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Thema: 2034 - Das neue Sternentor (Ein Spinn-off zu TGE)

  1. #21
    Autor der ungelesenen FF Avatar von Protheus
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    Ist mal wieder etwas länger geworden (18 Seiten). Ich muss mich bemühen das nicht zur Gewohnheit werden zu lassen. Ansonsten hoffe ich, dass ihr Spaß beim Lesen habt. Dieses Mal wird auch das Geheimnis um Jules Schicksal gelüftet.


    Episode 5: Die freie Armee

    Bei jedem Schritt, den sie auf den ausgetrockneten Schotterstraßen durch den Wald machten, knirschte der sandige Boden ihren Füßen und sie wirbelten feinen Staub auf, der sich fast einen Meter hoch in die Luft erhob, um dann wieder zu Boden zu sinken. Fast achttausend Soldaten marschierten im Schatten der gewaltigen Eichen und Birken in scharfem Tempo durch den Wald, immer der im Osten untergehenden Sonne entgegen. Die Sonne stand bereits tief und ein kalter Boreas ließ sie frösteln, so dass die meisten ihre schweren braunen Mäntel bis oben zugeknöpft und die schwarzen Stehkragen aufgerichtet hatten. Sie marschierten nun schon seit mehr als zwei Tagen ohne nennenswerte Pause, angetrieben von ihrem Offizier, der möglichst zügig die Frontstädte erreichen wollte. Sie wurden an den Rand der Straße gedrängt, als ein kleines Regiment Dragoner im scharfen Trab an ihnen vorbei ritt. Ihre stämmigen kleinen Pferde waren sehr ausdauernd und erlaubten es ihnen die Strecke sehr viel schneller zurück zu legen, als die Infanterie, die sich mit der mitgeführten Artillerie abmühte, deren Zugmaschinen immer wieder liegen blieben, so dass sie die fast acht Tonnen schweren Haubitzen immer wieder mit reiner Körperkraft vorwärts schieben mussten.

    An der Spitze des Heereszuges marschierte der Mann, der die Truppe derart antrieb. Er trug am Kragen seines Mantels die roten Abzeichen eines Leutnants. Sein wettergegerbtes Gesicht kaschierte seine Jugend und ein Blick in seine Augen zeigte, dass er in seinem Leben schon sehr viel mehr gesehen hatte, als die Seele eines Menschen es eigentlich verkraften konnte. Ein unangenehmer Druckschmerz in der rechten Schulter ließ ihn sein Gewehr auf die linke Schulter nehmen und mit der freien Hand die schmerzende Stelle ein wenig massieren. Dabei sah er zu den hünenhaften Gestalten hinüber, die mit ihm zusammen die Spitze des Zuges bildeten. Auch sie steckten in langen Mänteln, die jedoch von bescher Farbe waren. Zudem trugen sie schwere metallische Panzerplatten, die an einen Kavalleriekürass erinnerten und Brüst, Rücken und Schultern schützten, einen schweren Stahlhelm und Atemmasken, die ihr gesamtes Gesicht bedeckten und über einen Schlauch mit dem Luftaufbereiter auf ihrem Rücken verbunden waren.

    Doch sie zeigten nur noch einen schwachen Abglanz des imposanten Anblicks, den ihresgleichen in diesen Rüstungen wohl einmal geboten haben mochte. Ihre Mäntel waren abgewetzt, selbst das Innenfutter. Das Metall der Rüstungen war von einer rostigen Patina bedeckt und man konnte nur noch an wenigen Stellen metallischen Glanz erahnen. Und auch die Aufbereiter und Gewehre waren so oft repariert worden, dass der alte Zierrat, der daran einmal gehaftet hatte, nicht mehr zu sehen war. Nur ihr Anführer trug als Schmuck eine grüne Schärpe, die seinen Rang anzeigte. Aber trotz des abgerissenen Eindrucks, den sie vermittelten, war er froh sie bei sich zu wissen. Mit einem Blick auf eine Frau aus ihrer Gruppe, die als einzige die Atemmaske abgenommen hatte, konnte er erkennen, dass sie nach diesem langen Marsch kaum schneller atmeten und auch sonst lediglich erste Anzeichen von Erschöpfung zeigten, während sich einige seiner Soldaten kaum auf den Beinen halten konnten. Er beobachtete die Frau mit ihrem wohlgeformten Gesicht und ihren geschmeidigen Bewegungen für einen Moment. Obschon ihr Körper unter ihrer Uniform kaum zu erkennen war, konnte man erahnen, wie sie mit weniger Stoff am Leib aussehen mochte. Nicht wenige der einfachen Soldaten hatten sie während des Marsches Stunden lang lüstern angestarrt, und in wilder Fantasie ergänzt, was sie nicht zu sehen vermochten. Doch keiner von ihnen würde eine Chance erhalten sie näher kennen zu lernen. Es hätte nicht ihren eugenischen Idealen entsprochen sich mit einem von ihnen einzulassen. Er riss sich also wieder von ihrem Anblick los und sah die Straße, die sich schnurgerade durch den Wald schnitt, entlang gen Osten in die untergehende Sonne. Das Licht blendete ihn etwas, so dass er den Blick niederschlug. Dabei sah er plötzlich etwas Metallisches vor sich in den Steinen des Bodens begraben liegen. Er verstand sofort und brüllte: „RUNTER!“

    Kaum das ihm das Wort über die Lippen gekommen war, leuchtete die Blendgranate zu seinen Füßen auch schon hell auf und raubte ihm die Sinne. Er merkte noch, wie er auf dem Boden aufschlug. Das nächste, was er spürte, war ein heftiger Schlag in die Magengrube, der ihn zurück in die Wirklichkeit holte. Er öffnete die Augen und sah mit immer noch glasigem Blick die Frau über sich stehen. Sie hatte sich in einem blitzartigen Reflex rechtzeitig ihre Schutzmaske aufsetzen können und ihm dann einen heftigen Tritt verpasst, während er sabbernd im Dreck der Straße gelegen hatte. Als sie merkte, dass er wieder wach war, sprang sie mit einem Satz über ihn hinweg und stürzte sich in den Kampf. Wie ein entferntes Gewitter hörte er das Krachen von Gewehren und das Aufheulen von Plasmawaffen, als sein Gehör zurückkehrte. Dann drückte er sich vom Boden hoch und griff nach seinem Gewehr, das neben ihm im Staub gelegen hatte. Obwohl er nur für wenige Sekunden weg gewesen war, war in der Truppe heilloses Chaos ausgebrochen. Hunderte Soldaten an der Spitze des Zuges waren von vergrabenen Granaten ausgeschaltet worden und die verbliebenen wehrten sich verzweifelt gegen die Angreifer. Die Angreifer… Zuerst sah er sie nicht, doch dann bemerkte er die Schüsse aus Stabwaffen und schweren Stabkanonen, die aus dem Unterholz des Waldes abgefeuert wurden und große Lücken in die Reihen seiner Soldaten rissen. Er pflanzte das Bajonett auf sein Gewehr und rannte los.

    So schnell er konnte lief er zum nächsten Haufen Soldaten, die noch kämpften. Doch bevor er sie erreichte, wurde ihre Gruppe von einer Stabkanone getroffen und zerfetzt. Er selbst wurde zu Boden geworfen und musste sich schnell wieder aufrappeln. Er lief weiter und gab dabei immer wieder Schüsse auf die Positionen ab, an denen der den Gegner vermutete. Nach zwei Schüssen warf er sich hinter ein Zugfahrzeug eines Geschützes, wo sich noch fast zweihundert andere Soldaten drängelten. Er fingerte Patronen aus einer Gürteltasche und schob sie in das leer geschossene Magazin des Gewehrs. Im Kampfgebiet hörte er die Pulsergewehre der Eugenier heulen, während sie die Angreifer bekämpften. „Hört ihr das“, rief er den verängstigten Soldaten zu. „Wir sind nicht allein. Und wir werden uns nicht vor dem Kampf drücken. Also, Maschinengewehre nach vorn!“ Zuerst zögerten die Soldaten noch, zuckten bei jedem Stabkanoneneinschlag in der Nähe ängstlich zusammen, doch als er brüllte „Na wird’s bald?!“, setzten sich mehrere Trupps in Bewegung, die schwere Maschinengewehre trugen. Anstelle die Waffen wie normal auf Lafetten aufzustellen, stützte ein Soldat das vordere Ende des Gewehres mit der Schulter ab, während der andere zielte. Als sie in Stellung waren, brüllte er: „Angriff!“

    Sie setzten sich in Bewegung und verließen ihre Deckung. Die ersten Soldaten um ihn herum wurden einfach vom Stabwaffenfeuer niedergemäht, doch nachrückende schlossen die Reihen schnell. Sie nahmen in zwei Reihen Aufstellung, sobald der Platz es zuließ, und feuerten massierte Salven ins Nahe Unterholz. Irgendetwas schienen sie zu treffen, denn insbesondere, als die Maschinengewehre anfingen zu feuern, wurde der Beschuss gegen sie schwächer. Doch bevor sie das Blatt zu ihren Gunsten wenden konnten, erhoben sich mehrere große Angriffsdrohnen aus ihren Verstecken und eröffneten sofort das Feuer. Es waren beinahe ellipsoide Maschinen von fast zwei Metern großer Halbachse im Rumpf, von dem noch Greifwerkzeuge herabhingen, die zur Verteidigung im Nahkampf dienten. Sie gaben ein lautes Brummen von sich, während sie sich erhoben, das man in der Magengrube spürte und bewegten sich sofort auf die Soldaten zu. Zwischen beiden gepanzerten Hälften, aus denen sie bestanden, lief wie ein Band eine Anordnung von Schnellfeuer-Plasmawaffen um den Rumpf herum, die einen tödlichen Geschosshagel entfesselten. Fast vierzig Mann wurden in den ersten Augenblicken allein direkt um den Leutnant herum getötet. Er stürzte so schnell er konnte zur schweren Haubitze und griff sich die Panzerbüchse, die schwenkbar daran befestigt war. Er richtete sie auf die nächste Drohne aus, überprüfte noch einmal, ob sie geladen war und schoss. Das schwere Projektil erwischte die Drohne an der oberen Panzerung und schleuderte sie zu Boden, doch sie kam im nächsten Moment wieder hoch. Er musste die ungepanzerten Waffen treffen, um sie zu zerstören. Noch während er am Repetiermechanismus der Waffe zu, wurde die Drohne jedoch von einem Geschoss aus einer anderen Richtung getroffen.

    Das Geschoss war kaum zu sehen. Nur ein weißer Blitz schoss durch das Sichtfeld des Leutnants und einen Augenblick später wurde die Drohne getroffen. Die massive Panzerung wurde einfach durchschlagen und das Geschoss trat noch auf der anderen Seite wieder aus. So groß war seine Wucht, dass es sich sogar noch in eine uralte Birke bohrte und deren Stamm in einer Wolke aus Holzsplittern zerfetzte. Dann hörte er noch weitere Waffen, eine rasende Kadenz von Schüssen abgaben, die durch das Unterholz fetzten und die Angreifer erledigten. Er sprang vom Geschütz herunter und lief zu seinen Soldaten zurück. „Bajonette“, befahl er. Gleichzeitig zog er seinen Revolver und richtete ihn auf den Wald. Dann tauchten aus dem vom Kampf geschundenen Unterholz plötzlich vier Gestalten auf. Sie trugen Rüstungen, die in Grün- und Brauntönen gehalten waren und sich kaum von der Vegetation abhoben. In ihren Händen trugen sie schwere Waffen und ihre Gesichter waren von Helmen nur schwach durchsichtigen Visieren verdeckt. Er richtete seine Waffe auf die Krieger, offenbar drei Männer und zwei Frauen, und wollte ihnen zurufen stehen zu bleiben, doch in diesem Moment packte ihn ein Eugenier, der lautlos bei ihm aufgetaucht war, und hielt ihn zurück. Er deutete auf die Gestalten und sagte nur: „Tau’Ri.“

    Einer ihrer Retter trat vor und nahm seinen Helm ab. Darunter kamen ein kantiges Gesicht zum Vorschein, das vielmehr charismatisch wirkte, als gut aussehend und ein hellbrauner, militärisch kurz geschnittener Haarschopf zum Vorschein. „Ich bin Major Elias Falkner, Sternentorkommando. Wer trägt hier die Verantwortung?“ Der Leutnant machte einen Schritt vor. „Leutnant Qunan. Bundesinfanterie, einhundertelftes Regiment.“ Zu seiner großen Überraschung sprach der irdische Soldat die Sprache seines Volkes fließend, obwohl es sich so anhörte, als würde er die Worte zunächst in einer anderen Sprache aussprechen, worauf sie einige Sekundenbruchteile später in seiner Sprache folgten. „Wir müssen dem Rest ihrer Leute helfen, Leutnant“, sagte Falkner mit bestimmtem Tonfall. Qunan nickte hastig und befahl seinen Leuten sofort dem hinteren Teil des Zuges zu helfen. Falkner nickte ihm zu und lief mit seinen Leuten voran.

    Die Falkner und sein Team kamen über ihre Gegner, wie eine Naturgewalt. Mit überlegenen Fähigkeiten und Waffen zogen sie eine blutige Schneise durch die Angreifer und trieben sie in die Flucht. Als der Kampf vorbei war, und nur noch die Schreie der verwundeten durch den Wald hallten, ging er zu Leutnant Qunan, der über das Schlachtfeld ging und seine Augen über die dort liegenden Soldaten wandern ließ. Kurz bevor Falkner ihn erreicht hatte, zog er auf einmal erneut seine Pistole und erschoss einen der Verwundeten. Dann ging er weiter und verpasste einem zweiten eine Kugel. Falkner sah ihn zuerst erschrocken an, dann lief er mit zwei, drei schnellen Schritten zu ihm und sagte: „Was zur Hölle machen sie da?“ Qunan wandte ihm den Blick zu und er konnte sehen, dass dem Leutnant die Tränen in den Augen standen. In diesem Moment glaubte er zu erkennen, wie jung der Mann noch war. Er war höchstens 24 Jahre alt, schätzte Falkner. „Ich mache das einzig richtige. Wir haben an der Front kaum genug Verbandsmaterial und die Lazarette sind total überbelegt. Die Schwerverwundeten überleben da keine halbe Woche. Es ist humaner ihr Leiden jetzt zu beenden.“ Er erschoss einen weiteren Verwundeten. Falkner sah die ängstlichen Gesichter derer, die noch mitbekamen, was gerade passierte. „Verdammt, lassen sie das“, fuhr er Qunan an.

    Eine Bemerkung, die ihm einen wütenden Blick einbrachte. „Ich habe keine Ahnung, wo sie hergekommen sind, aber wenn mir eines klar ist, dann dass sie keine Ahnung haben, was wir hier durchmachen müssen. Das ist jetzt schon die vierte Einheit, die ich zur Front führen sollte. Ich habe hunderte, tausende verrecken sehen. Wie sie im Stacheldraht verheddert verblutet sind oder von Stabwaffen zerfetzt wurden. Ich werde niemanden leiden lassen, den ich jetzt davor bewahren kann.“ Er richtete seinen Revolver auf einen weitern Verwundeten, doch dieses mal war Falkner schneller. Er stellte sich in die Schusslinie und fing die Kugel ab. Das Projektil traf auf seine Rüstung, verformte sich daran und fiel zu Boden. „Nehmen sie die Leute mit“, sagte er mit Nachdruck. „In sechs Stunden wird die Erde das nächste Sternentor anwählen und mich anfunken. Dann schicke ich ihnen eine Nachricht, dass sie uns ein Lazarettschiff schicken sollen.“ Qunan sah den fast einen Kopf größeren Falkner verwirrt an. „Ein Lazarettschiff?“ „Ein Raumkreuzer, der ein vollwertiges Lazarett an Bord hat. Wir haben vier davon. Jeder kann mehr als tausend Verwundete aufnehmen.“ „Versprechen sie mir, dass so ein Schiff geschickt wird?“ Falkner reckte das Kinn entschlossen vor. „Bei meinem ersten Kampfeinsatz als Truppführer sind sechs Mann unter meinem Kommando gestorben, weil ich unvorsichtig gewesen bin. Danach habe ich mir geschworen nie wieder einen Mann unnötig zu verlieren und habe diesen Schwur bisher eingehalten.“ Qunan sah noch einmal zu dem Verletzten, dann zu Falkner. Für einen Moment schien er zu schwanken, doch dann steckte er die Waffe wieder ein. Mit leiser Stimme sagte er: „Danke. Ich werde die Verwundeten mitnehmen lassen.“
    Die Freiheit des Bürgers heißt Verantwortung.

    (Joachim Gauck)


    "You may belong to any religion[...] - that has nothing to do with the buisness of the state. We are starting with this fundamental principle, that we are all citizens and equal members of one state." (Sir Mohammed Ali Jinnah)

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    Laufend: 2036 - A Union at War

    Abgeschlossen: 2034 - Das neue Sternentor

  2. #22
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    Später marschierten Falkner und seine Leute Seite an Seite mit den einheimischen Soldaten. Es war gute vier Tage her, dass sie aus ihrem Jumper hatten abspringen müssen und sich in diesen weitläufigen Wäldern wieder gefunden hatten, durch die sich die lange Heerstraße zog. Ihr ursprüngliches Ziel war eine Küstenstadt mehrere hundert Kilometer von ihrer Absprungstelle entfernt gewesen und zuerst war Falkner entschlossen gewesen den Weg zu Fuß zurückzulegen, wenn es sein musste. Doch dann war ihnen eine Gruppe von Kämpfern aufgefallen, die sich vorsichtig durch den Wald bewegt hatte. Zwei Tage lang hatten sie sie verfolgt, dann waren sie Zeugen eines Gespräches zwischen dem Anführer der Gruppe und Systemlord Dumuzis örtlichem Kommandanten geworden, der den Angriff auf einen Heerzug des Bundes, jener Allianz aus freien Planeten, gegen die der Goa’uld hier Krieg führte, befohlen hatte. Nur wenige Stunden später hatten sie diesen Überfall realisiert und die irdischen Soldaten hatten eingegriffen. Es war beiderseitiges Glück gewesen, hatten sie doch vielen Soldaten das Leben gerettet und waren ihrerseits davor bewahrt worden noch Tage lang gen Nordwesten zu marschieren. Doch was er im Gespräch mit diesen Leuten erfuhr, versetzte seiner Freude über diesen Umstand einen merklichen Dämpfer.

    Er lief neben einem der hochgewachsenen Kämpfer, die als einzige ernst zunehmenden Widerstand geleistet hatten, als die Truppe angegriffen worden war. Der Kerl war knapp einen halben Kopf größer und deutlich muskulöser, als der eher drahtige Falkner. Sein Gesicht war von einer Atemmaske verdeckt, doch er konnte aus seinem Tonfall eine gewisse Geringschätzigkeit für seine Mitstreiter heraushören. „Die Stadt wird jetzt seit fünf Jahren umkämpft. Es geht auf diesem Planeten eigentlich nur um diese Region. Dort gibt es große Naquadaminen, die beide Seiten unter Kontrolle bringen wollen. Die Einheimischen dort kämpfen für Dumuzi und er fliegt regelmäßig neue Truppen ein.“ „Wie ist die Lage dort genau?“ „Die Armeen haben sich in das Umland festgebissen und bezahlen jeden Meter Geländegewinn mit Blut. Im Moment steht die Stadt unter Kontrolle des Bundes, aber es geht gerade mal wieder der Nachschub mit frischen Soldaten aus. Entsprechend wird es wohl nicht mehr lange dauern, bis Dumuzis Handlanger die Stadt wieder kontrollieren.“ Falkner sah sich zu den Soldaten um, die vom langen Marsch und dem Kampf erschöpft wie mechanisch hinter ihnen hertrotteten und erschauderte bei diesem Anblick innerlich. Erst deutlich nach dem Kampf war ihm klar geworden, wie jung die meisten von ihnen unter dem Schmutz waren, der ihre Gesichter bedeckte wie unfreiwillig aufgetragene Tarnfarbe. Qunan gehörte tatsächlich zu den Veteranen dieser Einheit. Die meisten Soldaten, so man denn von solchen Sprechen wollte, waren siebzehn oder achtzehn, manche auch erst sechzehn Jahre alt. Praktisch noch Kinder.

    „Wie viele Tote bisher“, wollte er wissen. „Keine Ahnung. Niemand hat die auf der Gegenseite gezählt, aber bei uns müssen es an die fünfhunderttausend sein.“ „Wer führt das Kommando?“ „Tyr vom Clan der Paseski. Zumindest für unsere Leute. Sie kennen ihn wahrscheinlich. Er war es, der uns gesagt hat, dass Tau’ri wieder da ist.“ Falkner nickte. Er kannte Tyr, wenn auch nur vom Sehen und aus den Berichten, die er gelesen hatte. „Was meinen sie mit ‚für unsere Leute’?“ „Damit meine ich, dass der Oberbefehl der Bundestruppen bei Freiherr von Sigvald liegt. Sein Vater hat damals die Rückeroberung angeführt. Er selbst hat übernommen, als sein Alter gefallen ist und kommandiert seitdem einen Stellungskrieg.“ „Unterstehen sie ihm nicht?“ Der andere reagierte ausweichend. „Das ist kompliziert. Machen sie sich am besten selbst ein Bild, wenn wir da sind.“ Er schwieg für einen Moment, dann neigte er den Kopf leicht und sah zu Falkner hinüber. „Aber wenn auch nur die Hälfte von dem stimmt, was man sich über ihre Leute erzählt, wird der Krieg dort bald vorbei sein. Immerhin erzählt man sich unter den Soldaten sie würden bald Verstärkung von ihrer Welt rufen können.“ Falkner reagierte lediglich mit einem Nicken auf die Frage und schwieg sich aus. Die Angelegenheit war in der Tat kompliziert. Insbesondere dann, wenn er gezwungen sein würde diesen Leuten zu erklären, dass er keine Garantie dafür hatte, dass Maybourne sich melden würde und sein grandioser Plan nur darin bestand vom Gegner ein Langstreckenkommunikationsgerät zu erbeuten, mit dem er die Erde erreichen konnte.

    Als sie über die letzten Hügel des Waldlandes stiegen, die zwischen ihnen und dem Ziel lagen, tat sich vor ihnen ein Anblick auf, der aus einem vergangenen Zeitalter zu stammen schien. Das Schlachtfeld war ein Areal, in dem Feuer und Explosionen der Kampfhandlungen den Wald völlig verbrannt hatten. Man konnte zwei weitläufige Grabensysteme erkennen, die sich durch die Landschaft fraßen, wie offen liegende Wunden. Im Niemandsland dazwischen lagen im südlichen Abschnitt der Front mehrere von einem kleinen Fluss durchflossene Stauseen, deren Dämme größtenteils zerstört worden waren, die offenbar einmal der Wasserversorgung der an der Front gelegenen Stadt gedient hatten. Die Stadt selbst war kaum noch als solche zu erkennen. Es war nur noch ein Ruinenfeld, aus dem vereinzelt die Überreste von Häusern hervorragten. Es schien vor kurzem einen Angriff gegeben zu haben, denn die Bundestruppen hatten sich entlang des nördlichen Abschnitts im ein älteres Grabensystem zurückziehen müssen und waren in der Stadt noch vor wenigen Stunden in heftige Kämpfe verwickelt gewesen, deren Folgen man in Form von Feuern, vereinzelten Fahrzeugwracks und zahllosen Leichen erkennen konnte.

    Als Qunan, der mittlerweile zu Falkner und den Eugeniern aufgeschlossen hatte, dies sah, murmelte er nur entsetzt: „Verdammt, ich hatte ihn gewarnt.“ „Was meinen sie?“ „Hm? Oh, vergessen sie, was ich gesagt habe, Major. Es steht mir nicht zu die Entscheidungen des Generals in Frage zu stellen.“ „Er meint, dass unsere Stellungen im Norden nicht vernünftig abgesichert waren“, schaltete der Eugenier sich ein. Er deutete auf einen der aufgegebenen Gräben. „Sehen sie die Explosionstrichter?“ Falkner nickte. „Die Gräben wurden von unten her gesprengt.“ Der hochgewachsene Kämpfer nickte. „Wir haben dem General Wochenlang etwas von Untertunnelung gezählt, aber er hat nicht zugehört. Jetzt haben wir den Salat.“ Qunan sah seinen Mitstreiter mit einem strengen Blick an und sagte: „General von Sigvald führt dort das Kommando. Wir sollten nicht vergessen, wo unser Platz ist.“ Der Adressat dieser Worte schüttelte jedoch nur den Kopf und sagte: „Devoter Schwächling.“ Dann sah er zu Falkner und sagte: „Kommen sie, Tau’Ri sehen wir nach, was noch zu retten ist.“

    Als sie die Stellungen erreichten, eilte ihnen bereits ein Mann entgegen, der angesichts seines sehr viel edleren Mantels und seiner reich verzierten Rangabzeichen ein höherer Offizier zu sein schien. Er lief mit zornesrotem Gesicht zu Qunan und fuhr ihn an: „Sie hatten den Befehl achttausend Mann zur Front zu führen. Wo zur Hölle ist der Rest der Truppe, Leutnant? Und warum haben sie eine ganze Horde an Versehrten im Schlepp?“ Bei diesen Worten strich er sich eine vorgerutschte Haarsträhne wieder hinter das Ohr. Bevor der junge Leutnant antworten konnte, stellte Falkner sich zwischen die beiden. „Diese Einheit wurde angegriffen. Über zweitausend Tote. Die Verwundeten wurden auf mein Drängen hin nicht zurückgelassen.“ Der Offizier sah ihn wütend an und meinte nur: „Was, noch so einer? Da verlangt man Verstärkungen von Tau’Ri und sie schicken einem nur zehn Mann.“ Falkner blinzelte kurz überrascht. „Zehn Mann?“ „Natürlich. Gestern ist noch so ein kümmerliches Häuflein von Ihresgleichen hier aufgekreuzt. Und jetzt gehen sie mir aus dem Weg.“ Falkner konnte sich ein leises und spöttisches Lachen nicht verkneifen. Während er sich eine Träne des Amüsements aus dem Augenwinkel wischte, fragte er: „Wo kann ich Major Degenhardt finden?“ „Wenn sie diese impertinente Frau meinen, die befindet sich im Kommandostand der Eugenier und jetzt verschwinden sie, bevor ich sie entfernen lasse.“

    Die Begegnung mit diesem Offizier entlockte Falkner rückblickend nur noch ein Kopfschütteln. Er hatte sich mit seinem Team sofort auf den Weg in besagten Kommandostand gemacht, wo Nicole zu finden sein sollte. Während sie dort hin gingen, echauffierte Arya sich lautstark über diesen Mann. Sie benutzte dabei einige Worte auf Georgisch, die Falkner nicht verstand, die jedoch angesichts ihres Tonfalls wohl nichts besonders Schmeichelhaftes aussagten. Zwischendurch sagte sie: „So eine Arschkrampe. Macht sich mehr sorgen um seine Frisur, als um seine Soldaten.“ Julius meinte dazu nur: „Habt ihr gesehen: Der Kerl hatte nicht eine einzige Narbe. Nicht mal Dreck im Gesicht. Entweder ist er also der beste Kämpfer aller Zeiten oder hat noch nie in der ersten Reihe gestanden.“ Sie erreichten den ‚Kommandostand’. Es war nicht mehr, als ein einfacher, in die Wand eines Schützengrabens gegrabener Unterstand aus morschen Flakbrettern, mit denen der morastige Untergrund zurückgehalten worden war. Darin standen ein Tisch mit Karten des Schlachtfeldes, ein klobiges Funkgerät und eine einfache Liege, auf der jedoch ein Verwundeter lag. Dieser Abschnitt des Grabens schien ausschließlich von Eugeniern gehalten zu werden und sie hatten dem Ansturm standgehalten, wo die Infanteristen um sie herum zurückgedrängt worden waren. Nun schienen sie die Gefechtspause zu nutzen, um ihre Verwundeten zu versorgen.

    Auf dem Weg hierhin waren sie dutzende Male über Leichen verschiedener Armeen gestiegen. Sie hatten neben den braunbemantelten Bundessoldaten auch noch Kämpfer einer zweiten Armee in grauen Uniformen, sowie einige Tote einer Armee gesehen, die eine Art einfache grüne Tarnuniform trug, die mit schweren Lederharnischen verstärkt wurde, die wohl Splitterschutzwirkung erzielen sollten. Das Gemetzel der letzten Nacht musste furchtbar gewesen sein, auch wenn einige der Leichen schon deutlich länger hier lagen. Im Kommandostand erkannte Falkner Tyr sofort. Der riesenhafte Kämpfer hatte zwar mit dem Rücken zu ihm gestanden, doch er hatte ihn an seiner Haarpracht sofort wieder erkannt, obwohl er Versuchte diese mit einem Haarband zu bändigen. „Paseski“, fragte er beim eintreten. Tyr drehte sich um. Als er Falkner sah, stahl sich ein strahlendes Lächeln in sein Gesicht. „Ah, Major Falkner. Mir wurde schon gesagt, dass wir mit ihnen zu rechnen haben.“ „So?“ In diesem Moment hörte er Nicoles Stimme: „Sagen wir einfach es wäre sehr untypisch gewesen, wenn sie zum Ziel weiter gerückt wären, wo hier gerade der Tod zur Schlacht aufspielt.“

    Er hatte sie zunächst nicht bemerkt, doch als er sich nun nach ihr umsah, sah er sie einige Meter entfernt an der Grabenwand lehnen. Sie wirkte abgekämpft, war schmutzig und hatte eine böse schramme im Gesicht, die nur notdürftig genäht worden war, lächelte jedoch zufrieden. „Gut sie zu sehen, Elias. Wenn wir heute Nacht wieder das gleiche erleben wie gestern, können wir sie hier gut brauchen.“ Er salutierte vor ihr und fragte: „Danke. Wie sind sie hier hergekommen?“ „Asche auf mein Haupt, aber mein Kreiselkompass hat beim Absprung einen Knacks bekommen. Wir sind in die falsche Richtung marschiert und schnurstracks einer Kompanie des Gegners in die Arme gelaufen. Aber damit wussten wir wenigstens, wo wir waren und konnten uns hier her durchkämpfen.“ „Gegen eine ganze Kompanie“, fragte Nikolai ungläubig. „Ich sage nicht, dass es einfach war, Fähnrich. Und wie lautet ihre Geschichte?“ „War ziemlich abenteuerlich…“ Mit knappen Worten fasste Falkner die Geschehnisse der letzten Tage zusammen. Als er von ihrer Ankunft hier berichtete, mussten Tyr und Nicole beide lachen. „Dann haben sie also auch schon die nonchalante Bekanntschaft von Oberst Nasarbar gemacht. Nachdem wir hier geholfen hatten einen totalen Zusammenbruch der Stellung zu verhindern hat er mich doch tatsächlich dafür verweisen wollen, dass ich zeitweilig das Kommando über eine seiner Kompanien übernommen hatte, während er selbst sich im Kommandobunker verkrochen hatte. Und danach wollte er uns nicht zum General vorlassen.“

    Falkner nickte. „Er ist eine Karikatur von einem Offizier. Männer wie ihn haben wir auf Ganymed unauffällig in die nächste Gefechtszone gelotst und gehofft, dass sie nicht zurückkommen.“ Tyr gab einen amüsierten Laut von sich. „Sollten wir hier wohl auch mal versuchen. Aber dann hätten wir gleich den nächsten am Hals seit der alte Freiherr tot ist, hatten wir hier nur unfähige Kommandanten.“ „Diese ganze Operation ist eine Ansammlung an Fehlern. Ich bin noch keine Stunde hier und alles, was ich gesehen habe, ist ein stupides gegenseitiges Abschlachten.“ „Jep, das trifft die Sache auf den Kopf. Der alte Freiherr war noch jemand, den man respektieren konnte. Aber sein Sohnemann… Ach, lassen wir das Thema.“ Falkner sah Tyr fragend an und hakte nach. „Ich nehme mal an er hat nicht die gleichen Qualitäten.“ „Das ist eine gottverdammte Untertreibung. Als er hier das Kommando bekommen hat, waren seine einzigen Qualifikationen ein bestenfalls mittelmäßiges Abschneiden auf einer Akademie und sein berühmter Name. Und sein feiner Oberst ist auch nicht besser. Ist als Offizier in den Dienst getreten und hat seine ersten fünf Jahre bei der Hauptstadtgarnison abgeleistet, wo er sich nicht einmal die Hände schmutzig machen musste. Die einzigen, die die Bundestruppen zusammen halten, sind Leutnant Qunan und einige Feldwebel, die ihr erstes Jahr im Graben überlebt haben.“

    Noch bevor Falkner danach fragen konnte, wieso diese Verhältnisse geduldet wurden, wurde das Grabensystem auf einmal von einer mächtigen Explosion erschüttert. Sie alle fuhren herum und sahen in die Richtung, in der eine gewaltige Feuersäule gen Himmel stürmte. Dann kamen weitere Explosionen und das gesamte Gelände wurde von Einschlägen erschüttert. Typ griff sofort nach Helm, Atemmaske und Gewehr, während Falkners Team seine Waffen bereit machte und Nicole über Funk ihre Leute zu sich rief. Sie liefen aus dem Unterstand in die Gräben hinaus. Man konnte sehen, dass der gesamte nördliche Abschnitt unter heftigem Artilleriebeschuss lag. Falkner sah gen Himmel und hielt nach den Geschossen Ausschau. Das erste, was er sah, waren dutzende Granaten im Flug, die von den Sensoren seines Helms auf dem HUD angezeigt wurden. Er drückte an die in Beschussrichtung liegende Grabenwand und entsicherte seine Waffe. Dann warf er über die Schulter einen Blick zu Nicole, die hinter ihm stand. Sie bedeutete ihm vorzurücken und befahl über Funk: „Die Stellungen nördlich von hier sind am schwächsten. Wir müssen sie verstärken.“ Er nickte, gab seinen Leuten ein Handzeichen und lief los.

    Als sie den kritischen Grabenabschnitt erreichten – zwischen ihm und dem Kommandostand lag fast ein Kilometer – war der Artilleriebeschuss schon schwächer geworden. Die neuen Granaten, die einschlugen, verursachten deutlich kleinere Krater und zuerst glaube Falkner einfach nur, dass der Gegner das Kaliber gewechselt hatte, doch dann erkannte er, dass Gas aus den Granaten entwich. Die blutjungen Infanteristen in diesem Abschnitt hatten sich während des Beschusses in Splitterschutzlöcher geworfen und kauerten dort jetzt immer noch, während einige wenige Veteranen unberührt vom Inferno, das gerade noch um sie herum getobt hatte, ihre MG-Stellungen klar machen und ihre Waffen durchluden. Jeder von ihnen hatte sich bereits im Moment des ersten Beschusses eine Gasmaske aufgesetzt, während die Rekruten immer noch ängstlich der Dinge harrten, die in den nächsten Minuten passieren würden. Ein Offizier ging im Graben auf und ab, stieg über die Leichen der beim Beschuss gestorbenen – es musste fast die hälfte der Besatzung erwischt haben – und brüllte Befehle, wie dass die Soldaten ihre Bajonette aufsetzen und sich zum Sturm bereitmachen sollten, ohne einen Gedanken daran zu verschwenden sie überhaupt erst einmal in die Wirklichkeit zurück zu holen. Kurzentschlossen ging Falkner zu ihm und schlug ihn nieder. Die Soldaten wirkten zuerst erschrocken, danach ratlos, doch als er mit lauter und befehlsgewohnter Stimme brüllte „Gasangriff! Alle Mann die Masken auf!“, sahen ihn die Veteranen dankbar an.

    Er ging zu den Rekruten, packte sich den ersten und schleuderte ihn mit dem Gesicht voran in den Schlamm des Grabens. Dann einen zweiten und einen dritten. „Verdammt, kommt auf die Füße. Masken bereit und Gewehre laden.“ Bei diesen Worten kippte der erste Frischling röchelnd und Blut spuckend aus seiner Deckung. Das Kampfgas schien eine außerordentlich lange Wirkungszeit zu haben, doch es schien in seiner Wirkung schlicht und ergreifend tödlich zu sein. Er packte einen der Soldaten und drückte ihm die Maske aufs Gesicht. Um ihn herum begannen auch die anderen zu reagieren. Auch wenn das Gas fast die Hälfte von ihnen erwischte, begannen die Überlebenden doch seine Befehle auszuführen. Mit knappen Gesten befahl er seine eigenen Leute in die MG-Stellungen. Dabei ging er die Reihen der Bundessoldaten ab und sagte: „Hört mir zu: Was immer auch gleich kommt, ihr werdet diese Stellung halten. Ich erwarte nicht mehr, als das sie meine Befehle befolgen. Dann kommen wir hier lebend raus. Drei Reihen bilden. Halten sie sich bereit und warten sie auf den Feuerbefehl.“ Es dauerte noch einige Minuten, in denen es Gasgranaten regnete. Danach hörte man für einige Sekunden nichts. Falkner ging zu einem Grabenperiskop und sah hindurch. Unter den letzten Nebelgranaten mussten auch Rauchgranaten gewesen sein, die das Niemandsland eingenebelt hatten. Also riskierte er einen Blick über den Rand des Grabens, und setzte die Helmsensoren ein. Sein Blick fiel auf hunderte Soldaten, die sich von der anderen Seite näherten.

    Er wartete, ließ sie herankommen. Dann, als er sich sicher war, dass sie in der Reichweite der Maschinengewehre waren, befahl er Sperrfeuer. Die MG-Schützen ließen ihre Waffen sprechen und entfesselten einen Hagel aus Geschossen, der die ersten Reihen der Gegner einfach niedermähte. Doch die nachkommenden drängten weiter vorwärts, rannten auf die Gräben zu. Einige begannen im Sturmschießen die Maschinengewehre unter Feuer zu nehmen. Als sie nur noch gut hundert Meter weit weg waren, rief er: „Erste Reihe in Feuerposition!“ Die Soldaten reagierten und stiegen die Stufe in der Grabenwand hinauf, die es ihnen erlaubte über den Rand hinweg zu schießen. Als die Mehrheit in Position war, befahl er: „Feuer!“ Die Gewehre krachten in einer lauten Salve auf. Die Geschosse schickten dutzende Gegner zu Boden, während die Verteidiger durchrepetierten. Eine zweite Salve. Dann befahl Falkner die zweite Reihe nach oben um zu schießen, während die erste nachlud. Der Ansturm geriet überraschend schnell ins Stocken. Offenbar war der Angreifer keine koordinierte Gegenwehr in den vorderen Gräben gewohnt. Dennoch erreichten sie die Gräben. Als sie herangekommen waren, befahl Falkner die Salve der dritten Reihe, die sich bis jetzt zurückgehalten hatte. Sie erledigten zahlreiche Angreifer, bevor sie in den Graben springen konnten. Dann ging das Hauen und Stechen mit den Bajonetten los.

    Falkner und seine Leute waren für die Angreifer die schlimmsten vorstellbaren Gegner. Ihre Rüstungen waren gegen Kugeln und Bajonette der Zündnadelgewehre gefeit und die einzige Möglichkeit sie zu erledigen bestand darin sich zu mehreren auf sie zu stürzen und so lange mit den Gewehrkolben auf sie einzuprügeln, bis sie sich nicht mehr regten, wie einige es bei Nikolai versuchten. Doch Julius bereitete diesem Versuch mit einer Salve aus seiner Maschinenpistole ein jähes Ende. Der Angriff war binnen weniger Minuten abgewehrt und Falkner befahl das Gros seiner übernommenen Einheit in den nächsten Grabenabschnitt, wo noch gekämpft wurde. Dort standen mehrere Eugenier zusammen mit einer deutlich schlechter organisierten Einheit gegen Truppen, die direkt zu Dumuzi zu gehören schienen. Sie trugen grüne Uniformen, Splitterwesten aus verstärktem Leder, führten Stabwaffen und kämpften mehr, wie Falkner es von Grenadieren einer modernen Armee erwartet hätte, als von Jaffa. Er ließ seine Leute eine Gefechtsreihe bilden und Feuerunterstützung für die Männer im Handgemenge geben. So rückten sie vor, bis sie sich schließlich an einer Stelle, an der nicht genug Platz für diese Art zu kämpfen war, direkt in den Kampf stürzten. Der Nahkampf war kurz und hässlich. Falkner selbst erledigte mehrere Gegner mit dem Kampfmesser oder im direkten Nahkampf. Als sich der Lärm der Schlacht legte, stand kein Gegner mehr.

    Er fragte mit angestrengter Stimme: „Ist noch einer übrig?“ „Ja“, sagte eine Eugenierin und ging auf einen am Boden liegenden Gegner zu, der sich noch bewegte. Dabei zog sie ihr Messer und meinte: „Aber das haben wir gleich.“ Sie wollte zustechen, doch er war blitzschnell bei ihr und hielt den Waffenarm fest. Für eine Frau war sie erschreckend stark, auch wenn man es ihrer Statur nicht ansah. Sie sah ihn überrascht an, als habe sie nicht erwartet, dass er dazu fähig wäre, dann wandelte ihr Gesichtsausdruck sich in ein Lächeln, als er zu ihr sagte: „Sie töten, wenn ich es ihnen befehle. Nicht früher und nicht später. Habe ich mich klar ausgedrückt?“ Sie antwortete „Absolut, mein Kommandant“, wobei in ihrer Stimme ein Tonfall lag, den er nicht ganz zu deuten vermochte. Dann meinte er mit einer Geste auf den Verwundeten: „Verbindet seine Wunden und sorgt dafür, dass er ansprechbar ist. Ich will ihn verhören.“

    Eine gute Stunde später, der Angriff war zur allseitigen Überraschung abgewehrt worden, was insbesondere Nicole zu verdanken war, die zusammen mit Tyr einen beherzten Gegenangriff im am härtesten umkämpften Abschnitt geführt hatte, fanden sie sich im Kommandostand wieder, wo der Gefangene an einen Stuhl gefesselt worden war. Sie waren nicht zimperlich mit ihm gewesen. Er hatte sich mehrere sehr harte Schläge eingefangen, bevor er bereit gewesen war zu reden. Schließlich hatte er die Position der feindlichen Kommandozentrale ausgespuckt, von der aus die Aktionen auf diesem Planeten mit Dumuzis Hauptstreitmächten koordiniert und Verstärkungen eingeflogen wurden. Falkner dachte derweil über die Soldaten nach, die sie in ‚seinem’ Abschnitt abgewehrt hatten. Es waren Einheimische gewesen, die nur einfache Zündnadelgewehre geführt hatten, jedoch keine Sklaven gewesen zu sein schienen. „Warum kämpfen die Leute hier für Dumuzi“, fragte er Tyr schließlich.

    „Geschichte“, war die lapidare Antwort. „Auf diesem Planeten hat fast alles mit Geschichte zu tun.“ „Und wie lautet sie?“ „Diese Leute waren immer Sklaven. Zuerst unter Sokar. Dann haben wir diese Welt eine Zeit lang beherrscht und uns dabei auch nur wenig Freunde gemacht. Und schließlich haben die Patrizier der Küstenstädte die Herrschaft übernommen. In jedem Kapitel ihrer Geschichte waren die Leute des Waldlandes Sklaven und sollten die Naquadaoxidablagerungen fördern, die hier überall in den sumpfigen Böden zu finden sind (vgl. Rasenseisenstein, Anm. d. Autors). Aber Dumuzi ist eine verdammt kluge Schlange. Als er hier eingefallen ist, hat er diese Region besetzt und als erste Handlung das Land an seine Bewohner verschenkt. Er gibt ihnen das Gefühl freie Menschen zu sein und dafür kämpfen sie für ihn, ohne zu merken, dass er immer noch die Fäden in der Hand hält.“ Nicole sah ihn etwas verwundert an. „Er hat sie befreit?“ „Auf den ersten Blick ja. Aber nur weil es keine Aufseher, keine Ketten und keine Schläge mehr gibt, heißt das nicht, dass sie jetzt mehr Freiheiten haben, als zuvor. Er lässt sie für sich kämpfen, kontrolliert aber faktisch weiter die Region. Nur das die Repressionen gegen die, die aus der Reihe tanzen, dieses Mal nicht von Fremden, sondern von ihren eigenen Leuten verübt werden. Und sie geben sich damit zufrieden.“

    In diesem Moment kam Oberst Nasarbar flankiert von zwei Soldaten in den Unterstand gestürmt. Er deutete auf Falkner und rief: „Sie! Sie haben einen meiner Offiziere geschlagen und sich zwei Kompanien bemächtigt.“ Falkner hörte ihm nur auf einem Ohr zu und betrachtete die beiden Soldaten. Sie trugen wesentlich bessere Uniformen, als die anderen und hielten keine Zündnadelwaffen, sondern verzierte Maschinengewehre, die etwas an alte MG13 mit gekürzten Läufen erinnerten. Außerdem hatten sie vernünftige Gasmasken, Stahlhelme und wirkten, als bekämen sie genug zu Essen. Während Nasarbar über durch die Erde missbrauchtes Vertrauen lamentierte, fragte Falkner Tyr: „Woher haben die So eine Ausrüstung?“ Der Eugenier antwortete nur mit einem Schulterzucken und den Worten: „Generalsleibwachen. Ausgerüstet nach dem Standart der Patrizierregimenter.“ Falkner sah zu Nicole, die ebenfalls unfähig schien es zu fassen. Dann keifte Nasarbar mit schriller Stimme: „Verdammt, ignorieren sie mich nicht! Ich sollte sie für den Angriff auf meinen Major hinrichten lassen, aber ich werde sie im Interesse der Diplomatie nur aus der Stellung verweisen. Nehmen sie ihre Leute und gehen sie.“ „Das hätte ich gerne mit ihrem General besprochen.“ Der Oberst straffte sich. „General von Sigvald ist gefallen, als eine Granate den Kommandobunker getroffen hat. Ich kommandiere jetzt vorläufig diese Operation.“ „Hm… Schade. Ich hätte diesem Kerl zu gerne gesagt, was ich von seinem Kommandostil hallte.“

    Bei diesen Worten weiteren sich Nasarbars Augen vor schreck und er zog seine Pistole. „Wie können sie es wagen?“ „Ein guter Rat“, erwiderte Falkner und sah zu Nicole. Als sie nickte, fuhr er fort: „richten sie niemals eine Waffe auf jemanden, wenn sie nicht auch abdrücken wollen.“ Als sie dies sein Stichwort gewesen, spannte der Oberst tatsächlich den Finger am Abzug, doch Nicole war schneller. Bevor er auf Falkner schießen konnte, hatte sie ihre eigene Pistole gezogen und ihm eine Kugel in die Schulter des Waffenarmes gejagt. Die beiden Leibwächter wollten ihre Gewehre in Anschlag nehmen, doch als sie die bohrenden Blicke der Eugenier um sie herum spürten, ließen sie wohlweislich davon ab. Tyr rief einen Sanitäter um sich um die durchschossene Schulter zu kümmern, während Nicole zu Narsarbar sagte: „Ich denke diese Truppe ist reif für einen Führungswechsel. Ich nehme mal an, dass sie einen Wagen für eine Fahrt in die Hauptstadt bereitstehen haben.“ Der Oberst nickte nur Wortlos und mit einem ängstlichen Gesichtsausdruck. „Hervorragend. Dann werden wir uns auf den Weg machen, sobald ihre Schulter verbunden ist und uns um Verstärkung und einen kompetenten Befehlshaber bemühen.“ Sie nickte Tyr zu, woraufhin dessen Leute die Leibwächter entwaffneten und zusammen mit Nasarbar zum Wagen führten, der hinter den Gräben stand. Dann sagte sie zu Falkner: „Wir werden einige Tage unterwegs sein. Halten sie hier so lang die Stellung.“ Falkner nickte. „Verlassen sie sich auf mich.“

    Nicole und ihr Team machten den Wagen bereit. Während Asena eifrig dabei war an der Motorkurbel es altertümlich anmutenden Gefährts zu drehen, um den Motor zu starten, merkte Nicole, wie Julius sich noch von den Mitgliedern ihres Teams Munition geben ließ. Sie ging zu ihm und hielt ihm zwei Magazine für ihr Sturmgewehr hin. „Nichts mehr zum Schießen?“ Der Junge Mann schüttelte den Kopf. „Wir haben noch Munition, aber wenn wir mehrere Tage durchhalten müssen, könnte es knapp werden.“ Er griff nach den Magazinen, doch sie hielt sie noch fest. „Julius“, sagte sie, „seit zwei Monaten weichst du mir aus.“ „Ich habe keine Ahnung, wovon sie reden, Frau Major.“ „Ach, tu doch nicht so. Du wärest ein kaltherziger Bastard, wenn du nicht darüber würdest reden wollen, aber ich weis, dass du das nicht bist.“ Julius sah sie an und sie glaubte in seinen Augen die gleiche Wut zu erkennen, wie an jenem Tag 2017, als sie seiner Familie und ihm gesagt hatte, was mit Jules passiert war. Es war immer noch die Wut eines Jungen, der seine Mutter verloren hatte und den Überbringer der Nachricht verantwortlich machte. „Was meiner Mutter passiert ist, war nicht weiter ungewöhnlich“, antwortete er. „Niemand hätte etwas dagegen tun können.“

    Sie schlug den Blick nieder. „Doch. Dein Vater hat es dir wahrscheinlich nie erzählt, aber du hast alles Recht wütend auf mich zu sein. Ich war an dem Tag auf der gleichen Stellung wie sie. Der Aufstand war schon gescheitert, aber wir wollten es nicht einsehen. Ich hab das MG bedient, als die Korpssoldaten uns angegriffen haben. Nicht sie, ich.“ Sie wartete einen Moment. Er wusste ebenso gut wie sie, dass man bei einem Sturmangriff auf engem Raum immer zuerst den MG-Schützen ausschaltete. „Sie sich dazwischen geworfen und eine Kugel abgefangen, die für mich bestimmt war.“ Mit einem Ruck zog er ihr die Magazine aus den Händen. „Es spielt keine Rolle mehr. Worte machen sie nicht wieder lebendig.“ Er ließ Nicole ohne ein Wort des Verstehens oder Verzeihens stehen. Er sah den Schmerz nicht, mit dem sie kämpfte, als sie sich in den Wagen setzte. Er konnte seine Gedanken im Moment nicht mit so etwas belasten. Worte machten seine Mutter nicht wieder lebendig, aber etwas anderes konnte das erreichen und er musste sich mit aller Kraft auf dieses Ziel konzentrieren, wenn er es erreichen wollte.

    Falkner hatte nach Qunan schicken lassen und wartete mit Tyr zusammen auf den jungen Leutnant. Dabei besprach er: „Unser primäres Ziel muss sein so lange zu überleben, bis Major Degenhardt mit Verstärkungen wieder da ist und ich eine Gelegenheit habe die Erde zu kontaktieren.“ Der Eugenier zog die Augenbrauen hoch. „Ach, sie haben noch nicht…?“ „Nein. Unsere Funkgeräte haben nur wenige tausend Kilometer reichweite. General Maybourne könnte mich hier zwar erreichen, aber ich könnte ihm nicht antworten. Wir hatten zwar ein leistungsstärkeres Gerät dabei, aber das wurde nicht mit abgeworfen, als wir unsere Jumper verlassen mussten.“ Tyr begann schallend zu lachen. Dieser eigentlich deprimierende Umstand schien ihn sehr zu erheitern. „Ich glaube es nicht. Eine solche Durchtriebenheit bei einem Tau’Ri. Sie haben Qunan und sein ganzes Regiment einfach angelogen.“ Er brauchte einen Moment, um sich wieder einzukriegen. „Falkner, ich bin beeindruckt. Sie spielen auf Sieg. Sie sind ein würdiger Verbündeter.“ Der so gelobte lächelte nur gequält. „Wie man es nimmt. Ich muss mit Maybourne in Kontakt treten. Dumuzis Leute werden ein Langstreckenkommunikationsgerät in ihrer Hauptquartier haben. Ich muss da rein, dann können wir es schaffen.“

    Nur wenige Augenblicke, nachdem er diese Worte ausgesprochen hatte, kam Qunan herein. Er wirkte ziemlich aufgelöst. „Ihr Major hat auf den Oberst geschossen?“, wollte er sofort wissen. Falkner nickte ernst und antwortete: „Ja. Betrachten sie sich als der neue Interimskommandant dieser Truppe.“ Qunan machte hastig einige Schritte zurück. „Nein, das kann ich nicht tun.“ „Es ist nichts, was sie nicht jetzt schon getan hätten. Sie haben schon tausende Soldaten kommandiert und mehr Gefechtserfahrung, als alle ranghöheren Offiziere hier es zusammen hatten.“ „Nein, nein, nein. Das ist nicht möglich. Das Kommando darf nur bei einem Patrizier liegen.“ Tyr sah Falkner mit einem Schulterzucken an. „Ich hätte es ihnen sagen können. Er hat schon den höchsten Rang, den jemand seines Standes erreichen kann. Und bei seiner Sklavenmentalität wird er nicht nach Höherem streben.“ „Und was ist mit ihnen?“ „Mich werden die Soldaten nicht akzeptieren.“ „Warum?“ „Ich bin ein Eu genos. Einer vom alten Geschlecht. Wir waren die ersten, die gegen die Goa’uld gekämpft haben. Wir haben die Regeln des Krieges gelernt, haben die Schwachen nicht mit durchgezogen und uns vom Sklavendenken befreit. Es hat uns stark und rein gemacht, mental wie genetisch und ermöglicht die Goa das erste Mal von diesen Welten zu vertreiben, aber sie“, er deutete auf Qunan, „empfanden uns dafür als Tyrannen.“

    Er seufzte. „Ich will sie nicht anlügen. Wir mussten damals viele harte Entscheidungen treffen, um diese Welten zu befreien und ihre Freiheit zu bewahren. Aber dieser Haufen von degenerierter Erbmasse, den er sein Volk nennt, hat das nicht akzeptieren wollen. Sie haben sich lieber den wahren Tyrannen an den Hals geworfen, von denen sie jetzt beherrscht werden. Jetzt werden sie in Sklaverei gehalten, die nur von einigen Feigenblättern angeblicher Zivilisation kaschiert wird. Sie gefallen sich in dieser Haltung. Es ist einfach nur erbärmlich und schwach, aber sie gefallen sich auf den Knien.“ Qunan sah ihn wütend an. „Nicht jeder ist für das Töten geboren, Barbar.“ „Ich rede nicht von körperlicher Schwäche“, brauste Tyr lautstark auf. „Ich rede von geistiger. Ihr versucht nicht einmal zu kämpfen, sondern jammert allerhöchstens.“ Falkner ging entschieden dazwischen. „Haltet die Klappe! Alle beide!“ Er sah zuerst zu Tyr und meinte: „Diese Leute kämpfen schon. Sie wissen nur nicht, dass sie es für sich selbst tun.“ Dann fügte er an Qunan gewandt hinzu: „Wenn sie auch nur einen Funken Würde im Leib haben, dann kommen sie mit und lernen sie.“ Er stürmte aus dem Unterstand heraus und lief zu einer der leichten Artilleriestellungen, von denen aus er weite Teile der Gräben überblicken konnte. Er stellte sich hoch auf die Schanze und brüllte laut: „Soldaten!!“

    Er rief noch zwei weitere Male, bis er tatsächlich sah, wie sich tausende Gesichter ihm zugewandt hatten und darauf warteten, was er wollte. „Man sagt euch, ihr wäret von niedrem Stand. Man sagt euch, ihr wäret unfähig selbstständig zu denken und zu entscheiden. Unmündig und Knechte. Euch wird gesagt, ihr bräuchtet Führung durch solche von nobler Geburt, von höherem Stand.“ Er sah einige der Soldaten nicken und zustimmen, als wollten sie bestätigen, was er sagte. Doch er schüttelte nur den Kopf. „Seht euch um. Seht euch um und sagt mir: Wer hat diese Linie seit Jahren gehalten? WER?“ Er ließ eine kurze Kunstpause folgen, dann rief er: „Ihr wart es. Jeder einzelne Soldat, der in diesem Dreck sein Leben ließ für eine Sache, die nicht seine war. Es war die Sache derer, die euch hier her befohlen haben. Der Männer, die sich in den Städten verkriechen und euch an ihrer Stelle bluten und sterben lassen. Wacht auf! Öffnet die Augen und erkennt die Wahrheit. Ihr seid fähig über euer eigenes Schicksal zu entscheiden. Dort, wo ich geboren wurde, sagen wir: Kein Herr über dir, kein Knecht unter dir! Wir alle sind von gleicher Geburt. Und deshalb liegt es an euch über euer eigenes Schicksal zu entscheiden. Wacht auf und wagt es euch eures eigenen Verstandes zu bedienen. Wacht auf und werdet von Knechten zu Menschen. Kämpft nicht mehr für selbsternannte Herren, sondern kämpft für euch selbst.“ Er wartete, bis seine Worte über den Gräben verhallt waren. Dann hob er die Faust und rief: „Kein Herr über dir, kein Knecht unter dir!“ Er wiederholte diese Worte, wieder und wieder. Als erstes fiel sein Team mit ein, dann die Männer, die er während des Grabenkampfes angeführt hatte und einige Eugenier. Wie ein Lauffeuer griff es um sich, bis schließlich ein jeder im Graben mit Begeisterung das alte hanseatische Kredo skandierte.

    Er stieg wieder von seiner Rednerbühne hinab. Als er vor den Geschützmannschaften stand, nahmen diese Haltung an und salutierten vor ihm. Die kollektive Euphorie, in der sie alle verbal ihre Rebellion ausgelebt hatten, stand ihnen deutlich in die Augen geschrieben. Die Soldaten in den Gräben reagierten ähnlich, wo immer er an ihnen vorbei kam. Er musste so oft Salute erwidern, dass er den Arm fast schon hätte oben lassen können. Er steuerte direkt auf den Ort zu, an dem er Qunan zurückgelassen hatte. Er rechnete damit dem Leutnant noch einmal extra den Kopf zurecht rücken zu müssen, doch er war schon dabei seinen Feldwebeln Befehle zur Stärkung der Verteidigungslinien zu erteilen. „Haben sie sich jetzt doch entschieden zu kämpfen?“ „Sie lassen mir kaum eine andere Wahl. Sie haben die Soldaten so aufgeputscht, dass… Keine Ahnung was, ich hab so etwas noch nie erlebt.“ „Behalten sie es im Gedächtnis. Und sorgen sie dafür, dass die Verteidigung bis heute Nacht steht. Sonst erleben wir hier ein Blutbad.“ „Meinen sie, dass wir angegriffen werden?“ „Mit Sicherheit. Wenn der Gegner beim letzten Angriff auch nur für fünf Minuten aufgepasst hat, weis er, dass unsere Verluste schwer waren und dass der General tot ist. Er wird also nur mit schwachem Widerstand rechnen.“ „Was schlagen sie vor?“ „Sie werden die Verteidigung führen. Ich werde in der Zwischenzeit ein Infiltrationsteam führen und dort drüben ein wenig für Unordnung sorgen. Wir zerstören die gegnerische Artillerie, ihre Kommunikation und ihr Munitionsdepot. Das sollte uns genug Zeit verschaffen, bis die Verstärkung eintrifft.“

    Qunan nickte. „Ich werde alles vorbereiten.“ „Gut. Und denken sie asymmetrisch und in der Tiefe. Sie haben nicht genug Leute, um die ganze Front zu sichern, aber es spricht nichts dagegen sie an kritischen Stellen zu konzentrieren oder den Gegner punktuell in die Linie einbrechen zu lassen, damit er seine Flanken öffnet.“ Mit diesen Worten wandte er sich von ihm ab und suchte Tyr. Der Eugenier stand in seinem Kommandostand und war damit beschäftigt seine Leute für die einzelnen Frontabschnitte zuzuteilen. Jeder von ihnen war im Kampf dreißig andere Soldaten wert, so dass ihnen die zentrale Rolle bei der Verteidigung zufallen würde. „Tyr, ich brauche zehn ihrer Leute.“ Der Kämpfer sah ihn amüsiert an und sagte: „Sollen sie haben. Wofür?“ „Die besprochene Infiltration. Ich brauche im Zweifelsfall ein paar Leute, um uns den Rücken frei zu halten.“ „Kein Problem. Und übrigens: Eine schöne Ansprache. Liest sich sicher gut in Stein gemeißelt. Aber rechnen sie nicht damit, dass der Effekt lange vorhält. Sie sind der Held des Tages, deshalb folgen die Leute ihnen, aber sobald sie weg sind, wird es bald wieder beim alten sein.“ „Mir reicht es schon, wenn ich in der Lage bin das Gros dieser Jungs diese Nacht überleben zu lassen.“

    Am selben Abend, die Sonne stand bereits tief und das Schlachtfeld lag in fast völliger Schwärze da, patrouillierten einige von Dumuzis Leuten entlang der Seen im südlichen Frontabschnitt. Hier wurde nur selten geschossen und die Artillerie schwieg im Moment, so dass sie keine Gefahr erwarteten. Mangelnde Vorsicht, die ihnen zum Verhängnis wurde, als mehrere Gestalten mit Messern in der Hand fast lautlos aus dem Wasser auftauchten und sie blitzschnell erledigten. Falkner betrachtete das Ergebnis der Messerarbeit zufrieden und gab mit einer Taschenlampe ein Leuchtsignal an die Eugenier, die nun seit einigen Minuten wassertretend in der Mitte eines der Seen verharrten. Als sie ans Ufer kamen, atmeten sie kaum schneller. Er selbst hätte diese Disziplin in derart schwerer Rüstung wahrscheinlich nur so gut durchgehalten. Er signalisierte ihnen die Leichen verschwinden zu lassen, woraufhin sie diese beschwerten und im Wasser entsorgten, während das irdische Team sich in die Gräben schlich. Sie mussten sich vorsichtig fortbewegen. Der Boden hier war sumpfig und trotz der Flakbretter, mit denen die Wände stabilisiert worden waren, standen sie bis zu den Knöcheln im Wasser. Sie teilten sich schnell auf, wobei Falkner zusammen mit Arya und Karin in Richtung des Hauptquartiers vorrückte, während Julius und Nikolai sich um die Artillerie und das Munitionsdepot kümmern sollten.

    Falkner und seine beiden Begleiterinnen waren schnell und lautlos vorgerückt. Sie hatten ihre Rüstungen mit in etwas Fett beigemengter Asche geschwärzt, so dass sie in den dunklen Gräben praktisch nicht zu sehen waren. Trotzdem gingen sie den Soldaten, die hier die Besatzung bildeten, nach Möglichkeit aus dem Weg. Nur einmal mussten sie mit einer Gruppe kurzen Prozess machen, die ihren Weg gekreuzt hatte. Es waren nur erstaunlich wenig Soldaten in den südlichen Gräben auf Posten. Wie auch bei den Bundestruppen wurden die Seen hier als ungefährliches Areal eingestuft, was jedoch nur seine Richtigkeit hatte, solange man in Kategorien von Großangriffen dachte. Sie erreichten den Kommandobunker ohne größere Schwierigkeiten. Als sie davor standen, hörten sie Stimmen aus dem inneren. Mehrere Männer unterhielten sich aufgeregt mit jemandem, der die unnatürlich tiefe Stimme eines Goa’uld hatte.

    [„Wenn wirklich Tau’Ri hier sind, können wir nicht noch einmal angreifen. Sie werden unsere Leute vom Schlachtfeld fegen, wie ein Wirbelsturm.“] [„Nein, nein. Gerade deshalb müssen wir schnell angreifen, solange es noch wenige sind und wir eine Chance haben.“] [„Weist du, wie viele es sind?“] Diese beiden Stimmen hatten zu etwas jüngeren Männern gehört, die offenbar Offiziere waren. Nun schaltete sich noch jemand mit einer älteren, beinahe brüchigen Stimme ein: [„Glaubt man den Schilderungen einiger Soldaten, müssen sie könnten ganze Bataillone gelandet haben. Aber das ist nicht der Punkt. Ich erinnere mich noch an den Feldzug der Tau’Ri gegen die Systemlords und kann nicht glauben, dass sie den Patriziern helfen würden. Es passt nicht zu ihnen ein Regime von Sklaventreibern zu stützen.“] [„Meine Herren“], sagte die Goa’uld-Stimme, [„Es besteht kein Anlass zur Sorge. Ich habe bereits reagiert und ein Kriegsschiff zu ihnen auf den Weg geschickt. Wir werden die Stellungen der Bundestruppen zu Staub schießen. Ich hatte zwar gehofft, dass es nicht so weit kommen müsste, aber…“] Falkner hatte genug gehört. Er sprang in den Bunker hinein, das Sturmgewehr in Anschlag. Drei Offiziere in den grauen Uniformen der Einheimischen standen darin. Einer wollte noch nach seiner Pistole greifen, doch als Karin und Arya mit in den Raum gestürmt kamen, dämpfte dies seinen Elan erheblich.

    Falkner sah die drei Männer an. „Ich habe keinen Grund hieraus ein Blutbad zu machen und ich hoffe sie geben mir auch keinen.“ „Gewiss nicht“, antwortete der ältere Mann. Er legte die Hände auf seinen schlohweißen Haarschopf, wobei die Ärmel seiner Uniform zurückrutschten. Man konnte noch deutlich die Male erkennen, die die Sklavenfesseln bei ihm hinterlassen hatten. Dabei sah er Falkner seelenruhig aus seinen blauen Augen an. Sein Gesicht war faltig und von einem schweren Leben gezeichnet, doch er hatte den Stolz von jemandem, der kurz vor seinem Lebensende noch einmal seine Würde zurückerlangt hatte. Falkner sah ihm in die Augen und meinte: „Ich bin kein Sklavenhalter. Ich verspreche ihnen, dass ich alles in meiner Macht stehende tue, damit sie sich ihre Freiheit bewahren können.“ „Ihr Versprechen ist mir willkommen, auch wenn ich daran Zweifele, dass sie es werden einhalten können.“ „Ich halte es auch nicht für wahrscheinlich. Aber ich werde es zumindest versuchen.“ Der Alte nickte dankend. „Immerhin sind sie ehrlich.“ Dumuzi, dessen Gesicht in einem Langstreckenkommunikationsgerät zu sehen war, reagierte hingegen verärgert. „Das wird langsam zu einer schlechten Angewohnheit“, murmelte er erbost. Karin warf nur einen Blick auf die Kugel und sagte: „Leck mich am Arsch.“ Mit diesen Worten schaltete sie das Gerät aus und stellte es auf die Komfrequenzen des STK ein. „Verbindung steht, Herr Major. General Maybourne müsste sie hören können.“ Falkner setzte seine Nachricht ab: „Hier ist Major Falkner, EKST2. Ich rufe das Sternentorkommando. Ich bin mit meinem Team auf Emunio. Wir brauchen dringend Entsatz…“

    Julius und Nikolai hatten gerade Sprengladungen am Arsenal angebracht und sich klammheimlich wieder in die Dunkelheit davon gestohlen. Sie krochen zwischen den Gräben entlang auf die Geschützbatterien zu, die den Bundestruppen in den letzten Monaten so viel Ungemach bereitet hatten, als Julius etwas anderes entdeckte. Auf einem Landefeld standen mehrere Al’Kesh. Davor hatten sich mehrere Männer versammelt. Er sah, wie einem davon die Augen aufleuchteten, als er die anderen offenbar anschrie. „He Kolja, ich wird mich noch im die Al’Kesh kümmern.“ „Nicht nötig der Bund hat ’ne ganz passable Luftabwehr.“ „Ja und? Das sind dann immerhin drei Bomber weniger, die der Feind hat.“ Der Russe verzog das Gesicht in einem Ausdruck des Trotzes, gab jedoch schließlich nach. „Also gut. Aber mach schnell und komm dann zu den Geschützen nach.“ Julius nickte und wartete, bis Nikolai in der Dunkelheit verschwunden war. Dann arbeitete er sich an den Rand der Landefelder vor.

    Er beobachtete die Szenerie zunächst genauer. Es schienen ein Goa’uld und drei Menschen oder Jaffa zu sein. Es war genau das, wonach er gesucht hatte. Er legte Nackenschutz und Helm der Rüstung ab und setzte stattdessen Headset-HUD und Barett auf, eine Aufmachung, die eigentlich in Kampfgebieten nicht erlaubt war, doch trotz allem noch glaubhaft wirkte. Dann schraubte er einen Schalldämpfer auf seine Maschinenpistole auf, überprüfte noch einmal das Magazin und zog einen kleinen Injektor aus einer seiner Taschen. Er seufzte einmal, dann setzte er ihn sich an eine Halsschlagader und injizierte ihn sich. Die darin enthaltene psychotrope Droge tobte im ersten Moment durch seine Adern und sein Bewusstsein, wie ein wild gewordener Stier. Er glaubte, dass alle Sinne sich um ein vielfaches verschärft hätten. Zuerst kippte er um und landete auf dem Rücken, wo er schwer Atmend liegen Blieb. Die Sterne am Firmament über ihm schienen umso deutlicher zu leuchten und sich zu bewegen, während ein diffuses Gefühl ihn überschwemmte. Dann zwang er sich wieder auf die Füße, griff sich die Maschinenpistole und lief über das Landefeld.

    Er streckte den ersten Menschen beim Goa’uld schon aus einiger Distanz mit einer gezielten Salve nieder. Die anderen reagierten schockiert und versuchten ihre Waffen zu ziehen, doch keiner kam auch nur dazu einen Schuss abzufeuern. Der Goa’uld wollte etwas rufen, doch Julius jagte seinem Wirt mehrere Kugeln in den Bauch, so dass er zusammenbrach und liegen blieb. Dann ging er neben einem der getöteten in die Hocke und durchsuchte ihn. Jetzt komm schon, ging es ihm dabei durch den Kopf, während er darum kämpfte seinen Verstand nicht an die Droge zu verlieren. Dann plötzlich spürte er ein Zwicken im Nacken und erkannte sofort, was es bedeutete. Der Goa’uld hatte seinen Wirt verlassen und sich auf ihn gestürzt. Während er Parasit in seinen Körper eindrang, lachte Julius geradezu euphorisch, als sei der Schmerz in diesem Moment das größte, was er je gefühlt hatte. Er richtete sich auf und wankte einige Schritte zwischen die gelandeten Bomber, um außer Sicht zu kommen. Dort zog er sein Messer. Er spürte, wie der Verstand des Goa’uld mit eisigen Klauen nach seinem eigenen Griff und versuchte ihn zu beherrschen, aber die Droge verwirrte den parasitären Organismus so stark, dass er außer Stande war die Kontrolle zu übernehmen. Er wartete eine Minute lang. Die Frist, die man ihm für die Anreicherung von Naquada im Blut durch einen Symbionten genannt hatte. Dann setzte er sich das Messer mit zittrigen Händen an den Nacken. Er tastete ihn ab, um zu fühlen, wo der Goa’uld saß, dann riskierte er es und stach zu.

    Sein Messer durchtrennte die Wirbelsäule des Goa’uld direkt unter dessen Kopf und tötete ihn fast sofort. Julius konnte nur noch den Todesschrei der Kreatur durch sein Bewusstsein hallen hören. Für ihn selbst war es ein stechender Schmerz. Er war mit dem Messer bis auf den Knochen herunter gekommen und schien diesen leicht verletzt zu haben. Er packte sich in die Wunde und zog den Parasiten mit Gewalt heraus. Die Verletzung blutete dabei heftig und er spürte die klebrige Wärme in seinen Kragen und unter der Rüstung auf seiner Haut herunter laufen. So schnell er konnte fingerte er sich das Gerät aus der Tasche, das er gerade im Arsenal eingesteckt hatte, ohne das Nikolai es gemerkt hatte. Dass hoffte er zumindest. Das Heilgerät lag schwer in seiner Hand. Er schob es sich über die Finger, hielt es sich in den Nacken und aktivierte es… Einige Minuten später kam ein Soldat aus Dumuzis Truppe beim Landefeld entlang und entdeckte die Leichen. Er wollte Alarm schlagen, wurde jedoch von einem Wurfmesser getroffen, bevor er eine Chance dazu hatte. Julius trat aus dem Schatten an ihn heran und grinste diabolisch. „Das trifft sich gut. Ich brauche noch etwas Übung.“ Er schleifte den Mann in einen der Bomber hinein, zog das Messer heraus und heilte ihn mit dem Gerät. Bevor der Mann sich bedanken konnte, merkte er, dass es keinen Grund dafür gab, als ihm plötzlich ein Bein aufgeschlitzt und das Heilgerät erneut angesetzt wurde. Erst beim vierzehnten Stich war sein Peiniger offenbar der Meinung genug ‚Übung’ erhalten zu haben.

    Als Falkner sein Team wieder versammelt hatte, hatten die Truppen um Dumuzis Alliierte ihren Beschuss wieder aufgenommen. Die Kommandanten wussten nicht, dass Sprengladungen überall in ihren Linien verteilt worden waren, doch offenbar waren mindestens zwei von ihnen der Meinung, dass sie die Offensive schnell durchführen mussten, hatten sie doch mitgehört, wie Maybourne Falkner die sofortige Entsendung von Truppen zugesagt hatte. Nun, drei Tage später, saß Qunan im Kommandobunker der Bundestruppen gebeugt am großen Kartentisch. Die Lage wurde kritisch. Obwohl seine Leute gekämpft hatten, wie noch nie zuvor, obwohl die Sabotage durch die Tau’Ri dem Gegner schwer zugesetzt hatte und sie immer noch an ihrer Seite kämpften, hatte der Gegner sie aus den äußeren drei Grabenlinien zurückgedrängt. Jetzt standen sie kurz vor den Artilleriestellungen und damit der letzten Linie. Aber es war ein guter Kampf gewesen. Er griff sich einen Flachmann, der noch aus den beständen des unbetrauerten Generals stammte, und leerte den letzten Rest daraus mit einem Zug. Dann ging er ans Funkgerät, stellte es auf maximale Sendeleistung und griff sich das Mikrophon.

    „Hier spricht Leutnant Qunan vom einhundertelften Regiment d… Hier spricht Abai Qunan von der ersten freien Armee der Bundestruppen. Wir stehen jetzt schon seit drei Tagen im direkten Kampf gegen Invasionstruppen und Abtrünnige im Waldland. Unsere Linien stehen kurz davor zu brechen. Deshalb will ich, dass sie wissen, was hier passiert ist. Ich bereue vieles. Ich bereue so viele junge Männer, in den letzten Jahren kaum mehr als Kinder, auf dieses Schlachtfeld geführt zu haben, in einen Krieg, der für sie völlig bedeutungslos war und ist. Denn ich habe erkannt, warum wir hier gekämpft haben. Wir kämpften nicht zum besseren Nutzen des ganzen Volkes, nicht um die Einheit des Bundes zu verteidigen. Wir kämpften um die Kontrolle über die Naquadavorkommen, um Minerale, mit denen wir nicht im Geringsten etwas anfangen können, weil ihre Verarbeitung unsere technologischen Mittel um Jahrzehnte überfordert. Aber es ist ein wertvolles Mineral. Nicht als Schmuck oder weil wir selbst etwas daraus herstellen, sondern weil es sich gut an jene verkaufen lässt, die etwas damit anzufangen wissen. Doch wer von uns hat schon davon profitiert?“ Er lachte. „Mittlerweile habe ich darüber nachgedacht und mir ist klar geworden, dass nur die davon profitiert haben, die uns hier raus geschickt haben, während sie selbst ihre herrlich duftend parfümierten Ärsche an der Küste in Sicherheit belassen haben. Aber heute kämpfen wir nicht mehr für sie. Heute kämpfen wir um unser Überleben und um das Überleben einer Idee, die auf diesem Schlachtfeld geboren wurde, als wir ohne Führung waren und die Ketten zerreißen mussten, die man uns angelegt hat, damit wir überleben konnten. Ihr sollt alle wissen, mit welchem Ruf wir in unsere wahrscheinlich letzte Schlacht gezogen sind: Kein Herr über dir, kein Knecht unter dir. Erinnert euch daran. Ihr braucht sie nicht. Wagt es selbst zu denken. Hier spricht Abai Qunan. Behaltet uns im Gedächtnis.“

    In den Stunden nachdem er diese Nachricht abgesetzt hatte, sah es tatsächlich danach aus, als würden sie alle hier den Tod finden, doch an diesem Abend, als der Himmel sich eigentlich verdunkeln sollte, färbte er sich auf einmal rot, als sei im Westen eine neue Sonne aufgegangen. Die Blicke der Soldaten richteten sich gen Himmel und sie sahen ein gewaltiges Raumschiff, dass vor Reibungshitze rot glühend in die Atmosphäre eingetreten war. An seinen Flanken prangte der Name ‚Andromeda’. Das sonst mattsilberne Metall seines gewaltigen, lang gestreckten Rumpfes schien wie flüssiges Feuer zu schimmern und der Rumpf war an den Flanken von Hangars gesäumt, aus denen in diesem Moment dutzende Raumjäger und nicht minder zahlreiche Landungsboote ausschwärmten, die Infanterie und schwere Kampfpanzer auf dem Schlachtfeld absetzte. Doch neben den europäischen Truppen waren auch Patrizierregimenter aus den Städten darunter, die zum ersten Mal in diesem Krieg das Schlachtfeld betraten. Später sollten die Soldaten der selbsternannten ersten freien Armee erfahren, dass ein beherzter Funker in der Hauptstadt den Funkspruch von Qunan auf die Lautsprecher der Garnison gelegt hatte, die in der ganzen Innenstadt zu hören waren. Dadurch hatten die Patrizier sich gezwungen gesehen zu reagieren, bevor diese Entwicklung die seit langem schwelende Unzufriedenheit in Unruhe kippen ließ. Also hatten sie sich an Bord nehmen lassen, als die Andromeda, das einzige Großraumträgerschiff der EU in den Orbit eingeschwenkt war, um sich an der Schlacht zu beteiligen. Die Tau’ri halfen dabei den Feind zu bezwingen und das Gebiet zu sichern, doch die Zukunft für Emunio war nunmehr ungewiss.

    Mehrere Tage später auf der Erde:

    Julius Gideon Matthäus Siegfried von Sachleben ging mit bedächtigen Schritten auf den Raum im Anwesen seiner Familie zu, den er in den letzten Monaten gemieden hatte. Sein Vater, der auf einen Stock gestützt neben ihm ging, sah ihn ermutigend an und nickte. Vor knapp achtzehn Jahren war Julius Mutter und Gideons Ehefrau in einem Kampf während der großen Militärputsche verwundet worden. Sechs Kugeln hatten ihr im Leib gesteckt. Fünf waren entfernt worden, doch die letzte hatte an einer kritischen Stelle gesessen, so dass die Ärzte zunächst gezögert hatten. Als das Projektil jedoch angefangen hatte im Körper herumzuwandern und schwere innere Verletzungen anzurichten, hatte es keinen anderen Weg mehr gegeben. Doch als die Kugel entfernt worden war, war sie den Ärzten unter den Fingern weggestorben. Nur mit Mühe hatten sie es geschafft sie in ein künstliches Koma zu versetzen, dass sie halbwegs stabil halten konnten. An jenem Tag hatte Gideon die schwerste Entscheidung seines Lebens getroffen. Um die Frau zu retten, die er liebte, hatte er die besten Spezialisten für Kryostase kommen lassen, um sie einzufrieren, während er der Welt gesagt hatte, dass sie tot war. Für ihn war es damals die beste Entscheidung gewesen. Der Aufstand der politischen Rechten hatte damals in Deutschland vier für legitim erachtete Anführer gekannt. Reineke, Degenhardt, Franziska Rust und… Jules. Von den drei erstgenannten hatte einer den Freitod gewählt, der zweite war ins Gefängnis gewandert und die dritte hatte sich eingestanden, dass der Aufstand unsinnig gewesen war. Nur Jules hätte nicht aufgegeben und ihr Tod wäre, falls herausgekommen wäre, dass er durch die Kugeln eines Soldaten des Eurokorps herbeigeführt worden war, als Symbol instrumentalisiert worden. So hatte Gideon behauptet, dass sie ihrem Leben ebenso wie Reineke selbst ein Ende gesetzt hatte und damit Europa einen großen Dienst erwiesen, von dem nie jemand erfahren hatte.

    Doch für ihn selbst war es eine schwere Zeit gewesen. Er hatte keine andere Frau auch nur wirklich angesehen, hatte ein Leben geführt, das mehr an das eines Mönches erinnert hatte, vertieft in Studien, die ihm helfen sollten Jules zu retten. Er hatte sogar auf lebensverlängernde Medizin verzichtet, als sie verfügbar wurde, da er den Gedanken nicht ertragen konnte lange leben zu müssen, solange keine Heilung für sie in Sicht war. Er hatte kurz davor gestanden die Hoffnung aufzugeben, als das neue Sternentorprogramm angekündigt worden war und sein jüngerer Sohn und einer der Ärzte der Familie mit einem verwegenen Plan zu ihm gekommen waren. Julius öffnete die Tür vor ihnen und sie traten in einen fensterlosen Raum inmitten des Anwesens, in dem der große Hibernator stand, jenes Gerät, mit dem ihr Körper eingefroren worden war. Vier Ärzte, zwei davon ausgewiesene Spezialisten auf dem Fachgebiet der Kryostase, standen darum herum und beäugten das Gerät mit kritischen Blicken. „Wir können ihnen nicht empfehlen das zu tun, Freiherr“, gab einer von ihnen prompt zu bedenken, woraufhin zwei seiner Kollegen eifrig nickten. Doch der vierte Arzt meinte: „Die beiden handeln auf mein Anraten. Es ist die beste Chance, die sich uns in achtzehn Jahren geboten hat und wir sollten sie nicht verstreichen lassen. Also leiten sie den Auftauvorgang ein, Doktor Braun.“

    Die anderen Ärzte fügten sich schweigend und nahmen Jules aus der Kammer. Es versetzte Gideon einen Stich ins Herz sie zu sehen, noch so jung und schön wirkend, und zugleich zu wissen, dass sie mit dieser Tat ihr Schicksal besiegelt hatten, wenn es nicht klappte. Es dauerte gut eine halbe Stunde, bis ihr Gewebe soweit aufgetaut war, dass Doktor Goldmann, der den Plan mit ausgearbeitet hatte, Julius signalisierte anzufangen. Er atmete einmal tief durch, dann nahm er das Heilgerät und hielt es über sie. Er konzentrierte sich und das Gerät leuchtete in warmem Licht auf. Er versuchte es zwei, drei Mal, dann rief einer der Ärzte: „Stopp! Wir haben einen Puls!“ Der Körper auf der Liege begann zu zucken, als er durch die beschleunigte Heilung wieder ins Leben zurückgezogen wurde. Fast eine Stunde lang blieb sie einfach nur ruhig liegen. Ihre Vitalfunktionen waren stabil, doch sie wachte nicht auf. Als sie schließlich doch die Augen aufschlug, fragte sie mit leiser, krächzender Stimme: „Wo bin ich?“ „Sie sind in Sicherheit, Frau von Sachleben“, sagte einer der Ärzte zu ihr. „Sie sind im Haus ihres Mannes.“ „Ich kann nichts sehen.“ „Amaurose durch die Stase?“ „Gut möglich, Herr Kollege. Noch nie wurden Auswirkungen eines so langen Einfrierens erforscht.“ „Einfrieren“, fragte sie ängstlich. „Julia“, hörte sie plötzlich eine andere Stimme. „Gideon?“ „Ja. Ich bin hier.“ Eine feste Hand schloss sich um ihre. Der Händedruck fühlte sich warm und vertraut an, doch die Hand war alt. „Gideon, was ist hier los?“ Er hauchte ihr einen Kuss auf die Stirn. „Beruhige dich. Ich werde dir alles erklären…“
    Die Freiheit des Bürgers heißt Verantwortung.

    (Joachim Gauck)


    "You may belong to any religion[...] - that has nothing to do with the buisness of the state. We are starting with this fundamental principle, that we are all citizens and equal members of one state." (Sir Mohammed Ali Jinnah)

    Meine FF:

    Laufend: 2036 - A Union at War

    Abgeschlossen: 2034 - Das neue Sternentor

  3. #23
    dumm geboren und nix dazugelernt:P Avatar von Santanico Pandemonium
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    Wie üblich ein erstklassiges Kapitel. julius hat mir hier gut gefallen wie er da mit dem Goauld ringt und dann für die Heilung seiner Mutter "übt" auf so eine Idee wär ich net gekommen...

    Auf jeden Fall freu ich mich schonmal auf die Rückkehr der legendären Jules Tora, sie wird sich schon sehr wundern wie sich die Welt in den 18 Jahren verändert hat.
    WEIR: ... putting your life and other people's lives at risk. You destroyed three quarters of a solar system!
    McKAY: Well, five sixths. It's not an exact science.
    WEIR: Rodney, can you give your ego a rest for one second?

    Ein Jahr später:
    Spoiler 
    CARTER: About a year ago, your brother came across an abandoned alien experiment called Project Arcturus.
    CARTER: It was an attempt to generate zero point energy.
    JEANIE: That would be virtually limitless power. What happened?
    McKAY: A slight problem. It was the creation of exotic particles in the containment field.
    CARTER: He destroyed a solar system.
    JEANIE: Meredith! (She smacks his arm.)
    McKAY: It was uninhabited!

  4. #24
    Gehasst, Verdammt, Vergöttert Avatar von Colonel Maybourne
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    Zuerst einmal der erste Abschnitt:

    Die Schlacht hat mir sehr gefallen, vor allem durch die wie üblich gut dagestellten und sehr bildlichen Kampfhandlungen.
    Insbesondere auch das Verhältnis zwischen Knechten und Adeligen kam sehr gut rüber, da es ja fast immer so ist.

    Und ich muss gestehen, dass mir der Plan von Julius am Anfang doch schon sehr suspekt vorkam, aber dann ergab er Sinn...

    Dann natürlich das Ende... ich war überrascht und erfreut zugleich, weil ich an solch ein Schicksal nicht gedacht habe.
    Aber es war gut und logisch und die Gute wird ja wohl wieder topfit werden, um der Erde helfen zu können...
    Denn sie wird ja wohl noch im Gedächnis einiger Goa´Uld verblieben sein, als dass sie sie als Enfant Terible ansehen.

    Und ich kann mir schon die kochenden Gesichter der EU Kommission und vor allem von den Amis vorstellen...
    Kinsey Junior dürfte sicher kochen...

    Kommt Sam bei dir auch noch vor, oder ist sie gefallen bzw. im Ruhestand?

    Bis dann.
    Das Leben ist ein Schwanz und wir die Eier, die mitgeschleift werden.


    Meine aktuellen Fanfiction:


    TGE Combined Season 1 Fire of War:

    http://www.stargate-project.de/starg...ad.php?t=11836




  5. #25
    Autor der ungelesenen FF Avatar von Protheus
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    Auf auf zum nächsten Kapitel. Aber zuerst die Antworten:

    @Santanico Pandemonium: Danke für die Blumen. Die Welt hat sich tatsächlich stark verändert und Jules wird einige Probleme haben, aber das ist nichts, was unser aller Lieblingssani nicht meistern könnte.

    @Colonel Maybourne: In der Kommission wird man tatsächlich ziemlich Panik schieben. Immerhin ist Jules in meiner FF keine Freundin der geeinten EU.
    Und die Goas haben sie tatsächlich nicht vergessen

    @all: Danke an alle, die Feedback gegeben haben. Ansonsten die kleine Ankündigung, dass auf Jules im übernächsten Kapitel wieder genauer eingegangen wird. Jetzt steht ein Blick auf die Antagonisten auf dem Plan, von denen einer der wichtigsten am Ende dieser Episode eingeführt wird. Ich bin dieses Mal mit der Qualität nicht ganz zufrieden, aber ich gelobe hiermit Besserung

    Dann bleibt nur noch zu sagen: Länge dieses Mal 10 Seiten, viel Spaß beim Lesen.


    Episode 6: Der Legat

    [„Nein, das kann so nicht sein. Am Ende dieses Weges ist nichts.“] Der Schriftgelehrte sah von der Papyrusrolle auf, die ausgerollt vor ihm auf dem Tisch lag und sah zu dem Mann im langen schwarzen Mantel, der an einem der Regale des Raumes stand und immer wieder Schriftrollen herauszog, nur um sie kurz zu mustern und wieder zurück zu schieben. [Wieso nicht? Die Schriften der Merit-Kija waren stets sehr zuverlässig.“] Der Mann wandte ihm den Blick zu und lächelte. Der Schriftgelehrte erschauderte bei diesem Anblick innerlich. Jener Reisende, den er nun schon seit vier Tagen beherbergte, jagte ihm trotz seiner Freundlichkeit Angst ein. Seine hagere, hochgewachsene Gestalt, seine bleiche, der nur die Altersflecken etwas Farbe verliehen und die an Händen und Gesicht mit Tätowierungen bedeckt war und die grauen, fast weißen Augen, die wie zwei Diamanten in seinem von grauen Haaren umrahmten Gesicht standen, ließen sein äußeres an Schnitter Tod gemahnen. Schnell schlug er die Augen nieder und sah wieder auf seinen Text. Er wagte es nicht einmal aufzusehen, als er hörte, wie der Mann vom kleinen Schemel herunterstieg, mit dem er an die oberen Regale hatte langen können, und wieder zum Tisch kam.

    Er setzte sich ihm gegenüber und griff nach einem der Becher, die, sorgfältig außerhalb der Reichweite der Schriften gehalten, auf dem Tisch standen. Er hob ihn an den Mund, schwenkte ihn einmal und sog dabei den aufsteigenden süßlichen Geruch durch die Nase ein. Er enthielt den verdünnten Saft eines einheimischen Baumes, der aufgekocht ein stimulierendes Getränk ergab. Nur das der Reisende dieses Getränk kalt oder bestenfalls handwarm bevorzugte. Er ließ einen Laut des Genusses vernehmen, der seinen Gastgeber schmunzeln ließ, und nahm einen tiefen Schluck. Dann griff er nach einer der Schriftrollen und breitete sie raschelnd vor sich auf dem Tisch aus. [„Kein Zweifel, dass ihre Chronistin große Kenntnisse der lokalen Geschichte hatte, doch was sie über entferntere Orte zusammengetragen hat…“] Er schüttelte den Kopf. [„Kaum mehr, als Gerüchte.“] [„Sie sollten aufpassen, wie sie sich über sie äußern. Merit ist die geachteteste Geschichtsschreiberin unserer Frühgeschichte und viele Leute sehen sie als Heldin.“] Ein amüsiertes Lachen kam dem Reisenden über die Lippen. [„Sie ist allemal zuverlässiger, als die Schreiber der Goa’uld aus jener Zeit. Aber es scheint mir doch relativ klar, dass sie die in den Liedern beschriebene Reise nie selbst gemacht hat.“]

    [„Und weshalb?] [„Sie wechselt in den Sternenreisen auf einmal in die Versform und bedient sich des Utak, anstelle ihrer Muttersprache.“] [„Natürlich. Utak war am Hof von Lord Aton üblich und sie ist mit ihm gereist.“] Der Reisende legte ein triumphierendes Grinsen auf und beugte sich vor. [„Und gerade da liegt ihr Irrtum.“] Er drehte den Papyrus um, den er vor sich liegen gehabt hatte, so dass der Schriftgelehrte ihn auch lesen konnte. [„Nicht nur, dass sie Dinge beschreibt, die einzig und allein ihrer Fantasie entsprungen sind, nein, es gibt einen ganz handfesten Beweis, dass sie nicht dabei gewesen ist.“] Er deutete mit seinem knochigen Finger auf eine Zeile im Text. [„Hier. Sie versucht die Liturgien eines Priesters wiederzugeben, die dieser bei der Passage der neunten Sonne und des Sternenauges gesprochen haben soll.“] [„Ja? Und weiter?“] [Na na na, mein Freund. Jetzt enttäuschen sie mich aber. Hier stehen überall Partikel, die den Sinn des Textes völlig entstellen. Oder haben sie sich noch nie gefragt, warum in der Liturgie die Hälfte aller Verben und sämtliche Hilfsverben fehlen?“] Der Schriftgelehrte sah noch einmal konzentriert auf den Text. Dabei blinzelte er und murmelte den Text leise vor sich hin. Als er eine der fraglichen Stellen vorlas, lachte sein Gegenüber verschmitzt. [„Seid ihr sicher, dass dort nood stehen sollte?“] [„Das steht hier geschr…“]

    Er erstarb mitten im Satz, als es ihm wie Schuppen von den Augen fiel. [„Natürlich. Dort sollte nud stehen. Dann wäre es in der Grundform nulu und plötzlich wird aus dem grammatischen Partikel ein Verb.“] Der Reisende klatschte drei, vier mal und grinste dabei über das ganze Gesicht. [„Eure Geschichtsschreiberin konjugiert im ganzen Text narrativ. Aber der Priester, den sie hier zu zitieren behauptet, hätte die sakrale Konjugation benutzt.“] Er zuckte mit den Schultern. [„Sie war nie dabei, sondern hat nur aufgeschrieben, was andere Leute ihr erzählt haben. Deshalb hat sie die Worte auch verwechselt. Sie werden in klassischem Utak völlig gleich ausgesprochen und man kann die Bedeutung nur aus dem Sinn und dem Stand des Sprechers ableiten.“] Der Schriftgelehrte schüttelte den Kopf. [„Es ist kaum zu glauben.“] Er sah auf uns schaute seinem Gegenüber direkt ins Gesicht. Dabei blitzten seine Augen in einem diffusen Wechselspiel von Bewunderung und Scham. [„Jetzt, wo ich es sehe, ist es so einfach. Unsere Chronisten haben diese Fehler in mehreren Jahrtausenden nicht ergründet und ihr löst es beiläufig in vier Tagen.“] Der Reisende prostete ihm mit dem Becher zu. [„Es ist alles nur eine Frage der Übung.“] [„Nun, dann lasst uns mit den Texten von Satiuh fortfahren. Er ist weniger detailliert, als Merit, aber vielleicht…“]

    Er wurde in seinen Worten jäh von lautem Tumult unterbrochen, der von den Straßen vor dem Haus heraufhallte. Es waren wütende, teilweise auch ängstliche Rufe, welche die Geräusche des Marktes übertönte, die ihre Studien in den letzten Stunden untermalt hatten. Sie sahen einander fragend an und erhoben sich von ihren Plätzen. Der Reisende musste dabei den Kopf nach unten neigen, um nicht an einem der niedrigen Deckenbalken anzustoßen. Der Schreibtisch stand in einer Nische des Raumes, die zur Straße hin ging. Das grelle Licht des Tages vermochte lediglich durch einige geschnitzte Läden in den Raum einzufallen, die starr in den Fensteröffnungen saßen. Sie mussten dicht herantreten, um einen Blick nach draußen erhaschen zu können. Auf dem kleinen Platz, an dem das Haus lag, war ein Mann erschienen, der sich auf den dortigen Brunnen gestellt hatte und in die Menge sah, die zusammengelaufen war. In seiner einen Hand trug er einen Stab mit einem glühenden Kristall in der Spitze und in der anderen ein Buch. Eine tief ins Gesicht gezogene Kapuze verbarg den Blick auf seine Augen. Er stand vor der Menge und begann zu sprechen.

    [„Leben und Tod, Licht und Schatten, Hoffnung und Verzweiflung. Die Kluft ward geschaffen an dem Tag da die Ori geboren wurden. Doch der Hass derer, die vom wahren Pfad abwichen verfaulte und erblühte in den Dunkelen Ecken des Avernakis wohin sie verbannt wurden! Und verschlungen von diesem Hass vergifteten sie all jene, die sie berührten, und brachten Tod, Dunkelheit und Verzweiflung. Und die Seelen ihrer Opfer kannten keinen Frieden bis denn die Ori kamen und ihnen zuflüsterten: 'Schlafet, denn das Ende rückt näher!' Und an jenem Tag werden alle frohlocken, wenn die Ori kommen und jene niederstrecken.“] Während ihm diese Worte über die Lippen kamen, flogen ihm Gemüse und kleine Steine entgegen, doch diese verharrten einfach einen Moment lang vor ihm in der Luft und fielen dann zu Boden. Mit jedem Wort, das er unbeirrbar sprach und jedem Wurfgeschoss, das ihm nichts anzuhaben vermochte, wurde die Menge ruhiger, bis die meisten ihm zuhörten.

    Der Reisende schüttelte nur den Kopf. [„Das darf nicht wahr sein…“] Dann, bevor der Schriftgelehrte etwas zu sagen vermochte, war der alte Mann bereits auf dem Absatz herumgewirbelt und ging mit schnellen Schritten auf die Treppe ins Erdgeschoss zu. Sein nachtschwarzer Mantel, der in feinen Mustern bestickt war, die die geschwungenen Linien seiner Tätowierungen nachahmten, wehte dabei hinter ihm her. Schnell bemühte der andere sich ihm zu folgen. [„Was habt ihr vor?“] [„Das weis ich noch nicht. Aber ich will es mir genauer ansehen.“] Er lief die Treppe herunter und zur Tür hinaus. Als er durch die Tür trat, erhob sich der Mann, der die letzten vier Tage bewegungslos daneben gesessen hatte. Auch er war von hagerer Gestalt und in Schwarz gewandet. Doch anstelle eines Mantels trug er eine leichte Rüstung aus dunkler, leicht metallisch schimmernder Keramik und an Seiner Hüfte hingen zwei Klingen und eine Art Pistole in ledernen Halftern. Er folgte dem Reisenden auf dem Fuße und bedachte jeden mit bohrenden Blicken, der seinem Schutzbefohlenen zu nahe kam. Beide gingen auf den staubigen Platz hinaus, wo der Reisende sich sachte durch die zusammengelaufene Menge drängelte, bis er direkt vor dem Brunnen stand.

    Der Prior hatte gerade ein weiteres Kapitel aus dem Buch des Ursprunges zitiert, als er des merkwürdigen Mannes gewahr wurde, der vor ihn getreten war. Mit seiner fahlen Haut und seinem hohen Wuchs hob er sich deutlich von den Einheimischen ab, die einen dunklen Teint hatten und von denen selbst der größte Anwesende noch einen Kopf kleiner war, als jener alte Mann. Er sah mit interessiertem Blick zum Prior hinauf, so dass dieser ihn fragte: [„Wünscht ihr euch den Ori zu unterwerfen?“] Doch der Mann schüttelte nur den Kopf. [„Zunächst will ich mehr von euren Geschichten hören.“] Mit honigsüß säuselnder Stimme antwortete der Prior: [„Das ist gut. Fürchtet nicht die Ori, fürchtet die Schwärze welche das Wissen des Universums verschleiert. Glaubt an das Wahre aller Dinge und auch ihr sollt den Pfad zur Erleuchtung finden.“] [„Und was ist der Pfad zur Erleuchtung?“] [„Die Ori werden ihr euch weisen, sowie ihr ihre Wahrheit annehmt.“] [„Die Wahrheit? Kennen sie die Wahrheit?“] [„Im Buch des Ursprungs zu lesen bedeutet die Wahrheit zu finden, denn es enthält die Worte der Ori und ein jedes Wort der Ori ist wahr.“] [„So erzählt mir, wer oder was sind die Ori?“] Der Prior lachte zur Erwiderung leise. Dann schüttelte sacht den Kopf und meinte: [„Ihr stellt viele Fragen. Doch im Buch des Ursprungs steht: Uns obliegt nicht, zu hinterfragen, sondern in ihrem Dienste zu jubeln, denn sie sind Perfektion.“] Der Alte schmunzelte. [„So? Nun denn, dann seid ihr ein Lügner.“]

    Die Menge schwieg für einen Augenblick gebannt und die Worte des Reisenden schienen einen Moment länger in der Luft zu hängen, als es ihnen zustand. Nur die leisen Geräusche, die durch die engen Straßen der Stadt von anderen Plätzen herüberhallten, waren zu hören. Es schien, als wagten die Versammelten es nicht zu atmen und als habe der Wind aufgehört zu wehen. Nur der Alte stand locker da und sah den Prior mit einem fröhlichen Schmunzeln an, der, so schien es, für einen Moment mit seiner Wut kämpfen musste. [„Wie könnt ihr einen Diener der Ori derart verleugnen?“] [„Nicht ich habe euch verleugnet, ihr habt es selbst getan. Ihr sagtet ein jedes Wort im Buch des Ursprunges sei wahrhaftig. Doch wenn in eben jenem Buch steht, dass wir erleuchtet und gelehrt werden sollen, zugleich jedoch keine Fragen stellen dürfen, besteht entweder ein Fehler in jener Schrift oder ihr belügt uns.“] [„Was ihr sagt, ist Frevel. Und auch ihr werdet dafür fallen, wenn die von der Kraft der Ori gestärkten Gläubigen euch zur Rechenschaft ziehen.“] [„Eure Drohungen machen mir keine Angst, denn meine Herrin beschützt mich.“] Der Prior gewann an Selbstsicherheit zurück, als der Alte begann von seiner eigenen Herrin zu sprechen. [„Dann sagt mir: Erscheint eure Herrin euch? Schickt sie ihre Propheten, um euch zu leiten und gibt sie euch in der Wüste zu trinken, wie die Ori dereinst Petrus?“]

    [„Ihr wollt meine Herrin sehen?“] Der Alte machte einen Ausfallschritt und deutete mit einer theatralischen Geste zum Himmel. [„Dann schaut hinan und erblickt ihre Herrlichkeit!“] Der Prior wandte seinen Blick in die angezeigte Richtung, doch als er dort hin sah, stach ihm das brennende Licht der Sonne in die Augen und er wandte sich sofort wieder ab, wobei er sein Gesicht mit den Händen bedeckte. [„Was“], fragte der Alte spöttisch, [„geben eure Götter, von deren Kraft erfüllt zu sein ihr vorgebt, erlauben euch nicht einmal die Sonne zu schauen? Wie wolltet ihr dann in das Antlitz der Erhabenen sehen, brächte ich euch zu ihr?“] In der Menge kam leises Gemurmel auf, und als der Alte brüllte [„Und Hekate, Dienerin der Höchsten, sprach zu den Menschen: Dunkle Männer werden gehüllt in Lammfell zu euch kommen und euch von Göttern erzählen und verlangen, dass ihr euch ihnen unterwerft. Doch wenn ihr sie seht, dann brandmarkt sie als Lügner und treibt sie von euren Sternen. Denn der wahre Gott muss erst noch geboren werden aus dem Fleisch der Menschen, denn die Götter der Schöpfung offenbaren sich ihnen nicht. Und bis euch der Gott gewordene Mensch erscheint, sollt ihr niemanden unter euch dulden, der von euch die Unterwerfung verlangt!“], begannen die versammelten lauter zu werden. Mit ihren Rufen stachelten sie einander gegenseitig an und begannen den Prior wieder mit Unrat und Dreck zu bewerfen. Dieser Funkelte den Alten nur wütend an und rief dann so laut er konnte: [„Geheiligt sind die Ori ...und all jene, die hochmütig sind, und sich weigern sich zu beugen, sollen niedergestreckt und zu Staub zerschlagen werden!“] Er vermochte die Menge jedoch nicht mehr zu übertönen. So sprang er vom Brunnen hinunter und lief mit hastigen Schritten wieder die Straße hinunter, über die er auf den Platz hinauf geschritten war. Dabei bemerkte er nicht, wie jemand, der das ganze Geschehen beobachtet hatte, schnell wieder in den Schatten einer engen Gasse zurücktrat.

    Faith Asena machte schnell einen Schritt zurück, als der Prior in seine Richtung kam und nahm die Hand wieder vom Kolben der Pistole, die er unter seinem Mantel festgehalten hatte. Er konnte sich ein gewisses Lächeln nicht verkneifen, während er zusah, wie der Diener der Ori unter einem Hagel aus Unrat und Beleidigungen aus dem Ort gejagt wurde. Einige Männer liefen ihm voraus zu einer Färberei kurz vor dem Tor und packten sich den halb vollen Küpen, der davor an der Straße stand. Zuerst wollte der Färber sie verscheuchen, doch dann sah er, was sie vorhatten. Er packte den massigen Bottich mit ihnen zusammen und kippte dem Prior den ganzen Inhalt vor die Füße. Dieser versuchte noch einen Schritt zur Seite zu machen, als der Schwall aus übel riechendem Harn sich vor ihm ergoss, doch der Saum seines Gewandes wurde davon trotzdem erwischt. Es veranlasste ihn nur dazu seine Schritte noch mehr zu beschleunigen, um der wütenden Menge so schnell wie möglich zu entkommen. Asena wartete noch einige Minuten, bis die Situation sich beruhigt hatte, dann verließ er ebenfalls die Stadt.

    Eigentlich war es nicht mehr, als ein kleiner Ort, der aus nicht mehr als einigen eng zusammenstehenden Häusern aus in der erbarmungslosen Sonne gebackenen Lehmziegeln bestand. Über allem thronte ein mächtiger Palast mit mehreren Höfen, dessen prachtvolle Mauern aus weiß lasierten Ziegeln mit goldenem Zierrat bestanden, der einst von Aton errichtet worden war, als dies eine seiner Welten gewesen war und der nun der Versammlung der Stammesführer aus der Region als Treffpunkt diente. Die ganze Siedlung hatte nicht mehr, als zwanzigtausend Bewohner. Außerhalb der mächtigen Mauern erstreckten sich Felder, auf denen Hackfrüchte angebaut wurden, und Haine aus Frucht tragenden Bäumen und Korkeichen. Dazwischen taten sich immer wieder kleine Wiesen auf, auf denen Schäfer ihre Herden weideten. Es war ein seltsam archaischer Anblick, bei dem Asena sich in einen Sandalenfilm oder einen jener unsäglichen Filme über das Leben Christi zurückversetzt fühlte, die immer zur Osterzeit im Fernsehen kamen. Er ging einige Zeit zwischen den Feldern an einem kleinen Bachlauf entlang, bis er vom Weg abbog und auf die Anhöhen über der Stadt zusteuerte.

    Die Bewohner dieser Region hielten sich fast ausschließlich an das große Flusstal, in dem die Stadt lag, so dass die Gegend abseits davon schnell einsam wurde. Die felsigen Anhöhen waren von feinem Staub bedeckt und nur vereinzelt von dürren Sträuchern bewachsen, die nun, am Höhepunkt der trockenen Jahreszeit, alle Lebenskraft verloren zu haben schienen. Nur einige Bäume, die entfernt an Aleppokiefern erinnerten, trugen noch etwas Grün. Auf dem letzten Stück des schmalen Ziegenpfades grüßte er Guv mit einer knappen Geste. Der Engländer lag für das bloße Auge beinahe unsichtbar in einer Felsspalte, die ihm etwas kostbaren Schatten spendete. Seine in Wüstenflecktarnfarben gehaltene Rüstung hob sich kaum vom umgebenden Sandstein ab. Guv erwiderte den Gruß mit einem Schmunzeln und murmelte: „Be carefull. Corinna beginns suffering of cabin fever.“ Asena grinste. „I’ll watch out.“ Er ging weiter in einen kleine Senke, die von großen Felsen von neugierigen Blicken von außen abgeschirmt war. Hier stand ein mit Tarnnetzen versteckter Jumper, von hier aus behielten sie die Stadt im Auge.

    Nicole lag bäuchlings auf einem der großen Felsen und presste ihre Augen gegen die Okulare des Fernglases in ihren Händen. Die Stadt lag in einigen Kilometern Entfernung vor ihr und sie hatte einen relativ guten Blick auf die Tore, so dass sie sehen konnte, wer kam und wer ging. Der Anblick des regelrecht flüchtenden Priors hatte ihr den Tag gerettet, nachdem ihre Stimmung nach dem vierten Tag unter der Erbarmungslos brennenden Sonne dieses Planeten auf einem Tiefpunkt angekommen war. Sie hatte beobachten können, wie der Oripriester die Stadt verlassen hatte und auf einen nage gelegenen Hügel gegangen war, von wo aus er mit Ringtransportern abgeholt worden war. Danach war nichts nennenswertes mehr passiert, so dass sie sich vom Fernglas abwandte und vom Felsen herunter zum Jumper stieg. Dort waren Abrams und der Pilot gerade in eine Partie Schach vertieft, die sie nun schon seit mehreren Stunden beschäftigte. Die beiden hatten sich in den letzten vier Tagen mit kaum etwas anderes befasst, solange nicht einer von ihnen Wache schieben musste.

    Corinna dagegen begann langsam aber sicher am Rad zu drehen. Sie war gerade damit beschäftigt ihre Railgun zum fünften mal an diesem Tag zu zerlegen und zu reinigen und vermochte dabei in einem Fieber unterdrückter Energie nicht einmal richtig still zu sitzen. Als Nicole nur wenige Meter von ihr entfernt vom Felsen kletterte, sah sie zu ihr hinüber und fragte: „Irgendwas neues?“ „Gedulde dich einfach. Über kurz oder lang wird schon etwas passieren.“ Sie sah Nicole sehr verständnislos an. „Es ist das mit dem lang, das mir dabei nicht gefällt.“ Nicole musste grinsen. Corinna besaß die Aggressivität einer Löwin, die ihre Jungen verteidigte und eine in jeder Hinsicht ziemlich kurze Zündschnur. Sie lebte für den Moment und hasste es langwierigere Pläne zu schmieden. Das kam ihrer Rolle als Soldatin durchaus zugute, doch auf Missionen wie diesen begann sie schnell auszuticken. Mehr als einmal hatte Nicole sie in Addis Abeda aus Schlägereien herausholen müssen, als sie vor dem Einsatz im Sudan und im nördlichen Uganda zuvor mehrere Wochen lang in Äthiopien stationiert gewesen waren. Sie verzichtete darauf Nicole noch zurechtweisen zu wollen und sagte lediglich: „Siehst du und deshalb bin ich Offizier, während du es gerade mal zum Feldwebel gebracht hast.“ Corinna bedachte sie mit einem sehr finsteren Blick, doch bevor sie noch etwas sagen konnte, kam Asena den Weg vom Flusstal herauf.

    Er kam zu Nicole und salutierte vor ihr. Dabei sagte er: „Frau Major. Ich nehme an, sie haben den Prior bemerkt, der in die Stadt gekommen ist.“ Sie nickte, so dass er fortfuhr: „Er hat versucht auf einem Platz zu predigen, wurde jedoch von dort verscheucht. Die Zielperson hat die Menge erfolgreich gegen ihn aufhetzen können.“ Sie legte die Stirn in Falten. „Wie das?“ „Nichts als meisterliche Rhetorik. Er hat den Prior vor aller Augen vorgeführt.“ „Interessant. Was glauben sie, wird er zurückkommen?“ „Das halte ich für unumgänglich. Er wurde regelrecht gedemütigt und sprach noch davon alle Hochmütigen sollten niedergestreckt und zu Staub zermahlen werden.“ Nicole gab einen amüsierten Laut von sich. „Ja, diesen Spruch haben sie früher häufiger gebracht.“ Sie richtete ihren Blick zum Piloten, der immer noch konzentriert auf das Schachbrett starrte. „Feldwebel!“ Er sah auf. Als er bemerkte, dass Nicole ihn ansprach, erhob er sich und nahm Haltung an. „Bringen sie diesen Eimer in die Luft, fliegen sie zur Theia und sagen sie bescheid, dass wir weitere Teams zur Unterstützung brauchen.“ Der Pilot salutierte. „Wird erledigt, Frau Major.“ Schnell räumte er das Schachbrett weg und begann den Jumper startklar zu machen. Währenddessen sah Nicole zu den anderen und meinte: „Macht euch fertig. Ich habe das Gefühl, dass es mit der Ruhe bald vorbei ist.“

    In der folgenden Nacht:

    Im Dunkel der Nacht, unbemerkt von den Wachmännern an den Stadtmauern, kehrte der Prior zurück. Er stahl sich in die Stadt, als die Wachen abgelenkt waren und schritt im Schatten durch die Straßen. Dabei leuchtete der Kristall in der Spitze seines Stabes und erfüllte Straßen und Gassen mit kaltem Licht. Dabei murmelte er leise Gebete an die Ori. Er bat um Vergebung. Vergebung für die Unzulänglichkeiten der Priore, die ihre Herrn so sehr verärgert hatte, dass sie das große Tor kein weiteres Mal geöffnet hatten, nachdem die Ungläubigen es angegriffen und ein Schiff in die Heimatgalaxie der Götter geschickt hatten. Er gelobte die Reinigung der Milchstraße. Die Reinigung vom Unglauben an Götzen und den Weg der Altaraner, damit die Priore sich würdig erweisen konnten. Ein Bettler, der in einer Gasse Schutz vor der Kälte suchte und den Prior erblickte, starb lautlos und unter Qualen, als das Licht ihn berührte, doch ansonsten blieb er ungesehen. Dann verschwand er wieder, wie er gekommen war, wissend, dass die Hochmütigen dieser Stadt fallen würden, denn er hatte den Zorn der Ori über sie gebracht.

    Der nächste Tag begann noch wie gewöhnlich, doch gegen Mittag, begannen die ersten Menschen über Übelkeit, Krämpfe und Leibschmerzen zu klagen. Die meisten wurden auch fiebrig. Gen Abend war fast die gesamte Stadt befallen. Als die Sonne am Horizont zu versinken begann, saß der Reisende neben einer improvisierten Liege des Lazarettes, das auf sein Betreiben hin in den Lagerräumen eines Händlers errichtet worden war, und legte einen in Kräutersud getränkten Lappen auf die Stirn eines der Kranken. Auch wenn er es sich nicht eingestehen wollte, war ihm doch in seinem Innersten klar, dass er es gewesen war, der diese Krankheit über diese Menschen gebracht hatte. Er hatte den selbsternannten Propheten verjagt… Er stand gerade auf, um zum nächsten Erkrankten weiter zu gehen, als mehrere Männer, die sich noch auf den Beinen zu halten vermochten, hineingestürmt kamen und sich mit wütenden Blicken umsahen. Als sie ihn erblickten, deutete einer auf ihn und rief: [„Da ist er!“] Sie kamen auf ihn zu, unverkennbar wütend und bereit ihn zu verletzen, doch der Begleiter des Reisenden stellte sich ihnen in den Weg. Als sie sich dem schweigsamen Hünen gegenüber sahen, der seine Hände demonstrativ an die Klingen gelegt hatte, schwand ihr Kampfeswille augenblicklich.

    Mit müder Stimme fragte der Reisende: [„Was wollt ihr von mir?“] [„Der Prophet der Ori ist zurück und er will euch. Er sagt diese Plage sei eine Strafe und indem wir euch ausliefern können wir unsere Erlösung erkaufen.“] [„Nein. Bestenfalls eure Versklavung.“] Einer der Männer machte einen Ausfallschritt, bei dem er die Hände wütend zu Fäusten ballte. [„Und das Leben unserer Kinder und Frauen.“] [„Leben… Dann lasst mich euch beweisen, dass auch ich Leben zu retten vermag.“] Der Alte krempelte seinen linken Ärmel hoch und suchte sich ein Messer, dass er mit kochendem Wasser reinigte. [„Was habt ihr vor, Alter?“] [„Leben zu geben. Und mein Blut ist Leben.“] Er ging zu einer der Kranken, bei der die Krankheit Wunden hatte aufbrechen lassen, und kniete sich neben sie. Dann hielt er seinen freien Arm über eine offene Wunde und ritzte sich mit dem Messer den Arm auf. Er ließ etwas von seinem Blut in die Wunde hinein tropfen. Das meiste lief an der Kranken herab, doch etwas schien im aufgedunsenen Gewebe zu versickern. Er ging sofort weiter zu einem anderen Kranken, dem er erst eine Wunde zufügen musste, um ihm von seinem Blut zu geben. Doch bevor er zu einem dritten gehen konnte, war sein Begleiter bei ihm und hielt ihn fest. [„Ich kann nicht zulassen, dass ihr euch ausblutet, selbst wenn es bedeutet diese Leute zu retten.“] [„Geras, du weist, dass wir diesen Leuten das Leben retten können. Jemand hat sie mit einer Krankheit infiziert, doch wir sind gesund geblieben. Das heißt, dass die Naniten in unseren Blut den Erreger zu vernichten vermögen.“] [„Trotzdem. Wie viele würdet ihr retten können, bevor ihr selbst sterbt? Fünfzehn, Zwanzig, bevor ihr verblutet.“]

    Während die beiden noch miteinander sprachen, setzten die Männer sich wieder in Bewegung. [„Unterlasst eure finstere Magie bei unseren Leuten. Wir übergeben euch den Prioren.“] Wieder stellte der Begleiter sich ihnen in den Weg, doch der Reisende gebot ihm mit einer Geste Einhalt. [„Ich werde mitkommen. Es ist kein Zwang nötig. Doch ich bitte euch bei diesen beiden zu wachen. Sie werden genesen. Das Verspreche ich euch.“] Während einer der Männer zurückblieb, brachten die anderen den Reisenden und seinen Begleiter zurück zu jenem Platz, von dem er gestern den Prior vertrieben hatte. Auf dem Weg dorthin zog er ein Kommunikationsgerät aus seinem Mantel und setzte sich mit dem Weltenschiff in Verbindung, das seine Heimat war. Als eine der Computer des Kommunikationsverteilers ihn fragte, wen er sprechen wolle, sagte er mit zittriger Stimme: [„Danaë, Tochter des Atreos.“] Es dauerte einen Moment, dann antwortete ihm die Stimme einer jungen Frau: [„Ja?“] [„Danaë? Ich bin es.“] [„Atreos? Was ist los? Ich dachte du wärest auf Forschungsreise.“] [„Das war ich. Aber meine Reise wird heute wohl ein Ende finden.“] Sie zögerte einen Moment, bevor sie antwortete. [„Wie? Was ist mit dir? Du klingst so anders.“] [„Die Stadt, in der ich die letzten Tage geforscht habe, befindet sich in den Klauen der Ori. Ich glaube nicht, dass sie mich gehen lassen werden.“] [„Was? Nein!“] [„Beruhig dich mein Schatz. Es ist alles in Ordnung.“] [„Nichts ist in Ordnung. Lauf vor ihnen weg. Du bist doch schon ganz anderen entkommen.“] Er lachte leise, während ihm eine Träne in die Augen stieg. [„Dieses Mal nicht. Wir alle wissen, dass wir eines Tages uns selbst erblicken werden, wenn wir dem Tod ins Auge sehen. Und ich kann so vielleicht diese Menschen retten. Also wein nicht um deinen alten Herrn.“] Er drückte noch einen Kuss auf den Kommunikator und schaltete ihn wieder ab. Dann erreichten sie den Platz. Der Prior stand erneut dort, doch dieses Mal nicht auf dem Brunnen, sondern an der Spitze einer Gruppe aus Kriegern in ledernen Rüstungen mit Stabwaffen in den Händen, von denen mehrere eine Sänfte trugen, auf der ein Prior in prachtvolleren Gewändern saß, als die seines Glaubensbruders. [„Sehet“], begann er, [„der Frevler wird wieder vor die Gläubigen gebracht.“]

    Der Reisende trat vor. [„Was immer auch ihr wollt, verschont mich mit eurem heiligen Getue. Ich kenne eure Art. Ich habe von eurem Ursprung und eurem heiligen Krieg gehört. Und ich weis, dass ihr von der Göttlichkeit weiter entfernt steht, als der niederste unter diesen Menschen, die ihr hier leiden lasst.“] [„Jedes eurer Worte lässt eure Schuld im Angesicht der Ori noch weiter wachsen. Doch ich biete euch eine zweite Gelegenheit. Unterwerft euch den Ori und ihr sollt eine Chance erhalten eure Seele zu läutern. Die Ori vermögen euch zu verzeihen, wie sie dereinst Marklon verziehen. Werft euch vor ihrem Doci Secundi nieder und ihr sollt Erlösung erhalten.“] [„Versprich mir nichts, was zu nicht zu halten vermagst, Büttel. Ihr könnt keine Erlösung versprechen. Nicht mir und nicht diesen Leuten. Wenn ihr also eure Macht demonstrieren müsst, indem ihr einen alten Mann erschlagt, so tut es. Aber beendet diese Farce.“] Für einen Moment glaubte er im Gesicht des Priors ein Zucken zu erkennen. Aber er sprach mit seinem immer gleichen, gütig klingenden Tonfall fort: [„Erschlagen? Nein, ihr sollt nicht sterben. Ihr sollt leben, um die Größe der Ori zu lernen.“] Mit einer Geste befahl er den Kriegern vorzutreten, um den Reisenden zu ergreifen.

    Zwölf von ihnen lösten sich aus dem Geleit des höheren Prior und schritten auf die beiden Männer in Schwarz zu. Der Begleiter schob sich bei diesem Anblick vor den Reisenden und zog eine seine Pistole. [„Werft euch hin, sobald sie schießen, Atreos“], raunte er dem Reisenden zu. Dieser nickte und verlagerte sein Gewicht ein wenig. Die Krieger der Ori umkreisten die beiden, wie Raubtiere ihre Beute. Als sie sie völlig eingekreist hatten, blieben sie stehen. [„Werft eure Waffen weg“], rief der Prior dem Begleiter zu. [„Nein.“] Für ihn konnte es nur diese eine Antwort geben. Als Thanater, als Todesbote, hatte er Eide geschworen die ihm Anvertrauten bis zum Ende zu schützen. Er würde seine Waffen im Angesicht keines Feindes niederlegen. Der Prior nickte nur und die Soldaten aktivierten ihre Stabwaffen. Geras schätzte kurz die Entfernung zu ihnen ab, dann warf er seine Pistole hoch und fing sie wieder auf, wobei seine Hand sich um den Lauf schloss. Dann rief er dem Reisenden zu [„Los“] und griff an.

    Blitzartig machte er einen Ausfallschritt, bei dem er dem ersten Krieger seine Klinge ins Herz rammte. Der scharfe Stahl, der so scharf geschliffen war, dass er an der Schneide nur noch ein Molekül dick war, ging ohne Widerstand durch die Rüstung seines Gegners. Gleichzeitig schlug er mit dem Kolben seiner Waffe nach dem zweiten. Die Krieger schossen auf ihn, doch er wechselte immer wieder in schnellen Bewegungen die Haltung und den Stand, so dass keiner der Schüsse ihn traf. Dabei war er keineswegs so schnell, dass er einem abgefeuerten Schuss auszuweichen vermochte. Vielmehr schien er nie mehr da zu sein, wenn ein Gegner auf ihn schoss. Mit einer wirbelnden Kadenz von Schlägen erledigte er drei weitere Gegner. Dann schleuderte er seine Klinge auf den Prior und drosch nur noch mit dem Pistolenkolben auf seine Gegner ein. Die sieben verbliebenen Krieger trafen ihn nicht ein einziges Mal. Als der letzte von ihnen zu Boden sank, sah Geras zum Prior hinüber und erschrak. Die Klinge, die er geworfen hatte, verharrte nur wenige Millimeter vor dem Gesicht des Priors in der Luft. Da bemerkte er, dass der Doci Secundi sich auf seiner Sänfte erhoben hatte. Er hielt eine Hand ausgestreckt und auf die Klinge gerichtet. Dann, mit einem einzelnen Wedeln des Handgelenks, ließ er die Klinge zurück zu ihrem Besitzer schnellen. Dieser versuchte noch auszuweichen, doch der blitzende Stahl war zu schnell. Er spaltete dem Thanater den Schädel.

    Als Geras tot zusammensank, zwang der Doci den Reisenden mit einer Bewegung wieder auf die Füße und rief: [„Ihr wart uneinsichtig, also werdet ihr bestraft werden. Prior, löscht dieses armselige Dorf aus.“] Einer der Männer, die den Reisenden vor die Priore gebracht hatten, fragte schockiert: [„Was? Wir haben ihn euch gebracht. Wir unterwerfen uns den Ori.“] [„Das ist unwichtig. Ihr seid von der Anwesenheit dieses Frevlers befleckt. Nur seine Läuterung vermag euch Rettung zu bringen.“] [„Dann beendet diesen Wahnsinn“], ließ da der Reisende vernehmen. [„Ich ergebe mich in eure Gefangenschaft.“] Der Doci ließ ihn los. Er sah noch einmal in die Runde. Dabei erblickte er drei Männer und zwei Frauen, die etwas Abseits standen. Zumindest die Männer waren von höherem Wuchs, als die Einheimischen und er glaubte ihn ihren Augen ein Feuer zu erkennen, dass nicht zu den einfachen Menschen dieser Welt zu passen schien. Die größere der beiden Frauen griff langsam unter ihren Mantel. Eine Geste, die er nur zu gut kannte. Bevor sie ihre Waffe ziehen konnte, schüttelte er den Blick zu ihr gewand leicht den Kopf und sie schien zu verstehen, denn sie zog ihre Hand wieder zurück.

    Der Reisende ging vor den Prioren in die Knie und sagte: [„Heute ist genug Blut geflossen und diese Menschen haben ihre Wahl getroffen. Ich unterwerfe mich eurer Macht.“] Der Doci lächelte. [„Und ihr werdet euch auch noch unseren Göttern unterwerfen.“] Dann vollführte er eine gebieterische Geste und rief dabei: [„Prior!“] Der niedere Priester nickte und erhob seinen Stab. Dabei stimmte er einen leisen Singsang an und der in der Spitze gefasste Kristall leuchtete hell auf. Die Menschen fühlten die Krankheit von sich abfallen und viele von ihnen gingen auf die Knie. Dabei murmelten sie: [„Ehre sei den Ori. Ehre sei den Ori…“]

    Anderenorts in der Milchstraße:

    Milio Callidus Schritte hallten in den weitläufigen Gängen des Weltenschiffes wider und mischten sich in die Geräusche hunderter anderer Menschen, während er durch die silbernen Hallen schritt, die diesem Schiff als Agora dienten. Diese Hallen waren Versammlungsstätte, Markt und Mittelpunkt des kulturellen Lebens. Doch sein Ziel waren nicht die Händler, die ihre Waren feilboten, die Tavernen oder eine der zahlreichen Gruppen, die im Schatten der gewaltigen Statuen, die in den hohen Gewölben aufragten, zusammengekommen waren, um über verschiedenste Themen zu debattieren, über Politik zu diskutieren oder Gerichte abzuhalten. Er lenkte seine Schritte direkt auf den Tempel der Hekate zu, dessen Räume gen Bug von der silbernen Halle abgingen. Auf den letzten Metern rückte er noch einmal den Harnisch seiner Rüstung zurecht, wohl wissend, dass er nicht angemessen gekleidet war, doch er war direkt aus einer Kampfpause im Halo hierher gerufen worden. Er warf den Lampaden, Dienerinnen Hekates, die den Tempel bewachten, einen prüfenden Blick zu, dann trat er ein.

    Der Vorraum des Tempels war ein hoher Raum, der von Säulen gesäumt war, die ein Gewölbe trugen, das mit Ornamenten geschmückt war, die Szenen aus dem Leben der Goa’uld zeigten, der dieser Ort geweiht war. Im Vorraum waren dutzende Anhänger versammelt, die auf eine Audienz bei der Herrin dieses Schiffes warteten. Milio konnte Angehörige jedes Volkes sehen, das sich der Herrin der Nacht und ihrer Dienerin verschrieben hatte. Darunter auch einige Ursi, deren bullige und große Gestalten unter den dürr wirkenden Menschen, von denen nur die wenigsten jemals einen Planeten betreten hatten, hervorstachen. Milio wartete nicht darauf von den Tempeldiener aufgerufen zu werden, sondern schob sich einfach an ihnen vorbei und ging weiter in den Tempel hinein. Sein Weg führte ihn durch den Altarraum, eigentlich mehr ein Audienzzimmer, das tatsächlich um einiges kleiner war, als die Vorhalle und schon seit Jahrhunderten nicht mehr als Ort der Anbetung genutzt worden war, in die eigentlichen Tempelräume dahinter. Hier zeigte sich, dass dieser Ort mehr war, als eine Kultstätte. Es war ein Kommandozentrum, von dem aus die einzige Goa’uld, die Nyx jemals unter sich geduldet hatte, ihre Diener koordinierte und eine Bibliothek, in der sie alles Wissen sammelte, das sie während ihres Lebens hatte zusammentragen können. Er ging durch die Räume hindurch zu Hekates privaten Räumen, die den Abschluss des Tempels bildeten.

    Die beiden Lampaden, die den Raum bewachten, stellten sich ihm zuerst in den Weg und hinderten ihn am Eintreten. Er sah sie an und meinte: „Die Herrin erwartet mich.“ Er bekam keine Antwort, verstand aber doch, was die beiden Kriegerinnen wollten. Also zog er seine Waffe und händigte sie ihnen aus. Sie traten beiseite und er schritt durch die Tür. Er war noch nie diesen Räumen gewesen, doch als er sie zum ersten Mal sah, kamen sie dem recht nahe, was er sich ausgemalt hatte. Die Zimmer waren luftig und groß. Feine Seidenvorhänge trennten sie voneinander und die Wände wurden von Kunstwerken geziert, die Hekate selbst gefertigt hatte. Im zentralen Raum stand ein jahrhundertealter Baum, der in vollem Grün stand und von künstlichem Sonnenlicht erleuchtet wurde, in dem die Decke erstrahlte. In den Ästen lebten Vögel, die wütend zu zwitschern begannen, als ein Fremder in ihr Reich eindrang. Milio betrachtete die Pflanze für einen Moment fasziniert, dann vernahm er eine Stimme einige Meter rechts von sich. „Seid willkommen, Legat.“ Er drehte sich um und sah Hekate in einem der Durchgänge stehen. An ihr vorbei konnte er einen Blick in einen Schlafraum erhaschen, in dem eine junge Frau auf einem Bett schlief. Hekate bemerkte den Blick und kam mit ernstem Gesicht auf ihn zu.

    „Dieses Mädchen trägt den Namen Danaë. Sie ist der Grund, warum ich euch gerufen habe.“ Ihre Stimme war unnatürlich tief. Wie man ihm gesagt hatte, war dies üblich für Goa’uld. Zudem leuchteten ihre Augen. Es gab ihrem eigentlich anmutigen Körper etwas bedrohliches, wenn auch nicht für Milio. Er hatte schon ganz andere Schrecken gesehen, so dass so etwas ihn nicht mehr beeindruckte. „Und was ist mit ihr“, wollte er wissen. Dabei versuchte er sich an Hekate vorbei zu schieben, um einen besseren Blick auf die junge Frau werfen zu können, doch die Goa’uld hielt ihn davon ab. „Lasst sie. Sie ist völlig am Ende. Sie kam zu mir, weil ihr Vater in Gefangenschaft von Prioren der Ori geraten ist. Zumindest vermuten wir das. Ich will, dass ihr ihn befreit.“ Er sah sie ungläubig an, dann lachte er nur bitter. „Ihr holt mich von der Truppe, die gerade in der Schlacht gegen den Feind steht, damit ich einen einzelnen Mann aus der Gefangenschaft der Ori befreie?“ „Der Vater dieses Mädchens ist kein gewöhnlicher Mann. Er ist ein Wissenschaftler und ein Suchender unserer Herrin.“ Milio stutzte. Die Suchenden waren Männer und Frauen, die direkt von Nyx ausgewählt worden waren, um die Galaxie nach Hinweisen auf den Ursprung des Lebens zu durchkämmen. Zumindest war das ihre vorgeschobene Aufgabe. „Wo war er unterwegs?“ „Auf alten Welten von Aton. Ich werde euch alle Daten schicken lassen, die wir haben. Ihr werdet noch heute aufbrechen.“

    Er verneigte sich. „Natürlich, Herrin. Ich werde ihn zurückbringen.“ „Gut.“ Er wante sich wieder ab zu gehen, doch Hekate rief ihm noch zu: „Und Legat… Lasst diese Prediger spüren, was es bedeutet uns anzugreifen. Löscht sie aus.“

    So schnell seine Füße ihn trugen verließ er den Tempel wieder. Im Vorraum fiel sein Blick wieder auf die Ursi, die dort auf eine Audienz warteten. Er wandte sich an den Anführer der Nichtmenschen und sagte: „He, Waffenmeister. Haben eure Krieger im Moment einen Auftrag?“ Der massige Kämpfer sah ihn an und schüttelte den Kopf, eine Geste, die seine Art sich von den Menschen abgeschaut hatte. „Nein. Wir sind seid zwei Monaten auf diesem Schiff. Ich will die Kommandanten der Herrin überzeugen uns wieder auf ein Schlachtfeld zu schicken. Meine Leute werden hier nur träge und faul.“ „Dann betrachtet euch als zurück in die Schlacht kommandiert. Kommt mit mir, es gibt Waffenarbeit zu erledigen.“ Der Waffenmeister stieß sich von der Wand ab, an der er bisher gelehnt hatte, und kam einige Schritte auf Milio zu. In seinen Augen funkelte dabei Vorfreude auf. „Involviert euer Vorhaben Antiker zu töten?“ „Nein. Aber beinahe genauso gut. Es geht gegen Diener der Ori.“ „Ori? Nie von denen gehört.“ „Sie stehen den Antikern sehr nahe. Ich werde es euch auf dem Weg erklären.“ „Hm… Ich weis nicht. Wir sind noch nie unter der Führung eines ihres Volkes in den Kampf gezogen.“ „Nun gut. Dann wartet weiter auf eure nächste Schlacht.“ Er wandte sich ab zu gehen, doch die erwünschte Reaktion kam schon, bevor er auch nur den ersten Schritt gemacht hatte. „Wartet… Antiker. Wir kommen mit euch.“ „Dann folgt mir und gehorcht meinen Befehlen.“ „Das werden wir.“ „Gut. Wie heißt ihr?“ „Moro.“ „Moro… ich bin Milio Callidus.“ „Ca… Ihr seid der übergelaufene Legat.“ „Eben der. Und jetzt kommt.“
    Die Freiheit des Bürgers heißt Verantwortung.

    (Joachim Gauck)


    "You may belong to any religion[...] - that has nothing to do with the buisness of the state. We are starting with this fundamental principle, that we are all citizens and equal members of one state." (Sir Mohammed Ali Jinnah)

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  6. Danke sagten:


  7. #26
    Gehasst, Verdammt, Vergöttert Avatar von Colonel Maybourne
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    Ein hoher Offizier der Antiker, der zu den Goa´Uld übergelaufen ist, was hat den denn dazu veranlagt, sich zu unterwerfen?
    Oder wurde er mit Drogen bzw. anderer Tech dazu gebracht, die seinen Verstand dermaßen beeinflusst haben?

    Was aber ebenso gut gefiel, wie der andere Nyx Diener dem Prior seine eigenen Dogmen um die Ohren gehauen hat.
    Da musste ich doch schon sehr grinsen...

    Bis dann.
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    TGE Combined Season 1 Fire of War:

    http://www.stargate-project.de/starg...ad.php?t=11836




  8. #27
    dumm geboren und nix dazugelernt:P Avatar von Santanico Pandemonium
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    Das würde mich auch intersseiren was der Legat da vorhat....

    Eigentlich müsste das Erdteam doch so ein tolles Antipriorgerät haben, oder gibt es das nicht in der TGE-Zeitlinie? Hätten sie ja da auf den Marktpklatz gehn können und... naja, das übliche halt
    WEIR: ... putting your life and other people's lives at risk. You destroyed three quarters of a solar system!
    McKAY: Well, five sixths. It's not an exact science.
    WEIR: Rodney, can you give your ego a rest for one second?

    Ein Jahr später:
    Spoiler 
    CARTER: About a year ago, your brother came across an abandoned alien experiment called Project Arcturus.
    CARTER: It was an attempt to generate zero point energy.
    JEANIE: That would be virtually limitless power. What happened?
    McKAY: A slight problem. It was the creation of exotic particles in the containment field.
    CARTER: He destroyed a solar system.
    JEANIE: Meredith! (She smacks his arm.)
    McKAY: It was uninhabited!

  9. #28
    Gehasst, Verdammt, Vergöttert Avatar von Colonel Maybourne
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    @ Santanico:
    Um deine Frage nach dem Anti-Prior Gerät zu beantworten und einen kleinen Spoiler für unsere Season 7 zu geben:

    Bis jetzt wurde noch kein Anti Prior Gerät entwickelt, aber in Season 7 wird es dann was ähnliches geben.
    Und ich denk mal, dass grade die Unterschiede zum Original es dann auch beliebt werden lassen.

    Bis dann.
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  10. #29
    Autor der ungelesenen FF Avatar von Protheus
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    So, fünf Minuten sollten die Antworten schon Wert sein

    @Colonel Maybourne: Der Legat ist eine besondere Figur, über die ich jetzt noch nicht zu viel verraten will. Nur so viel: Er ist immer noch Herr seines eigenen Willens. Nur worin der besteht, das sei hier verschwiegen.

    Und schön, dass die das kleine Wortgefecht zwischen dem Reisenden und dem Prior gefallen hat. Mir war in der Fernsehserie immer sauer aufgestoßen, dass sich nie jemand die Mühe gemacht hat zu versuchen die Priore mit Logik zu schlagen, oder ihre Predigten bloß zu stellen. Da wollte ich in dieser Folge unbedingt mit gutem Beispiel vorangehen. ^^

    @Santanico Pandemonium: Ich halte mich ja nicht sklavisch an die Vorgaben aus TGE. Diese Geschichte baut ja vielmehr auf meinen eigenen Spinn-Offs auf, in denen es einige andere persönliche Schicksale und Technologien gegeben hat. Aber diese *vierfach um die Ecke und dann von von hinten durch die Brust ins Auge*-gedachten Anti-Prior-Waffen aus Stargate SG1 gibt es bei mir nicht, was allerdings nicht bedeutet, dass ST-Teams wehrlos gegen sie wären.

    Tatsächlich hat die Armee jedes der großen Machtblöcke ihre ganz individuellen Methoden, um sich Priore vom Leib zu halten. Die meisten (inklusive denen der EU) sind ziemlich hinterhältig und zielen vor allem darauf ab, dass der Prior die Gefahr erst bemerkt, wenn es zu spät ist. In der nächsten Episode werde ich die wichtigste Waffe der EU gegen Priore vorstellen. Ist ziemlich gemein, aber die Idee gefällt mir gut. Außerdem wird es in absehbarer Zeit (Gegen Ende der Staffel, also in ca. 14 Folgen) eine neue Waffe gegen Hok'Ta geben.

    @Aronus: Danke für die Danksagung. Das freut den Schreiberling

    @all: Die nächste Folge gibt es im Verlauf der nächsten Woche.
    Geändert von Protheus (20.06.2009 um 16:04 Uhr)
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  11. #30
    Autor der ungelesenen FF Avatar von Protheus
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    Und weiter geht es. Hier ist das nächste Kapitel. Ich hoffe es gefällt, auch wenn es dieses mal zum Ende hin ein wenig krank wird. Es ist dieses Mal noch relativ actionlastig, aber dafür gibt es nächstes mal eine Charakterentwicklungsfolge, in der auch Jules wieder vorkommen wird. Gesamtlänge dieses mal 10,5 Seiten. Viel Spaß beim Lesen.

    P.S.: Im Glossar (Seite 1 dieses Themas, zwoter Post) wurde eine Karte der Welt 2034 eingefügt, falls jemand sich dort noch einmal einen Überblick verschaffen will.

    Hinweis: Es sei angemerkt, dass der fünfte Absatz von hinten möglicherweise für Kinder ungeeignet ist.


    Episode 7: Die Befreiung

    Nicole suchte den dunklen Nachthimmel mit Blicken ab, suchte nach dem schwachen Leuchten, dass sie in den letzten anderthalb Tagen so geduldig erwartet hatte. Über ihnen spannte sich das Firmament dieser Welt mit einer Majestät auf, die auf der Erde größtenteils verloren gegangen war. Buchstäblich hunderte heller Sterne erleuchteten den Himmel, doch der Raum zwischen ihnen war keinesfalls leer. Wo man auf der Erde abseits der Hochgebirge nur noch schwärze sah oder bestenfalls zu erahnen vermochte, was vielleicht da war, sah man hier zwischen den hellen Sternen einen feinen Schleier kleinerer Gestirne, der den Himmel sprenkelte. Schließlich registrierten ihre Helmsensoren ein hell leuchtendes Objekt, das sich anders bewegte, als die Sterne über ihr. Es war nur für wenige Sekunden da, dann verlosch es wieder. Dann, einen Augenblick später, war es wieder für einen Wimpernschlag da, hatte sich jedoch mehrere Kilometer weit bewegt. Zwei, drei Mal wiederholte sich dieses Schauspiel noch einmal, dann verschwand das Licht. Nicole kannte diesen Anblick. Ihre Verstärkung war eingetroffen.

    Einige Minuten nachdem das Licht verloschen war, hörten sie auf einmal den Lärm mächtiger Triebwerke und die Luft um sie herum wurde aufgewirbelt. Und einen Augenblick später tauchte sie aus der Nacht auf: Die ‚Eos’ schwebte wenige Meter über dem Erdboden heran und hielt auf die Senke zu, in der Nicole und ihr Team das Peilsignal gesetzt hatten. Die silberne Oberseite der Fregatte schimmerte matt im Sternenlicht, während die Unterseite, mit der voran das Schiff in die Atmosphäre eingetaucht war, immer noch schwach vor Resthitze glühte. Es war ein eindrucksvoller Anblick, der eine Vorstellung von den gewaltigen Kräften, denen die Fregatte beim Eintritt in die Atmosphäre ausgesetzt war, und den Fähigkeiten des Piloten gab. Da ein Schiff der Ori im Orbit stand, hatte es für sie keine andere Möglichkeit gegeben das Schiff abzubremsen, als flach in die Atmosphäre einzutreten. Wie ein Stein auf der Oberfläche eines Sees war die ‚Eos’ so mehrfach aufgesetzt und wieder hoch geschleudert worden, wobei sie jedes Mal an Geschwindigkeit verloren hatte. Als sie nun über der Senke stand, zog der Pilot die Triebwerksausleger und Sekundärrümpfe eng ans Schiff an, aktivierte die Landestützen und brachte das Schiff zu Boden.

    Sie hatten das Schwesterschiff der ‚Selene’ zu einer geeigneten Landestelle in der Wüste abseits der Stadt gelotst. Das sonnenverbrannte Land war von ausgetrockneten Flussläufen durchzogen, die sich in den Fels gewaschen hatten und vereinzelte tote Bäume, die sich Geistern gleich mit ihren trockenen Ästen im Wind wiegten, zeigten an, dass diese Gegend einmal grün gewesen sein mochte, doch es war nicht mehr viel davon zu sehen. Das letzte Wasserloch der Gegend war ein nicht einmal kleiner See, dessen Wasser mittlerweile jedoch so salzig war, dass ein Mensch es nicht mehr zu trinken vermochte. Doch wenigstens waren sie hier weit genug von der Stadt entfernt, damit niemand die Landung bemerkte und unweit des Sees hatten sie die Überreste eines alten Gebäudekomplexes gesehen, der in den Fels einer Hügelkuppe gebaut worden war und ihnen in der größten Mittagshitze Schutz geboten hatte. Nun stand Nicole mit ihrem Team vor dem gelandeten Schiff und sah den gewaltig erscheinenden stählernen Leib der Fregatte entlang. Für Maßstäbe der Flotte mochte sie mit gerade einmal neunzig Metern Länge winzig erscheinen, doch für Angehörige des Heeres, die normalerweise kaum etwas größeres, als einen aufgerichtet knapp sechs Meter großen HERC zu Gesicht bekam, waren Konstruktionen diesen Ausmaßes zwar rational vorstellbar, nicht aber wirklich realisierbar. Nach einigen Minuten schließlich senkte sich die Rampe des Frachtraumes im Hauptrumpf ab und gab den Blick ins Schiff frei.

    Wäre das geschmiedete Wappen an der Flanke des Schiffes nicht ein anderes gewesen, das anstelle der Mondgöttin mit ihren Insignien, dem Halbmond und der Fackel, eine anmutige Frauengestalt mit einer Träne im Auge zeigte, hätte Nicole die beiden Schiffe auf den ersten Blick wahrscheinlich nicht auseinander halten können. Als jedoch mehrere Besatzungsmitglieder aus dem Inneren des Schiffes herauskamen und dabei große, zusammengefaltete Tarnnetze trugen, mit denen das Schiff verborgen werden sollte, war kein bekanntes Gesicht darunter. Während diese Männer damit begannen das Schiff zu verstecken, kamen ein Mann in der Uniform eines Kapitäns, sowie mehrere Soldaten in Kampfrüstungen die Rampe herunter. Als sie vor Nicole standen, salutierten sie voreinander und der Kapitän, ein hagerer und kleiner Kerl, dem sie auf den ersten Blick niemals zugetraut hätte auch nur durch die Musterung zu kommen und an dessen Kopf seitlich eine Computerschnittstelle saß, meinte: „Major Degenhardt, ich bin Kapitänleutnant Holmström. Die ‚Eos’ steht zu ihren Diensten.“

    Nicole erwiderte den Gruß und meinte: „Danke, Kaleu. Eine Frage vorweg: Wie viele Schiffe haben die Priore im Orbit stehen?“ „Wir haben zwei Basisschiffe gezählt, Major. Dazu ein gutes Dutzend Hilfsschiffe, keines davon von Ori-Bauart.“ Sie nickte und ordnete diese Information geistig ein. Nach der zweiten Schlacht am Supersternentor, in der eine Kopie des Wächters von Lethe in die Ori-Galaxie geschickt und das Tor schließlich versiegelt worden war, hatten sie nach den Schätzungen der strategischen Stäbe noch fünf Basisschiffe in der Milchstraße gehabt. Davon waren in den darauf folgenden Monaten zwei nachweislich vernichtet worden. Wenn dieser Hohepriester, den der Prior den Doci Secundi genannt hatte, zwei der verbliebenen Schiffe kontrollierte, war er nicht zu unterschätzen. „Wie stehen die Chancen der ‚Eos’ gegen diese Schiffe“, wollte sie wissen. Die Antwort kam prompt: „Schlecht. Wir können sie ausmanövrieren und unsere Massetorpedos kommen durch die Schilde, aber wir könnten damit keinen kritischen Schaden anrichten, bevor sie uns erledigt hätten.“ „Halten sie im Zweifel lange genug durch, um eine Rettungsmission durchzuführen?“ Der Flottenoffizier legte die Stirn in Falten und sah sie leicht misstrauisch an. „Was verstehen sie darunter?“ „Dass sie es schaffen in der Reichweite eines Transporters zu bleiben.“ „Ist zu schaffen. Was schwebt ihnen vor?“ „Wir holen uns jemanden von einem der Schiffe.“

    Als sie ihren Plan erläutert hatte, hatten die meisten Soldaten der beiden Kampfteams, KT4 und KT7, sie gnädig formuliert für tollkühn gehalten. Für einen Moment hatte Leutnant Charlamow, Kommandant von KT4, den Eindruck gemacht er wolle ihr Widersprechen, doch schließlich hatte auch er sich ohne Protest gefügt. Sie pirschten sich nun durch die Nebengassen der Stadt auf den alten Palast des Aton zu. Dieser hatte noch alte Ringtransporter, welche die Ori offenbar benutzt hatten, denn kurz nachdem sie den Nyxdiener gefangen genommen hatten, waren mehrere Personen darüber auf Schiffe im Orbit gelangt. Indem Nicole und ihre Leute nun einen Palastbediensteten aufgegriffen und ihn ‚überzeugt’ hatten ihnen zu helfen – der arme Teufel konnte seinen Kopf jetzt nicht mehr nach rechts drehen – wussten sie, dass auch ihr Gefangener auf die Schiffe gebracht worden war. Alles weitere war, zumindest in der Theorie, relativ simpel. Sie würden sich Zugang zum Schiff verschaffen, den Mann holen und wieder verschwinden. Auch wenn das bedeutete, dass sie sich ihren Weg durch die Besatzung freischießen mussten.

    Sie erreichten eine der äußeren Palastmauern und erklommen sie mit Hilfe ihrer Kletterleinen. Dann pirschten sie sich durch einige ausgedehnte Gärten bis zum Zugang zum Hauptflügel. Sie ließen sich dabei von einem von Abrams Sensoren leiten, der den Energieausstoß des Ringtransporters zu verfolgen vermochte. Kurz bevor sie die Haupt- und Eingangshalle erreichten – sie hatten bereits einige störende Wachen aus dem Weg räumen müssen – signalisierte Nicole den Teams anzuhalten. Vor ihnen lag einer der Eingänge und sie konnten sehen, dass ein niederer Prior in der Vorhalle Wache hielt. Er war wahrscheinlich nicht aus Furcht vor Angriffen hier, sondern sollte lediglich Bittsteller abwimmeln, denn neben ihm waren auch noch mehrere Ori-Krieger anwesend, die ihm jedoch keine weitere Beachtung schenkten, sondern lediglich die Ein- und Ausgänge in den Raum bewachten.

    Nicole konnte mit einem Blick in die Vorhalle erkennen, dass gerade ein Mann in den typischen Lumpen eines kleinen Handwerkers aus der Stadt zu den Füßen des Palastes zum Prior gekommen war. Er warf sich vor ihm auf die Füße, wie viele Goa’uld es von ihren Anhängern verlangt hatten, und hielt ihm ein Schmuckstück an einer Kette hin. Die Sensoren in ihrem Helm filterten auch leise Stimmen aus Hintergrundgeräuschen heraus und gaben sie hörbar wieder, so dass sie mitbekam, wie er sagte: „Heiliger, ich bitte euch eurem Hohepriester dieses Geschenk zu überbringen, als Zeichen meiner untertänigsten Verehrung für die Ori.“ Der Prior besah sich das Schmuckstück und fragte: „Was bringst du mir hier?“ „Ich bin Schmied, Heiliger, und habe eure Worte auf dem großen Platz vernommen und gesehen, wie ihr die Kranken geheilt habt. Meine Tochter war unter ihnen. Danach bin ich in meine Schmiede zurückgegangen. Ich habe zwei Tage lang nicht geruht und mit all meinem Können dieses Stück als Zeichen meiner Dankbarkeit gefertigt.“ Der Prior nickte. „Die Ori sehen deine Hingabe, Gläubiger, und sie werden zufrieden sein. Ich werde dem Doci deine Gabe überbringen.“ Der Mann, der die ganze Zeit über vor dem Prior gekniet hatte, verneigte sich noch einmal so tief, dass seine Stirn den Boden berührte, dann eilte er davon.

    Der Prior nahm das Schmuckstück und sagte zu den Soldaten, dass er zum Schiff zurückkehren würde und sie alle Besucher warten lassen sollten. Dann verließ er den Raum. Nicole ließ ihre Leute noch warten, bis der Ringtransporter ein weiteres Mal aktiviert wurde und einen hellen Strahl aus Licht gen Himmel schickte, dann machte sie nur eine einzelne Geste in Richtung der Vorhalle. Die beiden Kampfteams setzten sich in Bewegung und stürmten in die Halle. Binnen weniger Augenblicke hatten sie die Krieger des Gegners ausgeschaltet. Selbst mit Schalldämpfer hatten ihre Gewehre noch genug Durchschlagskraft, damit die Kugeln die Krieger durchschießen und noch faustgroße Löcher in die Wände hinter ihnen reißen konnten. Danach liefen sie weiter zum Ringraum.

    Ihr Weg führte sie durch prachtvoll ausgestattete Palasträume, die aus weißem Sandstein errichtet waren. Man konnte sehen, dass dieser Ort mehr als einmal Ziel eines Bildersturmes gewesen war. So waren bei den prachtvollen Ornamenten, welche die Wände schmückten, alle Darstellungen aus dem Leben von Aton, die die Korridore ursprünglich einmal geschmückt hatten, herausgeschlagen und durch Bildnisse der späteren Herren ersetzt worden. Doch auch diesen war ein ähnliches Schicksal widerfahren, als die Goa’uld geschlagen worden waren und die freien Menschen dieser Welt ihre Wut über ihre einstigen Sklavenmeister an ihrem Heim ausgelassen hatten. Und nun hatten die Priore angefangen den Palast nach ihren Vorstellungen umzugestalten. Die Soldaten bemerkten auf halbem Weg einen jungen Prior, kaum älter als vierzehn Jahre, der dabei war Kraft seiner Gedanken sämtliche Ornamente an den Wänden zu Staub zu zermalen.

    Sie standen an einer Ecke, an der ein Nebenflügel in die großen Korridore einmündete, den geschäftigen Prior zwischen sich und dem Ziel. Charlamow, der die Spitze übernommen hatte, stand an die Ecke gelehnt und hielt sein Gewehr schussbereit, das Fadenkreuz auf dem Kopf des Jungen ruhend. Dabei sah er Nicole fragend, ja fast schon flehend an. Ihm stand deutlich ins Gesicht geschrieben, dass er nicht schießen wollte. „Orianbeter oder nicht: Er ist ein Kind“, raunte er ihr zu. Sie sah selbst noch einmal um die Ecke und wusste, wovon er sprach. Sie hatte diesen Jungen vor zwei Tagen bei den Prioren gesehen. Er schien ein Einheimischer zu sein, den sie nach der Schließung des Supergates irgendwo in der Milchstraße initiiert hatten. Ihm hatte der Fanatismus in den Augen gestanden, als er geholfen hatte die Stadt nach den Männern zu durchsuchen, die als Rädelsführer den ersten Prior zwei Tage zuvor aus der Stadt gejagt hatten. Er hatte die Jagd genossen. Er war wie ein junger Tiger, der bald zu einem Menschenfresser heranwachsen würde. Aber trotzdem nicht mehr, als ein Kind.

    Sie nahm ihr Gewehr und pirschte sich auf die andere Seite des Korridors, um anzulegen. Dabei zögerte auch sie. Ein Geräusch ließ sie noch einmal aufhorchen und sie sah, dass Guv Charmalow beiseite geschoben hatte und selbst in Position gegangen war. Auch er war Schussbereit. Dann schloss Nicole die Augen und murmelte leise etwas. Es hätte so etwas wie ein Gebet sein können, wäre es nicht über ihre Lippen gekommen. Sie schlug die Augen wieder auf, rückte das Gewehr noch einmal minimal zurecht und drückte ab. Beide Gewehre krachten nur um einen Wimpernschlag versetzt dumpf auf. Nur einen Augenblick später, bevor der junge Prior hatte reagieren können, erwischte ihn eines der Projektile am Kopf und er fiel zu Boden. Eine weitere Befehlende Geste und der Trupp lief das letzte Stück in Richtung des Ringraumes. Nicole machte dabei einen kurzen Moment bei der Leiche des Jungen halt. Bis auf eine kleine Eintrittswunde schien sein Kopf unversehrt und strafte die Blutlache Lügen, die in alle Richtungen davon gespritzt war. Doch sie wusste, wie es aussehen würde, würde sie sich die andere Seite seines Kopfes ansehen. Es war ein Anblick, den sie sich ersparte. Bevor sie weiterlief, bemerkte sie noch, dass er immer noch das zufriedene Lächeln auf dem Gesicht hatte, dass es ihm verschafft hatte die Hinterlassenschaften der Ungläubigen zu zerstören. Es war ein Lächeln eines bedingungslosen Fanatikers, das sie erschaudern ließ, aber trotzdem schaffte sie es nicht die unangenehmen Erinnerungen zurückzukämpfen, die es in ihr weckte.

    Sie erreichten den Torraum und Abrams machte sich sofort an den Kontrollen zu schaffen, um den Code zur Aktivierung der Ringe und zuletzt angepeilten Koordinaten zu ermitteln. Er brauchte keine drei Minuten, dann konnte er die Plattform aktivieren. Zuerst schickten sie einige Blendgranaten hindurch, dann traten nacheinander alle drei Teams in die Ringe.

    Während die Europäer sich Zugang zum Basisschiff der Priore verschafften, lief der Mann, der das Schmuckstück abgegeben hatte, in das Metallmacherviertel. Als er eine der dunkleren Gassen betrat, fragte jemand aus dem Schatten ihn: „Und?“ „Es ist alles glatt gelaufen, Herr. Ich habe den Schmuck nach euren Wünschen abgegeben.“ „Gut“, murmelte die von grauen Kutten verborgene Gestalt im Schatten und warf dem opportunistischen Taschendieb, der unkluger Weise bei Einbruch der Nacht versucht hatte sie zu bestehlen, eine Münze zu. Er fing sie auf und besah sie sich. Die Schrift und die Symbole waren ihm fremd, doch sein geschultes Auge verriet ihm sofort, dass er Silber in den Händen hielt. Schnell ließ er die Münze in einer Falte seines Gewandes verschwinden und trollte sich. Dabei sah er sich noch einmal nach jener unheimlichen, hageren Gestalt um, die plötzlich in einem blauen Lichtblitz verschwand.

    Auf dem Mutterschiff im Orbit:

    Der Prior drehte das Schmuckstück in Händen, das ihm der Mann gegeben hatte und besah es sich genauer. Es war ein relativ grob, aber nicht ohne können geschmiedetes Amulett aus schlichtem Silber. Das Metall wies einige Verunreinigungen auf, war aber ansonsten von guter Qualität. Er ertappte sich beim Gedanken, ob er es dem Doci tatsächlich geben sollte. Der Hohepriester, der unter den Prioren in dieser ketzerischen Galaxie am längsten in den Diensten der Ori gestanden hatte, als das große Tor verstummt war, führte den Kreuzzug seit Jahren fort, doch diesem seinem Diener kam es zusehends sinnlos vor. Der Doci mochte sich den Glauben daran bewahrt haben, dass die Ori zurückkehren würden, sobald sie sich als würdig erwiesen, doch der Prior wurde des Wartens überdrüssig. Seine Götter waren Zeit seines Lebens bei ihm gewesen, hatten ihn angeleitet und während des Kreuzzuges sogar in dieser Galaxie noch zuweilen zu ihm gesprochen. Doch jetzt waren sie stumm. Sie hatten ihn verstoßen. Vielleicht waren sie auch einfach nicht mehr, waren von der finsteren Magie der alten Erzfeinde niedergestreckt worden.

    Doch was auch immer der Grund für ihr Schweigen war, der Prior begann zusehends die anderen Vorzüge des Lebens als Prophet zu erkennen. Er strich noch einmal mit der Hand über das Silber und schmunzelte. Ihm ging durch den Kopf, dass der Doci nie erfahren würde, dass dieses Stück abgegeben worden war. Als er es sich gerade in die Tasche stecken wollte, begann es jedoch zu leuchten. Erschrocken sah er es an und versuchte es mit dem Gespür zu ergründen, mit dem die Ori ihn dereinst belohnt hatten. Dann erschienen plötzlich zwei massige Gestalten links und rechts von ihm. Umtost von summenden Blitzen zwang ihr Anblick ihn zuerst die Augen abzuwenden. Er nahm den Arm schützend vor die Augen. Als es einige Sekunden später wieder ruhig geworden war und er nur noch die schweren Atemzüge der beiden Kreaturen hörte, senkte er den Arm wieder und sah der rechts von sich ins Gesicht. Falls man es denn ein Gesicht nennen wollte.

    Jeder – aus irgendeinem Grund hielt er sie automatisch für männlich, auch wenn er ihre Art nicht kannte – von beiden war über zwei Meter hoch und von bulliger Statur. Sie standen aufrecht auf zwei Beinen und hatten zwei Arme. Doch an diesem Punkt endete bereits jegliche Ähnlichkeit mit Menschen. Ihre Beine waren in Relation zu ihrem Torso kürzer, ihre Arme ragten aus muskulösen Schultern hervor und ihre Hände hatten nur vier Finger. Das Gesicht glich einer derben vorstehenden Schnauze, wie viele Raubtiere sie hatten und auf der Stirn dessen rechts von ihm saß eine dicke Knochenplatte, die den Kopf schützte, der jedoch nicht wie bei einem Menschen an der Spitze des Kopfes saß. So diese Kreaturen so etwas wie Hälse hatten, waren sie nur relativ kurz und das Gewebe über ihren Schultern hatte noch mächtige Auswüchse gebildet, so dass der Kopf leicht nach vorne herausragte und es ein wenig wirkte, als hätten sie einen Buckel oder Höcker auf den Schultern sitzen. Der Prior erkannte sofort, dass sie Raubtiere waren. Raubtiere, die aufrecht gingen, Rüstungen trugen, Waffen führten und in deren Augen gefährliche Intelligenz aufblitzte.

    Als das Wesen ihn aus gelben Augen ansah, die ihm im ledrigen Gesicht saßen, lächelte es und entblößte dabei ein Maul voller scharfer Reißzähne. Der Prior wollte um Hilfe rufen, doch bevor er auch nur einen Ton herausbekam, vollführte die Kreatur mit einer Geschwindigkeit, die er einer so massigen Gestalt niemals zugetraut hätte, einen wuchtigen Schlag, der ihn in der Bauchhöhle traf und mehrere Meter durch den Korridor schleuderte. Es war, als habe ihn ein Dampfhammer getroffen. Er spürte einen stechenden Schmerz in der Hüfte und ihm war instinktiv klar, dass sein Becken angeknackst und seine Bauchhöhlenorgane verletzt waren. Er drückte sich wieder auf die Füße, wobei er sich auf seinen Stab stützte und versuchte telekinetisch nach den Wesen zu greifen. Er bekam das erste zu fassen und wollte es durch den Raum schleudern, doch es stemmte sich nur mit aller Kraft gegen den Boden und blieb schier unverrückbar stehen. Das andere lächelte erneut, dann schloss sich ein Helm über sein Gesicht, der das Antlitz eines wütenden Bären zeigte und es stürmte los. Mit wenigen Schritten war es beim Prior und hatte im Lauf eine Klinge gezogen, die es ihm tief in den Leib trieb. Zu schockiert sich zu verteidigen spürte er, wie die Waffe sein Brustbein durchstieß und direkt ins Herz ging. Dann verlosch sein Leben.

    Waffenmeister Moro betrachtete die Leiche des toten Priors zu seinen Füßen uns spürte, wie seine beiden Herzen rasten. Gegen einen solchen Gegner hatte er noch nie gekämpft, auch wenn er sich bedauerlich wenig gewehrt hatte. Aber vielleicht würden die anderen seiner Art eine größere Herausforderung darstellen. Er zog seine Waffe aus der Leiche und aktivierte das Langstreckenkommunikationsgerät in seiner Rüstung. „Legat, hier Moro. Wir sind an Bord. Das Rückrufrelais hat funktioniert.“ „Hervorragend“, drang die Stimme des Milio Callidus aus den Lautsprechern des Kom. „Durchsucht das Schiff nach dem Sucher Atreos und gebt ihm das Relais, sobald ihr ihn gefunden habt. Wenn er in Sicherheit ist, werde ich angreifen und den Feind vernichten.“ „Jawohl“, antwortete Moro. Bei diesen Worten umspielte ein fröhliches, raubtierhaftes Grinsen sein Gesicht. Dann wandte er sich an seinen Begleiter, der eine massige Plasmakanone trug, die ein Mensch nicht einmal zu heben vermocht hätte, und sagte: „Los. Die Jagd wartet.“

    Nicole kam in der zweiten Welle auf das Basisschiff. Im Torraum lagen bereits vier tote Ori-Krieger, während die Kampfteams den Raum und den davor liegenden Flur absicherten. „Nah“, fragte sie Charmalow, als sie an ihm vorbei kam, „was habe ich ihnen gesagt? Entern über den Ringraum ist ein echter Klassiker. Das funktioniert immer.“ Der Russe sah sie sehr verständnislos an und meinte nur: „Ich wäre gerade bei der Ausführung ihres Klassikers beinahe erschossen worden, weil die Blendgranate einen Gegner nicht richtig erwischt hat.“ „Na und? Sie wissen doch: Wenn du keinen Spaß verstehst…“ „Geh nicht zum Korps“, vervollständigten Asena, Guv und zwei Soldaten aus den anderen Teams im Chor den Satz. „Eben. Und jetzt weiter.“ Sie liefen weiter. Von früheren Missionen kannte das Sternentorkommando noch die Grundrisse der Basisschiffe, so dass es kein Problem darstellte den Weg zu den Gefängniszellen zu finden. Das Schiff war erstaunlich leer, als wäre die Besatzung massiv unterbesetzt. Zwar brauchte es nicht mehr, als einen einzelnen Prior, um ein solches Schiff fliegen zu können, doch während des Kreuzzuges hatte jedes von ihnen hunderte, wenn nicht sogar tausende Krieger und einen ganzen Tross an Handlangern und Arbeitern dabei gehabt, die für die Versorgung einer solchen Armee von Nöten waren transportiert. Aber dieses schien beinahe verwaist. So erreichten sie ohne größere Probleme die Zellenblöcke. Doch dort fingen die Schwierigkeiten an.

    Zwei Priore hatten die meiste Zeit über beim Reisenden Wache gehalten und versucht ihn in theologische Lehrgespräche zu verwickeln. Es schien der ganze Ehrgeiz ihres Anführers zu sein ihn dazu zu bringen sich seinen Göttern zu unterwerfen, als sei eine einzelne verschwendete Seele schon eine Niederlage für ihn. Aber vielleicht trieb ihn auch nur die Gewissheit an, dass seiner Unterwerfung der Welt zu ihren Füßen immer ein Makel anhängen würde, solange der Mann, der die Stimme gegen ihn erhoben hatte, sich nicht vor aller Augen niederwarf und seinen Irrtum eingestand. In der Hoffnung einfach einen Moment Ruhe vom beständigen Zureden der Priore erhaschen zu können, hatte er schließlich um ein Exemplar des Buches des Ursprungs gebeten. Erfreut, dass ihr Gefangener ihre heilige Schrift zu studieren wünschte, hatten sie ihm sofort eins bringen und es ihn lesen lassen. Nun klappte er das Buch gerade wieder zu, nachdem er es in den letzten zwei Tagen in weiten Teilen durchgelesen hatte. „Nun“, fragte ihn einer der Priore. Seine Augen funkelten dabei erwartungsvoll. Der Reisende holte einmal tief Luft, während er überlegte, was er sagen sollte. Dann begann er zu erzählen.

    „Auf meiner Suche habe ich die Welten längst vergangener Imperien bereist, die sich einmal zwischen den Sternen dieser Galaxie erstreckten. Ich studierte ihre Hinterlassenschaften und versuchte die Wurzeln ihrer Existenz zu ergründen. Auf einer Welt traf ich schließlich auf eine primitive Rasse, die ich zunächst für eine neue Evolution hielt. Doch dann wurde mir klar, dass es das Volk war, dessen Erbe mich dort hin gelockt hatte. Sie waren nicht ausgestorben, sondern hatten ihre technischen Errungenschaften verloren und ihre Vergangenheit vergessen. Doch ich wollte es mir nicht entgehen lassen sie zu studieren, also versuchte ich ein Treffen mit ihrem Anführer zu bekommen. Wir trafen uns in den Ruinen einer uralten Stadt, die sie schon längst verlassen hatten. Er erschien mit tausenden Untertanen im Gefolge, getragen auf einer Sänfte aus purem Gold und geschmückt im Glanz seiner Insignien, um uns, die Reisenden von den Sternen, zu beeindrucken. Ich ging zu ihm und reichte ihm ein Buch, dass sein Volk vor Unzeiten einer damals primitiven Rasse gegeben hatte und das mich auf ihre Welt geführt hatte. Ich wollte ihn um Erklärungen für das geschriebene bitten, doch als ich es ihm gab… Anstatt es aufzuschlagen und zu lesen, hielt er es sich wie ein Orakelkästchen ans Ohr, als hoffe er, dass es zu ihm spricht. Er hatte vergessen, was es bedeutete. Und als es stumm blieb, warf er es vor mir in den Staub.“

    Er nahm das Buch des Ursprungs und warf es vor den Prioren auf den Boden. „Dieses Buch spricht nicht zu mir. Es enthält keine Geheimnisse und keine Weisheiten. Die einzige Lebensregel, die es aufstellt, ist blinde Folgsamkeit gegenüber euren Meistern. Abseits davon ist es nur eine Sammlung von schönen Geschichten, die einer aufgewühlten Seele vielleicht etwas Trost spenden können, aber dem, der sucht und hinterfragt, kann sie nichts geben.“ Er lehnte sich auf der Pritsche, auf der er in seiner Zelle gesessen hatte, zurück und sah sie an. „Nehmt euer stummes Orakelkästchen und gebt mir etwas, das zu mir spricht.“ Es dauerte einen Moment, bevor der erste von ihnen seine Sprache wieder fand. Mit einer Stimme, die vor einer diffusen Mischung aus mühsam unterdrückter Wut und blankem Entsetzen ob der Respektlosigkeit, die er an den Tag legte, bebte, sagte er: „Ihr könnt die Augen nicht vor der wahren Erlösung verschließen. Ihr könnt nicht…“

    Mitten im Satz wurde er abrupt gestört, als auf einmal mehrere gepanzerte Männer und Frauen um die Ecke bogen. Auch diese hielten in ihrem tun schlagartig inne, als sie plötzlich den Prioren gegenüber standen. Einer der beiden Verkünder des Weges des Ursprunges sah sie wütend an und zischte: „Ihr ungläubigen wagt es?“ Er hob die Hände und plötzlich wurden zwei der Soldaten in die Luft gerissen. Sie hingen hilflos eine Hand breit über dem Boden, während unsichtbare Hände sie mit der Kraft von Schraubstöcken strangulierten. Im Versuch ihre Leute zu schützen, traten mehrere von ihnen vor und eröffneten das Feuer. Selten hatte der Reisende eine solche urgewaltige Zerstörungskraft in den Händen gewöhnlicher Kämpfer gesehen, doch die Priore zeigten sich wenig beeindruckt. Auch wenn sie die beiden Männer, die sie im Würgegriff gehalten hatten, hatten loslassen müssen, errichteten sie einfach Schutzschilde vor sich, welche die Geschosse abfingen. Dann trat eine Frau vor und hob ihr Gewehr, an dem noch eine zweite Waffe größeren Kalibers befestigt war. Sie feuerte ein Geschoss ab, das als Keil aus weiß glühendem Feuer auf die Priore zuschoss. Die Hitze war dabei so stark, dass selbst die Luft darum herum zu brennen schien. Es explodierte an den Schilden und hüllte den Korridor dabei in Flammen. Und als diese sich legten, waren die Eindringlinge auf der Flucht.

    So musste es den Prioren wenigstens erscheinen. Nicole führte ihre Männer zurück in die Korridore, aus denen sie gekommen waren. Asena murmelte dabei frustriert etwas davon sie hätten genauso gut mit Wattebäuschen werfen können und Nicole wusste, dass er damit Recht hatte. Verteidigungsbereite Priore waren fast unmöglich zu bezwingende Gegner. Während des Ori-Kreuzzuges war gängigste Methode mit ihnen umzugehen gewesen, sie gar nicht erst merken zu lassen, dass man da war. Sie hörte die Schritte der beiden Propheten, die ihnen nachstellten. Einer rezitierte dabei beständig Floskeln aus dem Buch des Ursprunges, während der andere lautstark die Besatzung rief, um die Ungläubigen auszutilgen. Im Korridor wurden sie schließlich eingeholt. Die Priore rückten Seite an Seite vor und fingen jedes Projektil ab, das auf sie abgefeuert wurde, wobei der eine stets beide abschirmte, während der andere Telekinetisch nach den Soldaten schlug. Sie wähnten ihren Gegner in der Falle. Nur dass Nicole nicht weggelaufen war. Stattdessen zog sie zwei Granaten von ihrem Gürtel und machte sie scharf. Die modernen Handgranaten der Blockstreitkräfte hatten nicht mehr die Form von Eiern, sondern von Diskussen. Zudem hatten sie innere Antigravitationsmodule, die dafür sorgten, dass man sie mehrere hundert Meter weit werfen konnte. Sie schleuderte die Granaten, so dass sie vor den Füßen der Priore landeten.

    Diese blieben in Erwartung einer Explosion stehen, doch es geschah nichts. Dann schoben sich die zwei Hälften der Granathülle auseinander und die Priore vermochten ein leises Zischen zu hören, das einem Menschen mit normalem Gehört wahrscheinlich verborgen geblieben wäre. Während der letzten Wochen des Kreuzzuges, so konnten sie sich erinnern, hatten die Erdlinge versucht ihresgleichen mit farblosem und geruchsneutralem Giftgas zu töten. Der eine lachte siegessicher. Dieses Mal würde der Trick nicht gelingen. Sie konzentrierten ihre Kräfte darauf ihren Atem anzuhalten und gingen weiter, ohne die Granaten weiter zu beachten. Doch als sie direkt über ihnen standen, gaben sie auf einmal ein piependes Geräusch von sich. Zwei Kontakte sprangen heraus und ein Lichtbogen baute sich zwischen ihnen auf. Und dann entzündete sich das Sprenggas.

    Diese Gasgranaten der etwas anderen Art zählten zu den hinterhältigsten Waffen in den Arsenalen der EU, hatten jedoch das Potential selbst Priore zu vernichten. Das Gas diffundierte auch durch die Schutzschilde hindurch, welche die ehemaligen Vollstrecker der Ori im Kampf um sich herum aufbauten und der Lichtbogen erzeugte die Zündreaktion, die sich auch durch diese Verteidigung hindurch fortzusetzen vermochte. Als Auslöser diente ein Annäherungsdetektor, der bestimmte, wann das Ziel nahe genug war, damit die Reaktion es völlig zu verbrennen vermochte.

    Die Explosion war gewaltig. So gewaltig, dass die Druckwelle Nicole beinahe von den Füßen gerissen hätte, als die Flammen, die den Korridor ausfüllten, sie umtosten. Die Sensoren ihres Helmvisiers wurden durch die Reizüberlastung für einen Moment schwarz. Und als sie wieder sehen konnte, was sich im Gang abspielte, war von den Prioren nicht viel mehr übrig, als zwei verkohlte Leichen. Schwer atmend nahm sie ihr Gewehr wieder mit beiden Händen und sah zu den anderen. Ihre Rüstungen waren von der Explosion geschwärzt, doch sie hatten weit genug weg gestanden, um keine ernsthaften Verletzungen davon getragen zu haben. Sie nickte und meinte lediglich: „Zurück zu den Zellen.“ Sie liefen den Weg zurück, über den sie sich gerade zurückgezogen hatten, doch bevor sie die Zellen erreichten, hörten sie erneut lautes Fußgetrappel. Nur dass es dieses mal dutzendfaches war. Sie sah sich in die entsprechende Richtung um und suchte nach Zielen. Die akustischen Analysegeräte in ihrem Helm zeigten ihr an, dass mindestens dreißig Mann auf sie zukamen. Sie rief: „Verteidigungspositionen. Bereit machen!“

    Die beiden Ursi trafen auf ihrem Weg kaum auf Widerstand. Die meisten Krieger, die dieses Schiff normalerweise transportierte, waren auf dem Planeten, wo die Thanater sich um sie kümmern würden, sobald der Suchende in Sicherheit war. Im Stillen beneidete Moro sie die Aufgabe, die der Legat ihnen zugeteilt hatte. Doch letztlich hatte er sich eingestehen müssen, dass er und sein Waffenbruder auf diesem Schiff die größeren Chancen hatten, als jene dürren Menschen des Todesordens. Sie hatten die äußeren Decks am Backbordrumpf bereits durchkämmt, als er auf einmal eine Witterung in die Nase bekommen hatte. Obwohl er es in jenem Moment triumphierend als den Geruch von Staub und Büchern bezeichnet hatte, war es vielmehr jenes sterile und leicht muffige gewesen, das ihm immer in die Nase stieg, wenn er auf Weltenschiffen unterwegs war, die abgeschlossene Biosphären darstellten, deren Luft immer nur wieder aufbereitet und umgewälzt wurde. Es fehlte die Würze einer wilden und ungezähmten Welt, die einmal die Heimat seines Volkes gewesen war. Er und sein Begleiter waren der Spur gefolgt, wie Bluthunde einer aufregenden Fährte und hatten so den Zellentrakt gefunden.

    Sie fanden den Suchenden in einer schlichten Zelle vor, die wirklich kaum mehr, als ein Gefängnis war. Als er sie bemerkte, erhob er sich von seiner Pritsche und schlug sich in einer Geste des Kriegergrußes die rechte Faust auf das Herz. „Krieger! Ich hätte nicht erwartet, dass man nach mir suchen würde.“ „Wir lassen unsere Waffenbrüder nicht im Stich.“ „Das sehe ich. Ich stehe in eurer Schuld.“ Moro lachte. Es war ein tiefer und kehliger Laut. „Dankt mir, sobald ihr hier raus seid.“ Mit diesen Worten holte er mit dem gepanzerten Arm aus und schlug auf die Wand neben dem Kraftfeld ein, das die Zelle versiegelte. Das Metall der Abdeckung erwies sich als nicht stark genug. Der Panzerhandschuh brach durch und zertrümmerte den Feldemitter. Als das Feld ausfiel, trat er in die Zelle und drückte dem Suchenden das als Schmuckstück getarnte Rückrufrelais in die Hand. „Moment“, sagte dieser noch. „Ich sollte euch warnen. Es sind noch andere auf diesem Schiff. Keine Anhänger der Ori, sondern Menschen, die gegen sie kämpfen. Sie wirkten sehr gefährlich.“ „Keine Sorge. Was es auch ist, wir werden damit fertig.“ Mit diesen Worten aktivierte er das Relais und der Suchende verschwand im dimensionalen Transport.

    Sobald er in Sicherheit war, aktivierte er sein Kommunikationsgerät und rief den Legaten. „Legat, hier Moro. Die Rettung war erfolgreich. Der Suchende ist in Sicherheit.“ Die Stimme des Legaten war von ehrlicher Bewunderung erfüllt, als er sagte: „Ich weis, warum ich euer Volk stets gefürchtet habe, als ich noch gegen euch gekämpft habe. In wenigen Minuten sind die Kreuzer am Ziel. Harrt solange aus, dann holen wir euch zurück.“ „Nein. Das hier auf diesem Schiff ist unser Kampf. Nehmt mit dem Rest vorlieb.“ Der Legat lachte. „Gut. Bringt unseren Zorn über unsere Feinde.“ „Das werden wir.“ Er schaltete den Kommunikator wieder ab und sah zu seinem Waffenbruder. Ihre Gesichter waren hinter den Visieren ihrer Helme verborgen, doch sie wussten beide, dass der andere erwartungsfroh grinste. Dann hörten sie eine heftige Explosion, keine Minute später gefolgt von heftigem Waffenfeuer. Die Instinkte eines Jägers und Kriegers, die in ihrem Volk noch so stark waren, verschafften ihnen ein Hochgefühl, während sie losliefen, um ihrer Natur zu folgen und den Kampf zu suchen.

    Nicole und ihre Soldaten hatten den Gegner an einem Durchgang zu den Zellenblöcken aufgehalten. Ein heftiges Feuergefecht war entbrannt und sie hatten bereits elf Gegner ausgeschaltet, als Abrams und Nicole, die sie geschickt hatte, um den Gefangenen zu holen, auf einmal allein wieder zurückkamen. „Was soll das? Wo ist er?“ „Weg. Und wir sollten auch verschwinden“, antwortete Corinna wenig hilfreich. Doch dann erkannte Nicole, was sie gemeint hatte, als die beiden Ursi am anderen Ende des Korridors erschienen. Sie konnte ihre Gesichter nicht sehen, doch etwas an ihrer Haltung sagte ihr, dass sie wussten, wer sie waren, oder zumindest woher sie kamen und ihre Ausrüstung glich unverkennbar der der Nyxkrieger. Sie fluchte und rief den Soldaten zu: „Rückzug aus dem Kreuzfeuer.“ Sie wichen in die Korridore in Richtung des Ringraumes zurück. Eine richtige Entscheidung, denn nur wenige Augenblicke später begann der Ursi, der die schwere Plasmakanone trug, auf alles zu schießen, was sich bewegte. Seine Waffe verfeuerte die Geschosse in einer höllischen Kadenz und durchschlug selbst die Wände spielend. Nicole hoffte nur, dass er nicht auf die Idee kam in Richtung der Hülle zu schießen. Er mähnte mehr als ein Dutzend Ori-Krieger nieder, bevor diese auch nur erkannt hatten, was über sie gekommen war, während sein Mitstreiter eine Art Schwert schwingend vorwärts stürmte. Die acht Stabwaffentreffer, die er erhielt, bis er seine Gegner erreicht hatte – selbst jene, die seine Rüstung unverkennbar durchschlugen – schienen ihn nicht im Geringsten zu beeindrucken. Und als er begann seine Gegner niederzumetzeln, wie ein Berserker auf einem Schlachtfeld des Altertums, befahl Nicole den Rückzug zum Ringraum. Sie selbst lief lediglich von Guv begleitet auf anderen Wegen noch einmal in den Zellenblock, um dort festzustellen, dass der Gefangene längst weg war. Dann lief sie zu den anderen in den Ringraum, um auf die ‚Eos’ überzusetzen.

    Der Legat hatte die Flotte des Gegners mit drei Kreuzern angegriffen, die er direkt vor ihnen aus dem Hyperraum hatte fallen lassen. Hekates Anweisungen folgend hatte er sofort das Feuer eröffnet, fest entschlossen den Feind zu vernichten. Es war ein denkbar kurzes Gefecht gewesen. Während zwei der Kreuzer die feindlichen Basisschiffe unter Feuer genommen hatten, hatte der dritte ihre Geleitschiffe attackiert und vernichtet. Es waren deutlich kleinere und schnellere Schiffe gewesen, die weit primitiver waren, als die Basisschiffe, deren Funktion sich Milio nicht sofort erschloss. Letztlich vermutete er jedoch, dass sie dazu dienen sollten die sehr trägen Geschwaderführer gegen Angriffe durch agile und schnelle Gegner abzuschirmen. Während des darauf folgenden Feuergefechts, in dem die Basisschiffe sich als harte Gegner herausstellten, hatte es auf einem davon jedoch eine plötzliche Explosion gegeben, die die Hauptwaffe zerstört hatte. Danach hatten sie das Feuer geballt auf das letzte konzentrieren können, um es so zu vernichten.

    Als er dann von den beiden Ursi kontaktiert und auf das verbliebene Schiff gerufen wurde, hatte er ein Bild totaler Zerstörung erlebt. Das Basisschiff war von innen kaum mehr als ein Wrack gewesen, nachdem die beiden Kämpfer mit der Besatzung aufgeräumt hatten. Die letzten Überlebenden, drei Priore, hatten sie auf der Brücke zusammen getrieben. Als Milio bei ihnen eintraf, sahen die beiden aus, als hätten sie gegen alle Dämonen der Hölle kämpfen müssen, doch sie lächelten zufrieden und man sah am beständigen Auf- und Abwippen und leichten Zittern ihrer Körper, dass sie bis zur Schmerzgrenze mit Adrenalin vollgepumpt waren. Es schien die Sorte Kampf gewesen zu sein, die ihrem Naturell entsprach, zu dem die unerbittliche Flora und Fauna ihrer Heimatwelt sie in Jahrmillionen geformt hatte. Milio besah sich die drei Gefangenen. Ihrer Stäbe beraubt waren sie nur noch zu kleinen Taschenspielertricks fähig, so dass keine Gefahr von ihnen ausging. Einer trug ein deutlich feineres Gewand, als die anderen und sah Milio an, als stünde der Leibhaftige vor ihm.

    „Ihr habt eure eigene Seele ewigen Qualen preisgegeben“, sagte er nur völlig aufgelöst. „Euer Weg kann euch nur in die Verdammnis führen, nachdem ihr die Ori herausgefordert habt.“ Der Legat schmunzelte, doch es lag keinerlei Wärme darin. „Erspart mir euer Gerede. Denkt daran, ihr seid nur noch am Leben, weil ich euren Tod noch nicht befohlen habe.“ Der Anführer der Priore sah ihn an und stammelte: „Ihr dient falschen Göttern. Sie können euch nicht beschützen. Nur ich kann eure Seele vielleicht noch retten.“ Milio ging einige Schritte näher an ihn heran, beugte sich zu ihm herunter und flüsterte ihm zu: „Ihr irrt. Ich diene gar keinem Gott.“ Dann richtete er sich wieder auf und sagte: „Nehmt den Anführer mit. Wir bringen ihn vor Hekate.“ Er wollte sich wieder abwenden um zu gehen, doch die Ursi fragten: „Und die anderen beiden?“ Leichtfertig meinte er: „Ich habe keine Verwendung für sie.“ Erst in diesem Moment wurde ihm klar, das er diese Worte lieber nicht ausgesprochen hätte. Die beiden Krieger legten ihre Helme ab und zückten ihre Messer. Dann packten sie sich die Priore und schnitten ihnen die noch schlagenden Herzen aus den Leibern, um sie aufzuessen. Die Priore blieben dabei erschreckend lange am Leben, so dass sie alles noch fast eine Minute lang mit ansehen mussten. Milio und die menschlichen Soldaten, die ihn als Leibwache begleitet hatten, wandten sich angewidert ab, während die beiden Ursi die rituelle Verspeisung der Herzen ihrer geschlagenen Feinde durchführten. Unverbrüchliche Treue, wilde Stärke und unbegrenzter Mut machten sie zu wertvollen Verbündeten, doch in diesem Moment zeigte sich für Milio einmal mehr, dass nichts ohne Preis war.

    Später an Bord der ‚Eos’:

    Das sanfte Brummen der Triebwerke, die die Fregatte mit Höchstgeschwindigkeit der Erde entgegen trieben, vermochte Nicole dieses Mal nicht zu beruhigen. Sie lag nun schon seit fast einer Stunde wach, während die anderen um sie herum in den Schlafkapseln in Morpheus Armen ruhten. Auch sie hatte versucht zu schlafen, doch jedes mal, wenn sie die Augen schloss, kam ihr wieder jener Augenblick in den Sinn, in dem die Zielerfassung ihres Gewehrs auf dem jungen Prior geruht hatte. Dabei drängten immer wieder Erinnerungen an jenen Tag 2032 in ihr Bewusstsein, den sie am liebsten vergessen würde. Jenen Tag im nördlichen Uganda, als ihre Einheit versehentlich eine Fahrzeugkolonne voller Flüchtlinge zusammengeschossen hatte, die ihnen von der Aufklärung als feindlicher Vorstoß gemeldet worden war. Jener schreckliche Moment, als sie ein wehrloses Kind im Visier gehabt hatte und ihr klar geworden war, dass es ein Irrtum gewesen war, während um sie herum die Sturmgewehre donnerten.

    Wieder stiegen die Bilder in ihr auf und sie wälzte sich unruhig in ihrer Liege herum. Dann hörte sie, wie jemand aus einer Liege über ihr aufstand und den Raum verließ. Sie stand ebenfalls auf und ging hinterher. Sie fand Guv, der direkt hinter der Tür zur Messe an die Wand gelehnt auf dem Boden saß. Der Engländer schien nicht weniger von Geistern seiner Vergangenheit geplagt zu werden, als sie. Sie setzte sich ihm gegenüber und schwieg für einen Moment. Dann fragte sie: „Wer hat zuerst geschossen?“ Er ließ den Kopf hängen. „Me.“ „You’re sure?“ „Yeap.“ „Was it the first time?“ Er sah sie mit ausdruckslosem Blick an, als wolle er nicht preisgeben, was in ihm vorging. „Was it for you?“ „No. There was another time. Three years ago. We massacred an entire convoi of refugees because of wrong intel.“ Er schlug den Blick wieder nieder. Einige Minuten später meinte er: „I did’nt count the times. I fought in a civil war in Africa on the side of a corrupt regime. It was brutal. There are no good guies in such conflicts, only bad an worse ones. And I can’t say who’s who. The rebells, ’cause they used child soldiers, or we, because we shot them.“ „Was that, why you shot instead of Charmalow? Because it gets easier?“ Er schüttelte den Kopf. „It does’nt. It gets worse. I just wanted to save him of such memories.“ „If you don’t get used to it, I consider it a good sign.“ Er sah sie gequält an. „You realy think so?“ „Yes, I do.“ „Nice you say that. But you hopefully understand me… I would rather like to forget everything.“

    Sie nickte nur stumm, während um sie herum das Schiff leise schnurrte. Keiner von beiden konnte noch etwas dazu sagen. Manchmal war die Welt grausam und verschlang die mit Haut und Haaren, die es am wenigsten verdient hatte. Doch noch grausamer war der Krieg, der nun wieder aufgestanden war, nachdem er so lange zwar nicht geschlafen, doch wenigstens gedöst zu haben schien.
    Die Freiheit des Bürgers heißt Verantwortung.

    (Joachim Gauck)


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  12. Danke sagten:


  13. #31
    Gehasst, Verdammt, Vergöttert Avatar von Colonel Maybourne
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    Die Priore scheinen ja langsam entgültig den Kampf um diese Galaxie zu verliren und sind nur noch Randerscheinungen.
    Allerdings müssten doch auch diese Barbarischen Krieger von den Oristabwaffen zu töten sein, oder nicht?
    Aber was der Legat damit meinte, dass er keinen Gott dient, verstehe ich noch nicht, wo sich Nxy und Hekete doch als Goa´Uld Götter ausgeben.
    Bis dann.
    Das Leben ist ein Schwanz und wir die Eier, die mitgeschleift werden.


    Meine aktuellen Fanfiction:


    TGE Combined Season 1 Fire of War:

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  14. #32
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    Da hast du wohl bei Underworld 2 geklaut oder? Jedenfalls kommen mir diese Gasgranaten sehr bekannt vor. Die Ursi könnten eventuell eine Ähnlichkeit mit den Echsen aus Farscape haben.....

    Auf jedenfall wieder eine gute Fortsetzung. Warte jetzt auf das erste Auftreten Jules...
    WEIR: ... putting your life and other people's lives at risk. You destroyed three quarters of a solar system!
    McKAY: Well, five sixths. It's not an exact science.
    WEIR: Rodney, can you give your ego a rest for one second?

    Ein Jahr später:
    Spoiler 
    CARTER: About a year ago, your brother came across an abandoned alien experiment called Project Arcturus.
    CARTER: It was an attempt to generate zero point energy.
    JEANIE: That would be virtually limitless power. What happened?
    McKAY: A slight problem. It was the creation of exotic particles in the containment field.
    CARTER: He destroyed a solar system.
    JEANIE: Meredith! (She smacks his arm.)
    McKAY: It was uninhabited!

  15. #33
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    Zum gegebenen Feedback:

    Zunächst Mal danke an alle Geber schriftlichen Feedbacks und an Castrol für die Danksagung. Ich denke ich habe schon zu genüge betont, dass eine positive Bewertung Balsam auf der Seele ist. Schließlich ist alles Eitel und gerade ich mache da keine Ausnahme

    Und jetzt zu den schriftlichen Antworten.

    @Santanico Pandemonium: Der Plagiatsvorwurf tut weh, aber vielleicht nicht so, wie du meinst. Wenn ich bei einer Vampirgeschichte klaue, suche ich mir dafür einen anderen Rahmen . Deshalb einige Worte zur Aufklärung.

    Die Granaten weisen tatsächlich einige Ähnlichkeiten zu denen aus Underworld aus, aber das hat einen ganz anderen Hintergrund. Die Grundfrage war die, wie man einen Prior los wird. Eine Frage, die weite Kreise zieht, was insbesondere dann wünschenswert ist, wenn es die auf der Oberfläche eines Gewässers sind, in dem man ihn gerade versenkt hat. Ist aber keine geeignete Akkumulation flüssigen Mediums vorhanden, muss man sich notgedrungen mit anderen Mitteln behelfen. Bekanntermaßen sind Kugeln gegen Priore eine eher grenzwertige Strategie, weshalb ich mir überlegt hatte meine Protagonisten Gas einsetzen zu lassen. Das brachte aber unweigerlich das Problem mit sich, dass Priore von Atmosphären, in denen normale Menschen Schutzanzüge tragen müssen, nicht einmal Ausschlag bekommen (Immer unter der Prämisse, dass ihre absurde Blässe nicht sowieso schon ein Hautpilz ist) und dass auch Atemschwierigkeiten bei ihnen ausbleiben.

    Daraus folgte, dass das Gas wohl nur effektiv ist, wenn man sie damit überrascht, was aber wohl für jede erdenkliche Strategie gilt. Deshalb überlegte ich mir, dass man das Gas auch auf eine zweite Art einsetzen können musste. Dadurch kam ich zu explosiven Gasen. Bei diesem Modell hätten die Soldaten den Prioren eine Granate vor die Füße geworfen, die explosives Gas verströmt hätte, woraufhin ein zweiter Soldat mit einer Handflammpatrone nachgeholfen hätte. Problem dabei: Die Soldaten sind Gegenangriffen ausgesetzt. Lösung: Der Zünder kommt in die Granate. Da ich die Granaten in meiner Geschichte sowieso schon mit einigen technischen Schikanen ausgestattet und funktionsbedingt für diskussförmig anstelle von eier- oder stabförmig erklärt hatte, war plötzlich eine Ähnlichkeit mit denen aus Underworld gegeben, was mich dazu veranlasste den Zünder zum Lichtbogen zu erklären, weil das einfach den höchsten Schauwert hat. Es besteht also eine gewisse Ähnlichkeit, aber man könnte allerhöchstens von einer Inspiration bei der Beschreibung des Optischen sprechen, nicht von einem Kopieren des Funktionsprinzips

    Zu den Ursi: Nein, es sind keine Scaraner (So hießen die Echsenviecher bei Farscape nämlich), sondern Eigenkreationen. Als Inspiration dienten die Obin aus John Scalzis Romanen, aber von dort habe ich lediglich die Idee eine Rasse von auf natürliche Weise außerordentlich starken Kriegern zu kreieren. Danach habe ich nachgedacht, wie sie aussehen könnten. Ich entschied mich für einen aufrecht gehenden Zweibeiner, weil alles andere etwas schwer vorzustellen ist. Dann kombinierte ich es mit Merkmalen aus dem Körperbau eines Bären (wichtiges Detail: Ursi ist Mehrzahl von Urs, lat. für Bär). Ich machte sie also außergewöhnlich muskulös, kurze Gliedmaßen, mächtige Muskeln in Schultern und Nacken und eine Raubtierschnauze. Das würzte ich noch mit einigen besonderen Fähigkeiten, wie 1. mehrfach redundanten Organen, die sie sehr widerstandsfähig gegen Beschuss machen, 2. die Fähigkeit, wie einige Katzenarten die Durchblutung ihrer Organe bewusst zu kontrollieren und damit Verbluten an schweren Wunden zu verhindern und 3. einer verstärkten Schädeldecke, die ich schlichtweg durch knochige Auswüchse auf dem Schädel illustrierte. Wenn du einen Vergleich willst, bietet sich vielleicht der knochigen Panzer höherer Ankylosaurier an. Tja, diese Jungs haben riesige Körperkraft und sind ziemlich intelligent, was ihnen aber fehlt, sind psychische Kräfte, wie Scaraner sie haben.

    Ansonsten besten Dank für die gnädige Bewertung. Ich werde mir Mühe geben das Niveau zu halten.

    @Colonel Maybourne: Im Grunde genommen wurde das meiste gesagt. Wie du richtig bemerkt hast, sind die Priore in der Milchstraße ziemlich am Ende. Es gibt nur noch einige wenige kleine... ja, man könnte es wohl Gottesstaaten nennen, die aber in der großen Politik nicht weiter ins Gewicht fallen. Die Details zu den Ursi sind ja bereits den obigen Antworten zu entnehmen. Sie sind nicht unsterblich, sondern einfach nur verdammt zäh. Wenn man sie töten will, empfiehlt sich eine Waffe, die eine wirklich schwere Wunde zufügt. Zum Beispiel etwas, wie ein abgetrenntes Körperglied (idealerweise der Kopf) und nicht bloß eine Verbrennung. Und was das Verhältnis Nyx und Hekate zu ihren Anhängern angeht, will ich mich vorerst ausschweigen
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  16. #34
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    Hier das neue Kapitel. Eigentlich hätte ich damit auch schon gestern fertig werden können, aber finstere Kräfte mit Namen Bologna-Prozess hatten sich gegen dieses Ziel verschworen und drängten mir dringendere Punkte auf die Agenda. Entsprechend heute das neue. Ich habe eine kleine Charakterfolge daraus gemacht, die vor allem Jules etwas näher beleuchtet und auch einiges über die Welt verrät, die ich für diese Geschichte erdacht habe.

    Die offensichtlichen Sachen sind vielleicht etwas dick aufgetragen, aber ich habe auch einige feinsinnigere Ideen eingebaut, von denen ich hoffe, dass sie nicht unbemerkt bleiben. Und um eine Kleinigkeit vorweg zu nehmen: Ja, der Name Firefly ist von der gleichnamigen Serie geklaut . Aber das ist auch die einzige intendierte Ähnlichkeit. Und allen Leuten, die sich vielleicht wundern, warum ich im Moment eifrig Nebenhandlungslinien aufmache: Das hier wird die letzte und ich gedenke sie bis zum Ende dieser Staffel zusammenzuführen.

    Gesamtlänge 12,5 Seiten, viel Spaß beim Lesen


    Episode 8: Das Kapital

    Eher beiläufig holte Nicole mit der Angel aus und schwang sie in das Wasser vor sich. Haken und Schwimmer fielen einige Meter vom Ufer entfernt in die klaren Fluten der Wolga. Sie stellte die Angel zurück auf die Astgabel, die sie vor ihrem Stuhl in den Boden gerammt hatte, und verkeilte den Griff in der Erde. Dabei sah sie zu Ernst hinüber, der gerade einen neuen Köder an seiner Angel befestigt hatte und diese mit äußerster Konzentration schwang. Sie verfluchte mittlerweile den Tag, an dem er Jack O’Neill, der ihn zum Angeln gebracht hatte, kennen gelernt hatte. Ihrer Auffassung nach war Angeln nur etwas für Leute, die Gefahr liefen sich zu Tode zu langweilen, doch er hatte den Fischfang mittlerweile zu einer wahren Kunstform erhoben. So war es nicht verwunderlich, dass neben seinem Stuhl mittlerweile nicht weniger als vier gefangene Königslachse lagen, während die Fische um ihre Angel einen weiten Bogen zu machen schienen.

    Er bemerkte ihren Blick und grinste. „Woran denkst du gerade?“ „Daran, dass ich vielleicht mit Abrams und Asena nach Saratow hätte fahren sollen.“ Er sah sie mit einem amüsierten Schmunzeln an und meinte: „Was hätte Saratow schon zu bieten? Hier haben wir die russischen Wälder, den wundervollen Fluss, jede Menge Fische, unberührte Natur…“ „Eine Waldhütte mit Biwakflair, hundert Kilometer zum nächsten Außenposten der Zivilisation und Wölfe, die den Mond anheulen.“ Er beugte sich etwas zu ihr hinunter – sie hatte sich wieder auf ihren Stuhl gesetzt – und raunte ihr zu: „Nachts ein knisterndes Feuer im Kamin und erlesene Gesellschaft.“ Nun konnte auch sie sich ein Lächeln nicht verkneifen. Sie legte ihm eine Hand auf den Hinterkopf, krallte sich in seine Haare und zog ihn bestimmt zu sich herunter, um ihn zu küssen. Als sie sich wieder voneinander gelöst hatten, flüsterte sie ihm zu: „Aber dann sollten wir vielleicht bei Zeiten den armen Fischen ihre Ruhe lassen und statt dessen die Schönheit der unberührten Wälder erkunden.“ Mit schlecht geschauspielerter Verletztheit erwiderte er: „Warum denn das? Willst du etwa behaupten, dass du diesen königlichen Sport nicht zu schätzen weist?“ „Wie käme ich denn dazu? Nein, nur wenn du so weiter machst, ist nicht die Industrie in Wolgograd dafür verantwortlich, wenn die Viecher in diesem Fluss das nächste Mal vom aussterben bedroht sind, sondern du.“

    Wie um ihre Worte zu unterstreichen, bockte seine Angel ein weiteres Mal in seiner Hand auf. Mit einem begeisterten Funkeln in den Augen begann er daran zu ziehen und den Fisch aus dem Wasser herauszukämpfen. Es dauerte ungefähr zehn Minuten, bis der Fisch an der Angel aufgab. Es war ein fast anderthalb Meter langer Lachs, unter dessen Gewicht die Angel beinahe abgebrochen wäre. Nachdem er seinen Fang mit dem Kolben der Pistole, die er zum Schutz vor den größeren Raubtieren dieses Waldes trug, erschlagen hatte, packte er schließlich die Angel ein und sagte: „Also, wo willst du hin?“ „Es gibt im Westen einige Kalksteinhöhlen. Wenn wir zügig losgehen, können wir bis zum frühen Nachmittag da sein.“ Er nickte und spießte seine Fische, die zusammen ohne weiteres einhundert Kilo wogen, auf einer Trageschnur auf, die er sich über die Schultern warf. Dann deutete er mit einer Geste den Weg zur Hütte an.

    Nicole nahm sich die beiden zusammengefalteten Stühle und das Gewehr, dass sie mitgenommen hatte. Während sie zur Hütte zurückgingen, behielt sie den Wald um sich herum aufmerksam im Auge. Vor einigen Jahren hatten Wissenschaftler der Universität von Wolgograd in einem Gehege in dieser Gegend Experimente mit dem Klonen ausgestorbener Tiere gemacht und untersucht, ob sie wieder natürliches Verhalten annehmen und eine Population aufbauen konnten. Warum sie dafür unbedingt Kurznasenbären, die größte Bärenart, die jemals gelebt hatte, hatten nehmen müssen, anstelle von beispielsweise kleinen und süßen Kaninchen, war ihr nicht weniger Rätselhaft, wie die Frage, warum einige Gruppe militanter Umweltschützer diese Tiere unbedingt hatten freilassen müssen. So oder so, die Ebenen und Wälder der kaspischen Senke wurden nun seit fast zehn Jahren von Bären mit fast zwei Metern Schulterhöhe (auf allen vieren!!) bevölkert, die sich hier sehr wohl fühlten und prächtig vermehrten. Somit war das Experiment für die Wissenschaftler ohne Zweifel ein Erfolg gewesen, doch die hiesigen Jäger waren nicht in der Lage die Ausbreitung der Tiere einzudämmen. Das machte Urlaub in dieser Gegend etwas spannender, als es Nicole lieb gewesen wäre.

    Aber eigentlich war es kein wirklicher Urlaub, woran Nicole erinnert wurde, als Ernst fragte: „Was meinst du, wie viel Zeit bleibt uns hier noch?“ Sie zuckte mit den Schultern. „So lange, wie Harry braucht, um diesen Untersuchungsausschuss wieder loszuwerden.“ Ernst schmunzelte. Obwohl das neue STK noch kaum sechs Monate alt war, hatte sich bereits eine Fraktion politischer Gegner formiert, die ganz und gar nicht glücklich mit den Veränderungen waren, die die Neuausrichtung der europäischen Strategie im All mit sich gebracht hatte. Vor allem beklagten sie die Tatsache, dass immer stärkere Kräfte im Programm gebunden wurden. So hatte Siska im letzten Monat nicht weniger als fünf Mal die Fregatten und Kreuzer rausjagen müssen, um Einheiten des STK und der Kolonialtruppen Rückendeckung zu geben. Doch jedes Schiff, das sie abstellte, um einem ST-Team die Haut zu retten, fehlte an anderer Stelle. Und das hatte sich bemerkbar gemacht, als Korsaren im Sagittarius-Arm vor einer Woche ein Frachterkonvoi ausgeblutet hatten. Zwei von sonst sechs Geleitschiffen waren abgezogen worden und letztlich hatten von fast dreißig Handelsschiffen nur knapp die Hälfte ihr Ziel erreicht.

    Das war der Anlass gewesen, den die Gegner des STK brauchten, um sich die ein Rudel Wölfe auf Maybourne zu stürzen. In weiser Vorrausicht hatte dieser schließlich Nicole, Ernst und Elias Falkner samt ihrer Teams in ein verlängertes Wochenende geschickt, um zu verhindern, dass einer von ihnen mit den Politikern aneinander geriet. Die ganze Situation erinnerte Nicole auf eine absurd-komische Art an die Zeit beim ersten STK, als die Medien eine Hetzjagd auf ST1 und vor allem Julia Thora veranstaltet hatten. Auch wenn es für niemandem beim STK eine schöne Zeit gewesen war, ließen manche Erinnerungen sie leicht verträumt lächeln. Ihre Unaufmerksamkeit ließ sie beinahe über eine knorrige Baumwurzel stolpern. Ernst schaffte es gerade rechtzeitig sie an der Schulter zu halten, so dass sie nicht stürzte. „He, Augen auf. Sonst trittst du noch auf einen Bären.“ „’tschuldigung. Ich wird besser aufpassen.“ „Woran hast du gedacht?“ „Daran, wie Jules damals diesen Reporter der Bild verprügelt hat, als er gerade mal wieder auf Fotojagd war. Erinnerst du dich noch? Dieser Kerl, der in seinen Artikeln immer irgendwelche Horrorgeschichten über sie erfunden hat.“ Nun musste auch Ernst lachen. „Oh ja. Dieser Kerl, von dem sie ein Bild auf dem Schießstand aufgehängt hatte. So was sollten wir vielleicht auch machen.“ Für einen Moment schwelgten sie in Erinnerungen und lachten darüber, doch dann verfiel Nicole in Schweigen. Den Rest des Weges zur Hütte blieb sie stumm und dachte an Jules letzten Kampf. Immer wieder kamen ihr dabei die Sekunden in den Sinn, in denen sie von den Kugeln getroffen worden war und sie dachte sich still: Ich bin schuld an ihrem Tod.

    Zur gleichen Zeit in Deutschland:

    Gute dreitausend Kilometer westlich von den Ufern der Wolga ahnte die Todgeglaubte nichts von den Sorgen ihrer Freundin. Jules schwang das Springseil, das sie in den Händen hielt, noch ein paar Mal, dann legte sie es beiseite und tastete nach ihrem Handtuch. Es war gute drei Wochen her, dass sie wieder ins Leben zurückgetreten war und sie hatte in dieser Zeit vor allem daran gearbeitet ihren Körper wieder unter Kontrolle zu bekommen. Obwohl ein Mensch in der Kryostase theoretisch perfekt konserviert war, waren einige Gewebeschäden durch die enorm lange Dauer des Einfrierens nicht zu verhindern gewesen. Zudem hatte auch das Goa’uld Heilgerät nicht alle Schäden beseitigen können, die die Sturmgewehrgeschosse an ihrem Körper hinterlassen hatten. Doch das Training war für sie mehr, als nur der Versuch ihre körperliche Fitness zurück zu erlangen. Die Stunden im Trainingsraum waren auch eine Flucht vor den Veränderungen, mit denen sie plötzlich konfrontiert worden war.

    Die Welt hatte während ihres langen Schlafes nicht aufgehört sich zu drehen, was sie nun in fast jeder Sekunde spürte. Ihre Hände fanden das Handtuch und sie wischte sich damit den Schweiß vom Gesicht, um es danach weiter runter wandern zu lassen und sich auch Nacken und Arme abzureiben. Dabei fiel ihr Blick mehr zufällig als gewollt auf den Monitor, der neben der Tür zum Korridor angebracht war. Sie starrte ihn geradezu hasserfüllt an, auch wenn sie ihn nicht besonders gut erkennen konnte. Ihre Augen erholten sich nur relativ langsam und sie konnte auf mehr als vier oder fünf Meter nur sehr unscharf sehen. Trotzdem fixierte sie den Bildschirm, als wolle sie ihn mit ihren Blicken aus der Wand herausschlagen. Es war eine Schnittstelle mit der virtuellen Intelligenz, die das Energiemanagement im Haus regulierte, die meisten elektronischen Geräte steuerte und die meisten privaten und geschäftlichen Daten seiner Bewohner verwaltete. Es war ein Symbol dafür, wie die Welt sich verändert hatte.

    In den ersten Tagen nach dem Auftauen hatte sie zuerst die Veränderungen im Haus erkundet, hatte die neue Technologie entdeckt, kulinarische Köstlichkeiten probieren können, die Gideon von den Kolonien hatte einfliegen lassen und den Gedanken genossen noch, oder sollte sie vielleicht sagen wieder, am Leben zu sein. Doch irgendwann hatte sie angefangen Fragen danach zu stellen, wie es im Rest der Welt aussah. Und das war der Augenblick gewesen, in dem der Kulturschock begonnen hatte. Europa hatte sich verändert und was sie bisher davon mitbekommen hatte, gefiel ihr gar nicht. Die Ordnung, für die sie gekämpft hatte, war endgültig nichts anderes mehr, als eine Träumerei einiger ewig gestriger Schwachköpfe und die Menschen hatten sich in ihre schöne neue Welt ergeben. Sie hatte sich einige Fernsehsendungen angesehen und die Zeitungen – die auch nicht mehr auf Papier gedruckt, sondern auf einem seltsamen Material gespeichert waren, das an einen hauchdünnen und zerknüllbaren Flachbildschirm erinnerte – gelesen und war zum Schluss gekommen, dass diese Welt nicht mehr ihre war. Selbst nach allgemeiner Aussage freie Medien schienen zwischen Meldungen über die jüngsten Fälle von Korruption, Kriegsmeldungen und dem Sportteil, Werkzeuge von etwas zu sein, dass sie nur als unterschwellige Propaganda betrachtete.

    Sei es beispielsweise, dass sie einseitig antieuropäische Berichterstattungen, die es in der Vergangenheit auch in einigen Massenmedien gegeben hatte, nur noch in einigen Randgruppenmedien aus dem rechten politischen Spektrum fand. Oder die Tatsache – was sie als das absurdeste überhaupt betrachtete – dass selbst Zeitungen wie die Bild oder die Hamburger Morgenpost auf einmal Lokalteile hatten, in denen Berichte über örtliche Poetry-Slams, samt ganzseitiger Abdrucke verschiedener Beiträge, zu finden waren, auf denen die Künstler die alten Meister neu interpretierten. Ihr war, als wäre sie in der normalen Welt eingeschlafen, um sich plötzlich in einem kranken Drogentraum von George Orwell wieder zu finden, in dem die Menschen auf eine neue europäische Philosophie geeicht werden sollten, um sie mental von der Popkultur Nordamerikas zu separieren. Aber selbst wenn die Medien sich freiwillig daran beteiligten, was sie nicht zu glauben bereit war, nahmen sie den Menschen damit doch ihren freien Willen. Wo war die politisch desinteressierte Medienlandschaft gewesen, die den Bürgern das Recht gelassen hatte sich in Konsumlethargie zu versetzen oder sich fröhlich die Birne mit Rapmusik und schlechten Science-Fiction-Sendungen über lächerlich attraktive Menschen in absurden Situationen weichzukochen? Wo war die Möglichkeit dem europäischen Denken zu entkommen, mit dem die Mächtigen in Brüssel die Amerikazentriertheit und Konsumgeilheit der letzten Jahrzehnte auszumerzen versuchten?

    So war die Technologie als sichtbarstes Zeichen der Veränderungen für sie zur Projektionsfläche ihrer Abneigung geworden. Doch noch ganz andere Dinge erschreckten sie in dieser Zeit. Wenn immer sie abends in Gideons Armen liegend die Augen schloss, kamen ihr Erinnerungen an einen Nachmittag vor zwei Wochen in den Sinn, als Gideon ihr erzählt hatte, dass für sie noch eine Möglichkeit bestand Jahrzehnte zusammen zu verleben. Er hatte ihr von der antiagatischen Medizin erzählt und dass auch er noch mit einen hinreichend starken Mittel sein Leben um zwanzig oder mehr Jahre verlängern konnte. Der Arzt, der dabei gewesen war, hatte zwar davor gewarnt, aber weil sie den Gedanken liebte noch so lange mit ihm zusammen leben zu können, hatte sie ihn zu der Sache ermutigt. Noch am selben Abend hatten die Ärzte ihn auf einer Liege festgeschnallt, ihm eine Sperre zwischen die Zähne geschoben, um zu verhindern, dass er sich die Zunge abbiss, und ihm ein Mittel injiziert, dass ihn in fast eine halbe Stunde lang in Krämpfen durchgeschüttelt hatte, die den Anschein eines nicht enden wollenden epileptischen Anfalls gehabt hatten. Um bei jemandem in seinem Alter überhaupt noch einen Effekt zu erzielen, so hatten sie ihr erklärt, mussten sie ihm bei den ersten Behandlungen das stärkste Mittel auf dem Markt in absurd hoher Dosis spritzen. Es war ein Anblick gewesen, der Ängste in ihr geschürt hatte, von denen sie nach allem, was sie im Krieg erlebt hatte, nicht einmal gewusst hatte, dass sie sie besaß.

    Beim Gedanken daran beschloss sie nach ihm zu sehen. Sie legte das Handtuch beiseite und ging auf die Tür zu. Dabei blieb sie für einen Moment vor dem Bildschirm der VI stehen und starrte ihn an. Das Gerät registrierte ihre Anwesenheit und eine Stimme, die jeder Vorstellung des Klanges eines beflissenen britischen Hausdieners zu entsprechen schien, sagte: „Seien sie gegrüßt, Frau von Sachleben. Was kann ich für sie tun?“ Sie kniff wütend die Augen zusammen und antwortete: „Leck mich, Blechkiste.“ „Ich bitte um Verzeihung, diese Eingabe liegt außerhalb der einprogrammierten Parameter. Bitte formulieren sie ihre Anweisung neu.“ „Du bist auch nicht halb so schlau, wie du tust, was?“ Mit diesen Worten verließ sie den Trainingsraum und trat auf den Flur hinaus. Es war noch derselbe Flur im alten Stadtpalais der Familie von Sachleben, den sie von Früher kannte. Dieselben alten Perserteppiche, dieselben Kunstwerke an den Wänden, derselbe Ausdruck altdeutschen Adels. Wenigstens einige Dinge schienen sich nicht zu ändern. Sie ging den Korridor hinunter in den großen Salon, von dem aus Gideons Arbeitsräume abgingen. Dabei begegnete sie einer alten Hausdienerin, die schon für Gideon gearbeitet hatte, als sie einander kennen gelernt hatten. Die Frau war ein wenig etwas wie eine leicht wunderliche alte Tante für sie geworden und sie war ihr dankbar dafür, wie sie sich um ihre Kinder gekümmert hatte, während sie von der Bildfläche verschwunden gewesen war. Sie grüßte sie freundlich und ging weiter in das Vorzimmer von Gideons Büro. Von dort aus konnte sie ihn schon leicht erzürnt mit jemandem telefonieren hören.

    „…issen sie eigentlich, was ein Produktionsausfall in dieser Größenordnung bedeutet?... Nein? Na dann nehmen sie sich gefälligst den Vertrag und lesen sie sich die Passage über Konventionalstrafen durch. Und dann schmeißen sie diesen Aufrührer raus und sagen den anderen, dass Hwang in weniger als einem Tag die Belegschaft komplett austauschen kann. Und wenn sie heute zur Spätschicht nicht wieder am Arbeiten sind, frieren sie die Löhne ein. Habe ich mich klar ausgedrückt?“ Mit wem immer er auch sprach, sein Gegenüber schien den verbalen Kniefall vor ihm zu proben, denn er sagte nach einigen Augenblicken nur: „Halten sie die Klappe und lassen sie sich endlich mal ein Rückrad wachsen. Rufen sie im Hauptbüro an, sobald die Arbeit wieder aufgenommen wurde. Ich erwarte bis heute Abend Vollzug.“ Sie konnte durch einen Türspalt sehen, wie er sich bei diesen Worten das hinters Ohr geklemmte Telefon vom Kopf riss und es wütend auf den Schreibtisch warf. Dabei murmelte er leise etwas vor sich hin. Dann bemerkte er sie. „Julia. Komm doch rein.“ Sie betrat den Raum, während er um den Schreibtisch herum kam, um sie in den Arm zu nehmen. „Wie geht’s dir?“

    Sie nickte und meinte: „Das übliche. Ich glaube ich bin bald wieder ganz die Alte.“ Er lächelte sie freundlich an und deutete auf einen der alten Ohrensessel, die dem Schreibtisch gegenüber standen. Als sie Anstalten machte sich zu setzen, kehrte er selbst hinter seinen Schreibtisch zurück und tippte ein wenig auf seinem Computerbildschirm, einem berührungsempfindlichen Gerät von nur knapp zwei Millimetern stärke, dass anstelle einer ledernen Unterlage auf dem Schreibtisch lag. „Ich hab im Moment leider nur wenig Zeit. Heute haben sich mal wieder alle Mächte des Schicksals gegen mich verschworen. Wenn ich Pech habe, verliere ich einen Großauftrag.“ Sie nickte und beobachtete ihn einen Moment lang bei seiner Arbeit. Dann fragte sie: „Ging es in deinem Telefonat darum?“ Er nickte zunächst, wobei sein Blick immer noch starr auf den Bildschirm gerichtet war. Dann verstand er jedoch den tieferen Sinn der Frage und antwortete: „Ja, so ist es.“ „Und was genau ist das Problem?“ Er seufzte und lehnte sich in seinem Sessel zurück. „Das Problem sind immer die Kosten, die einem allen Gewinn aufzufressen drohen.“

    „Und was meinst du hier damit?“ Er druckste für einen Moment herum und schien eine Möglichkeit zu suchen dem Thema auszuweichen, doch dann sagte er: „Die Sache ist mir nicht wirklich angenehm. Als 2020 die Kolonisation begann, habe ich die Zeichen der Zeit erkannt und die Firma von der Komponentenfertigung auf den Bau ganzer Schiffe umgestellt. Wir stellten immer noch Einzelteile für die Raumflotten her, aber das große Geld habe ich woanders gewittert. Also haben wir Raumschiffe für zivile Nutzung gebaut. Anfangs waren das kaum mehr, als einfache Frachtkisten mit Antrieben dran und einige Nahdistanzschiffe, die mit Zusatzaggregaten auch zu den Kolonien fliegen können. Unseren größten Erfolg hatten wir mit der Firefly-Klasse. Wir selbst haben 800 davon gebaut und unsere Vertragspartner in Kommission noch mal weitere 8000. Es sind immer noch 5000 da draußen unterwegs. Sie war das Symbol der selbstbestimmten Kolonialisierung, ohne die großen Kolonialkreuzer der Regierung. Aber genau dort fingen die Probleme an. Die Firefly war mit knapp 60 Metern das Größte, was wir bauen konnten. Und dabei konnten wir nur so effizient arbeiten, weil wir die Schiffe in größeren Serien und modularer Bauweise gefertigt haben. Die wirklich großen Schiffe, wie die ‚Avis’-Klasse, die 20000 Passagiere und Ausrüstung für die Kolonisation befördern können, haben anfangs nur die staatlichen Werften in Sibirien und Brandenburg geliefert. Als dann auch Aufträge von verschiedenen Konzernen kamen, haben wir uns auch im Bau solcher Schiffe versucht. Wir sollten ein 300m-Schiff für ein großes Bergbauunternehmen bauen, aber unsere Leute hatten keine Erfahrung mit so etwas. Deshalb war ich auf die Idee gekommen mir bei einer Werft für Seeschiffe Arbeiter auszuleihen. Die Jungs haben die Rumpfkonstruktion in wenigen Wochen und mit einer Genauigkeit, an der unsere Komponentenhersteller und Flugzeugbauer Hoffnungslos gescheitert wären, zusammengebaut, so dass wir nur noch die Innenausrüstung übernehmen mussten.“

    Er lachte bitter. „Aber damit hatte ich deren Chefs auf den Trichter gebracht, dass wer Seeschiffe bauen kann auch Raumschiffe hinbekommt. Binnen eines Jahres haben die meisten großen Seeschiffbauer Raumwerften aufgemacht und den Markt komplett überfahren. Die hatten die Dockanlagen, Jahrhunderte lange Erfahrung mit so großen Konstruktionen und ganz andere Möglichkeiten individuell auf Kundenwünsche zu reagieren. Nach zwei Jahren waren wir zu einer einfachen Fußnote im Segment der Kleinraumer geworden. Deshalb war der erste Weg der ins All. Ich hab damals auf Ganymedes investiert.“ Der Name ließ etwas bei ihr klingeln. Dann fiel ihr ein, was sie in einem der Bücher zur Zeitgeschichte gelesen hatte, die sie in den letzten Tagen gewälzt hatte. „Du hast was?“ Er hob abwehrend die Hände. „Ja. Ich gebe es ja zu. Ich habe meine Schiffe auf dem Sklavenmond bauen lassen. Nur so konnte die Firma überhaupt überleben. Ich hab damals Leute in Zwangsarbeit für mich schuften lassen, aber sie haben ihr Gehalt, Kost und Logis bekommen. Es war nicht weniger verwerflich, als zur Jahrtausendwende ein billig gefertigtes T-Shirt aus China zu kaufen. Und als die anderen Firmen mit den Experimenten und der Sklaverei angefangen haben, wollte ich auch nicht so weit gehen, sondern hab die Produktion auf die Erde zurückgeholt. War auch eine kluge Entscheidung, denn zwei Jahre später tobten die Konzernkriege. Wir waren dem Inferno auf Ganymed entgangen, aber dafür kämpften wir jetzt wieder ums Überleben. Ich hab zwar ein Dock auf den niederländischen Wehren bekommen, aber die Produktionskosten da sind ohne die entsprechende Logistik dahinter jenseits von gut und Böse. Also habe ich die Hauptproduktion nach Japan verlegt.“

    Sie runzelte die Stirn. „Und dort ist es billiger?“ Er senkte den Blick. „Es kommt einer Neuauflage von Ganymed gleich. Die Arbeiter werden aus den Hafenghettos von Tokio angeworben. Das ganze ist bestenfalls semifreiwillig, denn wenn ich nicht genug Leute bekommen, ziehen die Koreaner durch die Viertel und schnappen sich jeden, der so aussieht, als könne er arbeiten. Die Leute arbeiten da für zwei Mahlzeiten für ihre Familien am Tag und wenn man Glück hat, erwischt man alte Werftarbeiter, die man als Vorarbeiter einsetzen kann.“ Julia sah für einen Moment lang aus, als würde sie ihn am liebsten anspucken. Obwohl sie ihn noch nie so angesehen hatte, verstand er dabei sehr wohl, was ihr Gesichtsausdruck bedeutete. „Wir haben gegen die Sklaverei gekämpft, Julius. Wir haben gekämpft, um die Völker von der Sklaverei der Goa’uld zu befreien. Und ihr führt sie hier vor der Haustür der Erde wieder ein.“

    „Denkst du ich wüsste nicht, was ich durch meine Investition auf Ganymed angerichtet habe? Die Konditionen, die mir da versprochen wurden, waren hervorragend und… Ach, es gibt keine Entschuldigung. Aber ich versuche in Tokio Buße zu tun. Die Koreaner schießen dort alle paar Wochen die Ghettos zusammen. Jedes mal mit ein paar hundert Toten, damit niemand versucht zu rebellieren. Aber wenn ich die Leute auf meine Werften hole, sind sie sicher. Die Koreaner wollten schon zwei Mal die Arbeiterschaft nach Widerstandskämpfern durchsuchen, aber ich habe ihnen das Betreten des Werftgeländes verboten. Sie wollen mich nicht verärgern, also ist es ein sicherer Hafen für die Japaner. Sie müssen nicht mehr um ihre Familien fürchten, bekommen zu Essen und eine Unterkunft und etwas Geld, dass sie sparen können. Das ist mehr, als in jedem von den Koreanern kontrollierten Betrieb. Alles, was ich dafür erwarte, ist dass sie vernünftig arbeiten und den Laden am Laufen halten. Schließlich kann ich mir kein Samaritertum leisten und hatte sehr hohe Kosten.“ „Was für Kosten?“ Wieder schwieg er für einen Moment. Dann sagte er: „Es ging um dich. Ich habe neun Expeditionen ins All finanziert, die ein Mittel finden sollten dich zu retten. Jede hat mich an den Rand des Ruins getrieben. Ich weis, es ist keine Entschuldigung, aber…“

    Bevor er dazu kam weiter zu sprechen, war sie aufgestanden und um den Schreibtisch herum gekommen. Dann erstickte sie seine Worte, indem sie ihn in den Arm nahm und ihm einen Kuss gab. „Genug davon. Das du das alles nur für mich getan hast… Ich liebe dich. Aber du brauchst jetzt keine Expeditionen mehr, also ist mehr für die Japaner drin, oder?“ Er drückte seinen Kopf glücklich gegen sie und meinte: „Ja. Das sollte es sein…“ Er dachte einen Moment nach, dann befreite er sich aus ihrer Umarmung. „Ich muss ein Telefonat führen. Komm doch bitte später wieder.“ Mit einem Nicken meinte sie: „Ok. Aber ich will hier irgendwann rauskommen. Mir fällt langsam die Decke auf den Kopf.“ „Dann habe ich heute Abend vielleicht was für dich. Schau doch mal, ob noch was Gutes zum Anziehen da ist. Wenn nicht, lass den Schneider kommen.“ Nachdem sie den Raum verlassen hatte – seine Ankündigung hatte ihr dabei ein breites Lächeln aufs Gesicht gezaubert – rief er erneut in Tokio an. Nur dieses Mal war die gewählte Nummer nicht die seines örtlichen Vertreters, sondern die des örtlichen Kommandanten der Volksarmee.

    Er musste einen Augenblick warten, bevor er durchgestellt wurde. Dann hörte er die amüsiert klingende Stimme von General Hwang Yong-Kun. „Gideon“, sprach dieser ihn sofort kumpelhaft an, „wie ich hörte haben sie mal wieder Probleme mit ihren Arbeitern. Wollen sie, dass ich ihnen helfe auf der Werft für Ordnung zu sorgen?“ „Keineswegs. Ich will, dass sie mir neue Arbeiter besorgen.“ Es dauerte einen Augenblick, bis der Koreaner antwortete. Sein Englisch klang unsauber und gebrochen, wie als habe er gerade Probleme sich zu konzentrieren. „Wie bitte?“ „Sie haben mich schon richtig verstanden. Schicken sie ihre Leute in die Ghettos und beschaffen sie mir neue Leute. Das übliche: 32000 Arbeiter und dieses Mal vernünftig qualifizierte Leute. Wenn ich die wieder Wochen lang ausbilden muss, kostet mich das Millionen.“ „Ihre Leute sind gut. Mit die besten in allen Fabriken von Tokio. Warum wollen sie andere? Was wollen sie überhaupt mit ihnen machen? Die sind mittlerweile so verwöhnt, dass wir sie erst einen Monat lang drillen müssen, bis sie der Volkswirtschaft dienen können.“ „Für die jetzigen biete ich ihnen 600 Euro pro Kopf.“

    Es folgte ein Moment der Stille, in der Gideon nur hörte, wie der General nach irgendetwas griff. Dann kam das typische Klicken seines Feuerzeuges, einige Minuten später gefolgt von einem geräuschvollen ausatmen. Gideon glaubte den starken Geruch der Zigaretten, die sein Gesprächspartner rauchte, förmlich durch das Telefon zu riechen. 600 Euro, umgerechnet knapp 1200 US-Dollar, waren die magische Grenze. 600 Euro entsprachen dem Bruttoinlandsprodukt on Japan, nachdem die Nordkoreaner das Land halb in Schutt gelegt und den kümmerlichen Rest heruntergewirtschaftet hatten. Man sollte, das war eine Maxime Gideons, niemals einem Kommunisten, vor allem keinem Nordkoreanischen, die fünftgrößte Volkswirtschaft der Welt anvertrauen. „Habe ich das richtig verstanden: Sie wollen die Arbeiter, die sie sowieso schon fest zugesagt haben, fest ankaufen.“ „Ja.“ „Dann nehme ich auch an, dass sie 32000 Ausreisegenehmigungen von mir wollen.“ „Nein. 98341. Ich brauche auch die Frauen und Kinder der Arbeiter.“ „Das sind dann 59004600 Euro. Warum zur Hölle wollen sie so viel für ein paar Japaner ausgeben?“ Der General schien stets bemüht das Klischee zu bedienen, Asiaten seien gut im Kopfrechnen. Gideon brauchte selbst einen Augenblick länger, um die Summe zu überschlagen. Dann meinte er: „Ein Irrtum ihrerseits. Ich gedenke 19200000 zu investieren. 600 für jeden Arbeiter. Die Familien sind Ghettobewohner. Sie sind für sie nur ein Sicherheitsrisiko und produzieren nichts. Sie sind für sie ein reiner Kostenfaktor. Ich nehme ihnen also eine Last von den Schultern.“ „Sie müssten für diese Leute sorgen. Warum der Aufwand?“

    „Sorgen muss ich so schon für sie. Jeder Arbeiter muss genug Reis bekommen, um seine Familie zu ernähren. Und sei es auch nur das hydroponische Zeug, das nach nasser Pappe schmeckt. Und für mich sind sie ein Sicherheitsfaktor. Solange ich die Familien habe, werden die Arbeiter spuren. Ein Lasergewehr am Kopf des eigenen Fleisch und Blut war meiner Meinung nach immer das beste Argument, um einen Mann zu überzeugen das Richtige zu tun.“ Der General nahm einige Züge von seiner Zigarette. „Und was haben sie mit den Leuten vor?“ „Ich will einen neuen Produktionsstandort aufmachen. Näher an den Kunden, wenn sie so wollen.“ Hwang lachte. „Kunden? Was für Kunden sollen das sein? Ihre Hauptabnehmer sitzen im pazifischen Raum.“ Für einen Moment glaubte Gideon, dass Hwang ihn hatte. Dieser kleine Mann wusste einfach viel zu gut über seine Geschäftspartner bescheid. Doch dann kam ihm die Lösung. „Mitnichten. Ist ihnen bekannt, wie viele Exemplare der ‚Firefly’ gebaut wurden?“ „Müssen mehrere tausend gewesen sein.“ „In der Tat. Nach aktuellen Schätzungen der UN gibt es im lokalen Cluster 142 wilde Kolonien, gegründet ohne Hilfe und Schütz eines irdischen Staates. Und diesen Markt will ich erschließen. Diese Leute haben nicht die Mittel zum Unterhalt größerer Schiffe, aber die meisten sind mit Fireflys nach da draußen gekommen. Die wissen, wie zuverlässig meine Technologie ist. Wenn ich diesen Markt erschließe, bevor meine Konkurrenten darauf kommen, baue ich mir damit einen hervorragenden Kundenstamm auf.“

    „Hm… Höchstwahrscheinlich. Und wo soll die neue Werft entstehen? Nicht zufälligerweise auf Kyoto?“ Kyoto. Japans einzige Kolonie, die nach der Eroberung ihres Mutterlandes überdauert hatte. Das letzte Stück freies Japan, wie der UN-Generalsekretär es einmal genannt hatte. Auch wenn Nordkorea die Kolonie offiziell beanspruchte, Macht hatte es dort keine. „Denken sie ich will der goldenen Chrysantheme neue Rekruten liefern?“ Der General räusperte sich. „Sie machen einen Denkfehler, Gideon. Es gibt keine goldene Chrysantheme. Die Menschen auf Kyoto sind zufriedene Angehörige der koreanischen Revolution. Das ist nichts weiter, als Propaganda von Arbeiterfeinden. Und ich hatte sie bis jetzt für keinen gehalten.“ „Mit dieser Einschätzung liegen sie richtig. Und ich habe keinesfalls vor auf Kyoto zu bauen. Mein Ziel ist ein Planet mit der Seriennummer PX30699 im Sternentorkatalog. Dort gibt es reiche Mineralvorkommen, die zum Bau von Schiffen erschlossen werden können. Ich gedenke eines Vertrag mit der DHT zu schließen, damit sie mir das Abbaugerät zur Verfügung stellen.“ „Und wenn ich ihnen lieber andere Arbeiter mitgeben will?“ „Dann zahle ich das Doppelte für diese. Sie sind eingelernt.“ „Ich beschaffe ihnen andere Fachkräfte. „Und können allesamt Deutsch und Englisch.“ „Ein Japaner, der Deutsch und Englisch kann, ist doppelt so viel wert, wie einer, der es nicht kann?“ „Nein. Aber meine Konstrukteure und eigenen Vorarbeiter sprechen diese Sprachen. Damit sind sie alle doppelt so nützlich für mich.“ Er könnte hören, wie der General sich seine Zigarette ausdrückte. Da er den Hang dazu hatte dies auf einer Japanischen Fahne aus Seide zu tun, war dabei immer ein leises Zischen zu hören, gefolgt von einem Klopfen, wenn er die auflodernde Flamme wieder ausschlug. „Also gut. Sie kriegen ihre Japaner. Ich hoffe sie verfahren angemessen mit ihnen.“ „Machen sie sich was das angeht keine Sorgen.“ Er glaubte das Grinsen des Generals förmlich hören zu können. „Ich bin immer ein besorgter Mann. Das liegt in meiner Natur. Ich erwarte dann ihre Überweisung.“ „Und ich erwarte meine neuen Arbeiter zu sehen. Außerdem werde ich Takahara bei ihnen vorbeischicken, um den Kauf mit einem Vertrag zu besiegeln.“ „Tun sie das.“

    Sie tauschten noch kurze Grußworte aus, dann schaltete Gideon die Verbindung ab. Er sank förmlich im Sessel zusammen, als das Telefon stumm wurde. Nach einigen Minuten griff er zum zweiten Telefon, das auf die Nummer seines Stellvertreters, seines ältesten Sohnes, eingestellt war und rief ihn an. „Sag Kröger bescheid“, lautete die Knappe Anweisung, „Ich brauche fünf Avis. Voll ausgestattet in Zwei Wochen.“ „Ich frage gar nicht erst, was du damit vorhast, oder ob du die Kosten bedacht hast. Aber dir sollte klar sein, dass es unmöglich ist ein solches Schiff in zwei Wochen zu beschaffen.“ „Dann mach es möglich. Keine Widerrede, machen.“ Nach diesem denkbar kurzen Gespräch schickte er eine Nachricht an Takahara ab, in der er ihn über den neuen Zeitplan informierte. Wenn die Arbeiter ordentlich ranklotzten und den Großauftrag binnen der nächsten zwei Wochen fertig bekamen, würde er bei dieser Angelegenheit vielleicht sogar mit einer Null vor dem Komma rauskommen.

    Ungefähr zur gleichen Zeit in Wolgograd:

    Ein Wagen der Fahrbereitschaft des STK setzte Harry Maybourne vor dem Regionalparlament von Wolgograd ab, in dessen Räumen die Anhörung zur jüngsten Entwicklung im Zusammenhang mit seinem Kommando stattfinden sollte. Er stieg aus, ließ sich von seinem Fahrer seine Kopfbedeckung und seine Aktentasche geben und warf noch einen Blick zu seinem Begleiter, den er mit zur Anhörung nehmen wollte. Dieser grinste ihm zu und meinte: „Wir hätten einander früher kennen lernen sollen. Ihnen ist hoffentlich klar, dass diese Sache uns beiden einige Schwierigkeiten bereiten kann.“ „Ich habe vor damit anderen Leuten Schwierigkeiten zu machen.“ Mit einer Geste wies er den anderen Mann an ins Gebäude zu gehen und folgte ihm die Treppenstufen hinauf. Oben auf den Stufen fiel sein Blick auf ein Objekt, dass auf dem Gleiterlandefeld neben dem Gebäude stand. Es war eine knapp zwanzig Meter lange Raumgig der Flotte, ein schnelles und repräsentatives Shuttle für repräsentative Zwecke. Offenbar hatte seine einzige Verbündete in dieser Sache beschlossen ihn diesen Kampf nicht allein ausfechten zu lassen. Als er die Vorhalle des Gebäudes betrat, sah er sie tatsächlich. Admiral Siska saß auf einer der Bänke für wartende Gäste und las in einer Regionalzeitung, die auf einem Tisch daneben bereit gelegen hatte. Er ging zu ihr und begrüßte sie. Sie verzichteten voreinander auf den Salut, so dass er einfach sagte: „Ester, schön dich hier zu sehen.“ „Ganz meinerseits, Harrold. Es trommelte über die Wasserrohre, dass du etwas ganz besonderes vorhast. Das wollte ich mir nicht entgehen lassen.“ „Ok, wer hat geredet? O’Sullivan?“ „Lass den armen Jungen leben. Er hat es schließlich nur gut gemeint.“ In teils gespielter, teils sehr ernster Verärgerung strich Harry sich durch den Bart und murmelte: „Das muss ich mir noch genau überlegen.“

    Sie verließen die Vorhalle und begaben sich zu einem Arbeitsraum im dritten Stock. Es war ein einfacher Raum, dessen gläserne Rückwand den Blick zum Hinterhof eröffnete. Er war mit hartem, grauem Teppichboden ausgelegt und mit Tischen und Stühlen aus Metall und poliertem Eichenholz möbliert. Dort warteten auch bereits mehrere Männer auf sie, die den Untersuchungsausschuss bildeten. Hinzu kam ein Protokollant. Als Maybourne, Siska und ihr Begleiter den Raum betraten, sagte einer der Männer: „General, diese Anhörung ist als geschlossen angesetzt. Ihr Adjutant wird draußen warten müssen.“ „Sir, ich muss darauf bestehen, dass dieser Mann bleiben darf. Laut Paragraph 121, Absatz 5 des militärischen Gesetzes der EU ist es mein Recht bei Anhörungen dieser Art einen weiteren Beisitzer zu bestimmen.“ „Also gut. Dann kommen wir zur Sache. Für das Protokoll: Es beginnt hiermit eine erste Anhörung im Untersuchungsausschuss Sternentorkommando. Anwesend sind die Abgeordneten Sanchez, Gauß, Krüger, Chamarow und Wenzel, sowie die Offiziere Harrold Maybourne und Ester Siska. Beide Gruppen haben einen Beisitzer bestimmt. Seine Personalien können sie dann später noch aufnehmen.“ Der Abgeordnete griff nach den Papieren, die vor ihm auf dem Tisch lagen. „Also, meine Herrschaften: Es geht um das Schicksal von Konvoi 92. Gemäß den diesem Gremium vorliegenden Informationen geriet der Flug dieses Konvois in Folge eines Abzugs von Gleitschiffen zur Katastrophe. Wir wollen dazu zunächst Beweismaterial vorstellen…“

    Es dauerte eine gute Stunde, in denen Maybourne sich geduldig die ‚Beweise’ anhörte, die gebracht wurden. Während dieser Zeit begann er sich zu fragen, warum er damals überhaupt die Freiheit des Marktes verteidigt hatte, indem er geholfen hatte die sozialistische Regierung in Venezuela nach dem Tod von Hugo Chavez zu stürzen, wenn er sich nun von einem Haufen Marktradikaler, die die EU dieser Tage für ein sozialistisches Bollwerk hielten und sich nichts sehnlicher wünschten, als die Rückkehr zu einer Doktrin, die die Politik den Bedürfnissen des Marktes unterordnete und nicht den Markt den Bedürfnissen der Bürger, als Verbrecher darstellen lassen musste. Folgte man ihren Schilderungen, hätte man glauben können, dass er es sehenden Auges darauf angelegt hatte, dass Geleit vom Konvoi abgezogen wurde, um die Handelsschifffahrt zu dezimieren.

    Schließlich platzte ihm der Kragen und er unterbrach den Redefluss eines der Abgeordneten, indem er sagte: „Verzeihung, aber sie ignorieren hier eine wichtige Sache. Als ich zum Eurokorps gewechselt bin, habe ich die Eide aller europäischen Soldaten geschworen die Verfassung, das Leben der Bürger und das Leben meiner Kameraden zu schützen. Und genau das habe ich getan, als ich Flottenunterstützung für die Operation von Oberst Allert auf PM6793 angefordert habe. Sein Vorgehen dort war Teil unseres Vorgehens gegen Systemlord Dumuzi, das der Sicherheit der Bürger dient und die Unterstützung war nötig, weil zwei Kompanien Fallschirmjäger und drei Späherteams vom Feind in eine aussichtslose Situation gedrängt worden waren. Die Unterstützung wurde also benötigt.“ „Irdische Soldaten haben unter schwierigeren Bedingungen ungleich mächtigere Goa’uld besiegt. Ihre Soldaten wären zurecht gekommen.“ „Zweifelsohne. Die Verluste wären Minimal gewesen. Tatsächlich diente die Unterstützung auch nicht der Rettung der Einsatztruppe, sondern der rechtzeitigen Erfüllung ihres Ziels. Der Feind hatte angefangen die Minensklaven für deren Befreiung wir unterwegs waren auf Schiffe zu verladen. Wären sie gestartet, hätten die Soldaten sie nicht mehr herausholen können. Und da die Operation als Teil unserer Gemeinsamen Kampagne mit den verbündeten Welten des Perseus-Armes unter größtem Erfolgsdruck stand, war die strategisch und taktisch logische Entscheidung offensichtlich.“

    „Mit anderen Worten: Sie haben die Sicherheit des Konvois nicht etwa für ihre Soldaten riskiert, sondern für einen Haufen Fremdweltler, die von ihren Eiden nicht einmal annähernd berührt werden.“ Er sah den Abgeordneten, der diese Worte an ihn gerichtet hatte, einen Tschechen namens Wenzel, sehr finster an und meinte: „Das entspricht den Tatsachen.“ Dabei kochte er innerlich. Dieser Mann war Angehöriger der alten Wirtschaftsliberalen, die sich aus der liberalen Fraktion im europäischen Parlament abgespalten hatten, als die Demokratiebewegung die liberalen Parteien als humanistische Liberale neu erfunden hatte. Glücklicherweise sprang ihm an diesem Punkt der Abgeordnete Chamarow, Parlamentarier für die humanistische Fraktion, zur Seite. Wäre er gezwungen gewesen, hätte er wahrscheinlich eine handfeste Beleidigung von sich gegeben. „Ich muss doch sehr bitten, Herr Kollege“, meinte Chamarow, „Sie wollen doch wohl nicht etwa behaupten, dass das Leben von Fremden weniger wert sei, als das unserer eigenen Bürger. Das entspricht in keiner Weise unserer Philosophie und nebenbei auch nicht dem offiziellen Credo ihrer Partei.“

    „Ersparen sie uns diese Blauäugigkeit. Der Konvoi hat dreizehn Schiffe verloren, weil die Flotte unfähig war ihn zu schützen. Der Schaden…“ „Ich hoffe sie sagen nicht, was ich denke, dass sie sagen wollen“, fiel Siska ihm ins Wort. „Sie bewegen sich auf sehr dünnem Eis.“ „Wie dünn?“, erkundigte Mayborune sich. „Mitteleuropa im März nach dem Klimawandel.“ „Oh, so dünn?“ Wenzel unterbrach ihre kleinen Wortspielereien. „Würden sie uns das bitte genauer erläutern, Admiral?“ „Gerne. Die Besatzungen der Geleitschiffe hatten bei der Verteidigung ihres Konvois, der zu zwei Dritteln aus unbemannten Schiffen bestand. zweiundvierzig Tote zu beklagen. Wir haben abgewägt und sind zum Schluss gekommen, dass der Konvoi mit weniger Schiffen auskommen musste. Danach haben meine Leute ihr möglichstes getan, um das Eigentum der Reeder zu verteidigen. Dazu kommen die Raumfahrer, die auf den zivilen Schiffen ihr Leben gelassen haben. Ich werde nicht zulassen, dass ihr Andenken beschmutzt wird. Also überlegen sie sich ihre nächsten Worte gut.“ „Wollen sie mir etwa drohen? Vergessen sie die Verluste. 42 Mann? Dazu zwölf tote Piloten? Lächerlich. Wir reden hier von Fracht im Wert von mehreren Milliarden Euro, die an diesem Tag verloren gegangen ist. Der volkswirtschaftliche Schaden lässt sich noch nicht einmal absehen. Das wirft die Handelsgesellschaften um Jahre zurück. Ihre 54 Leute verblassen dagegen.“

    „Oh, das kommt rein“, hörten sie auf einmal den Mann sagen, den Maybourne mitgebracht hatte. Alle Augen der Politiker richteten sich auf ihn. Als ihm klar wurde, dass er diesen Gedanken laut ausgesprochen hatte, lächelte er Maybourne schuldbewusst zu und begann sich die Maske herunterzuziehen, die seine Gesichtszüge entstellt hatte. Als er das Gesicht erkannte, wurde Wenzel kreidebleich. Vor ihm saß einer der gefürchtetsten Enthüllungsjournalisten der EU. Er schrieb für eine Moskauer Zeitung und hatte mit seinen Artikeln schon ganz andere Politgrößen zu Fall gebracht. Er lächelte den Abgeordneten freundlich an und meinte: „Ich hätte übrigens gerne noch ein Interview zu dieser Aussage mit ihnen.“ Maybourne konnte sich sein Lächeln nicht verkneifen und auch Chamarow und Gauß, sein Kollege von der sozialistischen Partei, wirkten sehr belustigt. „Maybourne“, sagte Wenzel mit leicht panisch klingender Stimme, „das wird sie ihr Kommando kosten. Sie haben hier Beihilfe zu Betrug und Geheimnisverrat geleistet, indem sie diesen Mann als ihren Adjutanten ausgaben.“

    „Oh, habe ich das? Frage an die Runde: Hat irgendjemand gehört, wie ich so etwas behauptet habe? Sicher, dieser Mann trägt eine Uniform des Korps, ohne dazu berechtigt zu sein, aber ich bin kein Feldjäger und damit nicht für so etwas zuständig. Und sie waren mit dem Beisitzer einverstanden. Wir haben alles auf Band. Also will ich ihnen einen kleinen Rat geben. Ich weis, dass ihre Partei, die das große Geld mit den Handelsgesellschaften machen, als ihre Basis bezeichnen könnte. Also sagen sie ihrer Basis beim nächsten Parteitag bitte folgendes von einem Mann, der aus dem Ursprungsland des Turbokapitalismus kommt: Die freie Marktwirtschaft ist erbarmungslos und schreit nach Gewinnmaximierung und klugem Handeln. Wenn ihre Leute ihre Schiffe also ohne hinreichende Wasservorräte losschicken, so dass sie zwischendurch auffüllen müssen, dann mag das gewinnmaximierend wirken. Immerhin ist Wasser auf der Erde nicht billig. Wenn sie auch kein Raffinerieschiff mitschicken, das die Aufgabe binnen weniger Minuten erledigen könnte, sondern einen gut einstündigen Aufenthalt an einer Wasserquelle in Kauf nehmen, dann mag sich das auch noch rechnen. Wenn sie allerdings die Route nur um ein paar Tage Flugzeit zu sparen und damit etwas mehr Profit zu machen so legen, dass die Wasserauffüllung in Reichweite von einem halben Dutzend Planeten stattfinden muss, die in einer so verzweifelten wirtschaftlichen Lage sind, dass der Wert der Ladung eines Schiffes des Konvois die jährliche Wirtschaftsleistung ihres Planeten um ein mehrfaches übersteigt, dann ist das einfach nur kreuzdämlich. Und die Marktwirtschaft toleriert keine schlechten Entscheidungen. Sie trennt vielmehr fein säuberlich die Spreu vom Weizen. Wenn sie also nicht bereit sind ihren Schiffen genug Wasser oder ordentlich Geleit mitzugeben, dann ändern sie die Routen. Aber hören sie auf nach dem Staat zu krähen, wenn sie ansonsten jede Einmischung für Teufelswerk halten. Das ist erbärmlich.“

    Chamarow und Gauß klopften auf ihren Tisch, wie Akademiker nach einem Vortrag und auch Siska schlug die Hände ein paar Mal applaudierend zusammen. Wenzel sah Maybourne für einen Moment an, als habe dieser ihn gerade angespuckt oder geschlagen, dann setzte er sich wieder und meinte mit dünner Stimme: „Fahren wir mit der Agenda fort. Der nächste Punkt wäre die Befragung eines Experten für die politische Lage im Sagittarius-Arm.“ Für den Rest der Anhörung waren die Marktradikalen unter den anwesenden Abgeordneten sehr kleinlaut geworden. Ihre ganze Strategie Maybourne hinter verschlossenen Türen in die Mangel zu nehmen war gescheitert, als die wahre Natur seines Begleiters offenkundig geworden war und er Zähne gezeigt hatte. Nun schienen Wenzel und seine Leute nur möglichst schnell verschwinden zu wollen, bevor der Vertreter der Presse ihnen irgendwelche Fragen stellen konnte.

    Am Abend desselben Tages in Mitteleuropa:

    Jules hatte sich ein Kleid angezogen, das zwar nicht zur herrschenden Mode passen mochte, ihre durchtrainierte Figur jedoch gut betonte, und wartete im Salon des Hauses auf Julius. Als er schließlich kam, trug er einen eleganten Smoking mit Zylinder und Gehstock, passend ausstaffiert für die Oper. Er sah sie für einen Moment sprachlos an und meinte dann: „Du siehst wundervoll aus.“ „Danke. Wo wollen wir jetzt eigentlich hin?“ „Nach Sankt Petersburg.“ „Petersburg?“ „Ja.“ Er ging auf sie zu und schwang seinen Stock dabei wie ein Dandy auf einem Spaziergang. Er hielt ihr den Arm hin und führte sie zur Tür hinaus vor das Haus. Dabei erklärte er: „Einmal im Quartal wird dort eine große Oper aufgeführt. Das ist eines der gesellschaftlichen Ereignisse dieser Zeit schlechthin. Wer sich da nicht sehen lässt, ist gesellschaftlich tot.“ „Kommen wir überhaupt rechtzeitig hin?“ Sie betraten den Vorplatz des Hauses. Der sorgfältig geharkte Kies hier knirschte unter ihren Schritten. „Natürlich“, antwortete er und deutete mit dem Stock auf das Fahrzeug, das auf sie wartete. „Unter dieser Karosse steckt das Triebwerk eines Rennskimmers. Wird in dreihundert Meter Höhe Mach zwei schnell.“

    Er führte sie zu dem Fahrzeug, wo der ergraute Chauffeur ihnen die Türen aufhielt. Um das Fahrzeug herum warteten vier Fahrzeuge, die an Motorräder erinnerten, jedoch keine Räder hatten. Dazu kamen vier Männer von muskulöser Statur, die in ihren schwarzen Ledermonturen ziemlich martialisch wirkten. Drei von ihnen trugen Schutzhelme, doch einer hatte seinen noch nicht aufgesetzt. Er hatte sich den Kopf rasiert und sein Gesicht war von einer Narbe entstellt. Es sah fast so aus, als habe ihm jemand eine Tätowierung aus dem Gesicht geschnitten. Er folgte ihr mit seinen Blicken, schien sie sehr aufmerksam zu beobachten. Dabei wirkte er ziemlich misstrauisch. Bevor er einstieg, sagte Gideon zu ihm: Voigt, wir fliegen zuerst zum Sperrwerk. Und die Zeit drängt etwas. Also geben sie ruhig Gas.“ Der Mann nickte wortlos und setzte sich seinen Helm auf. Dann setzten er und seine Leute sich auf ihre Fahrzeuge, fixierten sich mit Schlaufen um die Beine daran und startete die Motoren. Die Maschinen erhoben sich unter kraftvollem Heulen von Strahltriebwerken in die Luft und schwebten einen Moment, bis auch der große Wagen gestartet wurden und sich in den Abendhimmel erhob.

    Ihr Weg führte sie zunächst den Rhein entlang nach Norden. Julia bemerkte dabei einige Veränderungen in der Landschaft. Das einstige Lichtermeer, dass Mitteleuropa bei Nacht gewesen war, hatte sich ausgedünnt, doch die Städte waren umso dichter geworden. Es schien, dass die Menschen die suburbanen Räume wieder verließen und zurück in die Städte zogen. Zugleich schien der Klimawandel sich auch hier bemerkbar zu machen, denn die Luft war warm und vom Gesang von Vögeln erfüllt, die normalerweise nur sehr viel weiter südlich anzutreffen waren. Als sie das Rheindelta erreichten und sich die Städte der Tiefebene vor ihnen ausbreiteten, allen voran Rotterdam und Den Haag, konnte sie am Horizont einen illuminierten Leuchtstreifen erkennen, der der Küste vorgelagert schien. „Was ist dort“, wollte sie wissen. „Unser erstes Ziel.“ Es dauerte einige Minuten, bis sie das Ziel erreicht hatte, doch Julia konnte schon einige Kilometer vorher erkennen, dass es ein Riesiger Wall im Ozean zu sein schien, der sich über eine Länge von vielen Kilometern hinzog. „Das ist das niederländische Wehr“, erklärte Gideon. „Es schließt fast die gesamte Küste der Niederlande und der südlichen deutschen Bucht ab und hält die Nordsee zurück. Wenn du genau hinsiehst, merkst du, dass das Wasser auf der Seeseite etwas höher steht.“

    Sie sah genau hin und nickte. „Ein wenig schon.“ „Es ist bis jetzt ein knapper Meter. Aber das Wehr ist ein Bau für die Zukunft. Es kann einen Anstieg der Weltmeere um bis zu zehn Meter abfangen. Danach wird die Belastung kritisch. Bis jetzt ist es vor allem gegen Sturmfluten. Schleusen und Tore ermöglichen dabei die Durchfahrt von Schiffen und die Regulierung des Wasserspiegels dahinter. Sie haben mit so etwas ähnlichem auch die Ostsee und das Mittelmeer abgeriegelt. Aber wir sind für etwas anderes hier. Schau dir die Oberfläche an.“ Er signalisierte dem Chauffeur tiefer zu gehen. Als der Skimmer auf knapp hundertfünfzig Meter über Meeresniveau sank, erkannte sie es. Auf dem Wehr waren gewaltige Strukturen aufgebaut, die zuerst wie Trockendocks aussahen. Doch dann erkannte sie, dass darin keine Seeschiffe, sondern Raumschiffe lagen. Sie drehte sich zu Gideon um und fragte: „Werften?“ Er nickte. „Die größten Raumschiffwerften auf der Erde. Fast dreihundert Bau- und doppelt so viele Wartungsdocks, aufgereiht von hier bis zur Jademündung. Und schau mal in die großen Docks unter uns.“

    Sie tat, wie ihr geheißen und sah fünf gewaltige Raumschiffe von fast tausendfünfhundert Metern Länge, in deren gewaltige Rümpfe je zwei transparente Kuppeln eingearbeitet waren. Im Licht der Scheinwerfer war gut zu erkennen, dass es unter diesen Kuppeln grün war. „Das sind Avis-Kolonieschiffe. Jedes für bis zu 20000 Leute und alle Ausrüstung, die es braucht, um eine Kolonie zu gründen. Sie werden gerade auf meinen Auftrag hin startklar gemacht. Ich habe sie chartern lassen.“ „Wofür?“ „Du meintest doch für die Japaner sollte mehr drin sein. Ich habe ihre Freiheit von den Koreanern gekauft. Aber man wird sie nicht auf der Erde akzeptieren. Deshalb ist der einzige Weg ein freier Planet irgendwo dort draußen.“ Hatte sie früher am Tag noch feindselig reagiert, als sie erfahren hatte, in was er in Tokio verstrickt war, sah sie ihn nun an, wie einen Helden. Der Blick machte einen glücklichen Narren aus ihm.

    Eine gute Stunde später saßen sie auf den Zuschauerrängen einer großen Freiluftbühne in Petersburg und lauschten einer Aufführung der Oper Nabucco von Giuseppe Verdi. Fatalerweise war der Gesang auf Italienisch, aber sie konnten der Kunst dennoch gut folgen. Während des Gesanges schmiegte Julia sich an ihren Mann und flüsterte ihm zu: „Gideon…“ „Du weist doch noch, was ich über Leute sage, die in der Oper reden?“ Sie lachte. „Dass sie in der tiefste Hölle schmoren werden. Aber so schmoren wir wenigstens gemeinsam. Ich wollte sagen, dass ich die Japaner begleiten möchte.“ Er sah sie erstaunt an. „Was?“ „Auf der Erde hält man mich für tot. Das erlegt mir zwar einige Beschränkungen auf, macht mich aber auch flexibel. Und was du und Julius über die letzten Monate erzählt habt, zeigt mir, dass ich da draußen einiges bewirken kann. Du weist, ich bin nicht die treusorgende Hausfrau, die zuhause bleibt, die Kinder großzieht und das Silber poliert. Ich will etwas tun und mein Gefühl sagt mir, dass ich da draußen am meisten erreichen kann.“ „Ich will dich nicht gehen lassen. Aber wenn du es willst, kann ich dich nicht hier halten. Soviel ist mir klar. Ich werde versuchen etwas zu organisieren.“ „Danke.“
    Die Freiheit des Bürgers heißt Verantwortung.

    (Joachim Gauck)


    "You may belong to any religion[...] - that has nothing to do with the buisness of the state. We are starting with this fundamental principle, that we are all citizens and equal members of one state." (Sir Mohammed Ali Jinnah)

    Meine FF:

    Laufend: 2036 - A Union at War

    Abgeschlossen: 2034 - Das neue Sternentor

  17. Danke sagten:


  18. #35
    dumm geboren und nix dazugelernt:P Avatar von Santanico Pandemonium
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    Soso, Gideon wird also zu einer Art Oskar Schindler.
    Und der eine Absatz über den Kapitalismus und Wenzel klingt nach einer mehr oder weniger subtilen Kritik an die jüngste Bankenkrise, ganz nach dem Motto "Gewinne privatisieren, Verluste sozialisieren"...

    Auch die restlichen Entwicklungen und Veränderungen auf der Erde fand ich intressant. Es gibt ja heute schon Wissenschaftler die dafür plädieren, das Mittelmeer vom Atlntik abzuriegeln. Der Meeresspiegel des Mittelmeeres ist übrigens wesentlich niedriger als der des Atlantiks.
    WEIR: ... putting your life and other people's lives at risk. You destroyed three quarters of a solar system!
    McKAY: Well, five sixths. It's not an exact science.
    WEIR: Rodney, can you give your ego a rest for one second?

    Ein Jahr später:
    Spoiler 
    CARTER: About a year ago, your brother came across an abandoned alien experiment called Project Arcturus.
    CARTER: It was an attempt to generate zero point energy.
    JEANIE: That would be virtually limitless power. What happened?
    McKAY: A slight problem. It was the creation of exotic particles in the containment field.
    CARTER: He destroyed a solar system.
    JEANIE: Meredith! (She smacks his arm.)
    McKAY: It was uninhabited!

  19. #36
    Gehasst, Verdammt, Vergöttert Avatar von Colonel Maybourne
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    Man kann sagen, was man will, aber Gideon hat sich auf Ganymed als Sklaventreibender Mistkerl schuldig gemacht.
    Egal, ob es eine leichtere Form von Zwangsarbeit war, oder nicht, er hat sich damit auf die Stufe der Goa´Uld begeben.
    Und das hätte er sich ganz sicher nicht getraut, wenn Jules da seiner Seite gewesen wäre, die hätte dazwischen gehauen.

    Und selbst diese "Humanitäte Hilfe " für die Japaner hat er nur getan, um sich vor seiner Frau reinzuwaschen.
    Ich frage mich sowieso, warum die so einfach von den Nordkoreanern überrannt wurden, bei ihrer STK Technologie.
    Auch sind sie den Nordkoreanern in der Anzahl überlegen gewesen, ganz zu schweigen, wo die eigentlich die Tech herhatten.
    Herrschen diese Mistkerle auch über Südkorea, oder haben die sich grade noch schützen können?
    Ich hoffe ja, dass die Nordkreaner noch vernichtend geschlagen werden.

    Ich hoffe allerdings, dass Jules auf dem Ball erkannt und fotographiert wird, das Bild dürfte jedem Politiker den magen umdrehen.
    Und den Goa´Uld wohl auch.
    Kann mir das so richtig vorstellen, wie sie als Ressistance Kämpferin wieder auf die Erde kommt und dann alle aufmischt.

    Ebenfalls Ironie ist, dass der gefürchteste Enthüllungsjournalist ausgerechnet aus Moskau kommt...

    Das mit Firefly war auch eine nette Anekdote, aber wenn die Truppe jetzt auch noch ganz dazu kommt, wird es zuviel.

    Und was mich auch interessiert... was ist mit Atlantis: Steht die Stadt unter US Mandat, oder ist sie aufgeben bzw. zerstört wurden?
    Existieren die Wraith noch, oder wurden sie ausgelöscht?

    Bis dann.
    Geändert von Colonel Maybourne (04.07.2009 um 02:33 Uhr)
    Das Leben ist ein Schwanz und wir die Eier, die mitgeschleift werden.


    Meine aktuellen Fanfiction:


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  20. #37
    Autor der ungelesenen FF Avatar von Protheus
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    So, zunächst einmal zu den Antworten:

    @Santanico Pandemonium: Wie bereits gesagt ist die Sache mit Gideon nicht so eindeutig, wie sie vielleicht scheint. Dazu wird es im übernächsten Kapitel noch einige Enthüllungen geben, die die Maske von Gesicht des Herrn von Sachleben reißen werden . Der Absatz vor dem Untersuchungsausschuss kann durchaus auf die aktuelle Krise bezogen werden, auch wenn ich mehr Somalia im Sinn hatte. Aber du hast insofern recht, als das beides sich im Prinzip sehr ähnelt. Ansonsten Danke für die Blumen in Sachen neues Europa. Zuerst hatte ich vor die Städte der Niederlande mit Schutzschilden zu versehen, so dass sie gewissermaßen auf dem Grund eines niedrigen und Sonnendurchfluteten Meeres stehen, aber letztlich wollte die die Küstengebiete nicht völlig opfern. Deshalb passiert so was mit den Schilden nur an Orten die Lissabon, wo man nicht die ganze Küste isolieren kann. Ansonsten gibt es die Stauwehre. Die dienen aber mehr dem Zweck den Wasserspiegel in den Brackwassermeeren konstant zu halten und nicht etwa ihn zu reduzieren, wie das beim Mittelmeer in den 20ern und 30ern geplant war.

    @Colonel Maybourne: Hurra, Gideon enttarnt. Und das auf Anhieb und trotz allen humanitären Gehabes. Einfach herrlich. Was die Eroberung Japans angeht verweise ich auf den Glossar mit der Zeitlinie. Wie dort steht, hatten die Koreaner moderne Technologie, als sie angegriffen haben. Wenn irgendjemand möchte, kann ich die ganze Schose noch einmal genau aufdröseln. Und die Sache wird auf Dauer natürlich nicht folgenlos bleiben. Nur so viel: Jules wird eine Rolle dabei spielen. Ansonsten: Das mit dem Journalisten war keineswegs als Ironie gedacht, sondern vielmehr als Respektsbekundung an Journalisten, wie die der Nowaja Gaseta und es wird keine Figuren aus Firefly geben. Schließlich ist das hier kein Crossover, sondern eine eigenständige Geschichte . Zuletzt: Was Atlantis angeht schweige ich mich vorerst aus.

    @Castrol: Danke danke^^

    Und nun zur neuen Episode. Die ganze Sache beginnt aus dem Ruder zu laufen. Ich hinke mit dieser hier zwei Episoden hinter der Planung zurück. Wenn das so weitergeht, gibt es keinen Platz mehr für spaßige Lückenfüller und statt dessen nur knallharte Storyline. Tja, so spielt das Leben. Die hier angeschnittene Story wird in der nächsten Folge abgeschlossen. Danach geht es wieder um Jules. Länge dieses Mal 11 Seiten, viel Spaß beim Lesen.


    Episode 9: Kriegsgeschrei


    Eine dunkle Gestalt pirschte durch die Schatten des gewaltigen Palastes auf An. Es war tiefste Nacht und der Planet schien tief und fest zu schlafen. Lediglich einige Vögel sangen in den Lustgärten der Innenhöfe und ein sachter Wind säuselte durch die weiten Gänge des Gebäudes und ließ sich die seidenen Vorhänge, die die Räume voneinander abtrennten, hin und her wiegen. An den großen Fenstern, die sich immer wieder in die Nacht öffneten, konnte man zudem die Klänge der Soldaten hören, die in den Höfen der Palastgarnison feierten. Die Gestalt schüttelte bei diesen Geräuschen nur ungläubig den Kopf. Echte Jaffa hätten die Nacht hindurch vielleicht versucht hart zu trainieren, um die besten zu werden, doch die Menschen, die hier in der Garnison abgestellt waren, besaßen nicht die Disziplin der alten Kriegerkaste. Es war eines jener allgegenwärtigen Zeichen des Verfalls, insbesondere wenn man sich bewusst machte, dass diese Welt, dieser Palast das Zentrum des Reiches des mächtigsten Goa’uld dieser Tage waren. Doch bald würde von hier aus wieder der alte Glanz der Systemlords erstehen, dafür würde der Schatten Sorge tragen.

    Er pirschte durch einen letzten reich verzierten Korridor, hin zu den Räumen Herren dieser Welt, ja des halben Spiralarmes. Auf den letzten Metern kam ihm der Lotar der, der offenbar noch zu dieser späten Stunde seinem Herrn hatte zu Diensten sein müssen. Dass er sich nun müde und abgekämpft wirkend zurückzog, war ein gutes Zeichen. Er würde sich erst dann selbst zur Ruhe begeben, wenn sein Meister bereits schlief. Er Menschen bemerkte den Schatten nicht. Sein Tarnfeldgenerator ließ ihn mit der Dunkelheit der Korridore verschmelzen. Schließlich erreichte er die Gemächer.

    Am Eingang standen zwei Wachmänner, die der Gestalt, die zwischen ihnen entlang huschte, jedoch ebenso wenig gewahr wurden. Vor dem eigentlichen Schlafraum lag schließlich noch ein Leibsklave vor der Tür und schlief. Hinter ihnen taten sich Aufenthalts- und Arbeitsräume, aber auch der persönliche Garten des Palastherren auf. Alles war opulent geschmückt. Vorsichtig pirschte der Schatten durch die von Säulen gesäumten Gänge, die sich teilweise in die warme Nacht Ans hin öffneten und einen spektakulären Blick über die umliegenden Hügel freigaben. Am Ende trennte ihn nur noch eine letzte Tür von seinem Ziel. Davor lag ein Leibsklave und schlief. In Händen hielt er einen zeremoniellen Speer. Der Schatten konnte angesichts dieser uralten Sitte nur schmunzeln. Solche Sklaven stellten oft ein größeres Sicherheitsrisiko dar, als sie Nutzen mit sich brachten. Weniger aufgrund der Möglichkeit, dass sie sich gegen ihren Herrn stellen konnten, als aufgrund der Tatsache, dass sie intimes Wissen besaßen, dass sie zu einer Achillesverse machte. Nein, der Schatten hatte gelernt, dass es besser war einfache Menschen auf Abstand zu halten.

    Er besah sich die Tür und stellte fest, dass ein Versuch sie zu öffnen dem Sklaven einen Türflügel in die Seite rammen würde. Dahergelaufener Mensch hin oder her, er konnte hier keinen Aufhur gebrauchen, bis er sein Ziel nicht erreicht hatte. Er zog kurzerhand ein Messer und hielt es dem Menschen über den Nacken. Dann holte er aus und stach zu. Ein kurzer, präziser Stich und die Wirbelsäule des Menschen war am Hals durchtrennt. Dergestalt unschädlich gemacht wurde er einfach gepackt und beiseite geworfen, wie ein nasser Sack. Nun stand nichts mehr zwischen ihm und seinem Ziel.

    Der Attentäter grinste und zog leise einen langen und spitzen Dolch, der dazu diente gezielt Verletzungen an Symbionten zuzufügen. Dabei schlich er auf das Bett zu, das in der Mitte des Schlafgemaches stand. Es war schwer gewesen, diesen Ort zu finden, dessen Standort stets geheim gehalten worden war. Es war nicht einfach gewesen eine Täuschung aufzubauen und in der Identität eines Gefolgsmannes, der seine Treueschwüre leisten sollte hier her zu gelangen. Aber nun war der Sieg zum greifen nah. Heute Nacht würde die Rückkehr der Goa’uld zu alter Größe von neuem beginnen. Heute Nacht würde der anmaßende Usurpator sterben, der sich selbst zum Systemlord aufgeschwungen hatte. Dumuzi, heute Nacht findest du den Tod… Als er die Liegestatt erreicht hatte, hob er das Messer über den Kopf, um zustechen zu können. In genau diesem Moment loderten auf einmal die Flammen in allen Feuerschalen des Raumes auf und der Attentäter spürte auf einmal ein schwaches Brennen im Rücken. Dabei hörte er eine Stimme, die sagte: „Ich bin nicht beeindruckt, gar nicht beeindruckt, Baal.“ Der ehemals mächtigste Systemlord drehte sich in die Richtung um, aus der er die Stimme hörte und sah Dumuzi aus einer Ecke des Raumes hervortreten, in den Händen einen Transphasenlöschstab, dessen Lauf genau auf Baal gerichtet war. „Dir hätte klar sein sollen, dass meine Menschen, die ihr immer so belächelt habt, jeden, der hier her kommt, sehr genau überprüfen. Ich hatte eigentlich gehofft, dass unser Volk noch eine neue, große Zukunft vor sich hat, aber angesichts dieser Stümperhaftigkeit fürchte ich, dass wir unserem Ende entgegen gehen.“

    Im selben Moment, in dem der neue Systemlord diese Worte aussprach, rappelte sich der im Bett liegende zweite Leibsklave hoch, der den Köder gespielt hatte. In seinen Händen hielt er ebenfalls einen zeremoniellen Speer, den er direkt auf Baals Herz gerichtet hatte. Dieser sah zuerst den Sklaven, dann noch einmal Dumuzi an. Er erkannte, wie sich die starken und drahtigen Muskeln des Wirtes des anderen Goa’uld unter dessen Kleidung spannten, während er auf eine Reaktion wartete. Gerüchten zu Folge sollte er es während des letzten Krieges gegen die Tau’Ri geschafft haben einen ihrer Elitesoldaten als Wirt zu nehmen. Und gleichzeitig war da noch der Mensch, der den Speer sicherlich nicht nur zur Zierde trug… Er sah seine Pläne vor seinen Augen zusammenbrechen. Er war hier her gekommen, um die Goa’uld wieder zu alter Größe zu führen. Er war hier her gekommen, weil Dumuzi sein Reich führte, wie ein weltlicher Kriegsherr und Eroberer, anstatt wie ein in jeder Hinsicht überlegenes Wesen, das über niedere herrschte. Er war hier her gekommen, weil seine eigenen Bemühungen nach seiner Flucht vor den Erdenmenschen im Sande verlaufen waren und sein ‚Reich’, so man die kleine Ansammlung von Planeten, die er noch beherrschte, überhaupt so nennen wollte, kurz vor dem Ende stand. Er… Mit einem Schrei schleuderte er das Messer auf Dumuzi und wirbelte herum, um nach dem Sklaven zu schlagen. Er erwischte ihn mit voller Wucht am Kiefer, der hörbar brach. Dann stürzte er auf Dumuzi zu.

    Er würde nicht verlieren. Nicht wieder. Nicht gegen einen, der damals vor die versammelten Systemlords getreten war und ihnen erklärt hatte, dass alles was sie im Krieg gegen die Erde getan hatten, ein Zeugnis der Dummheit gewesen war und dass sie eher nach einem Frieden suchen sollten. Am Ende war er gegangen, hatte getan, was Baal auch hätte tun sollen, solange er noch etwas zu retten gehabt hatte. Mit wenigen langen Schritten hatte er den Raum durchquert und war bei Dumuzi. Dieser war dem Messer mit spielerischer Leichtigkeit ausgewichen, hatte sich dann aber entschieden seine Waffe nicht einzusetzen. Stattdessen nahm er Baals Angriff an. Er ließ seinen Gegner an sich vorbei schlagen und packte ihn dabei am Arm. Mit dem freien Ellenbogen hieb er mit solcher Wucht auf Baals Arm ein, dass mehrere der Knochen darin brachen. Dann verpasste er ihm einen wuchtigen Schlag ins Gesicht und schmiss ihn mehrere Meter weit durch den Raum. Bevor Baal auch nur eine Chance hatte wieder auf die Füße zu kommen, war der andere bei ihm und auch der Sklave war wieder auf die Füße gekommen.

    „Es ist traurig, Baal“, sagte Dumzui. „Du wurdest einmal wegen deiner Verschlagenheit gefürchtet. Heute dient dein Name nur noch für Witze, die von aufsässigen Sklaven erzählt werden.“ „Das darf nicht passieren“, lamentierte der blutend auf dem Boden liegende. „Unsere Rasse darf nicht auf diese Art untergehen.“ „Das werden wir auch nicht. Das Geschlecht der Goa’uld wird leben.“ Baal lachte hämisch. „Und das von einem, der nicht einmal versucht hat die anderen aus den Sümpfen zu befreien, in die sie verbannt worden sind.“ „Warum sollte ich auch. Nachdem wir Salvar vernichtet hatten, standen wir auf dem Gipfel unserer Macht. Doch die Systemlords haben zugelassen, dass wir alles binnen weniger Jahre an die Tau’Ri verloren haben. Die Zeit sortiert die Unzulänglichen unerbittlich aus, Baal. Und ihr habt dazu gehört.“ „Tau’Ri wird auch dich vernichten.“ „Nein. Vielmehr werde ich an ihnen ein Exempel statuieren, dass meine Macht dauerhaft festigen wird. Ich habe bereits meine Ränke geschmiedet. Und jetzt wird Tau’Ri sich darin verfangen.“

    Erneut ließ Baal ein Lachen vernehmen. „Was hast du vor? Sie anzugreifen? Dann werden sie dich hinwegfegen.“ „Du denkst immer noch wie ein Territorialherr, der die Provinzen seines aufgeblähten Reiches bewacht. Ihr habt nie verstanden, was die Natur uns vormacht: Die Eiche bricht im Sturm, während die Weide sich im Wind wiegt und ihm standhält. Ihr habt immer versucht durch direkte und brutale Gewalt, durch Terror zu herrschen. Man muss das ganze sehen. Und die Situation erlaubt mir in ihrer Gesamtheit einen Kriegszug, dem sie hilflos gegenüberstehen werden.“ „Sie sind stark und sie haben Verbündete.“ „In dem Moment, in dem sie diese hinzuziehen, würden sie tun, was ich in meinen Plänen vorgesehen habe. Ich muss den aufziehenden Krieg sowieso führen eines Tages führen. Aber nun werde ich ihn mit etwas Naquada, einigen Spionen und etwas Gold zu meinen Gunsten wenden.“ „Wenn du ein Systemlord sein willst, lerne wie einer zu handeln. Offen und mit Macht.“ Dumuzi schmunzelte. „Wie passend.“ „Was?“ „Das waren in etwa auch Zipacnas letzte Worte an mich.“ Er gab seinem Sklaven einen Wink, auf den hin dieser seinen Speer schwang und ihn dem am Boden liegenden ins Herz rammte. Einige Augenblicke später war der letzte der alten Systemlords tot.

    Einige Tage später auf der Erde:

    Sergeant Major Wright sah nach westen in die untergehende Sonne, vor sich die schier unendlichen Weiten des Regenwalds von Amazonien. Es war ein Anblick, der ihn aus unerfindlichen Gründen immer wieder friedlich stimmte, dem zugleich allerdings auch eine gewisse Absurdität anhing. Die Zivilgesellschaften des Nordens gefielen sich in der Vorstellung durch rigorose Handelsbeschränkungen für Tropenhölzer und von Firmenverbänden vergebene Gütesiegel, die Schonung des Regenwaldes versprachen, sei der Raubbau an diesen Wäldern gestoppt worden. Doch er sah die Wahrheit. Nur weil das Holz nicht mehr ohne weiteres Verkauft werden konnte, hieß das nicht, dass sich hier irgendetwas geändert hätte, denn keine zehn Kilometer von der Basis entfernt fraßen sich die großen Abraumbagger des größten Eisentagebaus der Welt durch das Erdreich. Nur weil die Bäume nicht mehr als Bau- oder Möbelholz gefällt wurden, hieß das nicht, dass sie unberührt blieben. Und für einen 200 Tonnen schweren Bagger war ein gerade mal 20 Tonnen schwerer Urwaldriese kein Gegner.

    Er zog eine Schachtel Zigaretten aus seiner Uniformjacke, schnippte eine heraus und steckte sie sich an. Ein schöner Vorteil, wenn man mehrere tausend Kilometer von der Heimat entfernt war, wo man nur für den laut ausgesprochenen Gedanken an eine Zigarette schon zum gesellschaftlich Geächteten wurde. Außerdem war es hier in Brasilien verhältnismäßig ruhig. Die alliierten Truppen waren hier im Einsatz, um die Investitionen der großen Konzerne zu schützen. Und die Eisengrube war die wichtigste, lieferte sie doch zwei Drittel allen in den alliierten Nationen verhütteten Eisenerzes. Es war ein wirklich ruhiger Posten. Während die Friedenstruppen und die wenigen dort stehenden Einheiten der Allied Forces in Afrika oder im Nahen Osten täglich in Feuergefechte verwickelt wurden, hatte man hier direkt am Stützpunkt und der Grube keinen Feindkontakt zu fürchten. Kritisch wurde es nur, wenn man auf Patrouille in den Regenwald vorstoßen sollte. Guerillas machten ihn zu einer Todeszone, so dass der kommandierende General dieses Stützpunktes dazu übergegangen war seine Patrouillen durch Kampfdrohnen decken zu lassen, die jedes Mal mehrere Hektar Regelwald einebneten, wenn es zu Feuergefechten kam. Und es wurde kritisch, wenn die Soldaten sich einen Kneipenbummel im nahe gelegenen Manaus gönnen wollten. Wright war selbst mehrere Male mit dort stationierten brasilianischen Soldaten und teilweise auch Zivilisten aneinander geraten. Und spätestens nachdem es in der fünften Schlägerei vier Verletzte und einen Toten gegeben hatte, hatte sein Elan es noch einmal zu wagen einen erheblichen Dämpfer erhalten. Aber dafür hatte er den wahrscheinlich besten Posten in der Army bekommen. Bagger bewachen. Zumindest solange er nicht für die Patrouillen eingeteilt wurde.

    Plötzlich riss ihn ein Warnsignal der Sensoren aus seiner Kontemplation. Die äußere Sensorenlinie hatte eine Gruppe von Personen entdeckt, die sich abseits der vorgegebenen Anmarschrouten näherten. Zuerst reagierte er leicht verwundert, dann erkannte er, dass jeder in der Gruppe einen Army-Transponder trug. Für einen Moment war er bereit zu glauben, dass es nur eine Patrouille war, die aus irgendeinem Grund auf dem falschen Weg zurück kam, doch irgendetwas daran störte ihn. Er besaß sich die Anzeigen genauer. Die sich nähernde Gruppe marschierte in einer weit auseinander gezogenen Reihe und bewegte sich ziemlich schnell. Das war keine typische Marschformation. Er nahm sich sein Gewehr, das in einem Spind neben der Tür des Beobachtungspostens stand, und wies zwei Soldaten an ihm zu folgen. Er wollte sich die Sache genauer ansehen. Unwillentlich hatte er damit sein Leben gerettet, denn nachdem sie erst wenige Meter auf dem Weg zum Waldrand zurückgelegt hatten, schlug auf einmal eine Rakete in den Posten ein.

    Sofort warfen die Soldaten sich zu Boden und nahmen ihre Gewehre in konditionierten Reflexen hoch, um sofort schussbereit zu sein. Wright sah sich hastig um, um die Lage zu erfassen. Direkt nach dem Einschlag war der Stützpunkt zum Leben erwacht, wie ein aufgescheuchtes Wespennest. Soldaten, ob kampfbereit oder nicht, hatten nach ihren Waffen gegriffen und rannten umher, um ihre Verteidigungsstellungen zu bemannen. Gleichzeitig versuchte man die Kampfdrohnen in die Luft zu bringen, doch mehrere weitere Raketen schlugen auf ihren Landeflächen ein und zerstörten die meisten. Einige Soldaten versuchten indess die CIW zu bemannen, um weitere Raketensalven abzuwehren, doch ohne die Koordination durch den zerstörten Sensorposten musste die Zielwahl manuell erfolgen, so dass mehrere Geschosse aus den nächsten Salven durchkamen. Wright scheuchte seine Leute auf und führte sie zur nächsten Schanze, wo zwei Soldaten gerade dabei waren eine leichte Railgun durchzuladen. Er legte sein Gewehr an und aktivierte die Zielhilfe des HUD. Nach einigen Augenblicken erkannte er sie.

    Knapp vierzig Männer und Frauen in einfachen grünen Uniformen, die nicht einmal ein wirkliches Flecktarnmuster hatten und mit altersschwachen Gewehren von der Jahrtausendwende in Händen strömten in einer auseinander gezogenen Formation aus dem Wald und eröffneten sofort das Feuer. Die ersten unter ihnen wurden sofort vom massiven Abwehrfeuer der Verteidiger niedergemäht, so dass die nachfolgenden im Unterholz und hinter den Überresten der von ihren Raketen ausgeschalteten Stellungen Deckung suchten. Wright erschoss selbst zwei von ihnen, dann wurde plötzlich der Soldat neben ihm von einer Kugel am Kopf erwischt und brach tot zusammen. Die Kerle mussten Scharfschützen dabei haben. Er druckte sich hinter die Sandsäcke und brüllte in sein Funkgerät: „Hier Sergeant Major Wright. Wir stehen in den vorgeschobenen Linien unter heftigem Beschuss. Brauchen Unterstützung.“ Er wartete gar nicht erst auf eine Antwort, sondern schoss sofort weiter. Einige der Guerillas stürmten gerade auf eine CIW-Stellung zu und töteten die daran stehenden Soldaten. Dann richteten sie die Waffe auf eine der Abwehrstellungen. Die großkalibrigen Explosivgeschosse der CIW zerfetzten die Stellung geradezu. Sie richteten sie gerade auf eine zweite aus, als die Waffe endlich abgeschaltet wurde. Gleichzeitig warf Wright eine Granate, die die Angreifer erledigte.

    Die Angreifer hatten binnen weniger Minuten mehr als die Hälfte ihrer Leute verloren, doch sie ließen nicht nach. Tatsächlich war es ihnen gelungen an mehreren Stellen Breschen in die Verteidigungslinien zu schlagen. Nun hörte Wright ihren Anführer über den Waffenlärm hinweg brüllen: „Los! Vaterland oder Tod!“ Auf diesen Ruf hin setzten sich mehrere Leute aus der zweiten Reihe in Bewegung und stürmten auf die Lücken in der Basisverteidigung zu. Sie alle trugen Taschen, von denen Wright instinktiv wusste, dass es Sprengpakete sein mussten. Etwas anderes hätte in diesem Augenblick keinen Sinn gemacht. Zugleich fiel ihm jedoch auf, dass sich teilweise zwei Mann an einer Tasche abschleppten und Mühe hatten sie schnell genug zu tragen. „Gib mir Deckung. Ich will mir das genauer ansehen“, rief er einem seiner Soldaten zu und schwang sich aus der Deckung. Mit schnellen Schritten sprintete er zu den verkohlten Resten der CIW, die er ausgeschaltet hatte und kauerte sich dahinter. Dann legte er sein Gewehr an und erschoss die beiden Träger. In diesem Moment hörte er auch ein lautes Stampfen hinter sich, das ihn zuversichtlich grinsen ließ. Er sah kurz über die Schulter und erkannte einen Mech des Typs ‚Minotaur’, der dem Waldrand entgegen stapfte. Beim Anblick des mächtigen Kampffahrzeuges wichen die Guerillas in seinem Schussfeld zuerst zurück, um sich dann, als er seine Waffen sprechen ließ, in heilloser Flucht abzuwenden. Nur einige blieben zurück, um ihre Kampfgefährten zu decken.

    Wright robbte vorwärts zu den beiden getöteten Kämpfern. Als er sie erreichte, erkannte er, wie sie sich so dicht hatten nähern können. An ihren Uniformen hingen Transponder alliierter Soldaten. Diese brannten sich normalerweise selbst aus, wenn ihr träger getötet wurde, aber diese waren offenbar neu verkabelt worden. Er griff nach der Tasche, merkte jedoch, dass er sie auch unter Aufbietung aller Kräfte kaum ziehen konnte. Also öffnete er sie und sah hinein. Anstatt der erwarteten größeren Menge Sprengstoffes oder vielleicht Urans – in Afrika hatte die Truppe immer wieder mit schmutzigen Bomben zu tun – sah er jedoch einige Barren aus zuerst unscheinbarem Metall, die mit einem fremdartig wirkenden Gerät verbunden waren. Er besah es sich genauer und entdeckte eine blinkende Schaltfläche daran. Ein Zünder? Für Metall? Er hörte einigen Tumult und sah sich um. Im Augenwinkel konnte er noch erkennen, das zwei Träger durchgekommen waren. Der eine schleuderte seine Tasche wie ein Hammerwerfer auf den Reaktor der Basis, während der andere, von mehreren Kugeln getroffen noch in den Fahrzeughangar stolpern wollte. Bevor er dazu kam, schwenkte eine Gattling des ‚Minotaur’ um und entfesselte einen Geschosshagel gegen ihn, der ihn zu einer blutigen Wolke zerfetzte. Doch als eine der Kugeln die Tasche traf, ging deren Inhalt auf einmal hoch, wie eine Supernova. Wright wurde einige Meter weit durch die Luft geschleudert und landete im Dreck. Als er wieder aufsah, erblickte er eine sich langsam aufbauende Explosionswolke, um die herum die Luft einen feinen, bronzenen Schimmer hatte. Die Explosion hatte die halbe Basis eingeebnet und die Schreie dutzender Verwundeter hallten durch die Luft. Nun fiel ihm siedend heiß ein, womit sie es zu tun hatten. Naquadasprendsätze. Wie zur Hölle kamen diese Möchtegernrevoluzzer an Naquada? Doch bevor er diese Erkenntnis noch mit irgendjemandem teilen konnte, gingen die beiden anderen Taschen hoch und er wurde von einer Hitzewelle verzehrt.

    Minister Abraham Kinsey erfuhr einige Stunden später von dem Überfall, als Bates in sein Büro gestürmt gekommen war, in der Hand die Ausdrucke eines vorläufigen Berichts über den Angriff und eines Bekennerschreibens. „Minister, es hat Schwierigkeiten gegeben.“ „Welcher Art“, hatte Kinsey zuerst gefragt. „Hat Crocodile Dundee seinen Vorsprung auf über zehn Prozent ausbauen können?“ „Nichts in Sachen Wahlkampf, Sir. Es hat einen Angriff auf den Militärstützpunkt bei Manaus gegeben.“ Nun war er aufmerksam geworden. „Welche Art von Angriff?“ „Mindestens fünfhundert Tote. Der Stützpunkt ist hin und die Guerilla haben auf dem Rückzug noch vier Bagger in der Erzgrube mit Raketenbeschuss zerstört.“ „Guerillas? Sie meinen die brasilianische Armee.“ Seiner Überzeugung nach waren die Streitkräfte Brasiliens die einzige Truppe in Amazonien, die den Army-Stützpunkten dort gefährlich werden konnte. Eine Einschätzung der Bedrohungslage, mit der er eigentlich gar nicht mal so falsch gelegen hatte. Zumindest bisher. „Nein, Guerillas. Wir haben ein Bekennerschreiben der ‚Armee freies Brasilien’.“ Er nickte. Diese Organisation war der Dorn in der Seite alliierter Operationen entlang des Amazonas und wollte die ausländische Militärpräsenz aus ihrem Land vertreiben. „Wie konnten die den Stützpunkt vernichten?“

    Bates reichte ihm das Schreiben. „Lesen sie selbst.“ Kinsey nahm das Blatt und las es sich durch. Die ersten Absätze waren nur übliche Pamphlete gegen die Allianz und Parolen für die Befreiung Brasiliens von angeblicher Fremdherrschaft, doch danach wurde es interessant. Sie sprachen davon Unterstützung und Waffen von jenen erhalten zu haben, die auf anderen Welten gegen die Unterdrückungsregime der Hegemonialmächte kämpften.“ „Wie ist der Stützpunkt zerstört worden?“ „Naquadasprengsätze, Sir. Wir haben sie analysiert. Wir konnten sie eindeutig dem derzeit führenden Goa’uld zuordnen.“ „Einfach so?“ „Nun, das war nicht weiter schwierig. Es war ein chemischer Abdruck eingearbeitet, der mit dem des in den Antrieben der von unseren Konvoigeleitschiffen abgeschossenen Al’Kesh verwendeten Naquada identisch ist. Hier wurde diese Verbindung offenbar noch nachträglich ins Material eingearbeitet, so dass sie uns eindeutig zu ihm führen musste.“ Kinsey las das Schreiben noch einmal durch, dann schlug er lachend mit der flachen Hand auf den Schreibtisch, stand auf und ging zu seinem Spirituosenschrank. Während er sich ein Glas Whisky einschenkte, sagte er: „Ich liebe diesen Kerl. Er hat gerade die Wahl für uns gewonnen.“ Bates runzelte fragend die Stirn und Kinsey fragte: „Ist das nur an uns gegangen?“ „Nein. Auch an alle großen Presseagenturen des Landes.“ „Gut. Sorgen sie dafür, dass die es ungestört veröffentlichen können. Ich werde in der Zwischenzeit eine Rede für das Parlament schreiben. Dafür will ich übrigens Kamerateams aller großen Nachrichtensender. Wenn ich gehörig auf die Tränendrüse drücke, rettet uns das nicht nur die Wahl, sondern gibt uns auch gleich Brasilien auf dem Silbertablett.“

    Drei Tage später, noch früh genug, um noch von den aufgepeitschten Emotionen des Volkes zu profitieren, aber auch wieder so spät, dass er sich nicht dem Vorwurf des Populismus auf Kosten der Toten aussetzte, trat Kinsey vor das alliierte Parlament und hielt eine Rede, in der er den Angriff auf die Basis Manaus mit Pearl Habour verblich. Er sprach davon, die Allianz müsse sich darüber im Klaren werden, wie sie auf solche Angriffe reagieren wolle und benannte zwei Schuldige. Einerseits all jene, die mit ‚feindlich gesonnenen fremden Mächten’ kooperierten und… Europa. Erst das europäische Engagement beim Aufbau eines neuen Sternentornetzwerkes und der Krieg gegen Mächte wie die neu erstarkten Goa’uld, habe zu diesem Angriff geführt. Dabei hielt er sich mit Forderungen zurück und sprach lediglich davon, es sei Zeit zu trauern und denen zu vergeben, die durch Blindheit die Katastrophe herbei geführt hatten, doch mehr war auch gar nicht nötig. Direkt nach ihm trat ein Redner aus seiner politischen Fraktion auf, der offen militärische Gegenschläge forderte und am selben Abend wurde in Talkrunden auf Fernsehsendern der politischen Rechten offen über das Für und Wider eines Krieges gegen die EU diskutiert. Nur zwei Tage später verabschiedete das Parlament ein Gesetz, dass die Stationierung starker Truppenverbände in Brasilien, vorgeblich zur Verteidigung gegen terroristische Umtriebe, die von dort ausgingen, ermöglichte. Es dauerte nur wenige Tage, dann landeten die ersten Verbände in Sao Paulo und Rio de Janeiro. Brasilien wurde damit de Facto besetzt.

    Noch während die Abstimmung über das neue Brasilien-Gesetz lief, hatte das europäische Parlament einen Sicherheitsrat einberufen, um die Lage zu diskutieren. Überall um den Globus wurden Streitkräfte in höchste Alarmbereitschaft versetzt und es wurden Vorbereitungen getroffen, um die Waffensysteme der Aurora zu aktivieren. Die in den Rat berufenen Volksvertreter gaben den Streitkräften ein eindeutiges Mandat in die Hand: Dumuzi sollte zu spüren bekommen, was ein direkter Angriff auf die Erde bedeutete. Wenn es gelänge den Zorn der alliierten Völker auf ein anderes Ziel umzulenken, so das Kalkül, konnte ein neuer Weltkrieg verhindert werden. Während General Maybourne also Kräfte für eine Bodenoffensive gegen den Feind formierte, wurde auch die Flotte in Kampfbereitschaft versetzt.

    Als Nicole den großen Besprechungsraum des STK betrat, war die Atmosphäre mehr als nur angespannt. Bei einem Blick in die Runde erkannte sie die meisten kommandierenden Offiziere des Regiments um den großen Tisch aus poliertem Eichenholz herum sitzen, der die Mitte des Raumes einnahm. Die meisten trugen volle Gefechtsmontur und nicht wenige von ihnen waren bewaffnet. Auch Nicole trug eine Pistole im Schulterhalfter und hatte im Umkleideraum die Rüstung bereit gelegt, um binnen weniger Minuten einsatzbereit zu sein, sollte es nötig sein. Fast jeder von ihnen kannte das drückende Gefühl, dass sie zu solchem Verhalten zwang. Es war die Ruhe vor der Schlacht, die Erwartung einer Katastrophe. Sie hatten es erlebt. Im Kaukasus, in Afrika oder in Zentralasien, ja sogar auf Ganymed. Doch noch nie war die Angst so präsent gewesen. Die Erde stand an der Schwelle eines neuen Weltkrieges. Gerüchten zu Folge, die aus dem Büros der Geheimdienste durchgesickert waren, sollten die Alliierten angefangen haben Atomraketen aus Nordamerika nach England zu verschiffen wenn das stimmte, konnten sie ganz Mitteleuropa binnen weniger Minuten ausradieren und nicht einmal die Aurora wäre fähig das Inferno vollends einzudämmen. Und das STK befand sich im Zentrum dieses diplomatischen Flächenbrandes.

    Sie nahm ihren Platz neben den anderen Kommandanten der EKS-Teams ein und sah ans Kopfende des Raumes, wo Ernst Allert und Harry Maybourne beisammen standen und etwas diskutieren. Ernst schien dabei nicht gerade erfreut über das zu sein, was sein Vorgesetzter ihm erzählte, doch schließlich nickte er nur und schaltete den großen Bildschirm an, der hinter ihm an der Wand hing. Einige Minuten später, nachdem noch einige weitere Offiziere eingetroffen waren, begann Maybourne: „Ladies und Gentlemen, nun da die meisten anwesend sind, will ich beginnen. Sie alle wissen, dass die Lage ernst ist. Allerdings ist die Situation noch zu beherrschen. Im Moment ist keiner der Machtblöcke wirklich Kriegsbereit. Die Streitkräfte sind über den Globus verteilt und keiner könnte in der aktuellen Lage einen effektiven Erstschlag gegen einen der anderen durchführen, zumal wir in einer multipolaren Machtsituation immer den Faktor berücksichtigen müssen, den dritte und vierte Großmächte darstellen. Solange diese Fragen nicht geklärt sind, stünde bestenfalls die Option eines Atomkrieges offen, aber solange die Jungs von der Schildtruppe auf Draht sind und die Diplomaten eine Gelegenheit erhalten ihre Arbeit zu tun, haben wir in dieser Hinsicht nur wenig zu befürchten. Zumindest wenn jemand dem Irren in Pjöngjang den Schlüssel für seine Spielzeugkiste wegnimmt.“

    Ein leises Lachen ging durch den Raum, als die meisten Offiziere die willkommene Ablenkung durch den Scherz freudig umarmten. Maybourne deutete indess auf Ernst, der gerade damit fertig geworden war ein Programm auf dem Bildschirm aufzurufen. „Jeder hat seine Aufgabe zu erfüllen, um einen Krieg zu verhindern. Auch wir. Aber unsere Aufgabe liegt dort draußen. Oberst Allert gibt ihnen die Details.“ Maybourne setzte sich und Ernst begann: „Wie ihnen bekannt sein dürfte, konnte man Systemlord Dumuzi als Drahtzieher hinter den Ereignissen in Brasilien ausmachen. Unsere Anweisungen vom Parlamentspräsidenten waren nun eindeutig: Unser Oberbefehlshaber befahl uns in einem Schreiben dieser Schlange zu zeigen, dass wer Wind säht Sturm ernten wird. Deshalb werden wir nach unserem bisher zurückhaltenden Vorgehen in die Offensive gehen.“ Er rief eine Folge von Bildern auf, zu denen er erklärte: „Die Aufklärung hat in den letzten Wochen drei Planeten ausgemacht, bei denen es sich um wichtige Nachschubbasen des Gegners handelt. Einer davon ist sein größter uns bekannter Flottenstützpunkt, die anderen beiden sind Nachschublager für seine Bodentruppen im Perseus-Arm. Wir operieren gemeinsam mit der Flotte. In einer ersten Angriffswelle werden Luftlandetruppen reingehen und ein Sternentor absetzen, über das wir schweres Material in die Schlacht werfen können. Das Ziel ist nicht weniger, als die totale Zerschlagung der feindlichen Kräfte…“

    Ernst erläuterte noch einige Minuten lang die Angriffspläne für die jeweiligen Zielwelten, bis sich auf einmal Mordecai Schwarz meldete. Der erste Späher, wie der Kommandant von IT1 von den anderen Soldaten genannt wurde, beugte sich am Tisch ein wenig vor und fragte: „Verzeihung, Herr Oberst, aber nach ihrer Beschreibung hat der Feind auf diesen Planeten insgesamt über zweihunderttausend Mann stehen und sie haben noch kein Wort von Verstärkung erwähnt. Wird von uns erwartet, dass wir mit einem einzigen Regiment gegen eine derartige Übermacht aufräumen?“ Ernst schüttelte den Kopf. „Nein, Major Schwarz. Wir bekommen angesichts der weltpolitischen Lage zwar keine Verstärkung durch andere Einheiten des Korps, aber wir werden versuchen unsere außerirdischen Alliierten zu mobilisieren.“ Mordecai zog die Augenbrauen hoch. „Alliierte? An wen hatten sie gedacht?“ „Welten, mit denen wir schon einmal zu tun hatten und die teilweise immer noch unsere Handelspartner sind, wie Sakkarra oder der Bund.“ Der Späher nickte, schien jedoch mit der Antwort nicht wirklich zufrieden zu sein. Auch Nicole reagierte auf diese Ankündigung mit einigem Misstrauen. Nach allem, was sie auf Welten wie jenen der Allianz gesehen hatte, wären solche Leute keineswegs ihre erste Wahl als alliierte. Aber zur Not fraß der Teufel fliegen und zur Not, oder falls es ihr befohlen wurde, kämpfte sie auch an der Seite solcher ‚Verbündeter’.

    Sechs Tage später:

    Die Vorbereitungszeit für die Operation hatte knapp eine Woche betragen. Auch für moderne Verhältnisse war dies für etwas in dieser Größenordnung außergewöhnlich schnell, doch insgesamt schienen die Planer in Nicoles Augen sehr gründlich gewesen zu sein. Sie hatten insgesamt sieben Alliierte gewonnen, darunter ehemalige Sklavenwelten, wie die Planeten des Bundes oder jene Welt, auf der Zipacna durch Nicoles Hand den Tod gefunden hatte, aber auch hoch entwickelte Planeten, wie Oanes oder Tholana. Nur waren die Verhältnisse zwischen den meisten dieser Leute eher angespannt. So sahen die Männer des Bundes die matriarchalisch dominierten Welten, mit denen sie kooperieren sollten, als langjährige scharfe Konkurrenten, während wiederum andere ehemalige Sklavenwelten von einem brennenden Hass auf die Goa’uld erfüllt waren, den sie auf die Tok’Ra oder die Jaffa von Sakkarra projizierten und die Oanes die anderen Völker mit einer gewissen Herablassung behandelten. Der Kitt, der dieses Bündnis aus im Hass vereinten zusammenhielt waren allein der Gedanke gegen Dumuzi in die Schlacht zu ziehen und der diplomatische Einfluss der Erde, die nun nicht mehr nur als einzelne Welt von Partisanen und Freiheitskämpfern, sondern als aufstrebende Großmacht die Bühne galaktischer Politik betreten hatte und mit der sich gut zu stellen allgemeines Bestreben war.

    Nun war der Tag des Angriffs gekommen. Nicole stand bei ihren Leuten im großen Torraum, wo sich mehrere hundert Soldaten versammelt hatten, die am Angriff auf den Flottenstützpunkt teilnehmen sollten. Unweit des Tores ließen gerade mehrere schwere Kampfpanzer ihre Motoren warmlaufen und Material in Form dutzender Skimmer stand bereit, um schnell ins Kampfgebiet transportiert zu werden. Sie warteten nur noch darauf, dass das Sternentor auf der Zielwelt aktiviert wurde. Nicole ließ ihren Blick ein wenig durch die Halle schweifen und entdeckte dabei, dass gerade durch einen der Schächte in der Decke ein Jumper einschwebte und zwischen den Panzern in Position ging. Nur wenige Zentimeter trennten die Fahrzeuge voneinander und sie verspürte eine gewisse Hochachtung vor den Fähigkeiten des Piloten. Nur wenige Minuten später kamen einige Männer und Frauen, die bis gerade noch in Besprechungen mit Maybourne gewesen waren, in den Torraum.

    Nicole erkannte die Frauen als militärische Befehlshaberinnen des Matriarchats. Sie trugen Uniformen, die in einer geradezu überbordenden Zurschaustellung von Reichtum bestickt worden waren und keinesfalls geeignet waren, um sich darin im Feld zu bewegen, doch wie ihr zu verstehen gegeben worden war, beschränkten die Aufgaben dieser Frauen sich auf Tätigkeiten im Befehlsstand einer Armee. In vorderster Frontreihe ließen sie vielmehr die einfachen Männer und Frauen der Arbeiterklasse stehen. Die zweite Gruppe war nur unwesentlich weniger opulent gekleidet. Es waren Patrizier des Bundes, deren Anführer ein energischer General war, der zu den wichtigsten Verfechtern dieses Bündnisses gehörte. Er hatte ein leicht rundlich wirkendes Gesicht, das jedoch Erhabenheit und Härte ausstrahlte und trug seine Grauen Haare mit Würde. Er war der einzige General des Bundes gewesen, der sich bereit erklärt hatte seine Truppen Seite an Seite mit dem Matriarchat zu führen, was auch bitter notwendig war. Auf allen drei Planeten würden Soldaten des Sternentorregiments anwesend sein, doch die meisten von ihnen würden am Angriff auf den Flottenstützpunkt teilnehmen, so dass andere die Hauptlast der Kämpfe um die Nachschublager tragen mussten. Und die Matriarchinnen konnten zwar Infanterie stellen, waren jedoch für schweres Material vor allem auf die industriell starken Welten des Bundes angewiesen. So war es ein echter Glücksfall, dass die kommandierenden Offiziere beider Fraktionen professionell genug waren, um ihre Differenzen zu vergessen, denn ihre Soldaten feindeten einander unverhohlen an. Die letzten im Bunde waren die einzigen, die beim Angriff auf das zweite Nachschublager teilnehmen würden, die sich bereits Nicoles Respekt verdient hatten. Es waren Offiziere der Welt Padaur, eines Planeten, der zwar nicht die industrielle Macht der anderen Welten hatte, dafür jedoch hervorragende Soldaten hervorgebracht hatte, die sich auf die Prinzipien der Heimlichkeit und des asymmetrischen Kampfes mindestens so gut verstanden, wie jeder irdische Soldat. Das zeigte allein schon die Tatsache, dass sie keine Geckenuniformen trugen, sondern tatsächlich für einen Kampf gekleidet waren.

    Die Offiziere bestiegen den Jumper und ließen sich durch das Tor zum Sammelpunkt der von ihren Welten gestellten Raumschiffe, in der Mehrzahl gekaperte Ha’tak, bringen. Nicole sah ihnen noch einen Moment hinterher und meinte dann mit einem Schmunzeln: „Was für ein respektabler Mann. Na ja, zumindest ein respektabler Schnurrbart.“ Corinna und Asena, die diese Worte gehört hatten, sahen leicht verwundert zu ihr. „Wie meinen?“ „Der Bundesgeneral. Habt ihr nicht gesehen, wie der aussah? Ich glaube ich habe noch nie einen Mann gesehen, der seinen Schnurrbart so sehr liebt. Der war sorgfältiger Frisiert, als die Haare eines Models in Mailand.“ Asena grinste breit. „Ein Mann hat eben auch seinen Stolz. Außerdem sollten wir hoffen, dass er hält, was seine Leute versprochen haben. Schließlich deckt er unsere Flanke, auch wenn einige Lichtjahre zwischen uns liegen.“ „Wird schon irgendwie“, erwiderte Nicole und stieg zu den anderen in den Spähwagen, mit dem sie ins Einsatzgebiet fahren sollten. Es war ein Fennek, ein vertraut aussehender ‚Überlebender’ des Massensterbens veralteter Militärtechnologie, das vom Einsickern außerirdischer Technik in die Kriegsführung auf der Erde verursacht worden war. Nur das unter der Motorhaube kein Verbrennungsmotor mehr saß, sondern wie bei den Panzern eine Brennstoffzelle und dass er mit ablativer Panzerung beschichtet worden war, die Energiewaffen standhalten konnte. „Wird schon irgendwie“, wiederholte sie sich. „Wir haben schließlich schon schlimmeres überlebt.“ Trotz aller Zuversicht, die auszustrahlen sie sich bemühte, wusste sie, dass diese Worte Unsinn waren. In einer solchen Situation hatten sie sich noch nie befunden und ihre Gedanken schweiften nicht ohne Grund immer wieder zu einer einzelnen Zahl ab: 50000. Die geschätzte Anzahl der Kernwaffen, über die die Atommächte weltweit verfügten.

    Einige tausend Lichtjahre entfernt über Dumuzis Flottenstützpunkt:

    Zunächst sahen die Kommandanten der Ha’tak, die auf Patrouille im System eingesetzt waren, nichts. Doch dann erfassten ihre Sensoren feine Raumkrümmungen, wie sie normalerweise Hyperraumaustritte ankündigten. Nur wenige Sekunden später öffneten sich über dem Planeten, nur wenige hundert Kilometer von den Patrouillen im Orbit entfernt, mehr als ein Dutzend Raumfenster. Jedes gab ein Schiff frei. Zuerst eine größere Anzahl kleinerer, doch dann plötzlich zwei gewaltige Titanen, beide um die tausend Meter lang. An ihren Flanken prangte der Sternenkranz und sie begannen sofort Jäger auszuschleusen. Der niedere Goa’uld, der die Orbitalverteidigung kommandierte, gab sofort den Befehl alle Schiffe zur Verteidigung zu formieren.

    Admiral Ester Siska sah durch die Brückenfenster der ‚Agincourt’, wie das Schlachtschiff aus dem Hyperraum fiel. Das gesamte Geschwader hatte sich binnen weniger Augenblicke in Gefechtsbereitschaft formiert und hielt auf die Verteidigungsschiffe der Goa’uld zu. Es waren elf Ha’tak und eine größere Zahl von kleineren Schiffen, die die Rolle der Al’Kesh übernahmen, jedoch von neuer Bauart waren. Sie hatte keine Ahnung, wie Dumuzis Leute sie nannten, doch die Strategen der Eu hatten ihnen den Codenamen ‚Kopesh’ verpasst. Es waren schnelle Kanonenboote, die deutlich manövrierfähiger waren, als die ursprünglichen Bomber der Goa’uld und über durchaus anständige Feuerkraft verfügten. Jedoch waren sie in bisherigen Gefechten kein Gegner für ihre Pendants in den europäischen Flotten gewesen, so dass sie diese jedes Mal, wenn überhaupt, durch zahlenmäßige Überlegenheit niederringen mussten. Dazu kamen Todesgleiter in größerer Anzahl, aber auch neue Raumjäger, Codename ‚Horus’, die über geradezu beängstigende Manövrierfähigkeit verfügten. Dumuzi vermochte bisher nur wenige Einheiten mit ihnen auszurüsten und es war noch nicht gelungen einen zu erbeuten. Doch die Gefechtsanalysten wagten anhand der Sensordaten die Aussage, dass selbst Jaffapiloten solche Manöver nur aushalten konnten, wenn sie temporäre Ohnmacht in Kauf nahmen und das Schiff solange durch den Autopiloten steuern ließen. Und dabei waren die meisten Piloten dieses Systemlords einfache Menschen.

    Sie sah zu den Kommunikationsoffizieren hinüber und befahl: „Alle Raumjäger starten. Die Counterpunches sollen sich auf diese Horus konzentrieren. Wir geben Peilung für Langstreckenbeschuss. 305er gegen die Kopesh-Geschwader. Die Fregatten sollen sich zu einem Abwehrschirm formieren.“ Die Offiziere bestätigten die Befehle, woraufhin sie der Feuerleitung befahl: „Peilsonden für die Hori raus. Zielerfassung für die Hauptgeschütze gegen die Mutterschiffe.“ Auf diesen Befehl hin schoss das Schlachtschiff Sonden ab, die die Raumjägergeschwader des Gegners mit Laserpeilung erfassten, so dass die Raketen der eigenen Maschinen die Ziele schon auf eine Distanz angreifen konnten, auf die diese das Feuer noch nicht erwidern konnten. Gleichzeitig eröffneten die mächtigen Hauptgeschütze der beiden Schlachtschiffe das Feuer auf die Mutterschiffe. Ein Ha’tak wurde von einem Geschoss der ‚Tannenberg’ getroffen. Das fast zwei Tonnen schwere Projektil schlug mit solcher Energie auf, dass es die Schilde überlud. Obwohl, oder vielleicht gerade deshalb weil es beim Aufprall auf die Schilde zerrissen wurde, richtete es danach beim Aufschlag auf den Rumpf verheerenden Schaden an. Wie eine gewaltige Schrotladung schlug es ein fast dreißig Meter großes Loch in den Rumpf. Einige der Bruchstücke durchschlugen das Schiff sogar komplett. Gleichzeitig schoss ein zweites Geschoss, abgefeuert von der ‚Agincourt’, einem der Mutterschiffe einen Teil des Backbordrumpfes weg, so dass es nicht mehr manövrieren konnte und schwer beschädigt in den Sog der Schwerkraft des Planeten gelangte.

    So schnell wie möglich begannen die Schiffe der Goa’uld zu beschleunigen, um kein Ziel mehr für die mächtigen Massebeschleuniger zu bieten. Dumuzi hatte seine Schiffe massiv nachrüsten lassen, so dass Ha’tak ähnlich schnell und wenig wurden, wie Schiffe der Walhalla-Klasse es während des ersten Tau’Ri-Krieges gewesen waren. Tatsächlich setzten seine Kommandanten diese einstmals mächtigsten Schiffe der Schlachtlinie mehr wie leichte Kreuzer ein, um den Feind von allen Seiten zu beschießen. Sobald sie in Waffenreichweite waren, begannen sie als allen Rohren zu feuern. Ihre schweren Plasmageschütze entfesselten ihren Beschuss gegen die großen Schlachtschiffe, während an umlaufenden Trägern abgebrachte Stabkanonen Sperrfeuer gegen kleinere Schiffe legten. Dadurch, dass die träger permanent rotierten, hatten die Kanonen Zeit zum Nachladen, so dass wie bei einer Gattling ständig ein Rohr feuerbereit war. Doch trotzdem fehlte den Waffen die nötige Durchschlagskraft. Sie mochten zwar die Schilde der Fregatten strapazieren, doch die Schlachtschiffe zeigten sich völlig unbeeindruckt. Während sich also die Fregatten auf den Feind warfen und ihn mit Strahlengeschützen und Massetorpedos eindeckten – drei Mutterschiffe fielen dieser wütenden Attacke zum Opfer – ließ Siska die Schlachtschiffe Raketensalven abfeuern.

    Europäische Raketen waren etwas kleiner, als die Mehrstufenraketen der Alliierten, die zumeist Atomsprengköpfe trugen, und lediglich mit konventionellen Gefechtsköpfen bestückt, sofern man Massegeneratoren als konventionell bezeichnen wollte, konnten jedoch in deutlich höherer Kadenz und Zahl abgefeuert werden. Dahinter stand die Idee, dass eine größere Zahl an Waffen das Ziel erreichte. Auch wenn jede einzelne geringeren Schaden anrichtete, machte die Masse der Projektile doch den Unterschied. Zudem beherrschte die europäische Raummarine einen Trick, der bisher vor ihren Konkurrenten auf der Erde geheim gehalten worden war, der hier jedoch zum Einsatz kam. Jede Rakete war mit einem Zielcomputer für teilautonome Zielsuche ausgestattet, der es ermöglichte jedes einzelne Geschoss auf zufallsgenerierten Bahnen das Ziel anfliegen zu lassen. Bisher waren diese Systeme bei jedem Zielschießen, bei dem Zeugen zu befürchten gewesen waren, deaktiviert gewesen. Es machte eine effektive Raketenabwehr zwar nicht unmöglich, jedoch sehr schwer, was Dumuzis Leute nun am eigenen Leib zu spüren bekamen. Von dutzenden Raketen getroffen wurden zwei weitere Mutterschiffe vernichtet. Nur eines entkam in den Hyperraum.

    Während die Raumjäger sich unterstützt von den Raketenbatterien der größeren Schiffe immer noch einen tödlichen Tanz mit den Jägern des Gegners lieferte, trat eine der Fregatten in die Atmosphäre ein. In schnellem und steilem Anflug entging sie dem Abwehrfeuer der Bodenstellungen und setzte knapp zwanzig Kilometer entfernt vom Schild, der den Stützpunkt vor Orbitalbeschuss schützte, ein modifiziertes Sternentor ab. Dieses wurde von angebrachten Servos aufgerichtet, so dass es fest stand und begann sich automatisch zu konfigurieren. Die Basis schickte Soldaten, um das Tor unschädlich zu machen, doch als sie es erreichten und verschütten wollten, aktivierte es sich und die ersten Kampfpanzer rollten hindurch. Simultan dazu spielte sich über den beiden anderen Zielwelten Ähnliches ab. Der Angriff hatte begonnen.
    Die Freiheit des Bürgers heißt Verantwortung.

    (Joachim Gauck)


    "You may belong to any religion[...] - that has nothing to do with the buisness of the state. We are starting with this fundamental principle, that we are all citizens and equal members of one state." (Sir Mohammed Ali Jinnah)

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    Laufend: 2036 - A Union at War

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  21. #38
    Gehasst, Verdammt, Vergöttert Avatar von Colonel Maybourne
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    Ich gluabe ja mal, dass Duzumi die Planeten bewusst opfern wird, um die Kräfte der Erde hier zu binden...
    Und den Angriff mit zum Teil ziemlich unzuverlässigen Verbündeten zu führen, ist für mich auch ein Wagnis.

    Allerdings bin ich von Baal enttäuscht, da ich eignetlich annahm, dass er sowas sehr viel gerissener machen würde.
    Er wäre eigentlich der gewesen, der eher jemanden anders vorgeschickt hätte, anstatt es selbst zu machen.
    Interessant ist ja auch der Spruch von Duzumi, der an den von Gorbatschow erinnert "... er zu spät kommt, den bestraft das Leben..."

    Aber das Brasilien sich einfach besetzen lässt... die haben ja dem Anschein nach noch nicht mal bei der UN Beschwerde eingelegt.

    Aber inzwischen sollten doch alle Großstädte der EU, der Allinaz und Chinas mit Schilde ausgerüstet sein...
    Da können doch die Raketen nicht viel anrichten, wenn sie nicht schon vorher von der Glak abgeschossen werden.

    Außerdem würde mich interessieren, welchen Erdsoldaten Duzumi als Wirt genommen hat, etwa einen alt bekannten...?

    Bis dann.
    Das Leben ist ein Schwanz und wir die Eier, die mitgeschleift werden.


    Meine aktuellen Fanfiction:


    TGE Combined Season 1 Fire of War:

    http://www.stargate-project.de/starg...ad.php?t=11836




  22. #39
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    Also, aus der Sicht der Briten fände ich es ja schon etwas dämlich Kontinentaleuropa mit Atombomben zu bombardieren. Die würden ja selbst auch ne ganze Menge davon abbekommen, auch wenn der ganze Dreck großteils nach Osten zieht, vieles zieht trotzdem noch nach Westen, so wie damals bei Tschernobyl.

    Tja, Ba'al, er kanns einfach nicht lassen....
    Bei dem Gegenschlag handelt es wahrscheinlich tatsächlich um einen von Dumutzi erwarteten Zug, der hat sicher noch irgendwas fieses in Petto..
    WEIR: ... putting your life and other people's lives at risk. You destroyed three quarters of a solar system!
    McKAY: Well, five sixths. It's not an exact science.
    WEIR: Rodney, can you give your ego a rest for one second?

    Ein Jahr später:
    Spoiler 
    CARTER: About a year ago, your brother came across an abandoned alien experiment called Project Arcturus.
    CARTER: It was an attempt to generate zero point energy.
    JEANIE: That would be virtually limitless power. What happened?
    McKAY: A slight problem. It was the creation of exotic particles in the containment field.
    CARTER: He destroyed a solar system.
    JEANIE: Meredith! (She smacks his arm.)
    McKAY: It was uninhabited!

  23. #40
    Autor der ungelesenen FF Avatar von Protheus
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    Ich gerate langsam wirklich mit der Kapitelzahl in Brassel. Folglich muss das hier etwas länger werden, damit die Zahl der Episoden am Ende noch stimmt. Interpretiert es einfach als besonders lange Sonderfolge zur Mitte der Staffel .

    Ich hoffe, dass hier alle ausstehenden Fragen zum letzten Kapitel beantwortet werden. An dieser Stelle noch einmal Danke an alle Feedbackgeber. Im nächsten wird es dann wieder um Jules und die Japaner gehen. Gesamtlänge dieses Mal 18,5 Seiten. Viel Spaß beim Lesen


    Episode 10: Ein aufgehender Plan und eine Chimäre

    Der Fennek schoss geradezu aus dem Tor hinaus und kam einige Meter weiter schlitternd zum Stehen. Nicole warf schnell einen Blick aus dem Fenster und auf die Sensoren, um sich zu orientieren, dann gab sie ein Ziel in das Navigationsgerät ein und sagte: „Weiter.“ Guv trat das Gaspedal bis zum Anschlag durch und lenkte das Fahrzeug trotz des schwierigen Untergrundes mit erstaunlichem Geschick vorwärts. Die restlichen drei Mitglieder des Teams, die hinten im Fahrgastraum saßen, mussten sich dabei festhalten, um nicht alle zur Seite geschleudert zu werden. Sie waren in der zwoten Welle durch das Tor gekommen und standen nun kurz hinter der Panzerspitze, welche den Spuren am Tor nach zu Urteilen bereits mit einigen Gegnern aufgeräumt hatte und vorgerückt war, um das Aufmarschgebiet großräumig abzusichern. Ein Lächeln stahl sich auf Nicoles Lippen, als sie sah, wo die Panzer die erste Feindberührung des Tages eröffnet hatten. Dort wo Dumuzis Soldaten gestanden hatten war nicht viel mehr übrig geblieben, als einige große Krater, die nun beredtes Zeugnis eines sehr ungleichen Kampfes ablegten.

    Etwas anderes war auch nicht zu erwarten gewesen. Die Sturmspitze bestand aus Panzern des Typs Myrmidon, die nicht nur durch eine 100mm starke Verbundpanzerung aus Metall und Keramik, auf deren Innenseite Splitterschutzgewebe aus Aramid saß – alles in allem war diese Panzerung stark genug, um Treibspiegelgeschossen des Kalibers 120mm widerstehen zu können – geschützt wurden, sondern auch noch Schilde besaßen, an welchen Projektile einfacher Energiewaffen schlichtweg verpufften. In ihrem Türmen saßen zwei schwere Massebeschleuniger, die wahlweise kinetische oder explosive Geschosse verfeuern konnten und diese Bewaffnung wurde durch nicht weniger als vier Maschinengewehre abgerundet, die alle aus dem inneren des Fahrzeuges gesteuert werden konnten und aus seiner Umgebung eine Todeszone machen konnten. Der Myrmidon war die Krönung europäischer Panzertechnologie und musste nur modernste Massebeschleuniger oder Plasmawaffen fürchten, die diesen Gegnern aber offenbar gefehlt hatten.

    Guv brachte den Wagen einige hundert Meter weiter wieder zum Stehen, um so der restlichen Einheit die Gelegenheit zu geben aufzuschließen. Das Ziel war schwer verteidigt. Schanzanlagen, Schildgeneratoren und schwere Geschütze waren drohend nach außen gerichtet und schienen jedem potentiellen Angreifer den Mut nehmen zu sollen. Deshalb hatte Ernst Allert ein zweigleisiges Vorgehen ausgearbeitet. Während kombinierte Streitkräfte der Erde, der Tollaner und Skolotais, jener Welt, die zu befreien die Erde knapp dreißig Jahren geholfen hatte, einen direkten Angriff mit dem Ziel die Linien des Gegners zu durchbrechen ausführten, sollten Spezialeinheiten das Schlachtfeld umgehen und die gegnerische Basis infiltrieren. Ihr Ziel war die Ausschaltung des Hauptgenerators, der die Schilde und Waffenstellungen mit Energie versorgte. Ohne diese Verteidigungslinien würden Dumuzis Leute der stählernen Kampflinie ihrer Gegner nichts mehr entgegenzusetzen haben.

    Es dauerte knapp drei Minuten, dann hatten ein zweiter und ein dritter Fennek zu ihnen aufgeschlossen. Kaum dass sie in Position waren, gab der Engländer wieder Gas und lenkte das Fahrzeug vorwärts. Nicole kletterte während der Fahrt aus einer der beiden Dachluken und suchte die Umgebung mit Blicken ab. Die drei Fahrzeuge entfernten sich von der aufmarschierenden Truppe aus Panzern und Infanterie. Sie konnte noch erkennen, wie Soldaten aus einer Pionierkompanie gerade damit beschäftigt waren Schildpanzer in Position zu bringen, die die Einheit vor feindlicher Artillerie schützen sollten. Dann ließ sie ihren Blick über die Umgebung schweifen. Das Aufmarschgebiet lag in einem Areal, in dem lichte Laubwälder und ausgedehntes Graßland einander abwechselten. Erst zu den Felsmassiven hin, die ihr Sichtfeld in nordöstlicher Richtung eingrenzten, ging der Baumbestand in einen dichten und alt anmutenden Wald über. Einige kleine Flüsse zogen sich hindurch und sorgten für Sichtschneisen, doch sie konnte das Ziel noch nicht ausmachen. Was sie jedoch sah, waren die Rauchsäulen, die die Abwurfgebiete der zweiten Streitmacht markierten. Dort waren Marineinfanteristen zusammen mit Soldaten von Skolotai mit Landekapseln aus dem Orbit abgeworfen worden. Sie würden von Osten her durch die Wälder anrücken und eine zweite Front eröffnen.

    Guv und die anderen Fahrer lenkten die Fenneks in einen breiten und Flachen Bach hinein, der sich durch einen der Waldstreifen zug. Die umstehenden Bäume boten für eine Teilstrecke Sichtschutz und das Kiesbett des Baches war ein fester Untergrund, auf dem sie die Spähwagen auf fast einhundert Stundenkilometer beschleunigen konnten. Doch es Schnitt auch Nicole die Sicht ab, so dass sie anstatt sich weiter umzusehen ihr Funkgerät auf die Frequenzen der Flotte umschaltete und sagte: „Einsatzkoordinator, hier Major Degenhardt, Kommandotrupp. Ich kann das Ziel nicht sehen. Erbitte Einweisung.“ Der Funkspruch war an einen Kreuzer gerichtet, der im niedrigen Orbit des Planeten stand und das ganze Areal mit seinen Sensoren beobachtete. Er lieferte den Bodeneinheiten Messdaten, Kartenmaterial und Peilung für Zielerfassungen und nahm damit die Rolle ein, die über der Erde Überwachungssatelliten und Raumstationen zugefallen wäre. Es dauerte einen Moment, bis die Antwort kam: „Kommandotrupp, das Ziel liegt in den Felsmassiven nordöstlich von ihrer derzeitigen Position.“ „In den Felsen?“ „Bestätigt. Sie folgen einem Flusslauf?“ „Ja.“ „Folgen sie ihm weiter, dann können sie es in einigen Minuten sehen. Schalten sie ihre Navigationsgeräte frei, dann geben wir ihnen eine genaue Einweisung zum Ziel.“

    Nicole tat wie ihr geheißen und nur wenige Sekunden später erschien auf dem Bildschirm des Navi eine korrigierte Version des Kurses, den sie eingegeben hatte. Dabei war auf der Karte ein möglicher Weg in die Anlage hinein, eine Art Tunnel oder Gang, angezeigt, den die Sensoren des Kreuzers ausgemacht hatten. Nicole bestätigte: „Haben Daten erhalten, Einsatzkoordinator. Sind auf dem Weg.“ Nachdem sie einige Minuten dem Flusslauf gefolgt waren – man hörte aus Richtung der Hauptkampflinien bereits das Waffenfeuer der Panzerspitzen, die sich mit dem Gegner erste Schusswechsel auf große Distanz lieferten – lichtete sich der Wald entlang des Flusses und Nicole konnte wieder in Richtung der Berge sehen. Was sie dort erblickte, raubte ihr für einen Moment die Sprache. Ähnlich dem Schweizer Reduit waren Ein- und Ausgänge, sowie Schießscharten im Felsen kaum zu sehen. Nur die hochauflösenden Sensordaten ihres Helmes ließen Nicole erkennen, wie schwer die Befestigung wirklich war. Lediglich eine Art breites Fenster, das offenbar eine Kommandozentrale beinhaltete, war gut von außen sichtbar. Und… Sie wusste zuerst nicht, wie sie es in Worte fassen sollte. Der Felsen war asymmetrisch geformt, so dass er einen großen Vorsprung ausgebildet hatte, der teilweise auch mit künstlichen Mitteln vergrößert und befestigt worden war. Darunter hingen vier Ha’tak, die in gewaltigen Gerüsten und halteklammern ruhten, welche aus der Steilwand heraus ragten. Neun weitere Halterungen waren leer. Dazu kamen mehrere Hangars, als denen kleinere Schiffe starten konnten. Die Schiffe hingen dort fast zweihundert Meter über dem Boden und ein Flimmern in der Luft, dass in diesem Moment von einer fehlgeleiteten Granate ausgelöst wurde, zeigte ihr, dass sie durch Schilde geschützt wurden. Diese Anlage war mehr als nur ein gewöhnlicher Flottenstützpunkt. Es war eine Festung. Worauf hatten sie sich hier nur eingelassen?

    Einige Zeit später, die Kampfhandlungen an beiden offenen Fronten waren bereits im vollen Gange, arbeiteten EKST1 und die beiden anderen Teams, EKST3 und Mordecais IT1, sich vorsichtig an den Eingang der Anlage hinein. Vor ihnen lag ein Spalt in einer Steil aufragenden Felswand, den sie für eine natürliche Öffnung hätte halten können, hätte sie nicht gewusst, dass dieser Spalt mehrere hundert Meter weit in den Felsen hinein führte, wo er mit den Tunneln verbunden war, die das innere der Basis bildeten. Als sie den Eingang erreicht hatten, setzte sie noch einmal einen Funkspruch ab. „Einsatzkoordinator, hier Kommandotrupp. Wir haben den Eingang erreicht. Bis jetzt keine Feindberührung und keine Anzeichen von Sensoren im näheren Umfeld.“ „Verstanden Kommandotrupp. Setzen sie ein Peilsignal. Wir schicken ihnen ihre Verstärkung.“

    Nicole gab Abrams einen Wink, der nickte und ein kleines Peilgerät auf einer freien Fläche einige Meter von der Felswand entfernt platzierte. Nur einen Liedschlag, nachdem er auf Abstand gegangen war und es aktiviert hatte, tauchte ihre Verstärkung auf. Zwei Mann, die den einzigen Beitrag der Tollaner an Bodentruppen bei dieser Operation darstellten. Beide Soldaten trugen anstelle von Rüstungen einfache Stoffuniformen, waren jedoch gut sichtbar mit Handwaffen bewaffnet und hatten verschiedene Geräte und Werkzeuge bei sich, deren Funktion sich Nicole nicht sofort erschloss. Ihre Haltung verriet sie als Kämpfer und sie wirkten auf grimmige Art entschlossen. Einer von ihnen musterte die Europäer und salutierte dann vor Nicole. „Frau Major, ich bin Wächter Omoro. Die Kurie hat uns zu ihrer Unterstützung entsandt.“ Nicole erwiderte den Gruß. „Nicole Degenhardt, Eurokorps. Sie kennen die Einzelheiten der Mission?“ Omoro nickte. „Eindringen, Energiegenerator finden, zerstören, sich absetzen.“ „Besser hätte ich es nicht zusammenfassen können. Also vorwärts. Wir haben hier einen Eingang gefunden.“

    Sie pirschten sich den Gang entlang, wobei einer von Mordecais Späher, die die besseren Sensoren ausgestattet waren, als Nicoles Leute, die Spitze übernahm. Man hatte sich offenkundig alle Mühe gegeben den Tunnel so anzulegen, dass er wie ein natürlicher Durchgang anmutete, Nicole fielen bei genauerer Betrachtung Unstimmigkeiten auf. Wiederkehrende Muster bei den Tropfsteinen und teilweise zu regelmäßige Oberflächen sorgten dafür, dass bestenfalls ein oberflächlicher Beobachter auf diese Tarnung hereingefallen wäre. Nach ungefähr zweihundert Metern ging der Spalt schließlich auch in einen regelmäßig geformten Tunnel mit glatten Wänden über, in denen an einigen Stellen seltsame Schriftzeichen zu sehen waren, die nicht der Goa’uld-Sprache entstammten. Nicole warf einen Blick darauf und sah danach fragend zu den anderen Soldaten. Es war der Linguist von EKST3, der antwortete: „Altes Phönizisch. Die Anlage muss mal den Tobin gehört haben.“ Omoro nickte. „Während der tobiner Expansion war das hier einer ihrer Außenposten. Die Goa’uld haben ihn später nur übernommen und ausgebaut.“ Nicole nickte. „Irgendwelche Besonderheiten, auf die man vorbereitet sein müsste?“ „Nicht wirklich. Aber wenn sie noch das alte Sensorsystem benutzen, ist die interne Abwehr nach Energiesignaturen codiert. Energiewaffenfeuer wird Alarm auslösen.“ „Das sollte kein Problem sein. Los, weiter.“

    Der Späher setzte sich wieder in Bewegung und ging um eine Ecke des Ganges. Doch kaum dass er einen Schritt darum herum gemacht hatte, wurde er auf einmal von mehreren Energiegeschossen getroffen, die ihn an Brust und Hüften erwischten. Er brach sofort zusammen. Die Soldaten drückten sich an die Wand und Nicole rief: „Was ist da los?“ Als antwort auf diese Frage hechteten Asena und Mordrcai vor. Während der Späher mit gezückter Flinte absicherte, packte der andere den zu Boden gegangenen und schleifte ihn zurück. Dabei zuckten auch Schüsse nach ihm. „Ein automatisches Verteidigungssystem“, sagte Mordecai. „Eine einzelne Schnellfeuerwaffe auf einer drehbaren Lafette.“ Während er dies sagte, suchte Asena nach dem Puls des niedergeschossenen, schüttelte dann jedoch nur den Kopf. Er war tot. Nicole nickte grimmig und nahm ihr Gewehr in Anschlag. „Das fängt ja toll an.“ Sie stellte sich an die Biegung, fuhr herum und gab eine Salve auf das Geschütz ab. Die Kugeln prallten an einem Schutzschild einen guten Meter davor ab. Sie brüllte „Verdammt, ich hasse solche Dinger“ und ging wieder in Deckung. Dabei fingerte sie eine schildbrechende Granate aus ihrer Munitionstasche.

    Während sie diese lud, merkte sie nicht, wie die beiden Tollaner einander ansahen und dann auf einmal mit einem Schritt vorwärts in den Wänden verschwanden. Als Nicole schussbereit an der Ecke stand, holte sie noch einmal tief Luft und sprang wieder in den Korridor hinein, die Waffe in Richtung des Geschützes gerichtet. Plötzlich sah sie, wie direkt daneben einer der Tollaner, es war Omoros Untergebener, aus der Wand auftauchte und mit einer einfachen Bewegung durch den Schild griff, um eine Haftsprengladung an dem Geschütz zu platzieren. Nicole erkannte rechtzeitig und sprang in Deckung, während der Tollaner wieder in der Wand verschwand. Es gab eine satte Explosion, die die Verteidigungswaffe völlig zerlegte. Die irdischen Soldaten traten um die Biegung herum und gingen nicht ohne etwas misstrauen auf die immer noch schwelenden Überreste der Waffe zu, bei denen ihre beiden Verbündeten standen. „Für so etwas sind sie ausgerüstet“, wollte Nicole wissen. „Phasenwechseltechnologie“, lautete die knappe Antwort. „Wir können uns durch feste Materie hindurch bewegen.“ In ihrem Gehirn arbeitete es, als sie diese Information mit dem kombinierte, was der Offizier über die Sensoren dieser Anlage gesagt hatte. „Ok, neuer Plan. Hören sie zu…“
    Die Freiheit des Bürgers heißt Verantwortung.

    (Joachim Gauck)


    "You may belong to any religion[...] - that has nothing to do with the buisness of the state. We are starting with this fundamental principle, that we are all citizens and equal members of one state." (Sir Mohammed Ali Jinnah)

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    Laufend: 2036 - A Union at War

    Abgeschlossen: 2034 - Das neue Sternentor

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