Heute wusste niemand mehr, wie er wirklich aussah, da sich die Beschreibungen der Augenzeugen stark voneinander unterschieden.

    Sie legte den Kopf schief. Das also konnte durchaus der Mann sein, mit dem sie sich im letzten Jahr ihres Lebens so intensiv beschäftigt hatte. Trotz aller Aufregung war sie ein wenig enttäuscht, denn sie hatte mehr erwartet.

    Die Aufnahme zeigte jedes Detail des schmalen Gesichts mit den hohen Wangenknochen und den hellen, ungewohnt weit auseinander stehenden schmalen Augen. Seinem Namen zum Trotz sah Khan dank seiner blassen Haut und seiner Züge eher aus wie ein Europäer, vielleicht sogar ein wenig wie ein Brite, auch wenn die etwas mehr als schulterlangen Haare den Eindruck wieder verwischten.

    Marla schluckte. Die Bilder – auch die Gruppenaufnahme – zeigte einen eher schmal gebauten athletischen Mann in einem körperbetont geschnittenen, dunklen Mantel und einer enganliegenden Kombination, wie man sie auch heute noch trug, nicht in der üblichen Kampfrüstung, die ihn muskelbepackt und vierschrötig wirken ließ. Er war fast schon unscheinbar, wenn da nicht...

    Auch wenn er nachdenklich wirkte und in die Ferne zu starren schien, so traf sie doch sein tiefgründiger, nachdenklicher Blick bis ins Mark. Khan – wenn es wirklich Noonien Singh war - schien zwar in sich zu ruhen und über seine nächsten Pläne nachzudenken, aber auch die Umgebung um sich herum wahrzunehmen und...

    Auch über die Distanz von über zweihundert, fast dreihundert Jahren, fühlte sie sich von dem ausdrucksstarken Gesicht angesprochen, rann doch ein warmer Schauer über ihren Rücken und ließ sie einen Moment zittern. Von wegen unscheinbar!

    Es gab keinen Zweifel: Diese Art von Ausstrahlung konnte nur ein Mann besitzen, der dazu fähig war Großes zu bewirken, und dessen Name sich für eine Weile tief in die Geschichte der Erde eingegraben hatte.

    Sie seufzte und strich für sich deshalb das „unbestätigt“. Das hier war eindeutig Khan Noonien Singh!

    „Ach verdammt, warum bin ich nicht dreihundert Jahre früher geboren worden?“, murmelte die junge Historikerin, sehnte sich nach einer Begegnung mit diesem Mann der seinen Teil der Vergangenheit geprägt hatte, träumte von den Fragen, die sie ihm so gerne gestellt hätte.
    Doch sie war Wissenschaftlerin genug, um sich nicht all zu lange schwärmerischen Gefühlen hinzugeben. Ihr Verstand schaltete sich schneller ein, als ihr lieb war.
    „Khan Noonien Singh hätte dich nicht einmal eines Blickes gewürdigt, meine Liebe. Du wärest nur eine seiner unzähligen Sklavinnen gewesen, unwürdig wie alle normalen Menschen. Er hätte dich einfach umgebracht, wenn du ihm zu sehr auf die Pelle gerückt oder ihn genervt hättest. Im Besten Fall hätte er dich benutzt“, murmelte sie und biss sich auf die Lippen, dachte an die anderen großen Männer, der Geschichte, die Herrscher und Feldherren. Warum fiel ihr gerade jetzt Dschinghis Khan ein?

    Trotzdem konnte sie eine weitere Welle schwärmerischer Gefühle nicht unterdrücken und starrte noch einmal auf das Bild. Wenn man sich schon so in seinem Aussehen getäuscht hatte, dann vielleicht auch in seinem Charakter? Vielleicht war er gar nicht so gewesen, wie ihn die Zeitzeugen beschrieben.

    „Die Geschichte schreibt immer der Sieger!“, murmelte sie und rief sich dann scharf zur Vernunft, als ihr der Karton mit seinem kaum durchgesehenen Inhalt ins Auge fiel und sie an etwas erinnerte. Schließlich hatte sie eine Menge an Arbeit zu erledigen, wie etwa die Sichtung genau dieser Unterlagen, und dafür musste sie sich wieder einmal an den Archivleiter wenden und um eines der Geräte betteln.

    Sie legte die Bilder auf den Tisch, entschlossen, sie zu scannen und in ihren neuen Bericht aufzunehmen. Denn diese enorm wichtigen historischen Dokumente durften einfach nicht wieder verschwinden.

    ‚Warum bist du eigentlich so pflichtbewusst, wenn nichts zurückkommt außer einem monatlichen Gehalt?’, flüsterte plötzlich eine Stimme in ihrem Kopf. ‚ Willst du sie nicht lieber für einen günstigeren Zeitpunkt aufbewahren, wo du sie nur für dich alleine verwenden kannst und kein anderer den Ruhm für sich ernten?
    Ja, für deine Doktorarbeit vielleicht. Das sind immerhin die ersten klaren Aufnahmen des Diktators Singh, die ihn als Mensch und nicht nur als Kampfmaschine oder vermummten Terroristen zeigen. Du könntest damit die Fachwelt in Staunen versetzen und dir endlich den Namen verschaffen, den du verdienst und dir deinen Traum...“

    Es war entschieden.

    Auch wenn es verdammt dumm war und ihr noch eine Menge Ärger einbringen konnte. Aber sie würde diese Originalfotos hier nicht weiter verstauben lassen oder in einen Bericht aufnehmen, der ohnehin nur wieder an dunkle Orte verschwand, weil sie nicht mal wusste, für wen sie das alles machte und warum. Es erschien ihr mit einem Mal wichtig, genau diese Unterlagen für sich zu behalten.

    Marla streifte die verschmutzten Handschuhe ab, da sie ohnehin neue brauchte und warf sie in einen bereitstehenden Behälter. Dann steckte sie die Fotos mitsamt des Umschlags kurzerhand in ihr weites Oberteil und schob sie solange zurecht, damit sie nicht auffallen würden, wenn sie die British Library verließ.

    - tbc -
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  28. Danke sagten:


  29. #20
    Chief Master Sergeant Avatar von Jolinar
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    Ich glaube, Marla tut gut daran, die Aufnahmen von Khan erst mal verschwinden zu lassen. Wer weiß, was der Admiral getan hätte, wenn er in Marlas Report die Bilder sieht... es kommt ihm ja zu gute, daß niemand weiß, wie Khan ausgesehen hat bzw. aussieht.

    Währenddessen hat Harrison seine "Arbeit" aufgenommen. Seine Mitarbeiter sind anscheinend von ihm begeistert, mögen es aber auch, sich Gedanken über ihn zu machen. Nun ja, wenn die wüßten.

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