Reziwelten

„Hier, nimm das, Heinrich!“ Kurt reichte seinem Kameraden eine Tasse mit heißem Kaffee. „Wie sieht es da draußen aus?“ Er wagte einen Blick über den Schützengraben hinaus.
„Alles ruhig, Leutnant! Ich glaube, die Jungs auf der anderen Seite wissen auch, was heute für ein Tag ist“, erwiderte der Feldwebel. „Es ist eine Schande, hier zu hocken und nicht mit der Familie feiern zu können.“

„Da hast du recht!“, erwiderte der Offizier und seufzte seine. Seine Hand berührte flüchtig ...

Am Vorabend des Luzientages herrschte emsiges Treiben im Dörfl, hoch droben in einem der schmalen Täler der Alpen. Die Haustüren standen weit offen, damit die jungen Mädchen und Frauen die Stube ordentlich auskehren konnten. In den Ställen und Schobern waren die Männer und Burschen zu Gange. Vorbei war es mit dem Müßiggang – im Haus und auf dem Hof wurden Stroh, Heu und alles andere zusammengekehrt, was bisher nur herumgelegen hatte.

„Es muss zur Nacht alles recht und ordentlich sein!“, ...

„Du bist ein weiser Mann, Tamesch aus dem Land der zwei Ströme!“ Die Priesterin neigte den Kopf. Auch wenn sie nur ein grob gesponnenes Gewand, Spangen und einen Stirnreif aus gehämmerten Gold und Kupfer trug, so strahlte sie doch Würde aus, als sie inmitten des Tores stand, das Einlass in den mächtigen Steinkreis gewährte. Sie war kein Vergleich mit den unterwürfigen Frauen seines Volkes und das verunsicherte ihn ein wenig. Aber er wusste dieses Gefühl zu überspielen.

„Ein Gelehrter ...

Ich war aufgeregt, als ich die letzte Kerze entzündete und den abschließenden Vers meiner Beschwörung sprach. Nun in der elften Stunde des elften Tages im elften Monat musste es doch endlich gelingen, das Glück mir hold sein!

Mehr als alles andere in der Welt wollte ich Elfen sehen – die grazilen anderweltlichen Gestalten, deren Schönheit mir schier den Atem verschlagen würde, die mich in ihrer Welt ohne Sorgen und Nöte willkommen heißen würden. Dessen war ich mir sicher – weil ich ...

Mit wachsendem Grauen und tiefer Sorge wanderte der wie ein Bettelmönch gekleidete Mann durch ein Land, dessen Elend ihm Tränen in die Augen trieb. Obwohl die Felder reiche Frucht trugen und fettes Vieh auf den Weiden stand, waren die Menschen nur noch Schatten ihrer selbst, seine Schäflein hohläugige, ausgemergelte Gestalten mit einer matten Seele, die jede Hoffnung verloren hatten.

Erst am Morgen hatte er den heruntergekommenen Hof einer Familie verlassen, die kaum noch die Gebote ...