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Thema: Zwischen den Fronten (AU, apocafic - Lorne, Cadman) [NC-17]

  1. #1
    Kriegsfachkraft a.D. Avatar von RowenaR
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    Standard Zwischen den Fronten (AU, apocafic - Lorne, Cadman) [NC-17]

    Weil mir gerade langweilig ist und Am17 mich schon gefragt hat:

    Titel: Zwischen den Fronten: Statt Glas nur Scherben (1/8)
    Autor: icke (also, meine Wenigkeit)
    Serie: Stargate: Atlantis
    Genre: Drama
    Charakter/Pairings: Lorne, Cadman, Lorne/Cadman
    Rating (inkl. Warnungen wie CD, Slash etc., falls noetig): R (AU, apocafic, off-screen Charaktertod (Charaktertod? Is das überhaupt n Wort?))
    Staffel/Spoiler: Alles bis zum Ende der dritten Staffel, ab da AU
    Anmerkung des Autors: Ich weiß immer noch nicht, wo das herkam, aber an allen weiteren Teilen ist jemand anders Schuld. Ja.
    Kurzinhalt: Apocafic/AU - Atlantis musste gegen die Replikatoren den Kürzeren ziehen und die Erde hat die Pegasus-Galaxie aufgegeben... und die Besatzung von Atlantis, unter anderem auch Evan Lorne und Laura Cadman.

    Statt Glas nur Scherben

    "Sieh dort, Marie, das leere Bett,
    Der Spiegel unsrer großen Zeit.
    Ab morgen gibt’s statt Glas nur Scherben.
    Komm her und schenk uns noch mal ein,
    Den letzten Schluck vom letzten Wein,
    Marie, die Welt beginnt zu sterben.“

    Hartz & Kaczmarek, „Die weißen Tauben sind müde“

    So hat er sich seinen Tod wirklich nicht vorgestellt. Na gut, eigentlich hat er sich seinen Tod gar nicht vorgestellt. Hatte was damit zu tun, dass er Soldat ist und auf einem Stützpunkt wie Atlantis stationiert war. Aber die Replikatoren haben Atlantis übernommen, nur um damit in die Luft gejagt zu werden, weil Dr. Weir es geschafft hatte, den Selbstzerstörungsmechanismus zu aktivieren… auf Kosten ihres eigenen Lebens.

    Bevor sie die Stadt aufgegeben haben, hatte sie den Evakuierungsbefehl gegeben und sie waren in mehreren Wellen auf die ersten Planeten, die ihnen eingefallen waren geflohen. Der Plan war gewesen, von da aus die Apollo oder die Daedalus zu kontaktieren, aber… das hatten sie nie geschafft, weil beide Schiffe zerstört worden waren… und plötzlich war er gestrandet, zusammen mit einem Dutzend Marines, ein paar Airmen und einem Haufen Zivilisten.

    Radek Zelenka war dabei gewesen und Miko Kusanagi, Theresa Cole, Laura Cadman… aber jetzt, nach einem Jahr auf der Flucht, ist ihre Gruppe auf sechs Leute zusammengeschrumpft. Sie haben Radek und drei Marines verloren, als sie versuchten, von einem Planeten zu entkommen, der mal eine Wraith-Festung gewesen war, jetzt aber von den Replikatoren gehalten wird. Und dann Captain Espinoza, der sich selber geopfert hat, um es ihnen zu ermöglichen, von so einem vulkanischen Höllenloch zu entkommen… was sie immer noch vier weitere Leute gekostet hat.

    So viele… und es war so sinnlos, trotz ihres verzweifelten Wunsches, am Leben zu bleiben in einer Galaxie, die ihnen mal wie ein Zuhause erschienen war, aber doch etwas ganz anderes war, jetzt da ihnen die Sicherheit von Atlantis fehlte. Das und die unmögliche Hoffnung, dass sie es irgendwie, irgendwann doch wieder nach hause schaffen würden, in die Milchstraße.

    Aber das haben sie bis jetzt nicht getan und so, wie es aussieht… werden sie das auch nie. Im Moment… sitzen sie in einem von den Genii aufgegebenen Bunker. Sie hatten gedacht, dass es das perfekte Versteck war, jedenfalls so lange, wie die radioaktive Reststrahlung sie nicht ernsthaft schädigen würde… aber sie hatten nicht mit den I’kkai gerechnet, einer der Söldnereinheiten, die Replikatoren auf alle angesetzt haben, die den Frieden gefährden - ihre Definition von Frieden.

    Miko Kusanagi, die sie zu ihrer Kundschafterin gemacht haben, nachdem sie sie alle immer wieder mit ihrem Mut und ihrer Fähigkeit, sich mehr oder weniger unsichtbar zu machen, beeindruckt hatte, ist gestern hinausgeschlichen und hat gesehen, wie die Söldner sich auf ihre Position zu bewegt haben. Sie hatte es wieder hinein geschafft, bevor sie sie gesehen haben, aber sie hatten wahrscheinlich sowieso gewusst, wo sie zu finden waren. Also ist alles, was jetzt noch übrig ist… die Entscheidung, ob sie hier drin oder da draußen sterben werden.

    „Weißt du“, hört er plötzlich eine Stimme neben sich und sieht hoch, um zu sehen wie Cadman sich neben ihn setzt, „was ich echt vermisse?“

    Er sieht in ihr Gesicht und im Halbdunkel des flackernden Neonlichts lässt sie die zerfurchte Narbe, die sich von ihrem rechten Kiefer zur linken Stirnseite einmal quer über ihr Gesicht zieht und nur ganz knapp ihr linkes Auge verfehlt, härter aussehen, als sie ist. Es lässt das schiefe Grinsen auch fast wie ein höhnisches Grinsen aussehen, aber er kennt sie gut genug, um sich nicht davon irritieren zu lassen. Er seufzt. „Schokolade?“

    Es bringt sie zum Lachen – sogar echt, ohne resignierten Unterton – und dazu, ihm einen Stoß in die Schulter zu verpassen. „Nein… C4.“ Klar. Natürlich würde sie das sagen. Sie haben ihr letztes Bisschen – ein paar Pakete, die sie in einer Waffenkiste gefunden haben, die die Expedition vor drei Jahren versteckt hatte – schon vor Wochen aufgebraucht und seitdem haben sie absolut nichts mehr übrig. Cadman hatte versucht, einen Ersatz herzustellen – mehrfach sogar – aber oh nein, dieser Marine ist nur mit dem Besten vom Besten zufrieden zu stellen… wie ihr sehnsuchtsvolles Seufzen beweist.

    Es gibt so viele Dinge, die er jetzt gerne tun würde, aber letztendlich versucht er, einen auf cool zu machen, wie er es getan hat, seit sie gestrandet waren und er irgendwie als Anführer der Gruppe geendet hatte. „Man kann nicht alle Probleme damit lösen, weißt du?“

    Ihre Schulter stößt an seine, als sie noch mal sehnsuchtsvoll seufzt. „Nein, kann man nicht.“ Noch etwas mehr Bewegung neben ihm und dann… „Aber vielleicht wird es das lösen, das wir gerade haben.“ Was zum… Er sieht sie wieder an und sie wedelt mit einem… Packet C4. Wie…? „Cool, was? Ich hab es geschafft, zwei Packs von der letzten Fuhre zu retten. Für schlechte Zeiten und so.“

    Ihre Augen… ihre Augen blitzen und wieder erstaunt es ihn, wie sie immer noch so sehr sie selbst sein kann nach allem, was sie durchgemacht haben. Jeder von ihnen hat sich verändert – ist härter geworden und zynischer – und sie hat das auch, aber… im Kern ist sie immer noch dieselbe.

    Unter den Narben und den kurzen Haaren und der Stimme, die rau geworden ist vom Befehle schreien ist sie immer noch die gute alte Cadman. Immer noch scharf auf Explosionen, immer noch frech, immer noch… durchgeknallt. Und sie hält immer noch das Team zusammen.

    Und weil es ihn immer aufmuntert, wenn sie so tut, als seien sie nur auf einem Einsatz und würden in ein paar Stunden nach Atlantis zurückkehren, sicher und gesund und ohne eine andere Sorge als die Frage, was es wohl beim nächsten Filmabend zu sehen geben wird, schafft er ein kleines Grinsen. „Du bist unverbesserlich.“

    „Komm schon, du weißt, dass du mich liebst“, sagt sie und grinst wieder… aber diesmal glaubt er, ein Flackern in ihren Augen gesehen zu haben… ein Hauch von Angst… oder vielleicht war das auch nur das Licht.

    Er seufzt und versucht, es leichtherzig klingen zu lassen, selbst obwohl der Plan, der sich langsam in seinem Kopf formt – jetzt, wo sie das C4 haben – eigentlich nur einen Ausgang zulässt. „Nicht frech werden, Lieutenant.“

    Sie schnaubt. „Sollte das nicht inzwischen Captain sein? Ich meine, komm schon, ist doch jetzt lange genug her, oder? Und nicht mal der Beförderungsausschuss könnte…“

    „Laura.“ Es war nur ein Wort, fast geflüstert, aber es bringt sie sofort zum Schweigen. Es tut ihm sehr, sehr leid, weil er es eigentlich liebt, ihr beim Reden zuzuhören, aber er muss es tun. Es ist ein bisschen so, wie das mit Pflaster, das man schnell abreißen muss. „Sag den anderen, dass sie sich fertig machen sollen. Wir werden in zwanzig Minuten den Ausfall machen.“ Er will ihr auch sagen, dass er erwartet, dass sie die anderen hinausführt… dass sie in Zukunft das übernimmt, was er bis jetzt für die Gruppe getan hat. Aber plötzlich… ist seine Kehle ganz trocken und eng und macht Sprechen unmöglich.

    Sie schweigt noch einen Augenblick und nickt dann. „Jawohl, Sir.“ Dann holt sie tief Luft, versucht offensichtlich, wieder in militärisches Protokoll zurückzufinden, obwohl inzwischen weder ihre Uniformen noch ihre Dienstgrade noch irgendeine Bedeutung haben. „Wie sieht der Plan aus?“

    Ein weiteres tiefes Luftholen, und jetzt fühlt es sich so an, als wäre da ein Gewicht auf seiner Brust, das ihn fast erstickt. „Ich will, dass Undhati und du mir einen Zünder für das C4 bauen, damit ich… damit ich die Söldner ablenken kann. Sobald ich sie… neutralisiert habe, führst du die anderen raus und zum Gate. Wählt den ersten sicheren Planeten, der euch in den Kopf kommt, an.“ Sie will ihren Mund öffnen, zweifellos, um zu protestieren, aber sein Entschluss ist endgültig. „Das ist ein Befehl, Laura. Seht nicht zurück. Hast du mich verstanden?“

    Sie schluckt und jetzt ist es ganz ausgeschlossen, dass das Flackern in ihren Augen nur eine Reflexion des Deckenlichts ist. Es tut ihm so leid, dass er sie damit belasten muss, aber irgendjemand hier muss sich opfern, und er ist es leid, dass sich immer nur andere für ihn opfern.

    Er ist nicht lebensmüde… es ist nur, dass er nicht mehr andere das machen lassen will, was er selber genauso gut tun kann. Alle haben sich aus freier Entscheidung selbst geopfert, aber das macht die Schuldgefühle nicht einfacher zu ertragen und in dem Augenblick, in dem sie ihm das C4 gezeigt hatte, hatte er gewusst, dass heute er dran ist.

    Einen kurzen Augenblick lang sieht es so aus, als würde sie ihm widersprechen, aber dann scheint es, als wäre ihr gerade klar geworden, dass sie zwar genug Material haben, um einen Zünder zu bauen… aber dass es keine Möglichkeit gibt, dass sie einen Fernzünder bauen können. Jemand muss ihn manuell aktivieren und er kann ganz genau den Moment sehen, in dem ihr diese grausame Logik klar wird. Sie schluckt wieder… und dann bringt sie ihn völlig aus dem Gleichgewicht, indem sie sagt: „Warum du? Warum du?“

    „Laura, ich…“ Warum rechtfertigt er sich hier gerade? Das muss er nicht und sie hat auch nicht das Recht, von ihm zu verlangen, dass er sich rechtfertigt.

    Aber das interessiert sie gerade nicht so richtig. „Nein, das meine ich ernst. So funktioniert das nicht. Du hast nicht das Recht, das ganz alleine zu entscheiden. Du bist hier kein Vorgesetzter mehr und du darfst nicht… du kannst nicht einfach…“ Plötzlich kann er sehen, dass Cadman sich doch verändert hat, viel mehr und ganz anders, als er gedacht hatte. Was er jetzt in ihren Augen sieht, ist Angst. Echte Angst, nicht nur ein bisschen kalte Füße. Angst und Sturheit und Schmerz.

    „Was, willst du es übernehmen?“ Oh Scheiße. Das war grausam und unnötig, aber es war nicht vorgesehen, dass sie ihm widerspricht. Sie sollte ihm zustimmen und das übriggebliebene Team in Sicherheit führen, sodass sie immer noch die Chance haben, eines Tages wieder nach hause zu kommen. Weil es das ist, was er für sie… für das Team will: Dass sie eines Tages wieder sicher zuhause ankommen. Und wenn er sich selber opfern muss, damit sie… verdammt, das Team so lange überleben kann, dann muss es eben so sein.

    Und ja, natürlich, würde das ihre rebellische Seite herauskitzeln. Sie springt auf. „Ja, vielleicht will ich das. Und vielleicht will ich einen Weg hier raus finden, bei dem du dich nicht selbst in die Luft jagen musst. Vielleicht… vielleicht will ich dich einfach nicht sterben sehen.“ Das ist… überwältigend. Die Überzeugung und Schärfe in ihrer Stimme, als sie das gesagt hat… es bringt ihn dazu, auch aufzuspringen – nicht ganz einfach, weil sein Knie seit einer geglückten Flucht aus einer Replikatoren-Festung vor zwei Monaten einfach nicht mehr dasselbe ist – und zu versuchen, etwas zu sagen, aber sie ist jetzt voll in Fahrt. „Vielleicht habe ich es einfach satt, Leute sterben zu sehen, die mir wichtig sind und vielleicht will ich nicht mehr, dass sie sterben, damit ich leben kann. Vielleicht will ich einmal aus einer ausweglosen Situation rauskommen, ohne dass jemand dabei drauf gehen muss und vielleicht will ich…“

    „Laura!“ Weil er es nicht mehr ertragen kann, ihr dabei zuzuhören, wie sie mehr oder weniger völlig die Fassung verliert – nach all den Monaten, in denen sie einfach die Zähne zusammengebissen hatte und es sogar geschafft hatte, sie alle von Zeit zu Zeit zum Lachen zu bringen – hat er sie bei den Schultern gepackt und sie zu sich heran gezogen und umarmt sie so fest er kann. Sie murmelt weiter und er ist sich ziemlich sicher, dass er dazwischen immer wieder Schluchzer hören kann und deswegen zieht er sie noch näher an sich heran, falls das überhaupt geht. „Es ist in Ordnung“, versucht er ihr zu sagen, „es wird alles wieder gut, Laura. Du wirst das schon schaffen. Ihr werdet das alle schaffen. Ihr werdet wieder nach hause kommen.“

    Irgendwie schafft sie es, sich aus der Umarmung zu lösen und sieht ihn böse an. „Aber das ist es doch, Evan. Es wird nicht gut werden, wenn wir es schaffen und du nicht! Ich will’s nicht schaffen, wenn du es nicht schafft. Ich will nicht wieder nach hause kommen, wenn du nicht nach hause kommst.“

    Was will sie denn… warum… „Hör mal, Laura, jemand muss doch meiner Familie erklären…“

    Jetzt… jetzt schlägt sie ihn. „Ich will deiner Familie nichts erklären, du Idiot!“ Jep, sie trommelt mit ihren Fäusten auf ihn ein. „Verstehst du das denn nicht? Ich hab die Schnauze voll davon, dass Leute sich opfern und ich werde ganz sicher deiner Familie nichts von deinem heldenhaften Tod erzählen, weil du verdammt noch mal heute nicht sterben wirst. Oder an irgendeinem anderen Tag, den wir hier in dieser gottverdammten bescheuerten beschissenen Galaxie verbringen müssen. Hast du mich verstanden? Hast du mich verstanden?“ Sie versucht, weiter auf ihn einzutrommeln, aber er schafft es, ihre Fäuste zu fangen, so verblüfft er von ihrer Tirade ist.

    „Laura, bitte…“ Er versucht ihr in die Augen zu sehen, aber sie weicht seinem Blick aus und er fragt sich, ob sie ihn durch den Tränenschleier überhaupt sehen kann. Inzwischen ist ihr gesamtes Gesicht tränenüberströmt und es bringt ihn fast um, sie so zu sehen. Alles, was er jetzt tun will ist… sich zu ihr hinunter zu beugen und alles wegzuküssen, sie dazu zu bringen, Opfer und Narben und Schuldgefühle zu vergessen. Aber das ist hier weder die Zeit, noch der Ort…

    „Kein ‚Laura, bitte’. Geh und ‚Laura, bitte’ dich selbst. Ich hab die Schnauze voll von dieser Scheiße mit dem Sterben und es ist mir egal, ob du lebensmüde oder bekloppt oder was auch immer bist. Ich will nur… ich will, dass du… ich will…“ Und plötzlich kann er ihre Lippen auf seinen spüren, schmeckt Salz und Verzweiflung. Offensichtlich sind Laura die richtige Zeit und der richtige Ort dafür, ihn zu küssen, egal. Inzwischen zumindest.

    Ihm jetzt auch irgendwie, ganz plötzlich. Er lässt ihre Hände los und umarmt sie wieder, darauf bedacht, auf keinen Fall von ihren Lippen zu lassen. Sie ist wütend und sie ist dazwischen zerrissen, ihn weiter zu küssen oder ihm eine zu verpassen. Das merkt er an der Art, wie sie ihre Hand in seinen Haaren vergräbt und wie seine Lippen ein- oder zweimal zwischen ihre Zähne geraten.

    Oh Gott, nein, er will sie nicht zurücklassen. Er will sie nicht alleine lassen. Er will überleben, und er will ihretwegen überleben und schon alleine wegen des Versprechens, dass sie eines Tages all das hinter sich lassen und einfach nur zusammen sein können.

    Aber da gibt es immer noch das große Ganze. Da ist immer noch das Überleben des Teams und die ausweglose Situation, in der sie sich befinden und die Söldner draußen, die nur darauf warten, dass sie versuchen, auszubrechen. Er muss sich mehr oder weniger von ihren Lippen los reißen und als er geschafft hat, keucht er: „Laura… das Team… überleben…“

    Einen Augenblick sieht es so aus, als würde sie ihn einfach K.O. schlagen und alles selbst in die Hand nehmen, aber dann gewinnt die Soldatin in ihr wieder die Oberhand. „Das Überleben des Teams heißt auch dein Überleben, keine Diskussion.“ Oder… vielleicht auch nicht. Gute Güte, sie sieht großartig aus. Ihre Augen blitzen wieder, die Lippen sind leicht geschwollen, die Wangen gerötet… jetzt lässt die Narbe sie tapfer und verwegen aussehen. „Ich geh hier nicht raus, bis du das nicht kapiert hast. Entweder gehen wir alle hier drauf… oder wir schaffen es zusammen hier raus.“

    Ach ja, und wer ist sie, dass sie denkt, sie könne für das Team sprechen? „Sagt wer, hm?“

    „Das Team. Hast du wirklich geglaubt, dass ich nicht mit ihnen rede würde, bevor ich zu dir komme?“ Was zum… diese kleine Hexe. „Ach komm schon, sieh mich nicht so an. Es war doch klar, wie du reagieren würdest. Und wir sind es alle leid, Freunde sterben sehen zu müssen.“

    Wie konnte er nur… wie konnte er das nur nicht kommen sehen? Wie konnte er sein Team so wenig kennen, dass sie eine Rebellion anzetteln konnte? Und wie zur Hölle ist es nur möglich, dass sie gleichzeitig so selbstzufrieden und so verdammt gut aussehen kann; hier, in diesem lange vergessenen Bunker mit dem hässlichen Neon-Licht und ihren kurzen Haaren und dieser Narbe und der Angst in ihren Augen, die immer noch da ist, vermischt mit tausend anderen Gefühlen… vermischt mit Hoffnung. Ja… vielleicht ist es das, was sie gerade so schön macht. Dass sie trotz allem immer noch Hoffnung hat… etwas, von dem er dachte, dass er es verloren hätte, als Miko ihnen von den I’kkai berichtet hat.

    Verdammt. Es sollte ihr nicht so leicht fallen, ihn umzustimmen. „Na schön. Zwanzig Minuten, Laura.“ Sie küsst ihn wieder, dieses Mal nur kurz und nicht halb so leidenschaftlich wie das letzte Mal, aber was diesen Kuss so großartig macht ist, dass sie ihm wieder ein herzliches Lächeln schenkt. Für seinen Geschmack ein bisschen zu schnell löst sie sich aus der Umarmung und dreht sich um, um wieder zu gehen… aber er hat das Gefühl, als müsse er noch etwas hinzufügen: „Denk dran: Entweder gehen wir hier alle drauf oder wir schaffen es zusammen raus.“

    Sie legt ein bisschen den Kopf zur Seite und schenkt ihm ein schiefes Lächeln. „Klar, mach ich. Aber nur fürs Protokoll: Ich ziehe eindeutig Option Nummer Zwei vor.“

    Als er ihr hinterher sieht, hält er noch mal einen Moment inne. Ja, natürlich ist ihm auch Option Nummer Zwei lieber… aber das wichtigste ist, dass er auf jeden Fall mit ihr zusammen ist. Und für den Moment ist das genug, um seine Hoffnung wieder anzufachen… die, die man braucht, um zu überleben.
    Geändert von RowenaR (26.10.2010 um 17:23 Uhr)

  2. Danke sagten:


  3. #2
    Dissidentin vom Dienst Avatar von Annanym
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    Also, kann ich meine Reviews, die ich dazu schon mal geschrieben habe, einfach kopieren und noch mal hier abschicken? Nein? Na dann eben nicht. Dass ich's toll fand, weißt du ja schon und trotz der ganzen schlimmen Stimmung fand ich Sachen wie "Geh und 'Laura, bitte' dich selbst" sehr genial und ein bisschen witzig. Großartig, wie du das immer hinkriegst. Und irgendwie fallen einem solche Sachen oft auch beim zweiten Mal Lesen besonders auf. Also ... haste fein gemacht

  4. #3
    Kriegsfachkraft a.D. Avatar von RowenaR
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    Also ... haste fein gemacht
    Wuff. *hechel *auf kopftätscheln wart

    (mir fallen übrigens auch immer wieder Sachen beim Nochmallesen auf, die mir vorher entgangen sind... bei meinen eigenen Texten. Ähm... ja)

  5. #4
    Wächter und Techniker Avatar von Am17
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    Endlich Zwichen den Fronten ist auchhier angekommen.
    Fehlt nur noch Protect and Survive (Habe sie nun endlich auch auf Englich gelesen).
    Ich fand es ja schon beim ersten mal lesen super und es ist jetzt genau so gut wie vorher.
    Dann frage ich jetzt noch mal, da ich das ja so toll kann: Wann kommt der nächste Teil?

    Lg Am17

  6. #5
    Kriegsfachkraft a.D. Avatar von RowenaR
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    Zitat Zitat von Am17 Beitrag anzeigen
    Endlich Zwichen den Fronten ist auchhier angekommen.
    Ja, hier, mir war langweilig und so (außerdem, okay, wollte ich mich ein bisschen bitten lassen *diva)

    Fehlt nur noch Protect and Survive
    Nyah, mal sehen. Es is inzwischen selbst auf deutsch echt viel geworden und ich bin schon beim Posten auf Englisch auf LiveJournal so schlampig und vergesslich... wir werden sehen.

    (Habe sie nun endlich auch auf Englich gelesen).
    Da gibts demnächst was Neues (meine beta ist endlich von ihrer Beta-Blockade wieder runter \o/)

    Ich fand es ja schon beim ersten mal lesen super und es ist jetzt genau so gut wie vorher.
    Danke (: Das Universum is mir auch sehr ans Herz gewachsen... wenn ich mich mal aufraffen könnte wäre vielleicht auch mal was Zusammenhängendes mit mehr als einem Kapitel drin...

    Dann frage ich jetzt noch mal, da ich das ja so toll kann: Wann kommt der nächste Teil?
    *divaschal zurückwerf Wenn ich es für angemessen halte.


  7. Danke sagten:


  8. #6
    Kriegsfachkraft a.D. Avatar von RowenaR
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    Lalalala... langweilig. Teil Zwei dann einfach mal.

    Titel: Zwischen den Fronten: Heut Nacht (2/8)
    Autor: icke (also, meine Wenigkeit)
    Serie: Stargate: Atlantis
    Genre: Smutty smut, lalala
    Charakter/Pairings: Lorne, Cadman, Lorne/Cadman
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    Staffel/Spoiler: Alles bis zum Ende der dritten Staffel, ab da AU
    Anmerkung des Autors: Eigentlich war geplant, dass Statt Glas nur Scherben ein stand-alone bleibt, aber dann haben gewisse Leute nach mehr gefragt und dann wurden es acht Teile und das hier ist der zweite und ich packe einfach alles unter Spoilertags, weil ich es dämlich finde, nur einzelne Teile zu verpacken. Das sieht doch scheiße aus.

    Außerdem, ja, ich weiß, dass das die Müncher Freiheit ist, aber ich mag die. Und irgendwann schreib ich auch noch was für "Sie liebt dich wie du bist"... Toll für was, wo Lorne sich mal wieder so richtig dämlich anstellt... oder ein gewisser Lieutenant Simmons vielleicht. Ooooh!

    Und wer die Muppet-Show-Anspielung versteht, bekommt einen Keks!

    Spoiler 
    Zwischen den Fronten: Heut Nacht

    "Ohne Dich schlaf ich heut Nacht nicht ein,
    Ohne Dich fahr ich heut Nacht nicht heim,
    Ohne Dich komm ich heut nicht zur Ruh
    Das, was ich will, bist Du."

    Münchner Freiheit, „Ohne Dich“

    Also… das war knapp. Es gab so dermaßen viele Sachen, die hätten schief gehen können, dass er immer noch nicht so ganz glauben kann, dass sie jetzt hier sind. Laura hätte den Zünder falsch einstellen können – er kann immer noch nicht glauben, dass Dr. Undhati und sie es geschafft haben, einen auf MacGyver zu machen und einen Zeitzünder aus ihrer letzten digitalen Armbanduhr und etwas, das wie ein Stück Draht, ein Stück Blech und Kaugummi ausgesehen hatte, bauen konnten – und er hätte zu früh oder zu spät losgehen können oder sie hätten sich in der Anzahl der I’kkai verrechnet haben können oder die I’kkai hätten noch eine Nachhut am Gate stationiert haben können oder die Replikatoren hätten… aber gut, wenigstens dieses eine Mal… ist nichts schief gegangen.

    Na gut, abgesehen davon, dass Jörgensen ein paar Verbrennungen zweiten Grades davon getragen hat, weil er ein bisschen zu nah an der Explosion war und Undhati sich den Knöchel zerschossen hat, als sie durch den Wald zum Gate gestolpert sind und dass sein Knie einen weiteren Schlag abbekommen hat… Wie auch immer, das Wichtigste ist, dass sie es alle geschafft haben und dass sie es – nach mehreren Sprüngen, um etwaige Verfolger abzuschütteln – auf einen der wenigen Planeten geschafft haben, wo niemand dumme Fragen stellt oder sich für die verblichenen Teile der Atlantis-Uniformen, die in ihrer Bekleidung verblieben sind, interessiert.

    Ein kurzes Lachen entfährt ihm und er ist sich nicht ganz sicher, ob es ungläubig oder erleichtert ist. Laura hatte Recht gehabt und er hat keine Ahnung, wie sie das gemacht hat. Sie haben es alle geschafft – Laura, er, Miko, Jörgensen, Dr. Cole, Dhati – obwohl die Chancen wirklich nicht gut für sie standen. Andererseits… wann tun sie das dieser Tage überhaupt mal? Eine erfolgreiche Flucht infrage zu stellen wäre wie ihr Glück infrage zu stellen und er hat so das Gefühl, dass er das nicht tun sollte, wenn er es jetzt nicht gleich wieder verlieren will.

    Was er allerdings tun sollte ist, sich in sein Bett vor dem Feuer zu legen, sich zusammen zu rollen und so lange zu schlafen, wie sein traumatisierter Verstand es ihm erlaubt. Heute ist es sogar mal ein richtiges Bett, weil Dhati, die auf Atlantis Ingenieurin im Sanitärbereich war, sich vor einer Weile als beängstigend gute Taschendiebin herausgestellt hat – zusätzlich dazu, dass sie eine unheimliche Begabung für alles, was mit Explosionen zu tun hat, hat – und dieser Planet voll mit Leuten mit vollen Geldbörsen ist.

    Aber jemand muss das Denken übernehmen, weiter als nur bis heute planen… es gab einen Grund, warum das Team sich einstimmig dafür ausgesprochen hat, dass er das Einzelzimmer bekommt und er ist sich relativ sicher, dass er nicht schnarcht. Und er wünschte, er könnte sich tatsächlich mal aufs Planen konzentrieren, aber als sein Körper vor einer Weile endlich das überschüssige Adrenalin abgebaut hatte, hatte ihn der Stress, den er seinem Körper heute angetan hatte, langsam wieder eingeholt. Sein ganzer Körper tut weh, sein Knie ist wieder fast steif geschwollen, die Erschöpfung scheint in jeden Winkel seines Körpers zu sickern…

    „Was denn, immer noch nicht im Bett, Major?“ Gute Güte, wie macht sie das nur? Und warum lässt er es so oft zu, dass sie sich so an ihn heran schleichen kann?

    Er sieht auf und sieht sie in seinem Türrahmen stehen, die Arme verschränkt, ein etwas amüsierter Ausdruck auf ihrem Gesicht, den nicht einmal die seltsamen Schatten, die das flackernde Feuer und die Narbe über ihr Gesicht werfen, verstecken können. „Ich könnte dich dasselbe fragen, Lieutenant.“

    Jetzt verdreht sie die Augen. „Ich dachte, wir hätten uns darauf geeinigt, dass es inzwischen Captain ist.“

    Das bringt ihn zum Schnauben und er kann nicht anders, als etwas missmutig zu sagen: „Nein, darauf hast du dich geeinigt. Mit dir selbst.“

    Statt etwas zu erwidern, kommt sie nur herein und schließt die Tür. Dann… kommt sie zu ihm hinüber und setzt sich neben ihn aufs Bett. Plötzlich… ist er sich ihrer Gegenwart sehr bewusst und ihm wird klar, dass er tief im Inneren… auf sie gewartet hat, seit er sich hier eingerichtet hatte. Na ja, auf sie gewartet hat… aber sich nicht ganz sicher war, was er erwarten sollte. Irgendwie, nachdem der Adrenalinrausch vorbei war… irgendwie hatten sich irgendwo in seinem Innersten Zweifel angemeldet über den Kuss vor dem Ausfall. Vielleicht hat sie das nur getan, um ihm zu überzeugen und hat es gar nicht so gemeint oder vielleicht hatte sie…

    Oh. Was ist denn dieser… dieser Ausdruck in ihren Augen? Als würde sie… als würde sie etwas tun wollen, aber wüsste nicht, ob… und plötzlich sind ihre Lippen wieder auf seinen, allerdings nicht so heftig wie das letzte Mal, als sie ihn überrascht hat. Tatsächlich ist es eher… irgendwie zögernd… fragend. Das heißt allerdings nicht, dass es weniger verlockend ist. Nach einer Überraschungssekunde beantwortet er ihre Frage… versucht, ihr zu versichern, dass es in Ordnung ist und dass er tatsächlich auf sie gewartet hat. Der Kuss… dauert wunderbar lange, aber letztendlich unterbricht sie ihn doch. Er holt tief Luft. „Laura, ich…“

    „Du warst großartig heute, Evan“, unterbricht sie ihn leise und er glaubt, dass er wieder diesen Blick in ihren Augen sieht… als hätte sie vor etwas Angst. Angst wovor, fragt er sich.

    Aber weil er sich nicht sicher ist, ob er nicht zu müde ist, um über sie beide zu reden, entschließt er sich, lieber weiter über den Einsatz zu sprechen. „Da bin ich aber anderer Ansicht. Wenn ich großartig gewesen wäre, wäre Dhati nicht…“

    Sie verdreht die Augen und unterbricht ihn wieder: „Dhati geht’s gut, Evan. Doc hat sie und den Schwedischen Koch verarztet.“ Das bringt ihn zum Lächeln, wie jedes Mal, wenn sie Jörgensen bei dem nicht sonderlich originellen Spitznamen – immerhin war er wirklich Koch in Atlantis – nennt, den das Team ihm irgendwann verpasst hat, vor allem, weil der Mann eigentlich Norweger ist. Sie scheint das Lächeln gesehen zu haben und erwidert es und… das stellt seltsame Dinge mit seinem erschöpften Herzen und Verstand an. „Sie haben es überlebt. Wir haben es alle überlebt. Dank dir.“

    Also… nein, das stimmt nicht ganz. Ehre, wem Ehre gebührt und all das. Außerdem… hat er immer noch das Gefühl, er müsse etwas herauszögern, weil er da immer noch diesen komischen Ausdruck von Angst in ihren Augen sieht, selbst obwohl er jetzt zum Teil von Wärme und Fröhlichkeit überdeckt wird, die ihn dazu bringen, dass er sie wieder küssen will… unter anderem. „Nicht nur dank mir. Du kannst stolz auf dich sein.“

    Sie grinst. „Danke.“ Und dann holt sie tief Luft und der angespannte Ausdruck ist wieder da. „Aber ich bin nicht hergekommen, um dir dabei zuzuhören, wie du meine C4-Superkräfte in den Himmel lobst. Na ja, nicht nur.“ Wieder ein freches Grinsen, aber nicht so offen wie sonst.

    Okay, kein Verzögern mehr. Er ist zu müde für mehr reden und er möchte lieber schlafen, als sie in seiner Nähe nervös zu sehen – denn genau so sieht sie jetzt aus – weil das Letzte, was er jetzt will, die Kameradschaft mit ihr wegen eines ungünstigen Moments der Leidenschaft zu verlieren. ist. „Warum bist du denn dann hergekommen?“

    Zuerst antwortet sie nicht, aber dann scheint sie sich selbst Mut zugesprochen zu haben und sagt leise: „Weil ich mir Sorgen um dich mache, Evan.“

    Sie… was? Warum sollte sie sich um ihn Sorgen machen? Ist doch nicht so, als hätte sie sich früher Sorgen um ihn… doch… doch, das hat sie. Sie hat es ihn nur nie sehen lassen. Oder hat gedacht, dass er es nicht gesehen hat. Weil er den Blick auf ihrem Gesicht jetzt erkennt. Er erinnert sich daran, dass er ihn schon öfter gesehen hat… jedes Mal, zum Beispiel, wenn er im Kampf etwas abbekommen hat, zum Beispiel – nur das Aufblitzen eines Blicks und dann war er wieder weg.

    Und er kennt auch eine Variante, die länger dauert und nachdenklicher ist… von Nächten am Lagerfeuer in Höhlen und unter flackernden Neon-Lampen in alten Bunkern, zum Beispiel. Und er hat ihn nie gemocht, weil er bedeutete… dass sie sich selbst mit der Sorge um ihn belastete, und er fühlt sich schuldig dafür. Er versucht, ihr ein beruhigendes Grinsen zu schenken und sagt: „Hör mal, ich bin nicht…“

    „Und weil ich mich um dich kümmern möchte“, unterbricht sie ihn schon wieder. Verwirrt will er sie fragen, was sie damit meint, kommt aber nicht dazu, weil… sie ihn küsst… schon wieder. Dieses Mal ist es eine Mischung aus… zögerlich? Besorgt? Er ist sich nicht ganz sicher bei diesem Teil der Mischung, aber der andere Teil ist definitiv… hungrig. Wow.

    Er erwidert den Kuss eifrig und umfasst mit einer Hand ihren Hinterkopf und zieht sie mit dem anderen Arm zu sich hin. Und tief in seinem Innersten… regt sich etwas. Dasselbe Etwas, das er gespürt hat, wann immer sie ihn über ein Lagerfeuer hinweg angelächelt hat und er sich mit ihr hinter einer Ecke wiedergefunden hat, mitten in einem Rückzug, ganz aufgeputscht mit Aufregung und Adrenalin. Ein Verlangen, profund und manchmal fast animalisch… danach, bei ihr zu sein, mit ihr zusammen zu sein, in jedem Sinne und er murmelt „Das heißt also kümmern bei dir, ja?“ als er den Kuss unterbricht, um seine Aufmerksamkeit von ihren Lippen zu ihrer Kehle und ihrem Hals zu verlagern.

    Allerdings… schüttet sie mehr oder weniger einen Eimer kalten Wassers über ihm aus, weil sie plötzlich innehält und sich ein paar Zentimeter von ihm wegbewegt. „Ich… es tut mir leid. Ich wollte nicht… wenn du nicht willst…“ Was zur…? Er fängt ihren Blick wieder ein und endlich wird ihm klar, dass die Ängstlichkeit, die er da gesehen hat, bedeutete, dass sie Angst davor hatte, von ihm abgewiesen zu werden. Wie jetzt? Und da hatte er gedacht, er würde sie inzwischen in- und auswendig kennen, aber offensichtlich… tut er das nicht. Bis jetzt ist ihm nie in den Sinn gekommen, dass Laura Cadman unter all ihrer Angeberei und der Dreistigkeit auch eine schüchterne und ängstliche Seite haben könnte.

    Offensichtlich war es in Ordnung, hier und da mal einen Kuss abzustauben und ein bisschen frech zu sein, aber sobald er auch nur das kleinste Zeichen von Zurückweisung – selbst, wenn es gar nicht so gemeint war – zeigt, ist all die Tapferkeit weg. Aber warum hat sie denn… ach so. Natürlich. Es war ihr… es ist ihr… ernst mit dem hier. Mit ihm. Das Verlangen flammt wieder auf, dieses Mal sehr viel stärker als zuvor und er beschließt, dass es Zeit ist, dass jetzt mal jemand anders als sie hier die Küsse initiiert.

    Ohne sich mit einer Antwort aufzuhalten, zieht er sie wieder zu sich und sagt ihr mit seinen Lippen all das, was er nicht mit Worten zu sagen vermag; versucht ihr von dem Verlangen zu erzählen und der Furcht, die ihn jedes Mal erfüllt, wenn sie im Kampf vor Schmerzen aufschreit oder wie glücklich es ihn macht, zu sehen, wenn sie wieder eine Schlacht überstanden hat und wie stolz er auf sie ist… all das versucht er ihr mit nur einem Kuss zu sagen und ängstigt sich zu Tode, dass er es nicht mal schafft, ihr die Hälfte von all dem zu vermitteln.

    Er kann ihre Überraschung spüren und einen Augenblick lang hat er Angst, dass er sie ganz falsch verstanden hat, aber dann merkt er, wie sie sich entspannt und endlich den Kuss erwidert. Endlich kann er da weitermachen, wo er eben unterbrochen wurde und fängt hungrig an, Küsse von ihren Lippen über ihre Wange bis zu ihrem Hals zu verteilen. Sie macht kleine Geräusche, die halb Behagen ausdrücken, halb ihn um mehr anbetteln, und er ist nur zu froh, ihr den Gefallen tun zu können. Als Gegenleistung reißt sie fast an seiner Kleidung, füllt ihn mit Erregung, indem sie mit ihren Fingern zieht und drückt. Himmel, und diese Finger sind noch nicht mal auf seiner Haut.

    Weil er sich revanchieren will, fängt er an, dasselbe bei ihr zu machen und hört zufrieden, wie ihr Atem hörbar stockt, als er es schafft, ihre Jacke abzustreifen. Er spürt ihre überraschend weiche, sanfte, warme Haut unter seinen rauen schwieligen Fingern. Dieses Gefühl ist so wunderbar, dass es ihm fast die Luft abschnürt. Es spricht von all den Dingen von denen er dachte, dass er sie nie wieder sehen oder tun können würde: Faule Abende in der Sonne, an denen er glücklich seine Zeit mit Malen verschwendet, friedliche Sonntagmorgen im Bett, an denen die einzig wichtige Frage ist, was man zum Frühstück machen könnte… Frieden.

    Oh Gott, er will dieses Gefühl behalten und er will, dass sie dasselbe spürt… will diese Momente mit ihr… will es so heftig und er zieht sie mit sich auf das Bett, lässt seine Finger über jedes Bisschen entblößte Haut wandern, das er finden kann und sie antwortet genauso und… „Himmelnochmal… verdammte… heilige Scheiße.“

    Verdammt, verdammt, verdammt. Gerade, als er sein rechtes Bein auf das Bett ziehen wollten, um sie mit seinen Beinen einzufangen, hatte er plötzlich einen scharfen Schmerz von seinem Knie aufschießen gespürt, der ihm das Wasser in die Augen getrieben hat und so schlimm war, dass ihm regelrecht schlecht davon geworden ist. Heilige… und verdammt, jetzt ist all die Leidenschaft aus Lauras Gesicht verschwunden und sie beugt sich über ihn, ein Ausdruck von Sorge und Verwirrung auf ihrem Gesicht. „Oh Gott, das tut mir so leid. Ich hab nicht mehr an dein Knie gedacht und ich…“ Er will ihr sagen, dass es schon in Ordnung ist und dass es wirklich nicht ihre Schuld ist, aber sie ist jetzt in voller Fahrt. „Ich glaube, ich sollte später wieder…“

    Auf keinen Fall. Neben dem pulsierenden Schmerz pulsiert da noch etwas ganz anderes und er wird den Teufel tun und sie jetzt gehen lassen. Bevor sie sich also zu weit weg bewegen kann, greift er nach oben und zieht ihren Kopf wieder nach unten. Dann knurrt er: „Vorschlag abgewiesen, Lieutenant.“

    Einen Augenblick lang sieht es so aus, als würde es funktionieren und sie wirft sich mit erneuter Energie in den Kuss, aber er dauert nicht allzu lange, denn schon nach einem Augenblick – oder zumindest erscheint es ihm so – unterbricht sie den Kuss und versucht wieder, vernünftig zu sein. „Okay, nein, hör zu, du hast Schmerzen und ich…“

    Jetzt ist er derjenige, der die Augen verdreht und er kann nicht anders, als wieder zu knurren, denn verdammt, das hier ist ein sicheres Versteck und sie haben das Zimmer für sich und er macht sich selber gerne glauben, dass es einen Grund gab, dass sie das hier überlebt haben und dieser Grund war nicht, dass er hier wie ein Invalide behandelt wird, nur einer kleineren Sache wegen. Er grinst. „Schätze, dann müssen wir wohl vorsichtig sein. Denkst du, du kriegst das hin?“

    Das… bringt sie dazu, zurück zu grinsen und bringt wieder den verwegenen Ausdruck zurück, den die Narbe ihr manchmal gibt und Gott, will er sie gerade. „Schätze, das kann ich.“

    Daraufhin macht sie sich daran, „vorsichtig“ zu sein. Und das ist sie auch… fast schon grausam vorsichtig. Langsam und zärtlich bewegt sie sich und berührt sie ihn, lässt keine einzige Stelle an seinem Körper aus, an denen er bis eben noch Schmerzen oder Erschöpfung verspürt hat… als hätte sie eine Art sechsten Sinn für so was. Sie lässt ihn sogar in nur wenigen Augenblicken den akuten Schmerz durch sein Knie vergessen, der normalerweise viel zu lange für ihn braucht, um wieder zu einem dumpfen Hintergrundschmerz zu werden, weil… weil sie ihn Sachen empfinden lässt, die viel angenehmer und vor allem viel überwältigender sind.

    Er wünschte… er wünschte, er könnte es erwidern und ihr das geben, was sie verdient – sie mit Küssen bedecken und ihr zeigen, wie schön sie ist und wie sehr er sie und alles an ihr bewundert, von blauen Flecken und Schrammen und Narben zu ihren überwältigenden samtbraunen Augen und dem wunderschönen breiten Grinsen und diese unglaublich langen Beinen – aber momentan ist alles, was er tun kann, zu versuchen, sie nah bei sich zu behalten, sie nicht weg zu lassen, sie wo auch immer er kann zu berühren, auch ohne, dass er sie auf den Rücken drehen muss… und es zu genießen, dass sie ihn berührt.

    Und Junge, das tut er. Sie ist… Gute Güte, sie foltert ihn fast, reizt ihn, drängt ihn nach vorne… nach vorne… was zum… er stöhnt. „Ich kann nicht fassen, dass du tatsächlich eines von diesen Dingern die ganze Zeit dabei hattest.“

    Sie grinst, bevor sie den Gegenstand, den sie eben aus ihrer Hosentasche gezogen hat, einsetzt. „Unterschätze nie den Einfallsreichtum eines Marines.“ Scheiße, das wird er ganz sicher nie wieder. Irgendwie schafft sie es, selbst etwas so Praktisches wie Verhütung dazu zu benutzen, ihn wahnsinnig zu machen mit Verlangen und Erregung. Er will sie… er will sie jetzt… oh Gott sei Dank, sie hat endlich ein Einsehen mit ihm und nimmt ihn in sich auf und… alles, was er denken kann, ist lass sie nicht los behalt sie bei dir lass sie bleiben lass es weitergehen lass es nicht enden

    Aber dann endet es doch nach wie es scheint einer kleinen Ewigkeit und sie liegt halb auf ihm. Ein paar herrliche Augenblicke lang bewegt sie sich nicht mal und er schließt seine Augen, umarmt sie noch fester und holt tief Luft, atmet ihren Duft ein, spürt ihre Haut an seiner, an seinem ganzen Körper… und dann seufzt sie ein sehr tiefes Seufzen, als wäre etwas tief in ihr endlich zur Ruhe gekommen, wäre wieder ganz geworden… genau so, wie er sich auch gerade fühlt, so kurz davor, einzuschlafen. Und zum ersten Mal seit über einem Jahr… sind die Dinge so, wie sie sein sollten. Vielleicht, denkt er, bevor er endgültig in den Schlaf driftet, gibt es für sie alle ja doch noch Hoffnung.
    Geändert von RowenaR (31.10.2010 um 13:24 Uhr)

  9. Danke sagten:


  10. #7
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    Na, dafür gibt's jetzt aber wirklich ein großes *tätschel*

  11. Danke sagten:


  12. #8
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    Titel: Zwischen den Fronten: Was ihr die Hölle nennt (3/8)
    Autor: icke (also, meine Wenigkeit)
    Serie: Stargate: Atlantis
    Genre: Action, drama
    Charakter/Pairings: Lorne, Cadman, Lorne/Cadman
    Rating (inkl. Warnungen wie CD, Slash etc., falls noetig): R (AU, apocafic, whump)
    Staffel/Spoiler: Alles bis zum Ende der dritten Staffel, ab da AU
    Anmerkung des Autors: Ich weiß noch, dass sich das hier beim Schreiben damals wie Kaugummi gezogen hat, wahrscheinlich, weil es so eine Art Füllkapitel ist, aber sein musste. Und so richtig warm werde ich damit auch immer noch nicht. Aber okay, ihr sollt es ja mögen
    Kurzinhalt: Evan Lorne muss erkennen, dass eine verwundete Teamkameradin eine Sache ist... aber eine verwundete Freundin eine ganz andere.

    Zwischen den Fronten: Was ihr die Hölle nennt

    „Ich habe keine Zeit zu bluten
    Und ich hab keinen Platz für Wunden
    Während ihr die Schmerzen sucht
    Hab ich Glück gefunden
    Ich bin ständig auf der Hut
    Und ich mache selten Pause
    Das, was ihr die Hölle nennt
    Nenn ich mein Zuhause.“

    Olli Schulz & der Hund Marie, „Keine Zeit zu bluten“

    Es war eine schlechte Idee gewesen. Nein… nein, es war eine bescheuerte Idee gewesen, die sehr wahrscheinlich furchtbare Konsequenzen haben wird. So furchtbar, dass er nicht mal daran denken mag. Andererseits sollte er das sowieso nicht tun, so mitten im Gefecht und so.

    „Evan, wir müssen hier raus. Sie kann nicht mehr lange durchhalten.“ Verdammt, das wollte er nicht wissen… aber ja, Doc macht nur ihren Job. Kein Grund, sie anzufahren, weil sie ihm sagt, wie schlecht es ihrer Patientin geht. Selbst, wenn das Laura ist.

    Also nickt er stattdessen nur und bedeutet Miko und Dhati, sich für den letzten Abschnitt ihrer Flucht aus dem Gebäude, das sie eigentlich hatten infiltrieren wollen, bereit zu halten. Die beiden Frauen machen ihre Waffen – eine zusammengestückelte Mischung aus Pegasus-Waffen und guten alten P90 und Berettas – fertig und neben ihm ist Doc gerade fertig damit geworden, Lauras Arm notdürftig zu verbinden und sie so gut sie es unter Feuer und mit der eher beschränkten Ausrüstung tun kann, zu verarzten.

    Laura sagt nichts, beißt nur ihre Zähne zusammen und sieht so aus, als musste sie gerade irgendwas Unanständiges herunter schlucken. Okay… okay, das ist gut, oder? So lange sie noch bei Bewusstsein und verärgert genug ist, dass sie sich mit dem Fluchen zurückhalten muss, geht’s ihr gut. Das ist doch nichts, versucht er sich selbst zu sagen, nichts, was sie nicht schon mal durchgemacht hätten. Außer… außer, dass der Verband, den Doc Laura gemacht hat, schon wieder dunkelrot wird und dass sie unter dem Kampfdreck und –schweiß immer blasser wird.

    Nein, nicht der richtige Moment, um über so was nachzudenken. Es ist auch nicht der richtige Moment für den starken Drang, Laura einfach in die Arme zu nehmen und sie mit seinem Körper zu schützen und einfach zum Gate abzuhauen, weil sein Team sich auf ihn verlässt und weil… weil er sie sowieso nie und nimmer zum Gate tragen oder überhaupt ein paar Meter rennen könnte, denn Laufen ohne zusätzliches Gewicht ist schon eine ziemliche Herausforderung für ihn, selbst mit der improvisierten Schiene, die Doc ihm vor einer Weile verpasst hat.

    Die menschlichen Verbündeten der Replikatoren, die sie eigentlich mit diesem chirurgischen Schlag ins Herz ihres Kommunikationszentrums hatten treffen wollen, rücken immer weiter auf ihre Position vor und es ist wirklich an der Zeit, dass sie endlich das verdammte Gebäude verlassen. Er sieht Doc wieder an und sie nickt grimmig, aber er schreibt das einfach mal der Tatsache zu, dass sie generell ziemlich in der Scheiße stecken, nicht nur Lauras Zustand. Wieder ein Blick zu Laura… die einfach nur ihre Augen schließt, angestrengt Luft holt und auch nickt.

    Na schön… er winkt nach Jörgensen, der sich Lauras annimmt, bringt sich dann in Position, um dem Norweger während des Ausfalls Deckung zu geben, während Doc ihre Genii-Version einer Neunmillimeter fertig macht. Also… eins… zwei… drei… „Los, los, los!“

    Jörgensen nimmt Laura und springt auf, rennt um sein – und um ihr – Leben. Doc ist die Nächste, dann Miko, Dhati, und er macht den Schluss. Das ist die eine Sache, die er sich nicht hat ausreden lassen; ganz egal, wie angeschlagen er ist, er wird immer der erste drin und der letzte draußen sein. Also rennt und humpelt er hinter dem Rest des Teams her, versucht den Kugeln von hinten auszuweichen und ihren Verfolgern ein bisschen Blei – oder die Pegasus-Version davon – zurückzuschicken.

    Eine der Kugeln streift seinen Arm, aber das bemerkt er gar nicht richtig, denn alles, woran er denken kann ist, dass er mit dem Team mithalten muss, sie nicht verlangsamen darf und Laura in Sicherheit bringen muss. Auf den ersten Blick hatte die Verletzung nicht wirklich gefährlich ausgesehen, aber dann war Laura fast zusammengebrochen und Doc hatte eine weitere Kugel in ihrem Rücken entdeckt, mitten in ihrem rechten Schulterblatt. Es hatte schmutzig ausgesehen und er hatte plötzlich gespürt, wie sein Herz zuerst einen Schlag ausgesetzt hatte und sich dann Furcht in seinem Magen gesammelt hatte, so schwer, dass ihm fast schlecht geworden wäre.

    Natürlich waren sie schon in anderen schmutzigen Situationen gewesen – diese Narbe in ihrem Gesicht ist ja auch keine hübsche kleine Make-Up-Spielerei – aber das war, bevor… bevor. Damals konnte er sich noch sagen, dass er sich nur Sorgen um eine Kameradin gemacht hat, aber jetzt… jetzt, da sie nicht mehr nur Kameraden sind, ist es etwas ganz anderes.

    Jetzt vermischt sich die Sorge um Lauras Leben ganz offen mit der Angst um sein eigenes Leben und der Verantwortung für das Team, und er hat die ganze Zeit Angst, dass das alles irgendwie seine Fähigkeit, für das ganze Team da sein zu können und kein Liebhaber, sondern immer noch ein Anführer zu sein, beeinträchtigt. Und… und verdammt noch mal, war es denn wirklich zuviel verlangt, dass wenigstens irgendwas an diesem Überfall gut läuft? Wenigstens ihr Rückzug hätte etwas besser laufen können, wenn man bedenkt, dass Rückzug praktisch das Einzige ist, was sie das ganze letzte Jahr gemacht haben.

    Aber nein, sie müssen sich wieder den Weg zurück zu Gate erkämpfen und hätte Miko sich nicht umgeschaut – entgegen seines Befehls, schon wieder… muss Lauras schlechter Einfluss sein – hätte er eben ins Gras gebissen. Aber weil sie gesehen hatte, wie er über irgendeinen Stein gestolpert ist, hatte sie sich umgedreht, war zu ihm gerannt und hatte ihr Bestes gegeben, um ihn hochzuziehen und mitzuziehen, obwohl sie kleiner und um einiges leichter als er ist.

    Er würde ihr wirklich gerne ein paar nicht so ganz gewählte Worte an den Kopf werfen, dafür, dass sie seine Befehle missachtet hat, aber na ja… er braucht seinen Atem jetzt gerade für andere Sachen. Zum Beispiel dafür, diesen letzten Schritt durch das Gate machen zu können, der sie hoffentlich in Sicherheit bringen wird. Nur noch ein Schritt, nur noch ein…

    Drei Sprünge später wird ihm langsam klar, dass sie ein Problem haben könnten, das man nicht mit einem Wurmlochsprung auf einen anderen Planeten lösen kann, denn statt einfach die Rampe zum DHD hinunter zu rennen, den nächsten Planeten anzuwählen und noch einen Sprung zu machen, benutzt Doc ihr Vetorecht und befiehlt eine Pause, damit sie sich Laura noch mal ansehen kann.

    Auf ihre Gesten hin setzt Jörgensen Laura beim DHD ab und Doc fängt an, den Verband an ihrem Arm zu entfernen. Er kann sehen, dass sie versucht, ungerührt auszusehen, aber nach einem Jahr, in dem er praktisch jede Minute mit ihnen verbracht hat, kennt er jeden seiner Leute in- und auswendig – na gut, vielleicht nicht ganz, aber zum größten Teil – und es ist ziemlich einfach zu erkennen, dass Doc nicht wirklich begeistert von Lauras Zustand ist.

    Normalerweise mag sie es nicht, wenn die Leute ihr auf die Pelle rücken und zu viele Fragen stellen, aber… aber das ist Laura und vielleicht wird sie es verstehen, wenn er das jetzt macht, da sowieso jeder weiß, was los ist, selbst wenn Laura und er versuchen, sich zurückzuhalten, solange die anderen dabei sind.

    Er schaut absichtlich weder Dhati, Miko oder Jörgensen an, als er zu Doc hinüber geht, die sich vor Laura hingehockt hat, aber bevor er überhaupt den Mund öffnen kann, sieht sie schon auf und bedeutet ihm, näher zu kommen. Oh, oh. Nicht gut. Er zwingt sich, normal zu atmen und sein übliches stoisches Selbst zu sein, als er die letzten paar Schritte zu ihr hinüber macht und nimmt es dann auf sich, sich neben ihr niederzulassen. Sie holt tief Luft. „Wir können nicht weiter in der Gegend herum springen. Ich muss sie jetzt zu einem zivilisierten Planeten bringen oder sie wird ernsthafte Probleme bekommen.“

    Das würde nicht der Standardprozedur entsprechen, und das weiß sie. Ziemlich am Anfang hatten sie errechnet, dass sie ein Minimum von sechs Sprüngen brauchen, um ihre Verfolger wirklich abzuschütteln. Aber andererseits… wäre es nicht das erste Mal, dass sie gegen diesen Grundsatz verstoßen würden und es wäre nicht mal das erste Mal, dass sie tatsächlich damit davonkommen würden. Das haben sie schon mal geschafft… aber das Volk, das sie heute versucht haben anzugreifen, war ziemlich weit entwickelt und sie haben wahrscheinlich schon ihre Replikator-Verbündeten alarmiert… Laura regt sich und öffnet ihre Augen.

    „Ich… hatte schon ernsthafte… Probleme, als ich… bei den Marines unterschrieben habe“, sagt sie und fügt noch ein schwaches Grinsen hinzu. „Ich glaube… ich glaube, ich halte schon noch drei weitere Sprünge durch.“ Oh Scheiße. Warum musste sie das denn machen? Warum musste sie denn nur diesen blöden Witz machen und warum musste sie denn grinsen und warum musste sie ihm denn alle Worte und den Atem damit nehmen?

    Gott sei Dank muss er sowieso nichts sagen, weil Doc schneller ist. „Vielleicht, aber ich glaube nicht, dass du das aushalten würdest. Und nein, das ist nicht der Moment, um meine Kompeten…“

    Sie führt den Satz allerdings nie zu Ende, weil plötzlich ein roter Laserstrahl die Luft zerschneidet und fast Dhati erwischt. Sofort gehen Dhati, Miko und Jörgensen in Deckung und er bewegt sich, um sowohl Doc als auch Laura zu schützen.

    Er versucht zum DHD hochzureichen und zu wählen, aber ein weiterer Laserstrahl rast durch die Luft, dieses Mal viel zu nah an ihm vorbei, und sie werden außerdem mit einer Salve Kugeln beschossen, die sie nur um Zentimeter verfehlen. Verdammt. Das letzte Mal, als sie hier waren, war der Planet unbewohnt. Hier sollte niemand sein. Keine Replikatoren, keine menschlichen Verbündeten, keine Söldner… Moment. Vielleicht… vielleicht hatten sie Glück, nur dieses eine Mal. Ja, es ist einen Versuch we… „Geht dahin zurück, wo ihr hergekommen seid, wer auch immer ihr seid.“

    Heilige… hat er da eben einen texanischen Akzent gehört? Er dreht sich zu Doc und sie grinst nur schief. Offensichtlich hat er das nicht als Einziger gehört. Und dann überrascht sie ihn. „Halt die Klappe, Bunny und schieb deinen faulen Hinterwäldler-Arsch hier rüber. Es gibt hier Arbeit für dich.“ Was zum… und dann erinnert er sich an einen Krankenpfleger, den jeder aus unerfindlichen Gründen Bunny nannte und… und er kann nicht glauben, dass sie endlich eine andere Gruppe Überlebender gefunden haben… nach einem gottverdammten ganzen Jahr.

    „Dr. Cole?“ Offensichtlich kann Bunny es auch nicht glauben. Aber zumindest hat er noch genügend professionelle Reflexe – oder Respekt vor Doc – dass er nicht erstmal lang und breit Konversation machen will, sondern aufspringt und zu ihnen hinüber gerannt kommt. Nur, um von… Ronon gefolgt zu werden.

    Einen Augenblick verwirrt es ihn so sehr, den großen Kerl zu sehen, dass er einfach nur dort bleibt, wo er ist und starrt. Dann scheint Ronon ihn bemerkt zu haben und… sieht fast ebenso überrascht aus. „Major Lorne? Sind Sie das?“

    Er nickt nur und versucht, wenigstens halbwegs würdevoll wieder aufzustehen. Als das nicht wirklich funktioniert, hält Ronon ihm einfach seine Hand hin und tut ihm den Gefallen, nicht mal die Augenbraue zu heben, um zu fragen, wohin sich seine Beweglichkeit im letzten Jahr verabschiedet hat. Dann fällt Ronons Blick auf Laura und er geht sogar so weit, die Stirn zu runzeln. „Ist das…“

    „Lieutenant Cadman, ja. Und sie braucht sofort medizinische Hilfe, Mr. Dex.“ Verdammt, Doc ist wirklich nicht glücklich über Lauras Zustand und das bringt ihn fast dazu, nach dem DHD zu greifen, um nicht einzuknicken.

    Inzwischen hat auch der Rest seines Teams die Deckung verlassen und zwei weitere Mitglieder der Atlantis-Crew – Davidson, einer der Jungs vom Team des Kontrollraums und ein Sergeant der Marines mit dem Namen Meyers – haben die Deckung, aus der sie auf sie gefeuert haben, verlassen. Ronon wirft einen zweiten Blick auf Laura, nickt dann einfach nur und holt etwas, das wie ein… Funkgerät aussieht, aus einer Tasche. Wow. Wer auch immer Ronons Gruppe anführt… „Sheppard, hier ist Ronon. Wir bringen Gäste mit. Sag Jennifer, dass wir eine Notfallpatientin haben.“

    Heilige Scheiße. Sie haben es tatsächlich geschafft, über Colonel Sheppards Gruppe zu stolpern? Und Jennifer… ist nicht eventuell Jennifer Keller, oder? Die ganze Sache trifft ihn so hart, dass er nicht mal den Rest der Unterhaltung zwischen Sheppard und Ronon mitbekommt. Immer noch ein bisschen baff sieht er zu, wie Ronon Laura hochnimmt und den Zug zu wo auch immer seine Gruppe sich versteckt, anführt.

    Auf dem Weg zu wo auch immer Sheppards Camp ist, schafft er es, Blicke mit seinen Teammitgliedern auszutauschen und Gott sei Dank sehen sie genauso verwirrt aus, wie er sich fühlt. Dann erreichen sie eine Lichtung, die völlig leer aussieht… und Ronon verschwindet plötzlich. Was zum… „Tarntechnologie, Sir“, sagt eine Stimme hilfsbereit neben ihm und er sieht nach rechts, wo Sergeant Meyers ihm zunickt… und dann mit einem seltsamen Unterton hinzufügt: „Abschiedsgeschenk von Dr. McKay, Sir.“

    Klar… nein, er will nicht darüber nachdenken, was genau der Sergenat damit meint. Also folgt er Meyers nur, als der ein paar Schritte in die Lichtung macht… und plötzlich ist er inmitten von Geschäftigkeit. Menschen laufen herum oder sitzen an Tischen, arbeiten an Waffen, rühren in Töpfen über einem Lagerfeuer… „Meyers, Bunny, Krankenzelt. Sofort. Und irgendjemand soll mir was von dem Fusel bringen, den LaCroix zusammenpanschen wollte.“

    Was zum… oh hey, na wenn das nicht Jennifer Keller ist, die gerade aus einem der Zelte in der Mitte des Camps gekommen ist. Allerdings… wären da nicht der unordentliche blonde Pferdeschwanz und ihre Stimme gewesen, hätte er sie vielleicht gar nicht wiedererkannt, mit dieser… Aggressivität und allem. „Verdammt, Ronon! Du kannst mir nicht einfach eine Patientin auf den Tisch knallen und dann… oh, Major Lorne.“ Einen kurzen Augenblick lang… zeigt sich die Jennifer Keller, die er kannte in der Überraschung und Erleichterung in ihren Augen, aber dann ist es wieder weg und sie ist wieder so anders.

    Trotzdem will er ihr antworten, wenigstens mit einem Lächeln oder so was, aber etwas – wahrscheinlich eine Mischung aus überwältigender Sorge um Laura, einsetzender Erschöpfung, wachsender Verwirrung und… einer Million anderer Dinge – hält ihn davon ab, es zu tun. Und außerdem scheint sie sowieso nicht an Small Talk interessiert zu sein. „Sie kommen mit mir. Uns sind die Beruhigungsmittel ausgegangen und ich muss zwei Kugeln aus Cadmans Körper entfernen. Ich brauche jede Hilfe, die ich kriegen kann.“

    Sie hat ihn nicht gerade… zur OP abkommandiert, oder? Weil er sich nämlich ganz und gar nicht sicher ist, ob er das aushalten kann. Er ist nicht zimperlich, aber alleine der Gedanke, dort sein zu müssen und sehen zu müssen, wie Laura nur noch mehr leidet, bereitet ihm richtiggehend Übelkeit. Aber… Keller wartet nicht mal auf seine Antwort, sondern geht nur zurück zum Zelt, als würde sie erwarten, dass er ihr folgt.

    Er denkt kurz darüber nach, es einfach nicht zu tun, aber er hat das Gefühl, als würde sich diese Version von Dr. Keller nicht mit einem Nein zufrieden geben… und überhaupt, er hat sein Team nicht davon abhalten können, diesen Überfall durchzuführen und deswegen ist es auch seine Schuld, dass Laura jetzt auf einem Tisch in einem Zelt liegt, drauf und dran, ohne jegliche Narkose operiert zu werden, und er schuldet es ihr, dass er wenigstens da ist für sie.

    Mit zusammengebissenen Zähnen humpelt er schließlich Keller nach, entschlossen, weiterhin daran zu glauben, dass sie und Doc Laura retten können, ganz egal, wie primitiv die Ausrüstung ist. Es gab mal eine Zeit, da waren diese Ärztinnen Mitglieder eines medizinischen Teams, das vielleicht das beste in zwei Galaxien war, und das sollte doch irgendwas wert sein, oder?

  13. Danke sagten:


  14. #9
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    Titel: Zwischen den Fronten: So ist es niemals in Wirklichkeit (4/8)
    Autor: icke (also, meine Wenigkeit)
    Serie: Stargate: Atlantis
    Genre: Action, drama
    Charakter/Pairings: Lorne, Cadman, Lorne/Cadman
    Rating (inkl. Warnungen wie CD, Slash etc., falls noetig): R (AU, apocafic, whump)
    Staffel/Spoiler: Alles bis zum Ende der dritten Staffel, ab da AU
    Anmerkung des Autors: Hey, ich liebe meine neuen Job. Also, ich versuchs zumindest. Na ja, egal. Wie auch immer... viel Spaß beim Lesen. Und falls dieses Mal doch noch Fehler drin sind... mein Job ist Schuld.
    Kurzinhalt: Nach dem missglückten Überfall hatte Evan Lorne gehofft, dass er mal ein bisschen Ruhe hat... aber fangen die Probleme für Laura Cadman und ihn vielleicht gerade erst an?

    Zwischen den Fronten: So ist es niemals in Wirklichkeit

    „Warum kann's nicht perfekt sein
    So wie in einem Liebeslied
    Oder so wie im Film sein
    Wo der Boy vor dem Mädchen kniet
    Und ihre Hand nimmt
    Und ihr ganz tief in die Augen blickt
    Einfach alles stimmt
    Nichts an dem wirkt ungeschickt
    Kerzen brennen und Champagner steht bereit
    Doch so ist es niemals in Wirklichkeit.“

    Die Ärzte, „Perfekt“


    Sie ist da drüben. Er müsste eigentlich wirklich nur aufstehen, ein paar Schritte humpeln, die Zeltklappe zurückschlagen und dann würde er vor ihr stehen und sie würde hoffentlich schlafen, erschöpft nach einer mehrstündigen OP, bei der sie mehr oder weniger die ganze Zeit bei Bewusstsein war… aber irgendetwas hält ihn auf seinem Platz ein bisschen entfernt vom Lagerfeuer, und er würde sich selbst belügen, wenn er sagen würde, dass es nur das Knie ist.

    Und so starrt er alternativ ins Feuer, zum Zelt oder auf den Boden und versucht, mal an was anderes als an das, was heute passiert ist, zu denken. Das ist allerdings nicht ganz so einfach, weil… weil es fast zu viel war, selbst für jemanden wie ihn, der sich daran gewöhnen musste, dass eine Menge Dinge im relativ kurzen Zeitraums eines Tages passieren können. Da gab es den Überfall, der schiefgegangen ist, einen Rückzug, der fast schiefgegangen wäre, Laura, die verwundet wurde… und er hat Menschen wiedergesehen, von denen er nie gedacht hätte, dass er sie je wiedersehen würde… und hat manche Leute auch nicht wiedergesehen.

    Na ja, das und… dass er Keller und Doc dabei helfen musste, eine Laura zu operieren, die mindestens noch halb bei Bewusstsein war. Gott, er wünschte, er könnte das vergessen. Aber das wird er wahrscheinlich nie. Er hat so das Gefühl, dass er sich immer daran erinnern wird, dass sie einfach nicht still sein konnte, weil sie schon zu fertig gewesen war, um sich wie üblich im Griff zu haben… weil er derjenige gewesen war, der sie hatte festhalten müssen.

    Sie hatten versucht, die zwei Kugeln gleichzeitig zu entfernen – Keller die eine, Doc die andere – während Laura auf dem Bauch lag, aber sie war zu unkooperativ gewesen und er konnte es einfach nicht ertragen, sie mit Gewalt festhalten zu müssen, also hatte er die Proteste der Ärztinnen ignoriert und Laura geholfen, sich rittlings auf den OP-Tisch zu setzen und hatte sich ihr gegenüber gesetzt.

    Das hatte es ihm ermöglicht, sie zu umarmen… und sie hatte sofort ihren gesunden Arm um ihn gelegt. Das Operieren war damit für die beiden Ärztinnen zwar ein bisschen komplizierter geworden, aber zumindest konnte er sie festhalten und versuchen, die Schmerzen, die sie ertragen musste, erträglich zu machen, in dem er sie mit jedem tröstenden Wort, das er je gehört hatte zu beruhigen versucht hatte.

    Was er da gesagt hat, weiß er nicht mehr… aber an was er sich doch erinnert ist, dass er danach die Flasche Selbstgebrannten, den sie als Schmerz- und Desinfektionsmittel gleichermaßen benutzt hatten, die ihm Keller wortlos in die Hand gedrückt hatte genauso wortlos angenommen hatte und einfach nur einen wirklich großen Schluck genommen hatte, ohne überhaupt mitzubekommen, wie ekelhaft das Zeug geschmeckt hatte.

    Der Alkohol hatte sofort Wirkung gezeigt, aber nicht so sehr, wie er es erwartet – und gehofft – hatte und vor allem hatte es kein Stück dazu beigetragen, seine Zweifel und andere Nachwirkungen, die jetzt nach und nach an die Oberfläche seines Verstands drängen, zurückzuhalten. Denn die Sache ist die… es fühlt sich an, als würde alles außer Kontrolle geraten.

    Als er diese Sache mit Laura angefangen hatte, war er dumm genug gewesen, nicht mit Komplikationen zu rechnen. Am Anfang war er sogar dumm genug gewesen zu glauben, dass es etwas rein Körperliches war, dass er einfach so weitermachen konnte, wie bisher… aber dann war ihm ziemlich schnell klar geworden, dass er sich nur etwas vormachte. Tatsächlich ist das, was er mit Laura hat, ganz sicher nicht nur körperlich – von beiden Seiten.

    Von Anfang an waren mehr Teile von ihm als nur seine niederen Körperregionen in das hier verwickelt und es war ein großer Fehler gewesen zu glauben, dass sich nichts ändern würde, wenn er seine Gefühle tatsächlich zulassen würde. Aber die Wahrheit war, dass es alles veränderte. Es hat die Art verändert, wie er sie sieht und es hat die Art verändert, wie sie ihm unter die Haut geht – oder eher, wie er zugibt, dass sie das tut – und er ist sich ziemlich sicher, dass er auch Laura unter die Haut geht.

    Und jetzt sitzt er hier und fühlt sich wie der größte Idiot in zwei Galaxien, weil er den wahrscheinlich ältesten und größten Fehler gemacht hat, den ein Soldat machen kann – er hat sich in eine Kameradin verliebt… na ja, und das auch noch zugelassen. Vielleicht gibt es ein paar gute Gründe, warum Vorschriften von der Erde für sie nicht mehr gelten müssen… aber es gibt auch ein paar gute Gründe, warum man sie dennoch beibehalten sollte.

    Es geht gar nicht um Bevorzugung oder dass es die Dynamiken des Teams verändern könnte oder dass es sich negativ auf seine Führungsqualitäten auswirken könnte – er ist immer noch klar genug, um zu sehen, dass der heutige Tag gezeigt hat, dass das alles nicht stimmt. Nein, es geht darum, dass sein Herz heute in Stücke zerfetzt wurde.

    Ja, sie ist am Leben und wahrscheinlich schon auf dem Weg der Besserung, aber trotzdem… als er gesehen hatte, wie sie getroffen wurde und sie fast kollabiert wäre, hatte er den ersten Knacks gespürt. Und jedes Mal, wenn sich ihr Zustand verschlechtert hatte, hatte er gespürt, wie ein weiteres Stück seines Herzens weggerissen wurde. Bei ihrer OP helfen zu müssen war dann nur der Tropfen gewesen, der das Fass zum Überlaufen gebracht hatte.

    Scheiße, er spürt immer noch, wie sich ihre Finger in seinen Rücken gekrallt haben und an seiner Jacke gezerrt haben und die Feuchtigkeit auf ihren Wangen, die vielleicht Schweiß war oder Tränen oder beides und wie sie jedes Mal zusammengezuckt war, wenn Doc oder Keller eine empfindliche Stelle oder einen Nerv erwischt hatten – was praktisch jedes Mal war, wenn sie sie nur angefasst hatten.

    Oh Gott, das hätte er nie anfangen sollen… es wird sie nur beide zerstören, denn aus irgendeinem Grund weiß er, dass sie ganz genauso reagiert hätte, wenn die Rollen umgedreht gewesen wären. Und das Letzte, was er für sie will ist, dass sie sich je so fühlen muss, wie er sich jetzt fühlt. Sie hat das nicht verdient und er sollte die Chance nutzen, ihnen beiden noch mehr Schmerzen zu ersparen, so lange er kann. Er sollte… „Also… Sie und Cadman, ja?“

    Heilige Scheiße. Warum müssen sie sich denn nur alle so an ihn heranschleichen? Zuerst Laura, jetzt Sheppard… er sollte wirklich an dieser ganzen Sache mit dem auf der Hut sein arbeiten. Wenigstens kann er die ganze Nervosität noch für sich behalten und nach außen hin einigermaßen ungerührt aussehen. Um diesen Eindruck aufrecht zu erhalten, sieht er Sheppard nicht an, als er etwas wortkarg antwortet: „Jep, Cadman und ich.“ Und wirklich, muss er da noch mehr sagen?

    „Läuft’s schon lange?“ Ja, natürlich. Er hätte wissen müssen, dass Sheppard das nicht schon nach einer Frage auf sich beruhen lassen würde. Tatsächlich ist das wahrscheinlich nur der Auftakt zu einem Verhör, aber er ist zu müde für so was. Er will nicht mal wissen, was oder wer dem Colonel das verraten hat, weil die einzige Unterhaltung, die sie seit dem Ende von Lauras OP hatten, nur zum Inhalt hatte, dass sie sich gegenseitig auf den neuesten Stand, was Todesfälle, Überlebende und den generellen Zustand von dem, was von der Atlantis-Expedition übrig ist, gebracht hatten.

    Er sieht Sheppard immer noch nicht an, als er erwidert: „Nur ein paar Wochen, Sir.“

    Daraufhin ist Sheppard erstmal für eine ganze Weile ruhig, bis er etwas gereizt fragt: „Und warum genau sitzen Sie dann hier und sie ist in dem Zelt da drüben?“

    Das ist eine gute Frage. Eine wirklich, wirklich gute Frage. Und hey, er kann sogar versuchen, sie zu beantworten, ohne das Gesicht zu verlieren. „Keller hat gesagt, dass sie Ruhe braucht.“ Das ist nicht ganz die Wahrheit… aber es ist nahe genug dran. Keller hat ihm gesagt, dass Laura Ruhe braucht… aber sie hat ihm nicht explizit gesagt, dass er sich vom Zelt fernhalten soll – eine eher seltene Erscheinung, wenn man Sergeant Meyers’ Aussage Glauben schenken möchte.

    Allerdings… tut ihm Sheppard nicht den Gefallen, es einfach gut sein zu lassen. „Cadman… oder Sie?“ Verdammt, warum muss der Mann denn nur so scharfsinnig sein? Und so direkt? Das war er doch früher… nein, das stimmt nicht. Eigentlich hat Sheppard sich schon immer um seine Soldaten gekümmert, selbst in Atlantis. Meistens hatte er ziemlich unauffällig versucht, herauszubekommen, was genau los ist, wenn Leute sich merkwürdig benommen hatten und es dann auf sich genommen, zu klären, was auch immer diese Veränderung verursacht hatte. Tatsächlich… ist es irgendwie nur logisch, dass Sheppard jetzt versucht, dasselbe mit seinem ehemaligen Stellvertreter zu machen.

    Also… einen Augenblick hat er den starken Drang, Sheppard einfach alles zu erzählen. Dass er sich völlig ausgelaugt fühlt, eigentlich dringend mal einen Augenblick bräuchte, in dem er sich zurücklehnen und einfach mal nur seine Ruhe haben kann, dass er weiß, dass er einen Fehler gemacht hat, als er seine Gefühle für Laura zugelassen hat und den Fehler trotzdem weder rückgängig machen kann noch will… aber er war noch nie jemand, der großartig über so etwas geredet hat und ein Jahr auf der Flucht hat das jetzt nicht unbedingt großartig verbessert. Er holt tief Luft. „Sir, ich würde es zu schätzen wissen…“

    „Hören Sie, Major… sehr viele unserer Leute sind nicht mehr da.“ Er hat diesen Ton noch nie von Sheppard gehört. Leise und rau, und er erzählt eine ganz eigene Geschichte. Es ist eine Geschichte von Verlusten: Dr. Weir bei der Zerstörung von Atlantis, Rodney McKay bei der Verteidigung der improvisierten Relaystation, die er gebaut hatte, um zu versuchen, die Milchstraße anzufunken, Teyla bei einem Versuch, einer Gruppe Widerstandskämpfer zu helfen – obwohl Ronon ihm erzählt hat, dass sie sie gar nicht tatsächlich sterben gesehen haben. Und er sagt ihm, dass Sheppard zwar immer noch wie früher aussehen mag, sich aber auch verändert hat.

    Er will etwas sagen, nur irgendwas, dem Colonel mitteilen, dass er nicht alleine ist und dass er ganz genau weiß, wie er sich fühlt, aber Sheppard lässt ihn nicht dazu kommen, weil er mit etwas kräftigerer Stimme hinzufügt: „Machen Sie nicht denselben Fehler, den ich gemacht habe, Major.“ Was will er denn damit…? „Sie sind vielleicht weg… aber Cadman ist immer noch hier.“

    Wieder ein Blick zum Zelt. Da ist immer noch Licht, aber alles war ruhig, seit sie sie da hinein gebracht haben, was er als gutes Zeichen wertet. Keine Nachrichten sind gute Nachrichten und so. So weit er weiß, liegt sie jetzt da drin und schläft die Erschöpfung und die Schmerzen und den Alkohol weg… oder vielleicht geht sie auch allen da drin auf die Nerven, indem sie sich darüber beschwert, dass es ihr ganz blendend geht und sie da gar nicht rumliegen muss und ein paar blöde Witze macht… sein Herz macht sich wieder bemerkbar, diesmal mit dem Verlangen, da drin zu sein und zu sehen, was auch immer sie gerade tut… sie am Leben zu sehen und zu wissen, dass sie sicher ist, wenigstens heute Nacht.

    Er ballt seine Hände zu Fäusten und nickt. „Ja, Sir… ja, das ist sie.“ Jetzt sieht er Sheppard doch an und der Colonel hebt nur die Augenbrauen, wie um zu sagen „Worauf warten Sie denn dann bitte noch?“ Ja… worauf eigentlich? Er verzieht das Gesicht und nimmt es auf sich, aufzustehen. Dann wirft er Sheppard einen entschuldigenden Blick zu. „Sir… ich hoffe, es macht Ihnen nichts aus…“ Sheppard verdreht nur die Augen und schüttelt seinen Kopf. „Klar. Ich… danke, Sir.“

    „John?“ Was?

    „Äh… wie bitte, Sir?“ Wieder verdrehte Augen.

    „Mein Vorname. Er ist John. Das könnten Sie das nächste Mal versuchen, wenn wir miteinander reden.“ Oh… oh, ach so. Kein Atlantis mehr… keine Vorgesetzten mehr. Stattdessen… sind sie jetzt gleichgestellt.

    Weil er ein bisschen überfordert mit allem ist, hat er für Sheppard nur ein angestrengtes kleines Lächeln übrig, das ihm sagen soll, dass er das alles zu schätzen weiß und dann geht er hinüber zu dem Zelt, in dem Laura liegt. Er stellt sich auf so ungefähr jeden möglichen Fall ein, der ihm in den Kopf kommt… aber als er das verdammte Zelt endlich tatsächlich betritt… begrüßt ihn ein Anblick, auf den er sich nicht vorbereitet hatte. Denn, nun ja, er hätte nie erwartet, dass der Rest seines Teams schon da ist.

    Einen Augenblick herrscht beiderseitige Überraschung… bis ausgerechnet Jörgensen einfach nur sagt: „Wurde aber auch Zeit, dass du endlich hier auftauchst, Lorne.“ Was… er schaut zu den anderen – na ja, denjenigen, die noch wach sind, weil es so aussieht, als wäre Doc vor einer Weile mehr oder weniger umgekippt, weil sie offenbar schlafend auf der Liege neben Lauras liegt – und sieht, wie sich in ihren Gesichtern dasselbe, was Jörgensen eben gesagt hat, widerspiegelt.

    Er ist versucht, ihnen zu sagen, dass sie ins Bett gehen sollen und sich mindestens zehn Stunden nicht mehr blicken lassen sollen, damit er mit Laura und all dem Zeug in seinem Herzen und seinem Kopf alleine sein kann, aber dann… wird ihm klar, dass sie ihm sowieso nicht gehorchen würden. Und die Art, wie Dhati eben wortlos ihren Platz auf dem Boden neben Lauras Kopf freigemacht hat… sagt ihm, dass sie das, was zwischen Laura und ihm vorgeht, nicht nur tolerieren. Nein, sie akzeptieren es auch… ohne Vorbehalte sogar.

    Statt also Jörgensen wegen des eher barschen Kommentars was zu erzählen, nickt er einfach nur, geht zu Lauras Liege und setzt sich vorsichtig dorthin, von wo Dhati eben aufgestanden ist. Einen Augenblick lang lehnt er sich gegen die Kiste in seinem Rücken, schließt die Augen und versucht zum hundertsten Mal, Ordnung in alles, was heute passiert ist, zu bringen… aber ein leises Rascheln und ein kleines angestrengtes Seufzen von der Liege neben ihm lassen das alles in die Bedeutungslosigkeit verschwinden. Er öffnet seine Augen und sieht Laura zum ersten Mal wirklich an.

    Sie liegt auf dem Bauch, nur von einer Decke, die nur bis unter ihre Schulterblätter reicht, bedeckt, weswegen dort nackte Haut und weiße Verbände zu sehen sind. Einen Augenblick lang hat er Angst, dass das Seufzen hieß, dass er sie irgendwie aufgeweckt hat, aber so, wie es aussieht, scheint sie immer noch zu schlafen. Er weiß, dass er sie in Ruhe lassen sollte, aber das hier ist nicht das gute alte sonnige Kalifornien und das Zelt bietet nicht gerade viel Schutz vor der Kälte da draußen, also zieht er die Decke vorsichtig höher, damit sie vollständig bedeckt ist.

    Das… das bringt ein kleines unbewusstes Lächeln auf ihrem abgespannten und blassen Gesicht zum Vorschein und er kann nicht anders, als etwas zu tun, dass er bis jetzt noch nie getan hat: Sie in der Öffentlichkeit zu küssen. Nur auf die Wange und nur ganz sanft, aber trotzdem… nein, kein Grübeln mehr und auch keine Zweifel oder Vorwürfe.

    Sie ist am Leben und sein Team ist am Leben und er ist am Leben, und das ist alles, was gerade zählt, und mit dieser Erkenntnis im Herzen schließt er seine Augen wieder und lehnt seinen Kopf gegen die Liege, nur Zentimeter von ihrem Gesicht entfernt. Daraufhin… schleicht sich etwas auf Zehenspitzen in seinen Verstand, das sich verdächtig wie Frieden anfühlt und obwohl er eigentlich so lange bei ihr wachen wollte, bis sie aufwacht… bringt ihn das dazu, endlich selber auch in die wunderbare Schwärze eines traumlosen Schlafes abzudriften.

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  16. #10
    Kriegsfachkraft a.D. Avatar von RowenaR
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    Titel: Zwischen den Fronten: Zurück (5/8)
    Autor: icke (also, meine Wenigkeit)
    Serie: Stargate: Atlantis
    Genre: Drama
    Charakter/Pairings: Lorne, Cadman, Lorne/Cadman
    Rating (inkl. Warnungen wie CD, Slash etc., falls noetig): PG13 (AU, apocafic)
    Staffel/Spoiler: Alles bis zum Ende der dritten Staffel, ab da AU
    Anmerkung des Autors: Ich hätte echt fast das falsche Kapitel gepostet... das is bestimmt der Job, der macht einen bekloppt.
    Kurzinhalt: Und wenn du denkst, es geht nicht mehr... Evan Lorne und Laura Cadman sind tatsächlich auf dem Weg nach hause. Oder was man so Zuhause nennt.

    Zwischen den Fronten: Zurück

    „Wo Du nicht bist, kann ich nicht sein.
    Ich möchte gar nichts andres ausprobieren.
    Wir sind wie alle andern, denn wir möchten heim.
    Es ist fast nie zu spät, das zu kapieren.“

    Heinz Rudolf Kunze, „Dein ist mein ganzes Herz“

    „Ich versteh’s immer noch nicht. Warum wollte er denn da bleiben? Warum wollten sie denn alle bleiben?“ hört sie Mikos Stimme aus der Kantine, von der sie dachte, dass sie leer wäre. Andererseits war es wahrscheinlich blödsinnig anzunehmen, dass das Leben auf der Phönix irgendwie anders wäre als auf der Dädalus oder irgendeinem der anderen Schiffe, die sie mal kannte. Es ist immer jemand wach und es sitzt auch immer jemand in der Kantine herum…

    „Sie hatten ihre Gründe, Miko.“ Oh, das ist Evan… also dahin ist er verschwunden. Gemeiner Mensch, der er ist, hat er sie nicht aufgeweckt und einfach weiterschlafen lassen, obwohl sie ihm mit ein paar nicht wirklich angenehmen Dingen gedroht hat, falls er es wagen sollte, das zu tun.

    Sie ist kurz davor, einfach reinzumarschieren und ihm einen Klaps zu verpassen, aber… der Ton seiner Stimme lässt sie zögern, weil er so… müde klang. Also, ja, es ist erst ein paar Stunden her, dass die Phönix sie aufgegabelt hat, nachdem sie vor zwei Wochen ihr Signal empfangen haben, aber… es macht ihr Sorgen, dass sie statt Erleichterung und wenigstens etwas Feierstimmung nur Erschöpfung und etwas Genervtheit in Evans Stimme hören kann.

    „Aber sie werden dort sterben.“ Miko allerdings hat den genervten Unterton entweder nicht gehört oder hat gerade eine dieser seltsamen sturen Launen, mit denen sie offenbar ihr sonst sehr gutmütiges Wesen ausgleichen muss, indem sie sich praktisch in ein Thema verbeißt.

    Leider heißt beides, dass Miko ernsthaft Ärger mit Evan bekommen wird, weil sie weiß, dass er jetzt ganz sicher nicht über die drei Menschen, die sie in der Pegasus-Galaxie zurückgelassen haben – Sheppard, Ronon und Keller – reden will… vielleicht sogar nie über sie reden wollen wird. Also… sollte sie ihn hier besser mal unterstützen.

    Als sie die Kantine betritt, sieht sie wie Evan und Miko an einem Tisch am Fenster sitzen, mit dem Hyperraum im Hintergrund. Evan sitzt mit dem Rücken zu ihr, aber an seiner Haltung kann sie erkennen, dass die Dinge gerade nicht so laufen, wie er möchte und dass er lieber woanders wäre… aber Miko ist immer noch eine Freundin… und eine von denen, die es kennen. Man lässt solche Leute nicht einfach stehen, nur weil einem gerade das Gesprächsthema nicht passt.

    Er ist drauf und dran zu antworten, das kann sie sogar von hinten sehen, aber jetzt hat Miko sie bemerkt und winkt sie zum Tisch. „Laura! Vielleicht kannst du es mir ja erklären!“

    Jetzt dreht sich Evan auch um. „Du solltest doch in deinem Bett sein, junge Dame.“ Blödsinn. Ihre Not-OP ist zwei Monate her und das ist wirklich genug Zeit, dass er endlich damit aufhört, einen auf großen Beschützer zu machen. Okay, die meiste Zeit fühlt sich irgendwie ihr gesamter oberer Rücken hart wie Stein an, aber das hat einfach nur eine Menge damit zu tun, dass sie schon immer zu einem verspannten Rücken geneigt… ach, egal. Ihr geht’s gut, Punkt.

    „Und da solltest du auch sein, Fliegerjunge.“ Hat Miko gerade die Nase gerümpft? Ach nein, das hat sie sich nur eingebildet. Und sie hat es auch wirklich ehrlich nicht doppeldeutig gemeint, denn das Erste, was man ihnen auf der Phönix verpasst hatte, war ein kompletter medizinischer Check-Up gewesen und die Ärzte hatten Evan einhellig verboten, irgendetwas anderes zu tun, als im Bett herumzuliegen und zu warten, bis die Phönix wieder auf der Erde ankommt.

    Es war eine ziemlich heftige Schlacht gewesen, die Ärzte davon zu überzeugen, dass sie ihn in den Crew-Quartieren statt auf der Krankenstation liegen lassen und das Argument „Sie haben es doch gerade selbst gesagt: Mein Knie ist komplett im Eimer. Also wie viel Schaden können denn bitte die paar Schritte zu den Quartieren noch anrichten?“ hatte eine große Rolle gespielt… so, dass sie am Ende gar nicht anders konnten, als ihn gehen zu lassen.

    Aber es hatte eine Bedingung gegeben: Dass er im Quartier bleibt und zulässt, dass sich andere um ihn kümmern. Um das durchzusetzen, haben sie ihm sogar die Krücken weggenommen… sie fragt sich, was ihn dazu gebracht hat, den langen Weg zur Kantine auf sich zu nehmen, weil sie sich ziemlich sicher ist, dass es nicht einfach nur aus Trotz war. Er hat zu große Schmerzen dafür, selbst mit den ersten ordentlichen Schmerzmitteln seit über einem Jahr im Blut.

    Als sie sich neben ihn setzt, kann sie sich gerade so damit zurückhalten, ihm einen sanften Kuss auf die Wange zu geben und sie kann auch sehen, dass er ihr vielleicht sogar den Grund für seinen Mitternachtsbesuch in der Kantine erzählen würde, wenn sie alleine wären. Aber so, wie es ist, muss sie sich damit zufrieden geben, sich an ihn zu lehnen und ihm kurz zärtlich über den Rücken zu streichen.

    Es bringt ihr ein dankbares kleines Lächeln ein und er lehnt sich hinüber zu ihr, um ihr hoffentlich… aber Miko will offensichtlich, dass ihre Frage beantwortet wird. „Bitte, Laura… erklär du mir, warum John und Jennifer nicht mit uns kommen wollten. Bei Ronon verstehe ich es ja… aber wollten John und Jennifer nicht wieder nach Hause? Will nicht jeder wieder nach Hause?“

    Theoretisch… ja. Sie will es und Evan will es und Doc und Jörgensen wollen es natürlich auch… und Miko will definitiv wieder nach Hause. Allerdings… sie tauscht einen Blick mit Evan aus und sie ist sich ziemlich sicher, dass er auch gerade dieselbe Szene im Kopf hat wie sie. Es ist ihre Verabschiedung von Sheppard, Ronon und Keller vor ein paar Stunden und ihr Versuch, sie dazuzubringen, doch mitzukommen… sie alle drei. Und sie wird sich immer an das erinnern, was Sheppard ihr geantwortet hat, als sie dasselbe wie Miko eben zu bedenken gegeben hatte – dass er in der Pegasus-Galaxie sterben würde. Er hatte gesagt… er hatte gesagt, dass er in der Milchstraße auch tot wäre… selbst wenn er noch atmen würde.

    Zuerst hatte sein offener Fatalismus sie erschreckt… aber ein weiterer Blick auf ihn hatte ihr klar gemacht, warum er das gesagt hatte. Und er hatte ihr klargemacht, dass mehr hinter Sheppards Entscheidung stand als die Überzeugung, dass Teyla immer noch irgendwo da draußen war und der Wunsch, sie finden zu wollen. Tatsächlich… tatsächlich war ihr klar geworden, dass das nur eine Ausrede war, aber nachdem sie Blicke mit Evan ausgetauscht hatte, hatte sie davon abgesehen, Sheppard darauf anzusprechen, weil sie es beide besser wussten, als zu versuchen, ihn von etwas abzubringen, von dem er überzeugt war.

    Na ja, Miko wartet immer noch auf ihre Antwort. Sie sieht, dass Evan antworten will, aber es ist an der Zeit, dass sie die Unterhaltung übernimmt, weil sie merkt, wie er sich immer mehr anspannt und langsam wirklich genervt wird. „Weißt du, ich glaube… manchmal… ändert sich die Definition von Zuhause.“

    Daraufhin sieht Miko so aus, als hätte sie ernsthafte Schwierigkeiten, dieses Konzept zu erfassen und als wäre sie drauf und dran, ihnen zu sagen, dass sie das es nicht versteht und dass Sheppard und Keller vielleicht irgendwie von irgendetwas kontrolliert wurden oder so was… aber letztendlich sagt sie: „Wie kann die Pegasus-Galaxie denn Zuhause sein?“

    Ja, das würde sie sich vielleicht auch fragen, wenn sie Miko wäre – die einzige aus dem Team, die nie aufgehört hat, über das Nachhausekommen zu reden, als würde es gleich morgen passieren, nicht als wäre es etwas sehr Theoretisches, an das sowieso keiner mehr glaubt, wie der Rest – aber so, wie es ist… ist, das einzige, was sie sich kurz gefragt hat, bevor sie den Gedanken unterdrückt hatte, ob die Milchstraße wohl je wieder ein Zuhause für sie werden würde.

    Sie will wieder antworten, aber Evan ist schneller und klingt irgendwie abgekämpft, als er erwidert: „Keine Ahnung, Miko. Wenn ich es wüsste, wäre ich nicht hier.“ Gott, sie wünschte, sie könnte diese Unterhaltung einfach beenden und ihn zu ihrem… nein, seinem Quartier zurück schleppen, weil er klingt, als bräuchte er mindestens zehn Stunden Schlaf.

    Und einen Augenblick lang sieht es so aus, als würde sie ihren Wunsch tatsächlich erfüllt bekommen, denn eine kleine Ewigkeit lang sagt Miko nichts… aber dann gibt es da ein etwas schüchternes und leises: „Ich hoffe… ich hoffe, sie finden Teyla. Wenn sie das schaffen würden… könnte ich sogar verstehen, wie die Pegasus-Galaxie ein Zuhause sein kann.“

    Also, das ist… ein bisschen überraschend… aber sie glaubt, dass Miko jetzt endlich verstanden hat, worum es bei dieser ganzen Sache für Sheppard ging, zumindest in Teilen. Und was Ronon und Keller angeht… na ja, Ronon würde seine Heimat nicht verlassen und Keller würde Ronon nicht verlassen, selbst wenn sie nur Andeutungen von dem gesehen hat, was vermutlich zwischen den beiden vorging.

    Außerdem hatte sie so das Gefühl, als wäre diese Version von Keller – härter, weniger zimperlich, weniger unsicher… zynischer – nie in der Lage, sich wieder an ein ganz normales Leben auf der Erde zu gewöhnen. Und die alte Jennifer, die ganz sicher noch irgendwo da drin ist, würde ihrem Vater nie ein zweites Mal das Herz brechen wollen.

    Sie will etwas in diese Richtung sagen, aber Miko gähnt und sieht sie ein bisschen verlegen an. „Ich… glaube es ist besser, wenn ich jetzt schlafen gehe. Ich bin sicher, dass ich jetzt müde genug dazu bin.“ Und damit verabschiedet sie sich… schnell genug, dass sie keiner fragen kann, was das jetzt heißen sollte und ihr wird klar… dass es nicht mehr lange dauern kann, bis Miko doch versteht, was Sheppard und Keller dazu gebracht hat, zu bleiben.

    Als Miko weg ist… wendet sie sich wieder Evan zu, eine Augenbraue erhoben. „Also… gibt es irgendwelche besonderen Gründe, dass du es nicht mehr mit mir in einem Bett ausgehalten hast?“

    Daraufhin schnaubt er nur. „Du meinst, abgesehen davon, dass es uns einen Militärgerichtsprozess einbringen könnte?“

    Verdammt. Das musste er jetzt unbedingt bringen, ja? Sie hat die ganze Zeit versucht, sich nicht schuldig dafür zu fühlen, dass sie Regeln ignoriert haben, die sie eh schon gebrochen hatten, als sie dachten, dass die Organisation, die ihnen diese Regeln aufgedrückt hatte, sie mehr oder weniger aufgegeben hat und dann musste er sie daran erinnern. Ganz. Toll. „Ja, los, hack noch ein bisschen drauf rum.“

    Oh… oh, sie wollte nicht, dass das so gemein klingt… vor allem, weil sie weiß, dass er Schwierigkeiten hatte, sich klarzumachen, dass das, was sie haben, etwas Gutes ist. Er hat ihr das nie gesagt, aber sie ist nicht blöd und es ist ja nicht so, als hätte sie diese Zweifel nicht gehabt. Und verdammt, jetzt tut es ihr wirklich leid, weil er aussieht, als… als er sei nicht unglücklich darüber, dass sie Regeln brechen, sondern dass plötzlich wieder von ihnen erwartet wird, sich an diese Regeln zu halten. „Gott, Laura, es tut mir leid. Es ist nur… du und ich… Ich bin nur…“

    Nein, denkt sie. Sie wird jetzt nicht zulassen, dass er sich in eine langatmige Erklärung darüber verstrickt, in der er versucht, sich selbst zu rechtfertigen und Regeln zu rechtfertigen, denen er gar nicht mehr folgen will und in der er versucht, sie von etwas zu überzeugen, an das er selber nicht mehr glaubt.

    Nicht jetzt, wenn sie einfach nur froh darüber zu sein sollten, dass sie wieder in richtigen Betten schlafen können und halbwegs anständiges Essen bekommen und medizinische Versorgung selbst für so banale Sachen wie einen Splitter im Finger, wenn sie es denn brauchen. Sie wagt es sogar, seine Hand zu nehmen, als sie ihm sagt: „Ist schon in Ordnung, Evan. So eingesperrt zu schlafen mach mich auch… ein bisschen unruhig.“

    Er schüttelt heftig den Kopf… aber versucht nicht mal, seine Hand aus ihrer zu ziehen. „Laura! Du weißt ganz genau, was ich meinte.“

    Ohne etwas zu leugnen, nickt sie. „Ja, klar.“ Aber sie fügt auch hinzu: „Und wir werden uns darum kümmern, wenn es so weit ist. Jetzt, allerdings… na komm schon, du brauchst deinen Schönheitsschlaf.“

    Sie lässt seine Hand los und steht auf und nach einem düsteren Blick – wahrscheinlich dafür, dass sie ihn herumkommandiert hat – nimmt er es auch auf sich, aufzustehen… allerdings nicht, ohne zu sagen: „So wie du, Miss Augenringe.“

    Sie verdreht die Augen, legt ihren Arm um seine Hüfte und ignoriert einfach alle seine Proteste und als er endlich kapiert, dass sie ihn ganz sicher nicht alleine zurücklaufen lassen wird, stützt er sich auf. Langsam machen sie sich auf den Weg zurück und sie kann einfach nicht anders, als zu sagen: „Du weißt wirklich, wie man ein Mädchen rumkriegt, was?“

    Das… oh, Gott sei Dank. Es beschert ihr ein echtes Grinsen von ihm, das so sehr aussieht, wie diese Fliegerjungen-Grinsen, die er in Atlantis immer mal hat aufblitzen lassen und die immer den halben Raum zum Schmelzen gebracht haben, dass es sie fast erschreckt. „Ja, na ja, was dachtest du denn, was sie uns auf der Academy beigebracht haben?“

    Es bringt sie nur zum Schnauben, aber es hebt ihre Laune genug, dass sie nicht mal die seltsamen Blicke bemerkt, die die Leute in den Korridoren ihnen zuwerfen… und es lässt ihre Hoffnung wieder aufleben, dass das, was sie hier haben, auch weiterbestehen wird, wenn sie auf die Erde zurückkommen und wieder das Leben führen sollen, von dem sie dachten, dass sie es nie wiederbekommen würden.

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  18. #11
    Dissidentin vom Dienst Avatar von Annanym
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    Also ich kann ja verstehen, dass Ronon, Sheppard und Keller dort geblieben sind. Vor allem für Ronon finde ich ja auch das Ende von EATG so dumm. Fragt den (und Teyla, die es ja da auch betrifft) eigentlich mal jemand, wie er es so findet, nicht mehr in der "eigenen" Galaxie zu sein und vielleicht nicht wieder dahin zurückzukehren?

    Na ja, egal ... ich fand's toll. Und "Miss Augenringe" ist sehr nett. Also wirklich, Evan
    ~*~



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  20. #12
    Kriegsfachkraft a.D. Avatar von RowenaR
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    Zitat Zitat von Annanym Beitrag anzeigen
    Also ich kann ja verstehen, dass Ronon, Sheppard und Keller dort geblieben sind. Vor allem für Ronon finde ich ja auch das Ende von EATG so dumm. Fragt den (und Teyla, die es ja da auch betrifft) eigentlich mal jemand, wie er es so findet, nicht mehr in der "eigenen" Galaxie zu sein und vielleicht nicht wieder dahin zurückzukehren?
    Na, Mallozzi und Co schon mal nich, jedenfalls. Das kotzt mich aber auch mal so was von an, ne, also? Aber gut, ich trag ja grade Eulen nach Athen, dich muss ich ja nicht agitieren

    Na ja, egal ... ich fand's toll. Und "Miss Augenringe" ist sehr nett. Also wirklich, Evan
    Ja, ne, im Komplimente machen ist er echt ganz groß, oder?

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  22. #13
    Brigadier General Avatar von Teleia
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    Hi hi!

    Endlich bin ich auch durch und ich muss sagen,....hat mir wirklich super gut gefallen, obwohl ich eigentlich beim Anblick des Titels dachte, mmh ja, ist ja nicht so mein Ding, aber die Neugierde war stärker. Zum Glück, muss ich jetzt sagen.

    Auch wenns eine sehr düstere Version von Atlantis ist, die du da beschreibst. Deine Cadman und dein Lorne geben ein schönes Paar ab und mal ganz anders, als man es gewohnt ist und das hat auch was für sich. Wenns "echt" wäre, wäre es ja wohl so, wie du es schreibst.

    Besonders gut gefallen hat mir der vorletzte Teil. Lorne, wie er so seinen, doch recht schwermütigen Gedanken, hinterher hängt und das kurze Gespräch mit Sheppard.

    Das… das bringt ein kleines unbewusstes Lächeln auf ihrem abgespannten und blassen Gesicht zum Vorschein und er kann nicht anders, als etwas zu tun, dass er bis jetzt noch nie getan hat: Sie in der Öffentlichkeit zu küssen. Nur auf die Wange und nur ganz sanft, aber trotzdem… nein, kein Grübeln mehr und auch keine Zweifel oder Vorwürfe.
    Ach schön. Nochmal bitte.

    Mangels Schlaf und Freizeit, fällt mir gerade kein passendenderes Kompliment ein, aber ich freue mich schon sehr auf die nächsten Teile. Ich vermute, einfach wirst du es den beiden sicher nicht machen, aber vielleicht braucht es das auch gar nicht.

    Wirklich tolle Story bisher!
    Bis dann!
    Um die Welt in einem Sandkorn zu sehen und den Himmel in einer wilden Blume,
    halte die Unendlichkeit auf deiner flachen Hand und die Stunde rückt in die Ewigkeit.
    -William Blake-

    Meine neue FF:
    Willkommen in Atlantis

    Kleine Geschichten aus dem Stargate Universum:
    Atlantis Songbook

    Ich bin nicht verrückt, nur nicht normal. Normalsein ist langweilig!

  23. Danke sagten:


  24. #14
    Kriegsfachkraft a.D. Avatar von RowenaR
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    Zitat Zitat von Teleia Beitrag anzeigen
    Hi hi!

    Endlich bin ich auch durch und ich muss sagen,....hat mir wirklich super gut gefallen, obwohl ich eigentlich beim Anblick des Titels dachte, mmh ja, ist ja nicht so mein Ding, aber die Neugierde war stärker. Zum Glück, muss ich jetzt sagen.
    Ich habe jemanden bekehrt \o/ (das ergibt jetzt nur Sinn, wenn man weiß, dass meine amerikanische Beta immer noch nach zwei Jahren Lorne/Cadman-Korrigieren für mich steif und fest behauptet, sie würde die beiden nicht shippen )

    Auch wenns eine sehr düstere Version von Atlantis ist, die du da beschreibst. Deine Cadman und dein Lorne geben ein schönes Paar ab und mal ganz anders, als man es gewohnt ist und das hat auch was für sich. Wenns "echt" wäre, wäre es ja wohl so, wie du es schreibst.
    Danke. Das... also... jetzt bin ich aber... also...

    Besonders gut gefallen hat mir der vorletzte Teil. Lorne, wie er so seinen, doch recht schwermütigen Gedanken, hinterher hängt und das kurze Gespräch mit Sheppard.
    Danke Lorne und Sheppard schreibe ich gerne zusammen, weil die zwar ziemlich gegensätzlich sind (in meiner Interpretation zumindest), sich aber auch ergänzen. Sheppard braucht einen, der ihm den Papierkram erledigt ihm den Rücken freihält und Lorne braucht einen, der ihm immer mal einen Tritt in den Hintern verpasst ihn immer mal daran erinnert, dass man sich nicht immer an Regeln halten muss und darf

    Mangels Schlaf und Freizeit, fällt mir gerade kein passendenderes Kompliment ein
    Aber das Kompliment war doch schon sehr toll! Danke, wirklich

  25. #15
    Kriegsfachkraft a.D. Avatar von RowenaR
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    Titel: Zwischen den Fronten: Bess're Zeiten (6/8)
    Autor: icke (also, meine Wenigkeit)
    Serie: Stargate: Atlantis
    Genre: Drama
    Charakter/Pairings: Lorne, Cadman, Lorne/Cadman
    Rating (inkl. Warnungen wie CD, Slash etc., falls noetig): PG13 (AU, apocafic)
    Staffel/Spoiler: Alles bis zum Ende der dritten Staffel, ab da AU
    Anmerkung des Autors: So, wir nähern uns dem Ende... und ich weiß seit heute Windows wieder ganz neu zu schätzen *windows-notebook umarm und sich bedank dass es kein mac ist
    Kurzinhalt: Laura Cadman, Evan Lorne und die Frage: "How do you pick up the threads of an old life?" (Frodo, "The Return of the King").

    Zwischen den Fronten: Bess’re Zeiten

    „Wie lange sollen wir noch warten
    bis wieder bess're Zeiten starten?
    Wie viel Zeit soll noch vergeh'n
    bis wir uns wieder seh'n?“

    Sportfreunde Stiller, „Wie lange sollen wir noch warten?“

    Irgendwie… hatte sie den Lake Michigan anders in Erinnerung. Irgendetwas hat sich verändert und sie kann nicht genau sagen, was es ist. Was irgendwie lächerlich ist, wenn man bedenkt, dass sie jetzt seit über einem Monat hier ist. Seit die Phönix auf der Erde angekommen ist und man sich um die primären Dinge gekümmert hatte – schon wieder eine medizinische Untersuchung, Nachbesprechungen, psychologische Gutachten, die lästige Aufgabe, über einem Dutzend nächsten Angehörigen mitteilen zu müssen, dass, upps, die Air Force da wohl einen kleinen Fehler gemacht hat – und man sie zwangsweise in den Urlaub geschickt hatte, um die letzten Formalitäten zu klären. Und da sie nicht gewusst hatte, wo sie sonst hätte hingehen sollen… war sie nach hause geflogen, zu ihren Eltern.

    Im Nachhinein… war das eine eher bescheidene Idee gewesen. Natürlich waren ihre Eltern und der Rest ihrer Familie überglücklich, sie wiederzuhaben und zuerst hatte sie sie feiern lassen und einfach mal schamlos all die Dinge genossen, auf die sie so lange hatte verzichten müssen; ein Bad ganz für sich selbst, so lange schlafen zu können, wie sie möchte – na ja, zumindest wenn sie tatsächlich mal schlafen kann – Kaffee… aber sie hatte nur eine Woche gebracht, um das Gefühl zu bekommen… dass irgendwas nicht stimmte.

    Irgendwie… irgendwie hatte sie das Gefühl bekommen, dass sie nicht richtig… da war. Oder… nein, das ist nicht ganz richtig. Sie hatte das Gefühl, als wäre ein Teil von ihr… nie zuvor hier gewesen und wüsste nicht, was er hier mit sich anfangen sollte. Das war ein sehr seltsames Gefühl gewesen… wie ein unterschwelliges Jucken in ihrem Verstand oder so was in der Art, und es hatte sie gereizt gemacht und nach einer weiteren Woche war es langsam offensichtlich geworden.

    Die Beziehung zu ihrer Mutter war immer etwas schwierig gewesen und normalerweise konnte sie sich durchaus zusammen nehmen… aber dieses blöde Jucken bringt sie dazu, ihre Mutter anzuzicken, weil sie sich irgendwie bedrängt von der Aufmerksamkeit fühlt, mit der ihre Mutter sie überschüttet, all die Fragen… wenn ihre Mutter sie nur noch einmal fragt, ob es ihr gut geht, wird sie schreien.

    Aber das Schlimmste – das wirklich Allerschlimmste – ist, dass sie es ihnen verboten haben, sich gegenseitig zu kontaktieren. Man hatte ihnen das nur wenige Stunden, nachdem man sie hinuntergebeamt hatte, gesagt und es sofort durchgesetzt. Sie hatten zwar protestiert und als sie gefragt hatten, worum es hier eigentlich ging, hatte man ihnen nur was von „therapeutischen Gründen“ erzählt… und keiner hatte das geglaubt.

    Sie hatte nicht einmal die Chance gehabt, sich von all den Menschen, denen sie zu vertrauen gelernt hatte, zu verabschieden… Menschen, die ihr das Leben öfter gerettet haben, als sie sich überhaupt erinnern kann… Menschen, mit denen sie fast jede wache Minute verbracht hatte… und auch den größten Teil der Zeit, den sie geschlafen hatte. Menschen… Menschen, die ihr jetzt so sehr fehlen. Ihr fehlt Mikos schüchternes kleines Kichern und Jörgensens Art, mit Schweigen viel mehr sagen zu können als mit Worten… Auch Dhatis Verrücktheit, die ihrer so ähnlich ist, fehlt ihr und natürlich Docs „Ein Priester/Rabbi/Wasauchimmer kommt in eine Bar…“-Witze, auch wenn sie die schlechtesten Witze aller Zeiten waren…

    Und es gibt keine einfachen Worte… nein, eigentlich gar keine Worte, mit denen sie beschreiben könnte, wie sehr ihr Evan fehlt. Er ist da, in ihrem Kopf, jede wache Minute und oft genug auch in ihren Träumen und obwohl sie weiß, dass es ihm nicht erlaubt ist, sie zu kontaktieren und es Teil seines Wesens ist, sich an Regeln zu halten, wünschte sie doch, dass er die einfach alle vergessen und sie einfach trotzdem anrufen würde.

    Natürlich… könnte sie ihn auch anrufen. Aber jedes Mal, wenn sie sich daran macht, herauszufinden, wie sie ihn erreichen könnte, ist da diese kleine Stimme in ihrem Kopf, die flüstert „Was in der Pegasus-Galaxie passiert ist, bleibt in der Pegasus-Galaxie.“ und sie dazu bringt, alles anzuzweifeln, was zwischen ihnen passiert ist… und ob er es überhaupt wollen würde, dass sie ihn anruft. Also sitzt sie hier am Ufer des Lake Michigan, weil dieser bestimmte Platz zu so einer Art Rückzugsort für sie geworden ist, wenn der Drang, alleine sein zu müssen, zu groß wird und starrt auf die graue, aufgewühlte Wasseroberfläche und bemitleidet sich selbst.

    Na ja… bis plötzlich ihr Handy klingelt. Sie ist versucht, es einfach klingeln zu lassen, weil sie sich fast sicher ist, dass das wieder ihre Mutter ist, die herausfinden will, wo sie ist. Aber letztendlich… bringt sie ihr töchterliches Pflichtgefühl doch dazu, das Telefon aus der Tasche zu nehmen und den Anruf anzunehmen… als ihre Augen auf das Display fallen. Die Nummer ist unterdrückt und das lässt sie innehalten. Und macht sie neugierig genug, damit sie den Anruf tatsächlich annimmt.

    „Cadman. Was ist?“

    „Wow, Laura, wer hat dir denn heute morgen die Cheerios weggegessen?“ Himmelherrgott… heilige Scheiße. Sie wäre gerade fast von dem Baumstamm gefallen, auf dem sie sitzt, als sie diese Stimme… seine Stimme gehört hat. Wie zur Hölle hat er das denn gemacht?

    Aber… okay, Haltung, junge Dame. Sei… lässig. „Niemand. Ich bin nicht so der Müsli-Typ. Das müsstest du doch wissen.“ Das sollte er wirklich. Doc und Dhati waren doch diejenigen gewesen, die einfach nicht damit aufhören konnten, sich darüber zu beschweren, dass es einfach keine guten Cornflakes in der Pegasus-Galaxie gab, nicht sie. „Außerdem… will ich wirklich wissen, wie du an diese Nummer gekommen bist?“

    Ein verärgertes Schnauben am anderen Ende. „Ja, ich freu mich auch, deine Stimme zu hören.“ Hat er das eben wirklich so gemeint? Oder war das nur eine dumme Phrase? Ach, Scheiße, nicht mal eine Minute Unterhaltung und sie merkt schon, wie ihr das Herz bis zum Hals schlägt und sie ist sich ziemlich sicher, dass sie knallrot im Gesicht ist.

    Aber er klingt immer noch so… lässig. Sie würde es nie zugeben, aber tief drin… spürt sie Enttäuschung und die furchtbare Gewissheit, dass das, was in der Pegasus-Galaxie passiert ist, auch wirklich in der Pegasus-Galaxie bleibt. Es wird so mächtig, dass sie einen Augenblick lang diese Unterhaltung einfach nur beenden will und nie wieder mit ihm reden will. Aber verdammt, sie ist Laura Cadman und sie ist ein Marine und sie wird diese Unterhaltung wie einer durchstehen. „Ach, hast du deswegen angerufen?“ Wow… sie hat es sogar geschafft, das mit einem kecken Unterton zu sagen, der verschleiern konnte, dass sie sich verzweifelt wünscht, er würde ja sagen.

    „Nein.“ Klar. Natürlich. „Nicht… nur, meine ich.“ Und plötzlich… wird die Lässigkeit begleitet von… Verlegenheit? Unsicherheit? Nervosität? Was geht denn hier vor, fragt sie sich, aber bevor sie fragen kann, macht er weiter: „Ich, äh… hör zu… ich hatte vor zwei Wochen meine OP und sie haben versucht, mich auf der verdammten Krankenstation einzukerkern, aber… ein alter Freund hier im SGC hat es geschafft, mir aus der Klemme zu helfen.“

    Äh… was? Ihrer wachsenden Verwirrung wegen kann sie nicht anders, als zu fragen: „Evan… hat diese Geschichte eine Pointe?“

    „Ja, und wenn du mich einfach mal ausreden lassen würdest, könnte ich dir die auch erzählen.“ Autsch. Sie will sich entschuldigen, aber er lässt sie nicht. „Jedenfalls… er hat mich da rausgeholt und er… er hat mir angeboten, dass ich seine Berghütte nutzen kann.“ Berghütte? Nutzen? Worum zur Hölle geht’s hier eigentlich?

    Sie wartet darauf, dass er weiter redet, noch etwas mehr erklärt… aber alles, was sie bekommt ist Schweigen. Erwartungsvolles Schweigen, wird ihr klar. Hä? „Äh, Evan… ich kann dir irgendwie nicht ganz folgen. Er hat dir angeboten, dass du seine Berghütte nutzen kannst und… und was dann? Warum rufst du denn da mich an?“

    Statt einer Antwort… mehr Schweigen. Dann, nach einer scheinbaren Ewigkeit, leise: „Ist das nicht irgendwie offensichtlich?“ Offensichtlich? Was ist offensich… oh. Oh. Aber er hat doch nicht wirklich… er wollte doch nicht… wollte er?

    „Ich… wolltest du mich fragen… ob ich mitkomme?“ War das ein irritiertes Seufzen am anderen Ende?

    „Nein, wie kommst du denn darauf?“ Er… könnte er bitte damit aufhören, ihr Herz zu misshandeln? Sie ist drauf und dran, ihm zu sagen, dass die ganze Sache hier schon vor Ewigkeiten aufgehört hat, lustig zu sein… „Natürlich wollte ich fragen, ob du mitkommst. Also ehrlich, Laura…“ Warum ist er denn jetzt bitte sauer auf sie? Er spielt doch hier blöde Spielchen und führt sie an der Nase herum und… nein, Moment. Er…. er ist immer so, wenn er… könnte es sein, dass es ihn wirklich nervös gemacht hat, sie anzurufen und zu fragen?

    Ach was, das ist Blödsinn. Welchen Grund könnte er denn haben, wegen dem hier nervös zu sein? Sie allerdings… sie hat jede Menge Gründe, nervös zu sein, selbst wenn sie nie zugeben würde, dass sie es ist. Sie räuspert sich. „Hast du… die anderen schon gefragt?“

    Jetzt war da definitiv ein frustriertes Stöhnen auf der anderen Seite. Was denn? Was ist so frustrierend daran, dass sie wissen will, ob er den Rest des Teams gefragt hat? Sie waren ein Team und sie hat so das Gefühl, als würde es ihnen gerade allen so gehen wie ihr – und ganz offensichtlich auch ihm – wahrscheinlich sogar Miko, und sie versteht einfach nicht – oder versucht zumindest, sich einzureden, dass sie es nicht versteht – warum es ihn frustrieren könnte, dass sie dachte, das hier wäre eine Teamsache.

    Allerdings… ist da am anderen Ende der Leitung wieder Schweigen… bis sie hören kann, wie er tief Luft holt und dann sagt er genauso leise wie eben: „Keine Anderen, Laura. Nur du und ich… wenn du willst.“ Oh. Also… also, das war so frustrierend gewesen. Nur sie und er… nur sie beide. In einer Hütte im Wald Gott weiß wo… wahrscheinlich – hoffentlich – weit weg von neugierigen Eltern und wohlmeinenden Freunden und einem Leben, dass sich irgendwie nicht mehr richtig anfühlt…

    Sie schluckt und das Einzige, was sie letztendlich fragt, ist: „Für wie lange?“

    Er räuspert sich… nachdem er ein Geräusch gemacht hat, das sehr nach einem unterdrückten siegesgewissen „Ja!“ geklungen hatte. Dann ist er wieder ernst und fast wieder ein bisschen nervös und sie muss ein bisschen grinsen, als er sagt: „Solange du willst… solange wir wollen.“

    Na ja. Sie schaut sich noch einmal um… da ist der Lake Michigan, der immer noch irgendwie fremd aussieht, und der Himmel, der… ja, angepisst ist wohl die richtige Beschreibung… und die Silhouette von Chicago, einer Stadt, die sie mal vergöttert hat, aber in der sie sich jetzt eingeengt und sogar genervt fühlt… als würde sie nicht mehr wirklich dahin gehören.

    Dann denkt sie daran, wie sie nachts in ihrem Zimmer wach liegt, umgeben von Dingen, die einer anderen Person gehören zu scheinen… und wie sehr sie gewollt hatte, dass sie wieder seine Gegenwart neben sich spüren könnte und ihn neben sich atmen hören könnte… Sie riskiert hier vermutlich gerade etwas, das auch gut in einem gebrochenen Herzen enden könnte… aber das wird sie nie herausfinden, wenn sie es nicht ausprobiert. Und sie hat immer nur die Dinge bereut, die sie nicht ausprobiert hat. Sie holt tief Luft. „Ich komme mit.“

    Am anderen Ende ist ein sehr leises Seufzen zu hören und dann: „Dachte ich mir.“ Ja, klar. Er hat versucht, ganz selbstbewusst und Fliegerjungen-Ego-mäßig zu klingen, aber die Erleichterung war viel zu groß, um nicht ziemlich deutlich durchzuscheinen. Es bringt sie zum Grinsen und macht sie ein bisschen hibbelig und sie will eigentlich sofort nach Colorado fliegen – sie nimmt an, dass er sich da befindet, ausgehend von der Verärgerung, mit der er von der Krankenstation gesprochen hatte – nur damit sie ihn umarmen und küssen kann und ihm zu verstehen geben kann, dass es gar keinen Grund gegeben hatte für ihn, anzunehmen, dass sie nein sagen könnte.

    Allerdings… kann sie nicht widerstehen, ihn ein bisschen zu ärgern. „Wirklich? Was hat dich denn da so sicher gemacht?“

    „Die erwiesene Unwiderstehlichkeit meines jungenhaften, auf der Air Force Academy kultivierten Charmes.“ Sie kann nicht so genau sagen, was genau sie jetzt dazu gebracht hat, laut loszulachen. Wahrscheinlich die absolute Ernsthaftigkeit, mit der er das eben gesagt hat… ach, ist ja auch egal. Es war verdammt lustig und sie kann einfach nicht aufhören zu kichern… und sein indigniertes „Warte nur, bis ich dich in die Finger kriege, Lieutenant.“ ist jetzt auch nicht gerade hilfreich dabei, aufzuhören.

    Okay… okay, atme tief durch, Laura. Immerhin hat er dir gerade eine ausgezeichnete Steilvorlage gegeben. „Und ich kann es gar nicht erwarten, dass du mich in die Finger kriegst… Major.“

    „Eigentlich Lieutenant Colonel.“ Oh… wow.

    Die Worte und der leise Tonfall überraschen sie genug, dass sie wieder runterkommt und sich räuspern muss. „Hey, äh… Glückwunsch. Das ist… wow.“

    „Ja, ich brauchte ja auch nur ein Jahr in der Hölle, um dahin zu kommen… Wie auch immer… wann kannst du in Colorado Springs sein?“ Sie ist versucht, etwas zu seinem Kommentar über die Beförderung zu sagen, entscheidet aber, dass das hier weder der richtige Ort noch die richtige Zeit dafür sind, also lässt sie sich von ihm ablenken.

    „Morgen, wenn du willst.“ Oder gleich jetzt, wenn du jemanden auf der Phönix findest, der gewillt ist, seine Karriere zu riskieren und mich zu dir zu beamen, denkt sie, behält es aber für sich, weil etwas in ihr… einfach immer noch nicht glauben kann, dass er sie wirklich bei sich haben will und das sie daran erinnert, nicht zu eifrig zu erscheinen.

    „Morgen ist in Ordnung. Sag mir einfach nur, wann du die Tickets… oh, nein, warte. Ich kenne jemanden vom 375ten auf Scott, der diese Woche aus unerfindlichen Gründen eine C-130 nach Peterson überführen soll…“ Er ist jetzt im Planungsmodus und sie muss nicht viel mehr machen, als immer nur mal einen oder zwei Sätze einzuwerfen, denn verdammt, es ist so gut, wieder seine Stimme hören zu können und ganz ehrlich, er könnte ihr auch das Telefonbuch vorlesen und sie würde immer noch begeistert zuhören…

    Nein, nicht mal die kleine Stimme, die ihr sagt, dass man sie vielleicht abhört, schafft es, ihr jetzt die Freude zu verderben und zum ersten Mal seit Wochen, vielleicht sogar Monaten spürt sie wie etwas, dass sich wie echtes Glück anfühlt, sie langsam einhüllt. Und während sie weiter seiner Stimme zuhört und ihn ein bisschen ärgert und mit ihm lacht, sieht sie wieder auf den See hinaus… und ihr wird klar, dass vielleicht… vielleicht nicht der Lake Michigan derjenige ist, der sich verändert hat. Vielleicht… ist sie diejenige, die sich verändert hat. Und vielleicht ist das gar nicht so schlimm, wie sie dachte… denn offensichtlich haben sich einige andere Dinge kein Stück verändert.

  26. Danke sagten:


  27. #16
    Kriegsfachkraft a.D. Avatar von RowenaR
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    Titel: Zwischen den Fronten: So viel kaputt (7/8)
    Autor: icke (also, meine Wenigkeit)
    Serie: Stargate: Atlantis
    Genre: Drama
    Charakter/Pairings: Lorne, Cadman, Lorne/Cadman
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    Anmerkung des Autors: Upps... da fehlen ja noch zwei Teile... gut, posten wir doch einfach mal den siebten jetzt? Laura hat sich übrigens mit Händen und Füßen dagegen gewehrt, hier geschrieben zu werden... und es hat wohl auch seinen Grund *hust
    Kurzinhalt: So'ne Berghütte ist schon was Schönes... wenn man sie genießen kann... mal sehen, ob Laura Cadman und Evan Lorne das können.

    Zwischen den Fronten: So viel kaputt

    „So viel kaputt
    So vieles nicht
    Jede der Scherben
    Spiegelt das Licht

    So viel kaputt
    Aber zwischen der Glut
    Zwischen Asche und Trümmern
    War irgendwas gut.“

    Wir sind Helden, „Kaputt“

    Das sollte nicht passieren. Nicht hier, zumindest. Hier, wo sie alleine ist und Ruhe hat und Evan hat… und hier, wo ihre Dämonen hervorgekrochen gekommen sind, einer nach dem anderen… nein, eigentlich ist die Zahl der Dämonen mit jedem Tag exponentiell gestiegen. Und da sie seit einer Woche hier ist… na ja, es reicht wohl zu sagen, dass sie sich fragt, wie weit sie noch rennen muss, damit sie endlich von der Pegasus-Galaxie weg kommt.

    Und es hätte so großartig sein können. Zugegeben, selbst vier Wochen, nachdem man ihm das Knie wiederhergestellt hat – oder zumindest haben sie ihm das gesagt – ist er noch nicht wieder so… beweglich, wie er es mal war, also… ist noch nicht so viel mit Wandern, Laufen und… anderen körperlich anstrengenden Aktivitäten. Aber er ist da und er ist einer der wenigen Menschen, deren Gegenwart sie nicht nur toleriert, sondern will. Einer, der wenigen Menschen, der… bescheid weiß und der sie nicht unruhig macht, wenn er zu nah an sie herankommt… okay, okay, sie liebt es, wenn er ihr zu nahe kommt.

    Trotzdem… kann sie sich einfach nicht nur auf ihn konzentrieren und die Ruhe, die sie umgibt, genießen. So wie gestern, als sie vor dem Kamin saßen und der Oktoberregen auf das Dach und an das Fenster prasselte. Sie hatte es sich neben ihm gemütlich gemacht und er hatte ihr aus dem Zauberer von Oz vorgelesen – komplett mit Erzählerstimme und allem – und ihr immer mal einen Kuss gegeben… ja, ja, wie in so einer dämlichen Schmonzette.

    Nur… statt den Kopf voll mit sinnlosen Nichtigkeiten zu haben, konnte sie einfach nicht aufhören, sich zu fragen, wie es den drei Menschen, die sie zurückgelassen haben, geht und ob sie Teyla schon gefunden haben. Und sie hatte… sie hatte sich schuldig dafür gefühlt, dass sie sich hier verkriecht und von der Bildfläche verschwunden ist. Nicht, weil sie sich mal wieder nicht an Regeln halten – tatsächlich hatte endlich jemand in der Chefetage ein Einsehen gehabt und hat die blöde Kontaktsperre zwei Tage, nachdem er sie angerufen hatte, aufgehoben – sondern weil andere nicht die Sicherheit und die Annehmlichkeiten genießen können, die sie gerade genießt.

    Und weil sie anderen Menschen nicht das von sich geben kann, was sie Evan so freizügig gibt. Sie kann einfach nicht aufhören, sich zu fragen, warum es für sie so einfach ist, sich von ihm umarmen zu lassen oder nachts in seinen Armen zu liegen und es nicht mal erträgt, wenn ihre Mutter auf der Couch neben ihr sitzt.

    Außerdem… nagt ein anderes Gefühl an ihr. Es ist irgendwie… das hier fühlt sich zu gut an. Sie hat Angst, dass irgendwas passiert… dass irgendetwas passieren muss. Weil sie das hier nicht verdient, aus so vielen Gründen. Dass er früher oder später die Schnauz voll haben wird von ihr, denn hier auf der Erde zusammen sein, mit einem irdischen Alltag, ohne ständige Gefahr und ständigen Adrenalinrausch, die sie an einander binden… nur nervige Gewohnheiten und Marotten und Ticks, die man irgendwann einfach nicht mehr erträgt… „Also… gibt es einen speziellen Grund, warum du hier gerade versuchst, dir eine Erkältung einzufangen?“

    Nein! Er sollte doch nicht hier sein! Er sollte seine Übungen machen oder lesen oder vielleicht ein bisschen zeichnen… aber nicht hier draußen sein, auf dem Bootssteg, der in den kleinen See führt, an dem die Hütte liegt. Eigentlich ist das sogar der Hauptgrund, warum sie hierher gekommen ist… damit er nicht mitbekommt, dass sie es getan hat, damit sie vor ihren Dämonen entkommen kann, ohne dass er sie dabei sieht.

    Und verdammt, er hat sie genug überrascht, dass sie nicht mal eine geistreiche Antwort zusammen kratzen kann und stattdessen das Erste antwortet, das ihr in den Kopf kommt: „Verschwinde.“

    Da sind Schritte auf den Planken – wie zur Hölle konnte sie die das erste Mal überhören? – aber… sie kommen auf sie zu, statt von ihr wegzugehen, wie sie halb gehofft hat, dass sie es tun würden. Sie zwingt sich dazu, sich nicht umzudrehen, nicht mal, als er mit einem ernsten Unterton sagt: „Verlang nichts von mir, das du selber nie tun könntest, Laura.“

    Das ist nicht fair. Ihre Unfähigkeit, ihn sich selbst opfern zu lassen und ihn denken zu lassen, dass er alles, womit das Universum sie bewirft, mit sich selbst ausmachen kann, gegen sie zu benutzen… das ist unter der Gürtellinie. Sie ist versucht, aufzuspringen und ihm eine zu kleben, aber letztendlich zieht sie nur ihre Knie enger an ihre Brust und legt die Arme etwas fester um die Beine. Das scheint der einzige Weg zu sein, wie sie sich selber davon abhalten kann, etwas Dummes zu tun. Und vielleicht, wenn sie einfach nichts sagt, merkt er, dass sie nicht gerade gesprächig ist heute…

    Nein, offensichtlich nicht, weil… weil sie merkt, dass ihr etwas um die Schultern gelegt wird… eine schwere Decke. Und dann merkt sie, wie er sich neben sie setzt, ein bisschen schwerfällig. Nach kurzem Schweigen, sagt er: „Du weißt, dass ich dich wirklich eine Menge Dinge tun lassen würde… vor allem, weil du mir sowieso keine andere Wahl lässt.“ Sie will schon protestieren… als ihr einfällt, dass sie ja entschlossen ist, nicht mit ihm zu reden… also, eigentlich, sich nicht mal zu bewegen. „Aber ich werde ganz sicher nicht dabei zusehen, wie du hier draußen versuchst, zu erfrieren.“

    Sie hat nicht versucht, hier draußen zu erfrieren. Sie hat nur… versucht… was hat sie hier eigentlich versucht? Verdammt, das weiß sie nicht mal. Alles, was sie weiß ist, dass sie Abstand zu Evan brauchte… weil sie nicht wollte, dass er merkt, dass ihr die Auszeit hier nicht so gut gefällt, wie sie das erwartet hatte.

    „Laura“, sagt er nach einem diesmal etwas längeren Schweigen, „hast du mich wirklich für blöd gehalten? Oder blind?“ Sie hat sich immer noch nicht bewegt, aber ihre Bewegungslosigkeit ist die einer gespannten Feder oder eines straff gespannten Stahlseils, das jeden Moment reißen könnte. Und jedes Wort, das er sagt, verschlimmert die Spannung nur.

    Er seufzt. „Laura… was auch immer es ist… erzähl es mir. Rede einfach mit mir.“

    Darauf… kann sie nicht anders, als zu schnauben. „Als würdest du das hören wollen.“ Scheiße. So sollte das nicht klingen… ganz hochnäsig und zickig und passiv-aggressiv. Na gut, eigentlich… sollte es gar nicht gesagt werden.

    Normalerweise ist so was ein sicheres Ticket zu einem ordentlichen Streit, der mindestens zwei Stunden dauert – das hatten sie ein paar Mal in der Pegasus-Galaxie und es war nie schön gewesen, auch wenn sie es irgendwie immer wieder geschafft hatten, sich auf die eine oder andere Weise zu versöhnen – aber heute… überrascht er sie. Das einzige, was er sagt, ist ein irgendwie herausforderndes: „Versuch’s doch mal.“

    Ihr wird langsam klar, dass er gekommen ist, um zu bleiben… dass er nicht wieder aufstehen und sie in Ruhe lassen wird, wenn sie es nur schafft, lang genug still zu sein. Dass er nicht mal aufstehen wird, wenn sie ihn weiter anzickt. Oder wenn sie ihn anbrüllt. Aber vielleicht, wenn sie ihn beruhigt? „Ist schon in Ordnung, Evan. Geh einfach wieder rein. Ich komm in ein paar Minuten nach.“

    Jetzt schnaubt er. „Laura… du sitzt seit mindestens einer Stunde hier draußen. Genau hier, ohne dich zu bewegen. Du hast nicht mal mitbekommen, wie ich den Steg betreten habe. Und du siehst mich nicht an. Willst du mich wirklich allen Ernstes glauben machen, dass alles in Ordnung ist?“ Jetzt ein wütendes Schnauben. „Nein, ich werde ganz sicher nicht wieder reingehen, weil du ganz sicher nicht nachkommen wirst.“

    Sie schüttelt den Kopf. Das ist doch Quatsch. Sie würde ihm im wahrsten Sinne des Wortes überall hin folgen. „Mir geht’s gut. Oder wird es noch.“ Verdammt… das war ein Fehler.

    Und er hat das auch gemerkt. Natürlich hat er das. Wie er bereits sagte… er ist weder blöd noch blind… und er hat noch nie gezögert, die Schwäche eines anderen für sich zu nutzen. „Tatsächlich? Wird es das? Wann denn?“

    Sie mag diesen Ton nicht… ein bisschen ungläubig, als würde er ihre Fähigkeit, mit Schwierigkeiten umgehen zu können, anzweifeln. Und weil sie dieser Ton immer wütend macht, sieht sie ihn jetzt doch an, verärgert genug, dass sie sich so heftig umdreht, dass die Decke ihr wieder von den Schultern rutscht. „Wenn ich hier wieder rein passe. Wenn die Leute aufhören, mich und diese Narbe anzustarren, als wäre ich so eine Art Freak. Wenn meine Mutter aufhört, mich zu fragen, ob’s mir gut geht. Wenn… wenn…“ Was… nein! Das sollte doch hier nicht in Tränen enden. Es sollte gerechtfertigten Ärger geben und Selbstsicherheit und… und…

    „Laura…“ Er will sie anfassen, aber fast aus Reflex schlägt sie seine Hand verärgert zur Seite und wischt sich dann mit der Hand über das Gesicht, genauso wütend.

    „Nein! Verschwinde! Ich krieg das schon hin. Ich brauche nur ein bisschen Zeit.“ Sie schüttelt wieder den Kopf und weicht seinem Blick aus, damit sie nicht sehen muss, wie sehr ihre Zurückweisung ihn verletzt hat… und damit sie nicht tatsächlich sehen muss, wie er geht, wahrscheinlich enttäuscht und in dem Wissen, dass er einen Fehler gemacht hat, als er sie hierher eingeladen hat… als er gehofft hat, dass sie etwas Echtes haben könnten, etwas Dauerhaftes.

    Aber er geht einfach nicht weg… jedenfalls noch nicht. „Ich weiß, dass du das hinkriegst, was auch immer es ist, ganz alleine. Aber du musst nicht. Lass mich doch…“

    Wütend schüttelt sie den Kopf. „Das willst du gar nicht. Du willst mir nicht zuhören. Ich will mir ja nicht mal zuhören.“ Heftige Schluchzer fangen an, sie zu schütteln und jeder Versuch, damit aufzuhören, macht es nur schlimmer. Es fühlt sich an, als hätten ihre Dämonen sie endlich gefunden und würden jetzt ihr Herz und ihren Verstand verwüsten.

    Es macht sie schutzlos und schwach und deswegen macht sie nicht mal einen Versuch, ihn wegzustoßen, als sie spürt wie er seine Arme um sie legt und seine Hände über ihr Haar, das immer noch so viel kürzer ist, als es mal war, streichen und seine Lippen ihre Schläfen und ihre Stirn küssen. Sie schluchzt weiter in seine Schulter und seine Halsbeuge und es ist laut genug, dass ihn fast nicht murmeln hört: „Erzähl mir davon, Laura. Erzähl mir vom wieder rein passen und der Narbe und deiner Mutter. Ich hör zu.“

    Und weil das irgendwie die letzten Schutzmauern um den Wirbel aus Verwirrung, Wut und Schmerz in ihrem Herzen niederreißt, fängt sie an, ihm davon zu erzählen, dass sie sich wie eine Außerirdische auf dem eigenen Planeten fühlt und dass sie mal so stolz auf diese Narbe war, weil sie jedem gezeigt hat, dass sie praktisch alles überleben kann, sie ihr jetzt aber nur noch mitleidige oder erschrockene Blicke einbringt und wie schuldig sie sich fühlt, weil sie quasi von allem, was ihre Mutter sagt oder tut, genervt ist…

    Er küsst und streichelt sie weiter, wiegt sie und sagt ihr, dass er weiß, wie sie sich fühlt und dass die Leute, die sie anstarren Idioten sind und er denkt, dass sie schön ist. Als sie ihm sagt, wie sehr sie das Team vermisst, obwohl sie endlich wieder mit allen reden konnte, erzählt er ihr, dass er das Team auch vermisst und dass das in Ordnung ist und wenn sie will, dann können sie alle besuchen fahren oder einladen.

    Sie geht sogar so weit, dass sie ihm erzählt, dass sie immer noch an Sheppard und Ronon und Keller denken muss und sich fragt, wo sie sind und dass sie die Pegasus-Galaxie einfach nicht vergessen kann und dass sie nicht aufhören kann, sich zu fragen, ob sie nicht vielleicht doch etwas hätten ausrichten können, wenn sie geblieben wären. Er sagt ihr, dass er die Pegasus-Galaxie auch nicht vergessen kann, aber dass sie die richtige Entscheidung getroffen haben und dass Sheppard, Ronon und Keller wussten, worauf sie sich einließen. Er sagt ihr auch, dass er bei ihr geblieben wäre, ganz egal, wie sie sich entschieden hätte.

    Das bringt sie zum Protestieren und irgendwie rutscht ihr heraus: „Du solltest nicht mit mir zusammen sein, Evan. Es funktioniert einfach nicht. Ich werde dir nur wehtun.“ Und das stimmt doch, oder? Hat sie ihm nicht sogar heute schon mal wehgetan, als sie seine Hand weggeschlagen hat?

    Schon wieder weicht sie seinen Blicken aus, aber er nimmt ihr Gesicht in seine Hände. „Laura, sieh mich an.“ Sie wehrt sich dagegen, aber er lässt sie nicht los, hält nur weiter ihr Gesicht fest und streichelt mit den Daumen ihre Wangen. „Nein, Laura, sieh mich an. Das erste Wort, das ich gesagt hab, als die Narkose nicht mehr gewirkt hat, war dein Name.“

    Was… sie hört auf, sich zu wehren. Er nimmt seine Hände weg, streicht ihr aber das Haar hinter das Ohr und lässt die Hände auf ihren Schultern ruhen, während er sanft ihre Schlüsselbeine mit seinen Daumen massiert. Es ist das erste Mal, dass sie ihm tatsächlich in die Augen sieht und sie sieht, dass sie feucht glitzern und dass sie voller Aufrichtigkeit, Sorge und Wärme sind. Und Unsicherheit. „Ich hab… dir das nie gesagt, aber… du hast mich gerettet, in der Pegasus-Galaxie. Die eine Sache… wegen der ich alles überlebt habe… warst du.“

    Als sie immer noch nicht antwortet – weil sie das Gefühl hat, dass ihm ihr Herz auszuschütten und dann dieses Geständnis zu hören ihr irgendwie alle Worte quasi ausgesaugt hat – holt er tief Luft. „Ich liebe dich, Laura.“

    Es trifft sie quasi voll ins Gesicht und der Einschlag ist hart genug, dass sie, nachdem ihr offensichtlich schon die Worte ausgesaugt wurden, auch noch von ihrem Atem verlassen wird. Einen kurzen Augenblick hat sie das Gefühl, als würde die Welt sich um sie drehen und dass ihr nicht mal in Ansätzen klar ist, was das, was er gerade gesagt hat, für sie bedeutet. Alles, woran sie denken kann ist, dass sie weiß, dass sie antworten sollte… aber statt ihren Mund zu öffnen und es einfach zu sagen, umarmt sie ihn und erschreckt sich ein bisschen selbst – und ihn wahrscheinlich gleich mit – mit der Heftigkeit, mit der sie das tut.

    Zuerst braucht er einen Augenblick, um zu reagieren, aber dann merkt sie, wie seine Arme sie wieder umfassen und seine Lippen wieder ihre Stirn küssen. Und dann… passiert etwas Seltsames. Sie spürt, wie er bebt und weil sie mit ihrem Kopf an seiner Brust lehnt, spürt sie, wie etwas grollt… aber ihr wird erst klar, dass er still lacht, als er ein bisschen atemlos sagt: „Das nehme ich mal als ein „Liebe dich auch.“.“

    Einen Augenblick lang… ist sie so kurz davor, ihm zu sagen, dass sie ihn nicht verdient, aber er scheint eine Art sechsten Sinn für solche Sachen entwickelt zu haben, denn er nimmt jeden Versuch von ihr, wieder zu sprechen, vorweg, indem er sich zu ihr hinunter beugt und sie küsst. Es fühlt sich so wunderbar an; wie jedes Mal, wenn er das tut, weil er das einzigartige Talent hat, ihr allen Schmerz und alle Zweifel zu nehmen, indem er einfach nur seine Lippen auf ihre legt, wenigstens für einen Augenblick.

    Als er den Kuss unterbricht, spürt sie kurz, wie Kälte sie blitzartig durchzuckt, trotz der Decke, die es irgendwie wieder um ihre Schultern geschafft hat… eigentlich um ihrer beide Schultern. Offensichtlich… hat er nicht vor, sie wieder gehen zu lassen. Obwohl diese Erkenntnis schnell die Kälte in ihrem Inneren mit einem warmen, weichen Gefühl vertreibt… kann sie nicht anders, als sagen: „Es ist noch nicht vorbei, Evan.“

    Das war irgendwie hart… vor ihm und vor allem ihr selbst zuzugeben, dass dieser ganze Zusammenbruch nicht das Ende von etwas war… sondern eher der Anfang der psychologischern Nachwirkungen der Pegasus-Galaxie. Aber das Einzige, was er sagt ist: „Ich weiß“, als würde das alles beantworten.

    Dann zieht er sie noch enger an sich heran und fügt hinzu: „Aber nächstes Mal, wenn du den Drang hast, zusammenzubrechen, wäre es nett, wenn es an einem wärmeren Ort passieren würde. Ich würde dir wirklich überall zuhören, aber ein Kamin schlägt definitiv eiskalte Planken.“

    Trotzdem sie immer noch ziemlich durch den Wind ist, kann sie nicht anders, als darüber zu lachen und zu sticheln: „Weichei.“

    „Ich geb dir gleich Weichei“, knurrt er, aber sie ist schneller, springt auf und rennt ein paar Schritte, während plötzlich Lachen in ihr aufsteigt. „Hey, pass auf den Kerl mit der OP auf!“ Was… oooh, natürlich. Verdammt, sie vergisst immer noch, dass er noch eine Weile brauchen wird, bis er wieder so schnell wird, wie er mal war, sogar mit brandneuer außerirdischer Technologie im Knie – wahrscheinlich Zeugnis des schlechten Gewissens des SGC.

    Sie kommt zurückt und beugt sich zu ihm hinunter. „Och, tut mir leid.“

    Einen Augenblick lang sieht es so aus, als würde er sie zu sich herunter ziehen wollen, aber dann scheint ihm eingefallen zu sein, dass die Seen in den Rocky Mountains Mitte Oktober nicht gerade zum Baden einladen und seufzt nur ein bisschen übertrieben ergeben. „Na ja, solange es dich zum Lachen bringt…“

    Jetzt ist sie es, die ihm ein Küsschen auf die Stirn gibt. „Du bist so ein Herzchen. Ein ziemliches Weichei-Herzchen, aber ein Herzchen.“ Oh… oh, verdammt, er hat sich ganz offensichtlich diese ganze „Zu kalt fürs Baden“-Sache doch noch mal anders überlegt, weil er gerade nach ihr gelangt hat und sie gerade noch so entkommen konnte. Sie versucht, nicht zu grinsen – na ja, nicht zu sehr – und versucht es noch mal: „Okay, okay… du bist ein knallharter Bastard, der Nägel zum Frühstück kaut. Zufrieden?“

    „Stacheldraht.“ Was? Sie hebt ihre Augenbraue. „Ich kaue Stacheldraht zum Frühstück, nicht Nägel.“ Ja, klar, als ob.

    Sie ist drauf und dran, ihm zu sagen, dass sie der Marine hier ist – bevor er vielleicht noch so was wie „Und ich liebe den Geruch von Napalm am Morgen.“ raushauen kann – aber okay, es wird langsam doch kalt… nein, nur ein bisschen kühl. Ach, wie auch immer… „Komm schon, Lieutenant Colonel Chuck Norris, bringen wir dich wieder in die Hütte zurück“, sagt sie und hält ihm ihre Hand hin. Er zögert einen Moment – was denn, ist das Fliegerjungenego im Weg? – nimmt sie dann aber doch und sie zieht ihn hoch.

    „Wohl eher dich.“ Sie steckt ihm nur die Zunge heraus, aber er legt einen Arm um ihre Schulter und zieht sie zu sich heran, vergräbt kurz seine Nase in ihrem Haar. Es kitzelt ein bisschen und selbst, obwohl sie beide wissen, dass der Weg, den sie eben betreten haben, sehr steinig sein wird, muss sie doch kichern und gibt schließlich seinen Versuchen, sie aufzuheitern, nach.

    Jetzt, da sie sowieso aus ihrem Käfig ausgebrochen sind, können die Dämonen auch noch einen Tag warten, bis sie anfangen, sich um sie zu kümmern. Da wartet ein Kamin und ein weiteres Kapitel vom Zauberer von Oz auf sie und das sind sehr viel angenehmere Aussichten. Und vielleicht kann sie sich heute endlich auf diese Dinge und auch Evan konzentrieren. Ja… das wäre nett.

    ~*~

    A/N #2: Fun fact of the day: Chuck Norris hat tatsächlich bei der US Air Force gedient (allerdings bei der MP… wobei, die heißt bei denen gar nicht MP, glaube ich… egal), was ich heute erfuhr, als ich mal kurz nach ihm googelte. Sachen gibt’s…

  28. Danke sagten:


  29. #17
    Kriegsfachkraft a.D. Avatar von RowenaR
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    Standard

    Titel: Zwischen den Fronten: Den Krieg nicht vergessen (8/8)
    Autor: icke (also, meine Wenigkeit)
    Serie: Stargate: Atlantis
    Genre: Drama
    Charakter/Pairings: Lorne, Cadman, Lorne/Cadman
    Rating (inkl. Warnungen wie CD, Slash etc., falls noetig): R (apocafic)
    Staffel/Spoiler: Alles bis zum Ende der dritten Staffel, ab da AU
    Anmerkung des Autors: Und wir sind... durch! Ja, tatsächlich, die erste Story hier, die ich beendet habe. Yay, me! Allerdings... hätte ich da mal eine Bitte. Ich weiß, dass ihr das alle nicht mögt, aber... ganz im Ernst, ich weiß, dass manche das hier lesen und... hättet ihr bitte die Güte, mal was zu sagen? Es muss sich nicht mal im Rahmen von "UH SUPER!" bewegen. Ich möchte auch gerne wissen, wenn es und was euch nicht gefallen hat, ehrlich. Niemand, der Feedback hinterlässt, wird angezickt (außer ich werde angezickt... ich muss auf Arbeit den ganzen Tag zu Leuten freundlich sein, die unter Umständen auch mal rumzicken und die darf ich nicht zurück anzicken, da könnt ihr euch sicher denken, was passiert, wenn ich privat angezickt werde). Wirklich.
    Kurzinhalt: Apocafic/AU - Ein Jahr später, und Evan Lorne und Laura Cadman müssen lernen, dass Sprengstoff - emotionaler, in diesem Fall - sich auch länger als ein paar Wochen hält.

    Zwischen den Fronten: Den Krieg nicht vergessen

    „Woran hält sich ein Krieger
    Der den Krieg nicht vergisst
    Woran glauben Besiegte
    Die man niemals vermisst.“

    Rosenstolz, „Woran hält sich die Liebe"

    „Du veralberst mich doch, Laura. Komm schon, das kannst du doch gar nicht ernst meinen.“ Sie grinst, als sie versucht, gleichzeitig die Treppen zu der Wohnung, die sie sich mit Evan teilt, hoch zu laufen, ihre Schlüssel herauszuholen und das Telefon zwischen Ohr und Schulter zu balancieren.

    „Nein, ehrlich, wenn ich’s dir doch sage. Ich hab dem Typen meine Dienstmarke schon mehr oder weniger im wahrsten Sinne des Wortes unter die Nase gehalten und er wollte mir immer noch erzählen, dass er auf ein paar echte Agents wartet. Also ehrlich…“ Dhati lacht, aber hey, das ist wirklich nicht komisch. Sie war so kurz davor gewesen, dem Typen zu sagen, dass sie mindestens fünf Arten, jemanden umzubringen und es wie einen Unfall aussehen zu lassen, kennt und ihn zu fragen, ob er gerne eine Demonstration haben möchte.

    Aber offensichtlich sieht Dhati das anders… wenigstens hat sie es endlich geschafft, irgendwie ihre Schlüssel aus der Tasche zu ziehen und die Tür zu ihrer Wohnung zu erreichen. „Also hast du echt viel zu tun, ja?“

    Sie schnaubt. „Das kannst du laut sagen. Wir werden praktisch von Fällen begraben. Du glaubst gar nicht, was in diesem Land alles unter Terrorismus fällt.“ Es ist sechs Monate her, dass sie Quantico bestanden hat und endlich fest mit Evan zusammengezogen ist, aber oft genug fühlt es sich an, als würde sie eigentlich in ihrem Büro wohnen.

    Ja… es war ein ereignisreiches Jahr gewesen, um es mal milde auszudrücken. Jörgensons Selbstmordversuch, Docs Scheidung, Mikos Verschwinden von der Bildfläche für drei volle Monate, bevor sie, als sei nichts gewesen, plötzlich als zivile Angestellte auf der Kadena Air Base auf Okinawa auftauchte… und ihre Ernennung zur FBI-Agentin.

    Sie hätte nie gedacht, dass sie mal ausscheiden würde, bevor sie die 20 voll hat, aber nachdem sie aus der Pegasus-Galaxie wieder da war… hatte sie sich irgendwie nicht mehr wohlgefühlt in ihrer Haut als aktive Soldatin und so hatte sie den schmerzhaften Schritt getan, aus dem aktiven Dienst auszuscheiden und in die Reserve einzutreten, indem sie ihre militärische Karriere gegen eine in der Strafverfolgung austauschte.

    „Aber du hast schon ein bisschen Zeit übrig für eine alte Freundin, die extra aus Pakistan kommt, oder?“ Sie schnaubt wieder und schließt ihre Wohnung auf.

    „Natürlich.“ Als sie eintritt, legt sie die Schlüssel an ihren üblichen Platz, macht das Licht an und sagt: „Was denkst du denn, dass ich eine von diesen…“ Sie beendet den Satz allerdings nie, wegen des Anblicks, der sich ihr plötzlich bietet. Nachdem sie geschluckt hat, um dieses schreckliche Gefühl von Angst in ihrem Magen verschwinden zu lassen, redet sie weiter: „Dhati… tut mir leid, aber… ich glaube, wir müssen diese Unterhaltung verschieben. Ich… ich ruf dich zurück, sobald ich kann.“ Damit klappt sie ihr Telefon zu und bekommt nur noch am Rande mit, wie Dhati sie besorgt fragt, was los ist und versucht, ihr das Versprechen abzuringen, auf jeden Fall wieder zurück zu rufen.

    Langsam legt sie das Telefon auf den Beistelltisch rechts neben sich und macht zwei oder drei Schritte ins Wohnzimmer und versucht zu verstehen, was hier vorgeht. Da sitzt Evan am Tisch, die Beine ausgestreckt, das Kinn auf die Hand gestützt… und starrt eine Flasche Wodka an, wie sie jetzt erkennen kann.

    Sie wirft einen verstohlenen Blick auf die Flasche und schämt sich sofort dafür. Nur, weil Evan auch seinen Anteil an der Vernichtung des Selbstgebrannten hatte, den sie in Sheppards Gruppe zusammengepanscht haben, heißt das nicht, dass er sich in Krisenzeiten immer mit Alkohol behilft. Und es sollte nicht vergessen werden, dass die Flasche und sie sich auch ein paar Mal wirklich gut verstanden haben. Aber na ja… sie ist tatsächlich erleichtert zu sehen, dass diese Flasche hier noch nicht mal angebrochen ist.

    Allerdings… macht ihr die ganze Sache auch so schon genug Angst. Er muss hier schon seit einer ganzen Weile sitzen, im Dunkeln, nur er und diese Flasche. Irgendetwas ist passiert und es war ganz sicher nichts Gutes.

    Oh Gott, denkt sie, bitte lass es nicht noch mehr schlechte Nachrichten aus dem Team sein. Bitte, bitte mach, dass es allen gut geht. Sie spürt, wie die Panik in ihr aufsteigt und braucht tatsächlich ein oder zwei Augenblicke, um ihre Atmung zu beruhigen und irgendwelchen Panikattacken vorzubeugen.

    Vor einem Jahr, kurz, nachdem sie mit ihrer Therapie begonnen hatte, hatte sie die erste und bis jetzt auch einzige Panikattacke ihres Lebens und dafür schämt sie sich irgendwie immer noch, auch wenn ihr alle erzählt haben, dass das gar nicht so ungewöhnlich bei Patienten mit PTBS ist. Also… achtet sie extra darauf, dass es nie wieder passiert… vor allem nicht, wenn jemand anders ein Problem hat.

    Sie wartet noch einen Augenblick, aber es sieht so aus, als hätte Evan noch nicht mal mitbekommen, dass er nicht mehr alleine ist, also macht sie die letzten Schritte zum Tisch und setzt sich vorsichtig auf den Stuhl neben ihm. Er reagiert immer noch nicht und weil ihr langsam die Ideen ausgehen, wie sie an ihn herankommen könnte und weil es nicht aufhört, ihr Angst zu machen, räuspert sie sich und versucht so lässig wie möglich zu fragen: „Ist das der Wodka, den dieser russische Oberst mitgebracht hat, als er deine Einheit besucht hat?“

    Ein Augenblick der Stille, dann ein langsames Nicken und ein einzelnes langgezogenes: „Yep.“

    Okay… okay, wenigstens redet er mit ihr. Das ist doch gut, oder? Jetzt… muss sie ihn nur bei der Stange halten. „Aber du hast sie noch nicht aufgemacht?“

    Sie hofft halb, dass er sich zu ihr dreht und so was wie „Wow, das FBI hat dich aber echt gut ausgebildet… Agent Scully.“ sagt. Aber alles, was er tut ist, genauso langsam wie eben den Kopf zu schütteln und zu sagen: „Nein.“

    Aha. Das wird hier langsam echt seltsam… und wirklich beängstigend. „Und hattest du das irgendwann noch vor?“

    Jetzt ein Schulterzucken. „Vielleicht.“

    Okay… Notiz an sie selbst: Keine ja/nein-Fragen mehr, wenn sie hier zu irgendwas kommen will. „Evan, was zur Hölle ist hier los?“

    Verdammt. Es sollte nicht so zickig und ungeduldig klingen… aber sie merkt schon, wie ihr Temperament sich bemerkbar macht, weil sie keine Ahnung hat, wie sie hiermit umgehen soll, obwohl sie das eigentlich haben sollte, wenn man bedenkt, dass sie diejenige ist, die ihn in der Pegasus-Galaxie wahrscheinlich am besten kannte und wahrscheinlich auch danach. Und dass er immer zu wissen scheint, was in ihr vorgeht. Aber statt ihr mit einem bissigen Kommentar zu antworten… bewegt er sich und jetzt kann sie den Umschlag sehen, der auf dem Tisch liegt… und den er nimmt und ihr gibt… wobei er sie immer noch nicht ansieht.

    Ein bisschen misstrauisch nimmt sie ihm den Umschlag aus der Hand und holt das Stück Papier darin heraus. Sie entfaltet es, liest kurz drüber und erkennt sofort die Schlüsselwörter… und endlich bekommt sie eine Ahnung davon, worum es hier gehen könnte… und dass es etwas ausgelöst hat, von dem sie immer dachte, dass er viel weniger Probleme damit hätte als sie. Sie schluckt. „Also Afghanistan, ja?“

    Er nickt wieder, genauso langsam wie vorhin. „Yep, zurück in den Dreck.“ Er versucht, ganz lässig und sogar ein bisschen zynisch zu klingen, aber sie kann hören, das er alles andere als das ist. Tatsächlich… klingt es sehr, als würde er hinter der ruhigen und fast gelangweilten Fassade leiden.

    Es tut ihr weh, ihn so zu sehen und sie will ihn berühren, so wie er das mit ihr vor einem Jahr auf dem Steg gemacht hat. Aber sie hat sie das Gefühl… als könnte sie das hier nicht damit lösen, wenigstens noch nicht. Also… okay, vielleicht doch noch eine ja/nein-Frage. „Und… du willst da nicht hin?“

    Er lacht ein kurzes humorloses Lachen und das hört sie gar nicht gerne. Immer, wenn er so ist, versucht er verzweifelt zu verstecken, dass es ihm nicht gut geht. „Ach, das Wollen ist nicht das Problem. Dazu fähig sein schon eher.“

    Was… oh. Sie hatte… Recht. Und sie kann nicht glauben… dass die Pegasus-Galaxie ihn jetzt eingeholt hat, nach all der Zeit. Weswegen sie nicht anders kann, als zu fragen: „Du… Evan, was versuchst du hier, mir zu sagen?“

    „Weißt du, ich will da wirklich hingehen, meinen Anteil leisten und so weiter…“ fängt er in diesem lässigen, irgendwie gelangweilten Ton an, der versucht, das Chaos in ihm zu verstecken, aber dann bricht seine Stimme und endlich sieht er sie an, als er weiter spricht, in einem Ton, der irgendwas zwischen ungläubig und verzweifelt ist: „Aber ich… ich kann nicht.“

    Na ja, dieses Geständnis… macht es jetzt irgendwie unmöglich, die Verbindung zwischen der Pegasus-Galaxie und seinem jetzigen Zustand zu übersehen. Und jetzt, da er sie auch wieder angesehen hat, konnte sie sehen, wie sehr ihn das alles fertig macht und verletzt. Ihr wird klar, dass ihn das genauso wie sie überrascht haben muss, weil er das auch nicht kommen gesehen hat. Sie holt tief Luft, in dem Wissen, dass das, was sie jetzt gleich sagen wird, auch in jeder Menge Tränen enden könnte. „Evan… du weißt, dass du nicht musst, ja?“

    Sie hat sich auf düstere Blicke von ihm eingestellt und darauf, beschuldigt zu werden, dass sie ihn gar nicht kennt und dass es sie auch nicht interessiert, wer er eigentlich ist… aber was sie bekommt, sind kleine nervöse Gesten wie, dass er sich mit der Hand durchs Haar fährt und sich die Nasenwurzel massiert und mehrere Versuche braucht, bis er es schafft zu sagen: „Ich weiß. Natürlich weiß ich das. Ich hätte sogar fast… aber das kann ich auch nicht.“

    Gute Güte, er… er sieht so elend aus und sie glaubt, dass ihr langsam klar wird, was hier das Problem ist. Einerseits hat ihn das Jahr in der Pegasus-Galaxie unfähig gemacht, wieder in den Einsatz gehen zu können, aber andererseits… will er und er will auf keinen Fall den Dienst quittieren und deswegen ist er jetzt in einer furchtbaren Zwickmühle, kann keine der beiden Optionen nehmen, weil sie beide furchtbar schmerzhaft wären.

    Sie will etwas sagen – irgendetwas – aber er ist schneller. „Ich liebe meinen Job, Laura. Ich liebe es, diese großen Vögel zu fliegen und meine Crew zu führen und ich hab mich so gut gefühlt dabei… weil ich das alles immer noch konnte, selbst nach allem, was passiert ist.“ Im Gegensatz zu ihr… aber als sie sich entschieden hatte, den aktiven Dienst zu verlassen, war er der erste gewesen, der ihre Entscheidung vorbehaltlos unterstützt hatte, und schon alleine dafür wird sie ihn immer lieben.

    Und sie schuldet es ihm, ihn in seinen Entscheidungen zu unterstützen, aber es tut ihr auch weh, ihn leiden zu sehen und der Gedanke an Evan in Afghanistan, wie er sich selber in die Erschöpfung treibt und sich damit wahnsinnig macht, zu versuchen, seinen Job gut zu machen, seine Crew zu beschützen und nicht verrückt zu werden durch all das, was aus der Pegasus-Galaxie wieder nach oben gespült wird… es lässt sie seinen Schmerz spüren, als sei es ihr eigener. Vor allem… vor allem, weil er dort alleine wäre, der Einzige, der mit dem Mist aus der Pegasus-Galaxie in seinem Kopf fertig werden müsste, ohne jemanden, mit dem er darüber reden könnte oder der ihn so versteht, wie sie ihn versteht… Moment.

    Ein Gedanke kommt ihr… ein Gespräch, den sie vor zwei Tagen hatte, mit ihrer ersten Kommandeurin, Colonel Eva Dimitrios. Nachdem sie aus der Pegasus-Galaxie wieder da war, hat Colonel Dimitrios sie damit überrascht, dass sie unter denjenigen war, die sie angerufen haben und sie haben eine lose Freundschaft aufrecht erhalten. Der Colonel erzählt ihr Neuigkeiten aus dem Corps und sie erzählt dem Colonel von ihren Abenteuern im Land der Strafverfolgung.

    Und vor zwei Tagen… hat der Colonel ihr von einer neuen Strategie im Afghanistan-Krieg erzählt, bei der es darum geht, dass die Fußpatrouillen von rein weiblichen Teams begleitet werden, die Dinge tun sollen, die die männlichen Marines nicht tun können oder dürfen – mit den Frauen und Kindern sprechen, Lebensmittel und Medikamente an die Frauen verteilen… so was eben. Sie hatte diese Teams Female Engagement Teams genannt und sie hatten ihre Aufmerksamkeit erregt. Offensichtlich deutlich genug, dass der Colonel angedeutet hat, dass sie in der Position wäre, es ihr zu ermöglichen, wieder aktiv zu werden und zu einem dieser Teams zu gehören… wenn sie das denn will.

    Sie sieht ihn wieder an und beißt sich auf die Lippe, weil sie weiß, dass sie gleich etwas tun wird, dass auch in etwas Schlimmerem als nur Tränen enden könnte. Aber sie kann es einfach nicht ertragen, Evan unglücklich zu sehen und sie würde alles tun, um ihn von dem zu befreien, was ihn so unglücklich macht. Selbst, wenn das heißt, etwas tun zu müssen, bei dem sie sich nicht sicher ist, ob es eine gute Idee ist. „Evan… so, wie ich das sehe… gibt es genau zwei Möglichkeiten. Entweder, du quittierst den Dienst… oder ich komme wieder zurück.“ Da. Jetzt ist es raus. Sie würde wirklich alles für ihn tun… selbst, wieder in den aktiven Dienst zurückzukehren, obwohl sie sich dort vor einem Jahr so unwohl gefühlt hatte, dass sie einen schmerzhaften Abschied vom Corps genommen hat.

    „Nein.“ Klar… das war ja zu erwarten gewesen, wenn man bedenkt, dass Evan schon immer so einen Hang dazu hatte, überfürsorglich zu sein, wenn es um sie ging.

    Aber verdammt, nur diese eine Mal ist sie mal damit dran, überfürsorglich zu sein. „Hör mal, Evan…“

    „Ich habe nein gesagt“, wiederholt er und sieht sie düster an, wahrscheinlich kurz davor, diese Unterhaltung zu beenden.

    Sie hat allerdings noch nie zu denen gehört, die leicht zu beeindrucken sind, vor allem nicht, wenn es um jemanden geht, den sie liebt. Sie hebt eine Hand, um allen weiteren Kommentaren vorzubeugen. „Warte, warte, warte! Hör mir erstmal zu.“

    Allerdings… hat er das offenbar nicht vor, denn er steht heftig genug auf, dass sein Stuhl gegen den Tisch schlägt und die Flasche Wodka umfällt. Er sieht sie nicht an, geht von ihr weg und stützt sich schwer auf der Rückenlehne des Sofas auf, mit dem Rücken zu ihr. Sie kann sehen, wie angespannt sein ganzer Körper ist und ihr wird klar, dass er gerade aufgestanden ist, weil er durcheinander genug ist, dass er etwas sehr Dummes tun könnte – sie anschreien, zum Beispiel – und dass das der einzige Weg für ihn war, sich davon abzuhalten.

    Sehr vorsichtig… steht sie auch auf. „Evan…“ Keine Antwort, abgesehen davon, dass er sich aufrichtet und die Arme vor der Brust verschränkt, aber sie weigert sich, ihn alleine zu lassen, sowohl hier als auch in Afghanistan. „Evan, du hast mal gesagt, dass ich das Einzige war, was dich damals in der Pegasus-Galaxie gerettet hat. Ich kann das wieder tun.“

    Wieder langes Schweigen, dann… dreht er sich wieder um und sieht irgendwie… hilflos aus. „Aber… aber das musst du nicht.“

    Es klingt ein bisschen verständnislos… heilige… hat er wirklich gedacht, dass er ihr nicht wichtig genug wäre, dass sie ihn so sehen könnte und nichts dagegen tun wollen würde? Dass sie nicht all ihre eigenen Probleme zurückstecken würde und tun würde, was nötig ist, damit es ihm wieder gut geht, und das sogar gerne? Sie schüttelt den Kopf. „Vielleicht nicht… ich will aber.“

    Ein Teil der Spannung ist aus seinem Körper gewichen, aber zurück bleibt ein aufgewühlter Mann, dem langsam die Kontrolle über all die Dinge, die ihn zu überrollen drohen, zu entgleiten droht. Ihr wird klar, dass ganz egal, ob er nun will, dass sie ihn berührt oder nicht, er ihre Nähe braucht, also rückt sie ganz vorsichtig vor, Schritt für Schritt.

    Es scheint allerdings, als würde er nicht mal mitbekommen, dass sie näher kommt, weil er sich wieder mit der Hand durchs Haar fährt und beschäftigt damit ist, unbeeindruckt auszusehen… als wäre sein kleiner Ausbruch nur eine geringfügige Störung gewesen. „Hör mal, ich will nur nicht… dass du es bereust, das für mich getan zu haben.“

    Als ob sie das je könnte. Während sie sich fragt, wie er sie immer noch so falsch einschätzen kann, nach allem, was sie durchgemacht haben, überwindet sie das letzte Bisschen Entfernung zwischen ihnen und streckt ihre Hand aus, um mit den Fingerspitzen sachte an seinem Gesicht entlang zu fahren. Er schließt die Augen, als würde er versuchen, einfach alles für sich zu behalten… aber bei ihr hat das auch nie funktioniert, also bezweifelt sie, dass es bei ihm funktionieren wird.

    Sehr leise erzählt sie ihm etwas, das sie ihm schon viel früher hätte erzählen sollen: „Ich habe es nie bereut, irgendetwas für dich getan zu haben und mit dir zusammen zu sein, Evan. Ganz egal, wo ich war oder was ich getan habe.“

    Einen Augenblick ist da wieder Schweigen und Bewegungslosigkeit… aber dann lehnt er seine Stirn gegen ihre und nimmt ihr Gesicht in seine Hände. Seine Augen sind geschlossen und er versucht etwas zu sagen, aber seine Lippen bewegen sich tonlos und letztendlich gibt sie ihrem Drang nach, ihn spüren zu lassen, dass er nicht alleine ist – statt es einfach zu sagen, weil Worte ihr in solchen Situationen immer so bedeutungslos vorkommen – und umarmt ihn.

    Gott sei Dank war ihr Timing wenigstens dieses eine Mal ausgezeichnet, weil er sie heftig zurück umarmt und sein Gesicht in ihre Haaren vergräbt. In gewisser Weise ist sie froh darüber, obwohl es wirklich nicht Standard für Evan ist, so emotional zu werden. Aber wenigstens heißt das, dass er es aufgegeben hat, alles in sich zu verschließen. Und wenigstens kann sie ihm etwas zurückgeben, dafür, dass er immer da war, wenn sie jemanden brauchte, der sie einfach nur festhält.

    Sie hofft einfach nur, dass hier zu stehen und ihn einfach nicht loszulassen, ihre Hand in seinen Haaren zu vergraben und ihm immer wieder Küsse zu geben genug ist, um ihm zu helfen, mit dem klarzukommen, was die Pegasus-Galaxie ihm hinterlassen hat… oder wenigstens, um ihm zu zeigen, dass sie für ihn da sein wird, ganz egal, wie er sich entscheidet.

    Letztendlich… hat sie keine Ahnung, wie lange sie da so stehen – es können zwei Minuten gewesen sein oder zwei Stunden – als er langsam die Umarmung löst und sie wieder ansieht. Sie merkt, wie er sich von ihr entfernt und weil sie nicht schnell genug ist, schafft er es, sich ganz aus der Umarmung zu lösen. Er sieht immer noch ein bisschen aus, als würde er neben sich stehen und fährt sich wieder durch die Haare, sieht überall hin… nur nicht zu ihr. „Verdammt, das war… tut mir leid, Laura. Ich hätte nicht… tut mir leid, dass ich mich so gehen lassen hab.“

    Daraufhin… weiß sie nicht, ob sie lachen soll oder er ihr leidtun soll. Weswegen sie ihm letztendlich einen Klaps auf den Arm gibt und ihn böse ansieht. „Hey, wofür war das denn bitte?“

    Jetzt würde sie gerne lachen, aber das würde den erzieherischen Effekt völlig zerstören, also sieht sie ihn nur weiter böse an und erwidert: „Dafür, dass du ein Idiot bist. Hast du wirklich gedacht, dass ausgerechnet ich nicht dazu in der Lage wäre, einen Zusammenbruch richtig zu beurteilen? Ehrlich, Evan… ich bin doch nicht die böse Hexe des Westens.“

    Er reibt sich den Nacken, sieht immer noch verlegen aus – jetzt hoffentlich, weil er sie falsch eingeschätzt hat – und sagt letztendlich: „Natürlich. Obwohl, manchmal…“ Moment, ist das da der Geist eines schiefen Grinsens? Er hat nicht gerade… „Aber ich schätze, ich bin der feige Löwe.“

    Verdammt. Sie würde ihm gerne noch einen Klaps auf den Arm geben, dafür, dass er so was Dämliches äußert… oder vielleicht ihn ihre Vogelscheuche zu nennen, um es ihm heimzuzahlen. Aber… er hat heute schon genug durchgemacht und er würde ihr eh nur sagen, dass sie tatsächlich die böse Hexe des Westens ist, also legt sie nur die Hand auf seine Wange und sagt ihm die Wahrheit: „Nein, bist du nicht. Wenn überhaupt, dann warst du schon immer der Eisenmann.“ Und um jedweden Protesten oder absichtlichen falschen Vermutungen vorzubeugen, grinst sie ein bisschen und fügt hinzu: „Und rate, wen Dorothy immer am liebsten hatte.“

    Komm schon, denkt sie, tu jetzt nicht so, als wüsstest du nicht, was ich dir hier gerade zu sagen versuche… „Also, falls du hier die Dorothy bist… hoffe ich doch, dass es der Eisenmann war.“ Okay… okay, das kann sie gelten lassen.

    Grinsend lobt sie ihn: „Gut geraten“, und belohnt ihn dann mit einem Kuss. Er erwidert ihn sofort und das sagt ihr, dass das hier vielleicht noch lange nicht vorbei ist, sie aber wahrscheinlich irgendwas richtig gemacht haben muss heute.

    Diese Annahme wird unterstützt durch das Grinsen, das er im Gesicht hat, als er den Kuss unterbricht. Sie kann immer noch Spuren von Aufruhr in seinen Augen sehen, aber etwas sagt ihr, dass das Grinsen nicht nur da ist, um die Risse zu verdecken, sondern ein Zeichen echter Erleichterung ist. „Also“, sagt er, „wie wirst du denn jetzt deinem Boss das Herz brechen?“ Wie jetzt? Was zum… „Ich meine, wie wirst du ihm sagen, dass er für weiß Gott wie lange ohne dich auskommen werden muss? Mir würde das ganz sicher das Herz brechen.“

    Oh. Das… äh. Er hat versucht, lässig zu klingen, aber… das ist wahrscheinlich das Deutlichste an Bestätigung für ihre Vermutungen, das sie kriegen wird. Und es… überrascht sie immer noch, selbst nachdem er ihr gesagt hat, dass er sie liebt und nachdem er die fünf Monate ertragen hat, in denen er schon in Ohio war, während sie auf der anderen Seite des Landes in Virginia ihre FBI-Ausbildung absolviert hat… und nachdem er ihr in der Therapie beigestanden hat. Ja… ja, es überrascht sie immer noch, dass es ihm das Herz brechen würde, wenn er nicht mit ihr zusammen sein könnte. Na ja… scheint so, als wäre er nicht der einzige, der noch einiges über seine Partnerin lernen muss.

    Allerdings… hatten sie für heute genug Aufregung, also beschließt sie, sich nicht länger damit aufzuhalten und sagt mit einem schiefen Grinsen: „Dann sei dankbar, dass mir dein Herz wichtiger ist, als das vom Boss.“

    Er gibt ihr einen Kuss auf die Stirn und antwortet mit rauer Stimme: „Glaub mir, das bin ich.“

    Verdammt, er schafft es immer wieder, sie genug aufzuwühlen, dass ihr die Stimme versagt und wenn es nur für einen kurzen Augenblick ist. Sie versucht, ihn nicht sehen zu lassen, wie einfach das für ihn ist und räuspert sich. Dann klettert sie über die Rückenlehne des Sofas – etwas, das er nicht mag und weswegen sie es liebt, ihn damit aufzuziehen – und sagt: „Okay, also… ich kann mich ja nicht so ganz zwischen einer dramatischen Ankündigung und einer so nebenbei entscheiden… irgendwelche Vorschläge?“

    Er hingegen nimmt den langen Weg um das Sofa und lässt sich neben ihr fallen. „Hm… da du ja schon immer einen Hang zur Dramatik hattest…“ Okay, sie weiß, dass er sie nur rauslocken will, aber sie kann einfach nicht anders, als ihm wieder einen Klaps auf den Arm zu geben, aber dieses Mal startet er sofort den Gegenangriff und fängt an, sie zu kitzeln.

    Als sie auf der Couch herumalbern, trifft sie der ungebetene Gedanke, dass es ihr Angst macht, doch wieder Vollzeit-Marine zu sein, aber… sie wird nicht zulassen, dass ihr so was jetzt den Tag versaut, nachdem alles andere das nicht geschafft hat und resolut schiebt sie diesen Gedanken in die dunkle Ecke, in die er gehört. Dafür hat sie später noch jede Menge Zeit… jetzt muss sie erstmal einen Zoomie wieder auf seinen Platz verweisen. Das hat immer Priorität, Gott sei Dank… und für den unverbesserlichen Zoomie, mit dem sie hier gelandet ist.

    ~*~

    A/N #2: Übrigens, die Female Engagement Teams gibt es tatsächlich (und ich find die Idee so cool), aber ich hab mir die künstlerische Freiheit genommen, ihre Einführung in Afghanistan vorzuziehen. Der Timeline nach müsste das noch 2009 spielen, während die FETs in Afghanistan erst 2010 eingeführt wurden. Aber egaaal… wenn ich richtig gerechnet habe, müssten die beiden auch eh erst 2010 nach Afghanistan kommen, mit Kontingentausbildung, medizinischer Überprüfung, Impfungen etc. blablabla.

    A/N #3: Argh, und das hätte ich fast vergessen. Für alle, die nicht wissen, was "PTBS" bedeutet: Damit ist die Posttraumatische Belastungsstörung gemeint, der korrekte deutsche Fachterminus für das englische PTSD (das für post-traumatic stress disorder steht).

  30. Danke sagten:


  31. #18
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    Na, jetzt durfte Evan auch mal zeigen, dass er nicht nur trösten kann, sondern sich auch trösten lassen kann. Und obwohl es spät kam (also, am Ende^^) fand ichs gut, dass es einen besonderen Grund hatte, dass es passiert ist. Einen sehr verständlichen Grund, genau!

    Und weil du sagst, dass man auch meckern darf (und ich bin GUT im Meckern) sage ich jetzt, dass ich's doof finde, dass das jetzt hier zu Ende ist. Aber wehe du bist jetzt beleidigt und redest nicht mehr mit mir!
    ~*~



    "Nature doesn't recognize good and evil. Nature only recognizes balance and imbalance."
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