Titel: Hana Aloha
Autor: Nyada
Serie: Stargate Atlantis
Genre: Het, Smut, Romance, Humor
Rating: NC-17
Pairing: John/OC
Staffel/Zeitliche Einordnung: etliche Jahre vor dem Beginn der Serie und vor den Geschehnissen in Afghanistan, denen John Sheppard seine Degradierung und Strafversetzung zu verdanken hat.
Inhalt: Während seines langersehnten Heimaturlaubes auf einer hawaiianischen Insel begegnet Lieutenant Colonel John Sheppard einer jungen Frau, die sich trotz seiner Avancen unnahbar zeigt. Kurz darauf jedoch trifft er ein weiteres Mal auf sie… und wird, ehe er sich versieht, Zeuge des Zaubers der Insel.
Anmerkung(en) der Autorin: Dies ist meine Antwort auf die Erotikchallenge. Nach langem Hin und Her habe ich mich entschlossen, sie nun auch in den offenen Bereich zu stellen. Ich hoffe, sie gefällt euch.
Hana Aloha
by Nyada
„Ich kann es echt nicht glauben, dass Ihr zwei mich dazu überredet habt“, brummte John Sheppard, setzte sich die Sonnenbrille auf seine Nase und wischte sich mit dem Handrücken den Schweiß von der Stirn. Obwohl die Uhr an seinem Handgelenk gerade einmal viertel nach neun am Morgen anzeigte war die Luft schwül und drückend, eine Kombination, die einem im buchstäblichen Sinn den Atem raubte. John fühlte sich schlapp und ausgelaugt und hatte am Morgen, als seine Freunde vor der Tür seines Hotelzimmers gestanden hatten, sein Bett nur unter größtem Protest verlassen. Nach einer viel zu kurzen Nacht stand ihm der Sinn mehr nach einem ruhigen Vormittag im Bett, ehe er sich langsam zum Pool hinunterbegeben würde, nur um dort über der nächstbesten Sonnenliege zu kollabieren und für den Rest des Tages in einem komatösen Zustand vor sich hin zu vegetieren. Sich in einem klapprigen Gefährt, welches seine besten Zeiten deutlich hinter sich hatte, quer über die Insel kutschieren zu lassen, um sich in der sengenden Hitze Maui’s uralte Tempelruinen anzusehen, die als solche kaum noch zu erkennen waren, war sicherlich das Letzte, was John sich unter einem erholsamen Urlaubstag vorstellte, und diese Meinung hatte er vor seinen beiden Freunden standfest vertreten. Wie es schlussendlich dazugekommen war, dass er nun doch einer buntgemischten Touristengruppe angehörte, die von dem Tourguide aus dem alten VW-Bus gekehrt wurde, wusste John nicht. Eines, jedoch, wusste er.
Es war ein Fehler gewesen, Mitchell James und Dexter Flanagan auf diesen langersehnten und hart erarbeiteten Trip mitzunehmen.
„Ich kann’s echt nicht glauben“, wiederholte John daher und bedachte seine beiden Begleiter eines strafenden Blickes. Mitch und Dex mochten zwar seine besten und vielleicht auch einzigen wirklichen Freunde sein, aber er hatte nicht umsonst zwei lange Monate auf die Bewilligung seines Urlaubsantrages gewartet, um sich diesen nun von diesen beiden breitgrinsenden Schwachmaten in ihren Magnum-Gedenkhawaiihemden so verderben zu lassen.
„Versuch’s doch einfach positiv zu sehen, Shep“, meinte Mitch und legte ihm einen Arm um die Schulter. „So lernst Du wenigstens etwas von der Insel kennen.“
„Und liegst nicht nur den ganzen Tag faul am Pool herum“, ergänzte Dex zustimmend nickend und musterte seinen dunkelhaarigen Freund von Kopf bis Fuß. „Mensch, wir sind erst seit zwei Tagen hier und Du siehst schon jetzt aus wie ein Brathähnchen. Willst’ es uns wohl besonders schwer machen, bei den Damen zu landen, was, Shep?“, fügte er zwinkernd hinzu.
„Ich bitte Euch“, erwiderte John augenverdrehend und wand sich unter Mitch’ Arm hervor, „als ob ich das nötig hätte. Ich bin hier, um mich zu entspannen. Im Gegensatz zu Euch, habe ich mir diesen Urlaub verdammt hart erarbeitet.“
„Hey, das haben wir auch“, wand Dex postwendend protestierend ein, „und Du könntest Dich ruhig etwas erkenntlich zeigen, dass wir ein gutes Wort für Dich bei Wallace, dem alten Sklaventreiber, eingelegt haben.“
John zog seinen Rucksack aus dem Kofferraum des Tourbusses und schulterte ihn. „Ich habe Euch nicht darum gebeten“, erinnerte er sie. „Ebenso wenig, wie ich Euch um das hier gebeten habe.“ Sein Blick fiel auf die kleine Gruppe, die sich um den Tourguide, der sich ihnen als Billy Bob vorgestellt hatte, tummelte und den hochgewachsenen Polynesier erwartungsvoll ansah.
„Meine Herren, wenn Sie dann auch soweit wären“, schallte dessen Stimme genau in diesem Moment in die Richtung der Soldaten. John seufzte und folgte der Anweisung des Guides, ihm zu nachzugehen, gehorsam, wenn auch widerwillig, dicht gefolgt von Mitch und Dex, die beide ein breites, verdammt unverschämtes Grinsen auf den Lippen hatten und sich scheinbar köstlich über ihn und seine schlechte Laune amüsierten.
Ja, sagte sich John, schlimmer konnte es nun wirklich nicht mehr kommen.
ooOOoo
Der Urwald, durch den sie mehr oder weniger kämpften, wirkte unwirklich. Die riesigen Bäume ragten teilweise an die fünfzig, sechzig Meter in die Höhe und Schlingpflanzen schlängelten sich an ihren vermoosten Stämmen empor. Lichtstrahlen brachen vereinzelt durch die dicht ineinander verwachsenen Baumkronen und beleuchteten den feuchten Waldboden wie Schweinwerfer, was, zugegeben, ein sehr interessantes Bild abgab, aber dennoch nichts an Johns Stimmung änderte, die in der letzten halben Stunde endgültig auf ihrem Tiefpunkt angekommen war. Seine Schultern schmerzten unter dem Gewicht des Rucksackes und zu allem Überfluss schien es noch schwüler geworden zu sein. An die trockene Hitze Nordafrikas gewöhnt, machten ihm diese feuchtwarmen Temperaturen sichtlich zu schaffen, schnürten ihm die Lungen zusammen und trieben ihm den Schweiß auf die Stirn.
John atmete schwerlich aus und strich sich über sein verschwitztes Gesicht, sah sich dann um. Billy Bob, der sich im Laufe der letzten dreißig Minuten als ein übereifriger, über die Maßen tüchtiger Touristenführer herausgestellt hatte, hatte die Gruppe an einem über und über mit dichtem Moos bedecktem Felsen angehalten, der einmal zu einer Grenzmauer gehört haben sollte, und unterrichtete die, ihm aufmerksam zuhörenden Touristen nun über die Geschichte des Steinbrockens. John hatte es schon vor längerer Zeit aufgegeben, seinen Reden Aufmerksamkeit zu schenken, und musterte stattdessen die anderen Mitglieder seiner Gruppe.
Sich selbst, Mitch und Dex und jene zierliche Blondine eingeschlossen, mit der seine beiden Kameraden sich gerade unterhielten und mehr als offensichtlich versuchten, sie sich gegenseitig streitig zu machen, bestand die Gruppe aus zehn Personen, die unterschiedlicher nicht sein konnten; einem deutschen Pärchen in den Flitterwochen, einem scheinbar nicht altern wollenden Franzosen auf Abenteuerweltreise, einem Trupp von drei Japanern, die jeden Zweig und Stein überschwänglich fotografierten, und einer jungen Frau, die John bisher noch nicht zuordnen konnte und die Billy Bobs fesselnder Ansprache ähnlich viel Aufmerksamkeit zukommen ließ wie er. Während die anderen den Worten des Tourguides gespannt lauschten, entdeckte John sie in nicht allzu großer Entfernung auf einem Felsen sitzen, mit einem aufgeschlagenen Buch auf ihren zusammengepressten Knien.
Sich etwas von der Gruppe absondernd, unterzog John sie einer genaueren Betrachtung und musste recht schnell feststellen, dass es nicht von der Hand zu weisen war, dass sie trotz des, zugegeben, unvorteilhaft fallendem Hemdblusenkleid, welches sie trug, und dem dünnen Hornbrillengestell, das auf ihrem Nasenrücken saß, sehr attraktiv zu sein schien. Ihre langen, dunkelbraunen Haare trug sie am Hinterkopf zu einem strengen Pferdeschwanz gebunden, aus dem sich einige Strähnen gelöst hatten und nun ihr hübsches, überraschend zartes Gesicht umschmeichelten. Als sie merkte, dass man sie beobachtete, lösten sich ihre rehbraunen Augen von den Zeilen des Buches, und sie sah auf.
Ihr Blick traf den seinen, und John lächelte.
„’Krieg und Frieden’“, las er den Titel ihres Buches laut vor, als er auf sie zugeschlendert kam. „Scheint mir, als hätten Sie damit gerechnet, dass dieser Trip langweilig wird.“
„Wie soll ich sagen“, erwiderte die junge Frau und rutschte auf dem Stein ein Stück nach rechts, „ich hatte keine andere Wahl.“
John lächelte. „Willkommen im Club“, sagte er. „Dann nehme ich an, Sie sind beruflich hier?“
„Ich wüsste nicht, warum Sie das etwas angehen sollte“, antwortete die Frau, nachdem sie ihn kurz einer eingehenden Kopf-bis-Fuß-Betrachtung unterzogen hatte, überraschend kühl und blickte durch die dünnen Gläser ihrer Brille misstrauisch zu ihm auf. „Aber falls es Sie wirklich so brennend interessiert- ja, ich bin beruflich hier.“ Damit klappte sie das Buch zu, verstaute es in der bunten Basttasche, die sie schulterte, und erhob sich. „Wenn Sie mich nun entschuldigen würden“, sagte sie und ließ John, ohne ein weiteres Wort zu verlieren, alleine stehen. Verwirrt drehte dieser sich um und sah ihr nach, wobei sein Blick unwillkürlich an ihren langen, nackten Beinen und ihren, von rechts nach links schwingenden Hüften hängen blieb. Sie schloss sich der Gruppe an, die von Billy Bob einen schmalen Pfad entlanggelotst wurde, warf dann jedoch einen kurzen, verstohlenen Blick über ihre Schulter hinweg, sodass John noch einmal in ihre tiefbraunen Augen schauen konnte und sich binnen weniger Sekunden in ihnen verlor.
Ehe ihm bewusst wurde, was geschah, war sie verschwunden und mit ihr auch das seltsame Kribbeln in seiner Magengegend.
„Hey, Shep, kommst Du, oder willst Du den ganzen Tag da rum stehen und Löcher in die Luft starren?“, hörte er schließlich Dex’ Stimme und sah, wie seine beiden Kameraden, die mit der hübschen Blondine das Schlusslicht der Gruppe bildeten, sich zu ihm umgedreht hatten und warteten.
„Ich… ja… okay… Ich komm’ ja schon.“ Er schüttelte mit dem Kopf, schob das Bild der unbekannten Frau beiseite, setzte sich dann in Bewegung und machte sich daran, den verlorenen Anschluss an die Gruppe wieder zu finden.
ooOOoo
„In Ordnung, meine Herrschaften, eine viertel Stunde Pause“, ertönte Billy Bobs tiefe Stimme keine halbe Stunde später, als die Truppe eine Art Rastplatz erreichte, der sich auf einer kleinen Lichtung befand. „Sie können jetzt einen Happen essen und etwas trinken, sich ausruhen oder sich in der Umgebung umsehen.“ Mit seiner prankenartigen Hand über seine Schulter deutend, fügte er hinzu: „In dieser Richtung finden Sie einen wirklich hinreizenden, kleinen Wasserfall, den es zu sehen wirklich lohnt. Aber lassen Sie es sich gesagt sein“, meinte er dann, „der Legende nach, geht von diesem Ort eine besondere Wirkung aus.“
„Was denn für eine Wirkung?“, erkundete sich der alternde französische Playboy, dessen Name Pierre war, wie John inzwischen herausgefunden hatte, in gebrochenem Englisch, tupfte sich mit einem feinen Baumwolltuch den Schweiß von seiner faltenfreien Stirn und sah den polynesischen Tourguide fragend an. Auch die Blicke der anderen Touristen waren nun auf Billy Bob gerichtet und selbst John, der sich nichts sehnlicher wünschte, als seinen, von dem süßlichen Duft der exotischen Pflanzen ganz benebelten Verstand einen Moment einfach nur abschalten zu können, spitzte die Ohren.
„Nun-“ Billy Bob ließ sich auf eine der bereitgestellten Picknickbänke sinken, strich sich sein schulterlanges, schwarzes Haar aus dem Gesicht und fasste es zu einem Pferdeschwanz zusammen- „es ist die Legende des Hana Aloha, eines Zaubers, der jeden befällt, der in Berührung mit dem heiligen Wasser kommt. Man sagt sich, dass sich demjenigen kurz darauf seine oder ihre wahre Liebe offenbart, mit der er oder sie dann ihr Leben lang zusammen sein und sehr, sehr glücklich sein wird.“
„Ein Liebeszauber, nein, wie romantisch“, hörte John Dex murmeln, der neben ihm mit vor der Brust verkreuzten Armen gegen einen Baumstamm lehnte.
„Du warst derjenige, der unbedingt diese Tour machen wollte“, erinnerte er ihn, sich des triezenden Untertons in seiner Stimme durchaus bewusst, worauf Dex eine Grimasse schnitt und einen schwer definierbaren Laut von sich gab.
„Ich hab’s nicht so mit Legenden“, sagte er und stieß sich mit den Ellenbogen von dem Baumstamm weg. „Na, wie dem auch sei, ich werd’ jetzt erstmal nach Mitch sehen, bevor er noch auf die Idee kommt, Blondie etwas von diesem Hakuna Matata-Wasser zu geben.“
„Blondie?“, wiederholte John schmunzelnd. „Oh, Sarge, das klingt, als hättest Du den Kürzeren gezogen.“
Dex kniff die Augen zusammen. „Noch ist der Kampf nicht verloren, Shep, und Du kennst mich.“
„O ja, genau deswegen befürchte ich ja auch das Schlimmste, Dex“, griente John und klopfte seinem Kameraden auf die Schulter. „Aber mach’ Du nur. Auf in den Kampf, Soldat.“ Dex quittierte dies mit einem nicht ganz ernstgemeinten Augenrollen, dann war er verschwunden, und John beschloss, sich ein wenig die Beine zu vertreten, um diesen Tag wenigstens etwas auf seine Weise genießen zu können. Er deponierte den Rucksack hinter einem Farngewächs und machte sich dann, nachdem er sich noch einmal vergewissert hatte, dass Mitch und Dex den Kampf um die Frau mit fairen Mitteln durchzogen, auf, um die Umgebung zu erkunden.
Nach seinem mehrmonatigen Aufenthalt in Afghanistan brauchte es nicht viel, um John Sheppard zu beeindrucken, und es war, zugegeben, eine durchaus willkommene Abwechselung nach so langer Zeit etwas anderes als Sand und Wüste zu sehen. Die Schönheit seiner Umgebung bestaunend, folgte John einem kleinen, schmalen Trampelpfad, der ihn immer tiefer in das dichter werdende Unterholz führte. An manchen Stellen hatten immense Sträucher mit ebenso großen Blüten den Pfad bereits überwuchert, und John musste sich unter, von den Bäumen herabhängenden Lianen hindurchbücken. Ein unbeschreiblich süßer Duft stieg ihm in die Nase, der von den exotischen Blumen mit ihren großen Blüten zu kommen schien, die in den buntesten und sattesten Farben schimmerten, die John gesehen hatte.
Ganz in der Nähe hörte er ein leises Plätschern, und allein die Vorstellung, sich bei dieser unmenschlichen Hitze etwas Abkühlung zu verschaffen, ließ John schneller durch die Vegetation staksen. Er bahnte sich seinen Weg durch das dichte Gewächs, bis sich dieses lichtete und sich John am Uferbett eines kleinen Baches wiederfand, der von einem Wasserfall gespeist wurde. Der Soldat blieb stehen, blickte an dem tosenden Wasserfall hinauf und glaubte zu verstehen, warum man diesem Ort so etwas wie magische Kräfte nachsagte; die Schönheit dieses oasengleichen Ortes, der von hohen Bäumen umgeben war, die angenehmen Schatten spendeten, war schwer in Worte zu fassen.
John näherte sich dem Flussbett und ging in die Knie; das kühle Nass glitzerte verlockend und so fing John etwas in seiner hohlen Hand auf, führte diese an seine dürstenden Lippen und trank. Hana Aloha hin oder her, er war kein besonders abergläubischer Mensch, also trank er, bis sein Durst gestillt war, richtete sich dann auf und suchte im Schatten einer der Bäume Schutz vor der Hitze. Mit einem tiefen, zufriedenen Seufzer ließ er sich auf seine Handflächen sinken und lehnte sich mit dem Rücken gegen den knorrigen Baumstamm zurück. Die Wanderung durch Maui’s dichten Urwald zeigte ihre Wirkung, und schon bald merkte John, wie die Müdigkeit ihn zu übermannen drohte, und ehe er wusste, wie ihm geschah, schlossen sich seine Augen. Er glitt in eine Art Dämmerzustand…
… aus dem er jedoch wenige Augenblicke später wieder hochfuhr, als ganz in der Nähe ein Rascheln ertönte.
„Hallo?“ John setzte sich auf, zu schnell für seinen von der Hitze vernebelten Verstand, wie sich zeigte. Ein leichter Schwindel überkam ihn und er blinzelte leicht benommen. „Mitch? Dex?“ Er erhielt keine Antwort, hörte stattdessen leichte Schritte, die sich ihm zu nähern schienen. „Hey, Jungs“, sagte er und versuchte sich aufzurappeln, „geht’s schon weiter?“
„Nein, tut es nicht. Wir haben alle Zeit der Welt, John“, erklang es auf einmal zu seiner Rechten, und John wandte seinen Kopf in die Richtung, aus der die weibliche Stimme gekommen war, und sah sie über die Lichtung auf sich zukommen. Zu seiner eigenen Überraschung empfand er keinerlei Verwunderung, sie zu sehen; er saß still, gegen den Baumstamm gelehnt, und musterte sie, sah ihr entgegen. Sie hatte den Pferdeschwanz gelöst und ihr langes, dunkles Haar umrahmte ihr Gesicht, welches ohne das derbe Brillengestell zart und sehr weiblich wirkte.
„Ich hatte mir gedacht, dass ich Dich hier finde“, sagte sie und blieb unmittelbar vor ihm stehen, sodass John den Kopf in den Nacken legen musste, um zu ihr aufsehen zu können. Jetzt, wo sie über ihm stand und ihre vollen Lippen sich zu einem verführerischen Lächeln verzogen hatten, überkam in doch ein seltsames Gefühl, und er blickte sich rasch nach allen Seiten um, worauf sie leise lachte.
„Wir sind allein, John“, gurrte sie. „Niemand weiß, dass wir hier sind.“ Sie kniete vor ihm nieder, nahm sein Gesicht in ihre Hände und wiederholte: „Wir sind allein. Es gibt nur Dich und mich.“
„Nur Dich und mich“, echote John und schluckte. Seine Kehle fühlte sich auf einmal trocken und staubig an, und er blickte zum Bach herüber, schluckte dann erneut und sah die vor ihm kniende Frau an. „Du... Du bist nicht real, richtig?“, flüsterte er. „Du… Du kannst es nicht sein.“
Spoiler
Die Augen schließend, ließ er mit einem wohligen Seufzen auf den Waldboden zurückfallen, schlang dabei die Arme um ihre Hüfte, um sie mit sich, gegen seinen bebenden Brustkorb zu ziehen, doch sie wehrte sich.
„John?“, hörte er ihre liebliche Stimme erklingen.
„Ja?“, antwortete er; seine Stimme war von den eiskalten Schauern, die noch immer durch seinen Körper strömten, angeraut.
„John?“, ertönte ihre Stimme erneut, klang dieses Mal jedoch weiter entfernt, weswegen der Angesprochene die Augen öffnete. „John?“ Ihre Miene war ausdruckslos und leer, und ihre Züge begannen zu verschwimmen. Ihr vor Leidenschaft glühendes Gesicht verschwand direkt vor seinen Augen, fast so, als löse sie sich in Luft auf. Dennoch hörte er ihre Stimme, die ihn immer und immer wieder rief.
„Nein. Nein, warte!“ Er versuchte sie zu halten, doch sie entschwand seinen Armen immer mehr. „Warte!“, rief er erneut. Seine Leidenschaft, sein Verlangen, seine Lust- alles ward vergessen, er versuchte nur, sie bei sich zu behalten, jedoch ohne Erfolg; sie löste sich vor seinen Augen in Luft auf, und er blieb mit leeren Armen zurück.
„JOHN? Verdammt, wo steckst Du, Mann?“, erklang die Stimme, dieses Mal ganz in seiner Nähe, und der Soldat fuhr hoch. Sein Herz wummerte wie verrückt gegen sein Brustbein, als er sich aufsetzte und verwirrt umsah. Im ersten Moment wusste er nicht, wo er war, dann dämmerte es ihm und er blickte an sich herab. Vollkommen bekleidet schaffte er es im letzten Moment sich so zu postieren, dass die verräterische Ausbuchtung in seiner Hose so verborgen lag, dass Mitch und Dex, die in diesem Moment mit besorgter Miene aus dem Unterholz hervortraten, sie nicht sofort zu Gesicht bekamen.
„Mensch, Shep“, rief Dex aus, als er seinen Kameraden entdeckte. „Verdammt, wo hast Du denn bloß gesteckt? Wir haben uns Sorgen gemacht.“
„Alles in Ordnung?“, erkundigte sich Mitch, als er den desolaten Zustand seines Freundes bemerkte.
„Jaja, alles in Ordnung“, antwortete John mit brüchiger Stimme, wenngleich er nicht wusste, ob dies wirklich der Wahrheit entsprach. „Ich… Ich muss wohl… eingeschlafen sein.“
„Bist Du sicher, dass alles in Ordnung ist?“, hakte Dex nach. „Du siehst ziemlich mitgenommen aus, Mann. Hast wohl schlecht geträumt, was?“
„Nein“, erwiderte John augenblicklich und sah sich um. Obwohl nichts darauf hindeutete, dass die geheimnisvolle Frau auch nur eine Sekunde hier gewesen war, fühlte er ihr sich auf merkwürdige Art und Weise nahe, und für einen Augenblick war es ihm, als spürte er ihre Gegenwart, als hörte er ihr Lachen, als roch er ihr Parfüm.
„Nein“, wiederholte er aus diesem Grund und fasste den rauschenden Wasserfall ins Auge, „ich habe nicht schlecht geträumt. Im Gegenteil.“
ooOOoo
Der letzte Abend ihres Aufenthaltes war gekommen, und Mitch und Dex hatten es wieder irgendwie geschafft, ihn aus seinem Hotelzimmer mit Ausblick hinunter in die hiesige Hotelbar zu schleppen, wo die beiden sich relativ schnell aus dem Staub gemacht und John allein mit seinem Drink am Bartresen zurückgelassen hatten- nicht, dass es ihn störte, seinen Urlaub ohne die beiden Chaoten an seiner Seite ausklingen zu lassen. Er schätzte Mitch und Dex als seine Freunde, konnte aber auch ohne die beiden, und genau jetzt, in diesem Moment wollte er die letzte Woche noch einmal in aller Ruhe für sich allein Revue passieren lassen.
Ereignisreiche Tage lagen hinter ihm, und wie sooft wanderten seine Gedanken zu jenem Ereignis an den Wasserfällen zurück. Seit Tagen wollte ihm dieser Traum- War es wirklich ein Traum gewesen?- nicht mehr aus dem Kopf gehen und er hatte sich selbst dabei erwischt, wie er unwillkürlich begonnen hatte, sich nach der fremden, geheimnisvollen Frau umzusehen, doch bis heute hatte er sie nicht wiedergesehen. Zwischenzeitlich hatte er sogar befürchtet, sie sei bereits abgereist; Panik hatte sich zu diesem Zeitpunkt in ihm breitgemacht, obschon John nicht einmal wusste warum. Es war ein alberner Traum gewesen, der absolut nichts zu bedeuten und ihn stattdessen in eine unangenehme Lage gebracht hatte. Mit neunundzwanzig Jahren war er eindeutig zu alt für Träume solcher Art, dennoch verschaffte ihm die Erinnerung daran noch immer Gänsehaut. Tief in seinem Inneren wollte er nicht glauben, dass das Ganze nichts zu bedeuten hatte, was wohl auch der Grund dafür war, dass er sich noch immer nach dieser Frau umsah und tiefe Enttäuschung empfand, da es ihm bis heute trotz allem nicht gelungen war, sie aufzuspüren.
Seufzend blickte John auf das Glas zwischen seinen beiden Handflächen hinab. Es würde alles beim Alten bleiben; morgen würde es zurück in die Staaten gehen und von dort aus zurück nach Afghanistan, wo er jeden Tag aufs Neue sein Leben riskieren würde. Es würde sich nichts ändern, Traum hin oder her. Das Schicksal hatte scheinbar beschlossen, dieses Mal nicht zu zuschlagen, und das Leben ging weiter.
„Entschuldigen Sie bitte-“ Eine sanfte, ihm auf eine merkwürdige Art und Weise so vertraute Stimme erklang hinter ihm und riss John aus den Gedanken-„ist dieser Platz noch frei?“
„Na klar“, sagte John, warf einen kurzen Blick über seine Schulter… und erstarrte, als er sah, wer ihn angesprochen hatte. Sein Atem setzte aus und sein Herz ebenfalls, als er in jene braunen Augen sah, in denen er sich vor wenigen Tagen so hoffnungslos verloren hatte. „Ja… er ist… frei“, brachte er hervor und beobachtete, wie sich die junge Frau mit einem scheuen Lächeln auf den Barhocker neben ihm setzte. Wie auch bei ihrer ersten, etwas frostigen Begegnung trug sie ihr langes Haar zu einem Pferdeschwanz gebunden und versteckte ihre rehbraunen Augen hinter diesem Hornbrillengestell, dennoch war John vom ersten Moment an hingerissen und konnte den Blick nicht von ihr abwenden. Sie hatte wieder ihr Buch dabei, welches sie aufschlug kaum, dass sie sich gesetzt hatte; zu lesen begann sie jedoch nicht, denn sie blickte auf, als sie merkte, dass John sie beobachtete.
„Bin ich wirklich so interessant?“, fragte sie, worauf John mit dem Kopf schüttelte, um seine Gedanken zu ordnen. Verwirrt sah er sie an.
„Ähem, wie bitte?“
„Bin ich wirklich so interessant, dass Sie mich die ganze Zeit über anstarren müssen?“, wiederholte sie ihre Frage.
„Ist es Ihnen unangenehm, wenn ich Sie ‚anstarre’?“, wollte John wissen und hoffte inständig, dass ihre Antwort ‚Nein’ lautete, denn er konnte es sich nicht vorstellen, dieses zauberhafte Wesen auch nur eine Sekunde aus den Augen zu lassen.
„Nun ja“, meinte sie, „es ist schon irgendwie… merkwürdig.“ Ein scheues Lächeln umspielte ihre fein definierten Mundwinkel. „Ich kenne Sie nicht einmal, und Sie starren mich an.“
„Nun-“ John versuchte seine eigene Nervosität mit einem Lächeln zu überspielen- „es ist nur so, dass Sie mich an jemanden erinnern. Deswegen ‚starre’ ich Sie wahrscheinlich an.“
„Ich erinnere Sie an jemanden?“, echote sie, und John nickte. „Ich hoffe, nur an jemand Gutes.“
„O, glauben Sie mir, wenn ich Ihnen sage, dass Sie mich an jemand sehr Gutes erinnern“, lächelte er. „Aber, entschuldigen Sie bitte meine Unhöflichkeit.“ Er streckte ihr seine Hand entgegen, die sie nach kurzem Zögern ergriff und schüttelte. „Normalerweise versuche ich einen besseren ersten Eindruck zu machen. Hallo, ich bin John.“
„Sehr erfreut Sie kennenzulernen, John.“ Die Augen seines Gegenübers begannen zu strahlen, und ihre Stimme nahm einen butterweichen Klang an, als sie verkündete: „Ich heiße Nancy.“
„Nancy“, wiederholte John und begann zu lächeln. Der Name passte perfekt zu ihr und perlte ihm so überraschend leicht über die Lippen, dass er ihn am liebsten immer und immer wieder ausgesprochen hätte. Ein warmes Gefühl durchfuhr ihn, als Nancy sein Lächeln erwiderte.
„Sie tun es schon wieder“, sagte sie. „Sie starren mich schon wieder an.“
„Tut mir leid, aber ich kann nichts anders“, brach es aus John hervor, aber zu seiner Überraschung bedauerte kein einzelnes Wort. „Es ist nur so…“ Seine Stimme versagte, und er räusperte sich. „Ihre Ähnlichkeit ist so… verblüffend, wow“, meinte er, worauf die ihm gegenübersitzende Frau errötete, kokett die Augen senkte und Johns Herz aufs Neue erwärmte.
„Darf ich Sie zu einem Drink einladen, Nancy?“, fragte er sie und zu seiner Überraschung willigte sie ein.
„Sehr gerne, John“, erwiderte sie lächelnd, wobei sie ihm eine Reihe perlweißer Zähne präsentierte. „Ich denke, nachdem ich so fürchterlich zu Ihnen war, ist das das Mindeste, was ich tun kann, um es wieder gutzumachen.“
„Glauben Sie mir“, grinste John und winkte den Barkeeper heran, „Sie waren alles andere als fürchterlich zu mir.“ Er wartete, bis Nancy ihr bestellter Drink gereicht wurde, hob dann sein eigenes Glas und prostete ihr zu. „Auf einen schönen Abend“, sagte er.
„Auf einen schönen Abend“, wiederholte sie, führte das Glas an ihre Lippen und nippte an ihrem Drink. Sehnsuchtsvoll fiel Johns Blick auf einen einzelnen Tropfen, der an ihrer Oberlippe hängen blieb, doch er ermahnte sich selbst zur Geduld. Der Abend war noch jung, wer wusste, was er noch bringen würde.
„Nancy“, sagte er schließlich, stellte das Glas ab und fasste sie ins Auge, „haben Sie eigentlich schon einmal etwas von dem Hana Aloha gehört?“
Ende
* Hana Aloha: hawaiianisch für ‚Liebeszauber’