Titel: Ein Stück Heimat in der Fremde, ein Fest der Zuversicht
Serie: SGA, Staffel 1
Autor: Kris
Genre: Drama, Allgemein
Charaktere: Carson, Teyla, Halling
Rating: G
Anmerkung: Es liegt an meiner eigenen Familiengeschichte, dass ich es nicht so mit den lustigen Weihnachtsgeschichten und der Spielerei mit den modernen Bräuchen habe, da ich schon seit dem Teenager-Alter eigentlich nicht mehr Weihnachten mit und in der Familie gefeiert habe und seit gut fünfzehn Jahren die Feiertage eher alleine verbringe.
Daher beschäftige ich mich in meinen Geschichten doch meistens eher mit der spirituellen Bedeutung des Festes, dem mythischen Überbau und dem historischen bzw. kulturell unterschiedlichem Brauchtum, soweit ich ihn auch aus anderen Religionen kenne. Und dann kommen solche Geschichten wie diese heraus, obwohl oder weil ich eigentlich keine Kirchenchristin bin.
Ob euch diese kleine Geschichte gefällt, müsst ihr selbst entscheiden, sie ist sicherlich nicht nach jedem Geschmack, aber ich hoffe, sie trägt auch einen Funken Weihnacht in sich. (oder Wintersonnenwende, oder Jul-Fest, wie ihr wollt).
Dies ist jedenfalls mein Beitrag zur Weihnachts-Challenge.
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„Entschuldigung, darf ich mal vorbei?“ Ein junger Marine hastete mit einer schweren Kiste an ihnen vorbei, aus der es verdächtig nach Gebäck roch.
Wieder einmal blickten Teyla und Halling sich irritiert an, als sie darauf warteten, dass jemand die Zeit dazu fand, sie mit den Waren, die für die Athosianer bestimmt waren, zum Festland zu bringen. Der weitaus größere Teil dessen, was sie eingetauscht hatten, war für die Menschen von der Erde bestimmt gewesen.
Wie schon bei der Ankunft hatten sie wieder genug Zeit, sich das bunte Treiben in den Gängen und Hallen anzusehen und sich zu wundern. Denn auch wenn der Schatten der Bedrohung düsterer denn je über ihnen lag, benahmen sich die Fremden, die behaupteten aus einer anderen Galaxie zu stammen, sehr seltsam.
Die beiden Athosianer beobachteten zum wiederholten Male, wie zwei Männer einen weiteren Nadelbaum vom Festland aufstellten, der dann von zwei Frauen mit roten Bändern und Sternen aus Stroh und anderen Dingen geschmückt wurden. Andere dekorierten Zweige um die Geländer der Treppen oder die Simse und Fenster.
Nun wusste Teyla auch, welchem Zweck der Schwung an Kerzen und Schälchen dienen sollte, die sich die Menschen erst vor ein paar Tagen von ihrem Volk erbeten und gut bezahlt hatten.
Den eigentlichen Grund für dieses Treiben hatten sie allerdings immer noch nicht heraus bekommen, sie konnten ihn nur erahnen.
Halling schmunzelte als er eine der Botanikerinnen mit einem sorgfältig gebundenen Kranz aus Nadelzweigen und Zapfen vorbei laufen sah. Die blonde Frau behandelte das Geflecht so vorsichtig wie eines ihrer Instrumente.
„Dieses Fest muss eine ganz besondere Bedeutung für sie haben, sonst würden sie nicht alle so aufgedreht sein“, bemerkte er als sie schließlich einen Moment alleine waren. „Major Sheppard hat Jinto gegenüber etwas von geschmückten Bäumen, vielem und gutem Essen, aber auch Geschenken erwähnt.“
„Warum sollen diese Menschen hier ohne Glauben sein?“, erwiderte Teyla nachdenklich, obwohl sie sich diese Frage in den vergangenen Monaten schon das ein oder andere Mal gestellt hatte. „Sie sind vielleicht technisch etwas weiter als wir, aber sie haben genau die gleichen Ängste, Sorgen und Gefühle wie wir. Sie sind trotz allem Menschen.“ Sie lächelte. „Vielleicht ist es ein alter Ernte- oder Jahresendbrauch, den sie aus ihrer Heimat mitgebracht haben.“
Im nächsten Moment zog sie eine Augenbraue hoch, denn eigentlich war ihr nun etwas anderes bewusst geworden. „Ich denke, wir werden aus der ganzen Sache letztendlich nur klug, wenn wir uns genauer danach erkundigen, was es mit dem ganzen Durcheinander hier auf sich hat.“
Sie verstummte, als sie entdeckte, dass Carson Beckett auf sie zukam. Der Arzt schleppte ziemlich angestrengt eine größere Tasche mit sich.
„So, da bin ich endlich“, sagte er atemlos. „Ich möchte mich dafür entschuldigen, dass ich so spät komme, aber ich wollte unbedingt noch etwas aus der Küche abholen.“ Dabei strahlte er in sichtlicher Vorfreude über das ganze Gesicht.
Halling und Teyla sahen sich nur an. Da lag wieder dieser ganz bestimmte, verzückte Glanz, im Gesicht des Mannes, den sie auch schon bei den meisten anderen gesehen hatten, die mit den Vorbereitungen für ihr Festes beschäftigt waren.
Es war wirklich an der Zeit, einmal nachzuhaken, was da eigentlich vor sich ging, um die Menschen von der Erde endlich zu verstehen.
Halling erleichterte ihr die Vorbereitung auf die entscheidende Frage, in dem er dem Arzt einfach die schwere Last abnahm und die Treppen hinauf in die Landebucht der Puddlejumper trug.
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Der Flug zum Festland dauerte schon eine ganze Weile. Anders als Major Sheppard musste sich Carson Beckett allerdings mehr auf die Konsolen konzentrieren und flog wesentlich langsamer als der Pilot.
Deshalb wartete Teyla geduldig, und beobachtete die verblassenden Sterne am immer heller werdenden Horizont, bis der Arzt so sicher flog, dass sie es gefahrlos wagen konnte, ihn anzusprechen. „Carson, Sie bleiben doch noch und teilen mit uns das Morgenmahl, oder müssen Sie schon wieder zurück.“
„Aye, nein, so dringend werde ich nicht zurück erwartet, und ich nehme die Einladung gerne an, da ich heute keine Pflichten in der Krankenstation mehr habe“, antwortete er entspannt.
Gut, dann konnte sie endlich die Frage zu stellen, die ihr schon so lange auf der Zunge brannte. „Das freut uns sehr ... und da ist noch was, was ich fragen möchte: Was hat es eigentlich mit diesem Weihnachten auf sich?“
Wieder tauchte dieser versonnene Blick auf dem Gesicht des Arztes auf. „Aye, nun, wir feiern die Geburt von Gottes Sohn. Des Erlösers ...“
Dann hielt er unvermittelt inne und lächelte verlegen, nur um zu einer besseren Erklärung auszuholen, weil er ganz offensichtlich aus den Augen bemerkt hatte, dass Teyla die Stirn in Falten legte.
„Viele aus unserer Expedition folgen einer Religion an, die man das Christentum nennt. Unser Glaube begründet sich vor allem darauf, dass Gott – das höhere Wesen unserer Religion“ seinen Sohn auf die Erde geschickt hat, um von unseren Sünden zu befreien, aber auch den rechten Weg zu lehren und Frieden auf Erden zu bringen.“ Er hielt einen Moment inne und lächelte traurig. „... etwas, was die Ideale der menschlichen Natur ist, nach denen wir seit vielen Generationen streben, was aber nie so ganz gelingen will.“
Dann schwieg er und schien zu überlegen, was er noch sagen konnte.
„Aber dieses Fest wurde in anderer Form schon gefeiert, als es den christlichen Glauben nicht noch gab. In meiner Heimat und den nordischen Ländern feierte man zur Wintersonnenwende die Jul-Nacht, in der die Menschen gemeinsam feierten, um mit Fröhlichkeit, Frieden und Mut die finsteren Geister der Raunächte von ihren Lieben, ihren Heimen und sich selbst fernzuhalten.“
Er sah Teyla aufmerksam an.
„Viel von jenem Brauchtum ist sogar bis in unsere Zeit erhalten geblieben oder in den letzten Generationen wieder neu aufgegriffen worden, wie etwa die geschmückten Bäume, die Kerzen und die Tannenzweige. Im Grunde drückt auch unsere heutige Form des Feierns aus, dass das Licht in unseren Herzen auch in der Dunkelheit nicht erlöschen wird, ebenso wie der Funke der Hoffnung und der feste Glauben an Frieden, Glück und Freundschaft.“
Er wurde nachdenklich und seufzte.
„Ich muss zugeben, dass viele Menschen auf der Erde bei all der Geschäftemacherei inzwischen die eigentliche Bedeutung von Weihnachten vergessen haben und nur noch auf die materielle Seite blicken, aber gerade jetzt und hier - für uns in der Fremde ist Weihnachten ein Stück Heimat- Es gibt uns den Mut und die Kraft, die kommende Zeit durchzustehen.“
Teyla nickte, denn sie wusste genau, was der Arzt damit sagen wollte. Schließlich war auch sie dabei gewesen, als die gerade in aktiven betrieb genommenen Langreichweiten-Sensoren von Atlantis das drohende Unheil entdeckt hatten – die drei Hive-Schiffe, die unablässig näher kamen und in weniger als zweieinhalb Wochen die ungeschützte Stadt erreichen würden.
Doch es war Halling, der etwas dazu sagte. „Ohne den Glauben an das Licht kann niemand die Dunkelheit überstehen.“ Seine Stimme klang tief beeindruckt. Teyla wunderte das nicht, denn der große bärtige Mann war immer schon das spirituelle Herz der Athosianer gewesen. „Dann tut ihr recht daran es zu feiern“, drückte er mit Freude das aus, was er fühlte. Ein sanftes, warmes Lächeln spielte um seine Lippen.
„Aye, deshalb habe ich auch etwas mitgenommen, um diese Freude mit euch zu teilen und es denen zu erklären, die davon hören mögen. Und ich mag es, die Kleinen zu beschenken, denn der strahlende Glanz von Kinderaugen lässt den Stern in unseren Herzen noch mehr aufleichten“ Carson Beckett warf kurz einen Blick auf Halling, der hinter Teyla saß. Und in diesem Moment steckte sein verschmitztes Lächeln den Athosianer gänzlich an.
Und auch Teyla spürte Wärme und Ruhe in sich aufsteigen. Sie musste unwillkürlich an Worte ihrer weisen Lehrmeisterin Charin denken.
Vergesst eines nie, meine Kinder: So lange die Menschen dazu fähig sind, in schlichter Freude Feste des Lichtes, der Hoffnung und Zuversicht zu feiern, dann werden sie nicht verloren sein. Erst wenn sie diese Gabe verlieren, wird der Stern in ihrem Herzen verlöschen, der die Dunkelheit fern zu halten vermag.
Dann aber sind sie gänzlich verloren und werden mit Haut und Haar auf immer und ewig den bösen Geistern ihrer Ängste und Sorgen verfallen und eine leichte Beute für die sein, die nicht nur nach dem letzten Rest ihrer Lebenskraft sondern auch ihrer Seele gieren.
Ein erster Sonnenstrahl fiel in diesem Moment in ihre Augen und schreckte sie aus ihren Gedanken. Nun spürte sie auch Hallings Hand auf ihrer Schulter. Und sein fester Griff verriet ihr, dass er an das Gleiche gedacht haben musste, wie sie.
Wieder hatten sich die Menschen von der Erde als würdige und vertrauenswerte Verbündete erwiesen – als Hoffnungsträger für die Bewohner der Planeten, die schon so lange unter den Wraith gelitten hatten, weil sie selbst noch stark genug glaubten, um das Licht der Hoffnung und Zuversicht unter diesen Sternen neu zu entzünden.
Ende