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Thema: [Sea Patrol] HMAS Hammersley - ein Schiff für besondere Fälle

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    First Lieutenant Avatar von Zeson
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    Standard [Sea Patrol] HMAS Hammersley - ein Schiff für besondere Fälle

    Titel: HMAS Hammersley - ein Schiff für besondere Fälle
    Autor: Zeson
    Serie: Sea Patrol
    Genre: Abenteuer / Freundschaft / Romantik (ein wenig)
    Charaktere: Lieutenant Commander Mike Flynn (CO), Lieutenant Kate McGregor (XO), Lieutenant Nikki Caetano (Nav), Petty Officer Pete Tomaszewski (Buffer), Petty Officer Chris Blake (Swain), Chief Petty Officer Andy Thorpe (Charge), Leading Seaman Robert Dixon (RO), Leading Seaman Josh Holiday (ET), Able Seaman Rebecca Brown (Bomber), Seaman Billy Webb (Spider), Seaman Elisabeth Jane Kingston (EJ, ein OC), Leading Seaman Leo Kosov-Meyer (2Dads) sowie einige weitere OCs
    Rating: FSK 12
    Beta: Evaine. Herzlichen Dank!
    Staffel: Die Geschichte beginnt zwischen Staffel 2 und 3 und endet kurz nach der 3. Staffel
    Anmerkung des Autors: Die australische Serie ist in Deutschland relativ unbekannt und läuft hier Mittwoch abends ab 20:15 Uhr in Doppelfolgen auf „Das Vierte“. Sie beschreibt das Leben und die Arbeit auf einem australischen Patrouillenboot, das unterwegs ist, um die Küsten Nordaustraliens vor Schmugglern, Terroristen und anderen Gefahren zu schützen. Dabei kommen Abenteuer, aber auch zwischenmenschliche Beziehungen nicht zu kurz. Empfehlenswert ...
    Kurzinhalt: Die HMAS Hammersley bekommt neue Crewmitglieder. Werden sie sich in die Mannschaft integrieren oder wird es Schwierigkeiten geben? Lieutenant Commander Flynn sieht sich plötzlich mit einem Geheimnis konfrontiert, als er eine alte Bekannte wiedersieht. Was hat es mit Seaman Kingston auf sich? Auch für Petty Officer Tomaszewski stellt sie eine Herausforderung dar. Wird er sich ihr stellen oder wird er zulassen, dass die Vorschriften der Royal Australian Navy und die Rätsel und Verwirrungen, die der Tod eines Besatzungsmitglieds auslöst, seinem persönlichen Glück im Weg stehen?
    Disclaimer Alle Rechte an der Serie und den Figuren (außer an den von mir selbst erdachten und hinzugefügten) liegen bei McElroy All Media Pty Ltd. Ich schreibe nur zu meinem Vergnügen und verdiene (leider) kein Geld damit.





    Kapitel 1: Die Neue


    HMAS Hammersley, 08:30 Uhr Vormittagswache, auf dem Weg in die Arafura-See


    „Nun, Buffer, wie machen sich unsere Neuzugänge?“, fragte Lieutenant Commander Mike Flynn und nahm einen Schluck Kaffee. Dabei beobachtete er aufmerksam die See vor dem Schiff. Kurz zuvor hatte er den Kommandosessel von seiner XO Kate McGregor übernommen, die nun der Navigatorin Nikki Caetano über die Schulter sah.

    „Ja, also ... sie machen sich ganz gut, denke ich“, antwortete der Bootsmann zögernd.

    Erstaunt drehte sich der CO zu Petty Officer Pete Tomaszewski um. Es war völlig untypisch, dass dieser auf eine einfache Frage so ausweichend antwortete.

    „Gibt es Probleme?“, hakte er nach.

    „Nicht direkt, Sir. Im Allgemeinen fügen sich die neuen Seamen gut ein ...“, antwortete der angesprochene mit unbeweglicher Miene, zögerte jedoch erneut, weiter zu sprechen.

    Ein Blick des CO auf die übrigen auf der Brücke anwesenden Seeleute zeigte ihm, dass deren Aufmerksamkeit voll auf das Gespräch zwischen ihrem Commanding Officer und seinem Bootsmann gerichtet war. Es lag so etwas wie Spannung in der Luft, registrierte Flynn.

    „Was soll das heißen, nicht direkt? Was stimmt nicht mit den Neuen?“

    „Die drei Männer arbeiten zufriedenstellend und integrieren sich gut in die Mannschaft. Es ist nur ...“

    Buffers Blick schien Unbehagen auszudrücken, als er schließlich weiter sprach.

    „Diese Frau, Kingston, ... sie ist ein wenig merkwürdig.“

    „Kingston?“, überlegte Flynn. „Wie war noch mal ihr voller Name?“

    „Elizabeth Jane Kingston, Sir.“

    Die Vornamen ließen irgendetwas anklingen, aber Mike kam nicht darauf, warum sie so vertraut klangen.

    „Was meinen Sie mit ‘merkwürdig’, Buffer?“, hakte er noch einmal nach.

    „Sie geht allen aus dem Weg, arbeitet am liebsten allein und gesellt sich niemals zu den Anderen, nicht einmal zum Essen“, teilte Pete seinem Captain mit.

    „Sie isst nicht mit den Anderen zusammen? Sie haben recht, das ist wirklich seltsam. Sie teilt die Kabine mit Bomber, nicht wahr?“

    „Ja, Sir.“

    Mike drehte sich wieder um, sah hinaus aufs Meer und dachte nach. Es gab immer wieder Leute, die nicht wirklich gerne auf einem Schiff arbeiteten. Er kannte die Hintergründe nicht, die diese Frau auf sein Boot geführt hatten, er konnte jedoch nicht zulassen, dass irgendjemand die Routine und das Zusammenleben auf der Hammersley störte und durcheinander brachte.

    „Ich werde mit ihr sprechen“, entschied er schließlich. „Buffer, schicken Sie sie bitte in mein Büro.“


    ***


    Eine viertel Stunde später klopfte EJ an die offenstehende Tür des Schiffsbüros. Sie sah, wie Mike sich zu ihr umdrehte und sie musterte.

    „Seaman Kingston meldet sich zur Stelle“, salutierte sie vor ihm.

    „Nicht so förmlich, Seaman“, lächelte er sie an. „Ich habe Sie hergebeten, um Sie kennenzulernen. Leider hatte ich bisher keine Zeit, die Neuzugänge zu begrüßen.“

    Er musterte die junge Frau aufmerksam. Sie trug eine ausdruckslose Miene zur Schau, aus der er nichts entnehmen konnte. Ihre braunen Augen ließen keinerlei Regung erkennen. Er schätzte ihre Größe auf etwa 1,73 m. Sie war nicht gertenschlank, hatte aber eine ansprechende Figur. Ihr Haarschnitt war fast männlich kurz, der Farbton jedoch nicht zu bestimmen, er schwankte zwischen mausbraun und dunkelblond. Irgendwie kam sie ihm bekannt vor, aber er konnte einfach nicht einordnen, woher.

    „Entschuldigen Sie, Seaman, sind wir uns schon einmal begegnet?“, fragte er schließlich ein wenig verlegen.

    Sie sah ihn mit ernstem Gesichtsausdruck an, bevor sie antwortete.

    „Sie haben es sicher vergessen, Sir. Es ist lange her - mehr als zehn Jahre ...“

    „Über zehn Jahre ...“, wiederholte er nachdenklich. Dann fiel plötzlich der Groschen.

    „E.J. Walker? Natürlich! Es tut mir leid, dass ich Dich nicht gleich erkannt habe. Du hast Dich verändert ...“

    „Das habe ich wohl“, meinte sie, noch immer ohne jedes Lächeln.

    „Du hattest früher so schönes langes Haar. Was hast Du nur damit gemacht?“

    „So ist es praktischer“, bekam er eine knappe Antwort.

    „Dein Nachname ist auch anders, darum bin ich wohl nicht gleich darauf gekommen. Du hast geheiratet, nicht wahr? Das muss jetzt ungefähr zehn Jahre her sein. Tut mir leid, dass ich damals nicht zur Hochzeit kommen konnte ...“

    Zum ersten Mal zeigte ihr Gesicht eine Spur von Emotion. Für einen kurzen Moment stand Grauen in ihren Augen und sie presste die Lippen fest aufeinander, aber fast sofort hatte sie sich wieder im Griff und er hatte wieder diese regungslose Maske vor sich. Kopfschüttelnd sah Mike sie an.

    „Was ist bloß mit Dir geschehen, EJ? Was hat Dich so verändert und wie kommst Du zur Navy?“

    „Ich ... das ist eine lange Geschichte und eigentlich völlig uninteressant“, wehrte sie ab.

    Das konnte er so nicht im Raum stehen lassen. Er erinnerte sich an sie als einen fröhlichen Teenager, der stets zu Streichen aufgelegt war und seine Schwester nur allzu oft in Dinge verwickelt hatte, die ihren Eltern nicht gefallen hatten. Dennoch war die beste Freundin ihrer Tochter ihnen immer willkommen gewesen. Zu ihrer Hochzeit mit einem jungen Studenten vor etwa zehn Jahren hatte sie ihn eingeladen, aber da war er auf See gewesen und hatte es nicht einrichten können, zu kommen. Nun bedauerte er das, denn die Frau, die jetzt vor ihm stand, hatte nichts mehr mit der gemeinsam, an die er sich erinnerte.

    „Ich habe Zeit, EJ. Und als Dein Commanding Officer muss ich sogar wissen, was mit Dir los ist. Ich kann nicht zulassen, dass die Disziplin auf meinem Schiff gefährdet wird.“

    „Die ... aber ich hab doch gar nichts gemacht! Ich halte mich sogar von den Anderen fern“, protestierte sie und zeigte damit einen kleinen Anflug der früheren EJ.

    „Genau das ist der Punkt, EJ. Du kannst Dich nicht völlig von den Anderen absondern, das geht auf so einem Boot nicht. Wir arbeiten zusammen, wir essen zusammen, wir leben zusammen auf dem Schiff. Hier ist kein Raum für Extrawünsche.“

    Die Angesprochene ließ den Kopf hängen. Sie schien nachzudenken. Dann sah sie plötzlich auf.

    „Jawohl, Sir, ich habe verstanden. Kann ich jetzt gehen? Es gibt viel Arbeit“, sagte sie forsch.

    Hinter dieser Fassade erkannte Mike jedoch eine Unsicherheit und Verletzlichkeit, die ihn erschreckte. Er sah allerdings ein, dass er im Moment nichts ausrichten konnte.

    „In Ordnung, Seaman, gehen Sie. Aber wir haben noch nicht das letzte Wort hierüber gesprochen.“

    EJ salutierte, bevor sie den Raum verließ. Besorgt sah Flynn ihr nach. Er ahnte, dass in der Zeit, in der er sie so aus den Augen verloren hatte, etwas Schreckliches mit ihr geschehen war, das unübersehbare Spuren hinterlassen hatte. Er würde sie von jetzt an beobachten, wusste aber noch nicht, wie es weitergehen sollte. Er konnte nur hoffen, dass er eines Tages zu ihr durchdringen würde.


    ***


    Kaum hatte der CO die Brücke verlassen, warfen die Wachhabenden einander beredte Blicke zu.

    „Und, was hältst Du von der Neuen?“, wandte sich Chris „Swain“ Blake an seinen Kameraden, Chief Petty Officer Andy „Charge“ Thorpe.

    „Hab noch nicht viel mit ihr zu tun gehabt“, antwortete dieser.

    „Ach komm, Du musst Dir doch eine Meinung gebildet haben.“

    „Nein, wie denn? Man sieht sie ja kaum.“

    „Also, wenn sie nicht immer so missmutig schauen würde, wär sie bestimmt sogar ganz hübsch“, warf Josh Holiday, genannt „ET“, ein, was ihm einen finsteren Blick der „Nav“ einbrachte.

    „Warum könnt Ihr die Frau nicht einfach in Ruhe lassen?“, meinte diese dann. „Nicht jedes weibliche Wesen erliegt dem Charme von Euch Seeleuten.“

    „Das hat nichts mit Charme oder Anmache zu tun, Nav“, erklärte Swain. „Sie grenzt sich aus und macht sich damit unbeliebt.“

    „Tut sie ihre Arbeit?“, fragte Nikki.

    „Ja, allerdings. Und nicht mal schlecht würde ich sagen“, gab ET zu.

    „Stimmt“, mischte sich nun Buffer ein, der wieder auf die Brücke gekommen war, nachdem er seinen Auftrag ausgeführt hatte. „Sie scheint eine Art Allroundtalent zu sein. Egal, was man ihr aufträgt, sie erledigt es gut.“

    „Na, dann lasst ihr eben einfach mehr Zeit, sich an uns zu gewöhnen.“

    Nikkis Tonfall ließ deutlich erkennen, dass sie die Diskussion für beendet hielt. Kate McGregor, die sich eines Kommentars enthalten hatte, schmunzelte darüber, wie sich die Männer dem unausgesprochenen Befehl der ranghöheren Offizierin beugten und sich wieder ihrer Arbeit widmeten.




    tbc.
    Geändert von Zeson (06.04.2013 um 13:39 Uhr)
    "It is better to have loved and lost than never to have loved at all"

    Möge alles, was Ihr mir wünscht, tausendfach auf Euch zurückfallen.

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  2. Danke sagten:


  3. #2
    Captain Avatar von Evaine
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    Ich weiß, Eigenlob stinkt... aber hier ist eine spannende Geschichte, die sich wirklich zu lesen könnt... mit Ausnahme des Epilogs (fehlt noch) kenne ich sie (als Beta) und kann es beurteilen.
    Ich wünsche Dir das, was für dich am Besten ist.

  4. Danke sagten:


  5. #3
    First Lieutenant Avatar von Zeson
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    Vielen Dank an die "Danke"-Drücker Evaine, Galaxy und Gwelwen. Besonderen Dank an Evaine, die fleissig die Werbetrommel rührt ...
    Ich weiß, nach nur einem Kapitel kann man noch nicht viel sagen, aber es wäre nett, wenn alle diejenigen, denen die Story gefällt, wenigstens ein "Danke" hinterlassen könnten, damit ich weiß, dass es sich lohnt, weiterzumachen ...

    Und hier kommt das zweite Kapitel:







    Kapitel 2: Sorgen


    HMAS Hammersley, 17:10 Uhr, erste Hundewache, Arafura-See


    Mike Flynn saß im Kommandosessel auf der Brücke und beobachtete durch sein Fernglas, wie die Entermannschaft ein Fischerboot übernahm. Es gab kaum Widerstand, nur der Kapitän des Bootes schien sich zu wehren.

    „Charlie 82 an X-Ray 82: Gibt es Schwierigkeiten?“, fragte er über Funk.

    „X-Ray 82 an Charlie 82: Nein, Sir, nichts, was wir nicht im Griff hätten. Der Captain meinte, er müsse uns daran hindern, sein Boot zu übernehmen. EJ hat ihn handgreiflich davon überzeugt, dass wir im Recht sind“, antwortete Kate McGregor deutlich.

    „Wurde jemand verletzt?“

    „Nein, alles okay. EJ wurde zwar gegen die Wand der Kajüte geschleudert, aber sie scheint keine ernsthaften Verletzungen zu haben.“

    „In Ordnung, X-Ray 82. Haben Sie etwas Verdächtiges gefunden?“

    „Illegalen Fang aus unseren Gewässern, Sir. Wir sollten sie den Feds übergeben und unsere Patrouille fortsetzen. X-Ray 82 Ende.“

    „Gut, lassen Sie eine Überführungsmannschaft an Bord und kommen Sie zurück. Charlie 82 Ende.“

    Aufseufzend lehnte sich der CO zurück. Mit diesen Aktionen war immer ein gewisses Risiko verbunden, aber das brachte der Dienst in der Marine nun einmal so mit sich. Er war um jedes Mal dankbar, das so vorschriftsmäßig und ohne Zwischenfälle ablief.

    Unwillkürlich wanderten seine Gedanken zu der jungen Frau, die sich auch dieses Mal wieder gut geschlagen hatte. EJ schien sich seine Ermahnung zu Herzen genommen zu haben. Sie sonderte sich nicht mehr so sehr von der Mannschaft ab, aber sie trug auch nicht unbedingt zur Unterhaltung bei. Ein ums andere Mal hatte er schon gehört, dass sie bei den Männern als arrogant und unnahbar galt. Allerdings war ihnen nach anfänglichem Zögern, mit ihr zusammenzuarbeiten, bald klar geworden, dass sie ihre Arbeit zügig und kompetent erledigte. Die Männer rissen sich nicht um sie, arbeiteten aber gerne in einem Team, dem sie angehörte. Sie hatten schnell gemerkt, dass man sich auf EJ verlassen konnte, auch wenn sie sich nach wie vor sehr zurückhielt.

    In den wenigen Wochen, seit sie auf der Hammersley diente, war es Mike noch nicht gelungen, ein weiteres Gespräch mit ihr zu führen. Sie beherrschte es meisterhaft, ihm auszuweichen. Befehlen wollte er es ihr nicht, denn er wusste, dass er kein Wort aus ihr herauslocken würde, sollte er zu diesem Mittel greifen. Bereits als Teenager hatte sie auf Befehle ziemlich allergisch reagiert, wie er sich schmunzelnd erinnerte. Umso mehr erstaunte es ihn, dass sie zur Navy gegangen war und er fragte sich immer wieder, was sie zu diesem für sie doch recht untypischen Schritt getrieben hatte.

    Bei den seltenen Malen, die sie auf einer der Inseln angelegt hatten, um Vorräte und Treibstoff zu ergänzen, war sie auf dem Schiff geblieben und hatte sich nicht den anderen zum Landgang angeschlossen. Er hatte es auch nicht anders erwartet, doch es beunruhigte ihn. Noch immer hatte er sich nicht daran gewöhnt, sie so still und zurückhaltend zu sehen. Er hatte sich inzwischen sogar daran erinnert, dass sie damals für ihn geschwärmt hatte. Er hatte das nie ernst genommen, aber es hatte ihm doch irgendwie geschmeichelt. Nun, vermutlich verliebten sich viele Mädchen in die älteren Brüder ihrer Freundinnen. Offensichtlich hatte sie diese Schwärmerei ja gut überstanden. Er bedauerte allerdings, dass er sie nicht vor dem hatte bewahren können, was in den letzten zehn Jahren geschehen sein musste. Er hatte sich immer auch als ihr „großer Bruder“ gesehen, doch nun schien es ihm, als hätte er in dieser Funktion böse versagt.

    Er erhob sich und ging an Deck, um zu beobachten, wie die Entermannschaft zurück an Bord kam. ET und Seaman Billy „Spider“ Webb waren an Bord des Fischerbootes geblieben, um es zum Stützpunkt zurückzubringen und den Bundesbehörden zu übergeben. XO, Buffer, Charge und EJ wurden gerade mit dem Beiboot an Deck gehievt.

    „Aktion erfolgreich abgeschlossen, Sir“, meldete Kate.

    Mike nickte ihr zu.

    „Gut gemacht, Leute“, lobte er dann und sah ihnen nach, als sie unter Deck gingen. Dabei fiel ihm auf, dass sich EJ etwas vorsichtig zu bewegen schien. Sie hatte jedoch nicht den Eindruck gemacht, als sei sie verletzt.

    „Vermutlich bilde ich es mir nur ein. Langsam werde ich schon paranoid, was EJ betrifft“, dachte er.

    Dann schmunzelte er plötzlich. Er hatte sich bereits einer Art Verhör durch Kate unterziehen müssen, welcher sein Interesse an der jungen Frau natürlich nicht entgangen war. Er hatte sie jedoch beruhigen können, indem er ihr erzählte, was er über EJs Vergangenheit wusste. Er hatte ihr sogar gestanden, dass er sich immer noch wie ihr älterer Bruder fühlte und sich deshalb Sorgen um sie machte. Nach diesem Gespräch hatte er dann beobachten können, dass seine XO versuchte, EJ etwas mehr in die Mannschaft zu integrieren. Große Erfolge hatte sie dabei jedoch nicht erzielen können.


    ***


    Am gleichen Abend ging es an der Essensausgabe hoch her. Rebecca „Bomber“ Brown hatte Pizza zum Abendessen zubereitet, die bei allen sehr beliebt war. Dazu hatte sie einen gemischten Salat gemacht, der allerdings keinen so regen Zuspruch fand. Bomber war jedoch bereits daran gewöhnt, dass man ihre Kameraden dazu zwingen musste, auch etwas Gesundes zu sich zu nehmen. Die Einzige, die mehr Salat als Pizza genommen hatte, war EJ gewesen, aber Bomber konnte beobachten, dass sie kaum einen Bissen zu sich nahm. Seufzend machte sie ein Tablett fertig, um der wachhabenden Mannschaft die Mahlzeit auf die Brücke zu bringen. Sie stellte jedoch fest, dass sie nicht alles auf einmal würde transportieren können, da die Teller ziemlich groß waren und die extra Schüsselchen mit Salat nicht mehr auf das Tablett passten. Leise vor sich hin fluchend, balancierte sie ihre Last durch den Gang, als sie eine leise Stimme hinter sich vernahm.

    „Komm, ich helfe Dir“, meinte EJ und trug ein weiteres Tablett mit den Salatschüsseln hinter ihr her.

    „Du musst nicht ...“, begann Rebecca, verstummte jedoch, als sie EJs Gesichtsausdruck bemerkte. Ihre Züge wirkten wie versteinert und von ihren Lippen sah man nur noch einen schmalen Strich.

    „Was ist denn los?“, fragte sie erschrocken, erntete aber nur ein Kopfschütteln.

    „Nichts, alles in Ordnung“, murmelte EJ und schob sich an ihrer Kabinengenossin vorbei.

    Mit einem besorgten Blick folgte Bomber ihr. Aus Erfahrung wusste sie, dass EJ ihr nichts verraten würde. Auch wenn sie sich in letzter Zeit etwas weniger zugeknöpft gab, hatte sie doch immer wieder diese Phasen, in denen sie sich verschloss wie eine Auster. Es war frustrierend, denn eigentlich mochte Bomber die junge Frau. Obwohl EJ einige Jahre älter war als sie, nahm Rebecca einen höheren Rang ein als diese und hatte ab und zu das Gefühl, die Ältere beschützen zu müssen. Es war etwas an ihr, das sie manchmal irgendwie hilflos wirken ließ, obwohl sie sich nach außen hin meist sehr forsch gab. Aber Bomber war in so mancher Nacht von einem Wimmern aufgewacht, das aus der oberen Koje kam. EJ litt an Albträumen und das beunruhigte die junge Frau sehr.

    Nachdem sie das Essen an die Wachmannschaft ausgeteilt hatten, half EJ wie selbstverständlich dabei, die Kombüse aufzuräumen. Bombers Protest wischte sie einfach beiseite. Fast schien es, als wollte sie nicht allein sein, was sehr ungewöhnlich war. Rebecca entschloss sich jedoch, darüber keine Bemerkung zu machen.


    ***


    Am nächsten Morgen erwachte Bomber als erste und duschte schnell, bevor sie sich auf zur Kombüse machen wollte, um das Frühstück vorzubereiten. Als sie aus der winzigen Nasszelle zurück in die Kabine kam, sah sie eben noch, wie EJ das T-Shirt über eine hässliche Prellung zog, die sich über ihren Rippen ausbreitete.

    „EJ, verdammt, was ist das?“, rief sie erschrocken aus.

    „Nichts“, kam die knappe Antwort.

    „Aber ... das muss doch wehtun“, stammelte Rebecca. „Du musst das untersuchen lassen. Die Rippen sind bestimmt geprellt oder sogar gebrochen ...“

    „Ich sagte doch, es ist nichts“, herrschte EJ sie an. „Lass mich einfach in Ruhe!“

    „Wie Du willst“, murmelte Bomber beleidigt. „Aber ich muss das melden.“

    „Das wirst Du nicht tun.“ Drohend kam EJ auf sie zu. „Ich hatte im Nahkampf ausgezeichnete Bewertungen. Also untersteh Dich ...“

    Bomber wich ein wenig zurück.

    „Ja, schon gut. Aber vergiss nicht, dass ich ebenfalls eine Nahkampfausbildung habe. Und ich habe den höheren Rang ...“

    Wortlos drehte EJ sich um, nahm ihre Uniformjacke und ging zur Tür. Mit einem abschließenden drohenden Blick verließ sie schließlich das gemeinsame Quartier. Frustriert aufseufzend kleidete Bomber sich an und eilte dann zur Kombüse. Am selben Abend jedoch legte sie ohne einen Kommentar eine Tube Salbe gegen Prellungen auf EJs Koje.





    tbc.
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  6. Danke sagten:


  7. #4
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    Vielen Dank an die Danke-Drücker Am17, Evaine und Galaxy. Schön, Dich bei meinen Lesern begrüßen zu dürfen, Am.

    Und schon geht es weiter mit dem nächsten Kapitel:







    Kapitel 3: Ein hoffnungsloser Fall?


    HMAS Hammersley, 10:30 Uhr Vormittagswache, Arafura-See


    Es klopfte an Mike Flynns Tür und Buffer streckte den Kopf herein.

    „Sie wollten mich sprechen, Sir?“, fragte er.

    „Ja, sicher, kommen Sie rein, Buffer“, meinte der Captain und drehte sich mit dem Schreibtischstuhl herum. „Schließen Sie bitte die Tür.“

    Pete kam dieser Aufforderung nach und blieb abwartend stehen. Er ahnte, worauf das kommende Gespräch abzielte und bekam gleich darauf die Bestätigung.

    „Wir sind jetzt bereits mehrere Wochen auf See“, begann sein CO. „Unsere Neuen sollten sich inzwischen eingewöhnt haben. Wie machen sie sich? Was ist Ihr Eindruck?“

    Buffer räusperte sich, bevor er bedächtig antwortete.

    „Die Seamen Smith, Jones und Monroe haben sich an Bord gut eingelebt. Es gibt keine Klagen und sie arbeiten gut.“

    „Und EJ? Hat sie sich gebessert?“

    „Sagen Sie es mir, Sir. Sie beobachten sie doch ziemlich genau ...“, wagte Pete sich vor.

    Mike sah seinen Bootsmann abschätzend an, aber dieser ließ nicht erkennen, was er dachte. Schließlich nickte Flynn.

    „Ich mache mir Sorgen um sie. Es ist nicht normal, dass sie keinen Kontakt zu anderen Menschen sucht.“

    „Ich glaube, mit Bomber versteht sie sich ganz gut“, bemerkte Buffer. „Sie ist ein wenig ... nun, ich würde nicht gerade sagen, offener geworden, aber ... vielleicht könnte man es zugänglicher nennen.“ Ernst erwiderte er den besorgten Blick seines Vorgesetzten. Dann zeigte sich ein kleines Schmunzeln um seinen Mund. „Manchmal spricht sie sogar.“

    „Tatsächlich“, erwiderte Mike mit einem leichten Lächeln, das jedoch seine Besorgnis nicht überdecken konnte. Auch er hatte eine Entwicklung zum Positiven bei der jungen Frau bemerkt, aber ihm war auch aufgefallen, dass sie ihren Kameraden mit deutlichem Misstrauen begegnete. Das hatte nichts mit der Arbeit zu tun, sondern betraf rein den persönlichen Bereich.

    „Was ihre Arbeit anbelangt, kann ich nur Gutes berichten“, bestätigte Buffer ihm nun auch. „Sie scheut sich nicht vor unangenehmen Tätigkeiten, weiß sich zu schützen und zögert auch nicht, im Notfall von der Waffe Gebrauch zu machen. Dabei ist sie nicht nur um die eigene Sicherheit bemüht, sondern setzt sich vor allem für ihre Kameraden ein. Eigentlich ein vorbildlicher Seaman, der eine Beförderung längst verdient hätte, wäre da nicht ...“

    „Ja, ich weiß“, seufzte Mike. „Ich habe mich bei NAVCOM kundig gemacht, warum sie zur Hammersley versetzt wurde. Sie war vorher bereits auf vier anderen Schiffen, wussten Sie das?“

    Buffers Augen weiteten sich vor Überraschung. Vier Schiffe in zwei Jahren, das war sehr ungewöhnlich.

    „Die Antwort von Commander Marshall hat mich dann auch nicht mehr sehr verwundert, muss ich zugeben“, bekannte der Captain. „Mir war klar, dass es mit ihrem Verhalten zu tun haben musste. Als er mir allerdings mitteilte, dass er die Hammersley als letzte Chance für sie betrachtete, war ich schon verblüfft.“

    „Das kann ich verstehen“, nickte Pete. „So allmählich scheint mir, dass NAVCOM uns als eine Art Reha-Zentrum für hoffnungslose Fälle ansieht.“

    Diese Bemerkung entlockte Flynn ein Schmunzeln.

    „Genau das habe ich dem Commander auch gesagt.“

    Buffer grinste. So kannte er seinen CO. Der nahm selbst bei seinen Vorgesetzten kein Blatt vor den Mund.

    „Also, was schlagen Sie vor, Buffer?“, kam Mike wieder auf das eigentliche Thema zurück.

    „Ich würde abwarten, Sir. Vielleicht braucht sie einfach mehr Zeit, um sich an die Leute hier zu gewöhnen. Wir sind schließlich keine Menschenfresser.“

    „Nein, das sind wir nicht und irgendwann wird sie das wohl auch begreifen, denke ich. Also gut, solange sie ihre Arbeit zur Zufriedenheit erledigt, drücke ich ein Auge zu. Aber ich bitte darum, dass ich sofort unterrichtet werde, falls es irgendwelche Vorkommnisse gibt.“

    „Selbstverständlich, Sir. Ich werde Sie auf dem Laufenden halten.“

    Mit diesen Worten wandte sich der Bootsmann zur Tür, zögerte beim Hinausgehen aber noch einmal kurz.

    „Übrigens, Sir, sie arbeitet nicht nur zufriedenstellend, sondern hervorragend.“

    Verblüfft sah Mike ihm nach, als er die Kabine verließ und den Gang hinunter ging. Was war denn das gewesen? Hatte er Buffer gerade richtig verstanden? Er hatte EJ gelobt? War er nicht zu Anfang ebenso gegen sie eingestellt gewesen wie der Rest der Crew? Nachdenklich wandte er sich wieder den Berichten zu, die er noch gegenzeichnen musste, und war bald wieder ganz in seine Arbeit vertieft.



    ***



    Einige Tage später betrat Bomber mit schmerzerfülltem Gesicht ihre Kabine. Vorsichtig ließ sie sich auf ihrer Koje nieder und konnte dabei ein Aufstöhnen nicht unterdrücken. Alarmiert setzte EJ, die ihre Freiwache wie üblich in ihrem Quartier verbrachte, sich auf und legte ihr Buch zur Seite.

    „Was ist denn mit Dir los?“, fragte sie erschrocken, als sie Rebecca sah, die verkrümmt auf dem Bett kauerte.

    „Ich glaube, ich hab mir einen Muskel gezerrt“, stöhnte diese. „Beim Verstauen der Vorräte ... eine blöde falsche Bewegung und auf einmal schoss es mir in den Rücken.“

    „Lass mal sehen.“

    EJ sprang vom oberen Bett und fing an, Bombers Rücken abzutasten.

    „Lass nur, das vergeht schon wieder“, versucht diese, sie abzuwehren.

    „Jetzt halt still, Bomber. Mit dem Rücken ist nicht zu spaßen“, versetzte EJ energisch. „Dass Du aber auch nicht aufpassen kannst. Wahrscheinlich hast Du Dich wieder nur gebückt, um eine schwere Kiste aufzuheben ...“

    Verlegen schwieg Bomber und zeigte der anderen Frau damit, dass sie den Nagel auf den Kopf getroffen hatte. Plötzlich zuckte sie zusammen.

    „Autsch, verdammt, was machst Du da? Das tut weh!“

    „Mensch, kein Wunder, dass Du Dir den Rücken verrissen hast. Du bist ja völlig verspannt. Ich vermute mal, dass Du Dir einen Nerv eingeklemmt hast“, stellte EJ ungerührt fest. „Das sollte Swain sich einmal ansehen.“

    „Ach, der kann mir auch höchstens ein Schmerzmittel verpassen“, meinte Bomber. „Ich befürchte, das Abendessen fällt damit flach ...“

    „Willst DU es dem CO beichten oder soll ICH ihm sagen, dass Du aus purer Dummheit heute nicht kochen kannst?“, stichelte EJ.

    Bomber funkelte sie wütend an und wollte auffahren, aber der Schmerz im Rücken zwang sie fast in die Knie. Kleinlaut gab sie nach.

    „Okay, Du hast gewonnen, ich gehe zu Swain. Ob ich allerdings ein anständiges Essen zustande bringe ...?“

    Zufrieden über den kleinen Sieg zeigte EJ sich versöhnlich.

    „Hol Du Dir erst einmal was gegen die Schmerzen, danach bekommst Du eine Massage, die die Muskeln lockert und anschließend helfe ich Dir beim Kochen, einverstanden?“

    „Und woher bekomme ich die Massage?“, fragte Bomber misstrauisch.

    „Von mir, Du Dummerchen. Ich hab das mal gelernt, keine Sorge.“

    „Na gut. Und Du hilfst mir tatsächlich beim Kochen?“

    „Klar. Wenn Du mir sagst, was ich tun soll, bekommen wir das schon hin. Würzen kannst Du ja selbst, wenn Du mir nicht traust.“

    Vorsichtig erhob sich Bomber und warf noch einen leicht argwöhnischen Blick auf ihre Kameradin, bevor sie sich zum Sanitätsraum aufmachte. So viel hatte sie EJ noch nie am Stück reden hören. Allein die Information, dass ihre Kameradin offenbar eine gelernte Masseurin war, fand sie ziemlich erstaunlich. Sie war nun wirklich gespannt darauf, ob EJ ihren Rücken tatsächlich fachkundig behandeln konnte.

    Swain war ziemlich entsetzt über ihren Zustand, als er Bomber ein Schmerzmittel verabreichte. Der Köchin war allerdings klar, dass er sich mindestens eben so sehr um die Mahlzeiten sorgte wie um ihren Gesundheitszustand. Mit einem etwas kläglichen Grinsen versicherte sie ihm, dass das Abendessen rechtzeitig mit EJs Hilfe serviert werden würde. Allerdings schien ihn diese Aussicht nicht sonderlich zu beruhigen.

    Zurück in ihrem Quartier stellte Bomber fest, dass EJ nicht untätig gewesen war. Sie hatte ein Handtuch auf ihrer Koje ausgebreitet und eine kleine Flasche mit Massageöl bereitgestellt. Rebecca wunderte sich zwar ein wenig, woher sie dieses gezaubert hatte, fragte aber nicht danach.

    „Zuerst kommt der schwierigste Teil“, erklärte ihre Kameradin. „Du musst auf die obere Koje klettern.“

    Bomber akzeptierte das mit einem knappen Nicken. Ihr war klar, dass der Platz auf ihrem eigenen Bett nicht ausreichte, da man unten kaum Kopffreiheit hatte. Sie zog sich vorsichtig das Shirt über den Kopf. Mit zusammengebissenen Zähnen und vereinten Kräften schaffte sie anschließend den Aufstieg und legte sich bäuchlings hin.

    „Okay, das hätten wir. Jetzt wundere Dich bitte nicht, ich muss mich nämlich auf Deine Oberschenkel setzen, um Dich massieren zu können.“

    Mit diesen Worten kletterte EJ ihr hinterher und setzte sich in Position. Dann nahm sie das Massageöl, gab eine geringe Menge davon auf ihre Hand und verrieb es ein wenig, um es anzuwärmen. Schließlich begann sie mit der Massage. Behutsam knetete sie die Schulter- und Rückenmuskulatur, bis sie anfing, lockerer zu werden. Bomber entfuhr so manches Mal ein Laut des Schmerzes, aber sie merkte auch bald, dass die Behandlung ihr gut tat. Etwa eine halbe Stunde lang wurde sie durchgeknetet, bis EJ zufrieden war, die Massage beendete und von der Koje stieg.

    „Okay, Bomber, Du bleibst jetzt noch eine Weile liegen und sagst mir, was ich in der Kombüse tun soll“, meinte sie und deckte die Jüngere mit einer Decke zu.

    „Aber ...“, wollte diese protestieren, wurde aber sofort unterbrochen.

    „Wenn Du jetzt Zugluft an den Rücken bekommst, war meine ganze Mühe umsonst. Bleib einfach liegen und genieße einen Moment des Nichtstuns, ja?“

    Ergeben nickte Rebecca und schloss die Augen. Dann begann sie leise, der Anderen zu erklären, was sie für die Abendmahlzeit geplant hatte und welche Vorbereitungen zu treffen waren. EJ hörte aufmerksam zu und merkte sich alles, was Bomber ihr sagte. Als deren Stimme immer leiser wurde und schließlich verstummte, lächelte sie leicht und begab sich dann in die Kombüse, um die Anweisungen der Köchin zu befolgen.

    Eine Stunde später betrat Bomber verstimmt den Raum.

    „Du hast mich schlafen lassen“, sagte sie vorwurfsvoll.

    „Das war der Sinn der Sache“, antwortete EJ unbeeindruckt. „Wie fühlst Du Dich?“

    „Besser.“

    Das klang so widerstrebend, dass EJ unwillkürlich lachen musste. Bomber sah sie mit großen Augen an.

    „Was ist?“, fragte EJ.

    „Du ... Du hast gelacht.“

    Schlagartig wurde EJ wieder ernst und verschlossen.

    „Wehe, Du verrätst das jemandem“, drohte sie.

    „Aber ... warum denn? Es ist schön, Dich auch einmal lachen zu sehen. Ich dachte schon, Du weißt gar nicht, wie das geht.“

    „Glaub mir, Kleines, ich habe Dinge erlebt, die einem das Lachen austreiben“, erklärte EJ finster und drehte sich dann wieder zu ihrer Arbeit. „Und nun sag mir lieber, was ich jetzt tun muss.“

    Bomber beschloss, nicht weiter auf dem Thema herumzureiten und gemeinsam bereiteten sie das Abendessen zu, wobei die Ältere die Hauptarbeit übernahm.

    Keine von beiden hatte bemerkt, dass sich jemand auf dem Gang vor der Essensausgabe befunden und ihr Gespräch mitbekommen hatte. Leise zog sich Buffer zurück. Das Erlauschte hatte ihn nachdenklich gemacht. Anfangs hatte er sich gefreut, dass EJ sich fast normal benahm und als er sie lachen hörte, wäre er fast bis zur Kombüse gegangen, um sie dabei zu sehen. Ihr Hinweis auf die Vergangenheit hatte ihn jedoch betroffen innehalten lassen. Allmählich erkannte er, dass die junge Frau wohl nicht immer so verschlossen gewesen war, wie sie sich heute gab. Was auch immer sie erlebt hatte, es hatte seine Spuren hinterlassen. Insgeheim schwor er sich, ihr Geheimnis eines Tages zu ergründen.



    tbc.
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    Möge alles, was Ihr mir wünscht, tausendfach auf Euch zurückfallen.

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    Vielen Dank, Evaine, Galaxy und Gwelwen, für das Drücken des Knöpfchens. Schön, dass Ihr weiterhin ineressiert seid ...






    Kapitel 4: Geheimnisse



    HMAS Hammersley, 10:35 Uhr Vormittagswache, Arafura-See


    „Hey, Bomber, wie geht es Dir?“

    Mit besorgter Miene streckte Swain den Kopf in die Kombüse, in der die Angesprochene herumhantierte.

    „Gut“, antwortete sie recht knapp und fuhr damit fort, das abgewaschene Geschirr zu verstauen.

    „Was? Aber Dein Rücken ... gestern konntest Du Dich doch kaum rühren“, staunte der Sanitätsoffizier und kam ganz in den Raum.

    „Ach, das war nicht so schlimm, wie es sich zuerst angefühlt hat“, wich Bomber aus.

    „Nun red keinen Unsinn. So schnell vergeht so was nicht.“

    „Nein, ehrlich, es geht mir wieder richtig gut“, versicherte die junge Frau. Sie hatte EJ versprechen müssen, niemandem etwas zu verraten. Ihre Kameradin wollte nicht, dass ihre Fähigkeiten auf dem Boot bekannt wurden.

    Prüfend sah Swain ihr zu, wie sie weiter aufräumte. Er registrierte dabei, dass sie sich tatsächlich völlig normal bewegte, als habe es die Schmerzattacke am vorigen Abend nie gegeben.

    „Irgendwas stimmt hier nicht“, stellte er mit gerunzelter Stirn fest und lehnte sich mit verschränkten Armen an den Schrank, den Bomber gerade öffnen wollte. „Du sagst mir jetzt auf der Stelle, was Du getan hast.“

    „Geh mir aus dem Weg, Swain, ich muss arbeiten.“

    Mit diesen Worten wollte sie ihn zur Seite schieben, aber der Petty Officer rührte sich nicht von der Stelle.

    „Entweder, Du rückst mit der Sprache raus oder wir gehen zum CO“, drohte er.

    „Das ist doch lächerlich, Swain. Du kannst mich doch wegen so einer Lappalie nicht zum CO schleifen ...“, versuchte es Bomber noch einmal, aber ihr Gegenüber war unerbittlich.

    „Es war keine Lappalie, wie Du es ausdrückst. Dass Du keine Schmerzen mehr hast, grenzt an Hexenwerk, und an Zauberei glaube ich nun mal nicht. Also, wie sieht es aus ...?“

    Fast ergab sich die junge Frau, aber dann wagte sie noch einen letzten Protest.

    „Ich kann es Dir nicht sagen, Swain, ich hab es versprochen.“

    „Wie Du willst“, meinte dieser und verließ mit einem letzten Blick auf die mit hängenden Schultern und einem zerknirschten Gesicht da stehende Köchin den Raum.

    Kurze Zeit später bestellte der CO sie in einer Durchsage in sein Büro. Als sie dort eintraf, wurde sie gebeten, einzutreten und die Tür zu schließen. Sie warf einen finsteren Blick auf den mit einem triumphierenden Grinsen im Gesicht neben Mike Flynn stehenden Sanitätsoffizier und tat, wie geheißen.

    „Wie Swain mir soeben berichtete, wurden Sie auf wundersame Weise von ihren Rückenschmerzen befreit?“, begann der CO mit ernstem Gesichtsausdruck das Gespräch.

    Mit zu einem Strich zusammengepressten Lippen nickte sie und wich seinem Blick aus.

    „Ist das alles, was Sie dazu zu sagen haben, Seaman Brown?“

    Aus seiner Stimme war Ungeduld, aber auch eine gewisse Besorgnis herauszuhören. Wieder nickte Bomber nur.

    Mike seufzte auf.

    „Hören Sie, Bomber, wenn es auf der Hammersley etwas oder jemanden gibt, der den Leuten so gut helfen kann, dann muss ich das wissen.“

    Die junge Frau sah ihn noch immer nicht an, sondern starrte zu Boden. Flynn wechselte einen Blick mit seinem Sanitätsoffizier, dessen Miene immer verkniffener wurde.

    „Swain, würden Sie mich bitte einen Moment mit Seaman Brown allein lassen?“, bat er dann.

    Chris sah ihn an, nickte dann knapp und drückte sich an Bomber vorbei, um den Raum zu verlassen. Dabei warf er ihr einen drohenden Blick zu, den sie trotzig erwiderte.

    „In Ordnung, Bomber, nun sind wir unter uns. Warum wollen Sie mir nicht sagen, was es mit dieser „wundersamen Heilung“, von der Swain mir berichtete, auf sich hat?“

    Noch einmal schluckte Bomber, dann sah sie den CO an.

    „Sir, es ist ... ich ... ich habe versprochen, niemandem etwas darüber zu erzählen.“

    Verlegen nestelte sie an den Knöpfen ihres Overalls herum.

    Nachdenklich musterte Mike sie. Dieser Hinweis genügte ihm schon, um ihn auf die richtige Spur zu bringen.

    „EJ“, murmelte er. „Ich hätte es mir denken können. Aber wenn sie so etwas kann, warum will sie dann nicht, dass es bekannt wird?“

    Er rieb sich das Kinn, erhob sich dann und öffnete die Tür.

    „Swain, bitte suchen sie Seaman Kingston und bringen Sie sie her“, bat er den wartenden Petty Officer. Dann drehte er sich wieder zu der unruhig das Gewicht von einem Bein aufs andere verlagernden Köchin um.

    „Keine Sorge, Bomber, sie haben ja nichts gesagt“, versuchte er sie zu beruhigen.

    „Nein, Sir ... ja, Sir ... ich meine ... kann ich jetzt gehen, Sir?“

    „Nein, Sie bleiben. Ich möchte nicht, dass Sie mit Ihrer Kabinengenossin Ärger bekommen, deshalb werde ich selbst klarstellen, dass Sie mit keinem Ton etwas verraten haben.“

    Amüsiert registrierte er den erleichterten Blick, den sie ihm zuwarf, und lächelte ihr aufmunternd zu. Kurz darauf klopfte es am Türrahmen und Swain betrat mit der widerstrebenden EJ den Raum, in dem es nun recht eng wurde.

    „Sir ...“, meinte er und stellte sich dann neben Mike, der ihm zunickte.

    „Seaman Kingston“, begann der CO. „Haben Sie mir etwas zu sagen bezüglich der raschen Genesung unserer Köchin?“

    EJ stand stramm und warf Bomber einen finsteren Blick zu. Diese straffte die Schultern, gab einen entschuldigenden Blick zurück und sah dann wieder geradeaus zu den beiden Männern.

    „Nein, Sir“, antwortete EJ knapp und blickte starr geradeaus.

    „Sind Sie sicher? An Ihrer Stelle würde ich mir das noch einmal gut überlegen. Und übrigens: Seaman Brown hat uns in diesem Fall leider auch nicht weiterhelfen können. Sie ließ keinen Ton darüber verlauten.“

    Mit versteinerter Miene presste EJ die Lippen zusammen. Nur ganz kurz war so etwas wie Überraschung in ihren Augen aufgeblitzt. Mike aber hatte es gesehen und machte sich seinen Reim darauf. Er wartete noch einen Moment, aber als sie nach wie vor beharrlich schwieg, verschränkte er die Hände hinter dem Rücken und sah sie streng an.

    „Nun gut, wenn Sie nicht reden wollen, dann entbinden Sie wenigstens Seaman Brown von ihrem Versprechen.“

    EJ gab jedoch weiterhin keinen Ton von sich und richtete ihren Blick eisern auf die gegenüberliegende Bordwand. Der CO wartete noch einen Moment, dann drehte er sich zu seinem Sanitätsoffizier um, der seinen Blick ratlos zurückgab.

    „Also gut, wenn Sie es nicht anders haben wollen ... Swain, Bomber, bitte lassen Sie uns allein. Ich werde unter vier Augen mit Seaman Kingston sprechen.“

    Die beiden Angesprochenen nickten, die eine erleichtert, der andere mit sichtbarer Enttäuschung, und verließen den Raum.

    „Schließen Sie bitte die Tür“, bat Mike mit gefährlich leiser Stimme und ließ sich auf seinen Stuhl fallen. Einen Moment versuchte er sich noch zu sammeln, aber dann brach es aus ihm heraus.

    „Verdammt noch mal, EJ, was denkst Du Dir eigentlich dabei? Weißt Du, wie Du mich gerade hast aussehen lassen? Wie einen Idioten!“

    Er schlug mit der Faust auf den Tisch und erzeugte damit eine erste Reaktion der jungen Frau, die zusammenzuckte und einen Schritt zurück wich. Verblüfft sah der CO auf und erhaschte gerade noch einen Blick in vor Entsetzen aufgerissene Augen, bevor sich die gewohnte Emotionslosigkeit wieder wie ein Vorhang über ihren Blick senkte.

    „EJ?“, fragte er besorgt, aber sie hatte sich bereits wieder gefangen. Er sah sie abwartend an, aber sie schien nicht gewillt, ihm auch nur einen halben Schritt entgegen zu kommen. Frustriert strich er sich über das Gesicht.

    „Was soll ich nur mit Dir anfangen, EJ?“, fragte er seufzend. „Du hast anscheinend eine Fähigkeit, die der ganzen Mannschaft zugutekommen könnte, aber Du willst sie nicht teilen. Ich verstehe das nicht. In der letzten Zeit bist Du immer mehr aus Dir heraus gegangen, bist offener geworden und hast Dich angepasst ... und nun das.“

    Er schüttelte den Kopf und sah sie vorwurfsvoll an.

    „Warum willst Du nicht Deinen Beitrag zum Wohle aller leisten?“

    „Bei allem Respekt, Sir“, sagte sie plötzlich, „ich denke schon, dass ich meinen Beitrag auf dem Boot leiste. Über meine Arbeit hat sich noch niemand beschwert.“

    Wieder seufzte Mike schwer.

    „Nein, im Gegenteil, Buffer hat Dich sogar dafür gelobt. Aber ich meinte etwas ganz anderes: Du hast offensichtlich die Gabe, anderen Menschen zu helfen, wenn sie Schmerzen haben, die Swain nicht behandeln kann. Du machst jedoch ein Geheimnis draus, niemand soll etwas davon erfahren. Das nenne ich extrem unkameradschaftlich ...“

    „Ist es das? Oder versuche ich nur, meine Privatsphäre zu schützen?“

    Erstaunt sah Mike sie an. Einen solchen Satz hatte er nicht erwartet. Dieser Versuch, sich zu verteidigen, erinnerte ein wenig an das junge Mädchen, das sie gewesen war und er lächelte sie wehmütig an.

    „Viel Privatsphäre gibt es auf einem Patrouillenboot nicht, EJ, das solltest Du bereits gemerkt haben.“

    „Eben deshalb bin ich so darauf bedacht, mir diesen kleinen Rest zu bewahren, Sir.“

    „Hier geht es aber nicht um Dein Privatleben, EJ. Du verheimlichst uns etwas, das allen nützen könnte. Das ist nicht ganz fair, findest Du nicht?“

    Diesmal konnte er deutlich erkennen, wie es in ihr arbeitete. Nachdenklich sah sie ihn an und schließlich gab sie sich einen Ruck.

    „Ich habe eine physiotherapeutische Ausbildung“, gab sie leise zu.

    „Willst Du damit sagen, dass Du ...“, fragte Mike verblüfft und setzte sich auf.

    „Ich habe Bomber gestern massiert und ihre Muskeln gelockert. Zusammen mit der relativen Ruhe hat das bewirkt, dass sich der eingeklemmte Nerv wieder löste“, erklärte sie.

    Angesichts seines Gesichtsausdrucks musste EJ plötzlich lächeln. Sie hatte den CO völlig verblüfft. Das war ihr bei Mike noch nie zuvor gelungen. Aus dem Lächeln wurde ein fast spitzbübisches Grinsen, als sie beobachtete, wie er sich wieder zu sammeln versuchte.

    „EJ, das ... “, stammelte er, räusperte sich einmal und fuhr dann mit gefasster Stimme fort: „Das ist wirklich toll. So ein Können ... EJ, das wäre wirklich eine große Hilfe. Du könntest zusammen mit Swain ...“

    „Nein, bitte, Mike“, unterbrach sie ihn erschrocken und bemerkte dabei gar nicht, dass sie ihn das erste Mal, seit sie auf dem Boot war, mit dem Vornamen angesprochen hatte. „Ich bin kein Sanitäter und meine Kenntnisse bei der medizinischen Versorgung sind nur sehr gering.“

    „Nein, Du verstehst mich falsch. Ich möchte Dich ihm nicht als Sanitäterin zur Seite stellen. Ich dachte eher an vorbeugende Maßnahmen oder die Nachbehandlung von Verletzungen. Das ist es doch, was ein Physiotherapeut macht, oder?“

    Widerstrebend nickte sie. Er hatte ihr Berufsbild ziemlich gut umrissen.

    „Du hast diesen Beruf zwar aufgegeben, aber ich glaube, es könnte Dir vielleicht sogar Spaß machen, ab und zu wieder in diesem Bereich tätig zu werden, meinst Du nicht?“

    Aufmerksam beobachtete er, was sich in ihrem Gesicht widerspiegelte. Diesmal hatte sie ihre Züge kaum unter Kontrolle. Es war, als hätte die Erinnerung an die Ausbildung einen Teil in ihr geweckt, der lange verschüttet gewesen war. Mit einem Lächeln sah er den Widerstreit der Gefühle und wusste mit einem Mal, dass er gewonnen hatte. Als sie ihm schließlich zunickte, erstaunte es ihn nicht mehr.

    „Also gut, ich werde der Mannschaft helfen. Aber bitte, Mike, hänge es nicht an die große Glocke. Wenn jemand Hilfe benötigt, werde ich tun, was ich kann. Ansonsten geht es niemanden etwas an, was ich früher getan habe.“

    „Ich werde Swain bitten, darüber Stillschweigen zu bewahren. Aber es wird sich herumsprechen, wenn Du erst einmal angefangen hast ...“, warnte er. Dann sah er sie ernst an.

    „EJ, ich möchte Dir noch einen Rat geben: Du musst lernen, den Leuten zu vertrauen.“

    „Als ich das letzte Mal jemandem vertraut habe, hat es mich hierher geführt“, lachte sie bitter auf.

    „Das stimmt nicht, EJ. Bomber hätte sich lieber vierteilen lassen, als uns etwas zu verraten. Und ich weiß, dass Du im Grunde gar nicht mit ihrer Loyalität gerechnet hast.“

    „Aber warum hast Du mich dann holen lassen?“

    „Ich habe meine eigenen Schlüsse gezogen, als sie sagte, dass sie versprochen habe, nichts zu verraten. Ihr teilt eine Kabine ...“

    EJ warf ihm einen verstehenden Blick zu, dann sah sie beschämt zu Boden.

    „Ich glaube, da ist eine Entschuldigung fällig“, murmelte sie.

    „Das musst Du selbst wissen“, erwiderte Mike. „Und nun, Seaman Kingston“, wechselte er wieder in den offiziellen Modus, „begeben Sie sich wieder an die Arbeit. Ach, und schicken Sie bitte Swain zu mir.“

    „Jawohl, Sir“, meinte sie zackig, aber mit einem leichten Lächeln, drehte sich dann um und verließ die Kabine.

    Nachdenklich sah Mike ihr hinterher. Diesmal hatte er es tatsächlich geschafft, zu ihr durchzudringen. Er hatte ihr ein wichtiges Detail ihrer Vergangenheit entlockt, aber er ahnte, dass dies nur ein winziger Bruchteil dessen war, was diese Frau heute ausmachte. Einige ihrer Reaktionen hatten ihm zu denken gegeben und seine Besorgnis verstärkt, aber er hatte sie auch dazu bringen können, zu lächeln, und dies betrachtete er als einen großen persönlichen Erfolg.






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    Geändert von Zeson (30.04.2013 um 19:29 Uhr)
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    Captain Avatar von Evaine
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    Ich möchte Dich dann doch nicht ohne einen einzigen Kommentar hierstehen lassen... Auch wenn ich schon bei FF.de kommentiert habe ( http://www.fanfiktion.de/r/s/515dcee...2fda0/date/1/1 ), so möchte ich das hier nicht so stehen lassen.

    Dir ist da eine schöne Fanfiktion mit viel Action und voller wunderbarer Verwicklungen eingefallen. Ich habe jedes Kapitel bisher genossen und auch das mehrfache Lesen eines Betas... hat dem keinen Abbruch getan. Aber inzwischen sind wir ja auch ein eingespieltes Team...

    Danke für das Teilen dieser wirklich schönen Geschichte.
    Geändert von Evaine (27.04.2013 um 19:15 Uhr) Grund: Rechtschreibung
    Ich wünsche Dir das, was für dich am Besten ist.

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  13. #7
    First Lieutenant Avatar von Zeson
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    Vielen Dank, liebe Evaine. Das Lob gebührt hier allerdings auch Dir, weil Du mir sehr weitergeholfen hast. Ohne Deine Hilfe wäre die Geschichte nicht das geworden, was sie nun ist.

    Du hast mich davon überzeugt, dass ich auch Storys aus Serien gut rüberbringen kann, die dem allgemeinen Publikum vielleicht nicht so bekannt sind (erst recht den Science-Fiction-Fans). Die Zusammenarbeit mit Dir macht viel Spaß und inspiriert mich immer wieder. Nochmals meinen herzlichsten Dank dafür.
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  15. #8
    First Lieutenant Avatar von Zeson
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    Vielen Dank an Evaine und Galaxy, die fleissig weiterhin den "Danke"-Button betätigen.
    Ich habe beschlossen, die Posting-Abstände zu verkürzen, da es sonst fast bis Weihnachten dauern würde, bis die Geschichte fertig eingestellt wäre - das ist mir zu lang. Deshalb also bereits heute das nächste Kapitel:





    Kapitel 5: Versuchskaninchen



    HMAS Hammersley, 18:15 Uhr, zweite Hundewache, Arafura-See


    Nach dem Gespräch mit dem Commanding Officer am Vormittag war es EJ gelungen, dem Sanitätsoffizier aus dem Weg zu gehen, aber hier auf der Brücke war dies leider nicht mehr möglich. Wieder einmal bedauerte sie es, gerade der Wache zugeteilt worden zu sein, in der auch Buffer, Swain und Spider Dienst hatten. Immer wieder fühlte sie Chris’ forschenden Blick auf sich ruhen, während sie aufmerksam das Radar beobachtete, aber er ließ sie in Ruhe. Allerdings befürchtete EJ, dass er nur auf eine Chance wartete, um sie zu testen. Sie konnte nicht einschätzen, wie er über das dachte, was der CO ihm über sie anvertraut hatte.

    Buffer, der im Moment das Kommando hatte, streckte sich und zuckte plötzlich mit einem leisen Aufstöhnen zusammen.

    „Hey, was ist denn mit Dir los?“, fragte Spider.

    „Nichts Besonderes. Es sind nur Nackenschmerzen. Vermutlich habe ich falsch gelegen“, wiegelte der Bootsmann ab.

    „Wirklich? Lass mal sehen“, ergriff Swain die Gelegenheit. „Nicht, dass Du Dir was gezerrt hast.“

    „Quatsch, lass nur, es geht schon. Das passiert mir öfter.“

    Der Steuermann ließ sich jedoch nicht beirren und untersuchte mit schnellen Griffen die Nackenpartie seines Kameraden.

    „Das gefällt mir nicht, Buffer“, urteilte er dann. „Du kommst nachher zu mir in den Sanitätsraum. Ich will mal sehen, ob ich da nicht was für Dich tun kann.“

    „Wenn Du meinst? Ich hab das bisher aber auch immer so hingekriegt“, meinte Buffer zweifelnd.

    „Nach der Wache, Buffer, keine Widerrede. Wir brauchen Dich voll einsatzfähig.“

    Pete warf ihm einen misstrauischen Blick zu, nickte aber dann. So besorgt Swain auch um die Gesundheit seiner Kameraden war, um solche Dinge wie leichte Nackenschmerzen hatte er sich bisher nicht gekümmert.

    „EJ ...“, wandte sich Chris an die junge Frau, die sich kurz zu ihm drehte und ihm dann zunickte. Sie hatte verstanden, was er ihr signalisieren wollte und war dankbar, dass er ihr nicht gleich auf der Brücke befohlen hatte, Buffer zu untersuchen. Er hielt sich also tatsächlich an das, worum Mike ihn offensichtlich gebeten hatte.


    ***


    Die Wache verlief ohne besondere Ereignisse, nur das Wetter verschlechterte sich und der Seegang wurde rauer, was aber niemanden störte. Nach der Ablösung holte sich die Wachmannschaft etwas von den Resten des Abendessens. Heute hatte Bomber nichts auf die Brücke gebracht. EJ befürchtete, dass sie wegen des Zwischenfalls am Vormittag sauer war.

    Sobald sie das Essen verzehrt hatten, winkte Swain Buffer zur Sanitätskabine, die nicht weit vom Mannschaftsraum entfernt war. Ergeben folgte ihm der Bootsmann, wobei er jedoch wieder protestierte, dass es doch nichts wäre und er keine medizinische Behandlung brauche. Er bemerkte EJ, die ihnen gefolgt war, erst, als sie die Tür hinter sich schloss.

    „Was will SIE denn hier?“, fragte er Swain und deutete mit dem Kopf in ihre Richtung.

    „Das wirst Du gleich sehen“, antwortete dieser geheimnisvoll und nickte EJ zu.
    „Nun zeig mal, was Du drauf hast“, forderte er sie auf und lehnte sich mit verschränkten Armen an den Waschbeckenschrank.

    „Was, sie ...? Swain, was soll das? Du willst doch nicht etwa, dass EJ ...?“, fuhr Buffer auf, aber sein unwilliger Blick traf nur auf ein leises Grinsen. Er sah von Chris zu der jungen Frau, die abwartend stehen geblieben war, und wieder zurück.

    „Hör zu, Pete, EJ wird sich jetzt Deinen verspannten Nacken ansehen. Lass sie einfach machen, okay?“, sagte der Sanitätsoffizier.

    Buffer breitete ergeben die Arme aus und seufzte.

    „Also gut. Ich hab zwar keine Ahnung, was Ihr zwei vorhabt, aber irgendwie fühle ich mich gerade wie ein Versuchskaninchen.“

    Swain lachte auf und nickte EJ dann noch einmal aufmunternd zu. Buffer sah der jungen Frau erwartungsvoll entgegen, die nun auf ihn zu kam.

    „Was soll ich tun, EJ?“

    „Bitte setz Dich und mach den Oberkörper frei“, sagte sie leise.

    Er spürte, dass es ihr widerstrebte, sich ihm zu nähern, aber er tat, um was sie gebeten hatte und wartete ab. Sie trat hinter ihn und dann spürte er ihre Hände, die seine Schulter- und Nackenmuskeln abtasteten. Sehr zögernd zunächst, doch dann immer fester und zielstrebiger.

    „Diese Muskeln sind total verhärtet“, stellte sie fest. „Es ist kein Wunder, dass Du Schmerzen hast.“

    „Tja, die Arbeit, die Feuchtigkeit, Zugluft ... und es ist deutlich kühler geworden“, meinte er lakonisch und wollte sich wieder erheben.

    „Moment mal, wo willst Du hin? Ich bin noch nicht fertig“, protestierte sie und hinderte ihn mit festem Druck auf die Schultern daran, aufzustehen.

    Verblüfft über ihren energischen Tonfall fiel er wieder zurück. Er warf Swain einen kurzen Blick zu, den dieser jedoch nur amüsiert erwiderte.

    „Okay?“, erwiderte er zögernd. Vornüber gebeugt, die Unterarme auf den Oberschenkeln liegend, harrte er ergeben der Dinge, die da kommen würden.

    „Setz Dich bitte aufrecht hin“, ordnete EJ an und er kam ihrer Aufforderung sofort nach. Sie goss etwas Massageöl aus der vorsorglich mitgebrachten kleinen Flasche und wärmte es in ihren Händen an. Dann begann sie, mit sanftem, aber energischem Druck, Buffers Muskeln zu lösen. Sie brauchte viel Kraft, um die verhärteten Stellen zu lockern. Bald lief ihr der Schweiß in Strömen über das Gesicht, aber sie gönnte sich keine Pause, bis sie mit dem Ergebnis zufrieden war. Ab und zu drang ein schmerzerfülltes Stöhnen über die Lippen des Bootsmanns, aber er ließ die Prozedur ohne Protest über sich ergehen. Schließlich trat EJ zurück und wischte sich die Schweißtropfen von der Stirn.

    „So, das ist fürs Erste genug. Halte Dich warm und versuch, keine unüberlegten oder plötzlichen Bewegungen zu machen.“

    Buffer stand auf, rollte den Kopf und die Schultern und seufzte genüsslich.

    „Das tut verdammt gut, EJ“, meinte er dabei. „Wo hast Du das gelernt? Du hast ja richtige Zauberhände.“

    Sie ging nicht auf seine Worte ein, sondern trat ans Waschbecken, um sich die Hände zu waschen. Swain machte ihr respektvoll Platz.

    „Morgen und übermorgen noch einmal so eine Behandlung, dann sollten Deine Schmerzen weg sein“, teilte sie Buffer mit, ohne sich zu ihm umzudrehen. So sah sie auch nicht die Blicke, die die beiden Männer miteinander wechselten.

    „Sag mir nur, wann, ich werde da sein“, erwiderte Pete schließlich, zog sein Shirt über den Kopf und wollte den Raum verlassen.

    „Noch eins, Buffer“, hielt EJ ihn auf. „Erzähl es nicht gleich allen weiter, ja? Sonst könnte ich die Behandlung abbrechen.“

    Verblüfft sah der Bootsmann zu Swain, der ihm ein schiefes Grinsen zeigte und nickte.

    „Das ist die Bedingung, Buffer“, teilte ihm der Sanitätsoffizier ernsthaft mit.

    Pete begegnete EJs trotzig herausforderndem Blick und nickte.

    „Okay, wenn Du es so haben willst ...“

    Mit diesen Worten verließ er endgültig die Sanitätskabine.

    EJ trocknete ihre Hände und bleib abwartend stehen. Ihr war klar, dass Swain sie nicht einfach so wieder gehen lassen würde.

    Er forderte sie auf, sich zu setzen und nahm dann ihr gegenüber Platz. Chris sah sie nachdenklich an und fragte sich dabei, warum sie diese wundervolle Gabe nicht hatte einsetzen wollen. Während er sie vorhin bei der Arbeit beobachtet hatte, war ihm aufgefallen, dass sie wie verwandelt wirkte. Aus dem trotzigen, zurückhaltenden und etwas sonderbaren Seaman war plötzlich eine kompetente Fachkraft geworden, die genau wusste, was sie tat. Es hatte ihn amüsiert, wie sie den Bootsmann davon abgehalten hatte, ihrer Behandlung zu entfliehen. Ja, Buffer hatte recht, sie hatte Zauberhände. Aber nun war ihr Patient fort und vor ihm saß wieder die unzugängliche junge Frau, als die er sie kennengelernt hatte.

    „EJ, das war toll“, begann er freundlich das Gespräch, aber sie sah ihn nur misstrauisch an. „Es war absolut richtig, Dir Buffer anzuvertrauen“, fuhr er fort. „Der CO hatte recht, Du brauchst nur eine Chance.“

    Verstockt schwieg EJ, da sie nicht wusste, was sie dazu sagen sollte. Sie war es nicht gewohnt, ein Lob zu bekommen und konnte nicht damit umgehen. Es war ihr allerdings nicht bewusst, dass ihr Gesichtsausdruck ihrem Gegenüber diese Tatsache verriet. Sie hatte sich im Augenblick nicht unter Kontrolle, was wohl daran lag, dass sie bereits zum zweiten Mal die gelernte Tätigkeit ausgeübt hatte und Erinnerungen an ein früheres Leben geweckt worden waren. In ihrem Blick lagen Sehnsucht und eine gewisse Verlorenheit, die Swains Beschützerinstinkt weckte. Je mehr sie sich jedoch der Gegenwart auf dem inzwischen durch hohe Wellen stampfenden Schiff bewusst wurde, umso mehr verschloss sie sich wieder. Schließlich war jeder Gefühlsausdruck aus ihren Augen verschwunden und Swain seufzte tief auf.

    „Was soll ich nur mit Dir machen, EJ?“, wiederholte er unbewusst Mikes Worte.

    Fragend sah sie ihn an.

    „Ach, vergiss es“, winkte er ab. „Was ich jetzt allerdings von Dir wissen möchte, ist: Wirst Du mir helfen? Du siehst ja, Dein Können wird dringend benötigt.“

    EJ brauchte nicht lange zu überlegen. Es hatte ihr große Freude gemacht und Befriedigung verschafft, dass sie ihren beiden Patienten hatte helfen können. Sie hatte völlig vergessen gehabt, warum sie vor vielen Jahren diese Ausbildung gemacht hatte. Zauberhände ... das hatte auch ihr Ausbilder damals gesagt. Er hatte ebenfalls von einer Gabe gesprochen, die sie dazu einsetzen müsse, anderen Menschen zu helfen. Wie hatte sie das nur vergessen, oder besser gesagt, vergraben können? Denn dass sie nichts vergessen hatte, war ihr nun bewusst geworden.

    „Ja, Swain, ich werde Dir gerne helfen. Ich möchte eben nur nicht, dass mir alle die Bude einrennen, verstehst Du? Es ist eine anstrengende Arbeit und ich muss meine Energie dafür gut einteilen ...“

    Erfreut vernahm der Steuermann diese Zusage und grinste über das ganze Gesicht.

    „Großartig!“, rief er aus. „Ich passe schon auf, dass Du nicht zu viele Patienten bekommst. Schließlich sind wir auf einem Patrouillenboot und nicht in einem Sanatorium.“

    Er hielt ihr die Hand hin und sie schlug nach einem kaum merklichen Zögern ein.

    „Auf gute Zusammenarbeit“, sagte sie dabei mit einem leisen Lächeln.

    Für einen Augenblick starrte Swain sie fasziniert an. Er konnte kaum glauben, wie dieses Lächeln ihr Gesicht veränderte.

    ‘ET hatte recht’, dachte er. ‘Sie sieht wirklich fast hübsch aus, wenn sie lächelt.’

    Gemeinsam erhoben sie sich und verließen einträchtig den Raum. Vor der Kombüse trennten sie sich. EJ trollte sich zu ihrer Kabine, während Swain in den Mannschaftsraum ging, wo sich sicher noch der Eine oder Andere aufhalten würde. Auch wenn er nicht über EJ reden durfte, war ihm jetzt nicht danach, allein zu sein.


    ***


    Als EJ die Kabine betrat, lag Bomber bereits in ihrer Koje.

    „Wo warst Du denn so lange?“, fragte sie neugierig, sobald die Tür geschlossen war.

    „Ich ... ich hab Swain geholfen“, antwortete EJ ausweichend.

    „Hmmmm ... wen hast Du denn massiert?“

    „Wer sagt denn ...?“

    „Wobei solltest Du ihm denn sonst helfen? Und nach dem Desaster von heute Morgen ...“

    „Heute Morgen ... ja ... also ...“, stammelte EJ verlegen.

    Erwartungsvoll sah Bomber sie an.

    „Also, ich ... es tut mir leid, Bomber.“

    „Es tut Dir leid? Aber ich dachte, DU wärst stocksauer auf MICH?“

    „Tut mir leid, dass ich Dir nicht vertraut habe und das Schlechteste von Dir dachte.“

    Zerknirscht setzte sich EJ auf Rebeccas Koje.

    „Hey, was solltest Du auch sonst denken? Swain hat mich irgendwie kalt erwischt und dann auch noch zum CO geschleppt ...“

    „Ich hab Dich da in eine echt blöde Situation gebracht. Kannst Du mir das verzeihen?“

    „Ist schon vergessen. Es ist nur so ... jetzt ist Dein Geheimnis leider keines mehr. Ist das sehr schlimm?“

    „Swain wurde dazu verdonnert, den Mund zu halten“, schmunzelte EJ. „Und Buffer ebenfalls ...“

    „Buffer? Du hast ... Du hast Buffer massiert?“

    Vor Verblüffung fiel Bomber fast das Kinn auf die Brust.

    „Er hatte Nackenschmerzen aufgrund von völlig verspannten Schulter- und Halsmuskeln. Scheint eine weitverbreitete Krankheit zu sein auf einem Boot.“

    „In gewisser Weise? Feuchtigkeit, harte Arbeit, Zugluft ...“

    EJ kicherte leise.

    „Komisch, genau das hat Buffer auch gesagt.“

    Bomber fiel in ihr Lachen ein.

    „Ich hätte nie gedacht, dass Buffer so etwas zugeben würde“, grinste Rebecca, als sie sich wieder beruhigt hatte.

    „Hat er auch nicht. Swain hat ihn praktisch dazu gezwungen“, erklärte EJ. „Du hättest mal sein Gesicht sehen sollen.“

    Wieder lachten die beiden Frauen miteinander, bis Bomber sich zufrieden seufzend zurücklehnte.

    „Es ist schön, Dich lachen zu hören. Nein, ehrlich“, beeilte sie sich zu bestätigen, als EJs Miene sich wieder verfinsterte. “Ich mag Dich wirklich und ich würde Dich so gerne öfter lachen sehen. Ich weiß nicht, warum Du immer so misstrauisch bist und ich möchte es auch nicht wissen, wenn Du es mir nicht von allein erzählst. Es geht mich im Grunde nichts an, aber ich wünschte, wir könnten Freundinnen werden.“

    Freundinnen? Nachdenklich sah EJ die Kameradin an. Seit Mary-Jo hatte sie keine Freundin mehr gehabt und diese hatte sie nach deren Heirat aus den Augen verloren. Mikes Schwester war mit ihrem Mann zuerst nach Sydney und dann sogar in die USA gezogen.
    Aber auch schon zuvor war ihr Kontakt nicht mehr so innig gewesen wie in ihrer Kindheit. Nein, eine Freundin hatte sie seit ihrer eigenen Hochzeit nicht mehr gehabt. Und plötzlich erkannte sie, dass ihr der Kontakt zu anderen Frauen fehlte. Oder besser gesagt, gefehlt hatte, denn jetzt gab es Bomber, die mit freundlicher Beharrlichkeit ihre Kameradin langsam aus der Reserve gelockt hatte.

    „Es wäre schön, eine Freundin wie Dich zu haben, Bomber“, lächelte sie die Jüngere an.

    „Wirklich?“, freute diese sich. „Ja, dann ... betrachte Dich von jetzt an als adoptiert.“



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  17. #9
    Airman First Class Avatar von Gwelwen
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    „Nein, Sir ... ja, Sir ... ich meine ... kann ich jetzt gehen, Sir?“
    Ich kann mir Bomber richtig vorstellen, wie sie dem CO zerknirscht antwortet. Auch Swains breites Grinsen sehe ich deutlich vor mir...

    Deine Dialoge gefallen mir sehr! Sie sind kurz und spritzig. Und die Wortwahl passt genau zu der jeweiligen Person!

    Du sagst, die Story würde bis Weihnachten dauern - das müssen aber noch einige Kapitel sein. Da bin ich ja mal gespannt, was noch so alles passiert...
    "Wir sind alle nur Menschen - Maschinen stehen in der Küche!" (Danny Wilde)

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  19. #10
    First Lieutenant Avatar von Zeson
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    Zitat Zitat von Gwelwen Beitrag anzeigen
    Ich kann mir Bomber richtig vorstellen, wie sie dem CO zerknirscht antwortet. Auch Swains breites Grinsen sehe ich deutlich vor mir...
    Freut mich sehr, dass ich das so bildlich rüberbringen konnte. Ich bemühe mich in der Hinsicht, bin aber meist nicht sicher, ob es mir auch gelingt.

    Zitat Zitat von Gwelwen Beitrag anzeigen
    Deine Dialoge gefallen mir sehr! Sie sind kurz und spritzig. Und die Wortwahl passt genau zu der jeweiligen Person!
    Ich versuche, die Personen möglichst gut zu treffen. Es scheint, als ob mir das ganz gut gelungen ist. Bei Fanfctions bekommt man ja die Charaktere schon vorgesetzt, da fällt es mir nicht so schwer. Bei eigenen Geschichten ist das nicht ganz so leicht, man muss sich die Personen und ihre Hintergründe dabei selbst entwerfen - und das ist nicht ganz so einfach ...
    Vielen Dank für das Lob. *strahl*

    Zitat Zitat von Gwelwen Beitrag anzeigen
    Du sagst, die Story würde bis Weihnachten dauern - das müssen aber noch einige Kapitel sein. Da bin ich ja mal gespannt, was noch so alles passiert...
    Bis Weihnachten wäre mir eben zu lang geworden, deshalb werde ich in Zukunft zwei Kapitel pro Woche einstellen. Es sind tatsächlich sehr viele Kapitel geworden, einschließlich eines Epilogs (der dann auch klar macht, dass es keine Fortsetzung geben wird). Ich möchte die Spannung aber nicht vorweg nehmen und verraten, wie viele es sind. Nur so viel: Es ist meine bisher längste Fanfiction ...



    @Evaine: Ich brauch Dir ja nicht zu sagen, dass ich dieses Posting-Tempo nur dank Deiner tatkräftigen Hilfe einhalten kann. Nochmals vielen Dank für die Zeit, die Du mir opferst.
    Irgendwann wirst Du auch noch die Serie kennenlernen ...
    Geändert von Zeson (30.04.2013 um 20:06 Uhr)
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  21. #11
    Captain Avatar von Evaine
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    Ich kann dir als Beta versichern... breitgrins... dass dies nur der Auftakt ist... und es fehlen noch etliche Kapitel... DO kommt das nächste... und bis Dezember dauert es, wenn sie nur 1 Kapitel pro Woche einstellt.

    Mir gefällt die Story... aber ich kenne die Serie nicht bzw. nur aus der FF... und trotzdem... ist sie einfach gut.
    Ich wünsche Dir das, was für dich am Besten ist.

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  23. #12
    First Lieutenant Avatar von Zeson
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    Dankeschön, Evaine, Gwelwen und Galaxy, für's "Danke" drücken.
    Und weiter geht's:








    Kapitel 6: Seerettung


    HMAS Hammersley, 14:40 Uhr Nachmittagswache, auf dem Weg zur Basis


    Nach den Behandlungen fühlte Buffer sich wie neugeboren. Er konnte sich kaum daran erinnern, wann er sich zum letzten Mal so großartig gefühlt hatte. Seine Verspannungen waren verschwunden und seine Beweglichkeit war so gut wie schon lange nicht mehr. Es war, als hätte EJ nicht nur seine Schmerzen, sondern gleich auch ein paar Jahre wegmassiert. Seine anhaltend gute Laune fiel allen auf, aber er verriet mit keinem Wort, was dafür verantwortlich war und wem er es zu verdanken hatte. Nur manchmal ruhte sein Blick nachdenklich auf der jungen Frau, die ihn wie gewohnt ignorierte, solange er sie nicht direkt ansprach.

    Das Schiff war auf dem Weg zurück zur Heimatbasis und die Crew freute sich auf einen längeren Landurlaub. Für mindestens zwei Wochen würden sie im Hafen bleiben, während die Hammersley gründlich durchgecheckt werden sollte. Die See war ruhig und es hatte keine Zwischenfälle gegeben. Nur das Essen wurde ein wenig eintönig, weil die Vorräte langsam zur Neige gingen und Bomber Mühe hatte, aus den Resten etwas Anständiges zu zaubern.

    Mit der relativen Ruhe auf der Brücke war es schlagartig vorbei, als sich Robert „RO“ Dixon von der Funkstation meldete.

    „Sir, wir haben gerade einen Funkspruch von NAVCOM erhalten. Im Golf von Carpentaria ist ein Segler in Seenot geraten, wie die Küstenwache meldete. Wir sind das einzige Schiff, das nahe genug ist, um Hilfe zu leisten.“

    Mike Flynn drehte sich zu seinem Funker um.

    „Haben Sie die genaue Position des Schiffes?“

    „Ja, Sir, 10°48’43.91“ Süd, 141°07’20.72“ Ost.“

    „In Ordnung. Nav, nehmen Sie Kurs auf diese Position.“

    „Aye, Sir. Steuerbord 30, Kurs 184, Drehzahl 15 00.“

    „Steuerbord 30, Kurs 184, Drehzahl 15 00“, bestätigte ET und gab den neuen Kurs ein.

    „Wie weit sind wir von der angegebenen Position entfernt, Nav?“, erkundigte sich der CO.

    „Wir müssten sie in etwa drei Stunden erreichen, Sir“, informierte Nikki ihn.

    „Sagen Sie mir Bescheid, sobald Sie etwas auf dem Radar haben.“

    Sie nickte und konzentrierte sich wieder auf den Bildschirm.

    Mike nahm das Mikrofon und machte eine Schiffsdurchsage:

    „An alle, hier spricht der CO. Wir haben eine kleine Planänderung. Ein Segler ist in Seenot geraten und wir wurden darum gebeten, Hilfe zu leisten. Ein Bergungsteam soll sich bereithalten. CO Ende.“


    ***


    „Immer diese Freizeit-Segler. Als ob es unsere Aufgabe wäre ...“, begann Spider im Mannschaftsraum zu murren, aber er wurde energisch von Bomber unterbrochen.

    „Es IST unsere Aufgabe, auch wenn es Dir nicht passt. Wenn so ein Boot zu weit draußen in Seenot gerät, bittet die Küstenwache eben uns um Hilfe. Ich verstehe gar nicht, was Du plötzlich dagegen hast?“, fragte sie ihn ungehalten.

    Spider warf ihr einen verlegenen Blick zu.

    „Es ist doch nur ... warum gerade jetzt? Wo wir doch schon auf dem Weg nach Hause waren ...“

    „Dann kommen wir eben ein wenig später zur Basis zurück, na und?“

    „Hoffen wir mal, dass das nicht nur ein Scherz ist“, unkte der Seaman.

    „Und wenn schon. Wir müssen auf jeden Fall erst einmal nachsehen“, gab die junge Frau tadelnd zurück und widmete sich dann wieder der ungeliebten Aufgabe, ihren zerrissenen Overall zu flicken. Leider hatte sie das Talent, immer wieder irgendwo hängen zu bleiben, manchmal, ohne dass sie es bemerkte. So hatte sie sich angewöhnt, nach dem Waschen ihre Kleidung sorgfältig auf Risse zu untersuchen und diese sofort zu flicken.

    „Ja, schon klar“, gab Spider nach. „Der Landurlaub läuft uns ja nicht davon. Ich hab mich eben nur so sehr darauf gefreut ...“

    „Das haben wir alle, Billy. Aber stell Dir mal vor, Du wärst da draußen mit einem Boot, das ein Leck hat oder einen defekten Motor, oder der Mast ist gebrochen ... Du wärst auch froh, wenn jemand auf Deinen Notruf reagieren würde.“

    Seufzend erhob sich der Seaman. Er wusste, wann er geschlagen war.

    „Dann geh ich jetzt mal lieber und sehe nach, ob die Boote klar sind. Hoffentlich müssen wir nicht ins Wasser ...“

    „Ein wenig nass zu werden hat noch niemandem geschadet“, lachte Bomber ihm nach, als er den Raum verließ.


    ***


    „Haben Sie schon Funkkontakt?“, fragte Mike seinen Funker, doch der schüttelte nur den Kopf und versuchte weiterhin, das in Seenot geratene Boot zu erreichen.

    „SS Pearl, hier ist die HMAS Hammersley von der australischen Marine, bitte kommen. Hören Sie mich, Pearl? Hier ist die ...“

    Flynn wandte sich ab und sah zu seiner Navigatorin.

    „Irgend etwas auf dem Radar?“, erkundigte er sich.

    „Nein, Sir, bis jetzt ... Moment, ich glaube, ich habe da etwas ...“

    „Sie glauben?“

    „Es ist ein sehr schwaches Signal, Sir, nicht identifiziert.“

    Sie gab die Koordinaten weiter an EJ, die am elektronischen optischen Gerät, kurz EOG, saß und es sofort danach ausrichtete.

    „Nichts zu sehen, Sir“, meldete sie gleich darauf.

    „Das Signal ist verschwunden, Sir“, meldete Nikki. „Vielleicht war es ja wirklich das Boot ...“

    Sie sprach nicht aus, was alle dachten.

    „Gehen Sie auf langsame Fahrt, wenn wir uns seiner letzten Position nähern“, befahl Mike, schnappte sich ein Fernglas und begab sich vor das Ruderhaus. Kate und Buffer folgten ihm und gemeinsam hielten sie Ausschau nach dem Boot oder eventuellen Trümmern.

    „Denken Sie, dass es gesunken ist, Sir?“, fragte die Executive Officer.

    „Alles ist möglich, X“, meinte er. „Die Küstenwache hat nur sehr ungenaue Angaben über die Art des Notfalls erhalten, bevor der Funkkontakt abbrach. Ja, ich denke, es befindet sich möglicherweise bereits auf dem Grund des Meeres.“

    „Sir, ich glaube, ich sehe was“, meldete Pete. „Backbord, etwa 500 Meter,“

    Sofort richteten alle ihre Ferngläser in die angegebene Richtung.

    „Sieht aus wie ein Schwimmer“, stellte Mike fest.

    „Achtung, Bergungsmannschaft bereit machen. Beiboot zu Wasser, Beiboot zu Wasser“, gab Kate über Bordlautsprecher durch.

    Kurz darauf beobachteten Mike und Kate, wie sich das Boot dem im Wasser treibenden Körper näherte. Es dauerte nicht lange, bis er an Bord gezogen war, dann fuhr es weiter zu einem zweiten Mann, der zwischenzeitlich entdeckt worden war, und nahm auch diesen auf.

    „Bravo 82 an Charlie 82: Beide sind am Leben. Sie sagen, dass sonst niemand an Bord war“, meldete sich Buffer.

    „In Ordnung, Bravo 82. Kommen Sie zurück an Bord. Charlie 82 Ende und aus“, bestätigte Mike und wandte sich an Kate. „Swain, Bomber und EJ sollen sich bereithalten.“

    „EJ?“, fragte sie erstaunt.

    „Jetzt nicht, Kate. Tu einfach, was ich sage.“

    Sie nickte und ging hinein, um den Befehl weiterzugeben, während ihr CO das Einholen des Beibootes beobachtete. Die beiden Geretteten schienen bei Bewusstsein, waren aber nicht fähig, selbst zu gehen und wurden auf Tragen unter Deck gebracht.

    Unten im Sanitätsraum wurde es eng, als Buffer, Spider, Swain und Charge die Tragen hereinbrachten. Bomber und EJ mussten vor der Tür warten, bis die drei Männer wieder herauskamen. Dann gingen sie hinein, wobei EJ von Charge aufgehalten wurde.

    „Da drin ist jetzt kein Platz, EJ. Was willst Du überhaupt hier?“

    „Befehl vom CO“, meinte sie lakonisch und wollte sich an ihm vorbei drängen, doch er ging nicht zur Seite.

    „Lass sie durch, Charge“, mahnte Buffer leise. „Du hörst doch, sie hat den Befehl dazu bekommen.“

    Nach einem letzten misstrauischen Blick machte der Chief schließlich Platz. Er sah den Bootsmann noch einmal beredt an, ehe er sich trollte.

    „Sieh zu, dass Du ihnen helfen kannst“, raunte Buffer ihr zu, als EJ hineinging. Sie nickte ihm zu und schloss dann die Tür.

    Während Swain die beiden Schiffbrüchigen, es handelte sich um einen Mann und eine Frau, untersuchte, konnte EJ nur dabei zusehen. Sie beobachtete aber genau, was der Sanitätsoffizier tat und merkte sich, was in solchen Notfällen zu tun war. Wer wusste schon, wann man dieses Wissen einmal brauchen würde.

    Die beiden waren unterkühlt und leicht dehydriert. Swain hüllte sie in warme Decken und gab ihnen Wasser zu trinken, während Bomber den Blutdruck maß. Er lag etwas unterhalb der Norm, was nicht sehr verwunderlich war. Sie schienen keine weiteren Verletzungen erlitten zu haben, die junge Frau stand jedoch noch sichtlich unter Schock.

    Es dauerte nicht lange, bis Mike Flynn die Sanitätskabine betrat. Er stellte sich vor und begann dann, Fragen zu stellen. Vor allem wollte er wissen, warum das Boot gesunken war und wie es kam, dass sie sich so weit vom Festland entfernt hatten.

    Es stellte sich heraus, dass es sich bei den Schiffbrüchigen um Paul und Sheila Bainsworth handelte, ein frisch verheiratetes Pärchen auf Hochzeitsreise. Ihr Ziel war Timor gewesen, von dort aus hatten sie wieder nach Hause fliegen wollen. Die Segeljacht, die sie gemietet hatten, war allerdings offensichtlich nicht so seetüchtig gewesen, wie sie angepriesen worden war. Zudem hatte der junge Mann seine Fähigkeiten als Segler weit überschätzt. Sie waren schon ein gutes Stück vorangekommen, als sie bemerkten, dass das Boot Wasser nahm. Das Leck war nicht auffindbar gewesen und auf der veralteten Funkanlage hatten sie gerade noch einen Notruf absetzen können, bevor diese den Geist aufgab. Zum Glück waren wenigstens Schwimmwesten an Bord gewesen. Außer ihrem Leben und einem kleinen Plastikbeutel mit ihren Papieren hatten die beiden nichts retten können, als die Jacht unaufhaltsam gesunken war.

    Während der junge Mann berichtete, schickte Swain Bomber in die Kombüse, um etwas Wärmendes zu trinken zu organisieren. Seine Aufmerksamkeit galt der jungen Frau, deren Zustand ihm Sorgen bereitete. Sie hatte das Abenteuer längst nicht so gut überstanden wie ihr Mann. Tatsächlich begann sie nach kurzer Zeit, sich vor Schmerzen zu krümmen und stöhnte laut auf. Wie Chris es befürchtet hatte, setzten bei ihr massive Muskelkrämpfe ein, die vom langen Aufenthalt im kalten Seewasser herrührten.

    „EJ“, sagte er und machte ihr Platz. „Sieh mal, ob Du was tun kannst.“

    Während er ein krampflösendes Mittel auf eine Spritze aufzog, kümmerte EJ sich um die Frau. Sie tastete fachkundig deren Beine ab und nahm dann Sheilas rechten Fuß, um vorsichtig dem Krampf entgegenzudrücken. Nachdem Swain das Mittel injiziert hatte, forderte EJ ihn auf, ihr zu assistieren und beim linken Bein ebenfalls dem Krampf entgegenzuwirken. Es dauerte nicht lange, bis der Anfall vorüber war, aber Sheila Bainsworth wimmerte leise vor Schmerzen.

    „Ich kann ihnen helfen“, meinte EJ zu ihr, „aber sie müssen sich dazu ihrer Hose entledigen.“

    Unsicher blickte Sheila von Paul zum CO, zu Swain und wieder zu ihrem Mann, der ihr aufmunternd zunickte.

    „Mach schon, Liebes, Du musst sowieso aus den nassen Klamotten raus. Und wenn diese Frau Dir helfen kann ...“

    „Aber ...“, wollte sie protestieren, aber ein erneuter Krampf im rechten Oberschenkel ließ sie zurücksinken. „Also gut, aber ich brauche Hilfe“, stöhnte sie resignierend.

    „In einem Bikini zeigen sie auch nicht weniger Haut“, stellte EJ in einem beruhigenden Tonfall fest. Sie half der jungen Frau, die nasse Hose auszuziehen und machte sich dann gleich daran, die verkrampften Muskeln zu lösen. Das stellte sich als schwierig heraus, da die Muskeln unterkühlt waren und schlecht auf die Behandlung ansprachen. Es dauerte geraume Zeit, bis sich erste Ergebnisse einstellten.

    Mike hatte zum ersten Mal Gelegenheit, EJ in Aktion zu erleben. Er bewunderte ihre Professionalität und ihr Können und war froh darüber, sie dazu überredet zu haben. Die Verschwiegenheit aller Beteiligten erschien ihm ein geringer Preis für diesen Erfolg.

    Inzwischen war Bomber mit einem Tablett zurückgekommen, auf dem zwei dampfende Thermotassen standen.

    „Es ist nur Instant-Hühnerbrühe, aber sie wärmt“, meinte sie entschuldigend und stellte die Tassen auf den kleinen Tisch. Dankbar nahm Paul seine entgegen, während Sheila noch liegen bleiben musste. Kurz darauf jedoch beendete EJ ihre Arbeit und seufzte auf.

    „Das sollte für den Anfang genügen. Die Krämpfe werden aufhören, sobald Ihr Körper wieder aufgewärmt ist, Sheila“, meinte sie und half dieser, sich aufzusetzen. „Sie sollten darauf achten, dass Sie sich warm halten. Es würde auch nicht schaden, in der nächsten Zeit ein Magnesium-Präparat einzunehmen. Das hilft gegen Krämpfe.“

    „Vielen Dank, auch für den Tipp. Ich leide öfter mal unter Wadenkrämpfen.“

    Dankbar nahm sie die Tasse entgegen und schlürfte die warme Brühe.

    „Das tut gut“, stellte sie behaglich fest.

    „Wir sind jetzt auf dem Weg nach Cairns in unseren Heimathafen“, informierte Mike das Paar. „Dort werden sie im Krankenhaus noch einmal durchgecheckt, um sicherzustellen, dass Ihnen wirklich nichts fehlt. Die Position des Wracks haben wir der Küstenwache durchgegeben. Sie werden danach sehen, dass es den Schiffsverkehr nicht gefährdet.“

    „Nochmals vielen Dank für die Rettung“, bedankte sich Paul.

    „Keine Ursache“, erwiderte Flynn schmunzelnd. „Das ist unser Job.“

    Mit diesen Worten verließ er den Raum, um die Offiziere vom Gesundheitszustand der Geretteten zu informieren und zu prüfen, ob alles seinen geregelten Gang nahm. Er war froh, dass die Rettungsaktion so gut abgelaufen war und es keine Toten zu beklagen gab. Das Wrack des Seglers lag an einer Stelle, die tief genug sein sollte, dass es niemanden gefährdete. Um die Bergung würden sich Andere kümmern.




    tbc.
    Geändert von Zeson (02.05.2013 um 15:26 Uhr)
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  24. Danke sagten:


  25. #13
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    Mein Dank an die "Danke"-Drücker Evaine, Galaxy und Gwelwen. Schön, dass Ihr dran bleibt ...

    Da es nun über eine Woche dauern wird, bis das nächste Kapitel kommt (FedCon-time), wünsche ich Euch viel Vergnügen mit diesem hier. Genießt es ... (irgendwie passt es auch zu der Pause ... )






    Kapitel 7: Landurlaub


    HMAS Hammersley, 10:15 Uhr Vormittagswache, Heimathafen


    „Endlich an Land“, freute sich Spider und hastete die Gangway hinunter.

    „Seht Euch den Kleinen an“, spottete Charge, während er zusammen mit Swain, RO, ET, Buffer und Nav gemächlich folgte. „Man könnte meinen, wir wären auf einer Fünf-Jahres-Mission gewesen.“

    „So hat es sich auch angefühlt, meint Ihr nicht?“, rief der Seaman über die Schulter zurück.

    Buffer lachte laut auf.

    „Die paar Wochen? Das war noch gar nichts, Spider.“

    „Aber normalerweise sind wir nicht so lange draußen“, stellte dieser fest.

    „Nein, da hast Du recht. Das war aber auch so etwas wie eine Testfahrt“, erklärte Charge. „Sie wollten mal sehen, was das Schiff auf Langzeitmissionen drauf hat.“

    „Und wieso erfahren wir das erst jetzt?“, wollte ET wissen.

    „Seit wann muss NAVCOM seine Entscheidungen mit der Crew abstimmen?“

    Kate war unbemerkt zu den anderen gestoßen und blitzte den smarten Elektrotechniker amüsiert an.

    „Na ja, wir hätten uns ein wenig besser drauf einstellen können, wenn wir’s gewusst hätten“, gab dieser unbeeindruckt zurück.

    „Schon mal daran gedacht, dass es auch ein Test für die Mannschaft gewesen sein könnte?“

    Nikki sah Josh ein wenig tadelnd an, der prompt eine etwas tiefere Gesichtsfarbe bekam.

    „Ja, wenn das so ist?“

    „Dann hoffe ich mal, dass wir den Test bestanden haben“, meinte Buffer nachdenklich. Nun wurde ihm auch klar, warum der CO so besorgt darum gewesen war, dass EJ sich in die Mannschaft integrierte. Schwierigkeiten dieser Art konnte er bei einer Fahrt, auf der sie unter besonderer Beobachtung standen, nicht gebrauchen. Er warf einen Blick zurück aufs Schiff, wo er Bomber und EJ entdeckte, die in eine heftige Diskussion verwickelt zu sein schienen.


    „Du kannst doch nicht auf dem Schiff bleiben, EJ“, meinte Bomber ungläubig. „Landurlaub bedeutet, dass wir den Urlaub an Land verbringen sollen.“

    „Warum nicht? Ich kann doch die Ankerwache unterstützen ...“, entgegnete die Angesprochene eher lahm.

    „Du hast sie doch nicht alle! Los, hol Deine Sachen, wir gehen jetzt von Bord.“

    „Aber ... ich will lieber hier bleiben.“

    Ein trotziger Blick traf die Köchin, die ungeduldig aufseufzte.

    „Es verstößt gegen die Vorschriften. Außerdem würdest Du nur dem Reparaturteam im Weg stehen. Schau mal, selbst Charge trennt sich von seinen geliebten Maschinen ...“

    Sie deutete auf den Kai, wo sich inzwischen alle nach ihnen umgedreht hatten.

    „EJ, warum bist Du noch nicht umgezogen?“, ließ sich die Stimme von Mike Flynn vernehmen, der nun ebenfalls das Schiff verlassen wollte.

    „Sie will nicht von Bord gehen, Sir“, meldete Bomber ihm eilig, bevor EJ auch nur reagieren konnte.

    Ein ungläubiger Blick traf die junge Frau, die unwillkürlich die Schultern straffte.

    „Du musst aber Deinen Landurlaub nehmen, EJ“, versuchte er ihr klar zu machen.

    „Kann ich nicht ... Ich meine, auf dem Schiff gibt es doch ...?“

    In ihrer Stimme lag ein Hauch von Verzweiflung, den der CO jedoch überhörte, da er in Gedanken bereits im Urlaub war.

    „Nein, Seaman Kingston, Sie werden jetzt an Land gehen. Das ist ein Befehl“, setzte er noch nach, als sie aufbegehren wollte.

    Mit einem resignierten „Ja, Sir“ salutierte sie und drehte sich dann mit hängenden Schultern um. Mike und Bomber warteten noch, bis sie mit ihrer Tasche und in Freizeitkleidung wieder an Deck kam, dann eilte Flynn die Gangway hinunter zur wartenden Crew.

    „Gab es Probleme, Sir?“, erkundigte sich Kate.

    „EJ wollte auf dem Schiff bleiben“, antwortete er zerstreut.

    „Spinnt die?“, entfuhr es Spider. „Da hat man endlich mal die Gelegenheit, wieder festen Boden unter den Füßen zu haben ...“

    „Sie wird schon ihre Gründe haben“, unterbrach Buffer ihn. „Lass sie einfach in Ruhe.“

    Er konnte sich zwar nicht vorstellen, was für einen Grund es geben mochte, der die junge Frau vom Landgang abhielt, aber ihm war durchaus aufgefallen, dass sie das Schiff während der gesamten Mission nicht verlassen hatte. Kein einziges Mal hatte sie den Fuß auf festen Boden gesetzt. Es war fast so, als fürchte sie sich davor. Nun beobachtete er, wie sie Bomber langsam folgte und kurz zögerte, bevor sie von der Gangway trat. Zuerst war ihr Schritt leicht unsicher, aber dann festigte er sich, und als sie zu ihnen stieß, wirkte sie wieder völlig normal.

    „Also, was habt Ihr vor?“, erkundigte sich ET bei seinen Kameraden.

    „Ich muss zu meinen Eltern“, erklärte Spider. „Meine Mutter flippt sonst aus.“

    „Wird es nicht langsam Zeit, dass Du erwachsen wirst?“, grinste ET und erntete dafür einen vernichtenden Blick von Billy.

    „Und was machst Du?“, wollte dieser wissen.

    „Ich werde tauchen gehen“, antwortete ET.

    „Du kannst auch nicht genug kriegen vom Meer, was?“, spottete Swain. „Kaum bist Du runter vom Boot, kletterst Du schon in das nächste ...“

    „Jedem das Seine“, lachte der Elektrotechniker.

    „Nav?“, erkundigte sich Swain.

    „Ich werde wohl einfach nur faulenzen, sonnenbaden und es mir gut gehen lassen“, meinte sie leichthin. „Was ist mit Dir?“

    „Meine Familie wartet schon. Ich freu mich ganz besonders auf meine Kleine“, antwortete er.

    „Die Frage war auch völlig überflüssig“, bemerkte Charge dazu. „Und Du, Bomber?“

    „Ich hab meiner Mutter versprochen, dass ich sie endlich mal wieder besuchen komme. Aber nur für eine Woche, länger halte ich es nicht aus.“

    Sie lachte in die Runde und alle wussten, dass dieser letzte Satz nicht ganz ernst gemeint war. Bomber hatte ein gespaltenes Verhältnis zu ihrer Mutter, die ihre Tochter drei Jahre lang aus ihrem Leben verbannt hatte, bis sie dieser an ihrem 21. Geburtstag die Hand zur Versöhnung gereicht hatte. So gerne Rebecca darauf eingegangen war, so misstrauisch war sie jedoch nach wie vor. Sie konnte nicht vergessen, dass ihre Mutter ihr damals verboten hatte, noch einmal nach Hause zu kommen, sollte sie wirklich in die Navy eintreten.

    „Und was hast Du vor, Buffer?“ lenkte sie ab.

    „Ach, ich werde wohl meine Kenntnisse in der hiesigen Kneipenlandschaft auffrischen“, grinste der. „Mal sehen, was Cairns so an Frischfleisch zu bieten hat ...“

    „Stimmt, Du bist ja wieder auf dem Markt“, feixte ET. „Pass bloß auf, dass Du nicht an die Falsche gerätst.“

    „Oder an die Richtige“, unkte Swain und wich lachend dem Boxhieb aus, der auf seinen Arm gezielt hatte.

    „Ich doch nicht. Von festen Beziehungen bin ich vorerst geheilt.“

    EJ beobachtete die kleinen Sticheleien mit einem innerlichen Grinsen. Viele Bemerkungen bezogen sich auf Ereignisse, die stattgefunden haben mussten, bevor sie auf die Hammersley versetzt worden war. Sie dachte mit einem leisen Bedauern, dass es schön sein müsste, zu dieser Crew dazu zu gehören. Nicht nur ein weiteres Besatzungsmitglied zu sein, sondern ein echter Teil der Mannschaft. Etwas wie Sehnsucht stieg in ihr empor und sie fragte sich, ob sie jemals wieder so unbeschwert sein konnte wie diese Menschen.

    „Was wirst Du mit Deiner Freizeit anfangen, EJ?“, wurde sie plötzlich aus den Gedanken geschreckt. Swain sah sie erwartungsvoll an.

    „Ich ...“, stotterte sie. „Ich ... Ich weiß nicht. Ich habe keine Pläne gemacht.“

    „Du hast also ganze zwei Wochen zur freien Verfügung? Finde ich toll“, meinte er grinsend. „Dann könntest Du uns ja mal besuchen kommen.“

    EJ wurde blass. Sie wusste nicht, was sie auf diese freundliche Einladung erwidern sollte.

    „Danke, Swain, aber ... vielleicht ein anderes Mal? Ich möchte Euch wirklich nicht stören ...“, brachte sie schließlich einen halbwegs anständigen Satz zustande.

    „Bist Du sicher?“, hakte Chris noch einmal nach, ließ dann aber von ihr ab, als sie nur bedauernd den Kopf schüttelte. Für einen Moment hatte er befürchtet, sie würde hier vor allen einfach umkippen, so weiß war sie geworden. Was war nur an seiner harmlosen Einladung dran gewesen, dass es sie so erschreckt hatte? Er warf einen Blick auf Buffer, der die junge Frau ebenso besorgt musterte wie er selbst.

    „Vielleicht treffen wir uns ja mal in einer unserer Stammkneipen?“, fragte Pete, wunderte sich aber nicht, als er ebenfalls eine Absage bekam.

    „Ich glaube nicht. Ich gehe nicht aus“, antwortete sie leise und sah ihn dabei nicht an.

    Buffer zuckte die Schultern, nahm dann seine Tasche auf und wandte sich zum Gehen.

    „Also gut, Leute, dann sehen wir uns in 14 Tagen wieder. Viel Spaß und nicht übertreiben.“

    Er winkte allen noch einmal zu und verschwand dann in Richtung Parkplatz. Das war auch für die Übrigen das Signal zum Aufbruch. Eine der Letzten war EJ, die zögernd ihre Tasche nahm und langsam den Kai entlang ging. Mike bemerkte dies und wartete am Ende, bis sie ihn eingeholt hatte.

    „Wie kommst Du nach Hause?“, erkundigte er sich und nahm ihr das Gepäck ab.

    „Ich werde wohl den Bus nehmen müssen“, seufzte sie. „Ich habe kein Auto.“

    Überrascht sah er sie an.

    „Wenn Du willst, kann ich Dich mitnehmen.“

    Er konnte sehen, wie sie sein Angebot abwägte, dann nickte sie.

    „Ja, danke, das ist sehr nett.“

    Schweigend folgte sie ihm zu seinem Wagen und ließ sich auf dem Beifahrersitz nieder.

    „Du musst mir nur Deine Adresse nennen“, meinte Mike, als er losfuhr.

    Er war nicht wenig erstaunt, als sie ihn zu einer Wohnanlage lotste, die für ihre teuren Preise bekannt war. Dafür wurde jedoch Sicherheit rund um die Uhr geboten. Hier kam niemand herein, der nicht angemeldet worden war.

    „Danke fürs Bringen“, sagte EJ und wollte aussteigen, nachdem Mike sein Auto abgestellt hatte.

    „Einen Augenblick, junge Dame“, hielt er sie zurück. „Kannst Du mir das hier erklären?“ Seine Geste umfasste das Areal und den bewachten Wohnblock. „Ich weiß, dass eine Wohnung hier verdammt teuer ist. Wie kannst Du Dir das leisten?“

    „Ich wohne nur zur Miete“, antwortete sie ausweichend. „Es ist eine ziemlich kleine Wohnung.“

    „Das erklärt aber noch nicht, warum Du gerade hier wohnst?“, wollte er hartnäckig wissen.

    Sie seufzte tief auf. Ihr war schon bei der Abfahrt klar gewesen, dass sie ihm würde Rede und Antwort stehen müssen, aber ihr war noch nichts eingefallen, mit dem sie ihn beruhigen konnte, ohne zu viel zu verraten.

    „Okay, ich weiß selbst, dass es teuer ist. Mehr als die Hälfte meines Solds geht für die Wohnung drauf, aber das ist es mir wert.“

    Er sah sie prüfend an.

    „Ist es wegen der Sicherheit?“, fragte er.

    Sie nickte. Vor Mike war es ihr immer schwergefallen, ein Geheimnis zu bewahren, aber nun war es lebenswichtig, dass er nicht weiter nachhakte. Sie beschloss, ihm einige kleinere Informationen zu geben, die ihn hoffentlich davon abhalten würde, tiefer zu bohren.

    „Offiziell habe ich die Wohnung einer Bekannten übernommen, die derzeit nicht in Australien ist. Du wirst also meinen Namen nicht auf der Klingel finden. Ich bitte Dich auch, niemanden zu sagen, wo ich wohne.“

    „Das klingt sehr geheimnisvoll. Sag mal, Du bist doch nicht etwa untergetaucht?“, fragte er scherzend. Misstrauen schlich sich in seinen Blick, als er beobachtete, wie sie mit sich kämpfte. Schließlich nickte sie.

    „So könnte man es vielleicht nennen, untergetaucht. Ich kann Dir allerdings nicht mehr darüber sagen, nicht jetzt. Bitte Mike ...“

    Sie hielt seinem Blick offen stand und am Ende neigte er den Kopf.

    „Also gut, ich werde nicht fragen. Aber was immer es ist, vor dem Du davon läufst: Pass auf Dich auf.“

    „Ja, Mike das werde ich ganz bestimmt“, versicherte sie ihm.

    Dann, endlich, ließ er sie aussteigen und ihre Tasche aus dem Kofferraum nehmen. Grübelnd blieb er im Wagen und beobachtete, wie sie sich am Eingang auswies und das Gebäude betrat. Natürlich, sie war selten zu Hause gewesen, seit sie hier stationiert war. Die Wachposten kannten sie kaum, daher war es logisch, dass sie sich identifizierte.

    Er überlegte, wovor sie wohl zur Navy geflohen war. Hatte sie ein Verbrechen begangen? Er konnte es sich kaum vorstellen, aber sie hatte sich so sehr verändert, dass er nicht mehr wusste, was er von ihr halten sollte. EJ Walker wäre es niemals in den Sinn gekommen, gegen das Gesetz zu verstoßen, bei EJ Kingston war er sich nicht sicher. Andererseits überprüfte die Navy ihre Anwärter sehr genau und nahm nur in Ausnahmefällen Menschen auf, die keinen tadellosen Leumund hatten. Natürlich hatte er davon gehört, dass ein sogenanntes Rehabilitationsprogramm eingerichtet werden sollte, aber so weit er wusste, ging es dabei nur um junge Leute, die in ihrer Jugend mit dem Gesetz in Konflikt geraten waren und die man noch „umerziehen“ konnte. EJ befand sich nicht mehr in dieser Altersklasse.

    Seufzend besann er sich schließlich darauf, dass er nicht wirklich ihr Bruder und sie eine erwachsene Frau war, die selbst auf sich aufpassen konnte. Er verbannte die düsteren Gedanken und ließ den Motor an. Mit EJ würde er sich nach dem Urlaub wieder befassen, jetzt freute er sich erst einmal auf 14 Tage Ruhe und die Gesellschaft eines geliebten Menschen.



    tbc.
    "It is better to have loved and lost than never to have loved at all"

    Möge alles, was Ihr mir wünscht, tausendfach auf Euch zurückfallen.

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  27. #14
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    Lang hat es gedauert, aber nun kommt das nächste Kapitel. Zuvor aber möchte ich mich wieder bei meinen treuen "Danke"-Drückern Evaine und Galaxy bedanken. Ach ja, und auch vielen Dank dafür, dass während der Con die 1000er-Marke bei den Zugriffen geknackt wurde ...








    Kapitel 8: Bootsalltag


    HMAS Hammersley, 08:45 Uhr Vormittagswache, Heimathafen


    Mit zufriedenem Gesichtsausdruck beobachtete Lieutenant Commander Flynn, wie seine Crew sich einer nach dem anderen wieder auf dem Schiff einfand. Allen war anzusehen, dass der Landurlaub ihnen gutgetan hatte. Selbst EJ hatte ein wenig entspannter gewirkt, als sie mit Bomber zusammen an Bord gekommen war.

    Es freute Mike, zu sehen, dass die beiden jungen Frauen sich offensichtlich angefreundet hatten. Bombers Einfluss auf ihre Kameradin war ihm bereits gegen Ende der letzten Mission aufgefallen. Es konnte EJ nicht schaden, sich etwas von Rebeccas Selbstbewusstsein und Forschheit anzueignen. Andererseits schien EJ eine beruhigende Wirkung auf die temperamentvolle Köchin zu haben.

    Die letzten Vorratskisten wurden eben an Bord gebracht. Buffer überwachte den Vorgang und sorgte dafür, dass sie in die richtigen Abteilungen gelangten und dort verstaut wurden. Der Bootsmann schien der Einzige zu sein, dessen Urlaub wohl nicht ganz so zufriedenstellend verlaufen war, wie er sich erhofft hatte. Mike hatte eine gewisse Unruhe in ihm gespürt, als sie sich vorhin begrüßt hatten. Er war aber nicht weiter darauf eingegangen.

    Eine Stunde später war die Crew vollzählig an Bord und sie hatten Order zum Ablegen erhalten.

    „Achtung, Deckmannschaft: Bereitmachen zum Ablegen. Ich wiederhole: Bereitmachen zum Ablegen!“, leitete X den Vorgang ein. Die Taue wurden gelöst und die Gangway eingeholt, dann kamen die Seitenstrahlruder zum Einsatz und die Hammersley löste sich langsam vom Kai.

    „Ruder 5 Steuerbord, Drehzahl 4 5 0, Kurs 010“, sagte Nav an.

    „Ruder 5 Steuerbord, Drehzahl 4 5 0, Kurs 010“, bestätigte Swain und fuhr das Schiff langsam aus dem Hafen. Als Steuermann war es sein Privileg, das Patrouillenboot ablegen zu lassen. Er ließ es sich auch in den seltensten Fällen nehmen, wusste er doch, dass kaum jemand an Bord das so gut konnte wie er.

    Als sie den Hafen hinter sich gelassen hatten, beschleunigte die Hammersley auf 20 Knoten und steuerte das Korallenmeer an. Mike bat die höheren Dienstgrade zu einer Besprechung in die Messe.

    „Aus der Gegend um die Coringa-Inseln wurden illegale Aktionen gemeldet. Es sollen sich ausländische Boote dort herumtreiben und nach geschützten Korallen und Fischen tauchen“, eröffnete der CO.

    „Gibt es genauere Angaben, Sir? Um wie viele Boote handelt es sich?“, fragte Kate.

    „Das wusste NAVCOM leider auch nicht. Es ist nicht sicher, ob es mehrere Boote waren oder nur eines, das verschiedentlich beobachtet wurde. Wir werden unsere Augen offen halten müssen.“

    Dann wandte er sich an seinen Bootsmann.

    „Buffer, sind alle Crewmitglieder wieder wohlauf an Bord eingetroffen?“

    „Die Mannschaft ist vollzählig und erholt, Sir“, erwiderte dieser.

    „Charge, was machen die Maschinen?“

    „Schnurren wie die Kätzchen, Sir“, antwortete Andy mit einem Grinsen.

    „Die medizinischen Vorräte wurden aufgefüllt und kontrolliert, Sir“, meldete sich Swain, noch bevor er angesprochen wurde. „Ich habe mir erlaubt, der Ausrüstung noch einige Wärmekissen und Fangopackungen hinzuzufügen.“

    Diese Bemerkung erntete unverständige Blicke von ET, Charge und Nikki, während Buffer zu grinsen begann und Mike und Kate einen Blick wechselten.

    „In Ordnung, Swain, wenn Sie es für nötig halten.“

    Näher ging der CO nicht darauf ein, aber er konnte sehen, dass die drei nicht eingeweihten Offiziere vor Neugier schier platzten.

    „Sir, die neue Mikrowelle für die Sanitätskammer wurde ebenfalls ausgepackt und angeschlossen“, setzte Pete noch eines drauf. Er fing sich dafür einen tadelnden Blick seines Vorgesetzten ein, hatte aber nicht widerstehen können. Der Anblick der anderen war einfach zu köstlich.

    „Darf man fragen ...“, begann Nikki, wurde aber fast rüde unterbrochen.

    „Nein, dürfen Sie nicht, Nav“, versetzte Mike gereizt. „Diese beiden Witzbolde hier wollen Sie nur aufziehen. Achten Sie nicht darauf und nehmen Sie es einfach hin, ja?“

    „Aye, Sir“, bestätigte Nikki leicht eingeschnappt.

    „Ähm, Sir, die Vorräte für die Kombüse sind aufgefüllt und kontrolliert“, mischte sich nun Bomber ein, bevor die Stimmung umschlagen konnte. „Für heute Abend habe ich gegrilltes Hühnchen mit Pommes und Salat vorgesehen.“

    „Na, das hört sich doch gut an“, ergriff Mike die Gelegenheit der Ablenkung. „Nun, meine Damen und Herren, das wäre dann alles.“

    Er warf einen letzten drohenden Blick auf Swain und Buffer, bevor er sich erhob und zurück auf die Brücke ging. Seine Offiziere folgten ihm langsam.

    „Sag mal, Swain, was sollte das eigentlich mit den Fangopackungen ...?“, fragte Charge misstrauisch.

    “... und wozu brauchen wir eine Mikrowelle im Sanitätsraum?“, ergänzte Nikki.

    „Habt Ihr nicht gehört, was der Boss gesagt hat? Wir wollten Euch nur veräppeln“, winkte Buffer ab, aber so einfach wurde er die Frager nicht los.

    „Das mit der Mikrowelle hab ich selbst gesehen, schließlich hab ich sie ja angeschlossen“, meinte ET. „Also muss auch am Rest was dran sein.“

    „Nun rückt schon raus mit der Sprache “, drängte Nav, aber die beiden Verschwörer schüttelten nur den Kopf.

    „Ihr müsst es schon selbst herausfinden“, bemerkte Swain noch geheimnisvoll, bevor er dem CO nach oben folgte.


    ***


    HMAS Hammersley, 16:20 Uhr, erste Hundewache, Korallenmeer


    Seit einigen Tagen kreuzte das Patrouillenboot nun bereits in den Gewässern, in denen angeblich die Korallen-Wilderer gesichtet worden waren, aber ohne Erfolg. Die Aufmerksamkeit der Crew begann bereits nachzulassen und so setzte Buffer Übungen an, um die Mannschaft für den Ernstfall zu trainieren. Er nutzte dabei Szenarien, die den Leuten bekannt waren, wie Entermanöver bei einem Fischerboot oder die Rettung verunfallter Personen aus dem Wasser. Bei dieser Gelegenheit ordnete er auch an, dass die noch relativ neuen Seeleute den Umgang mit den Beibooten üben sollten. Die vier zuletzt zur Crew gestoßenen Matrosen sollten zeigen, wie sie mit den kleinen Wasserfahrzeugen zurechtkamen.

    Zunächst setzten sich Smith und Monroe an die Steuerungen. Es zeigte sich, dass sie zwar noch Übung brauchten, ihre Boote jedoch einigermaßen beherrschten. Dann waren EJ und Jones an der Reihe. Anfangs war die junge Frau noch sehr vorsichtig, wurde dann aber zusehends mutiger. Buffer zeigte sich zufrieden über ihre umsichtige Art, das Fahrzeug zu führen. Sie kurvten einige Male um die Hammersley herum und übten auch einige Manöver zusammen mit dem zweiten Boot, als dieses plötzlich auf Kollisionskurs ging und auf sie zu schoss.

    „Hey, Vorsicht da drüben“, schrie Buffer auf. „Ausweichen, verdammt!“

    Der andere drehte jedoch nicht ab, sondern hielt weiterhin mit hoher Geschwindigkeit auf sie zu. EJ reagierte schnell und drehte bei, um dem zweiten Boot auszuweichen.

    „Achtung, festhalten“, rief sie, als sie merkte, dass sie einen Zusammenstoß nicht mehr vermeiden konnte. Sie schaffte es jedoch, dass das andere Boot sie nicht voll in die Seite traf, sondern nur längsseits daran entlang schrammte. Der Aufprall war dennoch so heftig, dass Spider und Monroe über Bord geschleudert wurden. Buffer knallte mit dem Kopf gegen die Konsole und sank leicht benommen zur Seite. Able Seaman Franklin fiel von seinem Sitz und wäre fast ebenfalls über Bord gegangen, konnte sich aber eben noch festklammern.

    Auf dem anderen Boot sah es nicht viel besser aus. ET war über Bord gegangen, während Kate bei ihrem Bemühen, den Zusammenstoß noch zu verhindern, böse gestürzt war. Bomber strampelte ebenfalls im Wasser und Seaman Smith klammerte sich mit totenblassem Gesicht an einen Haltegriff. Der eigentliche Übeltäter, Jones, kauerte zitternd hinter der Steuerung.

    „Charlie 82 an Thunder und Lightning, was ist da los?“, kam die besorgte Stimme des CO über Funk. „Wurde jemand verletzt?“

    Mit einiger Verzögerung antwortete Kate: „Hier Thunder: Es gab eine Kollision der beiden Boote, zwei Mann sind im Wasser, keine größeren Verletzungen.“

    Lightning an Charlie 82: Wir haben ebenfalls zwei Mann über Bord“, stöhnte Buffer. „Auch bei uns scheint niemand ernsthaft verletzt.“

    „In Ordnung. Holen Sie die Leute zurück an Bord und kehren Sie auf die Hammersley zurück. Charlie 82 Ende und aus.“ In Mikes Stimme lag Erleichterung, aber auch mühsam unterdrückter Zorn.

    EJ, die sofort die Fahrt aus dem Boot genommen hatte, kümmerte sich unterdessen um Buffer, der sich stöhnend den Kopf hielt.

    „Alles okay?“, fragte sie ängstlich.

    Er sah auf und begegnete ihrem bestürzten Blick.

    „Es geht schon. Das gibt vermutlich ‘ne dicke Beule“, beruhigte er sie mit einem allerdings leicht gequälten Grinsen. „Gute Reaktion, EJ.“

    „Lass mich mal sehen“, verlangte sie und zuckte zusammen, als er die Hand herunter nahm. Aus einer Platzwunde an der Stirn strömte ihm Blut über das Gesicht.

    „Das sieht nicht gut aus“, murmelte sie zwischen zusammengebissenen Zähnen. „Es muss vermutlich genäht werden.“

    „Später“, winkte er ab und erhob sich vorsichtig. „Holen wir erst mal die Anderen zurück an Bord.“

    EJ nickte und setzte sich wieder ans Steuer, um behutsam näher an die Verunglückten zu manövrieren. Gemeinsam mit Franklin half Buffer Spider und Monroe aus dem Wasser. Im anderen Boot war Seaman Jones inzwischen am Steuer abgelöst worden. ET und Bomber waren ebenfalls bereits geborgen.

    „Ist bei Ihnen alles in Ordnung, X?“, erkundigte sich Buffer.

    „Ja, so weit alles klar“, antwortete Kate ihm. „Kehren wir zur Hammersley zurück.“

    „In Ordnung, die Übung ist beendet“, bestätigte der Bootsmann und fügte grimmig hinzu: „Das wird noch ein Nachspiel haben.“


    ***


    Zurück an Bord befahl der CO die beiden Übungsmannschaften zur medizinischen Kontrolle in den Sanitätsraum. Besondere Sorgen machte er sich um Buffer, dessen Stirn übel aussah. Die Blutung hatte zwar inzwischen aufgehört, aber er hatte eine hässliche Platzwunde davongetragen und es begann sich bereits eine starke Schwellung zu bilden. Dennoch blieb der Bootsmann an Deck, bis er sich davon überzeugt hatte, dass die beiden Beiboote keine größeren Schäden davongetragen hatten. Er sorgte dafür, dass sie nochmals gründlich überprüft wurden, bevor er endgültig dem Befehl seines Vorgesetzten nachkam.

    Unter Deck wurde es im Sanitätsraum ziemlich eng. Swain nahm eine rasche Untersuchung eines jeden Beteiligten vor und schickte dann die Leute, die keine oder nur geringe Verletzungen hatten, hinüber in die Mannschaftsmesse, wo sie mit Schmerzmitteln, Salben und heißen Getränken versorgt wurden. Bomber schlüpfte rasch in trockene Kleidung und half dann bei der Versorgung, während EJ bereits dem Sanitätsoffizier assistierte.

    Seaman Jones stand unter Schock und wurde entsprechend behandelt. Franklin hatte sich beim Abstützen das Handgelenk verstaucht und bekam einen festen Verband. Bei Buffer diagnostizierte Swain eine leichte Gehirnerschütterung. Die Platzwunde musste mit drei Stichen genäht werden. Hinterher behauptete der Bootsmann, das Desinfizieren der Wunde habe mehr geschmerzt als das Nähen selbst. XO hielt sich mit schmerzverzerrtem Gesicht die Seite. Sie hatte sich bei ihrem Sturz eine böse Prellung zugezogen. Außerdem klagte sie über Schmerzen im linken Oberarm. Als EJ sich behutsam daran machte, sie zu untersuchen, sah Kate der jungen Frau zunächst misstrauisch zu. Sie merkte allerdings schnell, dass diese genau wusste, was sie tat.

    EJ stellte fest, dass Kate sich wohl einen Muskel gezerrt hatte, als sie sich abfangen wollte. Im Augenblick konnte sie nicht viel dagegen tun, sie empfahl der XO jedoch, den Arm ruhig zu halten und ihn notfalls mit einer Schlinge zu fixieren. In ein paar Tagen würde sie dann mit einer behutsamen Physiotherapie beginnen können.

    Swain war noch nicht ganz mit den Untersuchungen fertig, als der CO hereinplatzte. Er erkundigte sich kurz nach dem Befinden seiner Leute, kam aber dann unverzüglich auf den Vorfall zu sprechen.

    „Was ist da eigentlich genau passiert?“, fragte er in scharfem Tonfall. „Und kommen Sie mir jetzt nicht mit irgendwelchen Ausreden. Schließlich habe ich ja zugesehen.“

    Er sah von Buffer zur XO.

    „Aus welchem Grund drehte Ihr Boot plötzlich in Richtung des anderen?“

    „Sir, Seaman Jones hat noch kaum Erfahrung und ist in Panik geraten, als er die Kontrolle verlor“, versuchte Kate zu erklären.

    „Alles ging so schnell, dass kaum Zeit blieb, auszuweichen“, ergänzte Buffer.

    „Wozu, verdammt nochmal, waren Sie eigentlich beide mit an Bord, wenn es Ihnen nicht gelingt, eine 750 000 A$ teure Ausrüstung bei einer Übung vor Schäden zu bewahren?“, explodierte der CO. „Ganz zu schweigen davon, dass dabei jemand schwer verletzt oder gar getötet hätte werden können.“

    „Sir, den Leuten geht es gut“, wollte Kate einwenden.

    „Das haben wir bestimmt nicht Ihnen zu verdanken, X“, funkelte Mike sie wütend an. „So etwas darf einfach nicht passieren.“

    „Die Boote haben offensichtlich auch nichts abgekriegt, Sir“, wollte Buffer ihn beruhigen und fing sich dafür einen zornigen Blick des CO ein.

    Betreten tauschten EJ und Swain einen Blick. Es war ihnen peinlich, diesen Ausbruch mitzuerleben. Bei Mikes ersten Worten hatte EJ vorsorglich die Tür geschlossen, aber sie befürchtete, dass das Gebrüll des CO trotzdem auch noch in der Offiziersmesse zu hören war.

    „Ich will, dass Sie herausfinden, warum Seaman Jones die Kontrolle über das Boot verlor“, fuhr Mike nun etwas ruhiger fort. „Wenn es einen medizinischen Grund für sein Versagen gibt, muss er behandelt werden. Sollte dies nicht der Fall sein, möchte ich, dass Sie disziplinarische Maßnahmen ergreifen. Jeder hier an Bord muss begreifen, dass wir mit unserer Ausrüstung sorgfältig umgehen müssen. Eines Tages könnte unser Leben davon abhängen.“

    „Ja Sir“, nickte Buffer betreten und auch Kate murmelte ein „Verstanden, Sir“ und blickte zu Boden.

    Sie sah dabei nicht, wie beunruhigt Mike sie nun musterte. Ein großer Teil seiner Gereiztheit begründete sich darin, dass er sich große Sorgen um sie gemacht hatte. An Bord durfte er sich jedoch nichts von seinen Gefühlen für sie anmerken lassen. Innerlich seufzend drehte er sich nun um und ließ sich von Swain genauer Bericht erstatten. Es erleichterte ihn sehr, dass es den Leuten den Umständen entsprechend gut ging.

    „EJ, kümmern Sie sich um die Zerrungen und Prellungen. Tun Sie, was Sie können, um den Leuten zu helfen“, ordnete er an und die junge Frau nickte.

    „Aye, Sir“, meinte sie und verließ den Raum, um nach den übrigen Patienten zu sehen.

    Mike nickte seinen Offizieren noch einmal knapp zu und ging dann ebenfalls hinaus.

    „Also gut, Leute, Ihr seid versorgt, nun macht, dass Ihr in Eure Kabinen kommt. Für die nächsten 24 Stunden verordne ich Euch strikte Ruhe“, grinste Swain seine beiden Offizierskameraden an. „Buffer, falls Dir schwindlig oder übel wird, gibst Du mir sofort Bescheid. X, Sie übergebe ich in EJs Hände.“

    Ihren fragenden Blick beantwortete er mit einem vergnügten Zwinkern. Sollte Kate doch selbst herausfinden, was die junge Frau konnte. Er räumte noch auf und ging dann nachsehen, wie es den anderen „Unfallopfern“ ging. Als er in die Messe kam, war EJ gerade dabei, Spiders Schultern durchzukneten.

    „Er konnte sich kaum noch rühren“, erklärte sie kurz. „Das kalte Wasser hat ihm nicht gut getan.“

    Swain sah zu, wie sich der junge Matrose unter der Behandlung immer mehr entspannte. Er hatte die Augen geschlossen und man konnte ihm ansehen, dass er am liebsten noch stundenlang so sitzen geblieben wäre. Allerdings beendete EJ kurz darauf die Massage.

    „Warm halten“, war das Einzige, was sie zu ihm sagte, bevor sie ihm einen kleinen Klaps auf die Schultern gab.

    „Ist gut, EJ“, antwortete er, leicht enttäuscht über das Ende der wohltuenden Behandlung.

    „Spider, ab in die Koje“, befahl Swain mit einem Augenzwinkern und wartete ab, bis dieser den Raum verließ. Er war der Letzte gewesen, der sich noch hier aufgehalten hatte.

    „Die Anderen habe ich versorgt und ebenfalls in die Kojen geschickt“, beantwortete EJ Swains fragenden Blick. „Sie brauchen alle erst einmal Ruhe.“

    „Das würde ich Dir auch empfehlen. Bist Du sicher, dass Dir nichts fehlt?“

    „Ja, ich bin völlig in Ordnung, Swain“, beruhigte sie ihn. „Allerdings kann ich mich jetzt nicht hinlegen. Ich muss Bomber in der Kombüse helfen.“

    „Sie kocht heute Abend? Kann das nicht jemand anders erledigen?“

    „Das meinst Du jetzt nicht ernst, oder? Nach allem, was ich über ROs Kochkünste gehört habe? Das würde eine Meuterei zur Folge haben ...“

    Verblüfft über ihren ernsthaften Tonfall starrte Swain sie an, aber dann sah er den Schalk in ihren Augenwinkeln aufblitzen und lachte los.

    „Nein, es wäre wohl besser, das nicht zu riskieren. Also gut, hilf ihr, aber nach dem Essen geht Ihr Euch beide ausruhen, ist das klar?“

    „Aye“, salutierte sie scherzhaft und ging zur Kombüse. Kopfschüttelnd sah Swain ihr nach. EJ schien Stück für Stück ihrer Panzerung abzulegen. Nun fing sie bereits an, Scherze zu machen. Er war gespannt darauf, was wohl noch von ihr zum Vorschein kommen würde.



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    Geändert von Zeson (14.05.2013 um 11:00 Uhr)
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  28. Danke sagten:


  29. #15
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    Und wieder haben mich meine beiden treuen "Danke"-Drücker Evaine und Galaxy nicht enttäuscht. Vielen Dank, dass Ihr dabei bleibt - und auch Danke an die vielen "anonymen" Mitleser, die meine Story offensichtlich doch interessant finden, auch wenn keinerlei feedback 'rüberkommt ...
    Ich hoffe, das nächste Kapitel findet ebenfalls viele Leser:







    Kapitel 9: EJ's Talent


    HMAS Hammersley, 13:20 Uhr Nachmittagswache, Korallensee


    Zu ihrem Leidwesen musste EJ bald entdecken, dass sie vergessen hatte, Spider zum Stillschweigen anzuhalten. Es dauerte keinen halben Tag, bis fast die gesamte Crew darüber informiert war, dass man eine „Masseuse“ an Bord hatte. Man könnte auch sagen, ihr Geheimnis hatte keine zwei weiteren Mahlzeiten überstanden. Als Swain mitbekam, worüber die Mannschaft sich so ereiferte, bemühte er sich, den Unterschied zwischen einer „Masseuse“ und einer Masseurin, beziehungsweise einer Physiotherapeutin, klarzustellen. Außerdem nahm Buffer sich Spider zur Brust und rügte ihn, weil er so schwatzhaft gewesen war. Allerdings nutzte es nicht mehr viel, das Kind war bereits in den Brunnen gefallen.

    Am Nachmittag meldeten sich außergewöhnlich viele Seeleute bei Swain und klagten über Muskelschmerzen, Verspannungen und sogar über Krämpfe. Natürlich war dem Sanitätsoffizier bewusst, dass nun jeder die von Spider so gerühmten Fähigkeiten EJs am eigenen Leib erfahren wollte, und so schickte er die meisten mit einer Schmerz- oder einer Magnesiumtablette wieder davon. Bei ET jedoch stellte er ein massives Rückenproblem fest und auch der eine oder andere Matrose durfte sich in EJs Obhut begeben. Als jedoch sogar RO daher kam, musterte Swain ihn ungläubig.

    „Das hätte ich jetzt nicht gedacht, Robert“, grinste er. „Seit wann machst Du denn so was mit? Hast Du mit Spider gewettet oder was?“

    Der Radio Officer sah ihn leicht verwundert an. Offensichtlich wusste er zunächst nicht, worauf Swain anspielte, aber dann ging ihm ein Licht auf.

    „Du meinst ... oh nein, Swaino, ganz bestimmt nicht“, protestierte er empört. „Ich will gar nicht von EJ behandelt werden. Gib mir einfach eine Tablette gegen die Krämpfe, okay?“

    „Krämpfe? Was für Krämpfe und seit wann hast Du die?“, wurde der Sanitätsoffizier schlagartig ernst.

    „Ich bekomme ab und zu Krämpfe in den Beinen, vor allem nachts. Du hast doch bestimmt irgendetwas, damit das wieder vergeht, oder?“

    „Seit wann, RO?“, fragte Swain ungeduldig.

    „Seit einigen Tagen“, gab Robert mürrisch zu.

    „Setz Dich“, befahl Chris ihm.

    Sehr widerstrebend kam der Funker seiner Aufforderung nach.

    „Du wartest jetzt hier“, ordnete Swain an. „Ich hole EJ. Sie sollte sich das mal ansehen.“

    „Nicht nötig“, meinte RO und wollte sich erheben. Ein Blick auf Swains strenges Gesicht ließ ihn jedoch davon absehen und ergeben nickte er. „Okay, wenn Du meinst? Aber es ist wirklich nichts Ernstes ...“

    „Lass sie das entscheiden. Glaub mir, sie hat wirklich Erfahrung mit so was.“

    Er verschwand und kehrte gleich darauf mit der jungen Frau im Schlepptau zurück. Er beschrieb ihr kurz, was RO ihm berichtet hatte. Anschließend untersuchte sie den verstockt dasitzenden Funker gründlich.

    „Wie oft, sagst Du, hast Du das?“, erkundigte sie sich schließlich kopfschüttelnd. „Warum meldest Du Dich erst jetzt? Du kannst von Glück sagen, dass noch keine Muskelfasern gerissen sind.“

    Sie drehte sich zu Swain um, der bereits eine Spritze aufzog.

    „Ein krampflösendes Mittel in geringer Konzentration, regelmäßig Magnesium und in den nächsten Tagen einige Male Fango und Massage, das sollte ihn wieder auf den Damm bringen.“

    „So ähnlich hätte ich jetzt auch gesagt“, lächelte Chris. „Ich wollte nur die Meinung der Expertin hören. Hast Du überhaupt Zeit für einen weiteren Patienten?“

    „RO ist ein dringender Fall. Die Leute, die nicht so schlimm dran sind, können warten. Ich werde in den nächsten Tagen nur ihn und ET behandeln“, entschied sie. „Das müsste zu schaffen sein.“

    „Sieh zu, dass Dir noch genügend Freizeit bleibt“, warnte Swain und verpasste Robert die Spritze.

    „Ich werd’s versuchen“, nickte sie „RO, bitte komm morgen nach der Nachmittagswache um 16:30 Uhr wieder her, dann kümmere ich mich um Deine Muskeln.“

    Der Funker sah misstrauisch von ihr zu Chris, der ihm auffordernd zunickte.

    „Am Besten tust Du einfach, was sie sagt, RO“, grinste er, drückte ihm noch ein Röhrchen mit Lutschtabletten in die Hand und entließ ihn dann mit einem freundschaftlichen Schlag auf die Schulter.


    ***


    Von nun an konnte sich EJ nicht mehr über Langeweile beklagen. Nicht, dass sie das je getan hätte, aber sie musste jetzt ihre Zeit sehr genau einteilen. RO und ET waren nur die ersten in einer langen Reihe von mehr oder weniger dringenden Fällen, die sie behandeln musste. Nachdem Kates Armmuskel sich wieder beruhigt hatte, zeigte EJ ihr einige Übungen, die dazu beitrugen, dass die Verletzung rasch abheilte. Allerdings hatte es sie einiges an Überzeugungsarbeit gekostet, um die XO dazu zu bringen, sich an ihre Anweisungen zu halten.

    ROs Beinmuskeln waren da ein viel härteres Stück Arbeit. Sie musste hier sehr behutsam vorgehen, um die Verknotungen zu lösen. Dank ihrer Erfahrung gelang es ihr aber, dem Funker nicht nur Erleichterung zu verschaffen, sondern ihn gänzlich von seinen Verkrampfungen zu befreien. Die regelmäßig eingenommenen Magnesium-Lutschtabletten taten ihr Übriges.

    ETs Rückenmuskeln hatten sich durch den Aufprall auf dem Wasser völlig verkrampft. EJ brauchte mehrere Behandlungen mit Fango und Massagen, um ihn wieder einigermaßen fit zu bekommen. Nachdem die Muskeln endlich wieder gelockert waren, zeigte sie auch ihm einige Übungen zur Stärkung seiner Rückenmuskulatur, die er anfangs nur widerstrebend absolvierte. Als er jedoch merkte, dass sie ihm wirklich halfen, war er voll des Lobes und nahm sich regelmäßig Zeit dafür.

    Besonders beliebt bei der Crew waren EJs Massagekünste. Fast täglich bat einer ihrer Kameraden sie um Hilfe, die sie selten verweigerte. Bei den meisten erwarb sie sich durch ihre Bereitwilligkeit dazu und ihre fachkundigen Behandlungen Anerkennung und Respekt, es gab jedoch auch einige Wenige, die versuchten, sie auszunutzen. Dem schob Swain jedoch einen Riegel vor, sobald er bemerkte, was vor sich ging. Er achtete darauf, dass sie sich nicht übernahm und sich ausreichend Freizeit gönnte. Es freute ihn zu sehen, dass die neu übernommene Aufgabe ihr augenscheinlich weiteres Selbstvertrauen gab. Sie öffnete sich immer mehr und begegnete den Männern nicht mehr so misstrauisch wie zuvor. Mit Bomber, Spider, RO und ET führte sie inzwischen richtige Unterhaltungen und einmal hatte Swain gehört, wie sie dem jüngsten Matrosen sogar schlagfertig Kontra gab. In seltenen Fällen bewies sie auch, dass sie einen trockenen Humor besaß, den sie beiläufig anzubringen verstand.

    Nachdem EJ eines Tages auf der Morgenwache beobachtet hatte, wie Charge auf dem Vorderdeck seine Tai-Chi-Übungen absolvierte, gesellte sie sich am darauffolgenden Morgen zu ihm und fragte höflich, ob es ihn störe, wenn sie mitmache. Verblüfft über ihre Bitte beäugte er sie misstrauisch, war er doch gewohnt, dass seine Kameraden ihn nur milde belächelten, wenn sie ihn dabei sahen. Als sie ihn jedoch nur ernst anblickte, nickte er ihr schließlich zu, murmelte etwas von „öffentlichem Deck“ und begann dann mit der erlernten Form. Zu seinem Erstaunen hielt sie mit und störte ihn in keiner Weise in der Konzentration. Am Ende musste er zugeben, dass ihm die Übung in ihrer Gesellschaft leichter gefallen war und mehr Entspannung gebracht hatte, als wenn er sie allein durchexerziert hatte. Mit einem Handschlag und einem einvernehmlichen Grinsen trennten sie sich schließlich und von da an trainierten sie nach Möglichkeit gemeinsam.


    ***


    Die Untersuchung des Vorfalls mit den Beibooten brachte keine befriedigenden Ergebnisse. Nachdem der Schock abgeklungen war, konnte sich Seaman Jones nicht an das erinnern, was geschehen war, bevor die Boote zusammenprallten. Eine körperliche Ursache schloss Swain nicht völlig aus, obwohl er keine Anzeichen dafür finden konnte. Es blieb ein Rätsel, was zu dem Unfall geführt hatte. Zu allem Ärger stellte sich dann noch heraus, dass eines der beiden Beiboote doch leicht beschädigt worden war. Die Reparatur nahm einige Tage in Anspruch und Jones wurde dazu abkommandiert, dabei zu helfen. Er reagierte darauf ziemlich ungehalten, war er sich doch keiner Schuld bewusst. Buffer machte ihm jedoch schnell klar, dass gerade diese Einstellung ihm zu dieser Arbeit verholfen hatte.

    „Sie können froh sein, dass das alles ist“, herrschte er den Matrosen an. „Wäre es nach mir gegangen, hätten Sie für die nächsten Wochen den Latrinenputzdienst übernommen, ganz zu schweigen vom Deckschrubben. Allein!“

    Nachdem die Reparatur fertiggestellt war, klagte Seaman Jones über Rückenschmerzen. Swain verwies ihn an EJ, die ihm an vier aufeinanderfolgenden Tagen Termine für eine Massage freimachte. Nur wenige Tage später begannen die Gerüchte. Niemand wusste, wer damit angefangen hatte, aber plötzlich flammte die Diskussion über Masseusen wieder auf. Besonders in den Mannschaftsräumen spekulierte man mehr oder weniger offen darüber, was EJ wohl gemacht hatte, bevor sie zur Navy ging. Einige hässliche Anspielungen machten die Runde und es blieb nicht aus, dass auch der jungen Frau etwas davon zu Ohren kam.

    „Es ist eine Frechheit“, regte sie sich auf, als Bomber und sie eines Abends in ihren Kojen lagen. „Genau so etwas hatte ich befürchtet.“

    „Lass sie doch. Solche Gerüchte verlaufen sich ganz schnell wieder im Sand, Du wirst schon sehen“, versuchte Bomber, sie zu beruhigen.

    „Du hast leicht reden, um Dich geht es ja auch nicht“, schimpfte EJ weiter. „Das ist so widerlich. Ich wette, dieser Jones steckt dahinter.“

    „Wie kommst Du denn auf den? Nur, weil er Dein Boot gerammt hat? So nachtragend wirst Du ja wohl nicht sein, oder?“

    „Was? Ach Quatsch, doch nicht deshalb. Nein, er sieht mich immer so ... ich weiß nicht, wie ich es ausdrücken soll ... irgendwie so gierig an. Und dauernd kommt er daher und will massiert werden. Als ob er der Einzige wäre, der gesundheitliche Probleme hat. Dabei fehlt ihm aber gar nichts mehr ...“

    Alarmiert setzte Bomber sich auf.

    „EJ! Hast Du das schon dem CO gemeldet?“

    „Nein, warum sollte ich? Er hat nichts zu mir gesagt und mir nichts getan. Es gibt keinen Grund irgendetwas zu melden.“

    „Verdammt, Du hast recht. Man wird ihm nichts beweisen können.“

    „Genau wie bei dem Bootsunfall. Er ist einfach zu gerissen. Er wird sich keine Blöße geben ...“

    EJ seufzte schwer auf. Gerade hatte sie begonnen, sich auf dem Schiff wohlzufühlen, aber nun?

    „Warum wollen die Männer nur nicht verstehen, dass zwischen einer „Masseuse“ und einer Physiotherapeutin ein himmelweiter Unterschied besteht?“

    „Weil es Männer sind“, stellte Bomber lakonisch fest. „Und Du weißt ja, womit die denken ...“

    Einen Augenblick herrschte Stille, dann prusteten beide los.

    „Viel Platz für Gehirn ist da wirklich nicht“, kicherte EJ.

    „Ja, allerdings. Kein Wunder, dass es da manchmal mit der Logik und der Vernunft hapert“, stimmte Bomber zu und wieder lachten sie laut.

    Das Klopfen an der Tür hätten sie fast überhört, aber noch bevor sie reagieren konnten, wurde diese bereits geöffnet und Seaman Jones streckte den Kopf herein.

    „Was wollen SIE denn hier?“, herrschte Bomber ihn an.

    „Mir tut der Rücken so weh und ich dachte, vielleicht könnte EJ ...“

    Weiter kam er nicht, denn die Köchin unterbrach ihn empört.

    „Um diese Zeit? Von welchem Affen sind Sie denn gebissen? EJ wird heute ganz bestimmt niemanden mehr behandeln, ganz besonders Sie nicht! Und jetzt machen Sie, dass Sie raus kommen, sonst muss ich Swain rufen.“

    „Man wird ja wohl mal fragen dürfen“, murmelte der Mann eingeschnappt. „Nichts für ungut. Gute Nacht.“

    „Gute Nacht“, schnappte Bomber. „Schlafen Sie besonders schlecht und unruhig. Mögen die Schmerzen Sie wachhalten“, brummte sie hinterher, als sich die Tür hinter Jones wieder geschlossen hatte. „Der ist ja echt lästig!“

    Erst jetzt fiel ihr auf, dass EJ keinen Ton gesagt hatte. Beunruhigt erhob sie sich und lugte in die obere Koje. Ihre Kameradin kauerte mit angezogenen Beinen und erstarrtem Gesichtsausdruck totenblass in der Ecke.

    „EJ, was ist denn? Keine Angst, er ist weg. EJ?“

    Langsam kam wieder Leben in ihre Kameradin. Sie blinzelte und schien wie aus einem Albtraum zu erwachen. Allmählich entspannte sie sich und atmete einmal tief durch.

    „Entschuldige, Bomber, ich wollte Dich nicht ängstigen“, sagte sie schließlich leise. „Es ist nur ... Er hat mich so erschreckt, verstehst Du?“

    Langsam nickte die Köchin. Sie ahnte, dass das nicht alles war, aber sie wollte im Augenblick nicht nachhaken.

    „Ich finde wirklich, Du solltest das melden. Jetzt fängt er schon an, Dich in unserer Kabine zu belästigen. Das ist nicht richtig.“

    Sie wirke beunruhigt und um sie zu besänftigen, machte EJ ihr ein kleines Zugeständnis.

    „Also gut, ich werde es morgen Swain erzählen, okay?“

    Bomber nickte und legte sich wieder in ihre Koje. Es genügte ihr bei Weitem nicht, aber mehr konnte sie wohl nicht erwarten. Sie nahm sich vor, selbst etwas zu unternehmen. Schließlich hatte sie sich ebenfalls durch den Seaman belästigt gefühlt, also hatte sie auch das Recht, sich über ihn zu beschweren. Allerdings sollte sie nicht mehr dazu kommen, denn am nächsten Tag überstürzten sich die Ereignisse.



    tbc.
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    Dankeschön, Evaine und Galaxy, für's unermüdliche "Danke" drücken. Leser, die sich outen, sind mir die liebsten.

    Doch nun weiter mit dem nächsten Kapitel:







    Kapitel 10: Rückschlag


    HMAS Hammersley, 11:50 Uhr Vormittagswache, Korallensee


    Gegen Mittag traf sich gewöhnlich die gesamte Freiwache an der Essensausgabe. Auch heute stand eine ganze Reihe davor an, um sich von dem lecker duftenden Essen zu holen. EJ hielt sich wie immer zurück und befand sich fast am Ende der Schlange. Sie bemerkte zunächst nicht, dass sich Seaman Jones hinter ihr angestellt hatte. Erst, als er zu dicht an sie herantrat, fiel es ihr auf. Sie fühlte sich unangenehm bedrängt und bemühte sich, einen gewissen Abstand zu halten, aber er folgte ihr immer wieder. Schließlich war sie an der Reihe und bat Bomber leise um ein wenig Gemüse und Bratkartoffeln mit Soße. In dem Moment, als sie ihren Teller entgegen nahm, rückte Seaman Jones auf und unter dem Vorwand, nachzusehen, was es heute gab, presste er sich eng an sie. Erschrocken schnappte EJ nach Luft und plötzlich schien eine Sicherung in ihr durchzubrennen.

    „Finger weg und halten Sie Abstand“, zischte sie wütend.

    „Was denn? Ich mach doch gar nichts?“, grinste der Seaman sie anzüglich an und legte seine Hände an ihre Taille.

    „Ich sagte: FINGER WEG!“

    Bomber, die plötzlich merkte, dass etwas vor sich ging, blickte erschrocken auf und sah gerade noch, wie ihre Kameradin sich blitzartig umdrehte und den gefüllten Teller, den sie in der Hand hielt, dem zu dicht hinter ihr stehenden Jones ins Gesicht schleuderte. Dieser jaulte vor Schmerz und Überraschung auf. Er versuchte panisch, die Essensreste aus seinem Gesicht zu wischen und stolperte dabei rückwärts in die Mannschaftsmesse, in der die anderen Seeleute beim Essen saßen. Dort richtete er ein Chaos an, als er über den Tisch stolperte und dabei einige Teller zu Boden riss, bevor er sich wieder fing. Mit geballten Fäusten und zitternd vor Zorn und Empörung war EJ nahe daran, ihm zu folgen und noch eines auf die Nase zu geben.

    „Du ... das wirst Du mir büßen“, heulte Jones auf und stürzte sich wutentbrannt auf sie.

    Reflexartig wich sie ihm aus, als er ihr an die Kehle wollte. Sie wehrte sich mit einigen gezielten Schlägen gegen seine Attacken, aber der schieren körperlichen Überlegenheit des Mannes musste sie schließlich unterliegen. Er drängte sie mit roher Gewalt an die Wand und drückte ihr mit dem Unterarm langsam aber sicher die Luft ab. Sie versuchte, sich aus seinem Griff zu winden, aber ihre Kräfte verließen sie schnell. Es klingelte bereits in ihren Ohren, als der Druck plötzlich nachließ, weil Jones von Monroe und Spider zurückgezerrt wurde. Ohne nachzudenken, setzte sie hinterher und verpasste dem Seaman einen Boxhieb auf die Nase, aus der sofort das Blut schoss. Bevor sie noch einmal ausholen konnte, wurde sie von hinten gepackt und wirkungsvoll daran gehindert.

    „Was ist hier los?“, donnerte Buffer.

    „Sie hat mich angegriffen“, beklagte sich Jones sogleich und hielt sich die Nase. „Einfach so, ohne Grund.“

    „Aber ich ...“, wollte EJ sich wehren, als sie den Blick des Seaman gewahrte. Er sah sie warnend an und sie spürte die Drohung, die dahinter lag. Er schüttelte die Hände seiner beiden Kameraden ab und baute sich anklagend vor ihr auf.

    „Ja?“, hakte Pete ungeduldig nach, als sie schwieg. Seine vor Zorn dunklen Augen blitzten sie an.

    „Jones hat ...“, setzte Rebecca an, um ihrer Freundin zu Hilfe zu kommen, wurde aber rüde unterbrochen.

    „Halt Dich da raus, Bomber“, warnte EJ leise. „Das geht Dich nichts an.“

    „Aber ...“

    Das Wort blieb ihr fast im Hals stecken, als sie EJs Blick begegnete. Wut, aber auch Verzweiflung, Resignation und eine Warnung lagen darin. Daraufhin nickte sie nur und zog sich in die Kombüse zurück.

    „Also, wer hat angefangen?“, wollte der Bootsmann nun ungehalten wissen und ließ EJ los. „Jones?“

    Doch der Seaman zog es vor, zu schwiegen.

    „EJ?“

    Sie sah ihn nicht an, sondern starrte zu Boden. Kein Ton drang über ihre zusammengepressten Lippen. Ihr Zorn schien plötzlich verpufft und sie ließ die Schultern hängen.

    „Also gut, wie Ihr wollt. Ich sehe Euch beide in 15 Minuten im Schiffsbüro. Und Sie, Jones, gehen Sie und säubern sich. Swain wird sich danach Ihre Nase ansehen.“

    Er drehte sich um und ging zurück in die Offiziersmesse, um seine unterbrochene Mahlzeit zu beenden. Seine ganze Haltung drückte seinen Unmut über den Zwischenfall aus. Ein Verhalten wie das von EJ und Jones konnte er nicht durchgehen lassen. Er fragte sich, was die junge Frau dazu getrieben haben mochte, auf den Seaman loszugehen. So etwas war dermaßen untypisch für sie, dass schon etwas Ungewöhnliches vorgefallen sein musste.

    EJ warf ihm einen kurzen Blick nach, dann ging sie langsam den Gang hinunter. In der Messe hatten heftige Diskussionen eingesetzt. Diejenigen, die nicht hatten sehen können, was draußen geschehen war, wurden von den anderen darüber informiert. Spider und Monroe waren dafür die besten Quellen, aber auch Seaman Jones beeilte sich, seine eigene Version zu verbreiten, und so trafen einige verachtungsvolle Blicke die junge Frau, als sie die Tür passierte.

    „EJ ...“, sprach Bomber sie leise an, als sie an der Kombüse vorbei ging, aber sie winkte ab.

    „Nicht jetzt, Bomber.“

    „Aber Du musst doch wenigstens was essen ...“

    Sie schüttelte nur den Kopf.

    „Mir ist der Appetit vergangen.“

    Wie in Trance ging sie weiter und hielt erst an, als sie in ihrer Kabine angekommen war. Sie hätte später nicht einmal sagen können, ob ihr jemand begegnet war. Tief in Gedanken setzte sie sich auf Bombers Koje. Der drohende Blick, den Jones ihr zugeworfen hatte, stand ihr immer noch vor Augen. Er hatte ihr einen Schauder der Angst über den Rücken laufen lassen. Diese Art von Blick kannte sie nur allzu gut. Es war ihr klar, dass sie sich nicht gegen diesen Mann würde zur Wehr setzen können. Aber vielleicht bekam sie ja Hilfe? Mike hatte sich immer so besorgt um sie gezeigt. Hatte er nicht zu ihr gesagt, dass sie den Menschen um sich herum vertrauen müsste? Auch Swain und sogar Buffer hatten ihr in letzter Zeit immer wieder bewiesen, dass sie ihre Arbeit schätzten und sie als vollwertigen Kameraden ansahen. Sicher konnte sie sich auf sie verlassen, dachte sie. Sie würden ihr zuhören und erst urteilen, wenn sie die Fakten kannten. Seufzend erhob sie sich und machte sich auf den Weg zum CO.

    Auf dem Gang vor dem Büro des Kommandierenden traf sie jedoch auf Jones, der sich gewaschen und umgezogen hatte. Sie wollte an ihm vorbeigehen, aber er packte ihren Arm und zog sie dicht an sich heran.

    „Wenn Du auch nur einen Ton sagst, mache ich Dich fertig“, zischte er ihr bösartig ins Ohr, bevor er sich umdrehte und anklopfte.

    EJ folgte ihm langsam. Die unverhohlene Drohung hatte sie innerlich erstarren lassen. Mit versteinerter Miene betrat sie nach ihm den Raum, in dem Mike und Pete sie bereits erwarteten.

    „Schließen Sie die Tür“, befahl der CO und EJ kam der Aufforderung nach. Dann stellte sie sich aufrecht neben den Seaman, legte die Hände hinter den Rücken und starrte die gegenüberliegende Wand an.

    „Buffer hat mir von dem Vorfall beim Essen berichtet“, begann Mike ernst. „Hat einer von Ihnen dazu etwas zu sagen?“

    EJ rührte sich nicht und hielt den Blick fest auf einen Punkt hinter den beiden Männern gerichtet, aber Jones nahm die Gelegenheit wahr und trug dem Kommandierenden seine Version vor. Diese wich in wesentlichen Punkten von der Wahrheit ab, aber die junge Frau sagte nichts dazu. Es empörte sie zwar, dass er sich selbst als völlig unschuldig hinstellte, allerdings brachte sie auch nichts zu ihrer Verteidigung hervor, denn sie fürchtete, was Jones ihr antun würde, sollte sie dies wagen. Sie vertraute darauf, dass Buffer und Mike von selbst merken würden, wie falsch die Aussage des Seaman war.

    „Wollen Sie sich zu diesen Anschuldigungen äußern, Kingston?“, erkundigte der CO sich verstimmt. Es gefiel ihm gar nicht, was Jones da erzählte. Es passte auch irgendwie nicht zu der Frau, die er kannte.

    EJ warf einen kurzen Blick auf den Mann zu ihrer Rechten, dann biss sie sich auf die Lippen und blickte wieder starr geradeaus, ohne einen Ton von sich zu geben.

    Nach einigen Minuten der Stille seufzte Mike schließlich laut auf.

    „Gut, wenn das so ist, muss ich davon ausgehen, dass Sie Seaman Jones ohne triftigen Grund angegriffen haben, Seaman Kingston. So ein Verhalten kann ich an Bord nicht dulden“, sagte er ernst.

    Er sah seinen Bootsmann mit einer Mischung aus Frustration und Resignation an. Dieser verstand die Aufforderung in seinem Blick und trat vor.

    „Seaman Kingston, bis auf Weiteres haben Sie Strafdienst in der Kombüse. In Ihren Freiwachen werden Sie Bomber bei der Küchenarbeit helfen“, ordnete er streng an. „Außerdem werden Sie für vier Wochen Wäschedienst verrichten, das heißt, die Wäsche aller Seeleute an Bord waschen, trocknen und bügeln. Diese Dienste verstehen sich zusätzlich zu Ihren normalen Pflichten. Das sollte Ihnen die Lust an Streit und Prügeleien austreiben.“

    Ein ungläubiger Blick aus aufgerissenen braunen Augen traf ihn, bevor sie völlig ausdruckslos wurden.

    „Jawohl, Sir“, brachte EJ zwischen zusammengepressten Kiefern hervor.

    Ein kurzer Blick zu Jones zeigte Buffer ein triumphierendes Grinsen auf dessen Gesicht, doch der Seaman hatte sich sofort wieder im Griff. Dennoch war Petes Misstrauen geweckt. Er hatte ebenso wie sein Vorgesetzter das Gefühl, dass hier etwas ganz und gar nicht stimmte, aber solange EJ keine Aussage machte, konnte er nicht anders entscheiden.

    „Zu einem Streit gehören immer zwei, also können auch Sie, Seaman Jones, nicht ganz unbeteiligt gewesen sein, ganz egal, was Sie uns auftischen“, fuhr Buffer fort und sah mit leiser Befriedigung, wie sich die Miene des Angesprochenen verdüsterte. „Sie werden in den nächsten zwei Wochen im Maschinenraum aushelfen. Auf diese Weise sind Sie beide auch räumlich ausreichend getrennt.“

    „Aber ...“, wollte Jones aufbegehren, ein Blick in die unerbittliche Miene des Bootsmanns jedoch genügte, damit er es sich noch einmal überlegte. „Jawohl, Sir“, bestätigte er ebenfalls. Immerhin war er wesentlich glimpflicher davongekommen als EJ.

    „Sollte es noch einmal zu einem solchen Vorfall kommen, werde ich dafür sorgen, dass Sie beide aus der Navy fliegen, ist das klar?“, fügte Mike noch hinzu.

    Der CO war mehr als aufgebracht, das war deutlich zu hören. Er maß die beiden Seamen mit strengem Blick. Disziplin war eines der wichtigsten Dinge auf einem Schiff, das mussten sie sich ein für alle Mal einprägen.

    „Ja, Sir“, antworteten beide unisono.

    „Wegtreten“, befahl Mike und beobachtete, wie sie seine Kabine verließen. Jones wirkte dabei wie jemand, der gerade den Jackpot gewonnen hatte, während EJ mit hängenden Schultern hinter ihm drein schlich, darauf bedacht, einen großen Abstand zu ihm zu halten.

    „Was halten Sie davon, Buffer?“, fragte Mike, als sie wieder allein waren.

    „Es gefällt mir nicht. Es ist untypisch für EJ, auf jemanden loszugehen. Sir, da stimmt was nicht“, stellte Pete fest.

    „Den Eindruck hatte ich auch. Ist Ihnen aufgefallen ...“

    „... dass sie sich wieder fast so verhält wie früher? Ja, Sir, ist es.“

    Die beiden Männer tauschten einen besorgten Blick.

    „Es wäre mit Sicherheit besser, EJ im Auge zu behalten“, meinte Mike schließlich seufzend. „Ich kann mir nicht erklären, warum sie das getan hat. Vielleicht können Sie etwas herausfinden.“

    „Ich werde Augen und Ohren offen halten, Sir“, versprach der Bootsmann.



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    Danke für's "Danke", meine lieben Evaine und Galaxy. Machen wir's heut mal nicht so spannend und fahren fort mit:





    Kapitel 11: Aufklärung


    HMAS Hammersley, 21:55 Uhr Abendwache, Korallenmeer


    Bomber sah besorgt auf, als EJ die Kabine betrat. Sie wirkte erschöpft und mutlos. Die Köchin machte sich große Sorgen um sie. Es war ihr aufgefallen, dass ihre Freundin wieder einmal kaum etwas gegessen hatte. Außerdem war die Arbeit in der Kombüse schon lange erledigt. Danach war EJ allerdings in Richtung Sanitätsraum verschwunden, anstatt mit ihr in die Kabine zu kommen. Es wäre längst Zeit für sie gewesen, sich hinzulegen und auszuruhen, da sie am nächsten Tag die Morgenwache zu übernehmen hatte. Auf Bombers Frage hin hatte sie jedoch etwas von Patienten gemurmelt und sich rasch verzogen. Nun stand sie da, an die Tür gelehnt, und schien kaum fähig zu sein, in ihre Koje zu klettern.

    „Verdammt, EJ, wie lange soll das denn noch so weitergehen?“, schimpfte Bomber ungeduldig. „Es ist doch jetzt schon eine ganze Weile her ...“

    „Erst zweieinhalb Wochen ...“, murmelte die junge Frau müde.

    „Ich verstehe sowieso nicht, wieso Buffer Dir eine so harte Strafe verpasst hat“, meinte die Köchin zum wiederholten Mal. „Dieser Jones ... das ist so ein Kerl, bei dem es einem eiskalt den Rücken runter läuft. Ich hab zwar nicht genau gesehen, was er an dem Tag gemacht hat, aber eigentlich hätte ER derjenige sein müssen, der bestraft wird.“

    Wie schon so oft zuvor schüttelte EJ resigniert den Kopf.

    „Lass gut sein, Bomber. Ich hätte es nicht anders erwarten sollen.“

    Es war nicht nur der jungen Köchin aufgefallen, dass ihre Freundin sich wieder ganz in sich zurückgezogen hatte. Sie war sogar noch verstockter als zu ihrer Anfangszeit auf dem Schiff. Bomber war die Einzige, mit der sie noch halbwegs offen sprach, jedem Anderen gegenüber verschloss sie sich völlig. Dabei drückte ihre gesamte Haltung jedoch nicht wie früher Trotz, sondern tiefe Resignation aus. Sie führte weiterhin jeden Befehl gewissenhaft aus, aber es war reine Pflichterfüllung. Nicht einmal mehr bei der Behandlung ihrer Patienten kam sie aus sich heraus. Fast schien es, als habe sie jede Lebensfreude verloren.

    Wie Bomber wusste, waren auch EJs Albträume zurückgekehrt. Seit der handgreiflichen Auseinandersetzung mit Jones hatte die junge Frau keine Nacht mehr ruhig geschlafen. Sie schlich sich nachts oft hinauf an Deck, wenn sie keinen Schlaf finden konnte. EJ hatte auch wieder damit aufgehört, Charge bei seinen Tai-Chi-Übungen Gesellschaft zu leisten. Es war, als versuchte sie, unsichtbar zu werden. Und wenn sie so weiter machte, würde das vielleicht sogar geschehen, denn sie hatte bereits stark abgenommen und wirkte hager und kränklich.

    Auch andere beobachteten diese Entwicklung mit großen Sorgen. Als Commanding Officer musste Mike Flynn dafür sorgen, dass die Disziplin auf dem Schiff gewahrt wurde. Es gab nicht umsonst Vorschriften, die den Umgang der Seeleute untereinander regelten. Der Vorfall hatte geahndet werden müssen, das stand außer Frage, aber er war sich überhaupt nicht sicher, ob man auch den Richtigen bestraft hatte. Während er Buffer auf EJ angesetzt hatte, behielt er selbst Jones im Auge und bemerkte, dass dieser sich außergewöhnlich oft bei Swain wegen irgendwelcher Probleme mit dem Rücken oder den Muskeln meldete. Es war klar, dass er darauf abzielte, Massagebehandlungen von EJ zu bekommen. Er musste sich dabei aber ziemlich geschickt anstellen, denn der Sanitätsoffizier verwies ihn tatsächlich sehr oft an die Physiotherapeutin.

    Ebenso fiel Mike allerdings auf, dass EJ nach Möglichkeit versuchte, Jones aus dem Weg zu gehen. Einmal bekam er mit, wie sie versuchte, Swain zu widersprechen. Dieser schnitt ihr jedoch ziemlich ungehalten das Wort ab und befahl ihr, den Seaman zu behandeln, woraufhin sie nur noch resigniert nickte und seinem Befehl nachkam.

    Es war ungewöhnlich für Chris, sich so zu verhalten, aber der CO fand bald heraus, woran es lag. Immer mehr Gerüchte über EJ kamen in Umlauf, die sie als herzloses Weib darstellten, die nur deshalb zur Navy gegangen war, um genügend Männer aufreißen zu können. Mike fragte sich, wer solch einen Blödsinn glauben konnte, aber offenbar taten das viele auf dem Schiff. Die Quelle der haarsträubenden Geschichten konnte er nicht ausmachen, aber er hatte eine ganz bestimmte Vermutung. Derjenige war allerdings geschickt genug, dass man ihm nichts nachweisen konnte. Es enttäuschte Mike jedoch, dass auch einige seiner Offiziere den bösartigen Gerüchten Glauben zu schenken schienen.


    ***


    Die Mission der Hammersley war letztendlich von Erfolg gekrönt. Eines Tages tauchte ein unbekanntes Signal auf dem Radarschirm auf, das sich als das gesuchte Tauchboot entpuppte. Als es das Patrouillenboot entdeckte, versuchte es, in flachere Gewässer zu entkommen, aber die Beiboote holten es rasch ein. Nachdem man es geentert hatte, fand man eine große Menge an geschützten Fischen und Korallen in Aquarien unter Deck, die eindeutig bewiesen, dass hier illegal gefischt wurde. Die Mannschaft wurde festgenommen und den Bundesbehörden übergeben, der Fang wieder ins Meer gekippt, nachdem man den Fund mit der Kamera dokumentiert hatte, und das Boot anschließend von einer Überführungsmannschaft nach Cairns gebracht. EJ war weder beim Entern dabei, noch durfte sie helfen, das Boot zu überführen. Buffer überging sie mit voller Absicht und teilte dafür Jones der Überführungsmannschaft zu.


    ***


    HMAS Hammersley, 09:20 Uhr Vormittagswache, Heimathafen


    Den halben Tag Landgang, der der Crew genehmigt wurde, nachdem das illegale Tauchboot in den Heimathafen überführt worden war, verbrachte EJ wie früher an Bord. Bomber konnte sie nicht dazu überreden, mit ihr einen Einkaufsbummel zu machen. Stattdessen beschäftigte sie sich damit, den Proviant zu überprüfen und das Verstauen der frischen Lieferung zu überwachen. Außerdem sah sie die medizinischen Vorräte durch und notierte, was aufgefüllt werden musste. Als Buffer sie dabei bemerkte, sprach er sie an.

    „Was machst Du da, EJ? Du hast frei. Geh an Land oder schlaf Dich mal anständig aus.“

    Sie sah ihn nur ausdruckslos an, legte dann den Block in den Vorratsschrank und ging. Sie wandte sich aber nicht etwa zu ihrer Kabine, wie der Bootsmann feststellte, als er ihr kopfschüttelnd nachsah, sondern betrat die Waschkammer. Er folgte ihr langsam und fand sie, wie sie die Wäsche ihrer Kameraden aus der Waschmaschine in den Trockner räumte und dann anfing, die bereits getrocknete Wäsche zusammenzulegen und zu sortieren.

    „EJ, ich sagte, Du hast frei!“, mahnte er ungeduldig. „Hör jetzt damit auf und komm da raus.“

    Sie hielt mitten in der Bewegung inne und stand für einen Moment wie erstarrt da. Dann faltete sie das Wäschestück, das sie gerade in der Hand hielt, sorgfältig zusammen und legte es in einen Korb. In starrer Haltung verließ sie schließlich den Raum und drückte sich an Buffer vorbei. Sie sah ihn nicht ein einziges Mal an, bemerkte er beunruhigt. Er achtete darauf, dass sie nicht wieder an irgendeine Arbeit ging, aber sie stieg hinauf an Deck, wanderte dort eine Weile unruhig umher und setzte sich schließlich auf dem Vorderdeck mit dem Rücken zur Wand auf den Boden. Die Knie hatte sie angewinkelt und ihre Unterarme lagen locker darauf. So starrte sie in die Luft und schien sich ihrer Umwelt nicht bewusst zu sein. Buffer war nicht sicher, ob sie nicht wieder zu arbeiten anfangen würde, aber er hatte einige Besorgungen zu machen und verließ daher das Schiff, nicht ohne einen letzten besorgten Blick auf die junge Frau zu werfen.

    Stunden später, als die Mannschaft langsam wieder an Bord eintrudelte, saß sie immer noch dort. Sie erhob sich erst, als der Befehl zum Ablegen erteilt wurde. Wortlos ging sie an die Arbeit und verschwand unter Deck, als das Schiff den Hafen verlassen hatte.


    ***


    Der neue Befehl führte die Hammersley wieder in Richtung Norden. Die Küstenwache hatte um Hilfe gebeten. Es waren in letzter Zeit vermehrt illegale Waffen auf dem Schwarzmarkt aufgetaucht und es wurde vermutet, dass sie auf dem Seeweg eingeschleust wurden. Das Versteck der Schmuggler wurde auf einer der kleinen Inseln vor der nördlichen Küste vermutet, aber diese Angabe war sehr vage. Es war ein sehr großes Seegebiet, das man hier zu überwachen hatte. Der Stützpunkt der Schmuggler konnte sich überall von der Timorsee bis zum Golf von Carpentaria befinden. Es galt nun, verdächtige Schiffe zu untersuchen und zu überwachen, um so vielleicht auf deren Spur zu kommen.

    Am Abend nach dem Ablegen suchte Bomber den Sanitätsoffizier auf. Sie fragte ihn nach einer Salbe für Verbrennungen. Auf seine Frage, ob sie in der Küche einen Unfall gehabt habe, schüttelte sie den Kopf.

    „Nein, nicht für mich, sie ist für EJ. Ihr Kopf und die Arme sind völlig von der Sonne verbrannt. Sie hat heute Nachmittag die ganze Zeit an Deck gesessen, ohne sich zu schützen.“

    „Selbst schuld“, kommentierte Swain hart. „Warum ist sie auch so blöde ...“

    „Sag mal, spinnst Du?“, herrschte Rebecca ihn aufgebracht an. „Bei all dem, was hier über sie geredet wird, ist es kein Wunder, dass sie völlig fertig ist. Sie isst kaum noch, schläft schlecht ...“

    „Sie hat einen Kameraden tätlich angegriffen. Außerdem reizt sie die Männer ...“

    Weiter kam er nicht, denn Bomber baute sich empört vor ihm auf, stützte eine Hand in die Hüfte und stach mit dem Zeigefinger der andern an seinen Brustkorb.

    „Hör mal, das hätte ich echt nicht gedacht, dass ausgerechnet Du diesen Unsinn glaubst. Du hast sie doch kennengelernt. Hältst Du es wirklich für möglich, dass sie so etwas tut? Hast Du jemals gesehen, dass sie jemanden provoziert hat? Oder dass sie sich wie eine ... Nutte verhält? Denn so lautet dieses Gerücht ja wohl.“

    Entgeistert sah er die wütende Köchin an. So auf den Punkt gebracht wirkten die Anschuldigungen tatsächlich auf einmal ziemlich lächerlich. Wenn er nun so darüber nachdachte, konnte er sich nicht daran erinnern, EJ jemals in einer Situation beobachtet zu haben, in der sie die Männer herausgefordert hätte. Im Gegenteil, sie hatte sich wieder eingeigelt und sprach auch mit ihm nur noch das Nötigste. Wie hatte er das nur übersehen können?

    „Ich ...“, stotterte er, „ich ... nein, hab ich nicht. Du hast recht, es passt nicht zu ihr. Tut mir leid, ich weiß auch nicht, wieso ich darauf gehört habe.“

    Zerknirscht senkte er den Kopf.

    „Du solltest Dich nicht bei mir entschuldigen. Was hier im Moment läuft, ist übelste Verleumdung.“

    „Warum wehrt sie sich dann nicht dagegen?“, fragte Swain leicht ungehalten. „Sie sollte es melden.“

    „Keine Ahnung. Sie wirkt, als würde sie unter Druck gesetzt, aber sie hat auch mir nicht verraten, was da läuft.“

    „Und Du sagst, sie schläft schlecht und isst kaum? Ich glaube, ich werde sie mal untersuchen müssen.“

    „Gute Idee, Swain. Aber dräng sie zu nichts. Sie ist sehr empfindlich geworden. Sie zeigt es nur nicht.“

    Chris nickte und drückte Bomber die Tube mit der Salbe in die Hand.

    „Sieh zu, dass sie sich gut eincremt. Sie sollte sich schonen, aber das wird sie wohl nicht tun ...“

    Er seufzte, als die Köchin den Kopf schüttelte.

    „Nein, wird sie nicht, aber ich werde sehn, was ich tun kann.“

    Mit diesen Worten verließ sie den Raum. Swain sah ihr nach und rieb sich nachdenklich den Nacken. Bombers Anklage hatte ihn aufgerüttelt. Er sah nun einige Dinge in einem ganz anderen Licht, so auch EJs fast verzweifelte Bitte, Seaman Jones nicht nahezu täglich behandeln zu müssen. Er fragte sich nun, ob dieser tatsächlich so viele Massagen nötig hatte oder ob nicht etwas ganz anderes dahinter steckte.

    Bomber kehrte in ihre Kabine zurück und reichte ihrer Kameradin wortlos die Salbe. Sie fragte nicht, warum EJ so lange in der brennenden Sonne gesessen hatte, sondern half ihr nur, die Partien, die sie nicht so gut erreichte, einzucremen. Außerdem sorgte sie dafür, dass ihre Freundin genügend Flüssigkeit zu sich nahm und sich kühl hielt, weil sie zusätzlich einen Sonnenstich bei ihr vermutete. Sie wunderte sich jedoch nicht, als EJ am nächsten Morgen wie üblich aufstand und ihren Dienst aufnahm, obwohl man ihr ansah, dass es ihr überhaupt nicht gut ging.


    ***


    HMAS Hammersley, 14:35 Uhr Nachmittagswache, Arafura-See


    In den kommenden Tagen stand EJ unter vermehrter Beobachtung. Nicht nur Buffer und Bomber, sondern auch Swain beobachteten besorgt, wie die Frau sich durch den Tag kämpfte, wobei sie immer blasser und kraftloser wurde. Sie verrichtete ihre Arbeit zunehmend roboterhaft und fiel am Abend in die Koje, ohne jedoch Schlaf zu finden. Ihr sonnenverbranntes Gesicht gab einigen Seeleuten Anlass dazu, sie zu verspotten, aber nachdem Buffer einmal dazwischen gegangen war, wagten sie es nicht mehr offen. Stattdessen brodelte die Gerüchteküche umso höher, was am Ende auch die beiden weiblichen Offiziere mitbekamen.

    Eines Tages gingen Nikki und Kate auf dem Weg zu ihrem Quartier gerade an der Tür der Mannschaftsmesse vorbei, als Kate plötzlich stehen blieb und die Hand hob. Aus der Messe war deutlich Spiders Stimme zu vernehmen, der laut und deutlich über EJ herzog.

    „Sie soll früher eine ganz bestimmte Art von „Massage“ verabreicht haben“, meinte er laut, ohne die beiden Frauen zu bemerken. „Ihr wisst schon, Jungs, die unter der Gürtellinie ...“

    Weiter kam er nicht, denn Kate betrat mit missbilligender Miene den Raum. Der junge Seaman bekam einen feuerroten Kopf, als er ihren Blick bemerkte. Nikki, die der X gefolgt war, sah ungläubig von Spider zu ET, RO, Monroe und einigen anderen Seeleuten, die nun alle verlegen zu Boden sahen.

    „Habe ich Sie eben richtig verstanden, Spider?“, fragte Kate kalt. „Sie verbreiten hier in aller Öffentlichkeit üble, haltlose Gerüchte über eine Kameradin?“

    Der Angesprochene schluckte schwer. Es war ihm klar, dass er sich nicht herausreden konnte. So zog er es vor, betreten zu schweigen.

    „Ihr alle, schämt Ihr Euch eigentlich nicht?“, fauchte Nav nun aufgebracht. „EJ ist ein Mitglied unserer Mannschaft und dazu noch ein wertvolles. Ich wette, jeder von Euch hat sich schon einmal in ihre Behandlung begeben. Sie tut, was sie kann, um Euch zu helfen und was macht Ihr?“

    „Wenn mir noch einmal ein Gerücht über sie zu Ohren kommt, werde ich disziplinarische Maßnahmen ergreifen, ist das klar?“, setzte XO eisig nach, dann drehte sie sich um und verließ zusammen mit Nikki den Raum.

    „Das ist ja wohl das Letzte“, murmelte sie, während sie den Gang hinunter ging. „Was bilden die sich eigentlich ein?“

    „Eigentlich müsste man das melden“, meinte Nikki, noch immer zornig.

    „Das werde ich auch tun, verlassen Sie sich drauf.“

    Mit diesen Worten wandte sich Kate in Richtung Brücke, wo sie den CO wusste.

    „Kann ich Sie einen Moment sprechen, Sir?“, fragte sie ihn, als sie dort war.

    Mike sah erstaunt auf und begegnete ihrem ernsten, sorgenvollen Blick.

    „Sicher, X. Gehen wir nach draußen.“

    Mit knappen Worten berichtete sie ihm, was sie in der Messe gehört hatte.

    „Das kann so nicht weiter gehen, Mike“, meinte sie und lehnte sich an die Reling. „Hast Du mal beobachtet, wie sie sich seit dem Vorfall benimmt? Sie sieht aus, als würde sie bei der nächsten Gelegenheit über Bord gehen.“

    Erschrocken sah Mike sie an.

    „Denkst Du wirklich, sie ... Nein, das kann ich nicht glauben.“

    „Auf diesem Schiff gibt es jemanden, der es auf sie abgesehen hat. Ich kann mir auch denken, wer das ist.“

    „Ja, ich bin der gleichen Meinung. Allerdings kann ich ihm nichts nachweisen und solange EJ den Mund hält ...“

    Schwer seufzend strich er sich mit der Hand über das Gesicht.

    „Ich weiß nicht, was ich tun soll. Wegen dieses Vorfalls hatte ich eine unangenehme halbe Stunde beim Commander ...“

    Abwartend sah Kate ihn an.

    „Er fragte mich, ob ich meine Leute nicht im Griff habe“, fuhr er fort. „Anscheinend sind selbst ihm einige Gerüchte zugetragen worden. Ich frage mich, wie es dazu kommen konnte.“

    „Das beschlagnahmte Tauchboot hat einige Stunden vor uns angelegt, nicht wahr?“, fragte Kate leise.

    Mike nickte und sah ihr mit plötzlichem Verstehen in die Augen.

    „Du hast recht, es wird langsam Zeit, dass ich was unternehme“, meinte er und sein Gesichtsausdruck wurde hart.


    ***


    HAMS Hammersley, 20:52 Uhr Abendwache, Arafura-See


    Die Gelegenheit, den Unruhestifter zu überführen, ergab sich schneller als gedacht. Nachdem Swain Buffer gegenüber seine Bedenken über EJs Gesundheitszustand geäußert hatte, nahm dieser ihn mit zum CO und gemeinsam besprachen sie eine Strategie. Der Sanitäter sollte in Zukunft dafür sorgen, dass EJ nicht mehr mit ihren Patienten allein blieb. Das sollte dazu dienen, dass ihr niemand zu nahe treten konnte. Außerdem würde ihm notfalls gleich auffallen, wenn sich jemand ungewöhnlich benahm.

    Eines Abends wurde Swain jedoch aufgehalten und verspätete sich. Auf dem Weg zur Sanitätskabine traf er auf Buffer, der sich besorgt zeigte, als er ihm mitteilte, wer an diesem Abend eine Massage bekommen sollte. Gemeinsam eilten sie weiter. Als sie sich der offenen Tür näherten, hielt Swain jedoch plötzlich inne. Aus dem Innern des Raumes war deutlich eine Stimme zu vernehmen, die in hämischem Tonfall sprach.

    „So, heute also mal wieder ohne Aufsicht, was? Wie hast Du es geschafft, diesen griesgrämigen Swain loszuwerden?“

    Es kam keine Antwort, aber die Stimme fuhr unbeeindruckt fort.

    „Du wolltest wohl mal wieder mit mir alleine sein, ja? Ich wusste doch, dass Du mich magst.“

    Ein vorsichtiger Blick zeigte den beiden Männern Seaman Jones, der auf dem Bauch lag und von EJ massiert wurde. Der jungen Frau war nicht anzusehen, was sie dachte, aber sie arbeitete wie mechanisch. Buffer nickte Swain auffordernd zu und dieser machte sich leise und eilig auf den Weg, um den CO zu holen. Zähneknirschend lauschte Pete währenddessen den nächsten Worten des Seaman.

    „Weißt Du, Du bist das Einzige, was diesen Dienst erträglich macht. Wochenlang auf See, dazu diese Vorschrift ... wenigstens gibt es ein paar Frauen auf dem Schiff. Allerdings sind die anderen ja nicht zu haben. Viel zu weit oben oder zu wehrhaft. Du dagegen ...“

    Buffer sah, wie sich EJs Hände langsam versteiften. Sie fing leise an, zu zittern. Ohne etwas zu bemerken, lamentierte der Seaman weiter.

    „Du könntest mich echt stundenlang so massieren, Darling. Das machst Du wirklich wundervoll.“

    Als Swain mit Mike zurückkam, konnte dieser kaum glauben, was er da zu hören bekam. Er warf einen entsetzten Blick zu Buffer, der ihm grimmig zunickte.

    „Weißt Du, Süße, Du könntest mich auch an ganz anderer Stelle behandeln, Du verstehst schon? Das würde mich noch viel mehr entspannen ...“

    Ein kleiner Laut des Schmerzes entfuhr ihm, als EJ ihre Hände in seinen Rücken krallte.

    „Verdammt, pass doch auf“, zischte er. „Wenn Du das noch mal machst, muss ich es als tätlichen Angriff melden. Das hat schon einmal funktioniert ...“

    „Das reicht jetzt, Seaman Jones“, donnerte Mike und betrat mit den beiden anderen Männern die Kabine. „Wir haben genug gehört. Swain, nehmen Sie ihn unter Arrest. Er wird bei nächster Gelegenheit das Schiff verlassen.“

    Ungläubig, blass und zitternd starrte EJ die drei Männer an. Sie konnte kaum glauben, was sie da hörte. Sollte ihre Marter wirklich ein Ende haben?

    Der Offizier riss den Seaman von der Liege empor und drehte seine Arme auf den Rücken. Dabei fiel ihm etwas auf.

    „Buffer“, sagte er und schnüffelte dabei vernehmlich. „Komm mal her. Riechst Du das auch?“

    Der Bootsmann stellte sich vor Jones und schnupperte. Dann zog er die Brauen in die Höhe.

    „Oh ja, das ist eindeutig.“

    „Was ...“, fragte Mike, aber er brach seine Frage ab, die sich in dem Moment von selbst beantwortete. Swain hatte den Seaman in seine Richtung gedreht und eine nicht zu verkennende Alkoholfahne wehte ihm entgegen.

    „Sie haben getrunken, Seaman Jones“, stellte er drohend fest. „Sie wissen, dass Alkohol an Bord nicht erlaubt ist.“

    „Aber ... ich ... es war doch nur ein winziger Schluck“, versuchte der Mann sich lahm zu verteidigen. Er wusste jedoch, dass er verloren hatte. Ein solches Vergehen, zusammen mit dem, was die drei Offiziere gehört hatten, beendete seine Karriere schlagartig.

    „Swain, führen Sie einen Bluttest durch. Danach bringen Sie ihn in die Notunterkunft“, ordnete der CO angewidert an. „Ich möchte ihn nicht mehr zu Gesicht bekommen, bis wir ihn übergeben können.“

    Mit einem grimmigen Nicken befolgte Chris diesen Befehl. Buffer hielt den sich wehrenden Seaman mit hartem Griff fest, während der Sanitätsoffizier ihm Blut abnahm, dann wurde Jones abgeführt. Swain ließ es sich nicht nehmen, ihn zu fesseln und genüsslich abzutransportieren. Dabei führte sein Weg absichtlich an der Mannschaftsmesse vorüber. Die erstaunten, teils entsetzten Blicke seiner Kameraden bereiteten dem Polizeioffizier reine Genugtuung. Er hoffte nur, dass sie ebensolche Scham empfanden wie er, als er hinter Jones’ Machenschaften gekommen war.

    „Nun erklärt sich auch dieser mysteriöse Bootsunfall“, wandte sich Mike an Buffer. „Er muss bereits damals getrunken haben. Ich verstehe nur nicht, wie er das so lange geheim halten konnte.“

    „Man hat nie etwas gerochen, bis auf heute Abend“, bestätigte Buffer. „Er muss es mit irgendetwas überdeckt haben. Da fällt mir ein: Ich habe ihn kaum einmal ohne einen Kaugummi gesehen, außer beim Essen.“

    „Durchsuchen Sie nachher seine Kabine. Ich wette, dort finden wir jede Menge Flaschen.“

    „Aye, Sir, das mach ich doch gerne“, antwortete der Bootsmann mit einem Grinsen.

    Die Physiotherapeutin war dem Ganzen mit aufgerissenen Augen gefolgt. Wie betäubt hatte sie zugesehen, wie ihr Peiniger abgeführt wurde. Nun entfuhr ihr ein erstickter Laut, der die Aufmerksamkeit der Männer wieder auf sie lenkte.

    „EJ, bist du in Ordnung?“, fragte Mike sie besorgt. „Hat er Dich angefasst?“

    Sie schüttelte den Kopf. Plötzlich jedoch schwankte sie und ihre Knie gaben unter ihr nach. Buffer sprang vor und fing sie auf. Er legte sie vorsichtig auf die freie Liege und tastete nach ihrem Puls.

    „EJ, was ist los? Nun sag doch was, Mädchen ...“

    Besorgt beugte sich Mike über sie.

    Sie schlug die Augen auf und sah ihn verständnislos an.

    „Was ist ... bin ich umgekippt? Tut mir leid. Ich gehe sofort wieder an meine Station ...“, murmelte sie und wollte sich erheben.

    Vorsichtig drückte Buffer sie wieder zurück.

    „Kein Dienst, EJ“, meinte er dabei. „Du hast Freiwache, erinnerst Du Dich?“

    Er wechselte einen besorgten Blick mit seinem Vorgesetzten.

    „Wo bleibt Swain denn so lange?“, fragte dieser und ging unruhig zur Tür.

    Gleich darauf betrat dieser den Raum. Sofort erfasste er die Situation und eilte zu EJ, die ihre Augen wieder geschlossen hatte. Es erschreckte ihn, wie dünn sie geworden war. Dunkle Ringe lagen unter ihren Augen und ihre Haut war blass und durchscheinend.

    Swain untersuchte sie rasch, dann sah er auf.

    „Am Besten sie bleibt erst einmal hier. Ihr Zustand gefällt mir gar nicht. Buffer, leg sie bitte in die Koje, ich mach inzwischen eine Infusion fertig.“

    Der Angesprochene nickte und hob die Patientin vorsichtig von der Behandlungsliege.

    „Was fehlt ihr denn?“, erkundigte Mike sich besorgt.

    „Schlafmangel, Unterernährung und Dehydration sind die Dinge, die ich bisher festgestellt habe. Ob es noch mehr gibt, muss sich in den nächsten Tagen herausstellen. Mich wundert nur, dass sie nicht schon längst zusammengebrochen ist.“

    Dem CO war klar, dass Swain seelische oder sogar geistige Schäden meinte und nickte.

    „Tun Sie für sie, was Sie können“, seufzte er und wandte sich zu der jungen Frau. Buffer hatte sie behutsam in die Koje gebettet und sah sie mit deutlicher Sorge an.

    „Meinen Sie, sie wird wieder?“, erkundigte er sich leise.

    „Sie hat sich als sehr stark erwiesen“, sagte Mike. „Ich hoffe, dass sie nun nicht aufgibt.“

    Pete nickte. Er war froh, dass sich nun herausgestellt hatte, wer für die bösen Gerüchte verantwortlich war. Es war auch klar, dass Jones sie zu dem Angriff provoziert haben musste. Allerdings verstand er nicht, warum sie geschwiegen hatte. Er musste sie bedroht haben, aber sie hatte sich nicht gewehrt. Warum nicht? Dieses Rätsel machte ihm noch lange zu schaffen.



    tbc.
    Geändert von Zeson (23.05.2013 um 16:39 Uhr)
    "It is better to have loved and lost than never to have loved at all"

    Möge alles, was Ihr mir wünscht, tausendfach auf Euch zurückfallen.

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    Und weiter geht's. Zuvor aber noch meinen Dank an Evaine und Galaxy. Ohne Euch hätte ich nicht einmal ein "Danke".

    Eigentlich ist es schon seltsam, dass niemand von den vielen Lesern eine Meinung zu meiner Story zu haben scheint. Trotzdem kann ich mich über Aufrufe nicht beklagen ... merkwürdig! *grübel*







    Kapitel 12: Vertrauen


    HMAS Hammersley, 2:35 Uhr Mittelwache, Arafura-See


    „Willst Du nicht lieber schlafen gehen?“, fragte Buffer.

    EJ schüttelte wortlos den Kopf. Sie hatte sich wieder etwas erholt und bestand darauf, ihren Dienst zu versehen. Ganze zwei Tage hatte Swain sie halten können, dann hatte sie sich wieder diensttauglich gemeldet. Sie war noch immer blass, aber Bomber und Swain hatten darauf geachtet, dass sie wenigstens wieder ausreichend aß und trank. Als Buffer sie öffentlich rehabilitierte und von den Strafdiensten befreite, hatte sie mit versteinerter Miene da gestanden.

    Der Bootsmann seufzte auf. Er bedauerte, dass sie sich nach wie vor in sich zurückzog. Es würde schwer werden, das verlorene Vertrauen wiederzugewinnen. Er hatte versucht, ihr zu erklären, warum er so handeln musste, und dass er dem Seaman nie geglaubt hatte, aber sie hatte nur genickt. Er konnte nicht sagen, ob sie seine Beweggründe verstanden hatte und ihm verzieh. Dass ihm das so wichtig war, verwunderte ihn selbst. Er hatte sich eingestehen müssen, dass EJ ihm etwas bedeutete. Angesichts ihres Misstrauens und der Vorschriften war ihm zwar klar, dass er sich ihr nicht nähern durfte, aber in seiner Freizeit erlaubte er sich doch manchmal, daran zu denken, was wäre, wenn ...

    „EJ, ein Mann genügt auf der Brücke. Geh und ruh Dich aus“, versuchte er es noch einmal, aber sie blieb halsstarrig.

    „Ich habe Wache, ebenso wie Sie, Sir“, antwortete sie diesmal steif.

    „Verdammt, nun sei doch nicht so stur“, polterte er.

    Die junge Frau zuckte erschrocken zusammen und warf ihm einen ängstlichen Blick zu. Buffer sah sie bestürzt an.

    „Was ... EJ, hat Jones Dich etwa tätlich angegriffen? Hat er Dich geschlagen?“, fragte er besorgt, doch sie schüttelte den Kopf.

    „Nein, hat er nicht“, murmelte sie.

    Er blickte sie jedoch so lange abwartend an, bis sie sich zu einer weiteren Aussage gedrängt fühlte.

    „Auch wenn ich ihm das gerne anhängen würde, er hat mich nicht angegriffen, außer mit Worten.“

    Pete nickte. Er wusste, dass sie die Wahrheit sagte. Diese Angst musste also tiefer begründet sein. Allerdings würde sie ihm sicher nicht erzählen, was dazu geführt hatte, dass sie auf solche Ausbrüche derartig reagierte.

    „Hör zu, EJ, Jones wird das Schiff bald verlassen und kann Dir nichts mehr tun. Keiner wird es wagen, diese hässlichen Gerüchte weiter zu verbreiten. Es ist vorbei.“

    „Wenn Sie es sagen, Sir“, meinte sie lakonisch und konzentrierte sich dann wieder aufs Radar.

    Sie weigerte sich strikt, auf einer freundschaftlicheren Ebene zu kommunizieren und das zeigte am deutlichsten, wie tief sie verletzt worden war.

    „Sir, ein Radarkontakt auf 87° backbord, Entfernung etwa 25 Seemeilen“, meldete sie plötzlich.

    Buffer erhob sich, ging zum EOG und stellte es auf die entsprechenden Koordinaten ein.

    „Nichts zu erkennen“, meinte er. „Die müssen die Positionslichter ausgeschaltet haben.“

    „Der Kontakt fährt mit etwa 20 Knoten in Richtung West, Kurs 079“, informierte EJ ihn.

    „Das könnten unsere Schmuggler sein“, murmelte der Bootsmann und traf eine Entscheidung. Er griff zum Bordtelefon und rief die Kabine des CO an.

    „Sir, ich bitte um Entschuldigung, dass ich Sie wecke, aber EJ hat auf dem Radar einen verdächtigen Kontakt entdeckt.“

    Rasch berichtet er die Fakten.

    „Haben Sie uns bemerkt?“, fragte Mike. Buffer warf einen fragenden Blick zu EJ, die den Kopf schüttelte.

    „Nein, Sir, sie scheinen uns nicht bemerkt zu haben. Sie bleiben auf Kurs bei gleichbleibender Geschwindigkeit.“

    „Gut. Folgen Sie ihnen auf gleichem Abstand. Mal sehen, wohin die wollen. Falls sich etwas ändert, wecken Sie mich“, entschied der CO.

    „Ja, Sir“, antwortete Buffer und legte auf.

    Nun war er ganz froh, eine weitere Person auf der Brücke zu haben. Er änderte die Einstellungen, um die Hammersley auf Verfolgungskurs zu bringen, und wies EJ an, den Kontakt nicht aus den Augen zu verlieren.

    Als sie um 04:00 Uhr abgelöst wurden, hatte sich nichts geändert. Buffer informierte ET über das Schiff, das sie verfolgten, und gab die Anweisungen des CO weiter. Dann machte er sich auf in seine Koje und empfahl EJ, dasselbe zu tun. Ein paar Stunden Schlaf würden ihnen gut tun. Sie wusste jedoch, dass sie keine Ruhe finden würde, und ging hinaus aufs Vorderdeck. Sie liebte die Stille vor Tagesanbruch und das Gefühl des Fahrtwindes auf ihrem Gesicht.

    Allmählich fand sie ihr inneres Gleichgewicht wieder, wozu auch das Verhalten ihrer Kameraden beitrug. Niemand verlor ein Wort über die Vorfälle, aber sie wurde mit Respekt behandelt und es gab keinen mehr, der ihr anzügliche oder verächtliche Blicke zuwarf. Kein Getuschel folgte ihr mehr, wenn sie durchs Schiff ging. Zwar hatte sich auch niemand bei ihr entschuldigt, aber das hatte sie auch nicht erwartet, noch hätte sie es gewollt. Es wäre ihr zu peinlich gewesen. So, wie es jetzt lief, war es besser. Viel lieber wäre ihr allerdings gewesen, wenn man sie einfach ignoriert hätte, so, wie es früher der Fall war. Aber dazu hatte sie sich bereits zu weit auf die Besatzung eingelassen. Sie hatte zugelassen, dass die Crew ihr wichtig wurde, und war deshalb angreifbar geworden. Nur aus diesem Grund war sie so tief verletzt worden. Wieder einmal hatte sie den Fehler begangen, Männern zu vertrauen. Trotzdem schmerzte die Enttäuschung. Auch wenn Buffer es ihr erklärt hatte und sie durchaus verstand, warum er so handeln musste: Es tat einfach weh.

    EJ war so tief in Gedanken versunken, dass sie den Mann erst bemerkte, als er neben ihr stand. Sie blieb jedoch entspannt, da ihr Instinkt ihr signalisierte, dass keine Gefahr drohte. Langsam drehte sie den Kopf.

    „Guten Morgen“, sagte Charge verlegen. „Ich wollte Dich nicht stören, aber als ich Dich hier stehen sah ...?“

    Sie blickte ihn ruhig an. Er wirkte, als wisse er nicht so recht, was er sagen sollte. Ihr wurde bewusst, dass er der Erste war, der ein privates Wort an sie richtete, seit Jones entlarvt worden war.

    „Guten Morgen“, entgegnete sie schließlich freundlich. „Ist es nicht ein wenig früh für Deine Übungen?“

    „Ich habe die Vormittagswache. Wenn ich sie nicht jetzt absolviere, hab ich keine Zeit mehr“, erklärte er.

    Wieder sahen sie einander schweigend an.

    „Ich dachte, ich frag Dich mal, ob Du mitmachen möchtest“, brachte Andy schließlich hervor. „Es könnte Dir gut tun.“

    Sie überlegte. Eigentlich hatte der Chief recht, die Übungen würden ihr sicherlich helfen. Sie gab sich einen Ruck.

    „In Ordnung, ich bin dabei“, sagte sie und lächelte innerlich über sein erfreutes Grinsen. Im heller werdenden Licht der aufgehenden Sonne absolvierten sie zusammen eine Form. Sie bemerkten nicht, dass sie Zuschauer hatten.

    „Sieh mal“, meinte ET auf der Brücke und deutete nach vorne. „Charge hat sie überreden können.“

    Nav erhob sich und stellte sich neben ihn.

    „Ein Glück!“, kommentierte sie. „Ich hatte mir schon Sorgen gemacht.“

    „Wer nicht? Außerdem sollten wir uns alle schämen, dass wir es so weit haben kommen lassen.“

    „Da siehst Du, was passieren kann, wenn jemand bösartige Gerüchte ausstreut“, sagte Nikki und gab Josh einen leichten Boxhieb auf den Oberarm, „und wenn dann so dumme Jungs wie Du sie auch noch glauben.“

    „Autsch. Du hast ja recht, aber deshalb musst Du mich nicht gleich schlagen.“

    „Manchmal verdienst Du es eben“, meinte sie und setzte sich wieder ans Radargerät.

    „Frauen ...“, murmelte ET nur und rieb sich übertrieben den Arm.


    ***


    Gegen Mittag wurde der Kurs des verdächtigen Bootes eindeutig.

    „Er fährt in Richtung der Arafura-Inseln“, bestätigte Nav Mikes Verdacht.

    „Verdammt. Dort gibt es zu viele kleine Inseln, als dass wir jede einzelne durchsuchen können“, fluchte der CO. „Wir müssen sie vorher abfangen. Holen wir sie ein, dann sehen wir weiter.“

    „Aye, Sir“, erwiderte Nikki. „Kurs 020, beide Maschinen volle Kraft.“

    „Kurs 020, beide Maschinen volle Kraft“, wiederholte Swain und gab es ein. Es war deutlich zu spüren, wie das große Schiff Fahrt aufnahm.

    „Wann werden wir sie erreichen?“, fragte Mike.

    „Wenn sie Kurs und Geschwindigkeit beibehalten, in ca. 20 Minuten, Sir.“

    „Gut, die Entermannschaften sollen sich bereit machen.“

    XO nickte und griff zum Mikro des Bordlautsprechers, als Nav sich meldete.

    „Sir, sie haben uns entdeckt und ändern den Kurs. Steuerbord 138, Geschwindigkeit jetzt 25 Knoten.“

    „Sie denken, sie können uns abhängen. Swain?“

    Der Angesprochene brauchte keine weitere Aufforderung.

    „Kurs Steuerbord 138, aye Sir.“

    „Geschwindigkeit beibehalten, Swain“, ordnete Mike an. „Mal sehen, wo sie jetzt hin wollen.“

    Langsam näherten sie sich den Verfolgten, doch plötzlich sah Nikki alarmiert auf.

    „Lieutenant Commander, sie fahren genau auf die Untiefen bei Flores-Island zu. Nach dem letzten Seebeben ist diese Gegend noch nicht neu vermessen worden, Sir. Wir können ihnen da nicht in der jetzigen Geschwindigkeit folgen.“

    Frustriert schlug Mike die Faust auf die Sessellehne. Dann rieb er sich das Kinn.

    „In Ordnung, Nav. Sagen Sie Bescheid, sobald wir das unsichere Gebiet erreicht haben.“

    Bald darauf musste er anordnen, die Geschwindigkeit zu drosseln. Langsam aber sicher entfernte sich das verfolgte Boot aus dem Ortungsbereich. Mike wusste, dass es nicht viel Sinn hatte, die Beiboote zu Wasser zu lassen und die Verfolgung mit diesen fortzuführen. Dafür war der Verfolgte zu schnell und die Reichweite der Boote nur begrenzt. So befahl er schweren Herzens, die Verfolgung abzubrechen.

    „Wir kehren um“, entschied er. „Das Boot muss von irgendwoher gekommen sein. Wir werden also seinen ursprünglichen Kurs zurückverfolgen. Vielleicht bringt uns das zu den Käufern ...“


    ***


    In den kommenden Tagen tauchte das Boot nicht mehr auf. Stattdessen kontrollierten sie mehrere Fischerboote auf illegalen Fang, halfen einem in Seenot geratenen Frachter und retteten ein paar Segler, die auf ein Riff aufgelaufen waren. Bei all diesen Aktivitäten richtete sich das Augenmerk der Crew jedoch immer auf das verdächtige Boot. Der Ausguck war bei Tageslicht ständig besetzt, es blieb jedoch verschwunden.

    EJ erholte sich allmählich. Bomber päppelte sie geradezu auf und sorgte dafür, dass sie die Extraportionen, die sie ihr verpasste, auch aufaß. Mit jedem Tag wurde sie ein wenig kräftiger und bald wurde sie auch wieder den Entermannschaften zugeteilt. Die gewohnte Arbeit und das anhaltend kameradschaftliche Verhalten ihrer Kollegen trugen dazu bei, dass sie sich wieder ein wenig sicherer fühlte. Dennoch blieb sie zurückgezogen und mischte sich in ihrer Freizeit nicht unter die Crew, selbst, wenn sie dazu aufgefordert wurde. Dann lehnte sie höflich, aber bestimmt ab.

    Eines Tages tauchte dann das Schnellboot wieder auf. Der CO entschied, dass man ihm nur vorsichtig folgen, es aber nicht entern würde. Er wollte wissen, wohin es die Ware, die es vermutlich an Bord hatte, bringen würde.

    Der Kurs führte sie in das Gebiet vor der Nordspitze Queenslands. Dort gab es unzählige kleine Inseln und Atolle, auf denen man sich verstecken konnte. Mike hoffte, dass sie durch die Verfolgung der Schmuggler die Suche nach deren Stützpunkt eingrenzen konnten. Tatsächlich verschwand das Boot schließlich in einer ganz bestimmten Inselgruppe vom Radar. Nach einigen Stunden tauchte es dann wieder auf und Nav ermittelte anhand des Kurses die wahrscheinlichsten Ziele.

    „Irgendwo dort muss sich der Stützpunkt der Schmuggler befinden“, meinte Flynn und deutete auf eine kleine Gruppe von Koralleninseln. „Wir kommen nicht näher ran, aber mit den Beibooten können wir eine nach der anderen absuchen.“

    Es dauerte nicht lange, bis die Boote unterwegs waren. XO war mit ET, Swain und Bomber unterwegs, während zu Buffers Mannschaft Spider, Charge und EJ gehörten. Sie hatten volle Schutzausrüstung angelegt, da man damit rechnen musste, auf feindliche Angreifer zu stoßen. Die ersten beiden Inseln, die sie untersuchten, waren verlassen. Nichts deutete darauf hin, dass sich dort jemand aufgehalten hatte. Auf der dritten, größeren Insel jedoch stießen sie auf eindeutige Spuren. Sie teilten sich auf. XO fuhr zum westlichen Strand, während Buffer am östlichen an Land ging.

    „Charge, Du und Spider geht am Strand entlang. EJ, Du kommst mit mir“, befahl Buffer und ging auf den Urwald zu. Anfangs hielten sie Funkstille, während sie sich vorsichtig durch das Gebüsch schlichen. Zu hören waren nur die Schreie von Vögeln und das Rascheln kleiner Tiere, die vor ihnen flohen. Während sie immer tiefer in den Wald vordrangen, fragte Buffer dann von Zeit zu Zeit den Status der anderen Teams ab. Nach einer Weile meldete Swain, dass sie den gut getarnten Landeplatz des Schnellbootes gefunden hätten, und mahnte zur Vorsicht. Ein zweites Boot lag in einer versteckten Bucht, die von See aus nicht auszumachen gewesen war.

    Buffer bestätigte und schlich nun noch behutsamer durch den Wald. Er achtete darauf, dass EJ hinter ihm blieb. Sie gingen gerade einen Wildwechsel entlang, als vor ihnen plötzlich Stimmen zu vernehmen waren. Gerade noch rechtzeitig suchten sie Deckung hinter einem Felsen. Um eine Biegung des Pfades kamen mehrere wild aussehende und bestens bewaffnete Gestalten auf sie zu. Aus abgehackten Gesprächsfetzen reimte Buffer sich zusammen, dass sie wohl auf Patrouille ausgeschickt worden und darüber sehr ungehalten waren. Sie waren der Meinung, dass sie auf der Insel sicher seien, auch wenn dort draußen ein Schiff der australischen Marine kreuze. Beunruhigt blickte der Bootsmann EJ an. Sie biss sich auf die Lippen und rührte sich nicht.

    Mit einem Mal stockte die Unterhaltung der Männer. Alarmiert lugte Buffer um den Felsen und sah, dass einer von ihnen auf den Boden deutete. Es musste wohl ein Spurenleser sein, denn er zeigte nun genau in die Richtung, in der sie sich befanden.

    „Verdammt“, murmelte Buffer zwischen zusammengebissenen Zähnen und setzte sich zurück. „Sie haben uns entdeckt.“

    Er warf einen Blick zu der jungen Frau, die ihn ernst ansah und dann nickte.

    „Also los“, meinte er und sprang auf. EJ tat es ihm nach und sie rannten los. Plötzlicher Lärm und das Bellen von Schüssen zeigte ihnen, dass die Schmuggler die Verfolgung aufgenommen hatten. Sie liefen um ihr Leben, das war ihnen klar. Buffer bahnte einen Weg durch das Unterholz und traf auf einen kaum erkennbaren Pfad, der auf eine Anhöhe führte. EJ stolperte über eine Wurzel und hob die Arme, um nicht das Gleichgewicht zu verlieren. Im selben Moment fühlte sie einen Stoß und einen brennenden Schmerz, der ihr den Atem raubte. Sie stürzte, rappelte sich aber sofort wieder auf und rannte Buffer weiter hinterher. Auf dem kleinen Hügel war der Pfad plötzlich an einem Abgrund zu Ende. Sie konnten nicht mehr rechtzeitig anhalten und ihr Schwung ließ die beiden über die Kante den Abhang hinunter stürzen. Rutschend und sich überschlagend kamen sie unten an.

    „Alles okay?“, keuchte Buffer und sah dankbar EJs Nicken. „Los, die Felsen dort.“

    Er deutete auf ein paar Brocken, die in der Nähe lagen und groß genug waren, ihnen Deckung zu bieten. Sie hasteten hinüber und warfen sich dahinter. Mit angehaltenem Atem lauschten sie nach ihren Verfolgern. Als diese oben auftauchten, war das Geröll bereits wieder zum Stillstand gekommen und nichts verriet, wohin die beiden verschwunden waren.

    Mühsam sein Keuchen unterdrückend zog Buffer leise die Waffe und bedeutete EJ, es ihm gleich zu tun. Er befürchtete, dass die Schmuggler ebenfalls herabkommen würden. Dann wäre ihre einzige Chance, zuerst zu schießen. Er blickte zu der jungen Frau, die zu zittern begonnen hatte. Langsam streckte sie ihm ihre Waffe entgegen. Als er sie nur fragend ansah und keine Anstalten machte, sie ihr abzunehmen, legte sie ihre Browning behutsam vor sich auf den Boden. Erst, als sie vorsichtig die Finger vom Abzug löste, erkannte er, dass etwas nicht stimmte. Kaum hatte sie die Hand zurückgezogen, verkrümmten sich ihre Finger krampfartig. Beunruhigt sah er sie an, aber ihre Gesichtszüge waren starr, wie eingefroren. Ihr Atem ging langsam und kontrolliert, doch in ihren Augen stand Schmerz und er las darin eine Botschaft.

    Die Verfolger blieben oben auf dem Hügel, lamentierten noch eine Weile und zogen dann ab. Offenbar gingen sie davon aus, dass niemand einen solchen Sturz überleben konnte.

    Kaum waren ihre Stimmen verklungen, wagte Buffer einen vorsichtigen Blick. Dann wandte er sich besorgt an EJ. Sie atmete weiterhin langsam und kontrolliert. Kein Laut kam über ihre Lippen, als er sie fragte, was los sei. Dann entdeckte er das Blut. Es tropfte von ihrer linken Hand und schien den Arm herab zu laufen. Rasch tastete er ihre Weste ab und fühlte, dass unterhalb der linken Schulter etwas darin steckte - allerdings von innen. Entsetzt untersuchte er sie und fand schließlich das Einschussloch unterhalb ihrer Achsel.

    „Bravo 82 an X-Ray 82, bitte kommen“, funkte er leise die zweite Gruppe an.

    „X-Ray 82 an Bravo 82, was gibt es? Haben Sie das Schmugglernest gefunden?“

    Hastig berichtete er von ihrem Zusammentreffen.

    „EJ wurde getroffen. Sie blutet stark und muss sofort zurück aufs Schiff.“

    „Habe verstanden, Bravo 82. Wir ziehen uns zurück. Ich kontaktiere die Hammersley, sobald wir wieder auf dem Wasser sind. X-Ray 82 Ende.“

    „Kannst Du gehen?“, erkundigte er sich gedämpft und EJ nickte. Er half ihr auf und stützte sie, als sie langsam weiter den Berg hinab gingen. Immer wieder knickte die junge Frau ein, aber sie unterdrückte weiterhin jeden Laut. Lediglich ihr Atem wurde schwerer und ein wenig keuchend. Das letzte Stück bis zum Strand musste Buffer sie schließlich tragen, da sie am Ende ihrer Kräfte war.

    Charge und Spider kamen ihm entgegen. Entgeistert starrten sie auf das Blut, das noch immer von ihrem Arm tropfte.

    „Aber ... aber sie trägt doch eine Weste ...“, stammelte der junge Seaman. „Wie konnte das passieren?“

    „Das weiß ich auch nicht“, herrschte Buffer ihn an. „Mach lieber das Boot klar.“

    Spider nickte und rannte durch den Sand. Charge half dem Bootsmann, die Verletzte behutsam an Bord zu hieven, dann stiegen sie ein und machten, dass sie wegkamen.

    Während der Fahrt zurück zur Hammersley dachte Buffer besorgt daran, was geschehen war. Ihm wurde klar, dass EJ ihm vorhin einen großen Beweis ihres Vertrauens gebracht hatte. Sie hatte ihm ihre Waffe gegeben und ihm damit ihr Leben anvertraut. Und er hatte auch die Botschaft in ihrem Blick erkannt. ‘Lass mich bitte nicht hier draußen verrecken’, hatte sie gelautet. Er hatte es ebenso gehört, als hätte sie es ihm gesagt.

    Nein, er hätte sie niemals im Stich lassen können. Er hoffte nur, dass er sie rechtzeitig zum Schiff zurückbringen und Swain ihr helfen könnte.



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    Geändert von Zeson (27.05.2013 um 18:44 Uhr)
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    Vielen Dank dafür, Evaine und Galaxy, dass Ihr weiterhin treu am Ball bleibt. Ebenfalls Dank an meine anonyme Leserschaft, die ja wohl wirklich vorhanden ist, wie 100 Aufrufe pro Kapitel zeigen ...

    Doch nun weiter mit






    Kapitel 13: Notfall


    HMAS Hammersley, 16:45 Uhr Nachmittagswache, auf dem Weg zur Heimatbasis


    Auf der Hammersley war alles schon bereit. X hatte dafür gesorgt, dass EJ sofort unter Deck gebracht werden konnte. Swain und Bomber erwarteten die Verletzte im Sanitätsraum. Die Köchin sog erschrocken die Luft ein, als sie ihre Freundin sah. Blass und mit starrem Ausdruck lag sie auf der Trage. Als Swain ihr vorsichtig die Weste auszog, flatterten ihre Lider und gleich darauf öffnete sie die Augen. Sie waren dunkel vor Schmerz, aber es kam kein Ton über ihre Lippen und sie atmete betont kontrolliert.

    So gut sie konnte, half sie mit, sich von der blutgetränkten Kleidung zu befreien. Durch die Bewegungen begann das Blut wieder zu fließen. Als Swain die Austrittswunde sah, pfiff er zischend durch die Zähne.

    „Verdammt, wie konnte denn das passieren?“, murmelte er. Buffers Informationen folgend bemerkte er auch gleich darauf, wo die Kugel in ihren Körper eingedrungen war.

    „Sie trat in der Achselhöhle ein und dann hier, unterhalb der Schulter, wieder aus“, zeigte er Bomber. „Ein äußerst unglücklicher Treffer. Allerdings hat die Kugel wohl die Hauptschlagadern verfehlt.“

    Rebecca sah ihn fragend an.

    „Sie wäre sonst längst verblutet“, erklärte er ihr. „Wie wir das hier allerdings in den Griff bekommen sollen, weiß ich auch nicht.“

    „Hier, der Stabsarzt aus dem Hospital in Cairns“, reichte X ihm das Headset zur Tür herein.

    „Danke, X. Den brauch ich jetzt wirklich.“

    Er setzte das Gerät auf und schilderte gleich darauf dem Mediziner die Verletzung.

    „Die Blutung ist nicht sehr stark, aber stetig“, erklärte er. „Wie können wir sie stoppen?“

    Er lauschte auf die Antwort, dann machte er sich ans Werk.

    „In Ordnung, Sir, das werden wir versuchen. Was kann ich sonst noch tun?“

    Wieder lauschte er, während er Bomber Anweisungen gab.

    „Nein, Sir, wir haben keine Blutkonserven an Bord. Ich kann ihr höchstens Kochsalzlösung ... ja, Sir, das kann ich versuchen. Allerdings ...“

    Er nahm EJs „Hundemarken“ zur Hand und blickte darauf. Dann wurde er blass.

    „Sir, das dürfte schwierig werden. Sie hat eine extrem seltene Blutgruppe. Ich glaube nicht, dass ich bei nur 21 Mann Besatzung jemanden an Bord habe, der ihr spenden kann ...“

    Er lauschte wieder, dann nickte er.

    „In Ordnung, ich werde tun, was ich kann. Vielen Dank.“

    Mit einem Seufzen nahm er das Headset ab und machte sich an die Arbeit.

    „Wir können nur zusehen, dass wir die Blutung zum Stillstand bringen und sie verbinden“, sagte er zu Bomber. „Sie hat viel Blut verloren. Hoffentlich hält sie durch ...“

    Vorsichtig begann er damit, die beiden Wunden zu reinigen und verband sie anschließend. Beunruhigt beobachtete er, dass sich der Verband jedoch bald wieder rot färbte. Bomber hatte EJ inzwischen einen Zugang gelegt und einen Beutel Kochsalzlösung angehängt. Noch immer war die Verletzte bei Bewusstsein, aber sie hätte es ebenso gut auch nicht sein können, denn sie ließ alles lautlos über sich ergehen.

    Buffer, der zwischenzeitlich dazu gekommen war und an ihrer Seite saß, beobachtete dies mit großer Besorgnis. Nicht nur, dass die Wunden nicht aufhören wollten, zu bluten, sondern auch die Tatsache, dass sie die ganze Zeit über nicht einmal geklagt hatte, erschreckte ihn zutiefst. Er wusste, dass sie Schmerzen hatte, aber sie ließ sich nichts anmerken.

    In dem Moment betrat der CO die Kammer. Besorgt sah er zu EJ.

    „Wie geht es ihr?“, erkundigte er sich.

    Swain schüttelte besorgt den Kopf.

    „Nicht gut, Sir. Ich kann hier nicht viel für sie tun. Sie muss dringend zu einem Arzt.“

    „Ich habe einen Medivac-Hubschrauber angefordert, aber ...“

    „Es steht wieder einmal keiner zur Verfügung, nicht wahr?“, seufzte Swain.

    Mike schüttelte besorgt den Kopf.

    „Nein, Sie haben recht. Jetzt sind wir auf Rendezvous-Kurs mit der HMAS Newcastle. Sie soll sowohl unsere Patientin als auch Seaman Jones aufnehmen und nach Cairns bringen.“

    „Wie weit ist die Newcastle entfernt, Sir?“, ließ sich Buffer vernehmen.

    „Etwa sechs Stunden“, erwiderte Mike düster.

    Bedenklich schüttelte Swain den Kopf. Für eine Verletzung dieser Art konnten sechs Stunden zu lange sein. Und wenn sie noch mehr Blut verlor ...

    „Es gibt noch ein Problem, Sir“, setzte er an.

    Fragend sahen Mike und Pete ihn an. Was konnte noch schlimmer sein als die Tatsache, dass die Hilfe noch weit entfernt war?

    „Sie hat sehr viel Blut verloren. Wenn sie noch mehr verliert ...“

    „Haben wir keinen Spender an Bord?“, fragte Mike.

    „Es wäre gut, wenn Sie es ausrufen könnten, aber ich bin mir fast sicher, dass es keinen gibt. Sie hat eine sehr seltene Blutgruppe: A negativ.“

    „Auch das noch“, stöhnte der CO auf. „Ich werde gleich, wenn ich wieder auf der Brücke bin, einen Aufruf machen.“

    Dann trat er neben die Liege.

    „EJ“, sagte er leise. „Halte durch.“

    Sie öffnete langsam die Augen und sah ihn an.

    „Du bist ja wach“, stellte er erstaunt fest.

    Sie nickte leicht. Nun fiel ihm zum ersten Mal ihr kontrollierter Atem auf. Das und die Tatsache, dass ihre Züge wie erstarrt wirkten, ließen einen Verdacht in ihm aufkommen.

    „Swain, haben Sie ihr etwas gegen die Schmerzen gegeben?“

    Erstaunt sah der Sanitäter ihn an, dann fiel ihm selbst auf, dass etwas nicht stimmte.

    „Sie ... sie sagt überhaupt nichts“, stellte er fest. „EJ, was ist los? Warum ... ich geb Dir ein Schmerzmittel.“

    Ein Blick in ihre Augen genügte ihm. Er verfluchte sich selbst, dass ihm das passiert war. Er war so sehr an jammernde Patienten gewöhnt, dass er angesichts ihres Schweigens nicht an ein schmerzlinderndes Mittel gedacht hatte, dabei musste sie im Augenblick durch die Hölle gehen. Rasch zog er eine Spritze auf und achtete dabei darauf, dass er nicht etwa ein gerinnungshemmendes Mittel nahm.

    Kurze Zeit später entspannte sie sich ein wenig.

    „Danke ... schon besser“, quetschte sie zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor.

    Mike warf seinem Sanitätsoffizier einen mehr als tadelnden Blick zu, unterließ es aber, ihn zu rügen. Er sah deutlich, dass Chris sich selbst bereits genug Vorwürfe machte. Mit einem letzten Blick auf EJ verließ er den Raum, winkte aber Buffer mit sich.

    „Wie lange macht sie das schon, Pete?“, fragte er auf dem Gang.

    „Vom ersten Moment an, Sir“, wusste dieser sogleich, was gemeint war. „Sie hat nicht ein einziges Mal einen Schmerzenslaut von sich gegeben. Deshalb hab ich ja auch erst nicht gemerkt, was eigentlich los ist.“

    „Sie meinen, nicht einmal, als sie getroffen wurde? Das gibt es doch nicht“, entfuhr es Flynn.

    „Wenn sie auch nur einmal aufgestöhnt hätte, als wir dort in Deckung lagen, wäre es mit uns aus gewesen“, stellte Buffer fest und schilderte kurz, was sich ereignet hatte.

    „Sie wusste genau, dass unser Leben davon abhing“, endete er.

    „Aber ... sie unterdrückt es ja auch jetzt noch. Nein, ich denke, da steckt noch mehr dahinter.“

    Buffer nickte sorgenvoll. Er hatte noch nie jemanden getroffen, der Schmerzen auf diese Weise kontrollieren konnte. Es war erschreckend, wie viel Selbstbeherrschung sie aufbrachte, um sich nichts anmerken zu lassen.

    „Eines weiß ich sicher: Als Kind hat sie ihren Gefühlen genauso Ausdruck gegeben wie jeder andere Mensch auch“, stellte Mike abschließend fest und ging dann hinauf zur Brücke, während Buffer sich wieder zu EJ setzte. Er dachte über die rätselhafte Bemerkung des CO nach, als dessen Durchsage kam. Eindringlich bat Mike darum, dass sich ein Spender mit der passenden Blutgruppe melden möge, aber niemand tauchte in der Sanitätskammer auf.

    EJs Verbände bluteten langsam durch und Swain musste sie wechseln. Besorgt maß er immer wieder ihren Blutdruck, der stetig schlechter wurde. Er hatte bereits einen zweiten Liter Kochsalzlösung angehängt, aber das würde sie nicht am Leben halten, sollte sich kein Spender finden. Als der CO seine Durchsage zum dritten Mal wiederholte, schüttelte er hoffnungslos den Kopf.

    „Es wird sich niemand finden“, seufzte er. „Ich kann ihr nicht mehr helfen.“

    Buffer räusperte sich.

    „Dann musst Du wohl doch meines nehmen“, meinte er resigniert.

    „Dein ... aber warum ...“

    „Ich bin Universalspender. Ich habe Null negativ ...“

    „Verdammt, Buffer, warum hast Du denn nichts gesagt? Wir hätten schon längst ...“, fuhr Swain auf, aber er wurde sogleich unterbrochen.

    „Swaino, beruhige Dich. Ich hab deshalb gewartet, ob sich ein Anderer meldet, weil ich nicht sicher bin. Verstehst Du?“

    „Nicht sicher? Aber was soll das heißen?“

    „Das heißt, mein nächster Bluttest ist erst im nächsten Monat und ich bin nicht sicher, ob ich "sauber" bin.“ Mit ernstem Blick sah er den Sanitätsoffizier an. „Du weißt, dass Du mich deshalb als Spender ausschließen müsstest.“

    „Ja, aber ...“, stotterte Chris, dann sackten seine Schultern nach vorne. „Du hast recht, ich muss Dich ausschließen.“

    „Und wenn Du eine Ausnahme machst?“, fragte Pete leise. „Du sagst selbst, wenn sie keine Transfusion bekommt ...“

    „Ich könnte ins Teufels Küche kommen, wenn das jemand herausfindet“, wandte Swain ein. „Und was ist, wenn Du tatsächlich irgendeine Krankheit mit Dir rum trägst?“

    „Ist es das Risiko nicht wert? Ein Menschenleben zu retten ...“

    Eine leichte Bewegung von EJ ließ die beiden Männer aufmerken. Die junge Frau hatte die Augen geöffnet und sah den Sanitäter an. Ein fast unverständliches Flüstern drang über ihre Lippen.

    „Was? Ich hab Dich nicht verstanden“, meinte er und beugte sich über sie.

    „Die Kamera. Hol sie ...“ sagte sie etwas deutlicher.

    Zuerst stutzte er, aber dann wusste er plötzlich, was sie wollte. Er erhob sich und eilte, um eine der Kameras zu holen. Als er zurück war, schaltete er das Gerät ein und hielt auf Buffer und EJ. Dazu sprach er ins Mikrofon:

    „Diese Frau, Seaman Elisabeth Jane Kingston, benötigt dringend eine Bluttransfusion. Hier an Bord der HMAS Hammersley gibt es jedoch nur einen Menschen, der ihr spenden könnte, nämlich Petty Officer Peter Tomaszevski.“

    Mit einem Kopfnicken forderte er Buffer auf, sich zu äußern.

    „Ich habe Blutgruppe Null negativ und bin somit Universalspender. Allerdings bin ich nicht sicher, ob mein Blut "sauber" ist. Daher bin ich eigentlich von der Blutspende ausgeschlossen“, sprach Pete gehorsam in die Kamera.

    Dann schwenke Swain die Kamera auf EJ und zoomte heran.

    „Ich gebe Petty Officer Christopher Blake hiermit ausdrücklich die Erlaubnis, mir das Blut von Petty Officer Tomaszevski zu übertragen“, sagte sie deutlich.

    Anschließend schloss sie erschöpft die Augen.

    „Das sollte genügen“, flüsterte sie.

    „Wir brauchen es ja auch keinem zu erzählen“, meinte Buffer und krempelte bereits den Ärmel hoch.

    „Aber das Formular ...“

    “... können wir auch ein wenig manipulieren, oder nicht? Und nun mach schon.“

    Doch noch während Swain halbherzig protestierte, hatte er sich bereits an die Arbeit gemacht. Es dauerte nicht lange, bis er die beiden mit einem Schlauch verbunden hatte und Buffers Blut langsam in EJs Venen floss.

    „Ein Liter sollte genügen“, meinte er und beobachtete, wie die Wangen der jungen Frau langsam wieder etwas mehr Farbe bekamen. Eine weitere Überprüfung ihres Blutdruckes erleichterte ihn zusätzlich.

    „Ihr Blutdruck steigt ein wenig an. Es hilft ...“

    „Na, das will ich auch meinen“, witzelte der Bootsmann. „Schließlich bekommt sie 1A Universalblut.“

    „Das mit dem 1A wissen wir nicht“, mahnte Swain. „Wir können es nur hoffen.“

    Er sah nach ihren Verbänden und stellte fest, dass sie trocken blieben.

    „Auf jeden Fall hat sie jetzt eine Chance“, meinte er. „Auf der Newcastle haben sie sicher passende Blutkonserven und auf jeden Fall einen Arzt, der sie besser versorgen kann als ich. Und wenn sie erst einmal in Cairns im Krankenhaus ist ...“

    „Du hast Dein Bestes getan und dafür bin ich Dir dankbar“, versicherte Buffer ihm. Ein wenig erstaunt sah Swain ihn an, aber er enthielt sich jeden Kommentars. Der Bootsmann musste schon selbst wissen, was er tat.


    ***


    HMAS Hammersley, 00:30 Uhr, Mittelwache, Korallensee


    Die Übergabe der Verletzten an die HMAS Newcastle war trotz des ungewöhnlichen Nachtmanövers gut abgelaufen. Der festgesetzte Seaman jedoch war an Bord der Hammersley geblieben, die der Fregatte in etwas langsamerem Tempo folgte. Sie war am Abend zur Heimatbasis zurückbeordert worden, da es einige Dinge persönlich zu klären gab, was die Vorfälle, in die Seaman Jones verwickelt war, anging. Mike vermutete, dass ihm da ein sehr unangenehmes Gespräch bevorstand.

    Die Rückfahrt wurde noch durch einige Notfälle, bei denen man havarierten Seeleuten beistehen musste, und einen illegalen Fischer, den man festnahm und dessen Boot konfisziert wurde, unterbrochen. Daher kam die Hammersley erst in Cairns an, als die Newcastle bereits wieder abgelegt hatte und sich auf hoher See befand. Mike hatte sich regelmäßig über EJs Gesundheitszustand informiert und auch die Mannschaft auf dem Laufenden gehalten. So wussten nun alle, als sie an Land gingen, dass sie die Operation gut überstanden hatte und es ihr bereits wieder relativ gut ging.

    Mike begab sich, sobald es ging, zu NAVCOM, um sich seine Standpauke abzuholen. Er war allerdings erstaunt, als er stattdessen ein Lob ausgesprochen bekam. Seaman Jones war offensichtlich bereits früher als Unruhestifter aufgefallen, aber man hatte ihm nie konkret etwas nachweisen können. Erst die Vorfälle auf der Hammersley hatten ihn überführt und NAVCOM war dankbar, dass man den Mann auf diese Weise endlich loswurde. Er würde vor ein Militärgericht gestellt werden. Mike konnte aber erreichen, dass EJ nicht persönlich gegen ihn aussagen musste. Eine schriftliche Erklärung würde genügen.

    „Wissen Sie, Mike, auf Ihrem Schiff bilden Sie eine so eingeschworene Gemeinschaft, dass ich immer wieder in Versuchung gerate, schwierige Fälle bei Ihnen unterzubringen“, erklärte Commander Marshall ihm abschließend. „Und das bringt mich auf Seaman Kingston. Wussten Sie eigentlich, dass man Ihnen eine Affäre mit ihr nachsagt?“

    Verblüfft schnappte Mike nach Luft.

    „Ich versichere Ihnen, dass dieses Gerücht jeder Grundlage entbehrt“, beeilte er sich zu sagen.

    „Davon gehe ich aus, Mike. Ich bin auch sicher, dass es von Seaman Jones in Umlauf gesetzt wurde. Dennoch sollten Sie vorsichtig sein. Es gibt viele Leute, die der Meinung sind, wo Rauch ist, müsse auch ein Feuer sein.“

    Der Lieutenant Commander überlegte. Dann entschloss er sich, Steve die Wahrheit zu enthüllen.

    „Sir, EJ war die beste Freundin meiner Schwester. Ich habe sie aus den Augen verloren, als sie vor 10 Jahren geheiratet hat, und habe sie erst wiedergesehen, als sie auf mein Schiff versetzt wurde. Sie wird nie mehr für mich sein als eine kleine Schwester.“

    „Selbst das könnte schon zu viel sein, Mike“, ermahnte Marschall.

    „Sie liegt mir ebenso sehr am Herzen wie jeder andere aus meiner Crew“, lächelte dieser. „Wie Sie schon sagten: Wir sind eine eingeschworene Gemeinschaft. Wie eine Familie.“

    Mit diesen Worten verabschiedete er sich und beschloss, am selben Morgen auch noch das Krankenhaus aufzusuchen, um EJ einen Besuch abzustatten.



    tbc.
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  38. Danke sagten:


  39. #20
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    Vielen Dank, Evaine und Galaxy, für's Knöpfchen drücken. Ich nehme mal an, nicht nur Ihr (bzw. Du, Galaxy, Evaine weiß es ja schon) wollt nun wissen, wie es weiter geht?

    Na dann mal los:






    Kapitel 14: Geständnis


    Marinehospital, 11:25 Uhr vormittags, Cairns


    EJ lag mit geschlossenen Augen im Bett und lauschte auf die Geräusche in ihrer Umgebung. Die Betriebsamkeit des Krankenhauses hatte etwas Beruhigendes. Seit drei Tagen war sie nun hier und erholte sich von ihrer Verletzung. Die Ärzte hatten ihr ein unglaubliches Glück attestiert, denn das Projektil war glatt durch ihren Körper hindurchgedrungen und hatte wie durch ein Wunder keine wichtigen Blutgefäße getroffen. Dennoch war der Blutverlust sehr hoch gewesen und sie war dem Tod sozusagen nur knapp von der Schippe gesprungen. Es war ihr klar, dass allein Buffers unautorisierte Blutspende sie gerettet hatte.

    Sie hatte viel Zeit gehabt, über das nachzudenken, was geschehen war. Sie hatte erkannt, dass sie sich von Jones wieder in die Rolle des Opfers hatte drängen lassen, und das gefiel ihr überhaupt nicht. Eigentlich hatte sie sich auf Mikes Boot sehr wohl gefühlt, bis die Schikane begann. Dort war es ganz anders als auf den größeren Schiffen, auf denen sie zuvor stationiert gewesen war. Auf diesen war alles viel unpersönlicher gewesen und sie hatte für sich bleiben können. Auf der Hammersley jedoch hatte man sie geradezu gezwungen, aus ihrem Schneckenhaus hervorzukommen, auf eine kameradschaftlich freundliche Art zwar, aber unerbittlich. Bomber hatte ihr sogar die Freundschaft angeboten und sie musste zugeben, dass sie die junge Köchin sehr mochte.

    Seaman Jones hatte mit seinen bösartigen Gerüchten und seinen Versuchen, sie fertigzumachen, alles zunichtegemacht, was sie sich bis dahin aufgebaut hatte. Sie hatte sich in die Defensive drängen lassen, ja, sie hatte nicht einmal gewagt, gegen ihn aufzubegehren. Seine Drohungen hatten in ihr ein altes Verhaltensmuster wiedererweckt. Nun jedoch stellte sie fest, dass sie das anwiderte. Sie wollte kein Opfer mehr sein, sie sehnte sich danach, anerkannt zu werden und zu dieser Mannschaft zu gehören. Sie wollte wieder vertrauen können. Und so war in ihr der Entschluss gereift, Mike bei nächster Gelegenheit zu erzählen, was in den letzten zehn Jahren geschehen war. Er hatte ein Recht darauf als Bruder ihrer besten Freundin, denn als diese betrachtete sie Mary-Jo weiterhin, auch wenn sie sich aus den Augen verloren hatten.

    Ein leises Geräusch, das sich von den üblichen unterschied, brachte sie dazu, die Augen zu öffnen. Neben ihrem Bett stand Lieutenant Commander Mike Flynn und sah sie besorgt an. Als er merkte, dass sie wach war, sprach er sie an.

    „Hallo, EJ, wie geht es Dir?“

    In seinem warmen Tonfall schwang deutliche Besorgnis mit.

    Langsam verzog sich ihr Mund zu einem Lächeln. Sie spürte, dass er ziemlich unsicher darüber war, wie sie seinen Besuch auffassen würde.

    „Hallo Mike, was machst Du denn hier?“, fragte sie ihn. „Ist die Hammersley endlich ebenfalls eingetroffen?“

    Unwillkürlich grinste er breit, als er ihren belustigten, leicht spöttischen Ton vernahm.

    „Ja, wir haben es auch geschafft“, meinte er scherzend. „Unterwegs hatten wir noch ein paar Probleme zu lösen: illegale Fischer, Segler in Seenot und all so was. Du weißt ja, wie das ist.“

    Sie lachte auf, zuckte dann aber zusammen und hielt den Atem an. Ganz langsam ließ sie ihn wieder entweichen und atmete dann einige Male konzentriert ein und aus. Mike runzelte die Stirn.

    „Bekommst Du hier keine Schmerzmittel? Was soll das denn? Einen Moment, das werden wir gleich haben.“

    Er hatte die Anzeichen sofort erkannt und verließ nun aufgebracht den Raum. Kurz darauf kam er mit einer Schwester wieder, die kopfschüttelnd auf ihn einredete.

    „Die Patientin hat mit keinem Wort geäußert, dass sie Schmerzen hat“, sagte sie gerade.

    „Natürlich hat sie das nicht. Allerdings brauchen Sie sie nur anzusehen, um zu erkennen, dass die Wunde sie schmerzt. Es wäre ja auch ein Wunder, wenn sie das nicht tun würde“, entgegnete der CO abfällig. „Geben Sie ihr gefälligst etwas dagegen, oder muss ich erst den Arzt rufen?“

    „Nicht nötig, Sir, das werde ich schon selbst tun. Wer sind Sie überhaupt, dass sie in einem solchen Ton mit mir reden?“, empörte sich die Frau.

    „Lass doch, Mike, es geht schon“, ließ sich EJ gepresst vernehmen, der dieser Aufwand sichtlich peinlich war.

    „Nein, es geht nicht“, erwiderte er zornig. „Ich weiß zwar nicht, warum Du Dir partout nichts anmerken lassen willst, aber ich sehe doch, dass Du Schmerzen hast, und das muss ganz bestimmt nicht sein.“

    Wütend sah er der Schwester nach, die gegangen war, ohne EJ zu helfen. Nach kurzer Zeit kam sie jedoch mit einem Arzt im Schlepptau wieder.

    „Worum geht es denn hier?“, fragte der Mediziner.

    „Sind Sie der behandelnde Arzt? Dann geben Sie bitte sofort Anweisung, dass Ihre Patientin ein Schmerzmittel bekommt. Es ist ja geradezu unmenschlich, sie so leiden zu lassen“, raunzte Mike ihn an.

    „Und Sie sind ...?“, fragte der Mann unbeeindruckt und hob die Brauen.

    „Mike Flynn, ich bin der Vorgesetzte von Seaman Kingston“, antwortete er, noch immer entrüstet.

    „Lieutenant Commander Flynn“, sagte der Arzt mit Blick auf die Rangabzeichen, „die Patientin hat nicht ein einziges Mal über Schmerzen geklagt. Wie kommen Sie darauf ...?“

    „Einmal davon abgesehen, dass sie erst vor drei Tagen operiert wurde, muss man sie nur genauer ansehen. Seaman Kingston unterdrückt den Schmerz. Sie würde sich niemals beklagen ...“

    Daraufhin wandte sich der Mediziner an EJ und betrachtete sie genauer. Er erkannte, dass der Lieutenant Commander recht hatte, denn die Kiefermuskeln der Frau waren angespannt und ihre Rechte zur Faust geballt.

    „Mrs. Kingston, haben Sie Schmerzen?“, fragte er sie zur Sicherheit.

    Nach einem langen Blick auf Mike nickte sie schließlich zögernd.

    Mit grimmiger Miene wandte sich der Arzt ab und gab der Schwester detaillierte Anweisungen. Man konnte ihm deutlich anmerken, dass er sich darüber ärgerte, nicht selbst bemerkt zu haben, wie es der Frau wirklich ging.

    „Es tut mir sehr leid, Mrs. Kingston“, wandte er sich schließlich wieder an EJ, während die Schwester den Raum verließ. „Selbstverständlich bekommen Sie ein Schmerzmittel. Es wäre jedoch hilfreich gewesen ...“

    „Ja, ich weiß“, gab sie leise zurück. „Es ist nur ...“

    Hilflos sah sie zu Mike, der ihr zu Hilfe kam.

    „Es ist unerheblich, warum Seaman Kingston den Schmerz unterdrückt. Ihnen hätte klar sein müssen, dass eine Wunde dieser Art so kurz nach der Operation noch Schmerzen bereitet. Ich würde sagen, das war ziemlich unprofessionell.“

    Der Arzt räusperte sich, aber er konnte nicht viel dagegen hervorbringen, da Flynn recht hatte. Es war in erster Linie sein Fehler gewesen. Deshalb nickte er nur und wandte sich zur Tür. Kurz bevor er den Raum verließ, schien ihm jedoch noch etwas einzufallen.

    „Lieutenant Commander, wenn ich Sie noch kurz draußen sprechen dürfte?“

    Überrascht nickte Mike und warf EJ einen beruhigenden Blick zu.

    „Ich bin gleich wieder da, Kleines“, meinte er und folgte dem Mediziner.

    Der Mann führte ihn außer Hörweite, dann sah er ihn ernst an.

    „Lieutenant Commander Flynn, ich muss Ihnen eine Frage stellen, die mich bewegt, seit ich die Röntgenbilder der Patientin gesehen habe: Wurde Mrs. Kingston auf Ihrem Boot misshandelt?“

    Ungläubig starrte Mike ihn an.

    „Wie war das? Sie unterstellen mir und meiner Crew ...“

    „Ich unterstelle gar nichts, Sir. Es war lediglich eine Frage“, unterbrach ihn der Arzt.

    „Wie kommen Sie auf so etwas?“, wollte Mike wissen.

    „Ihre Seaman hat sehr viele bereits verheilte Knochenbrüche“, erklärte der Mann. „Die meisten sind älter als drei Jahre ...“

    „Dann muss sie sich die zugezogen haben, bevor sie zur Navy kam“, stellte Flynn klar. „Sie trat erst vor etwa zwei Jahren den Streitkräften bei.“

    Der Arzt nickte verstehend.

    „Das beruhigt mich in gewissem Sinne, Sir. Allerdings lässt sich daraus nur ein Schluss ziehen und der gefällt mir nicht. Sie wissen nichts Näheres?“

    Mike schüttelte den Kopf. Als er sich verabschiedet hatte und wieder zu EJ zurückkam, war er sehr nachdenklich.

    „Alles in Ordnung, Mike?“, fragte sie ihn besorgt.

    Er sah sie mit einem unbestimmbaren Ausdruck an. Dann entschloss er sich, ihr zu erzählen, was der Arzt ihm mitgeteilt hatte.

    „EJ“, begann er ernst, „der Doktor hat mich eben gefragt, ob Du an Bord misshandelt wurdest.“

    Erschrocken sah sie ihn an.

    „Er sagte mir, dass Du ungewöhnlich viele alte Verletzungen hast.“

    Sie holte tief Luft und schloss die Augen. Nun war er da, der Moment, in dem sie Farbe bekennen musste. Sie hatte sich zwar bereits dazu entschlossen, Mike von ihrer Ehe zu berichten, aber sie hatte gedacht, sie könne sich auf dieses Gespräch noch ein wenig vorbereiten. Das war aber offensichtlich nicht der Fall, denn als sie die Augen wieder öffnete, begegnete sie seinem fragenden Blick.

    „Du willst wissen, wie es dazu kam?“, fragte sie leise. „Dann hol Dir lieber einen Stuhl, denn das ist eine lange Geschichte.“

    „Wenn Du ... “, begann er, aber sie schüttelte den Kopf.

    „Nein, Mike, ich glaube, es ist ganz gut so. Ich wollte es Dir sowieso früher oder später erzählen. Nun ist es eben früher ...“

    Er nickte, zog sich einen Stuhl heran und setzte sich.

    EJ schloss die Augen und begann leise zu reden. Sie holte weit aus, sprach von ihrer Schwärmerei für ihn als Teenager und wie zurückgesetzt sie sich gefühlt hatte, als er kaum noch nach Hause kam und sie nicht beachtet hatte, wenn er wirklich einmal da war. Auf dem College hatte sie dann den jungen Studenten Steve Kingston kennengelernt, der sie umworben und schließlich zur Hochzeit überredet hatte. Zu diesem Zeitpunkt hatte sie bereits mit ihrer Ausbildung zur Physiotherapeutin begonnen. Das junge Paar hatte hochfliegende Pläne gehabt. Nach dem Studium zum Bauingenieur wollte Steve auf ein eigenes Häuschen sparen. Auch Kinder waren geplant gewesen. Eine richtige Bilderbuchehe sollte es werden. Doch dann kam alles anders. Kingston geriet in schlechte Gesellschaft und begann zu trinken. Er brach das Studium ab und flog danach aus einem Job nach dem anderen. Er arbeitete als Bauarbeiter, Trucker und sogar in den Opalminen, aber überall wurde seine Trinkerei ihm zum Verhängnis. Eines Tages, als er wieder einmal betrunken nach Hause kam und EJ ihm Vorwürfe machte, schlug er sie. Das war das erste Mal, doch von da an verprügelte er sie regelmäßig.

    EJ hatte sie beide bis dahin finanziell über Wasser gehalten, da sie einen guten Job in einer Massagepraxis hatte. Als sie nun jedoch immer öfter wegen Krankheit zu Hause bleiben musste, verlor auch sie die Arbeit. Immer wieder fand sie einen neuen Arbeitgeber, da ihr Können bekannt war, aber nach einigen Wochen oder Monaten wurde sie wegen zu vieler Fehlzeiten wieder entlassen. Mit Bedauern zwar, aber endgültig. Auch dafür steckte sie regelmäßig Prügel ein. Sie merkte bald, dass Steve sie stärker und öfter schlug, wenn sie sich ihre Schmerzen anmerken ließ. So lernte sie, den Schmerz zu unterdrücken und seine Schläge hinzunehmen. Doch Prügel waren nicht die einzige Folter. Als sie sich weigerte, mit ihm zu schlafen, nahm er sie mit Gewalt.

    Erschüttert lauschte Mike diesem Bericht. Er konnte nicht fassen, dass ausgerechnet ihr so etwas passiert war.

    „Wie hast Du dich von ihm lösen können?“, fragte er schließlich. „Und warum hast Du nach der Scheidung nicht wieder Deinen Mädchennamen angenommen?“

    Sie öffnete die Augen und er erschrak vor dem seelischen Schmerz, der darin stand.

    „Ich bin nicht geschieden“, antwortete sie tonlos.

    Entsetzt sah er sie an.

    „Aber ...“

    „Er hat mir angedroht, dass er mich umbringt, wenn ich mich scheiden lasse.“

    „Mein Gott, EJ ... Weiß das jemand?“

    Sie schüttelte den Kopf.

    „Ich habe es bis heute niemandem gesagt. Ich hatte zu viel Angst.“

    „Aber wie ... wie kommt es dann, dass Du bei der Navy gelandet bist?“

    „Du willst auch das bittere Ende hören? Also gut ...“

    Was er nun erfuhr, übertraf das vorherige noch bei Weitem. EJ vertraute ihm an, dass sie durch die fortlaufenden Vergewaltigungen ihres Mannes schließlich schwanger geworden war. Sie selbst hatte sich auf das Kind gefreut, Steve jedoch empfand es als zusätzliche Belastung. Er verprügelte sie auch weiterhin, und als sie im fünften Monat war, stieß er sie im Alkoholrausch die Kellertreppe hinunter. Sie war erst im Krankenhaus wieder zu sich gekommen. Das Baby hatte sie verloren und man hatte ihr gesagt, dass sie wahrscheinlich keine Kinder mehr bekommen könnte.

    Mitfühlend drückte Mike ihr die Hand. Er konnte sich kaum vorstellen, was das für eine Frau bedeutete, aber er spürte ihren Schmerz. Er selbst liebte Kinder und wollte eines Tages selbst welche haben.

    „Ein Arzt aus dem Krankenhaus hat damals Anzeige gegen meinen Mann erstattet“, kam EJ schließlich zum Ende. „Man hat ihn wegen schwerer Körperverletzung und versuchtem Totschlag zu fünf Jahren Haft verurteilt.“

    „Und dann gingst Du zur Navy?“

    „Nein, nicht sofort. Ich kam zur Kur und wurde dort von einer Psychotherapeutin betreut, die mir klar machte, dass ich mich von ihm lösen musste. Sie half mir, meine Angst größtenteils in den Griff zu bekommen, aber ich kam zu dem Schluss, dass ich an Land nie sicher vor ihm sein würde.“

    Flynn nickte. Das erklärte nun endlich, warum sie die Navy gewählt hatte.

    Mit einem leichten, eher kläglichen Lächeln fügte sie hinzu: „Ich erinnerte mich damals an einen gewissen Mike Flynn und seine Begeisterung für die See. Vielleicht hat das den Ausschlag gegeben.“

    Er lächelte zurück und war mit einem Mal froh, dass er ihr eine gewisse Inspiration gewesen war.

    „Wo ist Dein Mann jetzt?“, fragte er dann.

    „Ich hoffe, er sitzt noch immer ein. Die fünf Jahre sind noch nicht vorüber.“

    „Fünf Jahre! Das ist viel zu wenig für ein solches Subjekt“, bemerkte er grimmig.

    „Weißt Du, das Schlimmste daran ist, dass er meiner Meinung nach wegen Mord vor Gericht hätte stehen sollen, aber unser Kind war ja noch nicht geboren ...“

    Betroffen nahm Mike die Trauer in EJs Stimme wahr. Obwohl dieses Kind von ihrem schlimmsten Peiniger gewesen wäre, hatte sie es dennoch geliebt.

    „Es tut mir Leid, EJ“, murmelte er.

    Sie seufzte noch einmal, dann setzte sie eine betont muntere Miene auf und sah ihn an.

    „So, nun kennst Du die ganze Geschichte“, meinte sie dabei. „Ich hoffe, der Schock bringt Dich nicht um.“

    „Nicht, EJ“, wehrte er ab. „Zieh es jetzt nicht ins Lächerliche. Das, was Du erlebt hast, ist schrecklich.“

    „Ich habe es nicht nur ERlebt, ich habe ÜBERlebt“, erwiderte sie leise und ihre Unterlippe begann zu zittern. Plötzlich standen Tränen in ihren Augen und sie schluchzte auf.

    Schnell erhob sich Mike von seinem Stuhl und setzte sich auf die Bettkante. Er nahm die junge Frau behutsam in die Arme.

    „Ist schon gut, EJ, lass es heraus“, murmelte er, während sie sich weinend an ihn klammerte.

    Keiner der beiden bemerkte den Mann, der draußen nur kurz um die Ecke lugte, um sich dann wieder zurückzuziehen.

    Es dauerte eine ganze Weile, bis sie sich beruhigte. Als sie sich jedoch wieder von ihm löste, fühlte sie sich irgendwie befreit. Mike reichte ihr ein Papiertaschentuch und sie trocknete ihr Gesicht. Dann lachte sie plötzlich los.

    „Deine Uniform ... das Hemd ist ganz nass ...“, kicherte sie auf seinen verständnislosen Blick. „Armer Mike. Was sollen nur die Leute denken?“

    Verblüfft sah er an sich herab und entdeckte den feuchten Fleck an seiner Schulter. Er fiel in ihr Lachen ein.

    „Das sieht wirklich verdächtig aus“, meinte er und fing an, daran herum zu reiben.

    „Lass, Du machst es nur noch schlimmer. Vielleicht solltest Du einfach noch eine Weile spazieren gehen, damit es trocknen kann.“

    „Gute Idee. In der Sonne geht das vermutlich ziemlich schnell.“

    Er grinste sie an und stand dann auf.

    „Ich lass Dich jetzt lieber wieder allein. Du solltest Dich ausruhen, damit wir Dich bald wieder auf dem Schiff haben. Ach ja, es würde mich nicht wundern, wenn Du ziemlich viel Besuch bekommst, solange wir im Hafen liegen.“

    Fragend sah sie ihn an.

    „Sie haben sich alle nach Dir erkundigt“, erklärte er. „Bomber und Swain werden wohl mit Sicherheit hier auftauchen, von den anderen weiß ich es nicht.“

    „Oh ja, Besuch zu bekommen wäre schön. Es ist ganz schön langweilig hier.“

    Mike nickte.

    „Daran kann ich mich gut erinnern“, bestätigte er grinsend. „Besonders, wenn man noch im Bett bleiben muss.“

    „Du ...?“, setzte sie an, aber er winkte ab.

    „Das erzähl ich Dir ein anderes Mal. Jetzt muss ich Dich leider wieder verlassen.“

    Er beugte sich über sie und gab ihr einen flüchtigen Kuss auf die Stirn.

    „Mach’s gut und sieh zu, dass Du bald wieder auf die Beine kommst. Wir brauchen Dich auf der Hammersley.“

    „Schöne Grüße an die Anderen“, nickte sie und sah ihm nach, als er das Zimmer verließ.

    Mike warf noch einen Blick zurück, als er um die Ecke bog, und wäre dadurch fast mit einem Mann zusammengeprallt, der neben der Tür an der Wand lehnte. Noch bevor er einen überraschten Laut ausstoßen konnte, sah er, wie dieser warnend den Finger an die Lippen legte.

    Gemeinsam gingen sie einige Schritte den Gang hinunter, bevor Mike den anderen leise anherrschte.

    „Buffer, was zum Teufel ...“

    „Ich wollte EJ besuchen, aber als ich hörte, dass jemand bei ihr ist ...“

    „Sie hätten sich wohl nicht einfach bemerkbar machen können?“

    Ernst erwiderte der Bootsmann den aufgebrachten Blick seines Vorgesetzten.

    „Als ich mitbekam, worum es ging, wollte ich nicht stören. Und ... einfach wieder gehen ... konnte ich auch nicht.“

    Dieses Eingeständnis nahm Flynn den Wind aus den Segeln. Es waren weniger die Worte, als die Art und Weise, in der sie vorgebracht wurden.

    „Wie viel haben Sie gehört?“, wollte er wissen.

    „Genug, denke ich“, antwortete Pete.

    Ja, es war genug, um zu wissen, dass er diese Frau für den Rest seines Lebens beschützen wollte vor Kerlen wie ihrem Mann und dem, was dieser ihr angetan hatte. Die Heftigkeit seiner Gefühle hatte ihn erschreckt, als er ihrem Bericht gelauscht hatte. Dennoch war er sich nun völlig sicher, dass dies die Frau war, mit der er zusammen alt werden wollte.

    Mike sah ihn prüfend an. Mit dem klaren Gespür eines Mannes, der sich in der gleichen Situation befand, erkannte er, was den Anderen bewegte.

    „Pete, Sie kennen die Vorschriften?“, fragte er vorsichtig.

    „Ja, Sir, die kenne ich. Die Frage ist allerdings eher: Trauen Sie mir zu, dass ich ebenso professionell damit umgehen kann wie Sie?“, gab Pete zurück.

    Er sah seinem CO offen und ehrlich in die Augen. Mit diesen Worten hatte er zu verstehen gegeben, dass er Bescheid wusste, aber er zeigte gleichzeitig, dass er über sein Wissen Stillschweigen bewahren würde. Stumm maßen sich die beiden Männer und am Ende nickte Mike.

    „Ich verstehe, Pete, und ich halte Sie durchaus für fähig dazu. Aber ich rate Ihnen: Gehen Sie behutsam mit ihr um. Sie ist noch lange nicht so weit.“

    „Das ist mir völlig klar, Sir. Keine Sorge, ich werde sie hüten wie meinen Augapfel. Nur eine Frage noch, Sir: In was für einem Verhältnis stehen Sie zu EJ?“

    Mike musterte sein Gegenüber, der ihn jedoch nur ruhig ansah und keinerlei Eifersucht erkennen ließ.

    „Ich denke, diese Frage steht Ihnen zu“, meinte er dann lächelnd. „Und ich glaube, Sie haben da eine Vermutung, nicht wahr?“

    Abwartend blickte Buffer ihn an.

    „Ich kenne EJ seit ihrer Kindheit“, bekannte Mike schließlich. „Unsere Familien waren Nachbarn, das heißt, ihre Tante, bei der sie aufwuchs, wohnte nebenan. EJ war die beste Freundin meiner Schwester. Ich habe mich immer ein wenig gefühlt, als ob ich auch ihr Bruder wäre.“

    „Das erklärt so einiges“, erwiderte Buffer und lächelte nun ebenfalls. „Es wundert mich nicht, dass Sie so besorgt um sie sind.“

    „Trotzdem konnte ich sie nicht vor Schaden bewahren“, seufzte Mike. „Ich frage mich, ob sie jemals wieder so unbeschwert sein wird wie früher.“

    „Das kann man wohl kaum erwarten, nach allem, was sie erlebt hat“, meinte der Bootsmann nachdenklich. „Aber wir können wenigstens dafür sorgen, dass ihr so etwas nicht noch einmal angetan wird.“

    „Ja, hoffen wir, dass uns zumindest das gelingt.“

    Einvernehmlich nickten sie einander zu und trennten sich schließlich.



    tbc.
    Geändert von Zeson (03.06.2013 um 14:58 Uhr)
    "It is better to have loved and lost than never to have loved at all"

    Möge alles, was Ihr mir wünscht, tausendfach auf Euch zurückfallen.

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