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Miranda

Alte Geister

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Wegen Wünschen von anderen und weil ich selber azu lust hatte, habe ich eine Vortsetzung von Treu bis zur letzten Minuten geschrieben und hoffe das sie euch auch gefällt.

Viel Spaß beim lesen

Alte Geister

Siebzehn Jahre später ...

Donner, Blitze zuckten grell und gefährlich durch den dunklen Himmel. Er drückte sich ganz fest an seine Mutter und vergrub sein kleines Gesicht an ihrem Hals. Er spürte, dass er von oben bis unten durchnässt wurde, doch das störte ihn nicht, denn er war bei seiner Mutter. Er hatte Angst, doch sein Vater war bei ihnen, der sie beschützen würde. Seine Mutter flüsterte beruhigende Worte zu ihm. In der einen Hand hielt er sein neues Spielzeug fest, mit der anderen verkrallte er sich in Mamas Bluse. Dann auf einmal ertönten um ihn herum laute Schreie.
„Es wird alles gut, mein Kleiner. Mama ist bei dir. Hörst du, Mama und Papa sind bei dir.“ Dann gab es einen heftigen Ruck und sie konnten sich nur mit Mühe auf den Beinen halten Dann folgte wieder Donner, krachen. Das Geräusch, wenn Holz barst. Dann folgte unendliche Dunkelheit ...


Der kleine Junge wachte später hustend auf. Ihm war kalt, er hatte Angst. Er war nicht mehr bei seiner Mutter. So schlug er die kleinen Augen auf und sah um sich herum zwei fremde Männer. Er schaute nach links, dann nach rechts. Wo waren seine Eltern? Wo waren Mama und Papa? Er fing an, herzzerreißend zu weinen.

Jack schreckte schweißgebadet und schwer atmend aus dem Schlaf hoch. Es dauerte ein paar Sekunden, bis er sich orientierte. Bis er wusste, wo er war. Dass er nicht mehr der kleine, verängstigte Junge war, sondern ein erwachsener Mann mit Verantwortung. Trotzdem stand er vom Bett auf und suchte in einer Schublade nach dem kleinen Holzschiff, was er damals von seinem Vater an jenem Tag bekommen hatte. Wenn er es in der Hand hielt, beruhigte es ihn.
„Schatz?“, murmelte es dann auf einmal aus Richtung Bett. Jack hob seinen Kopf und sah, wie seine Frau langsam aus dem Bett kroch, um zu ihm zu kommen.
„Leg dich wieder hin, Schatz“, beruhigte er sie sofort und war auch schon bei ihr. „Du, besser gesagt ihr, müsst euch ausruhen“, meinte er liebevoll und legte seine Hand auf ihren dicken Bauch.
„Wieder der Alptraum?“, fragte sie leise und kuschelte sich dann kurzerhand an ihn. Er schlang einfach sanft seine Arme um sie und seufzte.
„Ja. Ich weiß auch nicht, was los ist in letzter Zeit. Solche Alpträume hatte ich das letzte Mal, als ich zehn war und jetzt kommen sie einfach wieder.“
„Vielleicht liegt es auch daran ...“, sie musste erst mal gähnen, bevor sie weiter redete, „... dass wir in die gleichen Gewässer segeln wie damals.“
„Möglich“, antwortete er gedankenverloren. Schweigen trat ein. Lag es wirklich daran oder kam es eher daher, dass er einfach dieses Gefühl nicht los wurde, dass seine Eltern noch lebten. Trotz all dieser Jahre wollte er einfach nicht glauben, dass seine Eltern bei diesem Unglück umgekommen waren. Er konnte doch nicht der einzige Überlebende sein. Und wenn, würde er das doch spüren und nicht das Gefühl haben, dass noch andere überlebt hatten. Aber damals hatte man nur ihn am Strand gefunden.
Jack merkte dann, dass Jill wieder eingeschlafen war und bettete sie deshalb behutsam auf ihr Kissen, deckte sie zu und gab ihr einen liebevollen Kuss auf die Stirn. Dann zog er sich an und ging an Deck.

Es war mitten in der Nacht und so thronten noch die Sterne und der Mond am Himmel. Die See lag ruhig da, an Deck herrschte gähnende Leere. Bis auf den Steuermann, der ruhig und souverän das Steuer in den Händen hielt.
„Würdest du sie mir für ein paar Minuten überlassen, Jo?“, fragte Jack, als er neben ihm stand.
„Natürlich, Käpt’n.“ Damit trat er zur Seite und überließ Jack sein Schiff. Dieser umschloss mit seinen Händen das Steuerrad und schaute geradeaus.
„Alles ruhig diese Nacht?“, fragte er dann.
„Ja, alles ruhig. Bis auf ein laues Lüftchen, das Lied der See und ein paar meckernde Möwen am Himmel, Käpt’n.“ Jack grinste. „Sehr schön.“
Und so trat Schweigen zwischen den beiden Männern und Freunden ein. Jeder hing seinen eigenen Gedanken nach und Jack war so vertieft, dass er gar nicht mitbekam wie Jo nach wenigen Minuten ging und ihn mit seinem Schiff allein ließ.

Er konnte auch nicht sagen warum, aber fand, dass Amaryllis der perfekte Name für ein so großes und beeindruckendes Schiff war. Und wenn er sich richtig erinnerte, hatte auch das Schiff seines Vaters so geheißen, das in jener Nacht von den Naturgewalten zerstört worden war. So hatte er wenigstens etwas von seinem Vater bei sich, einen Namen und ein kleines Schiff, welches aus Holz geschnitzt war. Und auch etwas von seiner Mutter. Jack griff unter sein Hemd und holte das Medaillon heraus. Es war vollkommen aus Silber und auf dem Deckel waren Blumenranken eingraviert, in deren Mitte ein großes M prangte. So begann wahrscheinlich der Name seiner Mutter, aber er konnte sich nicht mehr erinnern. Er klappte den Deckel auf und zum Vorschein kam ein Bild von ihm als Baby mit seinen Eltern. Sie sahen so glücklich aus, in dem Bewusstsein, dass sie noch ihr ganzes Leben vor sich hatten ...
Jack klappte das Medaillon wieder zu und ließ es wieder unter seinem Hemd verschwinden. Er spürte, wie der Wind auffrischte und stärker wurde und wie sich die Segel der Amaryllis noch stärker aufblähten. Wenn denn doch seine Ängste und Sorgen auch so einfach davongetragen werden könnten.

Ein paar Tage später ...

„Das Kleine ist ganz schön munter“, lächelte Jack, als er seine Hände auf den Bauch seiner schwangeren Frau legte und merkte, wie das Baby trat und boxte.
„Vor allem liebt es es, seine Mutter zu ärgern“, grinste Jill. „Ich kann in letzter Zeit nachts schlecht schlafen“, seufzte sie und lehnte sich mit den Rücken gegen ihren Mann.
„Mhmm ... Warst du schon mal bei Horst, dass er dir einen Beruhigungstee mixt?“
„Ja, war ich, aber der hilft auch nicht so wirklich.“
„Oder vielleicht solltest du die Spaziergänge an Deck lassen und dich lieber hinsetzen“, grinste er und küsste sie auf ihre blonden Haare.
„Bewegung tut mir und dem Kleinen gut, außerdem ...“, weiter sprach sie nicht. Sie zuckte zusammen und runzelte die Stirn.
„Was ist los Jill?“, fragte Jack sofort alarmiert. „Die Wehen? Jetzt schon?“
„Nein“, presste sie zwischen den Zähnen hervor. „Nur plötzliche Kopfschmerzen. Mir ist schlecht, irgendwie dreht sich alles. Oh mein Kopf ... er ... er muss gleich ... ahhhh ...“ Auf einmal fing sie an zu schreien, sich vor Schmerzen zu krümmen, die Hände fest gegen die Schläfen zu pressen und verlor kurz darauf das Bewusstsein.

Wenige Minuten später lief Jack unruhig vor dem Gang, der zum Krankenzimmer führte auf und ab Gott, was war nur mit Jill los? Ging es ihr gut? Ging es dem Baby gut?
Dann öffnete sich die Tür und Horst kam mit einem betrübten Gesichtsausdruck heraus.
„Was ist los? Sag es mir!“, fragte er sorgenvoll, ja schon fast ängstlich.
„Tut mir Leid Käpt’n, ich weiß nicht, was sie hat. Die Bauchschmerzen sind zwar vergangen, aber dafür hat sie hohes Fieber und Schüttelfrost.“
„Das klingt nach einer einfachen Erkältung“, mutmaßte er und wollte sich so irgendwie selbst Mut machen.
„Es ist aber keine einfache Erkältung. Zudem hat sie noch kleine rote Flecken am Körper.“ Jack erstarrte.
„Was ist das?“, fragte er.
„Um ehrlich zu sein, ich weiß es nicht. Ich kann nur versuchen, ihr Fieber zu senken.“
„Gott ...“ Jack fuhr sich mit der Hand übers Gesicht. Dann kam ihm ein schrecklicher Gedanke. „Ist ... es ... möglich, dass sie ...“
„Ich weiß es nicht Jack, ich weiß es wirklich nicht“, schüttelte Horst bedauernd den Kopf.
„Kann ich zu ihr? Mit ihr reden?“
„Zurzeit schläft sie und da ich nicht genau weiß, was das genau für eine Krankheit ist, würde ich sagen, dass du erst mal auf deinem Zimmer bleibst und dich auch keiner besucht. Wenn es ansteckend ist, hast du dich womöglich infiziert und wenn nicht, dann solltest du jeden Kontakt zu ihr meiden“, erklärte er dann noch. Als Jack jedoch nicht antwortete und nur ins Leere starrte, ging er wieder zu seiner Patientin. Jack hingegen ließ sich mutlos auf die Planken sinken und lehnte sich gegen die Wand. Vor ein paar Minuten erst war doch noch alles in Ordnung gewesen und jetzt lagen seine Frau und sein ungeborenes Kind womöglich im Sterben. Wurde er in letzter Zeit nur vom Pech verfolgt? Aber vielleicht wäre ja alles gar nicht so schlimm und sie wäre in ein paar Tagen wieder gesund.

Aber das wurde es nicht. Es wurde eher schlimmer, als das es besser wurde. Horst, der Schiffsarzt, wusste nicht, was er noch alles tun sollte und Jack fühlte sich am Rande eines Nervenzusammenbruchs.
„Wie geht es ihr?“, fragte er, als Horst ihm das Essen brachte.
„Unverändert“, antwortete dieser und stellte ihm einen Teller vor die Nase.
„Ich hab keinen Hunger“ entgegnete Jack und schob den Teller von sich.
„Ich bin mit meinem Latein am Ende.“
„Was ist mit dem Baby?“, fragte er traurig.
„Ich weiß es nicht. In dieser Materie kenne ich mich nicht genau aus.“ Auf einmal stand Jack abrupt auf, schleuderte den Teller mit dem Essen zu Boden und funkelte Horst wütend an.
„Wozu bezahle ich dich eigentlich, wenn du es nicht mal hinbekommst, meine Frau zu heilen“, fuhr er ihn dann an.
„Ich kann dich verstehen, Jack, aber ich kann nicht mehr tun. Es steht nicht mehr in meiner Macht.“
„Nein, das steht es nicht, aber in meiner“, dann trat er um den Tisch und drückte den Arzt mit aller Gewalt gegen die Wand. „Entweder du unternimmst endlich was oder sagst mir, wer ihr helfen kann oder ich lasse dich kielholen und suche mir einen anderen Arzt. Einen besseren.“ Horst schrumpfte in sich zusammen. Er hatte vor seinem Kapitän Respekt, aber jetzt hatte er wirklich Angst und bangte um sein Leben.
„Ich habe von einer Frau gehört, die eine Wunderheilerin sein soll. Sie soll schon einige vor dem Tod bewahrt haben.“
„Und wo finde ich diese Frau?“, knurrte er.
„Sie lebt in der Stadt Bree.“ Damit ließ Jack ihn los.
„Wir segeln sofort dort hin. Ich will diese Frau auf meinem Schiff haben. Mir ist egal, wie ihr sie hierher bringt, nur sie soll hier sein. Verstanden?“
„Aye Käpt’n.“
„Und jetzt verschwinde.“ Was er dann auch tat. Als sich Jack wieder halbwegs beruhigt hatte, ging er an Deck, um den neuen Kurs bekannt zu geben. Sie waren nicht weit von Bree entfernt. Etwa eine Woche, wenn der Wind günstig war, würden sie es in sechs Tagen schaffen und so lang musste Jill noch durchhalten. Sie musste einfach ...

Sechs Tage später ...

Jack saß in seinem Büro in seinem Sessel und spielte mit seinem Medaillon herum. Öffnete den Deckel und klappte ihn dann wieder zu. Und das immer und immer wieder. Wann tauchten endlich seine Männer auf? Kaum hatte er den Gedanken gedacht, kamen zwei seiner Männer herein, zusammen mit einer Frau. Ihre Hände waren gefesselt und ihr Mund geknebelt. Jack erhob sich galant und trat auf sie zu. Er hatte für diesen Anlass extra seine guten Sachen heraus geholt.
„Also meine Herren, wenn ich bitten darf. Macht sie los“, befahl er ihnen und ging dann zu einer Anrichte, in der Gläser und ein paar Flaschen standen. Er nahm zwei Gläser und eine Weinflasche heraus und goss in jedes Glas etwas ein.
„Jetzt lasst uns allein“, forderte er seine Männer auf und drehte sich gleichzeitig zu der Frau um und hielt ihr ein Glas Wein hin. Doch da traf es ihn wie ein Blitz und er ließ beide Weingläser fallen. Sie zersprangen auf den Planken und der Wein wurde vom Holz aufgesaugt.
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Persönliches

Kommentare

  1. Avatar von Tamara
    Was für eine schöne und spannende Fortsetzung, gefällt mir sehr gut.
    Ich bin ja sehr gespannt, was es mit dieser Wunderheilerin aus Bree auf sich hat. Zumindest hat sich Jack sehr erschreckt. Ob sie seiner Mutter aus dem Medaillon ähnlich sieht? Vielleicht sogar seine Mutter ist? Jetzt hoffe ich doch, dass es demnächst eine Auflösung gibt und die Geschichte weitergeht.
    LG
    Tamara
  2. Avatar von Miranda
    Vielen Dank für dein FB Tamara Urspürnglich war ja mein "1. Kapitel" eigentlic nur als Kurzgeschihcte gedacht, aber irgendwie hat es mich dann gepackt und ich hab wieter geschrieben. Ich bin auch gepsannt, wie ich die Geschichte weter entwickeln werde. Ich geb mir auch Mühe eine Fortsezung so schnell wie möglich zu schreiben.